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KantonsspitalStGallen
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03.08.2020 Aufrufe

Studie zu SARS-CoV-2 Das Coronavirus (SARS-CoV-2) hält die Welt in Atem. Wir werden damit sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld konfrontiert. So wurde auf der ganzen Welt auch bei Spitalmitarbeitenden eine durch das Virus ausgelöste Erkrankung diagnostiziert. Doch viele Fragen in Zusammenhang mit dem Virus sind noch unklar. Eine Studie der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene soll Abhilfe leisten. Wie viele Mitarbeitende haben sich angesteckt? Fand die Ansteckung eher am Arbeitsplatz oder im häuslichen Umfeld statt? Welche Schutzmassnahmen reduzieren das Risiko für eine Ansteckung? Gibt es Unterschiede zwischen Berufsgruppen und Spitälern? Wie viele Angesteckte hatten Symptome, wie viele hatten keine Symptome? «All diese Fragen standen im Februar/März 2020 im Raum, und wir als Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene wollten etwas zur Beantwortung beitragen», sagt PD Dr. Philipp Kohler, Oberarzt mbF und Studienleiter. Die Idee für das Aufgleisen einer Studie mit den Mitarbeitenden des KSSG kam schliesslich von Pietro Vernazza, dem Chefarzt der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene am KSSG. «Wir haben innert drei Tagen einen kleinen Werbefilm erstellt, um die Studie bei den Mitarbeitenden bekannt zu machen und sie zum Mitmachen zu animieren.» Und es klappte. Was sonst eher zäh verläuft, nämlich die Rekrutierung von Probanden, war bei diesem Projekt kein Problem. Innert kürzester Zeit waren rund 1000 Mitarbeitende des KSSG gefunden, die sich für die Studie zur Verfügung stellten. «Die Auswahl lief nach dem Prinzip ‹first come, first serve›. Doch die Repräsentativität über Berufsgruppen, Gender, etc. ist weitgehend gegeben», betont PD Dr. Philipp Kohler. 6 Blickpunkt

Spürbare Solidarität Nebst dem schnellen Finden von Probanden faszinierte den Studienleiter noch eine weitere Sache: «Die Solidarität und das Miteinander während dieser Zeit waren beeindruckend. Alle haben an einem Strick gezogen, Entscheidungen wurden unkompliziert und rasch getroffen. Es haben sich auch pensionierte Mitarbeitende bei uns gemeldet, um beispielsweise im Labor auszuhelfen. Das hat mich beeindruckt und natürlich auch unsere Studie beflügelt.» Studienverlauf: vom Filterpapier bis zum SMS Nachdem die rund 1000 Probanden gefunden waren, mussten sie entsprechend gebrieft werden. Es wurde für jeden Teilnehmer ein Kit mit Utensilien zusammengestellt, um sich zu Hause alle zwei Wochen Blut abzunehmen: Lanzette, Tupfer, Filterpapier für die Blutprobe, Pflästerli und Rücksendecouverts. Diese Kits wurden schliesslich in einem persönlichen Gespräch abgegeben, an dem zusätzlich die Einwilligungserklärung sowie offene Fragen besprochen wurden. An diesem Termin wurde ausserdem eine venöse Blutentnahme gemacht, da nicht sicher war, ob das Filterpapier seinen Zweck erfüllt. «Doch diese Zweifel konnten wir aus dem Weg räumen. Co-Studienleiter Christian Kahlert, welcher u. a. für die Labortests zuständig ist, konnte in Vergleichen der venösen Blutentnahmen mit den Blutentnahmen auf dem Filterpapier positiv getesteter Personen die Genauigkeit des Filterpapiers zeigen», erklärt PD Dr. Philipp Kohler. Zusätzlich zu den Blutentnahmen wurden täglich SMS an die Probandinnen und Probanden verschickt, in denen mögliche Symptome erfragt wurden. Erste Resultate Die ersten Resultate der Baseline-Analyse zeigen, dass von insgesamt 1022 Blutentnahmen nur 10 klar positiv waren. Das entspricht ca. 1 Prozent aller Probanden. Da die Blutentnahmen zu Beginn der lokalen Pandemie gemacht wurden, ist das Resultat nicht weiter erstaunlich (vgl. Grafik). Eine weitere Erkenntnis ist, dass Mitarbeitende mit einer positiven Serologie häufiger Fieber und Muskelschmerzen angegeben haben als solche mit einer negativen Serologie (vgl. Grafik). Der Detektiv im Arztkittel PD Dr. Philipp Kohler absolvierte seine Ausbildung in der Inneren Medizin von 2009 bis 2012 am Kantonsspital St.Gallen. Von 2013 bis 2015 arbeitete er am Unispital Zürich, wo er die Ausbildung zum klinischen Infektiologen abschloss. Es folgte eine epidemiologische Ausbildung inkl. Forschungstätigkeit im Bereich von Antibiotikaresistenzen in Toronto, Kanada. Seit 2017 ist er wieder zurück am KSSG, in der Klinik für Infektiologie und Spitalhygiene. Sein Fachgebiet vergleicht PD Dr. Philipp Kohler mit dem Beruf eines Detektivs – sowohl in der Infektiologie als auch in der Spitalhygiene werden Patientinnen und Patienten detailliert nach möglichen Expositionen gefragt, um Infektionsquellen zu finden und Übertragungsketten nachzuvollziehen. Ausserdem wird sehr viel interdisziplinär gearbeitet. Die Coronazeit empfindet er – aus medizinischer Sicht – als enorm spannend. Er beschreibt sie als eine aufregende Zeit, in der die Infektiologie und Spitalhygiene eine Schlüsselrolle spielen. Ziele der Studie «Das Ziel ist, das Ausmass der Durchseuchung beim Spitalpersonal zu kennen sowie Risikogruppen unter Spitalmitarbeitenden zu identifizieren, um diese bei einer nächsten Welle besser schützen zu können. Zusätzlich soll mit der Symptomerfassung in Echtzeit das Auftreten einer nächsten COVID-19- Welle unter unseren Mitarbeitenden früh erkannt werden, um entsprechende Massnahmen einleiten zu können», erklärt Philipp Kohler. Projekt geht in die nächste Runde Aufgrund der grossen Nachfrage wird seit Ende Juni eine Antikörpertestung auch bei KSSG-Mitarbeitenden, welche nicht in der ursprünglichen Studie mitmachen, angeboten. Dieses neue Projekt mit dem Namen SURPRISE (Severe AcUte Respiratory Syndrome Coronavirus-2 among Healthcare PRofessionals In SwitzErland) steht auch anderen Gesundheitsinstitutionen in der Schweiz offen. Bis jetzt beteiligen sich über zehn hauptsächlich Ostschweizer Spitäler; erwartet werden insgesamt zwischen 5000 und 10’000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer. 7 Blickpunkt

Spürbare Solidarität<br />

Nebst dem schnellen Finden von Probanden faszinierte<br />

den Studienleiter noch eine weitere Sache:<br />

«Die Solidarität und das Miteinander während<br />

dieser Zeit waren beeindruckend. Alle haben an<br />

einem Strick gezogen, Entscheidungen wurden<br />

unkompliziert und rasch getroffen. Es haben sich<br />

auch pensionierte Mitarbeitende bei uns gemeldet,<br />

um beispielsweise im Labor auszuhelfen. Das<br />

hat mich beeindruckt und natürlich auch unsere<br />

Studie beflügelt.»<br />

Studienverlauf: vom Filterpapier bis zum SMS<br />

Nachdem die rund 1000 Probanden gefunden waren,<br />

mussten sie entsprechend gebrieft werden. Es wurde<br />

für jeden Teilnehmer ein Kit mit Utensilien zusammengestellt,<br />

um sich zu Hause alle zwei Wochen<br />

Blut abzunehmen: Lanzette, Tupfer, Filterpapier für<br />

die Blutprobe, Pflästerli und Rücksendecouverts.<br />

Diese Kits wurden schliesslich in einem persönlichen<br />

Gespräch abgegeben, an dem zusätzlich die Einwilligungserklärung<br />

sowie offene Fragen besprochen<br />

wurden. An diesem Termin wurde ausserdem eine<br />

venöse Blutentnahme gemacht, da nicht sicher war,<br />

ob das Filterpapier seinen Zweck erfüllt. «Doch<br />

diese Zweifel konnten wir aus dem Weg räumen.<br />

Co-Studienleiter Christian Kahlert, welcher u. a. für<br />

die Labortests zuständig ist, konnte in Vergleichen<br />

der venösen Blutentnahmen mit den Blutentnahmen<br />

auf dem Filterpapier positiv getesteter Personen<br />

die Genauigkeit des Filterpapiers zeigen», erklärt<br />

PD Dr. Philipp Kohler. Zusätzlich zu den Blutentnahmen<br />

wurden täglich SMS an die Probandinnen<br />

und Probanden verschickt, in denen mögliche<br />

Symptome erfragt wurden.<br />

Erste Resultate<br />

Die ersten Resultate der Baseline-Analyse zeigen,<br />

dass von insgesamt 1022 Blutentnahmen nur 10 klar<br />

positiv waren. Das entspricht ca. 1 Prozent aller<br />

Probanden. Da die Blutentnahmen zu Beginn der<br />

lokalen Pandemie gemacht wurden, ist das Resultat<br />

nicht weiter erstaunlich (vgl. Grafik). Eine weitere<br />

Erkenntnis ist, dass Mitarbeitende mit einer positiven<br />

Serologie häufiger Fieber und Muskelschmerzen<br />

angegeben haben als solche mit einer negativen<br />

Serologie (vgl. Grafik).<br />

Der Detektiv im Arztkittel<br />

PD Dr. Philipp Kohler absolvierte seine Ausbildung in<br />

der Inneren Medizin von 2009 bis 2012 am Kantonsspital<br />

St.Gallen. Von 2013 bis 2015 arbeitete er am Unispital<br />

Zürich, wo er die Ausbildung zum klinischen Infektiologen<br />

abschloss. Es folgte eine epidemiologische Ausbildung<br />

inkl. Forschungstätigkeit im Bereich von Antibiotikaresistenzen<br />

in Toronto, Kanada. Seit 2017 ist er<br />

wieder zurück am KSSG, in der Klinik für Infektiologie<br />

und Spitalhygiene.<br />

Sein Fachgebiet vergleicht PD Dr. Philipp Kohler mit dem<br />

Beruf eines Detektivs – sowohl in der Infektiologie als<br />

auch in der Spitalhygiene werden Patientinnen und Patienten<br />

detailliert nach möglichen Expositionen gefragt,<br />

um Infektionsquellen zu finden und Übertragungsketten<br />

nachzuvollziehen. Ausserdem wird sehr viel interdisziplinär<br />

gearbeitet.<br />

Die Coronazeit empfindet er – aus medizinischer<br />

Sicht – als enorm spannend. Er beschreibt sie als eine<br />

aufregende Zeit, in der die Infektiologie und Spitalhygiene<br />

eine Schlüsselrolle spielen.<br />

Ziele der Studie<br />

«Das Ziel ist, das Ausmass der Durchseuchung<br />

beim Spitalpersonal zu kennen<br />

sowie Risikogruppen unter Spitalmitarbeitenden<br />

zu identifizieren, um diese<br />

bei einer nächsten Welle besser schützen<br />

zu können. Zusätzlich soll mit der<br />

Symptomerfassung in Echtzeit das<br />

Auftreten einer nächsten COVID-19-<br />

Welle unter unseren Mitarbeitenden<br />

früh erkannt werden, um entsprechende<br />

Massnahmen einleiten zu können»,<br />

erklärt Philipp Kohler.<br />

Projekt geht in die nächste Runde<br />

Aufgrund der grossen Nachfrage wird<br />

seit Ende Juni eine Antikörpertestung<br />

auch bei KSSG-Mitarbeitenden, welche<br />

nicht in der ursprünglichen Studie mitmachen,<br />

angeboten. Dieses neue Projekt<br />

mit dem Namen SURPRISE (Severe<br />

AcUte Respiratory Syndrome Coronavirus-2<br />

among Healthcare PRofessionals<br />

In SwitzErland) steht auch anderen<br />

Gesundheitsinstitutionen in der<br />

Schweiz offen. Bis jetzt beteiligen sich<br />

über zehn hauptsächlich Ostschweizer<br />

Spitäler; erwartet werden insgesamt<br />

zwischen 5000 und 10’000 Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer.<br />

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