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Katholische Landvolkshochschule Feuerstein 91320 Ebermannstadt

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<strong>Katholische</strong> <strong>Landvolkshochschule</strong><br />

<strong>Feuerstein</strong><br />

<strong>91320</strong> <strong>Ebermannstadt</strong>


Inhaltsverzeichnis<br />

Zu dieser Brücke 1<br />

Wir gratulieren 2<br />

Toni Muth 80 3<br />

Dr. Karl Gustav Siebeneicher – in memoriam 4<br />

Nachruf Südtiroler „Reiter Toni“ 7<br />

Umwelt und Schöpfung breiten Raum geben 8<br />

Klimawandel und der irrationale Umgang mit Risiken 11<br />

Strom ist nicht gleich Strom 13<br />

Was anderen hilft, hilft auch uns 15<br />

Lokale Identifikation als Schlüsselfunktion dörflicher Entwicklung 17<br />

Zur Stärkung der regionalen Wirtschafskreisläufe 19<br />

Die Fränkische Schweiz in der Metropolregion – Fazit der Tagung 24<br />

Tagung in Bildern 27<br />

Milchpreis von 50 Cent je Liter 29<br />

Denkt nicht mehr an das, was früher war 31<br />

Die Kirche muss beweglich sein 34<br />

Zwei Priesterpioniere der Landpastoral 36<br />

Der Priester als Zeuge 40<br />

Dank an Stefan Alexander 42<br />

Das Ehemaligentreffen am 29. – 30.11.2008 43<br />

Bluthochdruck und Bewegung 48<br />

60 Jahre Grundgesetzt – 20 Jahre Mauerfall 49<br />

10. <strong>Feuerstein</strong>er Kunstwoche 51<br />

PULS 2010 52<br />

Neues Gesicht am <strong>Feuerstein</strong> 53<br />

25 Jahre Dienst 54<br />

„Abschied“ und Runde Geburtstage 55<br />

Weihnachts- und Neujahrsgruß 56<br />

Zu guter Letzt 58<br />

Postkarte an junge Menschen 60<br />

Impressum:<br />

Brücke-Rundbrief der Ehemaligengemeinschaft und der <strong>Landvolkshochschule</strong><br />

<strong>Feuerstein</strong>, <strong>91320</strong> <strong>Ebermannstadt</strong>, Tel.: 09194 7363-0, Fax: 09194 7363-25,<br />

www.klvhs-feuerstein.de; E-Mail: zentrale@klvhs-feuerstein.de<br />

Seite<br />

Redaktion/Mitarbeit:<br />

Heiner Neuner, Sr. Mirjam Engert, Sandra Puff, Barbara Rottmann, Christine Ulm


Zu dieser Brücke<br />

Liebe Ehemalige,<br />

liebe Leserin, lieber Leser!<br />

Wieder ein Jahr fast vorbei. Wir wollen<br />

Sie Anteil nehmen lassen an das, was<br />

uns bewegt. Auch diese Ausgabe ist<br />

eine Art Haus- und Familienzeitschrift<br />

und zugleich eine Art Fachjournal.<br />

Wir beginnen mit dem Familienteil, freuen<br />

uns über den Nachwuchs mit den<br />

Eltern, gratulieren zu vollendeten Lebensjahrzehnten,<br />

gedenken unseres<br />

ersten e.V. Vorsitzenden Dr. Siebeneicher<br />

und des Südtiroler „Reiter-Toni“.<br />

Der Reform- und Gestaltungsbedarf ist<br />

groß, in den Regionen, in der Kirche, in<br />

der Landwirtschaft. Entsprechend ausführlich<br />

ist der fachliche und inhaltliche<br />

Teil.<br />

Mit dem Bemühen, die Schöpfungsverantwortung<br />

am Lande konkret werden zu<br />

lassen, wissen wir die bayerischen Bischöfe<br />

und allen voran unseren Erzbischof<br />

Ludwig auf unserer Seite. Seine<br />

Predigt beim diesjährigen Heinrichsfest<br />

bildet den Auftakt. Überlegungen zum<br />

Klimawandel, zum Ökostrom und ein<br />

Bericht über die am <strong>Feuerstein</strong> gestartete<br />

Klimaoffensive folgen.<br />

Die Welt wird zu einem Dorf und im Dorf<br />

ist die Welt daheim.<br />

Regionalisierung und Globalisierung,<br />

Metropole und Region gehören zusammen<br />

in der Einen Welt. Ohne Berührungsängste<br />

gilt es das, für die ländlichen<br />

Verhältnisse zu buchstabieren und<br />

sich einzumischen.<br />

Lokale Identifikation als Schlüsselfunktion<br />

ländlicher Entwicklung zu sehen, das<br />

gibt Dr. Hermann Ulm, Bürgermeister<br />

von Kunreuth, zu bedenken.<br />

Prof. Dr. Werner Bätzing begründet, wo<br />

und wie im Zusammenspiel von Metropole<br />

und Region regionale Wirtschaftskreisläufe<br />

Wertschöpfung vor Ort und<br />

neue Kaufkraft möglich machen. Mit Bedacht<br />

Mehrwert schaffen, umsichtig vor<br />

Ort etablieren und kreativ stabilisieren,<br />

das ist die Quintessenz des Fazits einer<br />

Tagung Ende Oktober, die wir gemeinsam<br />

mit dem Institut für Geographie der<br />

Universität Erlangen–Nürnberg und dem<br />

Marketingverein der Metropolregion<br />

durchgeführt haben.<br />

- 1 -<br />

Was zur Fränkischen Schweiz als Region<br />

in der Metropolregion gesagt wird, gilt<br />

vergleichbar auch für die anderen natürlichen<br />

Regionen wie z. B. Steigerwald,<br />

Regnitztal, Obermaingebiet, Frankenwald.<br />

Der Bericht über die Allgäuer Kleinmolkerei<br />

aus Wiggensbach zeigt, ein Milchpreis<br />

von 50 Cent je Liter Milch für den<br />

Landwirt ist möglich!<br />

Um Neues zu wagen und zu probieren,<br />

braucht es die biblische Zusage „denkt<br />

nicht mehr an das, was früher war“.<br />

Christliche Hoffnung gibt nicht klein bei.<br />

Dr. John, der ein Wochenende Paulus<br />

und Gemeindeentwicklung gestaltet hat,<br />

weist darauf hin.<br />

Die Erinnerung an die beiden Diözesanpriester<br />

Grandinger und Tremel zeigt, wir<br />

stehen damit in einer Tradition. Ihre Namen<br />

mögen vergessen sein, geblieben<br />

sind ihre Impulse für ländliche Entwicklungen.<br />

Die Kirche in der Welt von heute<br />

braucht engagierte Christen und Christinnen.<br />

Was liegt im „Jahr der Priester“<br />

da näher, als einen jungen Standesvertreter,<br />

der mit den ländlichen Verhältnissen<br />

bestens vertraut ist, mit Gedanken<br />

zum Priesterberuf zu Wort kommen zu<br />

lassen? Dankbar sei an dieser Stelle an<br />

das achtjährige Wirken von Rektor Stefan<br />

Alexander erinnert. Auch ohne offizielle<br />

Beauftragung war er uns ein beliebter<br />

und vertrauter Seelsorger.<br />

Lassen Sie sich mit dem Bilderreigen<br />

vom Adventstreffen 2008, Fotos und<br />

Berichten von Seminaren neugierig machen<br />

auf die Kurse in der KLVHS. Allen<br />

voran auf PULS 2010.<br />

Dem Hauspersonal gelten die Beiträge<br />

am Ende.<br />

Beachten Sie die Nachrichten unter zu<br />

guter Letzt.<br />

Allen, die zur Entstehung der Ausgabe<br />

mit Berichten beigetragen haben, danke<br />

ich.<br />

Ihnen im Namen der Redaktion ein gesegnetes<br />

Weihnachtsfest und ein glückliches<br />

Neues Jahr 2010.<br />

Heiner Neuner


Familienecke<br />

Hallo zusammen!<br />

Wir gratulieren:<br />

“Durch die Liebe kommt der Himmel auf die Erde und ein Stück Erde wird zum<br />

Himmel.“<br />

E. Gruber<br />

Gerne wollen wir mit allen<br />

Brückelesern unsere Freude über<br />

die Geburt unseres Sohnes Joris<br />

Nicolai teilen. Er wurde am 12. Juni<br />

2009 bei uns zu Hause in<br />

Haarlem/NL geboren. Joris ist ein<br />

ganz wacher und prächtiger Kerl!<br />

Der niederländische Name heißt ins<br />

deutsche übersetzt Georg und<br />

bedeutet "der Landmann". So<br />

wünschen wir uns für Joris, dass er<br />

als solcher aufwachsen darf und ein<br />

erdverbundener und standhafter<br />

Mensch wird. Wir sind glücklich,<br />

dass wir ihn auf seinem Weg<br />

begleiten dürfen! Jasper Rutten, Joris Nicolai und Wally Gründel (HK ´94)<br />

Mit besonderen Grüßen an alle Freunde aus (herrlichen!) alten <strong>Feuerstein</strong>zeiten!<br />

Wir wünschen der Familie alles Gute<br />

„Viel Glück und viel Segen<br />

auf all euren Wegen,<br />

Gesundheit und Frohsinn<br />

sei auch mit dabei!“<br />

PS: Bitte „versorgen“ Sie uns mit Nachrichten, damit die Familienecke aktuell bleibt.<br />

- 2 -


Lieber Toni,<br />

da haben wir doch erst Deinen 70ten<br />

am <strong>Feuerstein</strong> gefeiert – und schon<br />

wieder sind 10 Jahre vorbei.<br />

Herzlichen Glückwunsch zu Deinem<br />

80ten Geburtstag. Ich hoffe und wünsche<br />

Dir, dass Du ihn bei guter gesundheitlicher<br />

Verfassung im Kreise Deiner<br />

Lieben feierst.<br />

Natürlich will ich mich und vor allem den<br />

<strong>Feuerstein</strong> in den Kreis der Gratulanten<br />

einreihen.<br />

Wenn Dich das Foto der KLVHS anblickt,<br />

blickt dich ja auch irgendwie Dein<br />

Leben an. Denn dieses Haus verdankt<br />

viel Deiner Entschiedenheit und Du hast<br />

es an entscheidender Stelle mitgebaut.<br />

Äußere Umstände, wie ungerecht,<br />

schmerzvoll und bitter sie auch immer<br />

waren, konnten diesem tiefen inneren<br />

Band der Verbundenheit nichts anhaben.<br />

Die oft hilflos und ohnmächtig anmutenden<br />

Gesten des Menschlichen sind einfach<br />

stärker. – Vielleicht hat unser Herrgott<br />

Dir auch deshalb an seinem Fest<br />

80. Geburtstag von<br />

Toni Muth<br />

- 3 -<br />

der Menschwerdung das Licht der Welt<br />

erblicken lassen.<br />

Lieber Toni, Du bist und bleibst für uns<br />

im Haus und in der Ehemaligengemeinschaft<br />

ein Sympathieträger. Und bei<br />

dieser Feststellung darf ich Deine Toni<br />

ausdrücklich einbeziehen.<br />

Ich hoffe und wünsche, dass Eure Wege<br />

noch oft zum <strong>Feuerstein</strong> führen.<br />

Der beigefügte Gutschein erinnert Dich<br />

daran, der wahre <strong>Feuerstein</strong> ist nicht<br />

dort, wo Wege abgebrochen werden,<br />

sondern überall, wo Menschen tatkräftig<br />

neue Wege gehen.<br />

Dir wünsche ich, ausdrücklich auch im<br />

Namen des Hauspersonals und der<br />

Ehemaligengemeinschaft noch viele<br />

Jahre in Gesundheit.<br />

Gott behüte Dich und Euch weiterhin.<br />

Herzlichen Glückwunsch<br />

Heiner Neuner Fritz Kroder<br />

Leiter der KLVHS Vorsitzender<br />

Toni Muth (erster von rechts) beim<br />

40jährigen Jubiläum der KLVHS1992 am<br />

<strong>Feuerstein</strong> im Kreis seiner Kollegen.


Auch wenn<br />

Du uns auf<br />

Erden verlässt,<br />

die Liebe und<br />

die Hoffnung<br />

halten Dich fest.<br />

„Entschiedene Menschen an<br />

entscheidende Stellen.“<br />

Die <strong>Katholische</strong> <strong>Landvolkshochschule</strong> <strong>Feuerstein</strong> und die Ehemaligengemeinschaft<br />

trauern um<br />

Dr. Karl Siebeneicher<br />

*28.02.1927 � 27.01.2009<br />

Der Verstorbene war Mitbegründer und von 1973 bis 1988 Vorsitzender des<br />

Trägervereins. Vorausschauende Weichenstellungen in der Ländlichen<br />

Bildung und Nachwuchsförderung im Erzbistum Bamberg sind sein bleibender<br />

Verdienst.<br />

In ehrendem Gedenken<br />

Fritz Kroder Susanne Schmidt Heiner Neuner<br />

Vorsitzender Vorsitzende Schulleiter<br />

- 4 -


Dr. Karl Gustav Siebeneicher – in memoriam<br />

Karl G. Siebeneicher trat erstmals mit<br />

Oberfranken als junger Kavallerist in<br />

Kontakt, als er sozusagen als „Bamberger<br />

Reiter“ hier seinen Wehrdienst<br />

antrat. Dass er unter ganz anderen<br />

Umständen nach Kriegsende nach<br />

Franken zurückkehren würde, ahnte er<br />

damals allerdings noch nicht.<br />

Als er 1956 als junger Dr. agr. Ing.<br />

<strong>Ebermannstadt</strong> eintraf, war – so erzählte<br />

er öfters – eines seiner Schlüsselerlebnisse<br />

die Begegnung mit<br />

„Deichselhirschen“ (Arbeitskühen), die<br />

in der klein strukturierten Landschaft<br />

noch vielerorts an Stelle der späteren<br />

Schlepper die Zugarbeit verrichten<br />

mussten.<br />

Er fand dort in den erst 1953 gegründeten<br />

Landwirtschafsamt ein hoch motiviertes<br />

Beratungsteam vor, das exakt<br />

seinem Naturell und Leistungsdrang<br />

entsprach. Zuständig für den Amtsgerichtsbezirk<br />

<strong>Ebermannstadt</strong> fand er<br />

sehr schnell als Allroundberater das<br />

Vertrauen seiner Klienten, so dass ihm<br />

bereits 1958 auch die Geschäftsführung<br />

des Vereins ehemaliger Landwirtschafsschüler<br />

in <strong>Ebermannstadt</strong> übertragen<br />

wurden. Diese Aufgabe brachte<br />

nicht nur zusätzliche Verantwortung,<br />

sondern öffnete ihm in den Folgejahren<br />

auch manche Tür bei der Verwirklichung<br />

seiner zahlreichen Initiativen.<br />

Seine Aktivitäten wurden sehr schnell<br />

auch höheren Ortes bekannt und nach<br />

dem Weggang des bisherigen Amtsvorstandes<br />

LR Brandl 1959 durch die<br />

Bestellung zum neuen Behördenleiter<br />

gewürdigt. Sein sicheres Gespür für<br />

die notwendige Lösung aktueller Probleme,<br />

die gekonnte Kontaktpflege zu<br />

allen relevanten Ämtern und Institutionen<br />

wie der Einsatz seiner Führungsqualitäten<br />

bei der Motivation seiner<br />

- 5 -<br />

Mitarbeiter schufen die nötigen Voraussetzungen<br />

für ein erfolgreiches Arbeiten<br />

trotz ungünstiger wirtschaftlicher<br />

und sozialer Rahmenbedingungen.<br />

Dr. Siebeneichers Einsatz war nicht<br />

nur im landwirtschaftlichen-fachlichen<br />

Umfeld spürbar, weswegen er auch bei<br />

den Stadtrats- und Kreistagswahlen in<br />

<strong>Ebermannstadt</strong> einen eindeutigen Vertrauensbeweis<br />

erhielt. Lediglich seine<br />

Absicht, als Abgeordneter in den Bayerischen<br />

Landtag einzuziehen, scheiterte.<br />

Eine oft gehörte Vermutung, die<br />

landwirtschaftliche Bevölkerung wollte<br />

ihn lieber als Landwirtschafsdirektor in<br />

ihrer Nähe behalten als ihn ins ferne<br />

München zu schicken, dürfte der Realität<br />

entsprechend. Er trug es mit Würde<br />

und investierte weiter in seine originäre<br />

Aufgabe als Leiter eines dem Fortschritt<br />

verschriebenen Landwirtschaftsamtes.<br />

Und Aufgaben gab es<br />

wirklich zuhauf.<br />

Galt es noch in den fünfziger Jahren<br />

die Ernährung der Bevölkerung zu sichern,<br />

so traten in den folgenden Jahrzehnten<br />

andere Aufgaben in den Vordergrund<br />

wie Qualitätssteigerung, Kostensenkung,<br />

Marktbehauptung, Verbesserung<br />

der Agrarstruktur usw. Die<br />

neuen Probleme waren nur zu meistern<br />

durch die Hebung des Ausbildungsstandards.<br />

Berufliche Aus- und<br />

Fortbildung vom Lehrling bis zum<br />

Meister erhielt daher einen immer höheren<br />

Stellenwert. Und der Landkreis<br />

<strong>Ebermannstadt</strong> glänzte bei den Wettbewerben<br />

und stellte nicht selten sogar<br />

die Landessieger.<br />

Durch die entsprechende Qualifikation<br />

fortschrittswilliger Jungbauern war es<br />

nicht schwer, einen Kader zu schmieden,<br />

der zu begeistern war für das Gebot<br />

der Stunde, nämlich durch bäuerli-


che Selbsthilfeeinrichtungen die aktuellen<br />

Probleme leichter zu bewältigen.<br />

So gab Dr. Siebeneicher u. a. den Anstoß<br />

zur Gründung der Maschinenringe,<br />

Schweineprüfringe, der Trocknungsanlage<br />

und des Vereins „Urlaub<br />

auf dem Bauernhof“.<br />

Gab es irgendwo eine überregionale<br />

Funktionsstelle zu besetzen, fiel der<br />

Name Siebeneicher; so bei der Wahl<br />

des VIF-Geschäftsführers für Oberfranken<br />

und später auch für den bayerischen<br />

Landesverband. Beide Funktionen<br />

füllte er mit dem ihm eigenen<br />

Elan aus und ermöglichte ihm, fruchtbare<br />

Verbindungen auch weit über<br />

Bayern hinaus zu knüpfen. Die Teilnahme<br />

an Tagungen nutzte er gerne<br />

zur Erweiterung seines Horizonts. Bei<br />

der zeitweisen Überfrachtung seines<br />

Terminkalenders durften ihn seine Mitarbeiter<br />

manchmal vertreten und zu<br />

ihrer großen Freude etwas von seiner<br />

großen Welt schnuppern.<br />

Einen besonderen Kontakt pflegte er<br />

zu Freunden in Israel, der sich hier<br />

logischerweise nicht auf das Fachliche<br />

beschränkte. Eine hohe Ehre wurde<br />

ihm auch zuteil durch die Aufnahme<br />

als Familiare in den Deutschen Orden<br />

St. Marien zu Jerusalem.<br />

Nicht nur aufgrund der räumlichen<br />

Nachbarschaft zum <strong>Feuerstein</strong>, sonder<br />

auch wegen der fachlichen und inhaltlichen<br />

Zielsetzung entwickelte er eine<br />

enge Verbindung zur Landvolksbewegung<br />

und zur langjährigen Mitwirkung<br />

in den Vorstandschaften der <strong>Feuerstein</strong>er<br />

Einrichtungen konnten beide<br />

Institutionen nur Vorteile schöpfen.<br />

Natürlich war auch München längst auf<br />

die Wunderwaffe aus <strong>Ebermannstadt</strong><br />

aufmerksam geworden, die sich als<br />

allseits einsatzfähig erwies. Landwirtschaftsminister<br />

Dr. Eisenmann dachte<br />

gegen Ende der sechziger Jahre über<br />

eine Reform der Landwirtschaftsämter<br />

und der Beratung nach und bildete dazu<br />

eine ministerielle Arbeitsgruppe.<br />

Selbstverständlich lud er auch Dr. Siebeneicher<br />

zur Mitarbeit ein und suchte<br />

auch gleich nach einer Verwendung in<br />

seinem nähren Umkreis. So holte er<br />

ihn 1971 an das Bayer. Landwirtschaftsministerium<br />

und reichte ihn als<br />

seinen Verbindungsreferenten an die<br />

Bayer. Vertretung in Bonn weiter, eine<br />

Kompetenz, die auf seine Interessen in<br />

besonderer Weise zugeschnitten war.<br />

Nach dem üblichen Personalwechsel<br />

auf diesem Posten kehrte er zur Überraschung<br />

des Ministers nicht nach<br />

München zurück, sondern zog eine<br />

Verwendung als Behördenleiter am<br />

Amt für Landwirtschaft und Gartenbau<br />

im bereits wohlbekannten Bamberg vor<br />

und verzichtete damit sogar auf ein<br />

höheres Salär. Bereits Julius Cäsar<br />

erklärte ja: „Lieber in einem spanischen<br />

Dorf der Erste als in Rom der<br />

Zweite“.<br />

So schloss sich für einen Ltd. Landwirtschaftsdirektor<br />

der Kreis, wo er ihn<br />

vor einem halben Jahrhundert als Assessor<br />

begonnen hatte. Und alle, die<br />

ihm dienstlich begegnet sind, stimmen<br />

dem sicher zu: „Er hat sich um die<br />

Landwirtschaft verdient gemacht!“<br />

Josef Hermann, LLD i. R.<br />

Besten Dank dem langjährigen Wegebegleiter aus der Ebermannstädter Zeit für die<br />

persönliche Würdigung.<br />

- 6 -


Nachruf Südtiroler „Reiter Toni“<br />

Anton Unterhofer, geboren in Bozen-<br />

Südtirol im Jahre 1924, war der Reiterbauer<br />

in Kampenn und bis zuletzt Präfekt<br />

der Marianischen Bürgerkongregation.<br />

Die Familie,<br />

das<br />

bäuerliche<br />

Umfeld und<br />

vor allem das<br />

kirchliche Leben<br />

in der<br />

Kuratie Kampenn<br />

haben<br />

den Toni für<br />

sein späteres<br />

Leben geprägt.<br />

Er war<br />

Boden verbunden,liebte<br />

die Heimat<br />

und schöpfte<br />

Kraft aus einem gesunden Glauben.<br />

So konnte ihn auch der Einsatz als<br />

Soldat in seiner christlichen Grundhaltung<br />

nicht erschüttern.<br />

Seine Intelligenz und Aufgeschlossenheit<br />

konnte er in der Volkshochschule<br />

auf Burg <strong>Feuerstein</strong> bald nach dem<br />

Krieg vertiefen. Als gewissenhafter<br />

Bauer verstand er es, den ihm anvertrauten<br />

Boden im Obst- und Weinbau,<br />

aber auch in der Waldwirtschaft zu<br />

nutzen, jedoch nicht auszubeuten.<br />

1963 ehelichte er Rosa Plattner und<br />

holte sich damit eine tüchtige Bäuerin<br />

auf den Hof. Die Ehe blieb leider kinderlos<br />

und nachdem seine Ehefrau<br />

nach langer Krankheit verstarb, entschloss<br />

sich der Toni den Reiterhof<br />

seinem Patenkind Thomas Unterhofer<br />

zu übergeben. Er hat diesen Schritt<br />

niemals bereut, wie er selbst mehrmals<br />

erwähnte, hatte er doch fortan mehr<br />

Zeit für eines seiner Hobbys, das Reisen.<br />

Er besuchte biblische Stätten,<br />

aber es zog ihn auch hinaus in ferne<br />

Kontinente. Selbst ein Herzinfarkt 2004<br />

- 7 -<br />

mit anschließender Operation am Herzen<br />

konnte ihn von seinen Vorhaben<br />

nicht abhalten. So flog er schon einige<br />

Monate nach seinem Krankenhausaufenthalt<br />

mit seiner BozenerReisegruppe<br />

ins ferne<br />

Usbekistan und<br />

seine letzte Reise<br />

im vergangenen<br />

Jahr führte<br />

nach Syrien. Er<br />

hatte nie<br />

Schwierigkeiten<br />

im Umgang mit<br />

anderen Völkern<br />

und Sprachen.<br />

Er war sehr belesen<br />

und bildete<br />

sich in den<br />

verschiedensten Wissensgebieten fort.<br />

Eine weitere Leidenschaft war das<br />

Dichten und Reimen von Versen zu<br />

den verschiedensten Anlässen, die er<br />

dann stets mit großer Freude vortrug.<br />

Er sorgte sich durch Jahre als Kirchenprobst<br />

für seine Kirchgemeinde zu<br />

Kampenn. Aber auch die Propstei versorgte<br />

er von Zeit zu Zeit mit Früchten<br />

von Garten und Feld.<br />

Nach einer schweren Erkrankung wurde<br />

er am 18. Juli 2009 von allem Leid<br />

erlöst und in die ewige Heimat gerufen.<br />

Sollten Ihre Wege einmal nach Südtirol<br />

führen, würden wir uns freuen, wenn<br />

Sie bei uns vorbeischauen.<br />

Helga Unterhofer<br />

Wir danken der Nichte Helga Unterhofer<br />

für die liebenswerte Würdigung ihres<br />

Onkels Anton Unterhofer.<br />

P.S. Wer das Weingut Unterhofer besuchen<br />

möchte, die Anschrift erhalten<br />

Sie bei uns.


Umwelt und Bewahrung der Schöpfung<br />

einen breiten Raum geben<br />

Erzbischof Dr. Ludwig Schick<br />

Liebe Schwestern und Brüder,<br />

liebe Mitbrüder!<br />

1. Ein herzliches Willkommen beim<br />

Heinrichsfest 2009! Ich grüße Sie alle<br />

aus nah und fern und danke, dass Sie<br />

diesen Tag mitfeiern. Ein besonderes<br />

Vergelt’s Gott gilt allen, die sich aktiv<br />

an diesem Tag beteiligen. Auch das<br />

Heinrichsfest 2009 ist dem Jahresthema<br />

in unserem Erzbistum Bamberg<br />

gewidmet: „Schöpfung bewahren –<br />

solidarisch handeln“.<br />

2. Es ist ein Elend, dass wir mit den<br />

Klimaschutzmaßnahmen gegen die<br />

Erderwärmung und mit der Bewahrung<br />

der Schöpfung nicht so recht vorankommen.<br />

Das zeigt auch der G-8-Gipfel,<br />

der gerade in Italien in L’Aquila<br />

getagt hat. Das machen ebenso die<br />

vielen Klimakonferenzen der vergangenen<br />

Zeit, die ohne verpflichtende<br />

Ergebnisse ausgegangen sind, deutlich.<br />

Woran liegt das nur? Die biblischen<br />

Texte, besonders die beiden,<br />

die wir eben gehört haben, der erste<br />

Schöpfungsbericht und eine entsprechende<br />

Passage aus der Bergpredigt<br />

Jesu, weisen uns vor allem auf zwei<br />

wichtige Voraussetzungen für effizienten<br />

Natur- und Klimaschutz sowie<br />

Maßnahmen gegen Erderwärmung<br />

und Umweltzerstörung hin.<br />

2.1 Die erste Voraussetzung: Papst<br />

Benedikt XVI. hat in seiner soeben<br />

veröffentlichten Sozialenzyklika „Caritas<br />

in veritate“ dem Thema ‚Umwelt’<br />

und ‚Bewahrung der Schöpfung’ einen<br />

breiten Raum gegeben. Darin macht er<br />

deutlich, dass die Achtung vor dem<br />

Menschen das Fundament für die<br />

Achtung vor der Schöpfung darstellt.<br />

- 8 -<br />

Wenn der Mensch sich und seine Mitmenschen<br />

nicht genügend achtet, wird<br />

er auch die Achtung der Schöpfung<br />

nicht ernst genug nehmen.<br />

Darüber müssen wir nachdenken und<br />

ich möchte dazu einladen! Die Schöp-<br />

fung ist für den Menschen da, sie ist<br />

für den Menschen Wohn- und Lebensraum.<br />

Das gilt allen Menschen aller<br />

Nationen und aller Zeiten. Das macht<br />

der Genesistext über die Erschaffung<br />

des Menschen deutlich. Der besondere<br />

Wert des Menschen wird in der<br />

Bergpredigt Jesu unterstrichen. Darin<br />

müssen wir Fortschritte machen. Wir<br />

müssen zunächst alle Menschen weltweit<br />

als Krone der Schöpfung ansehen,<br />

uns selbst, unsere Nächsten und<br />

Liebsten, aber auch die, die uns nicht<br />

sympathisch sind, auch die Kranken<br />

und Behinderten. Unsere Achtung<br />

muss sich auf alle Menschen auf der<br />

ganzen weiten Welt und aller Zeiten<br />

erstrecken. Solange der Mensch in<br />

seiner Würde und seinen Werten als<br />

Krone der Schöpfung, die sein Lebensraum<br />

ist, nicht genügend geachtet<br />

wird, wird es mit dem Umweltschutz,<br />

der Bewahrung der Schöpfung und<br />

dem Klimaschutz nicht recht vorangehen.


2.2 Ein Zweites lehrt uns die Bibel:<br />

Wir Menschen müssen die Schönheit<br />

der Natur und ihre Natürlichkeit wieder<br />

entdecken und bewahren. Woran<br />

freuen wir uns zunehmend an der Natur?<br />

An Zoos, künstlichen Wasserparadiesen,<br />

Wellnesszentren, die als<br />

Naturanlagen angelegt sind, künstlichen<br />

Skiparadiesen und Urlaubsorten<br />

auch in Übersee, in denen künstlich<br />

weiße Strände, Palmenhaine etc. geschaffen<br />

wurden!<br />

Wir essen lieber Produkte, die irgendwo<br />

gewachsen sind und herbeitransportiert<br />

wurden als die, die in unserer<br />

Heimat gedeihen. Das kostet viel<br />

Geld und zerstört die Natur. Wir müssen<br />

die Natürlichkeit der Natur mehr<br />

achten, schätzen und bewahren.<br />

Wir müssen dabei unsere Situation in<br />

den Blick nehmen, aber auch die weltweit.<br />

Ich freue mich sehr über die 20<br />

Milliarden, die die G-8-Staaten für die<br />

Entwicklung der Landwirtschaft in den<br />

Entwicklungsländern angekündigt haben.<br />

Aber ich hoffe, dass sie auch fließen.<br />

Wir haben in den letzten Jahren<br />

schon öfter erleben müssen, dass die<br />

reichen Industrienationen ihre diesbezüglichen<br />

Versprechungen nicht eingehalten<br />

oder manipuliert haben, auch<br />

die Bundesregierung. 0,7 Prozent des<br />

Bruttosozialproduktes sollte für die<br />

Entwicklungsländer gegeben werden.<br />

Es fließen bis heute ca. die Hälfte, nur<br />

0,4 Prozent.<br />

Ich habe noch eine Befürchtung, dass<br />

die 20 Milliarden nicht direkt zu den<br />

- 9 -<br />

Bauern vor Ort fließen, sondern in Agrarentwicklungsprojekte<br />

der Industrienationen<br />

für die Entwicklungsländer.<br />

Das ist kein Hirngespinst, sondern<br />

reelle Gefahr. So wird die Natur vor Ort<br />

durch landwirtschaftliche Großflächen<br />

und ggf. genmanipuliertes Saatgut<br />

bzw. Pflanzen weiter degeneriert und<br />

zerstört.<br />

Auch bei uns soll die Landwirtschaft<br />

mehr unterstützt werden, auch durch<br />

EU-Mittel, aber nicht, damit sie produziert,<br />

was nicht gebraucht wird. Ich<br />

nenne die Schlagworte Milchschwemme<br />

und Butterberge, Getreide,<br />

das dann verbrannt werden muss!<br />

Subventioniert werden sollten – europaweit<br />

– die Landwirte, die die Natur<br />

und die Natürlichkeit achtende und<br />

fördernde Landwirtschaft betreiben.<br />

Das gilt auch für den Menschen. Die<br />

Natur des Menschen und die Natürlichkeit<br />

des Menschenlebens muss<br />

mehr geschätzt werden.<br />

Auch deshalb darf es keine Abtreibung<br />

am Beginn des menschlichen Lebens<br />

geben und auch keine Euthanasie am<br />

Ende, auch keine unnatürliche Lebensverlängerung.<br />

Wir dürfen auch<br />

nicht die menschliche Natur manipulieren<br />

durch Patchwork -Kinder und<br />

Leihmutterschaft, d. h. dass Kinder zur<br />

Welt gebracht werden durch Samen-<br />

und Eispende, die dann von irgendje-


Der Umweltbeauftragte<br />

beim<br />

Energiefahrrad<br />

mand als Kind angenommen werden.<br />

Die Achtung der Natur und der Natürlichkeit<br />

des Menschen ist Voraussetzung<br />

für die Achtung der Schöpfung,<br />

ihres Wertes und ihrer Schönheit. Das<br />

spricht nicht gegen Medizin und Wissenschaft,<br />

gegen die Kultivierung der<br />

Erde, ihre Bebauung und Benutzung.<br />

Es gibt aber unabdingbare und notwendige<br />

Kriterien für all das.<br />

3. Liebe Schwestern und Brüder!<br />

Wenn wir Eucharistie feiern in Zusammenhang<br />

mit der Bewahrung der<br />

Auch Sr. Mirjam macht sich kundig.<br />

Predigt Heinrichsfest 2009, 12. Juli 2009<br />

Heinrichsfest 2009<br />

- 10 -<br />

Schöpfung, dann kann das nur heißen,<br />

dass zuerst der Mensch geachtet und<br />

geehrt wird, für den Gott die Schöpfung<br />

gemacht und für den Jesus, der<br />

Sohn Gottes, sein Leben hingegeben<br />

hat. Wenn wir darin wachsen, dann<br />

können unsere Anstrengungen zur<br />

Bewahrung der Schöpfung vielleicht<br />

doch bald erfolgreich sein und sie<br />

müssen es sein, weil wir in dieser<br />

Frage schon am Limit sind. Es muss<br />

bald etwas geschehen, damit keine<br />

Katastrophe geschieht. Amen.<br />

Domkapitular Elsner<br />

besucht unseren<br />

vegetarischen<br />

Essensstand<br />

Der Vorsitzende führt<br />

Regie.


Klimawandel und der irrationaler Umgang mit Risiken<br />

Klimawandel und Kassandrarufe<br />

Kassandra ist eine bekannte Gestalt<br />

aus der griechischen Mythologie. Weil<br />

der Gott Apollon sich in die Trojanerin<br />

verliebt hatte, schenkte er ihr die Gabe<br />

der Vorhersehung. Da sie seine Liebe<br />

jedoch nicht erwiderte, bestrafte er sie<br />

damit, dass ihre Vorhersagen niemand<br />

glaubte.<br />

Am Ende einer 10-jährigen erfolglosen<br />

Belagerung der Griechen warnte Kassandra<br />

ihre Landsleute vor der Hinterlist<br />

der Griechen und dem trojanischen<br />

Pferd, indem die Griechen ihre tapfersten<br />

Krieger versteckt hatten. Weil die<br />

„Kassandrarufe“ nicht ernst genommen<br />

wurden, holte man das vermeintlich<br />

harmlose Holzpferd in die Festung Troja.<br />

Troja wurde daraufhin von den<br />

Griechen besiegt.<br />

Liest man die Berichte in den Tageszeitungen<br />

über die Folgen des Klimawandels,<br />

die uns bevorstehen und<br />

stellt dem die mutlosen Schritte unserer<br />

Politik gegenüber, könnte man den<br />

Eindruck gewinnen, die Warnungen<br />

vor dem Klimawandel werden wie einst<br />

die Rufe der Kassandra nicht ernst<br />

genommen. Sachzwänge lähmen<br />

selbst charismatische Politiker wie<br />

Obama, der sich beim Amtsantritt ent-<br />

- 11 -<br />

schieden für mehr Klimaschutz ausgesprochen<br />

hat.<br />

Verantwortung für die eine Welt und<br />

unsere Kinder<br />

Der Klimawandel ist die größte Herausforderung<br />

für die Menschheit im 21.<br />

Jahrhundert. Folgeprobleme wie die<br />

Zunahme des Welthungers oder die<br />

damit wiederum zusammenhängende<br />

Zunahme der Flüchtlingsströme kosten<br />

heute schon viele tausend Menschenleben.<br />

Es ist ethisch nicht vertretbar,<br />

dass ausgerechnet die Menschen in<br />

den ohnehin von der Natur benachteiligten<br />

Teilen der Erde die größten Lasten<br />

des Klimawandels zu tragen haben.<br />

Ethisch verwerflich ist auch, dass<br />

wir heute auf Kosten unserer Nachfahren<br />

leben. Nie in der Geschichte zuvor<br />

wurde der Generationenvertrag in dieser<br />

Dimension gebrochen.<br />

Nach dem Verursacherprinzip haben<br />

die Länder eine besondere Verantwortung,<br />

die in der Vergangenheit den<br />

größten Beitrag zum Treibhauseffekt<br />

geleistet haben und das sind die reichen<br />

Industrieländer.<br />

Klimaschutz ist ökonomisch nachhaltig<br />

Aus dem Bericht von Sir Nicholas<br />

Stern, dem ehemaligen Weltbank-<br />

Chef-Ökonomen, geht hervor, dass die<br />

Folgen des Nichtstuns gegen den Klimawandel<br />

ein Vielfaches dessen kosten,<br />

was uns ein international abgestimmter<br />

Klimaschutz kostet. Der nach<br />

Stern benannte Bericht aus dem Jahr<br />

1996 führte erstmals dazu, dass auch<br />

Ökonomen über Maßnahmen zum<br />

Klimaschutz nachdachten.


1% des globalen Bruttoinlandsproduktes<br />

für Klimaschutzmaßnahmen würde<br />

reichen, um die Erderwärmung auf<br />

durchschnittlich 2°C zu begrenzen, ein<br />

gerade noch akzeptables Maß.<br />

Der Preis des Nichtstuns ist kurzfristig<br />

billiger, langfristig kommt er uns jedoch<br />

teuer zu stehen. Experten schätzen,<br />

dass die Temperatur bis 2050 um 5°C<br />

ansteigen könnte, wenn wir nichts tun.<br />

Im Sternbericht werden die Folgekosten<br />

der Passivität ökonomisch auf 5 -<br />

20% des Bruttoinlandsproduktes geschätzt.<br />

Aus Verantwortung für die Zukunft<br />

jetzt handeln<br />

Damit wir nicht das Schicksal der Trojaner<br />

teilen und unseren Globus in Teilen<br />

unbewohnbar machen, ist eine weitere<br />

Verharmlosung oder Verdrängung<br />

des Problems Klimawandel nicht verantwortbar.<br />

Es gibt genügend seriöse<br />

wissenschaftlich fundierte Untersuchungen,<br />

die mit einer hohen Wahrscheinlichkeit<br />

zunehmende Dürren,<br />

Gletscherschmelzen, Überschwemmungen<br />

für die Zukunft vorhersagen.<br />

Aus Verantwortung für unsere Kinder<br />

Hoffnung<br />

ist nicht die Überzeugung,<br />

dass etwas gut ausgeht,<br />

sondern die Gewissheit,<br />

dass etwas Sinn hat,<br />

egal wie es ausgeht.<br />

Vaclav Havel<br />

- 12 -<br />

und die Menschen, die heute schon<br />

vor den Folgen des Klimawandels<br />

flüchten, tun wir gut daran, jetzt zu<br />

handeln.<br />

Die internationale Politik ist zuerst gefordert<br />

verbindliche Reduktions-Ziele<br />

für die Einzelstaaten festzulegen. Die<br />

Institution Kirche und die Gläubigen<br />

tun gut daran, von Schöpfungsbewahrung<br />

nicht<br />

nur zu<br />

predigen,<br />

sondern<br />

um der<br />

Glaubwürdigkeit<br />

willen<br />

auch zu<br />

handeln. Jeder Einzelne kann seinen<br />

Beitrag dazu leisten, indem er dem<br />

Energieverbrauch in den Bereichen<br />

Mobilität, Konsum, Heizung und<br />

Stromverbrauch reduziert.<br />

Kassandrarufe, die nicht ernst genommen<br />

werden, können wir uns<br />

beim Klimaschutz nicht länger leisten.<br />

Klaus Schwaab


Strom ist nicht gleich Strom<br />

Rahmenvertrag der Erzdiözese Bamberg mit Ökostromanbieter<br />

Stromrevolution von der Basis<br />

Uns allen ist ein Spruch aus den 80er<br />

Jahren, der Zeit mit den großen Demonstrationen<br />

gegen Kernkraftwerke<br />

und Wiederaufbereitungsanlagen bekannt:<br />

„Strom kommt aus der Steckdose…..“.<br />

In dieser Aussage steckt die<br />

rhetorische Frage: Wie soll denn sonst<br />

der wachsende Strombedarf gedeckt<br />

werden, wenn nicht mit Kohle- oder<br />

Kernkraftwerken?<br />

Darin steckt aber auch Arroganz der<br />

vier großen Stromkonzerne in<br />

Deutschland (die machen ein gutes<br />

Geschäft mit uns), dass es keine Alternative<br />

zur konventionellen Stromerzeugung<br />

der „Großen 4“ gibt, die sich<br />

den Markt untereinander aufgeteilt haben.<br />

Tatsächlich ist der Strombedarf in den<br />

letzten Jahrzehnten weiter gewachsen.<br />

Allerdings hat sich maßgeblich angestoßen<br />

durch das Erneuerbare Energien<br />

Gesetz (EEG) sowohl auf der Erzeugerseite<br />

als auch auf der Verbraucherseite<br />

vieles verändert, was einer<br />

Stromrevolution von unten gleichkommt.<br />

Gesetzliche Rahmenbedingungen<br />

verhelfen Ökostrom zum Durchbruch<br />

Das Erneuerbare Energien Gesetz<br />

(EEG) aus dem Jahr 2000, verpflichtet<br />

die großen Stromkonzerne zur Abnahme<br />

von dezentral erzeugtem Strom<br />

aus Wind- und Wasserkraft sowie Photovoltaik-<br />

und Biogasanlagen zu einem<br />

festgelegten Preis. Durch diese Regelung<br />

wurde es für Kleinstromerzeuger<br />

überhaupt erst möglich, ihren Strom in<br />

das Stromnetz einzuspeisen.<br />

Die großen Stromerzeuger bekamen<br />

plötzlich „Ökostrom“ von ganz vielen<br />

kleinen Anbietern, den sie abnehmen<br />

mussten, ob sie wollten oder nicht.<br />

- 13 -<br />

Bis zum Jahr 2008 wuchs der anfangs<br />

vernachlässigbare Anteil an umweltfreundlichem<br />

Strom zu einem bedeutenden<br />

Anteil von 16 %. Strom aus<br />

Kernenergie brachte es 2008 noch auf<br />

23 %. Damit ist der Durchbruch bei der<br />

regenerativen Stromerzeugung geschafft.<br />

Das Erneuerbare Energien<br />

Gesetz war ein voller Erfolg.<br />

Ökostrom fördert regionale Wirtschaftskreisläufe<br />

Während Großkraftwerke in Deutschland<br />

maßgeblich vier Konzernen gehören<br />

(EON, RWE, Vattenfall und EnBW)<br />

gehören, die mangels Konkurrenz beträchtliche<br />

Gewinne einfahren durften,<br />

ist die Besitzstruktur der Kleinstromerzeugungsanlagen<br />

völlig anders aufgebaut.<br />

Landwirte, die sich mit einer Biogasanlage<br />

ihre Existenz sichern,<br />

Kleinanleger, die in Windfonds oder<br />

Bürgersolaranlagen einen Teil ihrer<br />

Ersparnisse einlegen, um damit ihre<br />

Altersversorgung aufzubessern oder<br />

Hausbesitzer, die auf einem geeigneten<br />

Süddach mit gutem Gewissen eine<br />

kleine Photovoltaikanlage ihr Eigen<br />

nennen.<br />

Neben dieser erfreulichen Dezentralisierung<br />

der Besitzstruktur erfordert die<br />

Installation der unterschiedlichen<br />

Stromerzeugungsanlagen viele Handwerker<br />

vor Ort und schafft damit mehr<br />

Arbeitsplätze, als die großen Kraftwerke.


Ökostrom als adäquate Antwort auf<br />

den Klimawandel<br />

Jede Verbrennung von fossilen Energien<br />

leistet einen zusätzlichen Beitrag<br />

zum Klimawandel.<br />

Bei der<br />

Erzeugung<br />

von einer<br />

Kilowattstunde<br />

(kWh)<br />

Strom aus<br />

Kohleverbrennung<br />

entsteht ein Kilogramm<br />

von dem Treibhausgas Kohlendioxid.<br />

Wird Strom direkt aus der Sonnenenergie<br />

gewonnen, ist dafür keine zusätzliche<br />

Verbrennung notwendig. Die<br />

Energieerzeugung selbst ist damit klimaneutral.<br />

Lediglich zur Herstellung<br />

der Module wird Energie benötigt, die<br />

aber innerhalb kurzer Zeit wieder zurück<br />

gewonnen wird.<br />

Auch bei der Erzeugung von Wind-<br />

und Wasserkraft wird kein zusätzliches<br />

Kohlendioxid freigesetzt.<br />

Biogasanlagen nutzen die in den<br />

Pflanzen oder der Gülle gespeicherte<br />

Sonnenenergie zur umweltfreundlichen<br />

Strom- und Wärmeerzeugung. Besonders<br />

klimaverträglich ist die Stromerzeugung<br />

aus organischen Reststoffen,<br />

die nicht eigens für die Stromerzeugung<br />

angebaut werden müssen.<br />

Kernenergie ist keine Alternative<br />

Radioaktiven Restmüll zu produzieren,<br />

ohne ein sicheres Endlager dafür zu<br />

haben, ist ein waghalsiges Experiment.<br />

Kernenergie ist eine Stromerzeugung<br />

zu Lasten der kommenden Generationen<br />

und damit alles andere als nachhaltig.<br />

Verantwortbare und nachhaltige Alternativen<br />

sind nicht nur theoretisch möglich<br />

sondern wurden in den letzten<br />

zehn Jahren auch von vielen Kleinerzeugern<br />

praktisch umgesetzt (siehe<br />

oben).<br />

- 14 -<br />

Erzdiözese schließt Rahmenvertrag<br />

mit Ökostromanbieter<br />

Die Erzdiözese Bamberg hat im Zuge<br />

der Energie- und Klimaoffensive einen<br />

Rahmenvertrag mit einem reinen Ökostromanbieter,<br />

der Naturstrom AG, abgeschlossen.<br />

Der von der Firma Naturstrom<br />

AG gelieferte Strom stammt<br />

ausschließlich aus regenerativen Energien,<br />

wie Wind- und Wasserkraft,<br />

Sonne und Biomasse. Das Angebot<br />

der Naturstrom AG genügt damit<br />

höchsten Ansprüchen im Bezug auf die<br />

Umweltverträglichkeit und ist aufgrund<br />

dessen mit dem Grünen Strom Label in<br />

Gold vom BUND und NABU zertifiziert.<br />

Mit dem Stromeinkauf bei der Naturstrom<br />

AG wird die Installation neuer<br />

Solar- und Biogasanlagen gefördert.<br />

Jede Pfarrgemeinde hat damit die<br />

Möglichkeit umweltfreundlichen Strom<br />

einzukaufen und einen Beitrag zum<br />

Klimaschutz zu leisten.<br />

Sie wollen auch Ökostrom?<br />

Jeder Verbraucher, der sich<br />

bewusst für den Einkauf<br />

von Ökostrom entscheidet,<br />

betreibt<br />

aktiven Klimaschutz<br />

und fördert indirekt<br />

Arbeitsplätze. Zu<br />

bevorzugen sind<br />

dabei eindeutig<br />

örtliche<br />

Ökostromanbieter.<br />

Fragen Sie zunächst bei<br />

ihren Stadtwerken nach<br />

Ökostromtarifen. Werden Sie dort nicht<br />

fündig, können Sie unter der Adresse<br />

www.verivox.de im Internet nach geeigneten<br />

Anbietern suchen. Der Wechsel<br />

ist mit ein paar Mausklicks eingeleitet.<br />

An ihrer Stromversorgung ändert<br />

sich dabei gar nichts. Machen auch Sie<br />

mit bei der Energiewende und tragen<br />

Sie dazu bei, dass sich unser Klima<br />

verbessert.<br />

Klaus Schwaab


„Was anderen hilft, hilft auch uns“<br />

Erzbischof Schick eröffnet die „Energie- und Klimaoffensive der Erzdiözese Bamberg“<br />

auf der Burg <strong>Feuerstein</strong><br />

Die Energie- und Klimaoffensive der<br />

Erzdiözese wurde am vergangenen<br />

Sonntag (Anmerk. d. Red. 1.3.2009)<br />

auf der Burg <strong>Feuerstein</strong> eröffnet. 6,5<br />

Millionen Euro hat der Diözesansteuerausschuss<br />

für diese Initiative bewil-<br />

ligt. Melanie Huml, Staatssekretärin<br />

des Bayerischen Staatsministeriums<br />

für Umwelt und Gesundheit, kündigte<br />

an, dass zukünftig nicht nur Maßnahmen<br />

zum Mindern des CO2-Ausstoßes<br />

bei kommunalen Liegenschaften gefördert<br />

werden, sondern auch Sakralbauten<br />

bezuschusst werden sollen.<br />

Erzbischof Dr. Ludwig Schick betonte<br />

beim Festakt auf der Burg <strong>Feuerstein</strong>,<br />

dass diese Klimaoffensive ihm ein<br />

„Herzensanliegen“ sei. Wenn auch den<br />

Gläubigen im Erzbistum dies zum Herzensanliegen<br />

werde, sei er „voll zufrieden“.<br />

Man müsse für den Klimaschutz<br />

sofort etwas unternehmen, denn es sei<br />

schon fünf vor zwölf.<br />

In der Bamberger Diözese seien wir<br />

mit einer schönen Natur gesegnet.<br />

Diese müsse unbedingt erhalten wer-<br />

- 15 -<br />

den, forderte Schick. Es gelte global zu<br />

denken und regional zu handeln. Er<br />

komme gerade von einem Besuch aus<br />

der Sahel-Zone zurück. Durch die große<br />

Dürre würde sich die Wüste Sahara<br />

immer weiter ausdehnen. Die Klimaveränderung<br />

sei ein weltweites Problem.<br />

„Jeder Beitrag zum Klimaschutz<br />

hat Auswirkungen auf die ganze Welt“,<br />

betonte der Erzbischof.<br />

In einem Hirtenwort, das am gleichen<br />

Sonntag in allen Kirchen vorgelesen<br />

wurde, ging Schick auf diese Initiative<br />

ein. Er erinnerte an die Gleichnisse<br />

Jesu, in denen dessen Achtung vor der<br />

Natur zum Ausdruck komme sowie an<br />

die guten Vorbilder der Kirchengeschichte:<br />

zum Beispiel Franz von Assisi<br />

mit seinem<br />

Sonnengesang,<br />

Hildegard von<br />

Bingen und den<br />

heiligen Benedikt.<br />

„Es darf nicht<br />

sein, dass<br />

wohlhabende<br />

Nationen – das<br />

heißt konkret wir<br />

– auf Kosten<br />

anderer leben.<br />

Bekanntlich<br />

verursachen hauptsächlich die Konsumgesellschaften<br />

Europas und Nordamerikas<br />

den Klimawandel. Umgekehrt<br />

bekommen vor allem die Armen der<br />

südlichen Halbkugel dessen Folgen zu<br />

spüren“, unterstrich Schick.<br />

In einer Pressekonferenz zuvor hatte<br />

der Erzbischof berichtet, dass ein Sonderfonds<br />

in Höhe von fünf Millionen<br />

Euro als Startkapital für die Initiative<br />

„Bewahrung der Schöpfung“ eingerichtet<br />

worden sei. Weiterhin habe der Diözesansteuerausschuss<br />

für jeden Katholiken<br />

im Erzbistum zwei Euro, also<br />

etwa 1,5 Millionen Euro, bewilligt. So


stehen heuer insgesamt 6,5 Millionen<br />

Euro für diese Initiative zur Verfügung.<br />

Das sei weltweit gesehen zwar nur ein<br />

kleiner Faktor, aber die Kirchen hätten<br />

eine Vorbildfunktion. Daher sei dies<br />

auch ein „politischer Faktor“, um die<br />

globale Weltstätte als Heimat der Menschen<br />

zu erhalten. Wichtig sei es,<br />

nachhaltig die Umwelt zu schonen.<br />

Der Baudirektor der Erzdiözese, Josef<br />

Schwab, betonte bei der Pressekonferenz,<br />

dass sich 6,5 Millionen Euro wie<br />

„viel anhören“ würden. Diese seien<br />

aber auf dem Bau ganz schnell weg.<br />

Daher sei das Geld auch nicht für<br />

„normale“ Heizungserneuerungen vorgesehen,<br />

sondern es würden damit nur<br />

zusätzliche Maßnahmen zum Klimaschutz<br />

gefördert. Regenwassernutzung,<br />

Blockheizkraftwerke sowie Solar-<br />

und Photovoltaikanlagen seien Maßnahmen,<br />

die auch zukünftig Geld sparen<br />

helfen.<br />

Der Umweltbeauftragte der Erzdiözese<br />

Bamberg, Klaus Schwaab, berichtete<br />

bei dem Festakt auf der Burg <strong>Feuerstein</strong>,<br />

dass 10 % Energieeinsparungen<br />

pro Gemeinde im gesamten Bistum<br />

eine Ersparnis von rund 900 000 Euro<br />

bedeuten würde. Das bedeute auch<br />

4200 Tonnen CO2 weniger.<br />

In der Podiumsdiskussion beim Festakt<br />

forderte<br />

Schwaab eine<br />

Bewusstseinsänderung<br />

in<br />

den Pfarrgemeinden<br />

und bei allen<br />

Gläubigen<br />

sowie ein systematisches Vorgehen<br />

- 16 -<br />

beim Energie-Management. Statt zu<br />

beten „Oh Gott schick uns mehr Öl,<br />

aber möglichst billig“ wäre es besser<br />

zu bitten „Oh Gott, lass uns mit<br />

Verstand die Erde bewahren“.<br />

Schick betonte: „Was uns rettet, kann<br />

anderen schädigen. Was andern hilft,<br />

hilft auch uns“. Daher müsse man auch<br />

die weltweiten Auswirkungen der Einsparungen<br />

mit einkalkulieren.<br />

Bei dem Festakt überreichte Frank<br />

Lechner von der IHK Oberfranken die<br />

EMAS-Zertifizierungsurkunde für das<br />

Jugendhaus Burg <strong>Feuerstein</strong> sowie die<br />

<strong>Landvolkshochschule</strong> <strong>Feuerstein</strong> an<br />

Erzbischof Schick. EMAS steht dabei<br />

für „Enviromental Management and<br />

Audit Scheme“, eine Zertifizierung, die<br />

weltweit bekannt, aber nicht leicht zu<br />

bekommen ist.<br />

Staatssekretärin Melanie Huml eröffnete<br />

zum Schluss des Festaktes die Ausstellung<br />

„Klima & Co“, die besonders<br />

Kinder und Jugendliche mit dem ThemaKlimaschutz<br />

vertraut<br />

machen<br />

soll. Huml<br />

berichtet<br />

dabei, das<br />

Bayern in<br />

den<br />

nächsten vier Jahren eine „Dreiviertelmilliarde<br />

Euro“ in den Klimaschutz investieren<br />

werden – mehr als jedes andere<br />

Land. Mit dem „Klimaprogramm<br />

2020“ sei zusätzlich mit 350 Millionen<br />

Euro ein weiterer Anschub geplant.<br />

Damit sollen die Treibhausgase bis<br />

2020 auf deutlich unter sechs Tonnen<br />

pro Kopf und Jahr gesenkt, Bayern<br />

klimasicher gemacht sowie Forschung<br />

und Entwicklung zum Klimaschutz vorangetrieben<br />

werden. Auch bei Sakralbauten<br />

werde es demnächst bei entsprechenden<br />

Maßnahmen einen Zuschuss<br />

geben.<br />

Andreas Kirchhof<br />

aus Heinrichsblatt Nr. 10, 8. März 09


Lokale Identifikation als Schlüsselfunktion dörflicher<br />

Entwicklung<br />

Im Kontext von Globalisierung und allgegenwärtiger<br />

räumlicher Mobilität und Flexibilität<br />

scheint die Identifikation des Einzelnen<br />

mit seinem<br />

Heimat-<br />

bzw. Wohnort<br />

zunehmend fraglich.<br />

Wie wichtig<br />

dennoch die lokale<br />

Identifikation<br />

der Bevölkerung<br />

für eine nachhaltige<br />

Entwicklung<br />

eines Ortes ist,<br />

soll im Folgenden<br />

am Beispiel<br />

des Dorfes Kunreuth,<br />

ca. 15 Kilometer nordöstlich von<br />

Erlangen im stadtnahen ländlichen Raum<br />

gelegen, kurz umrissen und begründet<br />

werden. Dabei wird die Entwicklung Kunreuths,<br />

analog zur räumlichen Mittellage<br />

des Dorfes zwischen der Agglomeration<br />

Nürnberg/Fürth/Erlangen und dem peripheren<br />

ländlichen Raum der Fränkischen<br />

Schweiz, innerhalb eines Spannungs-<br />

bzw. Prozessfeldes positioniert, welches<br />

von zwei einander entgegen gesetzten<br />

Entwicklungstendenzen bestimmt wird:<br />

auf der einen Seite von der zentrendominierten<br />

suburbanen Überprägung des<br />

Stadtumlandes, auf der anderen Seite<br />

von wirtschaftlichen und sozialen Entwertungsprozessen,<br />

wie sie für viele peripher-ländliche<br />

Gebiete prägend sind.<br />

Die Entwicklung in Kunreuth ist typisch<br />

für eine Vielzahl von Dörfern in der Fränkischen<br />

Schweiz, die sich im Übergangsbereich<br />

„zwischen Stadt und Land“ befinden:<br />

Während die Bevölkerung der Neubaugebiete<br />

durch Ansiedlung vor allem<br />

jüngerer Zuzügler zunimmt, schrumpft<br />

und überaltert die Bevölkerung des Ortskerns.<br />

Während einerseits neue Siedlungsflächen<br />

bebaut werden, fällt im alten<br />

- 17 -<br />

Dorfbereich Wohnraum leer. Ähnliches<br />

gilt für die örtliche Infrastruktur: Während<br />

sich einerseits neue, „typisch suburbane“<br />

Dienstleistungen ansiedeln, verliert das<br />

traditionelle dörflich-ländliche Gewerbe<br />

an Bedeutung. Auf kultureller Ebene<br />

kommt es ebenfalls zu entsprechenden<br />

Austausch- und Modernisierungsprozessen.<br />

In dieser Situation des „Zwischendrin“, in<br />

der Altes verschwindet und Neues kommt<br />

und in der die gesellschaftliche Situation<br />

von Bevölkerungsaustausch und hoher<br />

Fluktuation geprägt ist, kommt der Identifikation<br />

der Menschen im Ort mit ihrem<br />

Dorf besonders hohes Gewicht zu:<br />

(1) Lokale Identifikation ist eine ganz wesentliche<br />

Voraussetzung dafür, dass<br />

die Menschen ihren Wohnort wertschätzen,<br />

die für die dörflichen Lebensqualität<br />

so wichtigen Infrastruktureinrichtungen,<br />

kulturellen und sozialen<br />

Angebote usw. nutzen und dadurch<br />

auch stützen, sich in irgendeiner<br />

Weise verantwortlich für das Dorf<br />

fühlen und für diesen Ort als ihren Lebensraum<br />

Engagement im sozialen,<br />

kulturellen, politischen, ökonomischen<br />

oder ökologischen Bereich zeigen.<br />

Fehlt die Identifikation der Menschen<br />

mit dem eigenen Wohn- und Heimatort,<br />

so leidet darunter das Dorf in seiner<br />

Gesamtheit.<br />

(2) Die Identifikation der Menschen mit<br />

ihrem Heimatort ist auch Voraussetzung<br />

dafür, dass diese das Dorf als<br />

einen wesentlichen Bezugspunkt in ihrem<br />

Leben begreifen. Wo lokale Identifikation<br />

fehlt, spielt der Wohnort als<br />

räumliches biographisches Element<br />

keine Rolle, ist austauschbar. Wenn<br />

auch vielfach andere, z. B. berufliche<br />

Motive hinzukommen, so fördert oder


(3) Lokale Identifikation steht in enger<br />

Wechselwirkung mit der sozialen Integration<br />

der Menschen im Dorf. So<br />

wie sich soziale Integration im Ort begünstigend<br />

auf die Entwicklung von<br />

Identifikation mit dem eigenen Dorf<br />

auswirkt, so werden Menschen, die<br />

sich mit ihrem Wohnort und seinen<br />

sozialen, kulturellen und ökonomischen<br />

Strukturen identifizieren, auch<br />

eher Interesse und Eigeninitiative zur<br />

Teilnahme, Kontaktaufnahme, Kommunikation<br />

und Interaktion mit der<br />

Bevölkerung zeigen. Insofern wirkt ein<br />

Mangel an dörflicher Identifikation<br />

auch auf diese Weise sozial desintegrativ<br />

und destabilisierend.<br />

Wir müssen uns in einem suburbanisierten<br />

Dorf wie Kunreuth von der Leitvorstellung<br />

und dem traditionellen Bewertungsschema<br />

einer dauerhaft sesshaften,<br />

stabil integrierten und ortsbezogenen Bevölkerung<br />

lösen und die Prozesse der<br />

Bevölkerungsfluktuation, des Zuzugs und<br />

Wegzugs, des Bevölkerungsaustauschs<br />

in zunehmenden Maße als Realität und<br />

Normalität akzeptieren. Diese Feststellung<br />

nimmt aber nichts von der zentralen<br />

Bedeutung, welche der Identifikation der<br />

Menschen mit ihrem Heimat- und/oder<br />

Wohnort und dem sozialen Miteinander<br />

im dörflichen Leben zukommt. Von daher<br />

sollen lokale Identifikation und soziale<br />

Integration auch weniger statisch, sondern<br />

dynamisch verstanden werden, weniger<br />

als ein „idealer“ Zustand, sondern<br />

vielmehr als ein fortwährender Prozess<br />

oder, normativ formuliert: eine kontinuier-<br />

- 18 -<br />

lich fortzuführende soziokulturelle Aufgabe.<br />

Um das dörfliche Leben dauerhaft<br />

auf so hohem Niveau erhalten und weiterentwickeln<br />

zu können, wie es heute<br />

gegeben ist, braucht es die Beteiligung, ja<br />

die Begeisterung und das Engagement<br />

möglichst aller Menschen im Ort für ihren<br />

Ort. Aktive Integration aller Neubürger<br />

und ebenso aktive Entwicklung lokaler<br />

Identität und Identifikation sind daher soziokulturelle<br />

Schlüsselfunktionen im<br />

Kontext einer nachhaltigen dörflichen Zukunftsentwicklung.<br />

Dabei ist lokale Identifikation eine Angelegenheit<br />

von „Kopf, Herz und Hand“.<br />

Hier spielen neben emotionalen auch<br />

kognitive Momente eine wichtige Rolle<br />

spielen (das Wissen über den Ort, das<br />

Sich-Auskennen). So können aus Wissen<br />

und Heimatgefühl schließlich Wertschätzung<br />

und Verantwortungsgefühl gegenüber<br />

dem Dorf erwachsen – wiederum<br />

Basis für das Engagement und aktive Tun<br />

des Einzelnen in und für seinen Ort.<br />

Diese drei Dimensionen stehen miteinander<br />

in enger Wechselwirkung, sie eröffnen<br />

aber jede für sich Ansatzpunkte zur<br />

Anbahnung lokaler Identifikation. Vom<br />

gezielten Vermitteln von Wissen über lokale<br />

Geschichte, Kultur, Natur und aktuelle<br />

Ereignisse (z.B. Info-Broschüre, kulturgeschichtlicher<br />

Wanderweg „Spurensuche<br />

Kunreuth“) über die Förderung von<br />

Kommunikations- und Treffpunkten (Geschäfte,<br />

Gruppen und Vereine, kulturelle<br />

Veranstaltungen) bis hin zu Partizipationsmöglichkeiten<br />

der Bevölkerung im<br />

Rahmen der Dorfentwicklung (z.B. Arbeitskreis<br />

„Hier lässt sich`s leben“) lassen<br />

sich hier viele Perspektiven denken und<br />

umsetzen.<br />

Dr. Hermann Ulm


Zur Stärkung der regionalen Wirtschaftskreisläufe in der<br />

Fränkischen Schweiz<br />

1. Warum sollen regionale Wirtschaftskreisläufe<br />

gestärkt werden?<br />

Warum wird<br />

diese Tagung<br />

durchgeführt?<br />

Warum<br />

legt die Metropolregion<br />

Nürnberg so<br />

viel Wert auf<br />

„Original Regional“<br />

und<br />

auf die Stärkung<br />

der<br />

ländlichen<br />

Räume in der Metropolregion?<br />

Dies ist keineswegs selbstverständlich,<br />

und die Gegenposition dazu hat der<br />

Kanton Graubünden am deutlichsten<br />

formuliert: Nur eine exportorientierte<br />

Wirtschaft bringe für den Kanton einen<br />

wirtschaftlichen Mehrwert, und Gemeinden<br />

und Kleinregionen ohne exportorientierte<br />

Wirtschaft seien so genannte<br />

„potenzialarme Räume“, die der<br />

Kanton nicht weiter unterstützen wolle.<br />

Die gleiche Sichtweise vertreten die<br />

klassischen Wirtschaftswirtschaften,<br />

für die Regionalprodukte ein Rückfall in<br />

vorindustrielle Zeiten darstellen, und<br />

die daher im Zeitalter immer größerer<br />

Arbeitsteilungen und Spezialisierungen<br />

nicht mehr sinnvoll seien.<br />

Mit dieser Gegenposition muss man<br />

sich ernsthaft auseinander setzen, und<br />

nur zu sagen, Regionalprodukte seien<br />

moralisch gut, reicht da nicht aus.<br />

Zur Begründung der Notwendigkeit von<br />

Regionalprodukten möchte ich Ihnen<br />

im ersten Teil meines Vortrages kurz<br />

skizzieren, wie sich die Fränkische<br />

Schweiz seit 1840 verändert hat, und<br />

auf dieser Grundlage möchte ich dann<br />

Ziele für eine lebenswerte Zukunft dieser<br />

Region ansprechen, bei der dann<br />

- 19 -<br />

Regionalprodukten und regionalen<br />

Wirtschaftskreisläufen eine spezifische<br />

Rolle zukommt.<br />

2. Der Strukturwandel der Fränkischen<br />

Schweiz<br />

Die folgenden Daten und Statistiken<br />

zur Fränkischen Schweiz beziehen<br />

sich auf eine pragmatische Abgrenzung<br />

der Fränkischen Schweiz auf<br />

Gemeindeebene (Kriterium: Nur Gemeinden<br />

in den Landkreisen Bayreuth,<br />

Bamberg und Forchheim, und Ausschluss<br />

von Gemeinden mit „städtischer“<br />

bzw. suburbaner Prägung), die<br />

34 Gemeinden umfasst. Dies ist eine<br />

provisorische Abgrenzung, allerdings<br />

dürfte der gewählte Ausschnitt repräsentativ<br />

und charakteristisch für das<br />

Gesamtgebiet der Fränkischen<br />

Schweiz sein, das nicht leicht abzugrenzen<br />

ist. Die Ergebnisse einer früheren<br />

Publikation (Bätzing 2000) werden<br />

im Folgenden aktualisiert und fortgeschrieben.<br />

2.1. Industriegesellschaft<br />

(1840 – 1939)<br />

Im 19. Jahrhundert wird die Grundlage<br />

für die moderne Entwicklung gelegt,<br />

und deshalb muss dieser Zeitabschnitt<br />

unbedingt berücksichtigt werden. Wir<br />

haben hier zwei zentrale Veränderungen:<br />

a) Territoriale Neugliederung Bayerns<br />

(Aufhebung der zahllosen<br />

kleinen Territorien in Franken<br />

und Eingliederung Frankens in<br />

das Bayerische Königreich: Dies<br />

führt dazu, dass die politischen<br />

Zentren, die zuvor in der Nähe<br />

der Fränkischen Schweiz gelegen<br />

hatten, jetzt weit weg rücken.<br />

Dies stellt für diesen


) Industrielle Revolution: Diese<br />

führt zu einem sehr starken<br />

Wachstum der Industriestädte/gebiete<br />

und dazu, dass sich<br />

jetzt der gesamte „Fortschritt“ in<br />

Wirtschaft und Gesellschaft in<br />

den Städten konzentriert. Das<br />

Land wird dagegen benachteiligt<br />

und wächst nur leicht, stagniert<br />

oder verliert sogar Einwohner.<br />

Beide Auswirkungen überlagern sich<br />

wechselseitig. Als Ergebnis können wir<br />

festhalten, dass zwischen 1840 und<br />

1939 die Einwohnerzahl der Fränkischen<br />

Schweiz um 3% zurückgeht.<br />

Dies ist im Kontext Bayerns eine überdurchschnittlich<br />

starke Entwertung und<br />

stellt eine gravierende Entwertung im<br />

Bereich Demographie, Wirtschaft und<br />

Gesellschaft statt.<br />

2.2. Kriegs- und Nachkriegszeit<br />

(1939 – 1960)<br />

Dies ist eine Ausnahmezeit: Zuerst<br />

fliehen zahlreiche Menschen aus den<br />

zerbombten Städten aufs Land, und<br />

nach 1945 siedelt die Militärregierung<br />

zahllose Vertriebe in allen Dörfern und<br />

Weilern des ländlichen Raumes an.<br />

Dadurch gibt es ein plötzliches Bevölkerungswachstum<br />

um +30% (Trendbruch),<br />

und eine Reihe von Vertriebenen<br />

bringen ihr Gewerbe mit und gründen<br />

im ländlichen Raum einen neuen<br />

Betrieb. Dadurch kommt es zu einer<br />

kurzfristigen Aufwertung, die allerdings<br />

mit Einsetzen des „Wirtschaftswunders“<br />

wieder abbricht, weil dann viele<br />

dieser Flüchtlinge und Vertriebene<br />

wieder in die Stadt ziehen.<br />

2.3. Die Zeit zwischen 1960 und<br />

1995<br />

In diesem Zeitraum geht die Bevölkerung<br />

allmählich zurück – ab 1972 liegen<br />

in Deutschland die Sterbezahlen<br />

über den Geburtenzahlen, und gleich-<br />

- 20 -<br />

zeitig wandelt sich die Industriegesellschaft<br />

zur Dienstleistungsgesellschaft,<br />

womit Probleme in Nord- und Westdeutschland<br />

und Gewinne in Süddeutschland<br />

verbunden sind. Während<br />

in dieser Zeit die Bevölkerung<br />

Deutschlands (alte Länder) nur noch<br />

um 12% wächst, liegt das Wachstum<br />

von Bayern mit +25% doppelt so hoch.<br />

Die Fränkische Schweiz nimmt mit einem<br />

Bevölkerungswachstum von<br />

+18% eine mittlere Position ein – zwar<br />

deutlich schlechter als im bayerischen<br />

Durchschnitt, aber deutlich über dem<br />

bundesdeutschen Durchschnitt.<br />

Sehen wir uns den Zeitraum 1970 –<br />

1987 etwas genauer an, weil hier die<br />

Daten der Volkszählung gebietsstandsbereinigt<br />

(bezogen auf die Gemeinden<br />

nach der Gebietsreform; diese<br />

Daten liegen für 1960 nicht vor) vorliegen.<br />

Obwohl die Bevölkerung in diesem<br />

Zeitraum um 1,5% wächst, geht<br />

die Zahl der Erwerbstätigen am Arbeitsort<br />

in den 34 Gemeinden der<br />

Fränkischen Schweiz um -25% zurück!<br />

Dies ist ein dramatischer Arbeitsplatzabbau,<br />

der auf den starken Rückgang<br />

der Landwirtschaft, des Handwerks,<br />

des Kleingewerbes und einiger Dienstleistungen<br />

(Tante-Emma-Läden) zurückgeht.<br />

Für den Gesamtzeitraum<br />

1960 – 1995 wäre dieser Rückgang<br />

auf -35% bis -40% zu schätzen.<br />

Damit lässt sich eine doppelte, entgegengesetzte<br />

Entwicklung erkennen:<br />

Die Fränkische Schweiz wird als<br />

Wohnregion aufgewertet (v.a. wegen<br />

ihrer Nähe vom Verdichtungsraum N-<br />

FÜ-ER und den Oberzentren BT und<br />

BA), aber als Wirtschaftsregion gleichzeitig<br />

stark geschwächt.<br />

2.4. Die Zeit zwischen 1995 und<br />

2007<br />

Die folgenden Ausführungen basieren<br />

auf der Bachelor-Arbeit von Susanne<br />

Schlicht (2007).


Die Bevölkerung Bayerns wächst in<br />

diesem Zeitraum um 4,4%, was viel ist<br />

im Vergleich zu Ost- und Norddeutschland,<br />

aber wenig ist im Vergleich<br />

zu früheren Zeitschnitten. Das<br />

Bevölkerungswachstum der Fränkischen<br />

Schweiz ist mit +1,9% weniger<br />

als halb so groß wie das von Bayern.<br />

Aber: Von den 34 Gemeinden der<br />

Fränkischen Schweiz haben 18 ein<br />

Bevölkerungswachstum (vor allem<br />

Gemeinden am Rand der Fränkischen<br />

Schweiz und solche mit guter Erreichbarkeit)<br />

und 16 einen Bevölkerungsrückgang<br />

– wir finden also eine gespaltene<br />

Entwicklung.<br />

Bei den Beschäftigten am Arbeitsort<br />

Fränkische Schweiz (da 1987 die letzte<br />

Volkszählung in Deutschland stattfand,<br />

können nicht mehr alle Erwerbstätigen,<br />

sondern nur noch die sozialversicherungspflichtig<br />

Beschäftigten gezählt<br />

werden) beträgt der Rückgang jetzt nur<br />

noch -2,2%! Auch hier gibt es eine gespaltene<br />

Entwicklung, indem die Beschäftigten<br />

am Arbeitsort in 18 Gemeinden<br />

wachsen und in 16 Gemeinden<br />

zurückgehen. Das bedeutet, dass<br />

die dramatischen Arbeitsplatzverluste<br />

der vorigen Phase offenbar ein Ende<br />

gefunden haben, was damit zu tun haben<br />

dürfte, dass die Fränkische<br />

Schweiz eine zentrennahe ländliche<br />

Region ist, in der auch die abgelegensten<br />

Gemeinden nicht wirklich weit<br />

von einem Oberzentrum entfernt sind.<br />

Wie sieht die Lage in den Gemeinden<br />

aus? Der durchschnittliche Anteil der<br />

Auspendler steigt von 74% im Jahr<br />

1995 auf 81% im Jahr 2007, und der<br />

durchschnittliche Anteil der Einpendler<br />

von 51% auf 61%. Von den 34 Gemeinden<br />

der Fränkischen Schweiz haben<br />

2007 30 Gemeinden mehr als 80%<br />

Auspendler, und 26 von ihnen gleichzeitig<br />

mehr als 50% Einpendler.<br />

Wie ist dieses Ergebnis zu interpretieren?<br />

Die Fränkische Schweiz wird jetzt<br />

voll in die Raumstrukturen der globalisierten<br />

Welt einbezogen: Wohnen und<br />

Arbeiten fallen räumlich weit auseinan-<br />

- 21 -<br />

der, zugleich wird an einem dritten Ort<br />

eingekauft, an einem vierten Ort ein<br />

Teil der Freizeit verbracht, Freunde<br />

und Verwandte wohnen an weiteren<br />

Orten, die mit den ersten nicht identisch<br />

sind usw. – wir finden ausgeprägte<br />

räumliche Funktionsteilungen<br />

vor, die viel Verkehr erzeugen, aber<br />

wenig Identität mit einer Gemeinde<br />

oder Region entstehen lassen.<br />

Der Architekt Thomas Sieverts nennt<br />

diese Struktur „Zwischenstadt – zwischen<br />

Ort und Welt, Raum und Zeit,<br />

Stadt und Land“, und er beschreibt<br />

diese neue Entwicklung als eine chaotische<br />

Struktur aus verschiedensten<br />

Nutzungsparzellen (Wohnen, Gewerbe,<br />

Landwirtschaft, Einkaufen,<br />

Freizeit, Verkehr, Naturschutz usw.),<br />

die alle bunt durcheinander gewürfelt<br />

nebeneinander liegen, die aber nichts<br />

miteinander zu tun haben und die keinen<br />

Bezug untereinander besitzen,<br />

weil sie jeweils mit weit entfernt liegenden<br />

Punkten interagieren, aber nicht<br />

mit ihrer Nachbarschaft.<br />

2.5. Prognose bis 2025<br />

Nach der Prognose des Bundesamtes<br />

für Bauwesen und Raumordnung/BBR<br />

in Bonn wird Deutschland bis zum Jahr<br />

2025 etwa 1,5 Millionen Einwohner<br />

verlieren (deutlich weniger als in vielen<br />

Sensationsmeldungen in Presse und<br />

Fernsehen vor etwa zwei, drei Jahren),<br />

aber dieser Rückgang wird sich sehr<br />

ungleich im Raum verteilen: Der Osten<br />

Deutschlands (mit Ausnahme der Region<br />

Berlin) wird stark abnehmen,<br />

ebenso größere Gebiete in der Mitte<br />

Westdeutschlands), während der Süden<br />

noch wachsen wird, wobei die<br />

Spitzenwerte im Großraum München<br />

(Raum zwischen Augsburg – Ingolstadt<br />

– Regensburg – München) erreicht<br />

werden.<br />

Der Fränkischen Schweiz wird dagegen<br />

in diesem Zeitraum eine deutliche<br />

Bevölkerungsabnahme prognostiziert


sowie eine Stagnation bei den Erwerbspersonen<br />

(gemeint sind hier aber<br />

nicht die Erwerbspersonen am Arbeitsort,<br />

sondern am Wohnort, also die<br />

Menschen, die in der Fränkischen<br />

Schweiz wohnen und zur Arbeit in den<br />

Verdichtungsraum N-FÜ-ER fahren).<br />

Weil sich nach dieser Prognose die<br />

Bevölkerung und die Arbeitsplätze immer<br />

stärker auf die großen Zentren –<br />

vor allem im Süden Deutschlands –<br />

konzentrieren werden, dürfte die Fränkische<br />

Schweiz in Zukunft als Wirtschaftsraum<br />

und als Lebensraum weiter<br />

geschwächt werden – sofern kein<br />

Trendbruch einsetzt.<br />

3. Ziele für eine lebenswerte und<br />

lebensfähige Fränkische<br />

Schweiz<br />

Was ist in dieser Situation das zentralste<br />

Ziel für die Fränkische Schweiz?<br />

Es ist der Erhalt der Fränkischen<br />

Schweiz als ein gleichwertiger Wirtschafts-<br />

und Lebensraum. Dies richtet<br />

sich gegen die Entwicklung hin zu einer<br />

reinen Wohnregion, gegen die<br />

Entwicklung in Richtung „Zwischenstadt“<br />

und gegen eine Entwicklung in<br />

Richtung „Wildnis“ (Rückzug des Menschen).<br />

Maßnahmen dagegen: Erhalt der Zentralen<br />

Orte und keinesfalls ein Abbau<br />

der staatlichen Infrastrukturen in den<br />

einzelnen Unter-, Mittel- und Oberzentren.<br />

Dies ist deswegen explizit zu betonen,<br />

weil es Ansätze dazu gibt („Bedarfsgerechte<br />

Infrastrukturen“ = bedarfsgerecht<br />

bedeutet bei abnehmender<br />

Bevölkerung einen Abbau von Infrastrukturen)<br />

und weil die beiden<br />

Oberzentren Bayreuth und Bamberg<br />

kleine und schwache Oberzentren<br />

sind, die vielleicht davon bedroht sein<br />

könnten. Aber diese sind für die Fränkische<br />

Schweiz von besonderer Wichtigkeit.<br />

Daneben müssen Wirtschaftsbetriebe<br />

mit überregionaler Bedeutung (Sie-<br />

- 22 -<br />

mensMed in Forchheim und ähnliche)<br />

unbedingt erhalten werden, weil sie<br />

eine wichtige Arbeitsplatzfunktion für<br />

die Region besitzen. Aber die Standorte<br />

dieser Betriebe liegen meist am<br />

Rand der Fränkischen Schweiz und<br />

sind auch nur an eher wenigen Standorten<br />

(sehr gute Erreichbarkeit) sinnvoll.<br />

Aber diese beiden Maßnahmen reichen<br />

nicht aus, um die Fränkische<br />

Schweiz als Wirtschaftsraum in dezentralen<br />

Strukturen zu erhalten und<br />

zu stärken, denn diese Strukturen stellen<br />

Punkte oder Knoten dar, die die<br />

Fläche nicht stärken können (wie die<br />

Daten gezeigt haben). Deshalb braucht<br />

es neben diesen Strukturen und in Ergänzung<br />

zu ihnen ganz gezielt den<br />

Aufbau von Regionalprodukten und<br />

von regionalen Wirtschaftskreisläufen<br />

– beides muss gezielt zusammenwirken,<br />

was ich als „ausgewogene Doppelnutzung“<br />

bezeichnet habe.<br />

Eine solche Aufwertung betrifft die Bereiche<br />

Wirtschaft, Umwelt, Gesellschaft:<br />

a) Wirtschaft: Aufbau von landwirtschaftlichen<br />

Qualitätsprodukten<br />

und deren Verarbeitung zu Regionalprodukten;<br />

bessere Nutzung<br />

im Bereich Wald/Holz (die<br />

Wälder sind unternutzt, es<br />

wächst mehr Holz nach, als geschlagen<br />

wird); Aufbau Handwerk/Kleingewerbe<br />

auf der<br />

Grundlage regionaler Ressourcen,<br />

Stärkung und Entwicklung<br />

von regionalen Dienstleistungen,<br />

Stärkung des Tourismus<br />

(nicht als Monostruktur) und<br />

Förderung eines wertschöpfungsintensiverenAusflugsverkehrs<br />

mittels engerer Verflechtung<br />

mit Regionalprodukten.<br />

b) Umwelt: Erhalt vielfältiger Kulturlandschaften<br />

mit dem Natur-


c) Stärkung der regionalen Identität<br />

als Schlüsselaufgabe; dabei<br />

bessere Zusammenarbeit zwischen<br />

Einheimischen und Zuzügern<br />

zum Zweck der Aufwertung<br />

des gemeinsamen Lebensraumes.<br />

Für die politische Umsetzung sehe ich<br />

zwei Schwerpunkte:<br />

� Die Fränkische Schweiz wird als<br />

Wirtschafts- und Lebensraum dadurch<br />

stark geschwächt, dass sie<br />

von zahlreichen Landkreisgrenzen,<br />

Planungsregions- und Regierungsbezirksgrenzen<br />

zerschnitten<br />

wird. Deshalb braucht es für diesen<br />

Raum eine regionale Koordination<br />

über diese Grenzen hinweg,<br />

also eine Art Regionalmanagement<br />

(in welcher Form auch<br />

immer; jedoch mehr als nur als<br />

ehrenamtliche Tätigkeit, dafür ist<br />

diese Aufgabe zu anspruchsvoll).<br />

Am leichtesten könnten dies die<br />

betroffenen Landräte initiieren,<br />

wenn sie sich gemeinsam für eine<br />

EU-Regionalförderung einsetzen<br />

würden, die die ländlichen Teilräume<br />

der Fränkischen Schweiz<br />

(die in der Peripherie eines jeden<br />

Landkreises liegen) umfasst.<br />

� Weiterhin ist eine enge Zusammenarbeit<br />

der Fränkischen<br />

Schweiz mit der Metropolregion<br />

Nürnberg sinnvoll, um jede „Kirchturmpolitik“<br />

zu verhindern – Stadt<br />

und Land ergänzen sich wechselseitig<br />

zum beiderseitigen Vorteil<br />

und dies führt zwangsläufig auch<br />

zu einer entsprechenden politischen<br />

Zusammenarbeit.<br />

- 23 -<br />

Literatur<br />

Bätzing, W. (2006): Artikel „Bevölkerungsentwicklung<br />

19./20. Jahrhundert“<br />

(in Bayern). In: Historisches Lexikon<br />

Bayerns (Internet-Lexikon), hrsg. Bayerische<br />

Staatsbibliothek, München,<br />

freigegeben 20.11.2006:<br />

www.historisches-lexikonbayerns.de/artikel/artikel_44452<br />

Bätzing, W. (2003): Die Bevölkerungsentwicklung<br />

in den Regierungsbezirken<br />

Ober-, Mittel- und Unterfranken im<br />

Zeitraum 1840 – 1999. 2. Teil: Analyse<br />

auf der Ebene der Gemeinden. In:<br />

Jahrbuch für fränkische Landesforschung<br />

Bd. 63, S. 171-224 mit 32 Tabellen<br />

und 5 Karten<br />

Bätzing, W. (2000): Die Fränkische<br />

Schweiz – eigenständiger Lebensraum<br />

oder Pendler- und Ausflugsregion ?<br />

Überlegungen zur Frage einer „nachhaltigen“<br />

Regionalentwicklung. In: H.<br />

Becker (Hrsg.): Beiträge zur Landeskunde<br />

Oberfrankens. Festschrift zum<br />

65. Geburtstag von Bezirkstagspräsidenten<br />

Edgar Sitzmann. Bamberg, S.<br />

127-150 (= Bamberger Geographische<br />

Schriften, Sonderfolge 6)<br />

BBR (2009): Raumordnungsprognose<br />

2025/2050. Bonn (= BBR-Berichte 29)<br />

Schlicht, S. (2009): Regionalentwicklung<br />

in der Fränkischen Schweiz. Eine<br />

Analyse des demographischen Wandels<br />

von 1995 bis 2007. Unveröffentlichte<br />

Bachelor-Arbeit, Institut für Geographie/Universität<br />

Erlangen-Nürnberg<br />

Sieverts, T. (1997): Zwischenstadt –<br />

zwischen Ort und Welt, Raum und Zeit,<br />

Stadt und Land. Braunschweig/Wiesbaden<br />

Prof. Dr. Werner Bätzing,<br />

Institut für Geographie an der Universität<br />

Erlangen-Nürnberg<br />

Tagung der KLVHS <strong>Feuerstein</strong>. Bei der<br />

Ausführung handelte es sch um das<br />

Eingangsstatement der Tagung am<br />

31.10.2009 „Regionale Wirtschafskreisläufe<br />

stärken“.


Die Fränkische Schweiz in der Metropolregion Nürnberg -<br />

Ein Lebensraum mit Zukunft<br />

Regionale Wirtschaftskreisläufe stärken<br />

Fazit<br />

der Fachtagung in der KLVHS <strong>Feuerstein</strong> am 31. Oktober 2009<br />

Die Fränkische Schweiz ist eine seit<br />

der Namensgebung durch die Romantik<br />

tradierte und besetzte Marke. Der<br />

Bekanntheitsgrad dieser Marke geht<br />

weit über die Landesgrenzen hinaus<br />

und ist im auch deutschsprachigen<br />

Ausland ein Begriff.<br />

Ihr Potenzial wird derzeit jedoch zu<br />

wenig ausgeschöpft. Dies hat seine<br />

Ursachen in:<br />

� einem unterdurchschnittlich ausgeprägten<br />

regionalen Bewusstsein,<br />

mitbedingt durch eine<br />

historisch entstandene kleinstrukturierteVerwaltungsorganisation<br />

und konfessionelle Aufsplitterung<br />

� einer starken administrativen<br />

Zerrissenheit<br />

und dadurch<br />

� einer oftmals uneinheitlichen<br />

Außenwirkung der Gesamtregion<br />

durch zu viele Einzelinitiativen<br />

und zu geringer Betonung<br />

des Namens und der<br />

bereits bestehenden Marke.<br />

Es gilt, in einer zunehmend globalisierten<br />

Welt und einem immer stärker<br />

werdenden Wettstreit der Regionen um<br />

Wirtschaftskraft und Einwohner, zukünftig<br />

diese Marke wieder verstärkt in<br />

Wert zu setzen, die wertvollen<br />

Initiativen zu bündeln, zu vernetzen<br />

und dadurch die Fränkische Schweiz<br />

als „Lebens- und Urlaubsregion“ zu<br />

stärken.<br />

Die Etablierung und Stärkung regionaler<br />

Wertschöpfungsketten sind dabei<br />

notwendige und wertvolle Schritte:<br />

Wertschöpfungsketten fördern den<br />

Binnenabsatz und damit das Kaufkraftvermögen<br />

in der Region, stärken das<br />

regionale Wir-Bewusstsein und helfen<br />

der Region zu einem selbstbewussteren,<br />

gemeinsamen Auftreten<br />

nach außen.<br />

Die Teilnehmer an den Workshops<br />

erarbeiteten zur Stärkung und Etablierung<br />

von regionalen Wertschöpfungsketten<br />

für ihre jeweiligen Branchen<br />

folgende Ergebnisse:<br />

Statements der einzelnen Workshops<br />

Regionale Holzvermarktung und -verarbeitung<br />

Zielsetzung für die Fränkische Schweiz:<br />

� In den Kommunen soll verstärkt auf die energetische Verwertung von<br />

Hackschnitzeln hingewirkt werden. Als Betreiber dieser Netzwerke kommen<br />

z.B. Kommunen, Genossenschaften oder die Waldbesitzervereinigungen in<br />

Frage.<br />

Das Holz ist als Energielieferant aus der Region verstärkt zu nutzen<br />

(Waldbesitzer sind über Waldbesitzervereinigungen gebündelt).<br />

� Wunsch: Direkter Rundholzkauf durch Schreinereien (qualitativ hochwertige<br />

Einzelstücke)<br />

Problem: Rundhölzer müssten direkt abgenommen, gelagert und veredelt<br />

werden<br />

� Die Initiative „Holz von hier“ bietet eine regionale Plattform für regionale<br />

Holzkreisläufe<br />

- 24 -


Regionale Milchverarbeitung<br />

Notwendige Voraussetzungen für eine regionale Molkerei in der Fränkischen<br />

Schweiz sind:<br />

� Verantwortliche Person, die das Marketing beherrscht<br />

� Qualitätsprodukte, die sich deutlich von den üblichen Produkten abheben<br />

� Landwirte, die bereit sind, ihre Betriebe auf die Produktion einzustellen<br />

� Interessierte fahren nach Wiggensbach um sich vor Ort zu informieren.<br />

Vision Fahrradparadies Fränkische Schweiz<br />

Wir sind ein Entwicklungsland<br />

Entwicklungsziele:<br />

� Das EU-geförderte Mountainbike-Netz soll weiter entwickelt werden<br />

� Nahziel – Fernziel Standard<br />

� Koordinierte Planung: Lückenschlüsse, Zustand der Radwege<br />

� Internet-Portal für Fahrradrouten -> GPS<br />

WIR - Die Wirtschaftsregion Bamberg-Forchheim<br />

Die ökonomischen und soziokulturellen Potenziale der Fränkischen Schweiz sind die<br />

Basis einer zu steigernden regionalen Wertschöpfung. Diese Potenziale<br />

aufzuzeigen, entsprechende Handlungsspielräume zu schaffen und Synergien zu<br />

erzeugen ist Ergebnis einer nachhaltigen Politik und Regionalentwicklung.<br />

Damit das Kapital in der Region erhalten bleibt.<br />

Unsere Vision für die Region - Konzepte und Dienstleistungen von „regiopol“<br />

Der Kultur- und Naturraum Fränkische Schweiz steht derzeit an der Schwelle großer<br />

Herausforderungen. Denk- und Handlungsräume müssen im Sinne einer<br />

bestmöglichen Zukunft für die Region überprüft und neu ausgerichtet werden. Hierzu<br />

zählen vorrangig die Überwindung administrativer Grenzen und die Vernetzung aller<br />

Akteure der regionalen Entwicklung.<br />

Dazu wurden u. a. folgende Gedanken geäußert:<br />

� Die Entwicklung innerhalb der Fränkischen Schweiz soll durch eine zentrale<br />

Stelle, die Lobbyarbeit für den ländlichen Raum betreibt, organisiert werden.<br />

� Diese Stelle muss mit Kompetenzen ausgestattet sein die es ihr ermöglicht,<br />

Entscheidungen zu treffen. Diese Kompetenzen müssen allen Akteuren<br />

bekannt sein.<br />

� Diese Stelle muss insbesondere die Binnenwerbung, die das Image der<br />

Region für die Bevölkerung prägt, entwickeln und vorhandene Ansätze<br />

intensivieren.<br />

� Sachpolitik muss im Vordergrund vor Parteipolitik stehen.<br />

Abschlussstatement<br />

Regionale Wirtschaftskreisläufe in der<br />

Fränkischen Schweiz stärken, heißt<br />

vor allem,<br />

vorhandene Potenziale zu erkennen<br />

und auszuschöpfen.<br />

Im Bereich Holzvermarktung und -<br />

verarbeitung können über den reinen<br />

- 25 -<br />

Bestand hinaus durch stärkere<br />

Vernetzungsarbeit Wirtschaftskräfte<br />

gebündelt und neue Wertschöpfungs-<br />

Kreisläufe erschlossen werden. Als<br />

zentrale Aufgabe kann die Koordination<br />

der Beteiligten und die<br />

Bewusstseinsbildung in der Region<br />

gesehen werden.


In der Milchwirtschaft steht der<br />

Fränkischen Schweiz die Türe zu einer<br />

ökologischen Ausrichtung, regionalen<br />

Vermarktung und dauerhafter Wertschöpfung<br />

weit offen. Die Umsetzung<br />

neuer Strategien bedarf jedoch aller<br />

Anstrengungen der Öffentlichkeitsarbeit<br />

und der Bündelung von Ressourcen,<br />

nicht zuletzt aber des Mutes,<br />

neue Wege zu gehen.<br />

Radwege verbinden eine Region auf<br />

besondere Weise. Hier die Weichen für<br />

eine integrierte, umfassende und<br />

strukturierte Planung zu stellen, wird<br />

die zentrale Aufgabe für Politik und<br />

Verwaltung für die kommenden Jahre<br />

sein. Vieles, was heute technisch<br />

möglich und in anderen Regionen<br />

bereits umgesetzt wird - zum Beispiel<br />

im Bereich digitaler Kartierung,<br />

Erfassung und Präsentation - wartet in<br />

der Fränkischen Schweiz darauf, zum<br />

Leben erweckt und professionell<br />

präsentiert zu werden.<br />

Regionale Wertschöpfung heißt vor<br />

allem auch, die Kaufkraft in der Region<br />

zu halten. Um der Abwanderung des<br />

Kapitals entgegenzuwirken, gilt es, die<br />

regionalen Potentiale stärker in Wert<br />

zu setzen - wirtschaftlich, aber auch<br />

mental. Hier ist eine nachhaltige Politik<br />

und Regionalentwicklung gefordert,<br />

damit Handlungsspielräume geschaffen<br />

und genutzt werden können.<br />

grenzenlos glücklich<br />

Das sind die Qualitäten des Lebens,<br />

die uns als Christen verheißen sind,<br />

so dürfen wir sein:<br />

grenzenlos glücklich<br />

absolut furchtlos<br />

immer in Schwierigkeiten.<br />

Sprichwort bei den Quäkern<br />

- 26 -<br />

Die in Teilräume zergliederte Fränkische<br />

Schweiz verdient über die<br />

aktiven, funktionierenden Regionalmanagements<br />

hinaus ein auf den<br />

Gesamtraum bezogenes Management<br />

und eine übergeordnete Koordination<br />

der regionalen Prozesse.<br />

Die bisherige Struktur bewirkt eine<br />

Ausrichtung innovativer Projekte an<br />

den Grenzen der Teilräume und nicht<br />

an den Potenzialen der gesamten<br />

Fränkischen Schweiz.<br />

Die Verantwortlichen sind aufgefordert,<br />

möglichst umgehend und mit den<br />

Akteuren der regionalen Managementprozesse<br />

ein tragfähiges Zukunftskonzept<br />

für die Fränkische Schweiz zu<br />

erarbeiten.<br />

Die an den Verwaltungsgrenzen ausgerichtete<br />

Positionierung der Teilregionen<br />

und ihrer Managements - so<br />

wichtig und positiv diese für die<br />

Entwicklung der einzelnen Teilgebiete<br />

sind - behindert die Entwicklung der<br />

Gesamtregion.<br />

Regionale Wirtschaftskreisläufe in der<br />

Fränkischen Schweiz stärken heißt<br />

daher nicht zuletzt, die Entwicklung der<br />

Region in eine starke Hand zu legen.<br />

Das Fazit hat „regiopol“ im Auftrag<br />

der Veranstalter verfasst.


Die Tagung „Metropolregion“ in Bildern<br />

Es wird fleißig gearbeitet und diskutiert<br />

- 27 -<br />

Das Publikum spricht mit<br />

Ein engagierter<br />

Beitrag aus dem<br />

Plenum


Kopfzerbrechen über das Radfahrnetz<br />

Aufmerksame<br />

Zuhörer bei<br />

der Talkrunde<br />

Dankesworte an Moderator und Landräte<br />

- 28 -


Milchpreis von 50 Cent je Liter, wo gibt es das?<br />

Eindrücke von einem Besuch der Kleinmolkerei und<br />

Schaukäserei Wiggensbach im Allgäu am 7. August 2009<br />

Am <strong>Feuerstein</strong> hat am Samstag, 31.<br />

Oktober in der <strong>Landvolkshochschule</strong> eine<br />

Tagung statt gefunden, die sich mit dem<br />

Ausbau von regionalen Wirtschaftskreisläufen<br />

und Wertschöpfungsketten in der<br />

Fränkischen Schweiz beschäftigt hat.<br />

Ein Arbeitskreis<br />

der Veranstaltung<br />

hat die Frage<br />

aufgegriffen, inwieweit<br />

die regionaleMilchverar-<br />

Käsetheke<br />

beitung und Veredlung<br />

in der<br />

Fränkischen<br />

Schweiz eine lohnende Einkommensalternative<br />

bieten kann.<br />

Als Beispiel einer erfolgreichen regionalen<br />

Milchveredlung ist im Arbeitskreis die<br />

Kleinmolkerei und Schaukäserei<br />

Wiggensbach vorgestellt worden, die Fritz<br />

Kroder und ich bei einem Besuch kennen<br />

lernten. Erfahrungen aus erster Hand<br />

berichtet der Allgäuer Landwirt Franz<br />

Berchtold, der die Molkerei mit weiteren<br />

sieben Berufskollegen gegründet hat und<br />

als aktives Vorstandsmitglied die Geschicke<br />

der Regionalmolkerei mitbestimmt.<br />

Die acht Genossen beliefern die Molkerei<br />

jährlich mit ca. 1,2 Mio. Liter Biomilch.<br />

Etwa die gleiche Menge an Biomilch kauft<br />

die Molkerei zwischenzeitlich dazu.<br />

Hier werden 2,4 Mio. Liter Milch jährlich verarbeitet<br />

Das Glück der Erzeuger war, in Peter<br />

Romer den richtigen und kompetenten<br />

Partner aus der Milchbranche gefunden zu<br />

haben. Romer ist mit einer Kapitaleinlage<br />

- 29 -<br />

am Betrieb beteiligt und sein Gehalt bestimmt<br />

sich erfolgsabhängig. “Wir haben<br />

uns gesucht und gefunden”, so die beiden<br />

übereinstimmend.<br />

Die Betriebsstätte in dem Kemptener Vorort<br />

ist in einer ehemaligen Zimmerei unter<br />

Mitbeteiligung und Eigenleistung der<br />

Landwirte eingerichtet worden. Soweit<br />

möglich stellen auch die Familienangehörigen<br />

die Arbeitskräfte. Neben einem Hofladen<br />

in Wiggensbach ist ein Vertriebsnetz<br />

aufgebaut worden www.schaukaesereiwiggensbach.de.<br />

Der Schweizer Käsereimeister, der vorher<br />

Erfahrungen im Management der Milchindustrie<br />

im Ruhrgebiet gesammelt hat, sagt<br />

selbst, die größten Widerstände sind von<br />

den etablierten Marktmächten gekommen.<br />

Jetzt, da sie einen<br />

Namen am Markt<br />

haben, kommen<br />

auch Vertriebspartner,<br />

von<br />

denen sie vorher<br />

geschnitten bzw.<br />

wieder ausgelistet<br />

wurden, an ihnen<br />

nicht mehr vorbei.<br />

Fritz Kroder, Franz Berchtold, Peter Romer<br />

Das Risiko, das die acht Landwirte eingegangen<br />

sind, ist ihnen nochmals in der<br />

Gründungsphase bewusst geworden, als<br />

sie für die Fördermittel in Höhe der<br />

prozentualen Beteiligungen mit Grundschulden<br />

belastet worden sind. Über die<br />

freundschaftliche Verbindung hinaus, hat<br />

sich die Tatsache, dass sie auch in anderen<br />

Bereichen miteinander bereits seit<br />

Jahren zusammenarbeiten, als hilfreich<br />

herausgestellt. “Wir wussten schon vorher,<br />

was wir aneinander haben”, so Vorstand<br />

Berchtold.<br />

Der Landwirtschaftsmeister bewirtschaftet<br />

mit seiner Frau einen Grünlandbetrieb. Mit<br />

Stolz erzählt er von einer durchschnittli-


chen Jahresmilchleistung von 8.000 Liter<br />

Milch je Kuh in seinem Biobetrieb.<br />

Angesichts der<br />

Entwicklungen<br />

in der Milchwirtschaft,<br />

die seinenBerufskollegen<br />

zu schaffen<br />

machen,<br />

fühlen sich die<br />

Wiggensbacher Ladensortiment<br />

Biomilchlieferanten<br />

im Nachhinein bestätigt. Der<br />

Gestaltungsspielraum, der Name, den sie<br />

sich mit der Regionalvermarktung<br />

zwischenzeitlich erworben haben und die<br />

Naturnähe, mit der sie das hochwertige<br />

Lebensmittel Milch erzeugen, stellt sie<br />

langfristig auf die sichere Seite. – Und<br />

Es geht um den guten Milchpreis…<br />

- 30 -<br />

nicht unerheblich, bei ihnen stimmt der<br />

Milchpreis.<br />

Für die <strong>Feuerstein</strong>ehemaligen nicht<br />

uninteressant: Franz Berchtold hat den<br />

Hauptkurs in der Wies besucht und ist dort<br />

als stellvertretender Vorsitzender aktiv.<br />

Vielleicht findet sich ein Kreis aus den Reihen<br />

der Ehemaligen, der sagt, was die im<br />

Allgäu gewagt und erfolgreich hinbekommen<br />

haben, das schaffen wir auch mit der<br />

Vermarktung von Biomilch aus der Region.<br />

Eben anpacken nach der <strong>Feuerstein</strong>devise:<br />

Der Zeit eine Nase weit voraus sein.<br />

hn


Hymnus<br />

„Denkt nicht mehr an das, was früher war“<br />

Meditatives Intermezzo<br />

Von der Schöpfung leben lernen<br />

aufmerksam, jahraus, jahrein.<br />

Deine Wunder, Gott, entdecken<br />

und von dir gesegnet sein.<br />

Von der Sonne Wärme lernen<br />

und Veränderung vom Mond,<br />

weil doch seinen Lichtgestalten<br />

große Treue innewohnt.<br />

Von der Erde Leben schützen<br />

und es mütterlich erneu’n.<br />

Von den Sternen stille Demut,<br />

einer unter vielen sein.<br />

Von dem Wind Impulse geben<br />

und vom Sturm die Leidenschaft.<br />

Von den Wolken leises Schweben<br />

und vom Regen Wuchs und Kraft.<br />

Von den Blumen leuchten lernen,<br />

von den Steinen Festigkeit.<br />

Von den Bäumen standhaft wurzeln,<br />

Frucht ansetzen, die gedeiht.<br />

Von den Vögeln singen lernen,<br />

Lebenslust und Höhenflug<br />

und den Jahreszeiten glauben:<br />

Jede Zeit ist schön genug.<br />

Von den Blättern fallen lassen,<br />

was der Herbst von selbst verweht,<br />

und vom Frühling wieder lernen,<br />

dass der Schöpfer zu uns steht.<br />

Von der Schöpfung leben lernen<br />

aufmerksam, jahraus, jahrein.<br />

Deine Wunder, Gott, entdecken<br />

und von dir gesegnet sein.<br />

Tagesgebet<br />

Detlev Block<br />

- 31 -<br />

Gott, unser Leben bietet uns viele Lebensräume.<br />

In keinem von ihnen können<br />

wir auf ewig bleiben. Abschied fällt<br />

uns nicht leicht, oft hängen wir am Alten,<br />

hängen in unserer Entwicklung<br />

fest. Öffne du unsere Augen für die<br />

Wege vor uns, auf denen neues Leben<br />

auf uns zukommt. Amen.<br />

Lesung aus dem Buch Jesaja<br />

Denkt nicht mehr an das, was früher<br />

war; auf das, was vergangen ist, sollt<br />

ihr nicht achten. Seht her, nun mache<br />

ich etwas Neues. Schon kommt es<br />

zum Vorschein, merkt ihr es nicht? Ja,<br />

ich lege einen Weg an durch die Steppe<br />

und Straßen durch die Wüste.<br />

(Jes 43, 18 f.)<br />

Ansprache<br />

Sehr geehrte Damen und Herren,<br />

liebe Schwestern, liebe Brüder,<br />

Sie sind heute hier zusammengekommen,<br />

um neue Perspektiven für die<br />

Fränkische Schweiz, einem „Lebensraum<br />

mit Zukunft“ zu suchen, in dem<br />

Sie überlegen, wie regionale Wirtschaftskreisläufe<br />

gestärkt werden können.<br />

Ich möchte Ihnen – passend zur<br />

Herbstzeit, die unsere schöne Gegend<br />

zur Zeit in eine farbenprächtige Blätterdecke<br />

hüllt – ein paar Gedanken<br />

darüber mit auf den Weg geben, was<br />

man – wie es im eingangs meditierten<br />

Hymnus hieß – von der Schöpfung für<br />

Ihre Überlegungen lernen kann. Der<br />

beeindruckende Text von Detlev Block<br />

fordert uns auf, den Jahreszeiten zu<br />

glauben und vom Herbst zu lernen, die<br />

Blätter fallen zu lassen, die der Wind<br />

sowieso von selbst verweht. Gleichzeitig<br />

wissen wir: Das Neue wächst. Die<br />

Dichterin Hilde Domin hat das einmal<br />

so ausgedrückt: „Es knospt unter den<br />

Blättern – das nennen sie Herbst.“


Schaut man auf die wirtschaftliche und<br />

gesellschaftliche Entwicklung unserer<br />

ländlich geprägten Region, könnte man<br />

meinen, dass sich vieles zum Schlechteren<br />

hin entwickelt. Gerade ältere<br />

Menschen reagieren enttäuscht, wenn<br />

sie mitbekommen, dass sich vieles<br />

anders entwickelt als erhofft und dass<br />

die jungen Leute oft nicht mehr in die<br />

Fußstapfen der Eltern treten können,<br />

selbst wenn sie es wollten. „Früher war<br />

vieles besser“, hört man gerade auf<br />

dem Land viele sagen. Natürlich führen<br />

nicht alle Entwicklungen tatsächlich<br />

zum Schlechteren, aber viele Menschen<br />

bei uns fühlen sich doch irgendwie<br />

„abgehängt“ und sehen angesichts<br />

mancher Widrigkeiten kein<br />

„Land“ mehr, stellenweise scheint alles<br />

auf eine Katastrophe hinauszulaufen.<br />

Die Bibel ist voll von Geschichten über<br />

Menschen, die schwierige Situationen<br />

zu meistern hatten. Ein Beispiel ist die<br />

Wüstenwanderung des Volkes Israel.<br />

Seine Schilderung könnte man als eine<br />

jahrelange Durststrecke bezeichnen,<br />

im wahrsten Sinn des Wortes, aber<br />

auch im übertragenen Sinn. Das Volk<br />

Israel ist auf dem Weg in das Gelobte<br />

Land, muss dabei aber erst einmal<br />

aufbrechen und sich auf den Weg<br />

durch die Wüste machen. Solche Wüstenmomente,<br />

da nichts Erfrischendes<br />

und Belebendes mehr zu finden ist,<br />

kennen wir alle, vielleicht kennt mancher<br />

von Ihnen solche Phasen auch in<br />

wirtschaftlicher Hinsicht.<br />

Der Prophet Jesaja, den wir in der Lesung<br />

gehört haben, vertraut darauf,<br />

dass solche Durststecken im Leben<br />

nicht das letzte Wort haben, sondern<br />

dass sie lediglich Durchgangsstationen<br />

sind zu neuem Leben. Er macht uns<br />

darauf aufmerksam, dass manchmal<br />

mitten in der Hoffnungslosigkeit etwas<br />

zum Vorschein kommt, dessen Tragweite<br />

man am Anfang oft noch gar<br />

nicht abschätzen kann. Obwohl<br />

manchmal alles nach Wüste aussieht,<br />

ist das Leben nicht ohne Hoffnungszeichen.<br />

Mitten in der Trauer über Verlorenes<br />

und Zurückgelassenes werden<br />

- 32 -<br />

Menschen ermutigt, nach Neuem Ausschau<br />

zu halten, nach einem neuen<br />

Lebensraum für die Zukunft.<br />

Ersetzen wir die Wüste des Jesaja<br />

durch den Herbst der Dichterin Hilde<br />

Domin. Herbst hat mit Abschied und<br />

Vergänglichkeit zu tun. Die noch farbenfrohe<br />

Pracht des Spätsommers<br />

wird todsicher den tristen Baumgerippen<br />

weichen. Aber was wir Menschen<br />

Herbst nennen, zeigt an der Stelle des<br />

Todes bereits Spuren von neuem Leben.<br />

An der Stelle, an der ein gefärbtes<br />

Blatt vom Baum fällt, wird bereits eine<br />

neue Knospe sichtbar. Mitten im Ende<br />

kommt ein neuer Anfang zum Vorschein.<br />

Eine solche Knospe könnte der<br />

heutige Tag für unsere Region sein.<br />

Wer das so von der Schöpfung sehen<br />

lernen möchte, wie wir eingangs gemeinsam<br />

gebetet haben, muss möglicherweise<br />

seinen bisherigen Standpunkt,<br />

seine Perspektive verändern,<br />

damit sich etwas in seinem Leben verändert.<br />

Bei Dreharbeiten für einen Film<br />

spricht man ja von verschiedenen Kameraeinstellungen.<br />

Auch im Leben gibt<br />

es unterschiedliche Einstellungen: Ich<br />

kann mich so oder so gegenüber einer<br />

Sache verhalten oder einstellen. Ich<br />

kann nach rückwärts blicken und jammern<br />

über Dinge, die ich vielleicht verloren<br />

oder nicht erreicht habe, oder ich<br />

kann versuchen, mit der neuen Situation<br />

leben zu lernen und nach vorne<br />

blicken. Es gibt eine Zeit für die Trauer<br />

über unwiederbringlich Verlorenes,<br />

aber wir können und müssen uns auch<br />

dafür entscheiden, unseren Weg weiterzugehen,<br />

auch wenn er zunächst<br />

eine Durststrecke sein sollte. Wenigstens<br />

bietet ein solches Sich-auf-den-<br />

Weg-machen die Chance, dass es tatsächlich<br />

anders kommen könnte, als<br />

vorauszusehen war – dass etwas<br />

Neues zum Vorschein kommt.<br />

Ich wünsche Ihnen eine solche Einstellung,<br />

die hinter dem fallenden Blatt die<br />

neue Knospe erkennen kann und sich<br />

darüber freut. Ich wünsche Ihnen, dass<br />

durch diesen Studientag Neues und<br />

Überraschendes in Ihr Leben tritt, Er-


kenntnisse, die Sie weiterbringen, und<br />

Fähigkeiten, die Sie in der Zukunft gut<br />

brauchen können. Ich wünsche Ihnen,<br />

dass es unter den Blättern des Bisherigen<br />

knospt und dabei neue Lebensperspektiven<br />

zum Vorschein kommen.<br />

Es knospt unter den Blättern – auch in<br />

der Fränkischen Schweiz.<br />

Amen.<br />

Biblisches Tischgebet aus dem Alten<br />

Testament (nach Ps 23)<br />

Lasst uns beten.<br />

Der Herr ist mein Hirte, nichts wird mir<br />

fehlen.<br />

Er lässt mich lagern auf grünen Auen<br />

und führt mich zum Ruheplatz am<br />

Wasser.<br />

Er stillt mein Verlangen; er leitet mich<br />

auf rechten Pfaden, treu seinem Namen.<br />

Er deckt mir den Tisch vor den Augen<br />

meiner Feinde.<br />

- 33 -<br />

Er salbt mein Haupt mit Öl, du füllst mir<br />

reichlich den Becher.<br />

Lauter Güte und Huld werden mir folgen<br />

mein Leben lang<br />

und im Haus des Herrn darf ich wohnen<br />

für lange Zeit.<br />

Herr, unser Gott, du bist der Hirt unseres<br />

Lebens und sorgst dich um uns.<br />

Wir danken für das Essen, das wir nun<br />

zu uns nehmen wollen. Es stärke unseren<br />

Leib. Halte in uns das Bewusstsein<br />

lebendig, dass wir zum Leben<br />

mehr brauchen als körperliche Nahrung:<br />

deine Barmherzigkeit und Liebe<br />

und die Gemeinschaft guter Menschen.<br />

Amen.<br />

(Es wurden Textbausteine aus verschiedenen<br />

Sonderheften der Reihe<br />

„Te Deum“ verwendet)<br />

„Die Fränkische Schweiz in der Metropolregion Nürnberg – ein Lebensraum mit Zukunft:<br />

Regionale Wirtschaftskreisläufe stärken“ KLVHS <strong>Feuerstein</strong> am<br />

Samstag, 31. Oktober 2009<br />

Jede Minute<br />

Kostbar der Herzschlag<br />

Jeder Minute<br />

Sie schenkt dir den Atem<br />

Erlaubt dir anzufangen<br />

aufs neue<br />

In deinem Augenstern<br />

Kreist die verwirrende Welt<br />

Ruht das Himmelsherz<br />

Jede Minute<br />

Rose Ausländer


„Die Kirche muss beweglich sein“<br />

Interview mit Dr. Ottmar John, Zentralstelle Pastoral der deutschen<br />

Bischofskonferenz<br />

Mit Gemeindeentwicklung befasste<br />

sich der dritte Teil der Paulusreihe, die<br />

die <strong>Katholische</strong> <strong>Landvolkshochschule</strong><br />

<strong>Feuerstein</strong> an mehreren Wochenenden<br />

gemeinsam mit dem <strong>Katholische</strong>n Bibelwerk<br />

veranstaltete. Dr. Ottmar John,<br />

Geschäftsführer der Pastoralkommission<br />

der Deutschen Bischofskonferenz,<br />

war diesmal der Hauptreferent. Nicht<br />

als Teil der Bischofskonferenz,<br />

sondern als Privatmann, wie John betont,<br />

sei er auf den <strong>Feuerstein</strong> gekommen.<br />

Als solcher stand er am Rande<br />

der Tagung dem Heinrichsblatt Rede<br />

und Antwort.<br />

Herr Dr. John, was verstehen Sie unter<br />

Gemeindeentwicklung?<br />

Dr. Ottmar John: Unter Gemeindeentwicklung<br />

ist einerseits ein Dienst<br />

der Diözesen für die Gemeinden zu<br />

verstehen. Wenn eine Gemeinde Unterstützung<br />

braucht, weil es beispielsweise<br />

Konflikte zwischen dem Pfarrer<br />

und dem Pfarrgemeinderat gibt, schickt<br />

das Referat für Gemeindeentwicklung<br />

einen seiner Mitarbeiter, die auf Abruf<br />

bereit stehen. Der Mitarbeiter ist dann<br />

eine Zeit lang in der betreffenden Gemeinde<br />

präsent, um bei der Klärung<br />

des Konflikts zu helfen. Seine Methode<br />

besteht in einer Mischung aus Management<br />

und Sozialpädagogik.<br />

Gemeindeentwicklung spielt aber auch<br />

eine Rolle in Zeiten der pastoralen<br />

Strukturveränderung, Neuordnung und<br />

Neuorientierung. Sie wird dann zum<br />

allgemeinen Begriff für die gegenwärtige<br />

Umbruchsituation in der Kirche.<br />

Derzeit entwickeln sich Gemeinden,<br />

indem sie größer werden, sich zusammenlegen,<br />

verschmelzen oder sich<br />

- 34 -<br />

voneinander abgrenzen. So entsteht<br />

ein neues Bild von Gemeinde und Kirche.<br />

Sehen Sie die Gefahr, dass bei der<br />

Umstrukturierung das Hauptgewicht<br />

auf Organisation, Bürokratie und Unternehmensführung<br />

gelegt wird und<br />

das eigentliche Anliegen von Kirche<br />

dahinter zurückfällt?<br />

Dr. Ottmar John: Dass sich das neue<br />

Gemeindebild auf bürokratische Organisationsfragen<br />

verkürzen könnte, ist<br />

die größte Sorge unserer Bischöfe.<br />

Denn Organisationsmodelle zur Ökonomisierung<br />

wie die Sinusmilieustudie,<br />

die aus der Konsumforschung stammt,<br />

können nicht eins zu eins auf die Kirche<br />

übertragen werden. Eine reine<br />

Orientierung an Angebot und Nachfrage<br />

führt zu einer Selbstsäkularisierung<br />

der Kirche. Die Kirche als Unternehmen,<br />

das sich Kundenwünschen<br />

anpasst, verliert ihren prophetischen<br />

Stachel.<br />

Die Bischöfe sind sich einig darin, dass<br />

die Vertiefung des Verständnisses<br />

dessen, was Kirche ist, am wichtigsten<br />

sein muss. Dabei geht es ihnen nicht<br />

um die Restaurierung alter Mächtigkeit,<br />

sondern um die Herausforderung, nach<br />

Sinn und Ursprung der Kirche zu fragen,<br />

ohne den es die Kirche nicht<br />

gäbe. Und dieser Sinn besteht in Jesus<br />

Christus. Es hat sich gezeigt, dass dieser<br />

Prozess der geistlichen Neuorientierung<br />

zwischen den Diözesen untereinander<br />

viel ähnlicher abläuft, als man<br />

vermutet hatte. Die Bischöfe sind sich<br />

in der theologischen Zielsetzung einig,<br />

dass die Kirche eine missionarische<br />

Kirche sein muss.


Welche Impulse kann der Apostel<br />

Paulus für die moderne Gemeindeentwicklung<br />

geben?<br />

Dr. Ottmar John: Gerade die Vertiefung<br />

der Kenntnisse der Briefe des<br />

Apostels Paulus kann an den Ursprung<br />

des Glaubens führen. Den Sinn von<br />

Kirche neu zu entdecken und zu formulieren<br />

ist in Zeiten des Umbruchs<br />

und der Verunsicherung umso wichtiger.<br />

Darin besteht eine große Chance.<br />

Aber man darf nicht leugnen, dass<br />

Paulus in einer anderen Zeit gelebt hat<br />

als wir heute und diese zeitliche Differenz<br />

nicht negieren.<br />

Der Apostel hat in der Frühphase der<br />

Kirche gelebt, als die Gemeinden gerade<br />

erste entstanden sind. Das hat<br />

uns etwas zu sagen, wenn es darum<br />

geht, dass Kirche laut des II. Vatikanischen<br />

Konzils einer dauernden Reformbedürftigkeit<br />

unterliegt, da sie das<br />

pilgernde Volk Gottes ist. Das ist ein<br />

sehr dynamisches Bild, und diese Dynamik<br />

gilt es, wiederzugewinnen, denn<br />

die Kirche muss sich ändern, um ihrem<br />

Auftrag treu zu bleiben. Wenn sie die<br />

alte bleiben will, muss sie immer wieder<br />

neu werden.<br />

Welche Aufgaben hat die neu strukturierte<br />

Kirche in der heutigen Gesellschaft?<br />

Dr. Ottmar John: Die Kirche muss in<br />

einer Gesellschaft, die in Bewegung<br />

geraten ist, aufbrechen, um den Menschen<br />

nahe zu sein. Sie muss selbst<br />

beweglich sein, aber nicht durch Anpassung,<br />

sondern durch ihre eigene,<br />

von Gott gestiftete Beweglichkeit. Bei<br />

dieser Beweglichkeit handelt es sich<br />

um ein Unterwegssein auf das Heil hin.<br />

Das Handeln der Christen und die Bewegung<br />

der Kirche haben eine klare<br />

- 35 -<br />

Zielrichtung im Gegensatz zu dem<br />

ziellosen Kreisen einer immer beweglicher<br />

gewordenen Gesellschaft. Und<br />

diese Zielrichtung der Kirche bewegt<br />

sich hin auf die Erwartung eines guten<br />

Endes der Geschichte durch Gottes<br />

befreiendes Gericht. Ein entscheidender<br />

Verkündigungsinhalt ist es daher,<br />

in die totale Beweglichkeit der Gesellschaft<br />

die Hoffnung auf ein gutes Ende<br />

der Zeit der Geschichte einzustiften.<br />

Welche konkreten Auswirkungen haben<br />

die Strukturreformen auf die Gemeinden?<br />

Dr. Ottmar John: Durch die Vergrößerung<br />

der pastoralen Räume werden<br />

größere Spannungen zwischen Zentrum<br />

und Peripherie erzeugt. Die Feier<br />

der Eucharistie ist Mitte und Höhepunkt<br />

im Leben der Christen. Darüber<br />

hinaus gehören Liturgie und Verkündigung<br />

zu den festen Bestandteilen einer<br />

Pfarrei. Eine größere innere Pluralität<br />

der Gemeinden kann als Chance verstanden<br />

werden. Es hängt jedoch alles<br />

davon ab, ob und wie diese Chance<br />

wahrgenommen wird.<br />

Wir sind das reichste Land, was die<br />

Vielfalt an kirchlichen Gemeinschaften<br />

betrifft. Die Caritas ist zum Beispiel<br />

eine mächtige Organisation mit<br />

550.000 haupt- und noch einmal so<br />

viele ehrenamtlichen Mitarbeitern. Wie<br />

kürzlich bei einem großen Kongress in<br />

Frankfurt thematisiert, stellt sie es sich<br />

zur Aufgabe, in die pastoralen Räume<br />

hinein zu wirken und damit auch zum<br />

Gelingen der Strukturform beizutragen.<br />

So hat sie Anteil daran, dass Kirche<br />

jetzt nicht den Rückzug antritt und zur<br />

Kontrastgesellschaft wird, sondern ihrer<br />

missionarischen Aufgabe nachkommt,<br />

in die Welt hinein Zeugnis zu<br />

geben.<br />

Aus Heinrichsblatt<br />

Nr. 23, 7. Juni 2009


Zwei Priesterpioniere der Landpastoral<br />

Johannes Grandinger (1869 – 1941)<br />

Johannes Tremel (1869 - 1935)<br />

Selbst guten Kennern der Bamberger<br />

Kirchengeschichte sind die Namen<br />

Johannes Grandinger und Johannes<br />

Tremel kaum bekannt. Auch in den<br />

Standardwerken zur Geschichte des<br />

Erzbistums sucht man sie vergebens.<br />

Dabei waren die beiden um die vorletzte<br />

Jahrhundertwende in aller Munde,<br />

denn als einzige Priester des Bamberger<br />

Klerus engagierten sie sich öffentlich<br />

für den politischen Liberalismus.<br />

Neben der gleichen politischen Einstellung<br />

verband die beiden auch eine<br />

Freundschaft und gemeinsame Seelsorgerjahre<br />

in der Fränkischen<br />

Schweiz.<br />

Johannes<br />

Grandinger<br />

wurde am<br />

27. März 1869 in<br />

Nürnberg<br />

geboren, wo<br />

sein Vater als<br />

Zugschaffner bei<br />

der Königlich<br />

Bayerischen<br />

Ostbahn Dienst<br />

tat. Ursprünglich<br />

stammte seine<br />

Familie jedoch aus Amberg in der<br />

Oberpfalz. Nach der Volksschule besuchte<br />

Grandinger zunächst in Nürnberg<br />

das Gymnasium. Seit 1884 war er<br />

Zögling des Erzbischöflichen Knabenseminars<br />

Ottonianum in Bamberg, wo<br />

er 1887 seine Schulausbildung mit<br />

dem Abitur abschloss. Anschließend<br />

trat Johannes Grandinger in das Bamberger<br />

Klerikalseminar ein, da er den<br />

Wunsch hatte, katholischer Priester zu<br />

werden. Im Sommer 1891 beendete<br />

Grandinger sein Studium der Theologie<br />

und Philosophie am Bamberger<br />

Lyzeum. Am 2. August 1891 wurde er<br />

- 36 -<br />

von Erzbischof Joseph von Schork<br />

(1829-1905) im Alter von nur 22 Jahren<br />

in der Kapelle des Bamberger<br />

Priesterseminars zum Priester geweiht.<br />

Erste Erfahrungen in der Seelsorge<br />

sammelte Grandinger als Kaplan in<br />

Pottenstein und in der Pfarrei St. Gangolf<br />

in Bamberg. Hier traten auch<br />

erstmals sein Interesse an der Politik<br />

und sein Rednertalent zutage: Grandinger<br />

sprach als „überzeugender<br />

Volksredner“ bei der Einführung des<br />

„Volksvereines für das katholische<br />

Deutschland“ und engagierte sich bei<br />

Reichs- und Landtagswahlen für das<br />

Zentrum, der Partei des politischen<br />

Katholizismus. Zusammen mit seinem<br />

Mitkaplan Friedrich Wachter (1866 -<br />

1935) begründete er im September<br />

1893 das „St. Heinrichsblatt“ als katholische<br />

Wochenschrift für das Erzbistum<br />

Bamberg.<br />

Auseinandersetzungen mit dem Erzbischöflichen<br />

Ordinariat wegen der Führung<br />

des St. Vinzenzvereins in der<br />

Pfarrei St. Gangolf führten dazu, dass<br />

Grandinger im Februar 1897 mit Elbersberg<br />

in der Fränkischen Schweiz<br />

seine erste Pfarrstelle übernahm. Dort<br />

entstand in „langen Winternächten“<br />

sein Lyrikband „Der Bergpfarrer“, in<br />

dem er sowohl die Naturschönheiten<br />

der Fränkischen Schweiz als auch deren<br />

Geschichte dem Leser näher<br />

brachte.<br />

Da ihn die Arbeit in der kleinen Landpfarrei<br />

Elbersberg nicht ausfüllte,<br />

übernahm Pfarrer Grandinger im Dezember<br />

1900 die Pfarrei Nordhalben<br />

im Frankenwald, einer am Ende des<br />

19. Jahrhunderts äußerst armseligen<br />

und strukturschwachen Gegend mit


sehr hoher Arbeitslosigkeit. Grandinger<br />

versuchte nicht nur, ein guter Seelsorger<br />

zu sein, sondern er bemühte sich<br />

auch, die unmittelbaren Lebensumstände<br />

seiner Pfarrkinder nachhaltig zu<br />

verbessern. Spätestens seit 1903 hatte<br />

Grandinger den Vorsitz des seit 1868<br />

bestehenden „Arbeiter-Beschäftigungs-<br />

Komitees“ in Nordhalben inne. Als solcher<br />

versuchte er, neue Arbeitsplätze<br />

in Nordhalben zu schaffen und bereits<br />

vorhandene zu sichern. So organisierte<br />

er Protestveranstaltungen gegen die<br />

Einführung von Reichszöllen auf importierte<br />

Tabake, die die Schließung<br />

der Nordhalbener Zigarrenfabrik zur<br />

Folge gehabt hätte. Darüber hinaus<br />

führte Grandinger die Spitzenklöppelei<br />

als völlig neuen Gewerbezweig ein, der<br />

insbesondere den Frauen eine neue<br />

Erwerbsquelle erschließen sollte. 1907<br />

wurde in Nordhalben die heute noch<br />

existierende Klöppelschule eröffnet.<br />

Angesichts des großen sozialen Engagements<br />

Grandingers in Nordhalben<br />

kann es nicht verwundern, dass die<br />

neu gegründete „Liberale Vereinigung<br />

Nordhalben und Umgebung“ anlässlich<br />

der bevorstehenden bayerischen Landtagswahl<br />

1907 ihren Pfarrer darum bat,<br />

als liberaler Kandidat für sie in den<br />

Wahlkampf zu ziehen. Als sich Grandinger<br />

tatsächlich für eine Kandidatur<br />

bereit erklärte, war die Sensation perfekt!<br />

Zwar engagierten sich um die vorletzte<br />

Jahrhundertwende zahlreiche<br />

katholische Priester in der Politik, aber<br />

nahezu ausnahmslos für das Zentrum.<br />

Seit den Tagen des Kulturkampfes mit<br />

seinen gravierenden Einschränkungen<br />

für die katholische Kirche standen sich<br />

politischer Katholizismus und Liberalismus<br />

unversöhnlich gegenüber. In<br />

den Augen vieler Katholiken war es<br />

daher undenkbar, dass sich ein gläubiger<br />

Katholik, geschweige denn ein katholischer<br />

Priester für die liberale Sa-<br />

- 37 -<br />

che engagieren könne. So hatte die<br />

Kandidatur Grandingers für die Liberale<br />

Vereinigung einen heftigen Schlagabtausch<br />

zwischen liberaler und katholischer<br />

Presse in ganz Süddeutschland<br />

zur Folge. Als Grandinger trotz des<br />

Presserummels seine Kandidatur aufrecht<br />

hielt, führte massiver Druck aus<br />

Zentrumskreisen dazu, dass der Bamberger<br />

Erzbischof Friedrich Philipp von<br />

Abert (1852 - 1912) Pfarrer Grandinger<br />

in einem offenen Brief zum Verzicht<br />

auf seine Kandidatur aufforderte. Jener<br />

lehnte ab und erklärte stattdessen, er<br />

wolle als Heimatkandidat des Frankenwaldes<br />

in den Landtag ziehen und<br />

der Liberalen Vereinigung lediglich als<br />

Hospitant beitreten. Die Auseinandersetzungen<br />

um Grandingers Kandidatur<br />

machten Nordhalben und seinen liberalen<br />

Pfarrer im Frühjahr 1907 zu einem<br />

beliebten Ausflugsziel.<br />

Unterstützung erhielt Johannes Grandinger<br />

in diesen Tagen lediglich von<br />

einem einzigen Mitbruder, nämlich Johannes<br />

Tremel. Er war neben Pfarrer<br />

Grandinger der einzige Priester aus<br />

dem Bamberger Diözesanklerus, der<br />

sich um die vorletzte Jahrhundertwende<br />

öffentlich zu seiner liberalen Gesinnung<br />

bekannte. Als Sohn einer Lehrerfamilie<br />

wurde er 1869 in Vorra bei<br />

Bamberg geboren. Seit 1879 besuchte<br />

er das erzbischöfliche Knabenseminar<br />

in Bamberg. 1884 kam Johannes<br />

Grandinger in seine Klasse. Die beiden<br />

kannten sich also von Kindesbeinen<br />

an. Aus Schulkameraden wurden bald<br />

Freunde. Nach seiner Priesterweihe<br />

1891 verbrachte Tremel Kaplansjahre<br />

in Buttenheim und Nürnberg, 1898<br />

übernahm er die Pfarrei Volsbach in<br />

der Fränkischen Schweiz. Zur gleichen<br />

Zeit war Grandinger in der nur wenige<br />

Kilometer entfernten Pfarrei Elbersberg<br />

als Seelsorger tätig.


Pfarrer Tremel<br />

war ein großer<br />

Freund der<br />

Fränkischen<br />

Schweiz. Er<br />

setzte sich<br />

intensiv mit<br />

Land, Leuten<br />

und<br />

Brauchtum<br />

auseinander.<br />

Ihm entgingen<br />

aber auch<br />

nicht das karge Leben der vielen<br />

Kleinhandwerker und die schwere Arbeit<br />

der Bauern auf den oft steinigen<br />

Äckern. Zwar war um die Jahrhundertwende<br />

der Reiz der Landschaft längst<br />

entdeckt, Muggendorf ein bekannter<br />

Kurort und Gößweinstein durch seine<br />

Wallfahrt und Balthasar-Neumann-<br />

Basilika berühmt, doch Tremel erkannte,<br />

dass im Bereich des Fremdenverkehrs<br />

noch Förderung Not tat. Um dem<br />

abzuhelfen gründete er am 29. September<br />

1901 in der Schüttersmühle bei<br />

Pottenstein den "Fränkischen-Schweiz-<br />

Verein". Seit 1905 war Tremel als freier<br />

Mitarbeiter der liberalen "Augsburger<br />

Abendzeitung" tätig. Als sich Grandinger<br />

1907 für den Landtag zur Wahl<br />

stellte, unterstützte Tremel dessen<br />

Kandidatur, indem er in Zeitungsartikeln<br />

der Zentrumspresse entgegentrat.<br />

Nachdem Grandinger die bayerische<br />

Landtagswahl vom 31. Mai 1907 in<br />

seinem Wahlkreis mit 59,2 % der<br />

Stimmen überlegen gewonnen hatte,<br />

zog erstmals ein katholischer Pfarrer –<br />

offiziell fraktionslos – für die Liberalen<br />

in den bayerischen Landtag ein. Dort<br />

brachte Grandinger hauptsächlich die<br />

Belange des Frankenwaldes zur Sprache:<br />

Er bemühte sich beispielsweise<br />

um finanzielle Zuwendungen für den<br />

Kurort Bad Steben wie auch um den<br />

Ausbau der Lokalbahn Hof – Marxgrün.<br />

Schwerpunkt seiner politischen<br />

Arbeit war jedoch das stetige Streben,<br />

die Arbeits- und Lebensbedingungen<br />

- 38 -<br />

der Holzarbeiter des Frankenwaldes zu<br />

verbessern. Hierfür hatte er 1907 sogar<br />

einen eigenen Berufsverband für<br />

Forstarbeiter ins Leben gerufen. Grandinger<br />

war also tatsächlich ein Heimatkandidat<br />

für den Frankenwald.<br />

Tremel hingegen, der wiederholt auch<br />

als Redner bei liberalen Veranstaltungen<br />

aufgetreten war, erhielt 1907 Redeverbot<br />

und wurde zwei Jahre später<br />

wegen seiner liberalen Gesinnung sogar<br />

von Erzbischof Friedrich Philipp<br />

von Abert vom Dienst suspendiert. Mit<br />

Unterstützung hoher Regierungskreise<br />

und letztendlich auch durch das Wohlwollen<br />

des bayerischen Prinzregenten<br />

Luitpold, die allesamt durch die Presse<br />

auf den "Fall Tremel" aufmerksam geworden<br />

waren, wechselte Tremel 1909<br />

in die Diözese Augsburg und übernahm<br />

die Pfarrei Raisting. Weit über<br />

die Grenzen seiner Pfarrei hinaus bekannt<br />

wurde Pfarrer Tremel durch die<br />

von ihm geförderte und letztlich auch<br />

von ihm durchgesetzte Ammerregulierung<br />

und Ammermoorentwässerung<br />

in den Jahren von 1919 bis 1925.<br />

Zeitweise arbeiteten auf dieser Baustelle<br />

bis zu 1000 Arbeiter gleichzeitig.<br />

Für seine Verdienste wurde Tremel<br />

zum Ehrenbürger von Raisting ernannt.<br />

Auch in Raisting blieb Tremel seiner<br />

liberalen Gesinnung treu. Er gewann<br />

rasch eine große Anzahl neuer Freunde,<br />

die zuallermeist dem liberalen Gedankengut<br />

sehr nahe, der konstitutionellen<br />

Monarchie hingegen bisweilen<br />

äußerst kritisch gegenüber standen. Es<br />

waren vor allem Maler, Schriftsteller<br />

und Architekten, mit denen sich Pfarrer<br />

Tremel freundschaftlich verbunden<br />

fühlte. Zu diesem Kreis, zählten in erster<br />

Linie die Mitarbeiter der Zeitschrift<br />

„Simplicissimus“. 1933 resignierte<br />

Tremel aus gesundheitlichen Gründen<br />

auf die Pfarrei Raisting. Er verstarb am<br />

3. April 1935 und wurde auf dem<br />

Friedhof von Raisting begraben. Im


Dorf erinnert neben seinem Grab heute<br />

noch ein Pfarrer-Tremel-Weg an diesen<br />

rührigen Seelsorger.<br />

Johannes Grandinger zog sich, als<br />

1911 der bayerische Landtag vorzeitig<br />

aufgelöst wurde, aus der Politik zurück<br />

und übernahm 1913 die Pfarrei Buttenheim.<br />

Dort widmete er sich in seiner<br />

freien Zeit vor allem historischen und<br />

heimatkundlichen Forschungen. 1926<br />

erschien sein Buch „Buttenheim – ein<br />

Heimatbuch“, in dem er auf der Basis<br />

der Chronik von Kaplan Johann Reul<br />

(1725 - 1779) seine Forschungen zur<br />

Geschichte, Kultur aber auch zur Flora<br />

und Fauna Buttenheims publizierte.<br />

Grandingers politischer Weitblick, seine<br />

Toleranz anderen Religionsgemeinschaften<br />

gegenüber und seine klare<br />

Ablehnung des aufkommenden Nationalsozialismus<br />

führten dazu, dass er<br />

frühzeitig zur Zielscheibe nationalsozialistischer<br />

Aktionen wurde. Bereits im<br />

Januar 1924 zündeten zwei Nazis eine<br />

Pulverladung vor der Haustür des Buttenheimer<br />

Pfarrhauses. Die Explosion<br />

war kilometerweit zu hören. Tags zuvor<br />

- 39 -<br />

war das Gebäude mit Kot beschmiert<br />

worden. Die Täter wurden vom Bamberger<br />

Amtsgericht zu einer Geldstrafe<br />

verurteilt.<br />

Mit großer Sorge beobachtete Grandinger<br />

Anfang der 1930er Jahre das<br />

Aufblühen des Nationalsozialismus<br />

nicht nur in Buttenheim. 1934 trat auch<br />

Pfarrer Grandinger als Seelsorger in<br />

den Ruhestand. Heute erinnert in Buttenheim<br />

noch eine Pfarrer-Grandinger-<br />

Straße an den langjährigen Seelsorger<br />

der Gemeinde.<br />

Seinen Lebensabend verbrachte Pfarrer<br />

Grandinger als Kommorant in der<br />

Pfarrei St. Gangolf in Bamberg, wo er<br />

einst als Kaplan gewirkt hatte. Dort<br />

verstarb er am 26. Oktober 1941 im<br />

Alter von 72 Jahren. Unter großer Anteilnahme<br />

der Bevölkerung wurde er im<br />

Priestergrab der Pfarrei St. Gangolf auf<br />

dem Bamberger Friedhof beigesetzt.<br />

Elmar Kerner wissenschaftlicher<br />

Mitarbeiter Diözesanarchiv<br />

Die Welt braucht Priester,<br />

Menschen, die darauf achten sollen, dass die Menschen nicht<br />

verdursten.<br />

Menschen, die sich Mühe geben, dann ein Wort zu sprechen,<br />

wenn alle Worte dieser Welt nutzlos sind.<br />

Dann einen Brunnen zu öffnen, wenn alle Ströme versiegen.<br />

Dann den Augen Glanz zu geben, wenn alle Sterne verlöschen.<br />

Menschen, die sich Mühe geben,<br />

das Wesentliche zu sehen und dem Wesentlichen zu dienen.<br />

C. Sonnenschein


„Es ist Zeit, von Gott zu reden“, so lautete<br />

vor einigen Jahren ein Buchtitel<br />

von Kardinal Lehmann. Das Thema,<br />

das Du, lieber Michael, Dir zur Lebensaufgabe<br />

gestellt hast, liegt sozusagen<br />

in unserer Zeit in der Luft. […]<br />

Wer sich heute für ein Leben mit der<br />

Kirche, noch dazu ausgerechnet im<br />

katholischen Priestertum entscheidet,<br />

der muss sich einige kritische Anfragen<br />

gefallen lassen. Recht witzig hat das<br />

vor einiger Zeit einmal ein Journalist im<br />

FAZ-Magazin ausgedrückt, als er über<br />

die Priester schrieb: „Es sind die Männer,<br />

die vom Wehrdienst freigestellt<br />

sind, Umgang mit dem anderen Geschlecht<br />

nicht haben sollen, in beamtenhaft<br />

gesicherter Existenz vor viel<br />

Alltagslast geschützt werden, von keinem<br />

bürgerlichen Beruf Ahnung haben:<br />

Diese Männer sind dazu berufen,<br />

ihren Mitmenschen in Lebensnot und<br />

Seelennot zu raten, beizustehen. Auf<br />

den Gedanken muss einer [erst einmal]<br />

kommen.“ 1 Ich möchte Ihnen heute<br />

darlegen, wieso es meines Erachtens<br />

trotzdem Sinn macht, auch im<br />

dritten Jahrtausend ein Priester des<br />

Herrn zu sein. Ich möchte das in Anlehnung<br />

an den Rottenburger Bischof<br />

Gebhard Fürst 2 anhand von vier<br />

Schritten tun: Erstens braucht es den<br />

Priester als Zeugen, dass das<br />

Menschsein einen Sinn hat; zweitens<br />

steht der Priester als Zeuge ein für Jesus<br />

Christus; drittens bezeugt er die<br />

Glaubwürdigkeit der Auferstehung und<br />

schließlich gibt er mit seinem Leben<br />

Zeugnis für Gott.<br />

I. Der Priester als Zeuge dafür, dass<br />

das Leben einen Sinn hat<br />

[…]Ich habe das bei meiner eigenen<br />

1 Zitiert nach Greshake, Priester sein, S. 14.<br />

2 Vgl. Fürst, Kraft des Hl. Geistes.<br />

Der Priester als Zeuge<br />

Aus einer Primzipredigt<br />

- 40 -<br />

Primiz vor drei Jahren mit einem Zitat<br />

von Carl Friedrich von Weizsäcker zum<br />

Ausdruck zu bringen versucht. Es lautet:<br />

„Eines möchte ich den Theologen<br />

unter ihnen sagen: Sie bewahren die<br />

einzige Wahrheit, die tiefer reicht als<br />

die Wahrheit der Wissenschaft, auf der<br />

das Atomzeitalter ruht. Sie bewahren<br />

ein Wissen vom Wesen des Menschen,<br />

das tiefer wurzelt als die Rationalität<br />

der Neuzeit. Der Augenblick<br />

kommt immer wieder unweigerlich, in<br />

dem man, wenn das Planen scheitert,<br />

nach dieser Wahrheit fragt und fragen<br />

wird.“ 3 Selbst Friedrich Nietzsche, der<br />

sicher nicht zu den Förderern des<br />

Christentums zählt, hat einmal geschrieben,<br />

es sei „die größte Idee des<br />

Christentums [...], dass der Mensch für<br />

etwas da ist, das den Menschen übersteigt,<br />

dass also der Mensch selbst<br />

einen Sinn hat.“ 4 In unserer heutigen<br />

Gesellschaft ist der Priester ein radikaler<br />

Gegenentwurf zum Leitbild, das<br />

offenbar zur Zeit am meisten Anhänger<br />

hat, nämlich dass es der Sinn des Lebens<br />

sei, möglichst viel für sich zusammen<br />

zu raffen, viel Spaß zu haben<br />

und dass es einen tieferen Sinn des<br />

Ganzen darüber hinaus nicht gebe<br />

bzw. dass schon allein die Frage danach<br />

nicht sinnvoll sei. Sollten auch die<br />

letzten Zeugen dieses Sinns, der den<br />

Menschen selbst übersteigt, in unserer<br />

Gesellschaft aussterben, dann würde<br />

diese über kurz oder lang ihre Menschlichkeit<br />

verlieren. Die Priester stehen<br />

als Zeugen dafür, dass der Mensch<br />

einen Sinn hat, und leisten damit einen<br />

wichtigen Dienst für eine humane Kultur<br />

– Du stehst als Zeuge dafür, Michael.<br />

3 Primizbild Norbert Jung 2001.<br />

4 Zitiert nach Fürst, Kraft des Hl. Geistes, S. 14.


II. Der Priester als Zeuge für Jesus,<br />

den Christus<br />

[…] Der Priester handelt nicht aufgrund<br />

eines Auftrags der Gemeinde oder wegen<br />

seiner selbst erworbenen Qualifikation,<br />

sondern er handelt im Namen<br />

und Auftrag dessen, der ihn gesandt<br />

hat und von dem es im Evangelium<br />

heißt, dass er unter uns war, „wie einer,<br />

der dient“ (Lk 22, 27). Nur die Übereinstimmung<br />

von Sendung durch<br />

Gott und der persönlichen Lebensweise<br />

bzw. -form entspricht dem Wesen<br />

der priesterlichen Existenz. Ich weiß,<br />

dass Du, Michael leidenschaftlich gern<br />

Musik machst, und davon verstehe ich<br />

noch weniger als von der Philosophie.<br />

Ich habe aber ein Zitat von Franz von<br />

Sales gefunden, das an dieser Stelle<br />

helfen kann, das Gemeinte zu verdeutlichen.<br />

Er sagt: „Zwischen dem geschriebenen<br />

Wort des Evangeliums<br />

und dem Leben der Heiligen ist kein<br />

anderer Unterschied als zwischen den<br />

Noten einer Musik und ihrer Aufführung.“<br />

5 Das heißt für uns Priester, dass<br />

es darauf ankommt, nicht nur Noten<br />

weiterzugeben, sondern vor allem<br />

auch selbst etwas davon zum Klingen<br />

zu bringen. Die Priester stehen als<br />

Zeugen für Christus und sein Evangelium,<br />

ja sie verkörpern in gewissem<br />

Sinn beides – Du stehst als Zeuge dafür,<br />

Michael.<br />

III. Der Priester als Zeuge der Auferstehung<br />

Das Evangelium, das Du Dir ausgesucht<br />

hast für den heutigen Tag, ist<br />

das Evangelium des Ostersonntags,<br />

die frohe Botschaft von der Auferstehung.<br />

In einer Gesellschaft wie der<br />

unsrigen, die sich immer mehr im<br />

Diesseits gleichsam verbarrikadiert,<br />

enthält diese uralte Geschichte eine<br />

ungeheure Sprengkraft. Das faszinierende<br />

am heutigen Evangelium ist,<br />

dass es sich um eine Geschichte für<br />

unsere Zeit handelt, denn es ist eine<br />

nachösterliche Geschichte, eine Ge-<br />

5 Zitiert nach Greshake, Priester sein, S. 289.<br />

schichte für Menschen, die die Auferstehung<br />

Jesu selbst nicht (mehr) erlebt<br />

haben. Maria aus Magdala findet darin<br />

von der hektischen Suche, die auch<br />

unsere Zeit kennzeichnet, zur zielgerichteten<br />

Verkündigung. […] Maria erlebt<br />

einen Prozess des Erkennens, der<br />

sich als ein „Innewerden“ beschreiben<br />

lässt, bei dem „der Erkennende durch<br />

das Erkannte in seiner ganzen Existenz<br />

bestimmt ist“ 6 , wie es der Altmeister<br />

der deutschsprachigen Bibelauslegung,<br />

Rudolf Bultmann, einmal ausgedrückt<br />

hat. Priester sind Menschen<br />

aller Zeiten, die sich ebenso wie Maria<br />

von Magdala vom Herrn beim Namen<br />

gerufen wissen, die den Auferstandenen<br />

als Herrn ihres Lebens erkannt<br />

haben und die ganz im bultmannschen<br />

Sinne durch das Erkannte in ihrer ganzen<br />

Existenz bestimmt sind. Sie sind<br />

berufen, so wie Maria zu verkünden:<br />

„Ich habe den Herrn gesehen!“ und<br />

auszurichten, was er ihnen gesagt hat.<br />

Schon Paulus brachte es in einer der<br />

Urkunden des Christentums, im ersten<br />

Korintherbrief, auf den Punkt: „Ist aber<br />

Christus nicht auferweckt worden,<br />

dann ist unsere Verkündigung leer und<br />

euer Glaube sinnlos.“ (1 Kor 15, 14).<br />

Man kann es drehen und wenden, wie<br />

man will: Im Glauben an die Auferstehung<br />

steht und fällt das Christentum,<br />

der Glaube an Jesus Christus, ja<br />

schließlich die Sinnfrage der Menschheit.<br />

Die Priester stehen somit als<br />

Zeugen dafür, dass es auch im Tod<br />

eine Hoffnung auf Leben gibt, und sie<br />

sind damit ein wichtiger Stachel im<br />

Fleisch diesseitiger Behaglichkeit – Du<br />

stehst als Zeuge dafür, Michael.<br />

IV. Der Priester als Zeuge für Gott<br />

In der Lesung, wird die Frage nach<br />

Gott gestellt, genauer gesagt: die Frage<br />

nach dem unbekannten Gott. Es ist<br />

Dir seit Jahren ein großes Anliegen,<br />

die Erfahrung der Gegenwart Gottes in<br />

Gebet und Meditation, die Du selbst<br />

6<br />

Zitiert nach Ruschmann, Maria von Magdala, S.<br />

32 (zur Exegese s. ebd., S. 30 – 32).<br />

- 41 -


als Verehrer des heiligen Ignatius und<br />

als Schüler der Jesuiten, speziell von<br />

Franz Jalics SJ, mit dem Jesusgebet<br />

gemacht hast, auch an andere Menschen<br />

weiter zu geben, z. B. durch<br />

Dein Gemeindeprojekt der Exerzitien<br />

im Alltag. Ein besonderes Anliegen ist<br />

Dir dabei der Kontakt mit der Jugend.<br />

Gott ist als der tragende Grund allen<br />

Seins und allen Lebens erfahrbar, davon<br />

bist Du überzeugt. Menschen, die<br />

etwas anderes wahrzunehmen glauben,<br />

sehen im Grunde nur vor lauter<br />

Wald die Bäume nicht. Durch diesen<br />

Blick auf Gott tritt man gleichzeitig in<br />

eine neue Beziehung zu allen Lebewesen<br />

und Dingen ein. Dabei bleibt die<br />

Erkenntnis wichtig, dass man weder<br />

die Gotteserfahrung noch die neue,<br />

daraus entstehende innere Verbindung<br />

zu allen Dingen selber machen oder<br />

herstellen kann. Sie sind ein Geschenk<br />

der Gnade Gottes. Diese kontemplative<br />

Lebenshaltung, die Dich auszeichnet,<br />

ist vielleicht das Wichtigste und<br />

Exklusivste, was gerade Du in den Klerus<br />

unserer Diözese einzubringen<br />

vermagst. An diesem Punkt ergibt sich<br />

wohl der wichtigste Grund dafür, auch<br />

heute noch Priester zu sein: Denn ein<br />

Dank an Stefan Alexander<br />

- 42 -<br />

Priester verweist durch seine bloße<br />

Existenz und durch sein Leben aus<br />

Gott hin auf die Existenz Gottes. Ein<br />

Priester muss so leben, dass sein Leben<br />

völlig absurd wäre, wenn es Gott<br />

nicht gäbe. Sören Kierkegaard drückte<br />

es einmal so aus: „Wer sich nicht mit<br />

der Art der absoluten Ergebung mit<br />

Gott einlässt, lässt sich überhaupt nicht<br />

mit ihm ein. Im Verhältnis zu Gott kann<br />

man sich nicht bis zu einem gewissen<br />

Grad einlassen, denn Gott ist gerade<br />

der Gegensatz von all dem, was in einem<br />

gewissen Grad besteht.“ 7 Priester<br />

stehen mit ihrer Existenz als Zeugen<br />

für die Existenz Gottes, und sie leisten<br />

damit einen überaus wichtigen Dienst<br />

für die Welt, die sonst ihren letzten<br />

Grund nicht kennen würde, ihren letzten<br />

Grund, in dem wir leben, uns bewegen,<br />

und sind. - Du stehst als Zeuge<br />

dafür, Michael. Amen.<br />

Die Gedanken von Dr. Norbert Jung sind der<br />

Primzipredigt für seinen Freund Michael<br />

Pflaum, der am 04. Juli 2004 seine Primiz hatte,<br />

entnommen.<br />

7 Zitiert nach Greshake, Priester sein, S. 288.<br />

Lieber Stefan,<br />

obwohl offiziell gar nicht mit der Seelsorge<br />

bei uns beauftragt, warst Du für<br />

uns da. Über die beeindruckende Sonntagseucharistie<br />

hinaus, zu der Ehemalige<br />

regelmäßig kommen, hat Dein Leben<br />

am <strong>Feuerstein</strong> viele zusätzliche Begegnungen<br />

und Kontakte ermöglicht. Dazu<br />

zählen die Gruppengottesdienste im<br />

Meditationsraum bei Kursen; die Besinnungstage<br />

bei PULS, die ökumenischen<br />

Nachmittage der Landwirtschaftsschulen,<br />

die abendlichen Begegnungen in<br />

der Plauderstube, die Seelsorggespräche<br />

mit Rat suchenden Gästen. Als<br />

Priester gibst Du Zeugnis für eine jung<br />

gebliebene Kirche, der der frische Wind<br />

lieber ist als die abgestandene Luft.<br />

hn


Das Ehemaligentreffen am 29. und 30. November 2008<br />

(1. Adventswochenende)<br />

Amerika fasziniert am Samstagabend<br />

Die Reihen füllen sich am Sonntag<br />

- 43 -<br />

Generalvikar Georg Kestel<br />

bei seinem Vortrag


Unsere Jüngsten mit der Vorsitzenden Susanne Schmidt<br />

Sie waren 1953, vor 55 Jahren schon am <strong>Feuerstein</strong>.<br />

Dritter von rechts, Kursbürgermeister Heinrich Stöcklein<br />

Vor 50 Jahren am <strong>Feuerstein</strong> – und jung geblieben<br />

- 44 -


Viel gibt es zu erzählen beim gemütlichen Beisammensein<br />

Die 40-jährigen<br />

- 45 -


Die 30-jährigen<br />

Vor 20 Jahren waren sie am <strong>Feuerstein</strong><br />

- 46 -<br />

25 Jahre sind es her


Auch sie genießen den <strong>Feuerstein</strong><br />

Links Andreas Kögel (Hauptkurs 1966) Vizelandrat Landkreis Nürnberger Land<br />

Der Abschied naht<br />

- 47 -


Als Haupt-Risikofaktoren für die Erkrankung<br />

an Bluthockdruck gelten:<br />

� familiäre Belastung<br />

� Übergewicht<br />

� falsche Ernährung (Salz, Fett)<br />

� Bewegungsmangel<br />

� Stress<br />

� Suchtmittel (Nikotin, Alkohol).<br />

Bewegungsaktivitäten können<br />

� direkt, positiv auf den Bluthockdruck<br />

� indirekt, zusätzlich positiv über die<br />

Reduktion von Übergewicht und den<br />

Abbau von Stress wirken.<br />

Das Gesundheits-Dreieck betont dabei<br />

gesunde Wirkungsimpulse über<br />

� die Bewegung<br />

� die Ernährung und<br />

� die Entspannung.<br />

Als Therapie- und Präventions-Ansatz<br />

gelten bei Bluthockdruck moderate<br />

Ausdauer-Bewegungsformen wie z. B.<br />

Walken, Radfahren, sanftes Schwimmen.<br />

Von Kraft-Sportarten ist abzuraten.<br />

Ein wirkungsvolles Bewegungstraining<br />

kann die Blutdruckwerte um<br />

� bis zu 15 Einheiten mmHg beim oberen<br />

Wert<br />

� 5 – 10 Einheiten mmHg beim unteren<br />

Wert absenken.<br />

Somit kann Bewegung als Therapie-<br />

Maßnahme helfen, bei Blutdruck-<br />

Grenzwerten Medikamente zu vermeiden<br />

oder bei medikamentöser Therapie die<br />

Dosierung herabzusetzen bzw. zu begrenzen.<br />

Empfehlungen zum richtigen Tun bei<br />

der Bewegung:<br />

� Immer Absprache mit dem behandelnden<br />

Arzt.<br />

� Sport ist bei milder und mittlerer Hypertonie<br />

(bis max. 180 oberer Wert /<br />

max. 110 unterer Wert) noch möglich.<br />

� Sanfte, gleichmäßige Bewegungsformen<br />

wie Wandern, Walken, Radfahren,<br />

Schwimmen wählen und sich dabei<br />

nur moderat beanspruchen.<br />

Bluthochdruck und Bewegung<br />

Michael Cipura, Lauftherapeut (DLZ)<br />

- 48 -<br />

� Vorsichtig mit einer persönlich neuen<br />

Bewegungsform beginnen.<br />

� Bereits ein täglicher Spaziergang von<br />

15-20 Minuten Dauer bringt erste positive<br />

Effekte auf den Blutdruck.<br />

Empfehlungen zur Häufigkeit und Dauer<br />

von moderater Bewegung:<br />

� Ausdauerformen erreichen bei einer<br />

Dauer von 30 bis 45 Minuten ohne Unterbrechung<br />

bereits die optimale Wirkung,<br />

sie können aber gerne auch<br />

ausgedehnt werden.<br />

� Bei einem empfohlenen Wochenumfang<br />

von ca. 2-3 Stunden ausdauernder<br />

Bewegung ergibt sich eine Häufigkeit<br />

von 3-4mal pro Woche aktiv sein.<br />

� Diese Regelmäßigkeit, sich etwa jeden<br />

zweiten bis dritten Tag ausdauernd zu<br />

bewegen, ist auch aufgrund der dadurch<br />

steigenden körperlichen Leistungsfähigkeit<br />

sehr wirkungsvoll.<br />

� Bei Bewegungen wie Spazierengehen,<br />

Wandern, Walken (mit oder ohne Stöcke)<br />

und sanftem Jogging ist eine Anzahl<br />

an Schritten von 100 pro Minute<br />

das empfohlene Mindestmaß, dies<br />

kann bereits bei normalem Gehen erreicht<br />

werden.<br />

Zusammenfassend als Tipp:<br />

„Mäßig, aber regelmäßig bewegen.“<br />

Und abschließend Motivationsempfehlungen,<br />

um Bewegung zu einer gesunden<br />

Gewohnheit werden zu lassen:<br />

� Suchen Sie sich eine Bewegungsform,<br />

die Ihnen Spaß und Freude bereitet.<br />

� Nutzen Sie auch die Motivation einer<br />

Gruppe bzw. sozialen Gemeinschaften,<br />

wenn Ihnen das Aktiv sein in der<br />

Gruppe gefällt.<br />

� Gegebenenfalls kann auch ein Hund<br />

ein sehr guter Begleiter sein.<br />

� Stecken Sie sich durchaus eigene Gesundheitsziele,<br />

also z. B. eine größere<br />

Ausdauer bei Wanderungen oder Radtouren,<br />

bessere Bluthochdruck- und<br />

Blutwerte, eine Gewichtsreduktion<br />

� oder eine größere Ausgeglichenheit in<br />

Stress-Situationen.<br />

Michael Cipura


60 Jahre Grundgesetz – 20 Jahre Mauerfall<br />

Großeltern-Enkelkind-Woche 2009<br />

MdL Nöth steht Rede und Antwort<br />

Herr<br />

Trommer<br />

hat von<br />

seinen<br />

leidvollen<br />

Erfahrungen<br />

als Stasihäftling<br />

berichtet<br />

Die Wappen der Heimatgemeinden be-<br />

leben den weiß-blauen Freistaat<br />

7. bis 11. September 2009<br />

Aufmerksame Zuhörer bei Bürgermeister Dr.<br />

Hermann Ulm in Kunreuth<br />

- 49 -<br />

Die Praktikantin fragt interessiert nach<br />

Auch das Vergnügen gehört dazu


Abschlusslied der Großeltern<br />

1. Strophe:<br />

Bei Sonnen- und bei Mondenschein<br />

Ha’m wir das Land erkundet,<br />

Wohlauf die Luft geht frisch und rein, die Kinder fanden’s wundervoll,<br />

wer lange sitzt muss rosten. der Rucksack hat’s ermuntert.<br />

Hier oben auf dem <strong>Feuerstein</strong>, Valeri, valera, valeri, valera,<br />

da war der Bär am tanzen.<br />

Mit Enkel und mit Sack und Pack<br />

Sind wir hier angekommen<br />

der Rucksack hat’s ermuntert.<br />

Und hatten wieder sehr viel Spaß<br />

Mit unsern Enkelkindern.<br />

3. Strophe:<br />

Valeri, valera, valeri, valera, Das Essen war ganz wunderbar,<br />

mit unsern Enkelkindern. Ob morgens, mittags, abends.<br />

Für unsere liebe Enkelschar<br />

War’n die Betreuer spitze.<br />

2. Strophe:<br />

Wenn wir dann morgen gehen heim<br />

Wir danken gern den <strong>Feuerstein</strong>.<br />

So haben wir uns vorgestellt, Schon jetzt schaun wir auf`s nächste Jahr,<br />

mit Tieren Volk und Wappen. dann sind wir wieder da.<br />

Das Thema war sehr interessant, Valeri, valera, valeri, valera,<br />

dass war auch zu erwarten. dann sind wir wieder da.<br />

- 50 -


Gerda<br />

Poiger<br />

10. <strong>Feuerstein</strong>e Kunstwoche<br />

14. bis 19.September 2009 – wir feiern Jubiläum<br />

Die Kursleitung<br />

Die Finissage<br />

- 51 -<br />

Johannes<br />

Friedrich


Immer wieder tauchen Kinder oder Bekannte<br />

von ehemaligen Hauptkurslern<br />

in unserem neuen PULS-Kurs auf. Die<br />

Mundpropaganda ehemaliger Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer kann<br />

nicht hoch genug eingeschätzt werden.<br />

Wenn sich auch vieles inhaltlich und<br />

personell verändert hat, geblieben sind<br />

die wertvollen Erfahrungen, welche die<br />

jungen Leute in den Tagen am <strong>Feuerstein</strong><br />

machen dürfen. Geblieben sind<br />

auch die Erfahrungen in der Gruppengemeinschaft,<br />

die durch den intensiven<br />

Austausch untereinander persönliche<br />

Beziehungen wachsen lassen.<br />

Ich kann Euch als Ehemalige daher<br />

nur ermuntern, junge Menschen auf<br />

den Kurs anzusprechen. Gerade in der<br />

heutigen Zeit einer zunehmenden Orientierungslosigkeit<br />

ist es wichtig, dass<br />

christliche Werte vermittelt werden, um<br />

jungen Menschen Halt in ihrem Alltag<br />

zu geben.<br />

Helfen Sie mit, dass wir auch 2010<br />

wieder einen PULS-Kurs am <strong>Feuerstein</strong><br />

beginnen können.<br />

Interessenten dürfen sich gerne persönlich<br />

an mich wenden. Über ein Telefonat<br />

oder auch ein Gespräch vor Ort<br />

PULS 2010<br />

- 52 -<br />

lassen sich viele Bedenken im Vorfeld<br />

ausräumen.<br />

Weihnachtsgeschenk: Sie können<br />

den Kurs auch verschenken. Geschenkgutscheine<br />

kriegen Sie bei uns.<br />

Kontakt:<br />

Klaus Schwaab<br />

www.puls-fuehlen.de; schwaab@klvhsfeuerstein.de;<br />

Tel. 09194 7363-0<br />

P.S. Falls einer einen Freund/<br />

Freundin/Schwester/Bruder wirbt,<br />

der teilnimmt, erhält dieser von uns<br />

eine Flasche Charlemagner. Dies<br />

ist ein edler fränkischer Apfelsekt.<br />

Er steht für ein fränkisches Original<br />

mit eigenem Profil und<br />

Charakter. Als Höhepunkt<br />

verlosen wir unter den erfolgreich<br />

Werbenden außerdem ein Wochenende<br />

im Wert von 200 €.


Hallo liebe Brückeleserinnen und -leser!<br />

Neues Gesicht am <strong>Feuerstein</strong><br />

Ich bin Benedikta Spitznagel und 28 Jahre alt. Im<br />

Frühjahr 2009 habe ich mein Studium der Kath.<br />

Theologie (Dipl.) an der Albert-Ludwigs-Universität in<br />

Freiburg abgeschlossen und mache seit September<br />

2009 ein Praktikum hier an der KLVHS <strong>Feuerstein</strong>.<br />

Ursprünglich komme ich aus Hohentengen a. H., einem<br />

kleinen Dorf an der schweizer Grenze, wo man wie hier<br />

seinen eigenen Dialekt spricht. Trotz der weiten<br />

Entfernung zu meiner lieben Heimat, gefällt es mir hier,<br />

sowohl in der Fränkischen Schweiz, als auch in der<br />

KLVHS, wo man mich sehr herzlich und offen<br />

aufgenommen hat, sehr gut. Neben diversen<br />

interessanten Tätigkeiten habe ich auch einen Einblick<br />

in die weite Landschaft bayerischer Dialekte erhalten,<br />

die hier unter dem Dach der KLVHS versammelt sind<br />

(mittlerweile verstehe ich gut 20% des Oberpfälzischen...).<br />

Der Umgang mit Menschen verschiedenen Alters aus den unterschiedlichsten Lebensbereichen,<br />

die Vielfalt der Themen und auch das pädagogische Tätigsein bereiten mir<br />

außerordentlich viel Freude! Ich freue mich auf viele weitere interessante Erfahrungen<br />

und Begegnungen an der KLVHS!<br />

Reisesegen<br />

Sei die Zierde des Geschlechts,<br />

blicke weder links noch rechts.<br />

Schaue von den Gegenständen<br />

In dein Innerstes zurück.<br />

Sicher traue deinen Händen.<br />

Eignes förd’re, Freundes Glück.<br />

J. W. Goethe, gewidmet C. V. Eggloffstein<br />

- 53 -


Liebe Frau Götz,<br />

sehr geehrter Herr Vorsitzender,<br />

liebe Mitarbeiterinnen,<br />

lieber Mitarbeiter,<br />

25 Jahre tun Sie Dienst an der KLVHS-<br />

<strong>Feuerstein</strong>, dürfen wir heute feiern, Sie<br />

stehen im Mittelpunkt des Tages.<br />

25 Jahre sind ein Grund inne zu halten.<br />

Dabei haben Sie bereits am 01.03.82 den<br />

Dienst begonnen und 90/91 auf eigenen<br />

Wunsch der Familie zuliebe unterbrochen,<br />

in der damaligen Zeit haben Sie Erziehungsurlaub<br />

auf eigenem Risiko eingelegt.<br />

Die gesetzliche Arbeitsplatzgarantie hat es<br />

noch nicht gegeben.<br />

25 Jahre Hausreinigung:<br />

Bei jährlich 9.000 Übernachtungen haben<br />

Sie ca. 30.000mal Betten bezogen. Also<br />

jedem Einwohner der Stadt Forchheim<br />

1mal das Bett gemacht.<br />

Dazu kommt Reinigung der Zimmer,<br />

Gänge, Lehrsäle, Fenster, Fliesen, Nasszellen.<br />

Sie haben gering gerechnet einmal<br />

die innere Fränkische Schweiz „durchgereinigt“.<br />

Protzige Zahlen hören sich gut an, aber<br />

sie sind das Ergebnis von täglich gewissenhaft<br />

geleisteter Kleinarbeit; - oft<br />

schweißtreibend und immer lastentragend!<br />

Die Kleinarbeit des Alltags: dazu gehören<br />

die Einsätze am Wochenende und unter<br />

der Woche die Bereitschaft zu flexiblen<br />

Arbeitszeiten;<br />

Frau Götz für Sie war das über die Jahre<br />

keine Frage. Dabei haben Sie noch anderes<br />

geschultert: zwei Kinder großgezogen,<br />

die Schwiegermutter versorgt.<br />

Ein schwerer Schicksalsschlag war der<br />

Tod ihres Mannes.<br />

Bei allem haben Sie sich selbst nie aufgegeben<br />

und immer nach vorne geschaut.<br />

Erwähnen will ich und als hilfreich erlebe<br />

ich euren Zusammenhalt im Team.<br />

Dienstjubiläum Anna Götz<br />

- 54 -<br />

Anna Götz mit Schulleiter Heiner Neuner<br />

Wenn im Personal von „der Anna“ die<br />

Rede ist, dann schwingt da ganz viel<br />

Sympathie mit. „Die Anna“ steht für eine<br />

freundliche, gewissenhafte und ganz und<br />

gar unkomplizierte Person.<br />

Ein Bildungshaus, erst recht ein kirchliches,<br />

ist einladend, gastfreundlich und<br />

attraktiv durch das Zusammenspiel seines<br />

Personals. Alle Bereiche sind da gleich<br />

wichtig. Sie tragen zu diesem unbezahlbaren<br />

Mehrwert, der die Bildungsstätte attraktiv<br />

macht, bei. Die Seminare mögen<br />

inhaltlich noch so gut sein, wenn es im<br />

Haus an Hygiene und Sauberkeit mangelt,<br />

die Unterkünfte verkommen, kann man<br />

alles andere vergessen.<br />

Frau Götz, Ihnen danke ich für den 25jährigen<br />

Dienst herzlich.<br />

Bleiben Sie der <strong>Landvolkshochschule</strong><br />

noch über viele Jahre erhalten.<br />

Überreichen darf ich Ihnen die Ehrenurkunde<br />

des Freistaates Bayern sowie ein<br />

Schreiben des stellvertretenden Generalvikars.<br />

hn


Lieber Herr Teufel, liebe Frau Teufel,<br />

liebe Mitarbeiterinnen,<br />

lieber Mitarbeiter,<br />

auf 60 Lebensjahre dürfen Sie Ende<br />

Februar schauen.<br />

60 Jahre, davon sind 31 Jahre kirchlicher<br />

Dienst.<br />

Jahre des Aufbaus – auch in der Familie,<br />

aber oft zu Lasten der Familie. Die<br />

Schließung vom Ferienzentrum mit<br />

vielen Ungewissheiten, der Einstieg<br />

am <strong>Feuerstein</strong>, das sind dürftige<br />

Stichworte aus diesen reichen beruflichen<br />

Zeiten.<br />

Ihr Einstieg bei uns am <strong>Feuerstein</strong> war<br />

und ist für die KLVHS ein Glücksfall.<br />

Ehrlich gesagt, hatte ich ja Bedenken,<br />

ob sie das Ferienzentrum nach dem für<br />

die Mitarbeiter überraschenden und<br />

nach nahezu dreißigjähriger Betriebszugehörigkeit<br />

auch schmerzlichen<br />

Schließungsbeschluss loslassen können.<br />

Heute, nachdem ich Sie erlebt habe,<br />

kann ich sagen, Sie, Herr Teufel sind<br />

ein Mensch, der Los-Lassen kann und<br />

offen für Neues ist. Vielleicht sogar<br />

mehr als Ihnen bewusst ist.<br />

Sie sind naturverbunden, gewissenhaft<br />

und eigeninitiativ. Der Gärtner in Ihnen<br />

ist spürbar.<br />

Sie „sehen, wo es fehlt“<br />

Dabei sind Sie immer kollegial und<br />

Hausmeister Erich Teufel<br />

- 55 -<br />

freundlich. „Ein mürrischer Erich ist<br />

nicht vorstellbar“.<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

Wir wünschen<br />

Ihnen gute<br />

Jahre in<br />

Gesundheit<br />

mit Ihrer Frau,<br />

Ihren Kindern<br />

– und uns.<br />

Es spricht für Sie – und vielleicht auch<br />

ein bisschen für uns, dass Sie der<br />

KLVHS auch in Zukunft als Hausmeister<br />

in Teilzeitbeschäftigung die<br />

Treue halten.<br />

Zur Stärkung und als kleines Dankeschön<br />

haben wir für Sie einen guten<br />

Tropfen, zum Gut-Gehen und zum Um-<br />

Sehen einen Gutschein für den<br />

Aufenthalt in einem Bildungshaus und<br />

für Sie, Frau Teufel, einen Blumenstrauß.<br />

Herzlichen Glückwunsch an dieser<br />

Stelle auch an Gunda Dötzer und Kuni<br />

Donius, zum 70.ten Geburtstag. Beide<br />

waren in der Hausreinigung tätig. hn<br />

Herzlichen Glückwunsch zum 60.ten<br />

Geburtstag an Elisabeth Hoke. Wir<br />

hoffen, es gefällt Ihnen bei uns noch<br />

lange.<br />

hn


D<br />

aher wird das Kind in der Krippe so wichtig, zusammen<br />

mit der Niedrigkeit aller Umstände im<br />

abseitig engen Stall.<br />

Das Unerwartete, den Erlöser als hilfloses Kind zu<br />

finden, teilt sich der christlichen Liebe dauernd mit,<br />

am sichersten franziskanisch; sie sieht das Hilflose<br />

als bedeutend, das von der Welt Weggeworfene als<br />

berufen.<br />

Dafür steht allemal die Anbetung des Kindes im<br />

Gemüt und die Suche nach dem Eckstein, den die<br />

Bauleute verworfen haben; die Andacht zum Unscheinbaren<br />

leitet letzthin die Bewegungsumkehr<br />

dieser Liebe und ihres Aufmerkens, Einschlagens,<br />

Umschlag-Erwartens in den Nebenpunkten, Stillepunkten,<br />

Anti-Größen der Welt…<br />

Jesus ist genau gegen die Herrenmacht das Zeichen,<br />

das widerspricht, und genau diesem Zeichen<br />

wurde von der Welt mit dem Galgen widersprochen:<br />

das Kreuz ist die Antwort der Welt auf die christliche<br />

Liebe.<br />

Ernst Bloch<br />

- 56 -


Ein<br />

gesegnetes<br />

Weihnachten<br />

und ein<br />

friedvolles<br />

und<br />

glückliches<br />

Neues Jahr<br />

2010<br />

Das Bild ist dem Buch „Weihnachtgrüße an Freunde“ von Heinrich Schreiber entnommen.<br />

- 57 -


Zu guter Letzt<br />

TALENTIERT SPRECHEN UND REDEN<br />

Redetraining und Stimmbildung<br />

Das Rede- und Gesprächsführungstraining am Anfang des Jahres ist für alle Interessierten<br />

geeignet, die das souveräne Auftreten und Treffen des richtigen Tones einüben möchten.<br />

Ausprobiert wird, wie ich eine Rede gut und richtig halte, bei einem Statement<br />

punkte, mit einem Kurzbeitrag beeindrucke und unfaire Angriffe<br />

erfolgreich abwehre. Das Seminar bietet die Chance,<br />

den persönlichen Redestil zu stärken.<br />

Dazu gehört ein Selbstlernprogramm für eine konsequente<br />

Atem- und Stimmbildung.<br />

Leitung: Hans-Peter Kaulen, Heiner Neuner<br />

Zeit: Freitag, 12. Februar 2010, 15:00 Uhr bis<br />

Sonntag, 14. Februar 2010, ca. 13:00 Uhr<br />

Kosten: 150 € je Person<br />

Anmeldung: schriftlich erbeten bis 29.01.2010 bei der<br />

Kath. <strong>Landvolkshochschule</strong> <strong>Feuerstein</strong><br />

<strong>91320</strong> <strong>Ebermannstadt</strong><br />

Tel. 09194 73630, Fax 09191 736325<br />

E-Mail: zentrale@klvhs-feuerstein.de<br />

� Bildungswoche für Landfrauen<br />

Die Überbelastung und die Überbeanspruchung<br />

von Landfrauen werden auch in der Öffentlichkeit<br />

wahrgenommen. Familie, Haushalt und Mitarbeit<br />

am Betrieb unter einen Hut zu bekommen, ist für<br />

Landfrauen selbstverständlich. Ohne viel Aufhebens<br />

und oft unter geringer sozialer Anerkennung<br />

erbringen sie Leistungen, die im sogenannten<br />

Erwerbsleben als Schlüsselqualifikationen<br />

bezeichnet und teuer bezahlt werden.<br />

Vorrangiges Ziel der Bildungswochen ist es daher, in Fragen der<br />

Hauswirtschaft und der gesunden Ernährung qualifizierte Anregungen für den Alltag<br />

zu geben und Möglichkeiten zum Entspannen und Auftanken aufzuzeigen. Die seit<br />

Jahren hilfreiche Konzentration auf einen Bereich geschieht auch 2009 unter einer<br />

hauswirtschaftlichen Fragestellung. Die Tage umfassen praktische Ratschläge zur<br />

preisgünstigen Ausstattung und optimalen Einrichtung, die dem gesunden Ernährungs-<br />

und Essbedürfnis gerecht wird, ebenso wie die nach einer rationellen<br />

Haushaltsführung. Tipps werden gegeben, sich Erholung und Ruhe zu verschaffen.<br />

Zum Programm gehören eine eintägige themenbezogene Fachexkursion und die<br />

Zeiten des gemütlichen Beisammenseins.<br />

- 58 -


Leitung: Heiner Neuner<br />

Zeit: Montag, 01. März 2010, 15:00 Uhr bis<br />

Freitag, 05. März 2010, ca. 13:00 Uhr<br />

Kosten: 145 € je Person (ohne Zuschlag für EZ mit Nasszelle)<br />

� Einige Termine für interessierte Bäuerinnen<br />

10. März 2010 Bäuerinnenwohlfühltag “Hände“<br />

Heute wollen wir es besonders unseren Händen gut<br />

gehen lassen<br />

17. März 2010 Kübel- und Grabbepflanzung<br />

Zeit: 09:00 bis 16:00 Uhr<br />

Leitung: Mathilde Dotterweich<br />

Kosten: 20 €<br />

� Die Regionen in der Metropolregion - Dritte Folgeveranstaltung<br />

Der Begriff Metropolregion steht für die Einheit von Stadt und Land. Metropole und<br />

Region sind aufeinander angewiesen und profitieren gegenseitig von ihren Vorzügen<br />

und Stärken.<br />

Die Fränkische Schweiz zählt mit ihrem einheitlichen unverkennbaren Landschaftsbild<br />

zu den attraktivsten Regionen Deutschlands.<br />

Die Tagung wird wieder konkrete Bereiche aufgreifen.<br />

Langfristig wird eine optimale Vernetzung und die Weiterentwicklung zu einer<br />

ökologischen Beispielregion angestrebt.<br />

Zeit: Samstag, 27. März 2010, 09:30 bis 17:00 Uhr<br />

Leitung: Dr. Hermann Ulm<br />

Heiner Neuner, MBA<br />

Dr. Jörg Hahn<br />

Ingrid Saal<br />

Kosten: 20 €<br />

- 59 -


Postkarte an junge Menschen<br />

Gebt nicht nach,<br />

wie wir getan haben.<br />

Folgt den Verlockungen nicht,<br />

denkt nach, verweigert, lehnt ab.<br />

Denkt nach, eh ihr Ja sagt,<br />

glaubt nicht sofort,<br />

glaubt auch dem Einleuchtenden nicht.<br />

gl Glauben schläfert ein und ihr sollt wach sein.<br />

Fangt mit einem weißen Blatt an,<br />

schreibt selber die ersten Worte,<br />

lasst euch nichts vorschreiben.<br />

Hört gut zu, hört lange zu, aufmerksam,<br />

glaubt der Vernunft nicht,<br />

der wir uns unterwarfen.<br />

Fangt mit der stummen Revolte<br />

des Nachdenkens an,<br />

prüft und verwerft.<br />

Bildet langsam das<br />

Ja eures Lebens.<br />

Lebt nicht wie wir.<br />

Lebt ohne Furcht.<br />

von Walter Bauer<br />

Lass Dir von keinem Fachmann imponieren, der Dir erzählt: „Lieber Freund, das<br />

mache ich schon seit zwanzig Jahren so!“ Man kann eine Sache auch 20 Jahre lang<br />

falsch machen.<br />

- 60 -<br />

K. Tucholsky

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