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konnte er mit Erschrecken beobachten, wie ein übernatürlich großer<br />

Vogel, oder vielleicht sogar eines dieser Fabelwesen, die man sonst nur<br />

in diversen Büchern finden kann, und die meist nur der zu lebhaften<br />

Fantasie des Menschen zugeordnet werden, sich unglaublich schnell die<br />

Treppe nach oben bewegte.<br />

Erst als der Vater die Schreie seiner Frau und kurz darauf die seiner<br />

beiden Söhne vernahm, veranlasste ihn das durch Panik aufkommende<br />

Adrenalin, zu handeln.<br />

Da die vordere Haustüre wie jede Nacht verschlossen war, versuchte er<br />

mit dem Gewehrgriff das Glas der Terrassentüre einzuschlagen.<br />

Vergeblich!<br />

Der große Blumentopf aus Keramik hingegen brachte diese zum sofortigen<br />

Zersplittern.<br />

Der Vater schwang sich über die Tischplatte zurück ins Innere des Hauses,<br />

und als er den Treppenansatz erreichte, standen seine beiden Kinder<br />

bereits am oberen Geländer. Sie bewegten sich keinen Millimeter, ihre<br />

Blicke waren starr auf die halb geöffnete Schlafzimmertüre gerichtet.<br />

„Kinder, was ist passiert?“, rief ihnen der Vater schon von der Treppe<br />

aus zu. Und dann fügte er hinzu: „Martha …?”<br />

Oben angekommen, gab er der Tür mit der Hand einen Schubs und erst<br />

jetzt erfassten seine Augen ein solch unvorstellbar grauenvolles Bild. Sein<br />

ganzes Leben würde er diesen Anblick nicht mehr vergessen können.<br />

Die Laken lagen auf dem Boden verteilt und seine geliebte Frau lag mit<br />

starren, ausdruckslosen Augen, die an die Zimmerdecke gerichtet waren,<br />

inmitten eines roten Blutmeeres auf dem Bett.<br />

Ihr Nachthemd und die darunterliegende Haut waren genauso zerrissen,<br />

wie die Wand und die Bilder. Auch von ihrem eigentlich so wunderschönen<br />

Gesicht war kaum mehr was zu erkennen. Der Vater ließ das<br />

Gewehr fallen und sackte im Türrahmen vor Verzweiflung auf den<br />

Boden. Als er wieder aufsah, entdeckte er die mit Blut geschriebenen<br />

Worte über dem Bett:<br />

DAS IST ERST DER ANFANG!<br />

Der Brief schloss mit den Worten: „Wir wissen beide, mein geschätzter<br />

Freund Angelo, was dieses Zeichen zu bedeuten hat. Es ist nicht der<br />

Anfang, sondern das bevorstehende Ende. Die Mönche haben bereits<br />

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