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Wasser in ein rotgelbes Meer, bestehend aus heißen und stark lodernden<br />

Flammen, zu verwandeln.<br />

Ohne, dass Jara die Augen schließen musste, war sofort wieder dieser<br />

Traum da.<br />

Es war immer das Gleiche.<br />

Sie sieht sich selbst, wie sie von dem großen Felsen aus Anlauf nimmt.<br />

Ohne zu zögern springt sie von der Felskante ab und fällt meterweit<br />

ungebremst in die Tiefe. Erst dann, wenn sie ihre Arme wie große<br />

Schwingen ausbreitet, beginnt sie langsamer zu werden und kurz darauf<br />

zu schweben.<br />

Wenn die Angst und das Gefühl des Fallens überwunden sind, schießt<br />

sie pfeilschnell und mit aller Kraft, die sie in ihren Armen aufbringen<br />

kann, bis hoch hinauf in die Wolken. Von hier oben aus kann sie den<br />

Strand und eigentlich die gesamte Insel überblicken.<br />

Wenn Jara dann kurz darauf über das gigantische Feuermeer der Sonne<br />

entgegenfliegt, dann fühlt sie sich wie in einem Rausch ähnlichen Zustand.<br />

Eine kaum hörbare Stimme scheint sie zu rufen und unbeirrt zu sich zu<br />

ziehen. Noch während sie die immer stärker werdende Wärme in der<br />

Luft genießt, verändert sich ihr Traum schlagartig.<br />

Das Wasser unter ihr beginnt aufbrausender und schneller zu fließen.<br />

Ein massives Erdbeben reißt einen tiefen Spalt inmitten des Meeres auf<br />

und die Fluten teilen sich an dieser Stelle sofort in zwei riesige Wasserfälle.<br />

Das Gefühl des leichten Schwebens und die Wärme verschwinden aus<br />

Jaras Körper.<br />

Sie spürt die aufkommende Angst in ihrem Herzen, das sofort wie wild<br />

zu schlagen beginnt.<br />

Jeden Augenblick wird sie in diesen schwarzen, schier endlos wirkenden<br />

Abgrund stürzen und nichts und niemand kann auch nur das Geringste<br />

dagegen tun. In ihren Gedanken ist es das wahrhaftige Böse selbst, das<br />

sie zu sich hinabzieht.<br />

Dieser schreckliche Mann aus den Geschichten ihres Vaters, der es nicht<br />

duldet, wenn man auf der Erde glücklich ist.<br />

Mit letzter Kraft versucht sie sich diesem unsichtbaren Sog, der nun<br />

vollends von ihr Besitz ergreift, zu entziehen. Verzweifelt streckt sie ihre<br />

Hände weit nach vorne in Richtung des Horizonts, der heiß glühenden<br />

Feuerscheibe, entgegen.<br />

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