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Polizei in Staat und Gesellschaft - Leseprobe

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren. In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren.

In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

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Die Analyse politischer Systeme<br />

dem Gr<strong>und</strong>gesetz <strong>und</strong> den Länderverfassungen gibt es auch noch Kommunalverfassungen)<br />

die polity-Dimension <strong>und</strong> der politische Prozess die Verfassungswirklichkeit umfassen. Spezielle<br />

Politikfelder oder Politikbereiche (policy-Dimension) spielen dagegen ke<strong>in</strong>e Rolle.<br />

Versucht man, die politischen Systeme der knapp 200 <strong>Staat</strong>en der Erde zu kategorisieren, f<strong>in</strong>den<br />

sich neben den liberal-demokratischen Ländern Europas, Nordamerikas <strong>und</strong> Ostasiens/<br />

Ozeaniens autoritäre <strong>und</strong> totalitäre <strong>Staat</strong>en. Neben den noch verbliebenen sozialistischen<br />

Diktaturen Ch<strong>in</strong>a, Nord-Korea <strong>und</strong> Kuba f<strong>in</strong>den sich vor allem Militärdiktaturen (Afrika) <strong>und</strong><br />

autoritäre Präsidialsysteme (Mittel- <strong>und</strong> Südamerika; Osteuropa), aber auch Theokratien<br />

(Iran), bei denen der <strong>Staat</strong> primär von religiösen Überzeugungen geleitet wird. Außerdem ist es<br />

um die <strong>Staat</strong>squalität e<strong>in</strong>iger <strong>Staat</strong>en nicht besonders gut bestellt. Somalia oder Libyen existieren<br />

zwar auf der Landkarte, haben aber kaum funktionierende staatliche Strukturen, sondern<br />

s<strong>in</strong>d aufgr<strong>und</strong> von Bürgerkriegen <strong>in</strong> die Hände rivalisierender „Clans“ <strong>und</strong> „Warlords“ gefallen.<br />

Innerhalb liberal-demokratischer Länder, zu denen auch Deutschland zählt, können mit<br />

Monarchien <strong>und</strong> Republiken zunächst zwei <strong>Staat</strong>sformen unterschieden werden, die mit e<strong>in</strong>em<br />

Monarchen (König, Herzog, Fürst) oder e<strong>in</strong>en Präsidenten e<strong>in</strong> <strong>Staat</strong>soberhaupt haben,<br />

das entweder dem dynastischen Pr<strong>in</strong>zip (Erbfolge) oder e<strong>in</strong>em Wahlpr<strong>in</strong>zip unterliegt. War<br />

im Mittelalter <strong>und</strong> im Absolutismus der Monarch „Alle<strong>in</strong>herrscher“ spielt er <strong>in</strong> modernen<br />

Demokratien vor allem e<strong>in</strong>e symbolische <strong>und</strong> repräsentative Rolle, während die faktische<br />

Macht von Parlament <strong>und</strong> Regierung ausgeübt wird. Mith<strong>in</strong> s<strong>in</strong>d auch Großbritannien, Dänemark,<br />

Norwegen, Belgien <strong>und</strong> Luxemburg, um e<strong>in</strong>ige west- <strong>und</strong> nordeuropäische Beispiele<br />

zu nennen, „echte“ Demokratien (vgl. Ismayr 2009).<br />

E<strong>in</strong>e zweite Analysekategorie bildet die Dimension Föderalismus, wobei E<strong>in</strong>heits- oder<br />

Zentralstaaten (z.B. Frankreich) von Föderalstaaten (z.B. USA oder Schweiz) unterschieden<br />

werden können. Deutschland ist dabei e<strong>in</strong> echter Föderalstaat mit den Ländern als Gebilden<br />

mit eigener <strong>Staat</strong>lichkeit. Die B<strong>und</strong>esländer verfügen über e<strong>in</strong> <strong>Staat</strong>sgebiet <strong>und</strong> e<strong>in</strong><br />

<strong>Staat</strong>svolk <strong>und</strong> erfüllen die politikwissenschaftlich relevanten Bed<strong>in</strong>gungen für <strong>Staat</strong>lichkeit:<br />

Verfassung, Regelungskompetenz (Gesetzgebung <strong>in</strong> den Ländern) <strong>und</strong> eigene E<strong>in</strong>nahmen<br />

(Landessteuern). Zwar verfügt der B<strong>und</strong> im Politikfeld Innere Sicherheit mit der B<strong>und</strong>espolizei<br />

(dem früheren B<strong>und</strong>esgrenzschutz BGS) <strong>und</strong> dem B<strong>und</strong>eskrim<strong>in</strong>alamt über eigene <strong>Polizei</strong>en,<br />

die primäre Zuständigkeit haben aber heute die Länder mit ihren 16 Landespolizeien,<br />

während es bis <strong>in</strong> die 1970er-Jahre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong> noch kommunale <strong>Polizei</strong>en gab (Groß 2019; Frevel,<br />

Groß 2016; Groß, Frevel, Dams 2008).<br />

<strong>Leseprobe</strong><br />

Bei der Ausübung demokratischer Macht kann e<strong>in</strong>erseits die Möglichkeit der direktdemokratischen<br />

Entscheidung auch über Sachfragen <strong>und</strong> auf der anderen Seite die E<strong>in</strong>flussnahme<br />

über Repräsentationsorgane (Parlamente) unterschieden werden. In der repräsentativen<br />

Demokratie werden dabei nur die Abgeordneten direkt gewählt. Fast alle liberal-demokratischen<br />

<strong>Staat</strong>en haben heute e<strong>in</strong> Repräsentativsystem, das durch e<strong>in</strong>ige plebiszitäre Elemente<br />

ergänzt wird. In weiterem Umfang f<strong>in</strong>den sich direktdemokratische Elemente <strong>in</strong> Europa alle<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> der Schweiz. In Deutschland gibt es auf der B<strong>und</strong>esebene nur e<strong>in</strong>e kle<strong>in</strong>e Ausnahme<br />

vom Repräsentativsystem: In Art. 29 GG wird die Neugliederung des B<strong>und</strong>esgebietes geregelt,<br />

wobei die Bevölkerung der betroffenen Ländern beteiligt werden muss. Allerd<strong>in</strong>gs<br />

f<strong>in</strong>den sich mittlerweile <strong>in</strong> allen B<strong>und</strong>esländern (Volksbegehren/Volksentscheid) <strong>und</strong> auf der<br />

Kommunalebene (Bürgerbegehren/Bürgerentscheid) Elemente der direkten Demokratie,<br />

Möglichkeiten, die <strong>in</strong> den letzten Jahren auch häufiger genutzt werden.<br />

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden<br />

Frevel, Salzmann (Hrsg.) „<strong>Polizei</strong> <strong>in</strong> <strong>Staat</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>“, 2. Auflage 2019<br />

ISBN 978-3-8011-0864-9

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