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Polizei in Staat und Gesellschaft - Leseprobe

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren. In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren.

In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

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Das Politische System der B<strong>und</strong>esrepublik Deutschland<br />

turen s<strong>in</strong>d zum<strong>in</strong>dest offiziell „demokratische Republiken“). Demokratisierung ist e<strong>in</strong> positiv<br />

bewerteter Prozess, während die ursprüngliche aristotelische Systemvariante positiver<br />

„Volksherrschaft“, die Politie, verloren gegangen ist (vgl. Frevel, Voelzke 2017).<br />

Politische Gr<strong>und</strong>strömungen <strong>und</strong> Ideologien, die bis heute den politischen Raum strukturieren,<br />

bilden sich im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert heraus <strong>und</strong> können <strong>in</strong> drei große Blöcke e<strong>in</strong>geteilt<br />

werden: Konservatismus – Liberalismus – Sozialismus. Im Laufe der Revolutionen der<br />

Neuzeit (<strong>in</strong>sbesondere der Französischen Revolution von 1789) <strong>und</strong> mit der Entstehung<br />

moderner Parteien sammeln sich politisch engagierte Menschen, die ähnliche Gr<strong>und</strong>werte<br />

teilen <strong>und</strong> Ziele verfolgen. Setzen sich Sozialisten für e<strong>in</strong>e Überw<strong>in</strong>dung des kapitalistischen<br />

Wirtschaftssystems e<strong>in</strong>, für die Abschaffung von Privateigentum zugunsten von <strong>Staat</strong>seigentum<br />

<strong>und</strong> die Nivellierung von sozialen Unterschieden, vertreten Anhänger des Liberalismus<br />

e<strong>in</strong> politisches Modell, das den E<strong>in</strong>zelnen <strong>in</strong> den Mittelpunkt rückt, <strong>in</strong>dividuelle Freiheitsrechte<br />

(gegen den <strong>Staat</strong>) verfassungsrechtlich fixieren will <strong>und</strong> Privateigentum als Basis wirtschaftlicher<br />

Betätigung sieht. Konservative wollen wiederum traditionelle Werte wie Ehe,<br />

Familie <strong>und</strong> Religion stärken, setzen sich für Sicherheit <strong>und</strong> Ordnung e<strong>in</strong> <strong>und</strong> akzeptieren<br />

soziale Unterschiede; sie wollen das gegebene politische System stützen.<br />

Moderne politische Theorien befassen sich anwendungsorientiert <strong>und</strong> empirisch mit den<br />

Gr<strong>und</strong>lagen der Politikwissenschaft, entwickeln Modelle <strong>und</strong> Konzepte <strong>und</strong> versuchen, politisches<br />

Verhalten zu erklären <strong>und</strong> zu prognostizieren. Beispiele hierfür wären Theorien über das<br />

Wahlverhalten oder ökonomische Modelle der Politik, die e<strong>in</strong>en rationalen, eigennutzorientierten<br />

Bürger postulieren. Beispiele für moderne theoretische Ansätze s<strong>in</strong>d Postdemokratie<br />

(Crouch 2008) oder Liquid Democracy. Postdemokratie beschreibt dabei e<strong>in</strong>e Entwicklung bei<br />

der Repräsentation <strong>und</strong> Legitimation über Wahlen <strong>und</strong> damit der E<strong>in</strong>fluss des Bürgers zugunsten<br />

von privilegierten Wirtschafts-, Medien- <strong>und</strong> Experteneliten zurückgedrängt wird. Liquid<br />

Democracy versucht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Mischsystem zwischen direkter <strong>und</strong> repräsentativer Demokratie<br />

<strong>und</strong> unter E<strong>in</strong>bezug neuer technischer Möglichkeiten der Digitalisierung (E-Democracy), e<strong>in</strong>e<br />

stärkere E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung e<strong>in</strong>zelner Bürger <strong>in</strong> den politischen Prozess zu ermöglichen.<br />

<strong>Leseprobe</strong><br />

2.2 Die Analyse politischer Systeme<br />

In der Politikwissenschaft beschäftigt sich die politische Systemlehre mit der Beschreibung,<br />

Kategorisierung <strong>und</strong> Analyse des Aufbaus, der Funktionsweise <strong>und</strong> der theoretischen<br />

Begründungen verschiedener politischer Systeme der Vergangenheit <strong>und</strong> Gegenwart. In<br />

Deutschland gibt es mit dem B<strong>und</strong> nicht nur e<strong>in</strong> e<strong>in</strong>ziges politisches System, sondern weitere<br />

16 politische Systeme der B<strong>und</strong>esländer. Außerdem müssen auch auf der kommunalen Ebene<br />

verschiedene politische Systeme e<strong>in</strong>bezogen werden, was politikwissenschaftlich ke<strong>in</strong><br />

Problem darstellt, auch wenn staatsrechtlich Kommunen als Teil der Länder gelten. Deutschland<br />

kann dabei als politisches Mehrebenensystem verortet werden, das sich durch e<strong>in</strong>e<br />

starke Politikverflechtung im föderalisierten <strong>Staat</strong>saufbau zwischen Kommunen, Ländern,<br />

B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Europäischer Union (EU) auszeichnet.<br />

In Bezug auf die differenziertere englische Begriffsbildung im Bereich „Politik“ wird <strong>in</strong> der<br />

Systemlehre dabei vor allem auf die Dimension polity, also die formalen <strong>und</strong> prozeduralen<br />

Abläufe geachtet, aber auch politics, der Politikprozess, spielt e<strong>in</strong>e wichtige Rolle bei der<br />

Analyse politischer Systeme. Mit dem Begriffspaar von Verfassungstext <strong>und</strong> Verfassungswirklichkeit<br />

ist diese Spannweite ebenfalls beschrieben, wobei Verfassungstexte (neben<br />

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden<br />

Frevel, Salzmann (Hrsg.) „<strong>Polizei</strong> <strong>in</strong> <strong>Staat</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>“, 2. Auflage 2019<br />

ISBN 978-3-8011-0864-9

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