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Polizei in Staat und Gesellschaft - Leseprobe

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren. In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren.

In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

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Parlament: B<strong>und</strong>estag <strong>und</strong> B<strong>und</strong>esrat<br />

Die wichtigsten Kontroll<strong>in</strong>strumente des Parlaments gegenüber der Regierung s<strong>in</strong>d neben<br />

der E<strong>in</strong>setzung von Untersuchungsausschüssen die verschiedenen Möglichkeiten, der Regierung<br />

Informationen „abzufordern“. Neben der Großen Anfrage (etwa 50–150 pro Legislaturperiode),<br />

<strong>in</strong> der größere Themenfelder mit umfangreichen Fragekatalogen abgehandelt werden,<br />

spielen Kle<strong>in</strong>e Anfragen (etwa 400–1.400 pro Legislaturperiode) zu speziellen Themen<br />

e<strong>in</strong>e große Rolle im Parlamentsalltag. Beide Anfragen können nur von Fraktionen bzw. e<strong>in</strong>er<br />

M<strong>in</strong>destzahl von Abgeordneten, die e<strong>in</strong>er Fraktion entsprechen würden, gestellt werden.<br />

Interfraktionelle Initiativen mehrerer Fraktionen s<strong>in</strong>d aber relativ selten <strong>und</strong> zwischen Regierungs-<br />

<strong>und</strong> Oppositionsfraktionen kaum anzutreffen. An die Beantwortung <strong>in</strong>sbesondere der<br />

Großen Anfragen schließen sich fast immer Parlamentsdebatten an, bei denen (möglicherweise)<br />

im Zusammenhang mit Gesetzes<strong>in</strong>itiativen von den Fraktionen auch noch Anträge<br />

gestellt werden können, <strong>in</strong> denen die Regierung zu bestimmten Handlungen aufgefordert<br />

wird. Außerdem besteht die Möglichkeit, von der Regierung e<strong>in</strong>malige oder periodische<br />

Berichte anzufordern (z.B. Rentenbericht, Armuts- <strong>und</strong> Reichtumsbericht), <strong>in</strong> denen detailliert<br />

Bestandsaufnahmen <strong>und</strong> Entwicklungen nachgezeichnet werden. Aktuelle St<strong>und</strong>en,<br />

die tatsächlich auch nur e<strong>in</strong>e St<strong>und</strong>e dauern sollen <strong>und</strong> <strong>in</strong> denen sehr schnell auf politische<br />

Entwicklungen reagiert werden kann, s<strong>in</strong>d neben Fragest<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Regierungsbefragungen<br />

e<strong>in</strong> weiteres Instrument, das von der Opposition fast <strong>in</strong> jeder Sitzungswoche e<strong>in</strong>gesetzt wird,<br />

um öffentlichkeitswirksam auf politische Problemlagen e<strong>in</strong>gehen zu können. Angestrebt<br />

wird e<strong>in</strong> lebendiger Schlagabtausch zwischen Regierungs- <strong>und</strong> Oppositionsabgeordneten<br />

(Ismayr 2012, S. 289–438).<br />

Nach Art. 38 Gr<strong>und</strong>gesetz s<strong>in</strong>d Abgeordnete „Vertreter des ganzen Volkes, an Aufträge <strong>und</strong><br />

Weisungen nicht geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> nur ihrem Gewissen unterworfen“. Sie haben damit e<strong>in</strong> freies<br />

Mandat, das im Gegensatz zum imperativen Mandat ke<strong>in</strong>e Festlegungen von anderer Seite<br />

(z.B. Wählern oder Interessengruppen) trifft. Da ohne parlamentarische Mehrheiten aber<br />

nicht regiert werden kann, ist die Fraktionsdiszipl<strong>in</strong> mit e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>heitlichen Stimmabgabe im<br />

Regelfall notwendig. Die Negativformulierung „Fraktionszwang“ umschreibt dabei, dass Abgeordnete<br />

gegen ihren Willen <strong>und</strong> ihre Überzeugung auf Fraktionsl<strong>in</strong>ie gebracht werden. Ob<br />

e<strong>in</strong> Abgeordneter, der häufig konträr zu se<strong>in</strong>er Fraktion <strong>und</strong> Partei liegt, sich nicht die Frage<br />

stellen muss, ob er mit der Gr<strong>und</strong>l<strong>in</strong>ie se<strong>in</strong>er Partei noch übere<strong>in</strong>stimmt, bildet dabei den<br />

H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>. Bei bestimmten Fragen werden Abstimmungen „freigegeben“, wenn es sich<br />

z.B. um moralisch-ethische Gr<strong>und</strong>fragen handelt, wie die Regelung von Abtreibungen oder<br />

Organtransplantationen. Dies gilt auch für Entscheidungen, bei denen Faktoren e<strong>in</strong>e Rolle<br />

spielen, die über Fraktionen nicht abgebildet werden können, wie es bei der Entscheidung<br />

für Berl<strong>in</strong> als Hauptstadt der Fall war. Hier entschieden die B<strong>und</strong>estagsabgeordneten nach<br />

ihrer regionalen Herkunft.<br />

<strong>Leseprobe</strong><br />

Zwei traditionelle Rechte schützen Abgeordnete: Zum e<strong>in</strong>en garantiert das Immunitätsrecht<br />

e<strong>in</strong>e Freiheit vor Strafverfolgung, außer sie werden bei der Begehung von Straftaten festgenommen.<br />

Das bedeutet aber nicht, dass Abgeordnete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em rechtsfreien Raum leben.<br />

Ihre Immunität muss nur vom Parlament aufgehoben werden, bevor die Strafverfolgung<br />

e<strong>in</strong>tritt, was auch regelmäßig geschieht, wenn gegenüber Abgeordneten begründete Vorwürfe<br />

erhoben werden. Die Mehrzahl der Fälle betrifft dabei Verkehrsstraftaten, während<br />

die Aufhebung der Immunität im Zusammenhang mit illegalen Parteispenden die spektakuläre<br />

Ausnahme bildet. Die Immunität schützte <strong>und</strong> schützt Abgeordnete vor unberechtigter<br />

Strafverfolgung der Exekutive alle<strong>in</strong> um „missliebige“ Abgeordnete auszuschalten. Das<br />

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden<br />

Frevel, Salzmann (Hrsg.) „<strong>Polizei</strong> <strong>in</strong> <strong>Staat</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>“, 2. Auflage 2019<br />

ISBN 978-3-8011-0864-9

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