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Polizei in Staat und Gesellschaft - Leseprobe

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren. In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

Dieses studienbegleitende Lehrbuch stellt die politikwissenschaftlichen und soziologischen Grundlagen für die Polizeiarbeit dar. Während die Politikwissenschaft Analysen bereitstellt, um die Polizei und ihr Handeln zu verstehen, bietet die Soziologie unverzichtbares Hintergrundwissen, um die Bedeutung gesellschaftlicher Strukturen und Prozesse für die Gewährung von Sicherheit und Ordnung zu erfassen und als Polizei hierauf zu reagieren.

In zehn Kapiteln beschreiben die Autorinnen und Autoren, die an polizeiausbildenden Hochschulen und Akademien lehren, die sozialwissenschaftlichen Fragestellungen mit stetem Bezug zur Rolle, Funktion und Organisation der Polizei sowie zu den politischen Bedingungen und Anforderungen an polizeiliches Handeln in Deutschland.

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 <strong>Polizei</strong> <strong>in</strong> <strong>Staat</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong> – E<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>führung<br />

Zwar haben viele Philosophen, Theologen <strong>und</strong> <strong>Staat</strong>stheoretiker auch schon seit der Antike<br />

über die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>und</strong> die Geme<strong>in</strong>schaft nachgedacht, aber der Begriff der Soziologie<br />

taucht erst <strong>in</strong> der Mitte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts auf, nachdem Auguste Comte (1798–1857)<br />

ihn benutzte. Ab dem letzten Viertel des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts wird die Wissenschaft dann sehr<br />

<strong>in</strong>tensiv betrieben <strong>und</strong> noch heute haben Werke der „Klassiker“ der Soziologie wie Emile<br />

Durkheim (1858–1917), Georg Simmel (1858–1918) <strong>und</strong> Max Weber (1864–1920) große<br />

Bedeutung <strong>und</strong> nachhaltige Wirkung für ihre Theorien, Fragen, Denkmuster <strong>und</strong> Begrifflichkeiten<br />

(vgl. Schroer 2017). Seit jener Zeit entwickelt sich Soziologie zu e<strong>in</strong>er der Hauptdiszipl<strong>in</strong>en<br />

der Sozialwissenschaften, die sich von den normativ-ontologischen Deutungen,<br />

wie <strong>Gesellschaft</strong> (aus der Sicht der z.B. weltlich <strong>und</strong> geistlich Mächtigen <strong>und</strong> Herrschenden)<br />

se<strong>in</strong> soll, löst <strong>und</strong> empirisch, also erfahrungsbasiert untersucht, wie Geme<strong>in</strong>schaft <strong>und</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong> s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> wie sie sich entwickeln. Moderne Soziologie will untersuchen, verstehen,<br />

deuten <strong>und</strong> erklären wie sich die Zusammenschlüsse der Menschen strukturieren<br />

<strong>und</strong> verändern. <strong>Gesellschaft</strong>liche Krisen <strong>und</strong> Umbrüche sollen erklärt werden <strong>und</strong> manche<br />

Soziologen suchen auch nach H<strong>in</strong>weisen <strong>und</strong> Vorschlägen, wie Wege aus der Krise gestaltet<br />

werden können. Die Soziologie geht immer kritisch an die Betrachtung von Individuum, Geme<strong>in</strong>schaft<br />

<strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>, h<strong>in</strong>terfragt das verme<strong>in</strong>tlich Selbstverständliche <strong>und</strong> analysiert<br />

die Bed<strong>in</strong>gungen von Zusammenleben.<br />

Diese Untersuchungen setzten an sehr unterschiedlichen Aspekten an. Da gibt es z.B. die<br />

so genannte Mikro-Soziologie, die sich mit dem Individuum <strong>und</strong> kle<strong>in</strong>en gesellschaftlichen<br />

E<strong>in</strong>heiten wie Familie <strong>und</strong> Gruppen befasst. Sie möchte gern verstehen, wie die Menschen<br />

e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong>dividuelle Persönlichkeit mit eigener Handlungsgestaltung, persönlichen Vorlieben<br />

<strong>und</strong> sozialen Beziehungen s<strong>in</strong>d <strong>und</strong> andererseits <strong>Gesellschaft</strong>smitglieder, die sich den<br />

Normen <strong>und</strong> Erwartungen unterwerfen <strong>und</strong> damit auch teilweise standardisiert verhalten.<br />

Die Mikro-Soziologie fragt nach den Rollen <strong>und</strong> Positionen, die Menschen e<strong>in</strong>nehmen<br />

(Sohn/Tochter, Student/<strong>in</strong>, Auszubildende/r, Vere<strong>in</strong>skamerad, Fre<strong>und</strong>/<strong>in</strong>, Partner/<strong>in</strong> etc.),<br />

untersucht, wie diese Rollen im Laufe der Sozialisation erlernt <strong>und</strong> ver<strong>in</strong>nerlicht werden<br />

(<strong>in</strong>ternalisieren) <strong>und</strong> wie es den Menschen gel<strong>in</strong>gt – zumeist gewaltfrei – mite<strong>in</strong>ander zu<br />

kommunizieren <strong>und</strong> geme<strong>in</strong>schaftlich zu handeln. Als kritische Wissenschaft wird dabei<br />

nicht nur geschaut, wie solche Prozesse gel<strong>in</strong>gen, sondern auch warum z.B. Partnerschaften<br />

scheitern, warum Krim<strong>in</strong>alität geschieht <strong>und</strong> woran wir <strong>in</strong> Kommunikationen versagen. Das<br />

soziale Handeln der Menschen wird vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> sozialer Strukturen <strong>und</strong> Regeln<br />

<strong>in</strong>terpretiert – aber es wird auch andersherum untersucht, wie sich Veränderungen im <strong>in</strong>dividuellen<br />

Handeln auf die <strong>Gesellschaft</strong> auswirken.<br />

<strong>Leseprobe</strong><br />

E<strong>in</strong>e andere Perspektive greift die Makro-Soziologie auf. Hier spielt das Individuum kaum<br />

e<strong>in</strong>e Rolle, während die übergeordneten Strukturen <strong>und</strong> Prozesse im Vordergr<strong>und</strong> stehen. So<br />

beschreibt die Makro-Soziologie die <strong>Gesellschaft</strong>, <strong>in</strong>dem z.B. das Volk <strong>in</strong> se<strong>in</strong>en demografischen<br />

Merkmalen (z.B. Alter, Geschlecht, Ethnie) oder ökonomischen Unterschieden (Beruf,<br />

Bildung, E<strong>in</strong>kommen, Vermögen) betrachtet wird. Auch die Lebensstile der Menschen <strong>und</strong><br />

ihre kulturellen Prägungen werden analysiert. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage werden Modelle <strong>und</strong><br />

Theorien entwickelt, die z.B. die Ober- <strong>und</strong> Unterordnung <strong>in</strong> der <strong>Gesellschaft</strong> erfassen, Eliten<br />

identifizieren, die darlegen wie sozialer Auf- <strong>und</strong> Abstieg erfolgen oder wie gut/schlecht<br />

die Integration von (z.B. ethnischen) M<strong>in</strong>derheiten gel<strong>in</strong>gt. Damit verb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d auch die<br />

Fragen sozialer Ungleichheit. Haben eigentlich alle Menschen die gleichen Lebenschancen<br />

© VERLAG DEUTSCHE POLIZEILITERATUR GMBH Buchvertrieb, Hilden<br />

Frevel, Salzmann (Hrsg.) „<strong>Polizei</strong> <strong>in</strong> <strong>Staat</strong> <strong>und</strong> <strong>Gesellschaft</strong>“, 2. Auflage 2019<br />

ISBN 978-3-8011-0864-9

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