Bildungspraxis 03/2020
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3/<strong>2020</strong> | August / September / Oktober | 19201 | Deutschland 6,80 € | Österreich 7,50 € | Schweiz 11 CHF<br />
www.bildungspraxis.de<br />
Tragende Rolle<br />
WARUM ES IN DER AUSBILDUNG AUF<br />
JEDEN MITARBEITER ANKOMMT<br />
AUSBILDUNG<br />
Was Jugendliche von<br />
Unternehmen erwarten<br />
IM FOKUS<br />
Ausbildungsbeauftragte<br />
stärken<br />
WEITERBILDUNG<br />
Virtual Reality<br />
für Waldbesitzer
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EDITORIAL<br />
AUSBILDUNG<br />
HAT VIELE HELFER<br />
Liebe Leserinnen, liebe Leser,<br />
Foto: © Sascha Kreklau<br />
wenn es um gute Ausbildung<br />
geht, konzentrieren<br />
wir uns auf drei Gruppen:<br />
die Ausbilderinnen und<br />
Ausbilder, die Berufsschullehrkräfte<br />
und die<br />
Auszubildenden selbst. Doch damit Ausbildung<br />
gelingt, ist noch eine weitere Personengruppe<br />
entscheidend: die Mitarbeiter<br />
in den Betrieben, die neben ihrer täglichen<br />
Arbeit Auszubildende betreuen und ihre<br />
Fragen beantworten. Diese Fachkräfte, oft<br />
Ausbildungsbeauftragte genannt, haben<br />
keinen Ausbilderschein und meist auch<br />
keine systematisch erlernten pädagogischen<br />
oder didaktischen Kompetenzen. Trotzdem<br />
entscheiden sie in vielen kleinen Interaktionen<br />
mit den Auszubildenden täglich darüber,<br />
ob und wie diese die Fähigkeiten und<br />
das Wissen über Arbeitsprozesse erlernen,<br />
die sie für ihren Beruf benötigen.<br />
Aus diesem Grund richten wir in dieser<br />
Ausgabe bewusst den Blick auf diesen Personenkreis:<br />
Welche Rolle spielen sie? Was<br />
brauchen sie? Und wie müssen Arbeitgeber<br />
und weitere Institutionen der beruflichen<br />
Bildung sicherstellen, dass sie ihre Ausbildungsaufgaben<br />
kompetent erfüllen?<br />
Ich hoffe diese Ausgabe bietet Ihnen wertvolle<br />
Denk- und Bildungsanstöße und<br />
wünsche Ihnen eine gewinnbringende<br />
Lektüre.<br />
Herzlichst, Ihr<br />
Prof. Dr. Wassilios E. Fthenakis<br />
Chefredakteur <strong>Bildungspraxis</strong>
INHALT<br />
Wie Mitarbeiter die Ausbildung stützen,<br />
ab Seite 4<br />
Mit VR-Brille den Wald kennen lernen,<br />
ab Seite 28<br />
Im Fokus<br />
Ausbildungsbeauftragte – die Stütze der Ausbildung<br />
6 Ausbilder im Hintergrund<br />
Ressourcen für ausbildende Fachkräfte<br />
10 Der Key-Account-Manager der Azubis<br />
Warum die Förderung der Ausbildungsbeauftragten<br />
eine Chance für Unternehmen ist<br />
14 „Eine Modernisierung ist notwendig“<br />
Zusatzqualifizierung für ausbildende Fachkräfte<br />
Ausbildung<br />
18 Ausbildung – News<br />
20 Das Robotik-Zeitalter<br />
Ausbilden mit kollaborativen Robotern<br />
22 Die Jugend von heute findet sich gut<br />
Jugendliche beurteilen sich<br />
und ihre Ausbilder<br />
Weiterbildung<br />
26 Weiterbildung – News<br />
28 Kleiner Wald, großer Besitz<br />
Wie Waldbesitzer mit Virtual Reality<br />
Forstwirtschaft lernen<br />
32 Veranstaltungen<br />
DIE NÄCHSTE BILDUNGSPRAXIS ERSCHEINT AM 11. NOVEMBER <strong>2020</strong>.<br />
2 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
IMPRESSUM<br />
›› Herausgeber: Didacta Ausstellungs- und Verlagsgesellschaft mbH<br />
Rheinstraße 94 • 64295 Darmstadt<br />
AVR Agentur für Werbung und Produktion GmbH<br />
Arabellastraße 17 • 81925 München<br />
›› Chefredaktion: Prof. Dr. mult. Wassilios E. Fthenakis (verantwortlich)<br />
wassilios@fthenakis.de<br />
›› Verlag und AVR Agentur für Werbung und Produktion GmbH<br />
Redaktionsanschrift: Arabellastraße 17 • 81925 München<br />
Telefon: +49 89 419694-43<br />
Fax: +49 89 4705364<br />
›› Anzeigenleitung: Katja Weyer • Telefon: +49 89 419694-27<br />
E-Mail: kweyer@avr-verlag.de<br />
›› Mediaberatung: Anja Löscher • Telefon: +49 89 419694-33<br />
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›› Art Direction und Patricia Fuchs<br />
Bildredaktion:<br />
›› Grafik Design: Sabrina Gentner<br />
›› Composing: Udo Karohl<br />
›› Titelbild: © zhukovvvlad / Shutterstock.com<br />
›› Erscheinungsweise: 4 × jährlich<br />
E-Mail:<br />
info@avr-werbeagentur.de<br />
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›› Druck: GD Gotha Druck GmbH & Co. KG,<br />
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›› Geschäftsführung: Thomas Klocke<br />
›› Gesamtleitung Tina Sprung<br />
Bildungsredaktion:<br />
Internet: www.avr-werbeagentur.de<br />
www.bildungspraxis.de<br />
›› Projekt- und Vincent Hochhausen<br />
Redaktionsleitung:<br />
›› Redaktion: Benigna Daubenmerkl<br />
Thorsten Timmerarens<br />
Marisa Balz<br />
›› Redaktionsassistenz: Minh-Xuan Do<br />
›› Autoren und Mitarbeiter Jannick Eckle<br />
dieser Ausgabe:<br />
Lazgen Hasano<br />
Guido Husmann<br />
Markus Kamann<br />
Lothar Schmitz<br />
Oliver Thomas<br />
Jannis Vogel<br />
Gabriele Weingärtner<br />
›› Preis des Heftes: Deutschland 6,80 € inkl. MwSt., Österreich 7,50 €,<br />
Schweiz 11 CHF<br />
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Hinweis:<br />
Beiträge freier Autoren geben nicht in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.<br />
Verleger zugleich Anschrift aller Verantwortlichen<br />
Erfüllungsort und Gerichtsstand ist München. Nachdruck oder<br />
sonstige Vervielfältigung – auch auszugsweise – sind nur mit<br />
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Verantwortlich:<br />
›› BILDUNGSPRAXIS ––<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> 01/<strong>2020</strong> | 3
IM FOKUS<br />
JEDES TEIL ZÄHLT<br />
Mitarbeiter, die neben ihrer regulären Arbeit tagtäglich die<br />
Auszubildenden unterweisen und unterstützen, sind für eine erfolgreiche<br />
Ausbildung entscheidend. <strong>Bildungspraxis</strong> zeigt, welche Förderung<br />
diese ausbildenden Fachkräfte brauchen.<br />
Foto: © M_Kaempfer / Shutterstock.com<br />
4 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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IM FOKUS<br />
AUSBILDER IM<br />
HINTERGRUND<br />
Ausbildungsbeauftragte haben meist keinen Ausbilderschein, sind für die Azubis<br />
aber wichtige Ansprechpartner. Deswegen sollten sie besser gefördert werden.<br />
Text Lothar Schmitz<br />
Viele Unternehmen bilden<br />
aus – und das auch in<br />
Corona-Zeiten. Zwar lag die<br />
Zahl der registrierten abgeschlossenen<br />
Ausbildungsverträge zum Stichtag am<br />
30. Juni, also vier Wochen vor Start des<br />
LOTHAR SCHMITZ<br />
ist freier Wirtschaftsjournalist in<br />
Bonn. Berufsbildung, Digitalisierung<br />
und Nachhaltigkeit gehören<br />
zu seinen Schwerpunktthemen.<br />
Fotos: © M_Agency / Shutterstock.com; privat<br />
6 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
neuen Ausbildungsjahres, deutlich hinter<br />
der des Vorjahres zurück. Doch eine<br />
Umfrage des DIHK zeigt, dass der überwiegende<br />
Teil der Betriebe an seinem Ausbildungsengagement<br />
festhalten möchte.<br />
Denn Ausbildungen sind nicht nur für<br />
die Auszubildenden, sondern auch für<br />
die Betriebe unerlässlich, wenn sie ihren<br />
Fachkräftebedarf sichern wollen. Deshalb<br />
kommt all jenen, die in den Betrieben<br />
die Ausbildung begleiten, eine besondere<br />
Rolle zu.<br />
Viele wirken an Ausbildung mit<br />
In jedem Ausbildungsbetrieb gibt es mindestens<br />
einen, häufig mehrere, offizielle<br />
Ausbilderinnen und Ausbilder, die damit<br />
betraut sind, die Auszubildenden auf ihrem<br />
Weg zum Berufsabschluss zu begleiten.<br />
Sie müssen laut Berufsbildungsgesetz persönlich<br />
und fachlich geeignet sein, also<br />
die „beruflichen sowie die berufs- und<br />
arbeitspädagogischen Fertigkeiten, Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten“ besitzen, „die für die<br />
Vermittlung der Ausbildungsinhalte erforderlich<br />
sind“. Und: Sie müssen in der Regel<br />
die Ausbildereignungsprüfung (AEVO)<br />
abgelegt haben – dadurch zeigen sie, dass sie<br />
gelernt haben, junge Menschen professionell<br />
und verantwortungsvoll zu begleiten.<br />
An der Ausbildung ist in der Praxis jedoch<br />
ein größerer Personenkreis beteiligt. Ob<br />
in einer kaufmännischen oder in einer<br />
gewerblich-technischen Ausbildung: In der<br />
Regel durchlaufen Azubis im Unternehmen<br />
mehrere Abteilungen oder Bereiche.<br />
Die dort handelnden Personen vermitteln<br />
ihnen Kenntnisse und Fertigkeiten, die für<br />
die spätere Prüfung wichtig sind.<br />
„Die meisten dieser Ausbildungsbeauftragten<br />
sind mit Herzblut bei der Sache<br />
und motiviert, aber sie haben häufig keine<br />
besonderen Qualifikationen für diese Aufgabe<br />
erworben“, sagt Sabrina Schuster, Projektreferentin<br />
„Innovativ Qualifizieren“ bei<br />
der DIHK-Bildungs-GmbH. Die in Bonn<br />
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›› BILDUNGSPRAXIS – 01/<strong>2020</strong> | 7
IM FOKUS<br />
ansässige Tochter des Deutschen Industrieund<br />
Handelskammertags (DIHK) entwickelt<br />
Bildungsprodukte und -dienstleistungen für<br />
die 79 IHKs in Deutschland. Viele Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter erledigten ihre<br />
Ausbildungsaufgaben nebenbei, die Aufgabe<br />
tauche oft nicht in der Stellenbeschreibung<br />
auf. Zudem sei selten eine systematische<br />
Weiterbildung vorgesehen, sagt Schuster.<br />
Steigende Ansprüche<br />
an Ausbilder<br />
Und das, obwohl die Ansprüche an das<br />
ausbildende Personal in den Unternehmen<br />
steigen. Die fortschreitende Digitalisierung<br />
und die unter dem Schlagwort Industrie<br />
4.0 zusammengefassten neuen Fertigungstechnologien<br />
erhöhen den Druck auf die<br />
Betriebe – und davon sind auch die Auszubildenden<br />
betroffen. Dieser Trend hat<br />
durch die Corona-Krise nochmals einen<br />
Schub bekommen. Viele Unternehmen<br />
mussten ihre Prozesse kurzfristig auf<br />
Homeoffice und Videokonferenzen umstellen.<br />
Die Azubis wurden von den Berufsschulen<br />
mal besser, mal schlechter online<br />
beschult – und nicht wenige Unternehmen<br />
halfen zwischenzeitlich sogar, den Schulstoff<br />
zu vermitteln. Das alles erhöht auch<br />
den Druck auf das ausbildende Personal.<br />
Die DIHK-Bildungs-GmbH wendet sich<br />
deshalb an diesen Personenkreis mit<br />
verschiedenen Informations- und Qualifizierungsangeboten.<br />
Ein Beispiel sind<br />
Online-Trainingsmodule, mit denen sich<br />
Ausbildungsbeauftragte fit machen können.<br />
Etwa zur richtigen Ansprache von<br />
Azubis, zum Umgang mit Migranten und<br />
Geflüchteten oder wie man einen tollen<br />
Ausbildungsstart bietet. „Die Module sind<br />
zeitlich so konzipiert, dass sie sich unkompliziert<br />
in den Arbeitsalltag integrieren<br />
lassen“, erläutert Schuster. Sie sind, neben<br />
vielen anderen Angeboten, im Onlineportal<br />
stark-fuer-ausbildung.de, das die<br />
DIHK-Bildungs-GmbH gemeinsam mit<br />
der Zentralstelle für die Weiterbildung im<br />
Handwerk entwickelt hat, zu finden.<br />
Podcast für Ausbildende<br />
Ein anderes Beispiel ist die neue Podcast-<br />
Reihe „Sei ein Mentor – Der Podcast für<br />
Ausbilder“, der sich auch an Ausbildungsbeauftragte<br />
richtet. Sie erfahren in kurzen<br />
Interviews mit Ausbildungsprofis sowie<br />
Azubis, wie Jugendliche heute ticken, wie<br />
sie die Corona-Krise erleben oder wie man<br />
Auszubildende bei der Persönlichkeitsentwicklung<br />
unterstützen kann (siehe Kasten).<br />
„Am Ende einer Ausbildung sollen Azubis<br />
Handlungskompetenz erworben haben“,<br />
sagt Schuster. Doch auch die Ausbildungsbeauftragten<br />
möchten ihre Handlungskompetenz<br />
erhöhen, erzählt sie. „Angebote<br />
wie unsere Podcasts und Trainings bieten<br />
ihnen die Chance dazu.“<br />
Im Überblick:<br />
» Neben Ausbilderinnen und<br />
Ausbildern sind auch andere<br />
Mitarbeiter bei der Ausbildung<br />
im Betrieb involviert.<br />
» Trotz ihrer wichtigen Rolle<br />
erhalten diese Ausbildungsbeauftragten<br />
in den Betrieben<br />
oft nur wenig Unterstützung.<br />
» Institutionen wie der Deutsche<br />
Industrie und Handelskammertag<br />
und der Zentralverband des<br />
Deutschen Handwerks stellen<br />
Unterstützungsangebote bereit.<br />
Weitere Informationen<br />
» Auf dem Ausbilderportal Stark für<br />
Ausbildung der DIHK-Bildungs-GmbH<br />
und der Zentralstelle für Weiterbildung<br />
im Handwerk gibt es Tipps,<br />
Handreichungen und Trainingsangebote<br />
für Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
sowie Ausbildungsbeauftragte.<br />
www.stark-fuer-ausbildung.de<br />
» Den Ausbilderpodcast<br />
„Sei ein Mentor“, der sich<br />
auch an Ausbildungsbeauftragte<br />
richtet, findet man auf:<br />
soundcloud.com/dihkbildungsgmbh/<br />
sets/sei-ein-mentor-der-podcast<br />
8 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 9
IM FOKUS<br />
DER KEY-ACCOUNT-<br />
MANAGER DER AZUBIS<br />
Auswählen, stärken, qualifizieren: Wie Unternehmen<br />
Ausbildungsbeauftragte zu Ausbildungsprofis machen.<br />
Text Gabriele Weingärtner<br />
Fotos: © Pressmaster / Shutterstock.com; Tania Kraft; privat<br />
10 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
Montag, 7. September, eine<br />
Woche nach Ausbildungsbeginn.<br />
Christian<br />
und Charlotte haben eine Ausbildung im<br />
gleichen Unternehmen angefangen und<br />
waren nach einer Einführungswoche heute<br />
an ihren neuen Arbeitsplätzen: Christian<br />
in der Werkstatt, Charlotte im Büro. Sie<br />
treffen sich beim Mittagessen und erzählen<br />
sich von ihren ersten Eindrücken.<br />
Christian ist begeistert. Der Meister begrüßte<br />
ihn bei seiner Ankunft. Er stellte<br />
ihm als Erstes einen Gesellen vor, der im<br />
vergangenen Jahr seine Prüfung mit Auszeichnung<br />
bestanden hat. Das ist Christians<br />
neuer Ausbildungsbeauftragter. Schon<br />
in den ersten Stunden begleitete Christian<br />
ihn bei der Arbeit und erledigte erste kleinere<br />
Arbeitsaufträge. Nach der Mittagspause<br />
steht ein Meeting mit ihm und dem<br />
Meister an, in dem der Ausbildungsplan<br />
und der Ablauf der nächsten Wochen besprochen<br />
wird. Charlotte hat eine andere<br />
Erfahrung gemacht. Sie war pünktlich im<br />
Büro – aber niemand sonst. Um halb acht<br />
kamen ein paar Kollegen: „Bei uns gibt es<br />
in der Abteilung flexible Arbeitszeiten“,<br />
sagten sie und gingen an die Schreibtische.<br />
Irgendwann kam ein Kollege und kündigte<br />
an, dass er jetzt erst einmal auf die Suche<br />
nach einem freien Tisch für sie gehe. Aufgaben<br />
für sie gebe es derzeit wegen Corona<br />
nicht so viele, sie solle erst einmal einfach<br />
zuschauen. Nächste Woche sei die Chefin<br />
wieder da, die sich dann um Charlotte<br />
kümmern würde.<br />
Ein fester Ansprechpartner hilft<br />
Die Beispiele zeigen, welche Schlüsselrolle<br />
die Ausbildungsbeauftragten – manchmal<br />
auch ausbildende Fachkräfte oder Ausbildungsverantwortliche<br />
genannt – in der<br />
Ausbildung einnehmen. Man kann sie als<br />
Key-Account-Manager der Ausbildung<br />
betrachten: Ein Key-Account-Manager<br />
kümmert sich persönlich um die Belange<br />
und Interessen eines wichtigen Kunden.<br />
Er ermittelt seinen Bedarf, unterstützt<br />
ihn mit der passenden Dienstleistung.<br />
Dazu arbeitet er eng mit dem Kunden<br />
zusammen. Also Aufgaben, die ein Ausbildungsbeauftragter<br />
in Bezug auf einen<br />
Auszubildenden hat.<br />
GABRIELE WEINGÄRTNER<br />
ist Geschäftsführerin der<br />
Ausbilder-Akademie GmbH<br />
in Friedrichsdorf und Armsheim.<br />
Gemeinsam mit ihrem Trainerteam<br />
schult sie deutschlandweit<br />
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Ausbildungsbeauftragten.<br />
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IM FOKUS<br />
Ein engagierter Ausbildungsbeauftragter<br />
sollte in Abstimmung mit Ausbilder oder<br />
Ausbildungsleiter leisten:<br />
» Rahmenbedingungen klären<br />
(Zeiten, Arbeitsplatz, Lern- und<br />
Arbeitsmaterial, Lernpartner),<br />
» Lerninhalte des individuellen<br />
Ausbildungsplans konkretisieren,<br />
» didaktisches Vorgehen mit den<br />
geeigneten Methoden wählen,<br />
» Lernaufgaben und Projekte<br />
vorbereiten und begleiten,<br />
» Begleitung des Azubis: Onboarding in<br />
der Abteilung, Lernbegleitung, Coaching,<br />
Beurteilung und Feedback.<br />
Die Besten eignen sich<br />
als Ausbildungsbeauftragte<br />
Die Aufgaben eines Ausbildungsbeauftragten<br />
liegen in der Ausbildungsbegleitung,<br />
im fördernden und fordernden<br />
Unterstützen. Ziel ist die Stärkung der<br />
Eigenständigkeit, des selbstständigen Denkens<br />
und Handelns. Das geht nicht durch<br />
„Vormachen-Nachmachen“, dazu braucht<br />
es aktivierende Methoden. Deswegen ist es<br />
wichtig, dass das Ausbildungsunternehmen<br />
die besten Mitarbeiter/-innen zu Ausbildungsbeauftragten<br />
macht. Fachkompetenz,<br />
methodisch-didaktische Kompetenz,<br />
digitale Kompetenz, soziale Kompetenz<br />
und eine hohe persönliche Kompetenz:<br />
Diese Kompetenzen benötigen sie, um ihre<br />
Aufgaben zu erfüllen. Neben diesen individuellen<br />
Kompetenzen brauchen Ausbildungsbeauftragte<br />
Rückhalt, Wertschätzung<br />
und zeitlichen Freiraum von ihren Führungskräften.<br />
Denn Ausbildung geht nicht<br />
nur so nebenher.<br />
Um die Qualität der Ausbildungsbeauftragten<br />
sicherzustellen, ist ein mehrstufiger<br />
Prozess durch ein ganzheitliches Ausbildungsmanagement<br />
nötig, der zum Beispiel<br />
so ablaufen kann:<br />
1. Definition der Aufgaben,<br />
Anforderungen und Kompetenzen<br />
der Ausbildungsbeauftragten<br />
2. Abstimmen der Rahmenbedingungen<br />
mit der Geschäftsführung<br />
3. Recruiting und Auswahl der Ausbildungsbeauftragten<br />
in den Ausbildungsabteilungen:<br />
Bei der Auswahl sollten die<br />
Führungskräfte einbezogen werden.<br />
4. Sichtbare Kommunikation der<br />
benannten Ausbildungsbeauftragten<br />
im Unternehmen<br />
5. Qualifizierung der Ausbildungsbeauftragten,<br />
etwa durch Seminare und Fortbildungen<br />
und durch engen Austausch<br />
untereinander und mit den Ausbildern<br />
6. Fortlaufende Beratung und Unterstützung<br />
der Ausbildungsbeauftragten,<br />
beispielsweise wenn Schwierigkeiten mit<br />
Auszubildenden auftreten oder wenn<br />
den Ausbildungsbeauftragten nicht genug<br />
Zeit für nicht ausbildungsrelevante<br />
Aufgaben bleibt.<br />
7. Motivation und Wertschätzung der<br />
Arbeit der Ausbildungsbeauftragten<br />
In jedem Unternehmensbereich, in dem<br />
Auszubildende zum Einsatz kommen,<br />
sollte ihnen ein Ausbildungsbeauftragter<br />
zur Seite stehen. Das sollte der beste Mitarbeiter<br />
im Team sein. Es geht bei der Ausbildung<br />
um die Absicherung der personellen<br />
Zukunft des Unternehmens.<br />
Qualifizierung sicherstellen<br />
Was die Qualifizierung der Ausbildungsbeauftragten<br />
angeht, kann im<br />
Unternehmen zum Beispiel zunächst ein<br />
Praxisworkshop mit den Grundlagen der<br />
Tätigkeit durchgeführt werden. Vertiefende<br />
Seminare zu Themen wie Lernbegleitung,<br />
Methodik-Didaktik, digitalem<br />
Ausbilden, Feedbackkultur und Umgang<br />
mit Konflikten sind ebenfalls sinnvoll.<br />
Ausbildungsbeauftragten sollte auch das<br />
Ablegen der AEVO-Prüfung, also der<br />
Ausbilderschein, angeboten werden. Das<br />
stärkt den pädagogischen Werkzeugkoffer<br />
des Ausbildungsbeauftragten – und oft<br />
auch das Selbstbewusstsein als wichtiger<br />
Akteur der betrieblichen Ausbildung.<br />
Zudem ist die Tätigkeit als Ausbildungs-<br />
12 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
eauftragter eine gute Qualifizierungsmöglichkeit<br />
für High-Potentials im<br />
Unternehmen. Es sollte ein elementarer<br />
Bestandteil eines Personalentwicklungskonzepts<br />
sein, zum Beispiel als Teil eines<br />
Führungskräftetrainings.<br />
Ein Fokus auf die Ausbildungsbeauftragten<br />
und die Stärkung ihrer Arbeit<br />
durch den Betrieb lohnt sich. Für das<br />
Unternehmen, weil gute und strukturierte<br />
Betreuung der Auszubildenden<br />
die Ausbildungsqualität steigert und<br />
Abbruchquoten senkt. Für Ausbilder und<br />
Ausbildungsbeauftragte, weil sie Unterstützung<br />
für ihre wichtige Arbeit erfahren.<br />
Und für die Auszubildenden: Christian<br />
hat Lust auf die Ausbildung und ist motiviert.<br />
Und Charlotte? Sie wirkte unzufrieden.<br />
Doch wie kann ihre Ausbildung gut<br />
verlaufen? Am besten mit Benennung und<br />
Qualifizierung guter Ausbildungsbeauftragter<br />
in allen Abteilungen – und zwar so<br />
schnell wie möglich.<br />
Im Überblick:<br />
» Unternehmen<br />
sollten einen<br />
Fokus auf die<br />
Qualität der<br />
Ausbildungsbeauftragten<br />
richten.<br />
» Mit dieser Aufgabe<br />
sollten sie<br />
besonders gute<br />
Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter<br />
betrauen.<br />
» Fortlaufende<br />
Qualifizierung<br />
und Unterstützung<br />
der Ausbildungsbeauftragten<br />
ist<br />
unerlässlich.<br />
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Die Digitalisierung stellt Lehrende vor die Herausforderung,<br />
Industrie 4.0-Wissen in Lehre und Ausbildung<br />
zu vermitteln. Das Programm Siemens<br />
Automation Cooperates with Education (SCE)<br />
unterstützt Lehrende und Ausbilder /-innen bei der<br />
Wissensvermittlung auf dem Weg zu Industrie 4.0.<br />
siemens.de/sce<br />
›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 13
IM FOKUS<br />
“EINE MODERNISIERUNG<br />
IST NOTWENDIG“<br />
Es gibt viele Weiterbildungsangebote für ausbildende Fachkräfte,<br />
doch Unternehmen nutzen sie kaum. Bundesweit anerkannte<br />
Zusatzqualifikationen könnten helfen.<br />
Interview Vincent Hochhausen<br />
Im Interview<br />
MARIO PATUZZI<br />
ist beim Deutschen Gewerkschaftsbund<br />
zuständig für Grundsatzfragen<br />
der Berufsbildung.<br />
<strong>Bildungspraxis</strong>: Warum sind<br />
ausbildende Fachkräfte so wichtig,<br />
wenn es doch Ausbilder gibt?<br />
Mario Patuzzi: Ausbilderinnen und Ausbilder<br />
sind für die Ausbildung verantwortlich<br />
und kümmern sich um grundsätzliche<br />
Fragen und den Ausbildungsablauf. Aber<br />
sie können nicht jeden Lern- und Arbeitsprozess<br />
begleiten. Hier sind dann die<br />
ausbildenden Fachkräfte gefragt. Eine<br />
Vielzahl von Mitarbeitern in den Betrieben<br />
stehen den Azubis in der Regel auch<br />
bei kleineren fachlichen Rückfragen täglich<br />
zur Seite.<br />
Foto: © Jirsak / Shutterstock.com; DGB<br />
14 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
VERLAG<br />
Das Lernheft der Zukunft<br />
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›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 15<br />
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IM FOKUS<br />
Wird diese Gruppe genug gefördert?<br />
Ausbildende Fachkräfte müssen nicht<br />
über die Ausbildereignung verfügen.<br />
Die Auszubildenden sind heute immer<br />
vielfältiger und es gibt derzeit einen großen<br />
technologischen Wandel. Das stellt<br />
auch die ausbildenden Fachkräfte vor<br />
Herausforderungen, und deswegen muss<br />
es für sie möglich sein, Weiterbildungen<br />
in Anspruch zu nehmen. Leider sehen<br />
viele Unternehmen diese Notwendigkeit<br />
nicht.<br />
Dabei gibt es ein großes Angebot<br />
an Weiterbildungen.<br />
Ja, aber Unternehmen schicken ihre Mitarbeiter<br />
dort oft nicht hin. Es fehlt auch<br />
eine offiziell anerkannte Qualifikation<br />
die einen gewissen Stellenwert hat. Das<br />
könnte zum Beispiel eine Zusatzqualifizierung<br />
sein, die mit einer Prüfung<br />
bei der Kammer abgeschlossen wird.<br />
Denkbar ist aber auch eine berufliche<br />
Fortbildung auf der Ebene von Berufsspezialisten.<br />
Das ist übrigens auch<br />
ein Problem bei den Ausbildern – die<br />
Fortbildungen zum Aus- und Weiterbildungspädagogen<br />
und Berufspädagogen,<br />
die Ausbilderinnen und Ausbildern offenstehen,<br />
sind zwar sehr anspruchsvoll,<br />
aber auch stark auf große Unternehmen<br />
oder Bildungsträger ausgerichtet.<br />
Welche Kompetenzen sollte eine solche<br />
Zusatzqualifikation vermitteln?<br />
Vor allem pädagogische Kompetenzen.<br />
Wie geht man mit Azubis mit verschiedenen<br />
Anforderungen um, beispielsweise<br />
mit leistungsschwächeren Auszubildenden,<br />
mit Auszubildenden mit Migrationserfahrung<br />
oder solchen mit Abitur?<br />
Wie die Ausbilder sollten die ausbildenden<br />
Fachkräfte sich in der Rolle eines<br />
Ausbildungs- oder besser Lernprozessbegleiters<br />
sehen.<br />
Wer ist in der Pflicht eine solche<br />
Zusatzqualifikation einzuführen?<br />
Das müssen Sozialpartner, also Arbeitgeber<br />
und Gewerkschaften, in den entsprechenden<br />
Gremien angehen. Das könnte<br />
zum Beispiel im Zuge einer Modernisierung<br />
der Ausbildereignung geschehen –<br />
die ist überfällig.<br />
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Die Gewinner werden von uns benachrichtigt. Der Gewinn<br />
wird nicht bar ausgezahlt. Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.<br />
Mitarbeiter der AVR und Gewinnservices sind von der<br />
Teilnahme ausgeschlossen.<br />
Im Überblick:<br />
» Ausbildende Fachkräfte brauchen<br />
die Möglichkeit, ihre pädagogischen<br />
Kompetenzen auszubauen.<br />
» Unternehmen sollten sie hierbei unterstützen.<br />
» Eine anerkannte Zusatzqualifikation<br />
für ausbildende Fachkräfte wäre<br />
ein Weg, die Ausbildungsqualität zu<br />
steigern.<br />
Weitere Informationen:<br />
» Tipps und Hinweise für das Ausbildungspersonal<br />
gibt es auf dem<br />
Ausbilderportal „foraus“ des Bundesinstituts<br />
für Berufsausbildung.<br />
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16 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 17
AUSBILDUNG<br />
News<br />
Projekte für<br />
eine exzellente<br />
Berufsbildung<br />
Die Expertenjury des Innovationswettbewerbs<br />
„InnoVET“ hat 17 Berufsbildungsprojekte<br />
für eine Förderung durch<br />
das Bundesministerium für Bildung und<br />
Forschung vorgeschlagen. Die Projekte<br />
sollen sich laut dem Ministerium zu<br />
„Innovations-Clustern“ weiterentwickeln,<br />
die qualitativ hochwertige Aus- und Weiterbildung<br />
verankern, und Jugendliche zur<br />
Berufsbildung motivieren. Mehr Informationen<br />
zum Wettbewerb und eine Liste<br />
der ausgewählten Projekte gibt es auf:<br />
» www.bmbf.de/innovet<br />
500 Millionen zur Sicherung<br />
von Ausbildungsplätzen<br />
ERTRÄGE VON<br />
AUSZUBILDENDEN<br />
DECKEN ZWEI<br />
DRITTEL DER<br />
KOSTEN<br />
Im Ausbildungsjahr 2017/18<br />
lagen die Sach- und Personalkosten<br />
je Auszubildenden für die<br />
Ausbildungsbetriebe bei durchschnittlich<br />
21.900 Euro jährlich.<br />
Gleichzeitig erwirtschaftete jeder<br />
Auszubildende durchschnittlich<br />
rund 14.400 Euro. Das geht aus<br />
einer repräsentativen Unternehmensbefragung<br />
des Bundesinstituts<br />
für Berufsbildung hervor.<br />
Somit kostet ein Auszubildender<br />
jährlich netto rund 6.500 Euro.<br />
Die Untersuchung gibt auch Hinweise<br />
warum Betriebe trotz dieser<br />
Nettokosten weiterhin ausbilden:<br />
Sie sparen bei den Personalgewinnungskosten,<br />
wenn sie Auszubildende<br />
übernehmen.<br />
» www.bibb.de/<br />
veroeffentlichungen/de/<br />
publication/show/16551<br />
Die Bundesregierung stellt für das Bundesprogramm „Ausbildungsplätze<br />
sichern“ 500 Millionen Euro bereit, um durch die Corona-<br />
Pandemie bedrohte Ausbildungsplätze in kleinen und mittleren<br />
Unternehmen zu sichern. Die Unterstützung soll Betrieben mit weniger<br />
als 250 Mitarbeitern zugutekommen, die Auszubildende von insolventen<br />
oder von Corona betroffenen Unternehmen übernehmen.<br />
Oder wenn sie selbst von Corona betroffen sind, ihr Ausbildungsplatzangebot<br />
erhöhen oder für Auszubildende und Ausbilder keine<br />
Kurzarbeit anmelden. Mehr Informationen auf:<br />
» www.bundesregierung.de/breg-de<br />
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18 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 19
AUSBILDUNG<br />
DAS ROBOTIK-<br />
NEUE<br />
SERIE<br />
Innovation in der<br />
Ausbildung<br />
ZEITALTER<br />
Kollaborative Roboter können immer mehr alltägliche Aufgaben<br />
erledigen. Doch wie kann man sie in die Ausbildung integrieren?<br />
Ein Praxisbeispiel aus den BANG Netzwerken.<br />
Text Guido Husmann, Markus Kamann<br />
Feilen, Sägen, Drehen, Fräsen.<br />
Diese klassischen Fähigkeiten<br />
eines gewerblichen Lehrberufes<br />
aus den 1980-er Jahren sind überholt.<br />
Ähnlich wie in der Bürowelt die Computer<br />
nicht mehr wegzudenken sind,<br />
hat der Roboter in der Fertigung seinen<br />
Siegeszug begonnen. Zu Beginn waren<br />
die ersten Produktions Roboter reine<br />
Expertensysteme, die nur von Spezialisten<br />
bedient werden konnten.<br />
In Zeiten der Digitalisierung hat sich<br />
das geändert: Die heutigen Roboter<br />
sind leicht zu programmieren. Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter führen<br />
den Roboter-Arm an die entsprechende<br />
Stelle und definieren mit vorgefertigten<br />
Programmen, was der Roboter in dieser<br />
Position machen soll. Sie können so eine<br />
Bibliothek von hunderten Serien anlegen<br />
und in Sekundenschnelle abrufen.<br />
In der zukünftigen Industrie 4.0 wird<br />
es einen flächendeckenden Einsatz von<br />
Robotik geben.<br />
Heute sind immer mehr kollaborierende<br />
Roboter – im Englischen Cobots<br />
– im Gebrauch. Diese Roboter arbeiten<br />
wie menschliche Kollegen, Hand-in-<br />
Hand, mit und erledigen viele Routi-<br />
nearbeiten, etwa bei der Fertigung von<br />
Getrieben oder Windschutzscheiben.<br />
Der Mitarbeiter bringt dem Cobot<br />
gezielt Bewegungen bei, die für eine<br />
bestimmte Arbeitssituation benötigt<br />
werden. Cobots können im Qualitätsmanagement<br />
mit einer Kamera<br />
eingesetzt werden oder bei der Montageunterstützung<br />
und beim Verpacken.<br />
Kollaborierende Roboter haben auch<br />
entscheidende wirtschaftliche Vorteile.<br />
Die Anschaffungskosten sind niedriger<br />
als bei Industrie-Robotern und sie<br />
GUIDO HUSMANN<br />
ist Trainer in BANG Gütersloh e.V.<br />
und Standortleiter im Steinhagener<br />
Trainingszentrum.<br />
MARKUS KAMANN<br />
Der Vertriebsleiter der BANG Netzwerke<br />
und Geschäftsführer der Gesellschaft<br />
für Projektierungs- und Dienstleistungsmanagement<br />
hat 13 Netzwerke gegründet,<br />
vier weitere sind mit lokalen Partnern im<br />
Aufbau. Die BANG Netzwerke sind als<br />
Preisträger des Wettbewerbes „Innovatives<br />
Netzwerk 2017“ ausgezeichnet, den der<br />
DIHK und das Bundesministerium für<br />
Arbeit und Soziales ausrichten.<br />
Foto: © Aksoy / Kamann; Markus Kamann<br />
20 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
Aufbau des einwöchigen<br />
Lernmodules<br />
„Einführung Cobot“:<br />
» Die Welt der Roboter<br />
und Cobots<br />
» Übersicht kollaborierender<br />
Roboter<br />
(Grundfunktionen)<br />
Ein Cobot an einer Abkant-/Biegebank.<br />
» Pick-and-Place A<br />
nwendung (Standard-<br />
Greifer aufnehmen und<br />
ablegen)<br />
sind schnell und flexibel einsetzbar,<br />
ohne lange Rüstzeiten. Das Netzwerk<br />
BANG greift diese Entwicklung auf.<br />
Die Mitarbeiter von BANG erläutern<br />
die Roboter-Technologie in gezielten<br />
Lernformaten. Robotik-Schulungen<br />
sind ein integraler Bestandteil der praxisbezogenen<br />
Lehrinhalte bei Maschinen-<br />
und Anlagenführern, Fachkraft<br />
Metalltechnik/Montage, Industrie- und<br />
Werkzeugmechanikern und vermitteln<br />
das notwendige Wissen, um mit Robotik<br />
die Effektivität in der Produktion<br />
zu erhöhen.<br />
■<br />
» Sicherhei ts einstellungen<br />
und Sicherheitskonfiguration<br />
» Programmabläufe<br />
erstellen und aufrufen;<br />
Blechteile aufnehmen<br />
und übergeben<br />
» Biegeprogrammierung<br />
im Zusammenspiel mit<br />
einer Abkantbank<br />
» Kalibrierung und<br />
Koordinatensystem<br />
Das Portal für Bildungsinformation<br />
bildungsklick informiert Sie aktuell und umfassend mit News, Hintergrund berichten,<br />
Dossiers, Interviews und Videos aus der Welt der Bildung.<br />
Wir machen Bildung zum Thema. | www.bildungsklick.de<br />
www.bildungsklick.de<br />
›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 21
AUSBILDUNG<br />
DIE JUGEND VON HEUTE<br />
FINDET SICH GUT<br />
Eine aktuelle Studie hat Jugendliche und Ausbildungsverantwortliche zu<br />
Wünschen und Realität in der Ausbildung befragt. Die Antworten geben Einblicke,<br />
was junge Menschen von Unternehmen erwarten – und umgekehrt.<br />
Text Vincent Hochhausen<br />
Praktika<br />
Was sagen die Jugendlichen?<br />
Fast 70 Prozent der Jugendlichen, die ein<br />
Praktikum absolviert haben, gaben an, mit<br />
der Qualität zufrieden zu sein. Unzufrieden<br />
äußerten sich etwa acht Prozent. Fast 73 Prozent<br />
gab an, sich Praktika auszusuchen, um<br />
einen Beruf kennenzulernen, etwa 30 Prozent<br />
wollten dadurch ein bestimmtes Unternehmen<br />
kennenlernen.<br />
Was sagen die Ausbildungsverantwortlichen?<br />
Die Mehrzahl der Befragten gab an, dass ihr<br />
Unternehmen Praktika zur Berufsorientierung<br />
anbietet. Am verbreitetsten sind dabei<br />
Schülerpraktika mit 85 Prozent und freiwillige<br />
Ferienpraktika mit 62 Prozent. Bei 47 Prozent<br />
der Befragten werden Praxistage und bei<br />
35 Prozent Probearbeiten angeboten.<br />
Was sollten Unternehmen tun?<br />
Die Studienautoren empfehlen, sich für mehr<br />
als nur für Schülerpraktika zu öffnen, da diese<br />
den Schülern nicht als Einblick in einen Betrieb,<br />
sondern in einen Beruf dienen. Zudem<br />
sind sie nur bedingt für das Azubi-Recruting<br />
geeignet, da sie meist in der Mittelstufe, mehrere<br />
Jahre vor dem Abitur, stattfinden. Außerdem<br />
sei Probearbeiten im kaufmännischen<br />
Bereich seltener als im gewerblich-technischen,<br />
obwohl es eine wichtige Entscheidungsgrundlage<br />
für beide Seiten biete.<br />
Foto: © Rawpixel.com / Shutterstock.com<br />
22 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
Verhalten und Leistung<br />
Was sagen die Jugendlichen?<br />
Die Jugendlichen schätzen sich<br />
selbst überwiegend positiv ein. 38<br />
Prozent sehen sich eindeutig als leistungsstark,<br />
weitere 53 Prozent stimmen<br />
dieser Einschätzung eher zu.<br />
97 Prozent attestieren sich ein eindeutig<br />
oder eher gutes Benehmen,<br />
45 Prozent sehen sich eindeutig als<br />
diszipliniert an, weitere 40 Prozent<br />
stimmen dem eher zu.<br />
Was sagen die<br />
Ausbildungsverantwortlichen?<br />
Die Ausbildungsverantwortlichen<br />
bewerten ihre Auszubildenden<br />
deutlich negativer. Nur rund 9<br />
Prozent sehen den Großteil ihrer<br />
Auszubildenden als eindeutig leistungsstark,<br />
17 Prozent attestieren<br />
ihnen ein eindeutig gutes Benehmen,<br />
nur 7 Prozent bewerten sie<br />
als eindeutig diszipliniert. Wenn es<br />
um die Einschätzung von Durchhaltevermögen<br />
und Motivation der<br />
Azubis geht, zeigt sich ein ähnliches<br />
Bild.<br />
Was sollten die Unternehmen tun?<br />
Die Studienautoren empfehlen,<br />
Auszubildenden ehrliches Feedback<br />
zu geben. Wenn Unternehmen<br />
unzufrieden mit dem<br />
Auftreten ihrer Auszubildenden<br />
sind, könne es auch sinnvoll sein,<br />
ihnen Schulungen oder Kurse anzubieten.<br />
In rund 56 Prozent der<br />
Unternehmen gibt es diese Möglichkeit<br />
nicht.<br />
Jetzt zwei Ausgaben<br />
kostenlos* testen!<br />
Für die Studie „Azubi-Recruiting Trends“<br />
wurden mehr als 5000 Schüler/-innen<br />
und Azubis sowie über 2000 Ausbildungsverantwortliche<br />
aus verschiedenen<br />
Branchen zu Ausbildungspraxis und Recruiting<br />
befragt. Die Ergebnisse im Überblick.<br />
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›› BILDUNGSPRAXIS ––<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> 01/<strong>2020</strong> | 23<br />
GREEN-LIFESTYLE-MAGAZIN.DE
AUSBILDUNG<br />
Ausbildungszufriedenheit<br />
Was sagen die Jugendlichen?<br />
Die Jugendlichen, die bereits in einer Ausbildung<br />
sind, äußerten sich mehrheitlich<br />
positiv zu ihren Ausbildungsbedingungen.<br />
90 Prozent sind zufrieden mit den Kollegen,<br />
84 Prozent mit der Erreichbarkeit der Ausbildungsverantwortlichen,<br />
jeweils 80 Prozent<br />
mit den Arbeitszeiten und -inhalten<br />
sowie 73 Prozent mit dem Lernniveau und<br />
den Arbeitsaufgaben.<br />
Was sagen die<br />
Ausbildungsverantwortlichen?<br />
Obwohl die Antworten der Azubis von einer<br />
hohen Zufriedenheit mit der Ausbildung<br />
zeugen, schätzten die Ausbildungsverantwortlichen<br />
die Zufriedenheit ihrer Auszubildenden<br />
höher ein, als sie ist, und zwar um<br />
durchschnittlich neun Prozentpunkte.<br />
Was sollten die Unternehmen tun?<br />
Die Studienautoren empfehlen den Ausbildern,<br />
selbstkritisch und realistisch zu<br />
bleiben. Insbesondere bei den Lern- und Arbeitsaufgaben<br />
gebe es offenbar häufig Raum<br />
für Verbesserungen. Zudem ist es sinnvoll,<br />
Feedback und Verbesserungsvorschläge auch<br />
direkt bei den Auszubildenden zu erfragen.<br />
Künstliche Intelligenz<br />
Was sagen die Jugendlichen<br />
und Ausbildungsverantwortlichen?<br />
Sowohl die Jugendlichen als auch die Ausbildungsverantwortlichen<br />
sind skeptisch gegenüber dem<br />
Einsatz von KI im Bewerbungsprozess. Die Bewerber<br />
und Unternehmen wurden befragt, wie sie<br />
es fänden, wenn ein Chatbot die Kommunikation<br />
übernähme, ein Algorithmus die Vorauswahl der<br />
Kandidatinnen und Kandidaten leistete und wenn<br />
Vorstellungsgespräche mit einem Computer geführt<br />
würden. 87 Prozent der Jugendlichen und 82 Prozent<br />
der Ausbildungsbeauftragten sehen den Einsatz<br />
von Chatbots negativ, das Vorstellungsgespräch mit<br />
dem Computer lehnen sie zu 87 beziehungsweise 96<br />
Prozent ab. Nur bei der Vorauswahl der Kandidaten<br />
zeigt sich ein anderes Bild: Zwar sind 66 Prozent der<br />
Jugendlichen dagegen, dass dies ein Algorithmus<br />
übernimmt, bei den Ausbildungsverantwortlichen<br />
finden diese Idee dagegen nur 49 Prozent schlecht.<br />
Was sollten die Unternehmen tun?<br />
Angesichts dieser Ergebnisse verwundert es nicht,<br />
dass die Studienautoren empfehlen, die Auswahlprozesse<br />
möglichst persönlich zu gestalten. Dies heiße<br />
aber nicht, dass man völlig auf den Einsatz digitaler<br />
Instrumente verzichten müsse.<br />
Weitere Ergebnisse<br />
» 68 Prozent der Jugendlichen ist bei der Ausbildungsplatzsuche<br />
wichtig, dass der Ausbildungsbetrieb einen guten Ruf genießt;<br />
63 Prozent achten darauf, ob der Betrieb einen Großteil seiner<br />
Azubis übernimmt.<br />
» Jugendliche sind an Auslandsaufenthalten während der Ausbildung<br />
interessiert: 31 Prozent möchten auf jeden Fall einen machen,<br />
weitere 46 Prozent möchten sich darüber informieren.<br />
» Jugendliche bekommen wenig Feedback: 70 Prozent geben<br />
an, selten oder nie Rückmeldung in Form eines ausführlichen<br />
Gespräches zu bekommen, 53 Prozent sagen sogar, selten oder<br />
nie kurze Rückmeldungen zwischendurch zu bekommen. ■<br />
Zur Studie<br />
Das Unternehmen u-form<br />
Testsysteme befragt jedes<br />
Jahr Schüler, Auszubildende<br />
und Ausbildungsverantwortliche<br />
und veröffentlicht<br />
die Ergebnisse mit dem<br />
Namen „Azubi Recruiting<br />
Trend“. Wissenschaftlicher<br />
Leiter ist Christoph<br />
Beck, Professor für Human<br />
Resource Management an der<br />
Hochschule Koblenz.<br />
» Mehr Informationen:<br />
www.testsysteme.de/studie<br />
24 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 25
WEITERBILDUNG<br />
News<br />
Fortbildungen lohnen sich<br />
Höhere Berufsbildungsabschlüsse wie Meister/-in, Techniker/-in<br />
oder Betriebswirt/-in lohnen sich für Arbeitnehmer. Eine Analyse des<br />
Bundesinstituts für Berufsbildung ergab, dass Absolventen/-innen solcher<br />
Abschlüsse häufiger Führungs- und Fachpositionen einnehmen und<br />
ein höheres Einkommen haben als jene mit beruflicher Ausbildung<br />
ohne höheren Berufsbildungsabschluss.<br />
» www.bibb.de/bibbreport<br />
NRW<br />
HAT BESTE<br />
BILDUNGS<br />
CHANCEN<br />
BUNDESWEIT<br />
In Nordrhein-Westfalen haben<br />
Bürgerinnen und Bürger<br />
die besten Bildungschancen<br />
im bundesweiten Vergleich.<br />
Zu diesem Ergebnis kommt<br />
zumindest die ‚the key-<br />
Unternehmens gruppe‘ in einer<br />
Auswertung von Beratungs-,<br />
Dienstleistungs- und Personalentwicklungsunternehmen.<br />
Für die Untersuchung wurden<br />
einzelne Indikatoren in den<br />
Bundesländern verglichen,<br />
von den Bildungsausgaben<br />
bis zur Dichte der Weiterbildungsangebote.<br />
Weitere<br />
Informationen auf:<br />
» www.thekey.community/<br />
bildungsatlas-<strong>2020</strong><br />
Mehr Erwachsene<br />
nutzen Weiterbildungen<br />
Der Anteil der Erwachsenen im Erwerbsalter,<br />
die an non-formalen Weiterbildungen<br />
teilnehmen, ist von 2016 bis 2018 von<br />
47 Prozent auf 52 Prozent gestiegen. Das<br />
geht aus dem Nationalen Bildungsbericht<br />
hervor, der Ende Juni veröffentlicht<br />
wurde. Non-formale Weiterbildungen sind<br />
Weiterbildungen, die nicht zu einem im<br />
nationalen Qualifikationsrahmen festgelegten<br />
Bildungsabschluss führen. Auch der<br />
durchschnittliche Zeitaufwand für solche<br />
Weiterbildungen stieg deutlich, von 41,6<br />
Stunden auf 45,7 Stunden pro Jahr. Die<br />
Teilnahme an formalen Weiterbildungen<br />
blieb stabil.<br />
» www.bildungsbericht.de/de/kapitel/<br />
kapitel-g<br />
Foto: © wavebreakmedia, Branislav Nenin / Shutterstock.com<br />
26 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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und ausreichend Platz für Karten. Beide haben einen<br />
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WEITERBILDUNG<br />
KLEINER WALD,<br />
GROßER BESITZ<br />
Immer mehr Privatpersonen in Deutschland besitzen Wald. Wie sie ihn richtig<br />
bewirtschaften, wissen sie oft nicht. Mit Virtual Reality kann man dies ändern.<br />
Text Jannick Eckle, Oliver Thomas und Jannis Vogel<br />
Wald reinigt die Luft, produziert<br />
Sauerstoff, sorgt für<br />
Trinkwasser und ist der<br />
natürliche Lebensraum vieler Tier- und Pflanzenarten.<br />
49 Prozent der deutschen Waldfläche<br />
befinden sich in privatem Besitz, 50 Prozent<br />
davon gehört Kleinprivatwaldbesitzern, also Besitzern<br />
mit weniger als 20 Hektar Waldeigentum.<br />
Durch den Generationswechsel erben häufig Privatpersonen<br />
Waldbesitz, die über keine forstwirtschaftlichen<br />
Kenntnisse verfügen. Oft leben diese<br />
neuen Waldbesitzer in Städten und haben keine<br />
Erfahrung damit, einen Wald professionell zu<br />
bewirtschaften. Das Virtual Reality Forestry Training<br />
soll diesen Menschen nun den Einstieg in<br />
die Forstwirtschaft erleichtern. Der Fachbereich<br />
Informationsmanagement und Wirtschaftsinformatik<br />
an der Universität Osnabrück hat dieses<br />
Training zusammen mit dem Kuratorium für<br />
Waldarbeit und Forsttechnik entwickelt, damit<br />
Nutzer in einer virtuellen Realität wichtige forstwirtschaftliche<br />
Kenntnisse erlernen.<br />
Fotos: © LALS STOCK / Shutterstock.com; Uni des Saarlandes<br />
28 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
JANNICK ECKLE<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Lehrstuhl Fachdidaktik Deutsch<br />
Primarstufe der Universität des Saarlandes<br />
und Junior Consultant für digitale<br />
Bildung bei Didactic Innovations.<br />
OLIVER THOMAS<br />
leitet den Lehrstuhl Informationsmanagement<br />
und Wirtschaftsinformatik<br />
an der Universität<br />
Osnabrück sowie den Forschungsbereich<br />
Smart Enterprise Engineering<br />
am Deutschen Forschungszentrum<br />
für Künstliche Intelligenz.<br />
JANNIS VOGEL<br />
ist wissenschaftlicher Mitarbeiter am<br />
Fachgebiet Informationsmanagement<br />
und Wirtschaftsinformatik an der<br />
Universität Osnabrück<br />
Die Bedeutung der<br />
Forstwirtschaft für den Menschen<br />
Eine nachhaltige Forstwirtschaft ist essenziell,<br />
um wichtige Funktionen des Waldes zu erhalten:<br />
» Wald als Rohstofflieferant<br />
Holz zählt zu den wichtigsten und<br />
nachwachsenden Rohstoffen in Deutschland.<br />
Im Sinne einer nachhaltigen Forstwirtschaft<br />
dürfen daher nicht mehr Bäume geschlagen<br />
werden, als Bäume nachwachsen.<br />
» Wald als Wasserspeicher<br />
Ein Großteil des Wassers kommt aus<br />
dem Wald. Ein Quadratmeter Wald kann<br />
bis zu 200 Liter Wasser speichern und<br />
aufbereiten, bevor es dann in das Grundwasser<br />
gelangt. Um das Grundwasser nicht<br />
zu verschmutzen, sollte eine nachhaltige<br />
Forstwirtschaft auf den Einsatz von<br />
Pestiziden und Düngemittel verzichten.<br />
» Wald als Erholungsraum<br />
Der Wald ist ein essenzieller Erholungsund<br />
Rückzugsraum für den Menschen.<br />
Die Forstwirtschaft hat daher die Aufgabe,<br />
den Wald als solchen zu erhalten.<br />
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›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 29
WEITERBILDUNG<br />
Reality Forestry Training hat der Nutzer die<br />
Möglichkeit, direkt „vor Ort“, im virtuellen Wald,<br />
forstwirtschaft liches Wissen zu erwerben, ohne<br />
das eigene Zuhause verlassen zu müssen.<br />
» 360 Grad Schulungsaufnahmen<br />
Fotorealistische Darstellungen des Waldes in<br />
der virtuellen Realität mit 360°-Ansicht zu<br />
verschiedenen Aufgaben, wie „Befall von<br />
Forstschädlingen erkennen“<br />
Über die VR-Brille wird den Teilnehmern<br />
Wissen über den Wald hautnah vermittelt.<br />
Durch eine angemessene und nachhaltige Bewirtschaftung<br />
soll er als multifunktionaler<br />
Lebensraum auch für nachfolgende Generationen<br />
bewahrt werden. Aber dafür müssen auch<br />
Kleinprivatwaldbesitzer über forstwirtschaftliche<br />
Kenntnisse verfügen. Denn Förster und Forstunternehmer<br />
kritisieren die zunehmende Tendenz<br />
zu passiven und uninformierten Eigentümern des<br />
Kleinwalds. Das Virtual Reality Forestry Training<br />
soll Kleinprivatwaldbesitzern deswegen die Möglichkeit<br />
geben, sich eigenständig weiterzubilden.<br />
Virtual Reality und das Virtual<br />
Reality Forestry Training<br />
Virtual Reality (kurz: VR) ist eine virtuelle,<br />
künstlich geschaffene Umgebung, die Nutzer<br />
mit Hilfe von Virtual Reality Brillen erkunden<br />
können. Durch die Verbindung verschiedener<br />
Sinneserfahrungen wie Bild und Ton entsteht<br />
das Gefühl einer realen Umgebung, in die die<br />
Nutzer eintauchen. Dies nennt man Immersion:<br />
Kleinprivatwaldbesitzer erkunden mithilfe von<br />
Virtual Reality eine Waldumgebung und lernen<br />
die wichtigsten Grundlagen, die sie als Privateigentümer<br />
eines Kleinwalds benötigen.<br />
Differenziertes und<br />
individualisiertes Lernen<br />
Nutzer der Anwendung haben die Möglichkeit,<br />
das Training individuell und nach eigenen<br />
Schwerpunkten zu gestalten. Sie müssen nicht<br />
das gesamte Training durchlaufen, sondern<br />
können sich bedarfsorientiert mit bestimmten<br />
Themen auseinandersetzen, beispielsweise<br />
„Gefahren bei Waldbränden“. Das Virtual<br />
Reality Forestry Training beinhaltet zahlreiche<br />
Gamification-Formate, wie Quiz-Tools,<br />
die zum Lernen motivieren. Mit dem Virtual<br />
» VR-Schulungsszenarien<br />
Computergrafische und interaktive Schulungsszenarien<br />
zu Themen wie „Pflege von Bäumen<br />
mit einer virtuellen Kettensäge“, „Umgang mit<br />
Motorsägen“, „Gefahren bei Waldbränden“<br />
» Authoring-Tool<br />
Werkzeug zur Erstellung und Bearbeitung<br />
des Trainingsprogramms<br />
Nutzer wählen ein Programm aus, beispielsweise<br />
„Pflege von Bäumen mit einer virtuellen Kettensäge“.<br />
Nachdem der Anwender die virtuelle Säge<br />
ausgewählt hat, lernt er wichtige Grundlagen der<br />
Baumpflege kennen, die mithilfe von didaktisch<br />
erprobten Aufgaben und Gamification-Formaten<br />
verinnerlicht und gefestigt werden. Zu diesen<br />
Formaten gehören weiterführende Erklärungen,<br />
interaktive Videos und Grafiken sowie Multiple-<br />
Choice-Quiz. Zudem können sämtliche Inhalte,<br />
Texte, Videos und Audios heruntergeladen werden<br />
sodass diese auch offline zum Lernen genutzt<br />
werden können.<br />
■<br />
Im Überblick:<br />
» Das Virtual Reality Forestry<br />
Training hilft dabei, fortwissenschaftliches<br />
Wissen zu erlernen.<br />
» Mithilfe von Virtual Reality<br />
tauchen die Nutzer direkt in die<br />
Waldumgebung ein und erwerben<br />
die wichtigsten Grundlagen, um<br />
einen Wald zu bewirtschaften.<br />
» Nutzer haben die Möglichkeit, ihr<br />
Training individuell und nach eigenen<br />
Schwerpunkten zu gestalten.<br />
Foto: © Universität des Saarlandes<br />
30 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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›› BILDUNGSPRAXIS –<strong>03</strong>/<strong>2020</strong> | 31
WEITERBILDUNG<br />
VERANSTALTUNGEN <strong>2020</strong>/21<br />
Messen, Kongresse und Weiterbildungen für die berufliche Aus- und Weiterbildung<br />
Statuskonferenz Jobstarter<br />
Für wen? Akteurinnen und<br />
Akteure der beruflichen Bildung<br />
Seit sechs Jahren läuft das Förderprogramm Jobstarter<br />
plus, mit dem Projekte unterstützt werden, die<br />
regionale Ausbildungsstrukturen verbessern. Auf der<br />
Konferenz „Perspektiven für die berufliche Bildung“<br />
werden Erfahrungen und Ergebnisse aus den über<br />
200 geförderten Projekten vorgestellt und diskutiert.<br />
Ursprünglich in Berlin geplant, findet die Konferenz<br />
als virtuelles Event statt. Weitere Informationen und<br />
Anmeldung auf:<br />
» www.jobstarter.de/konferenz<strong>2020</strong><br />
6. – 7.<br />
OKTOBER<br />
Deutscher Ausbildungs -<br />
leiterkongress<br />
Für wen? Ausbildungsleiter/-innen<br />
Wo? Düsseldorf<br />
23. – 25.<br />
NOVEMBER<br />
Beim 5. Ausbildungsleiterkongress unter dem<br />
Motto „Duale Ausbildung geht in Führung“ beleuchten<br />
80 Referentinnen und Referenten in über 100<br />
Vorträgen und Workshops aktuelle Themen aus der<br />
Ausbildung, von Digitalisierung und neuen Arbeitsformen<br />
bis zu Wissensvermittlung durch Storytelling.<br />
Zum Infektionsschutz versichern die Veranstalter, sich<br />
an die vom Robert-Koch-Institut empfohlenen Präventionsmaßnahmen<br />
zu halten, eine Absage war bei<br />
Redaktionsschluss nicht vorgesehen. Die Teilnahme<br />
kostet 1.545 Euro. Mehr Informationen auf:<br />
» www.deutscher-ausbildungsleiterkongress.de<br />
didacta Bildungsmesse<br />
Für wen? Ausbildungspersonal,<br />
Lehrkräfte und alle Bildungs -<br />
interessierten<br />
Wo? Stuttgart<br />
Nachdem Europas größte Bildungsmesse dieses Jahr<br />
wegen Corona abgesagt werden musste, steht der<br />
Termin für 2021 nun fest. Die didacta wird in Stuttgart<br />
stattfinden statt – wie ursprünglich geplant – in Hannover.<br />
Bis zu 100 000 Besucher werden die Gelegenheit<br />
haben, sich über Bildungsideen und Konzepte aus allen<br />
Bildungsbereichen zu informieren. Auf dem Forum Berufliche<br />
Bildung finden Diskussionen und Vorträge rund<br />
um hochwertige Aus- und Weiterbildung statt. Weitere<br />
Informationen auf:<br />
» www.messe-stuttgart.de/didacta<br />
23. – 27.<br />
MÄRZ 2021<br />
Konferenz<br />
„Zukunft Duales Studium“<br />
Für wen? Lehrende und Lernende im<br />
dualen Studium und Vertreter aus Betrieben<br />
Wo? Lingen<br />
Unter dem Titel „Qualitätsdimensionen und Entwicklungstreiber<br />
des dualen Studiums“ werden im<br />
April verschiedene Aspekte des dualen Studiums diskutiert,<br />
etwa qualitativ hochwertige duale Studiengänge,<br />
Beispiele für gelungene Verzahnung von Theorie und<br />
Praxis und rechtliche Rahmenbedingungen. Ausgerichtet<br />
wird die Veranstaltung vom Institut für Duale Studiengänge<br />
der Hochschule Osnabrück und der Zentralen<br />
Evaluations- und Akkreditierungsagentur ZEvA.<br />
» www.hs-osnabrueck.de/<br />
konferenz-zukunft-duales-studium<br />
22. – 23.<br />
APRIL 2021<br />
32 | ›› BILDUNGSPRAXIS – <strong>03</strong>/<strong>2020</strong>
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