Leseprobe "Naturheilkunde & Gesundheit" August 2020
Die sanfte Medizin aus Ihrer Apotheke
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Sanfte Medizin
aus Ihrer Apotheke
August 2020
Heilpflanzen
Für die
goldenen
Jahre
Yvonne
Catterfeld
IM INTERVIEW
Rot-Öl
Sanft zur Haut
16 Seiten
Fit unterwegs
Gesund im Alter
Die
goldenen Jahre
genießen
Lange wohlauf bleiben und
in Würde altern.
Eine natürliche Lebensweise hilft dabei –
viele Heilpflanzen auch.
VON STEFANIE HAPP
D
ie magischen 60 längst überschritten
und noch immer fit wie ein Turnschuh.
Wie machen manche Menschen
das nur? Haben die einfach nur Glück?
Für immer jung?
Altern ist ein höchst individueller Prozess,
der mit der Geburt beginnt und
mit dem Tod endet. Mit 30 haben wir
den Höhepunkt unserer körperlichen
Entwicklung erreicht. Ab da beginnt
ein kontinuierlicher Um- und Abbau im
Körper und im Geist. Nach und nach
spüren es die meisten von uns immer
deutlicher: Man erholt sich von Strapazen
nicht mehr so schnell wie früher
und wird anfälliger gegenüber Krankheiten,
die man bislang nur von Oma
und Opa kannte. Wie gesund und
Foto – Paar: Kzenon/stock.adobe.com
munter wir unsere goldenen Jahre genießen,
hängt zum einen von den Genen
ab, entscheidend ist aber auch der
persönliche Lebensstil. Ob wir schon
mit 50 zum alten Eisen gehören oder
uns noch immer wie ein junger Hüpfer
fühlen, können wir also zum Teil selbst
steuern.
Natürlich älter werden
Für eine hohe Lebensqualität im Alter
können wir einiges tun. Bewusst essen,
genug schlafen, regelmäßig an die frische
Luft gehen und für Entspannung
sorgen. Dies sind die Grundlagen, die
mit den Jahren immer wichtiger werden.
Auch die Hinwendung zur Natur
kann hilfreich sein. Es gibt eine große
Bandbreite an Heilpflanzen, die mit
ihren Eigenschaften das Älterwerden
erleichtern können. Mit ihren breitgefächerten
Wirkprofilen beeinflussen
sie viele Körpersysteme gleichzeitig.
Die einen sind besonders nährstoffreich
und können für mehr Vitalität im
Alter sorgen. Andere sind durchblutungsfördernd,
entzündungshemmend
und können Krankheiten vorbeugen
oder sie sanft behandeln. Manche wirken
adaptogen, das heißt, sie können
helfen, die Herausforderungen des
Alterns anzunehmen. Ob Rheuma,
Verdauungsstörungen oder Gedächtnisschwäche
– gegen (fast) jede Alterserscheinung
ist ein Kraut gewachsen.
Heilpflanzen für Senioren versprechen
zwar keine ewige Jugend, aber sie machen
stark für die zweite Lebenshälfte.
Wir haben eine Auswahl für Sie zusammengestellt.
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4 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020 August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 5
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Gesund im Alter – Die goldenen Jahre genießen
Rosskastanie
(Aesculus
hippocastanum)
Große Brennnessel
(Urtica dioica)
Gelber Enzian
(Gentiana lutea)
Ginseng
(Panax ginseng)
EINKAUFSZETTEL
Zur Stärkung des allgemeinen
Wohlbefindens:
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Rosskastanie
für die Venen
Die Rosskastanie gilt als Jungbrunnen,
vor allem für die Venen. Wenn die Blutgefäße
mit den Jahren schlapp werden,
haben es die Venenklappen schwer.
Sie können das Blut nicht mehr so
leicht zurück zum Herzen pumpen.
Erste Anzeichen für eine Venenschwäche
sind oft müde Beine mit Schwellungen,
die schmerzen und nachts jucken.
Auf Dauer können sich Krampfadern
bilden. Die knotigen Blutgefäße, die
bläulich durch die Haut schimmern,
sind nicht nur ein ästhetisches Problem,
sie können eine Gefahr für die Gesundheit
darstellen. Um Blutstauungen
vorzubeugen und sanft zu behandeln,
ist die Rosskastanie das pflanzliche
Heilmittel der Wahl. Ihre Samen und
Früchte enthalten Aescin, ein Wirkstoffgemisch,
das den Venen in vielen
Hinsichten auf die Beine hilft. Aescin
stärkt die Blutgefäße, gibt ihnen
Spannkraft und fördert den venösen
Rückfluss. Flüssigkeitsansammlungen
werden reduziert und Entzündungen
werden gemildert. Einreibungen mit
Salben und Gelen fördern die Durchblutung
und machen müde Beine
munter. Zum Einnehmen gibt es Kapseln
und Tabletten. Pflanzliche Venenmittel
sind eine sinnvolle Ergänzung
zu anderen Maßnahmen, z. B.
Kompressionsstrümpfen, die der Arzt
bei Venenleiden verschreibt und die
in zertifizierten Apotheken individuell
angepasst werden.
Brennnessel
für die Beweglichkeit
Die Brennnessel ist besser als ihr Ruf.
Sie piekt zwar auf der Haut, tut den
Knochen und Gelenken aber nur Gutes.
Bei Rheuma und Arthrose im Frühstadium
können Brennnessel-Extrakte
den Krankheitsverlauf verlangsamen.
In der Pflanze enthalten sind entzündungshemmende
Wirkstoffe, die den
Gelenken die unangenehme Überwärmung
entziehen und die Schwellung
nehmen. Schmerzen werden gelindert
und die Beweglichkeit gefördert.
Gelenksteifigkeit am Morgen, die typisch
bei Verschleißerkrankungen ist,
soll bei einer längeren Einnahme von
Brennnessel-Extrakten deutlich nachlassen.
In den Brennnesselblättern stecken
besonders viele Mineralstoffe, die
als Knochenstärker gelten, weil sie vor
Brüchigkeit, also vor Osteoporose,
schützen. Arzneitees, Tinkturen und
Frischpflanzensäfte mit Brennnessel
sind für kurmäßige Anwendungen gut
geeignet. Darüber hinaus wirken sie
blutreinigend und harntreibend. Sie regen
den Stoffwechsel an und machen
fit im rüstigen Alter.
Ähnliche Eigenschaften wie die Große
Brennnessel haben übrigens Heilpflanzen
wie die Birke und der Löwenzahn.
In Kombination verstärken sie ihre
Wirksamkeiten gegenseitig.
Enzian
für die Verdauung
Der Gelbe Enzian ist eine geschützte
Alpenpflanze. In der „Altersmedizin“
darf er dennoch nicht fehlen und wird
daher kultiviert. Seine Wurzelextrakte
helfen, wenn bei Sommerhitze die Verdauung
träge ist, der Kreislauf schlapp
macht und die Stimmung im Keller ist.
Für die umfassende Wirksamkeit auf
den ganzen Organismus ist sein hoher
Bitterwert verantwortlich. Bitterstoffe
wirken bereits im Mund. Sie regen die
Magensaft-Produktion an, aktivieren
die Bauchspeicheldrüse und fördern
den Gallefluss. Die Leber wird in ihrer
Funktion gestärkt und die Verdauung
verbessert. Der Körper kann Nährstoffe
leichter aufnehmen und Stoffwechselendprodukte
loswerden. Der
Gelbe Enzian gilt als Stärkungsmittel
für Senioren, weil er für viele Magen-
Darm-Probleme eine Lösung hat, die
im Alter häufig vorkommen: Appetitmangel
und Völlegefühl, Verstopfungen
und Blähungen. Gleichzeitig wirken
Bitterstoffe immunstimulierend
und können beim Auskurieren von
Virusinfektionen helfen. Wer sich also
körperlich oder seelisch geschwächt
fühlt, findet mit Enzian schnell zurück
zu seiner Kraft. Enziantropfen und
-tinkturen gibt es in der Apotheke.
Manche Magentonika enthalten zusätzliche
Bitterkräuter wie Schafgarbe,
Galgant oder Wermut.
Ginseng
für das Gedächtnis
Ginseng ist im Fernen Osten eine
traditionelle Heilpflanze und wird als
Kraftwurzel eingesetzt. Allmählich hat
er auch bei uns einen Kultstatus erreicht.
Tonika, also Stärkungsmittel auf
pflanzlicher Basis, die aus der Ginseng-
Knolle gewonnen werden, gelten als
Elixiere zur Steigerung des allgemeinen
Wohlbefindens. Insbesondere wenn
es um die geistige Leistungsfähigkeit
geht, schwören heute viele auf Ginseng
wegen seiner adaptogenen Wirkung.
Adaptogene Pflanzenstoffe können die
Konzentration und Merkfähigkeit verbessern,
sie erleichtern die Auffassungsgabe
und erhöhen das Reaktionsvermögen.
Mit ihrem Wach-Effekt steuern
sie Ermüdungserscheinungen und
Erschöpfungszuständen entgegen. Als
Phytogeriatrikum, wie pflanzliche Altersmittel
in der Fachsprache heißen,
hat sich Ginseng einen Namen gemacht.
Am besten wirken die Tonika
bei gesunden Menschen zur Vorbeugung,
ehe das Gedächtnis spürbar nachlässt.
Man sagt, Ginseng könne sogar
die Anfälligkeit für Erkrankungen mindern
und die Genesungszeit deutlich
verkürzen. Ginseng ist die bekannteste,
aber nicht die einzige Heilpflanze mit
adaptogenen Eigenschaften. Eine ähnliche
Wirkung haben Taigawurzel und
Rosenwurz. Sie sind zur längerfristigen
Einnahme gedacht, dennoch nicht zur
Daueranwendung. Fragen Sie Ihren
Apotheker.
6 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020 August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 7
Fotos – Paar: Kzenon, Rosskastanie: azure, Brennnessel: Melica, Gelber Enzian: Hans und Christa Ede, Ginseng: IgorCheri, Einkaufszettel: janvier/stock.adobe.com
Pflegendes Rot-Öl
Johanniskraut E
für Haut und Seele
14 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020
Diese Sonnenpflanze
bringt Licht in die Gedanken und kann Wunden heilen.
VON STEFANIE HAPP
Fotos – Hände: Valerii Honcharuk, Einkaufszettel: mylasa/stock.adobe.com
chtes Johanniskraut (Hypericum
perforatum) hat sich vor allem wegen
seiner stimmungsaufhellenden Wirkung
einen guten Namen gemacht.
Ausreichend hoch dosierte Präparate,
die es nur in der Apotheke gibt,
können nachweislich bei Melancholie
und innerer Unruhe hilfreich sein. Als
natürliches Antidepressivum ist das
Johanniskraut in der Welt der Arzneipflanzen
bereits einzigartig. Wer hätte
gedacht, dass das noch nicht alles ist?
Beruhigt und schützt
Der Extrakt aus dem Johanniskraut ist
wie ein Pflaster für die seelischen Wunden,
aber nicht nur für diese. Bei Hautleiden
und körperlichen Beschwerden
wird das blutrote Öl verwendet, das
aus den sonnengelben Blüten und den
Fruchtkapseln gewonnen wird. Rot-Öl,
wie der Pflanzenauszug wegen seiner
Färbung genannt wird, hat mit seinen
starken antibakteriellen und entzündungshemmenden
Eigenschaften sogar
das Interesse vieler Wissenschaftler
geweckt. Man vermutete, dieses Hautpflegemittel
könne im Kampf gegen
multiresistente Staphylococcus-aureus-Stämme
(MRSA) eine Erfolgsgeschichte
schreiben. Tatsächlich haben
experimentelle Untersuchungen gezeigt,
dass die Inhaltsstoffe einen gewissen
Schutz vor Infektionen mit dem
gefürchteten Krankenhauskeim bieten
können. In der Pflege sind Kompressen
mit Rot-Öl nicht wegzudenken. Sie die-
...besser leben
VITALPILZE
Zur Unterstützung
des gesunden Immunsystems
nen der Vorbeugung und Behandlung
von Wundliegen (Dekubitus). Auch bei
chronischen Hauterkrankungen wie
Neurodermitis gehören Ölmischungen
mit Johanniskraut zur Basistherapie.
Regelmäßige Einreibungen können Ekzeme
und Entzündungen lindern, den
Juckreiz stillen und die Haut beruhigen.
Pflegt weich und streichelzart
Haut, die sich trocken und spröde anfühlt,
wird mit Rot-Öl aus dem Johanniskraut
wieder weich und streichelzart.
Als Wundheilmittel leistet es bei
Abschürfungen und Schnittverletzungen
gute Dienste, weil es die Hautbarriere
stärkt und die Narbenbildung
reduziert. Wie ein Balsam wirkt diese
Ölzubereitung auch bei Sonnenbrand.
Denn es löst die Spannungsgefühle,
nimmt den Schmerz und versorgt die
geschädigten Partien mit Feuchtigkeit.
Spezielle Salben mit Johanniskrautöl
wirken sogar bis tief unter der Haut.
Muskelkater verschwindet, Verkrampfungen
werden gelockert, selbst Nervenreizungen
und Rheumabeschwerden
können sich bessern. Rot-Öl muss
erst einziehen, ehe wieder Sonne an
die Haut darf. Durch den sogenannten
Brennglaseffekt kann es sonst zu
Reizungen kommen.
Heilt Gemüt und Wunden
Das Echte Johanniskraut ist eine Sonnenpflanze.
Im Hochsommer blüht es
gold-gelb und treibt viele Staubblätter
mit schwarz-roten Öldrüsen aus. Zerreibt
man die Blüten zwischen den Fingern,
tritt ein rubinfarbenes Sekret aus.
Je dunkler dieses Öl aussieht, desto
mehr der wichtigen Inhaltsstoffe sind
enthalten. Hypericin wirkt in erster
Linie gemütserhellend und ist die Substanz,
die der Seele guttut. Der hautfreundliche
Stoff heißt etwas anders:
Hyperforin macht Johanniskraut zum
Wundheiler mit antibiotischer Wirkung.
Rot-Öl ist eine Zubereitung aus
Johanniskrautblüten und Knospen, eingelegt
in einem Basisöl. Erhältlich ist es
in Ihrer Apotheke.
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August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 15
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Naturheilkunde-Quiz
7 Fragen
zum Johanniskraut
Kennen Sie Johanniskraut,
die beliebte Sonnenpflanze für Haut und Seele?
Machen Sie den Test.
16 Seiten
1. Frage
Welche Farbe hat das Öl,
das aus dem Johanniskraut
gewonnen wird?
P goldgelb
B rubinrot
G silbergrau
2. Frage
Aus welchen Pflanzenteilen
wird das Rot-Öl gepresst?
A aus den Blüten und
Fruchtkapseln
E aus den Blättern und dem
Stängel
F aus den Wurzeln und
Wurzelhaaren
3. Frage
Wie heißt der Wirkstoff aus
dem Johanniskraut, der für die
stimmungsaufhellende Wirkung
verantwortlich ist?
S Hypericin
R Hyperforin
J Hyperosid
4. Frage
Welche Rolle spielt
Johanniskrautöl in der Pflege?
I Es beugt Wundliegen vor.
V Es schützt vor Demenz.
T Es hilft bei Haarausfall.
5. Frage
Was ist Rot-Öl?
S ein Wundheilmittel
R ein Bartpflege-Balsam
K ein Farbstoff
6. Frage
Wann ist die Blüte- und
Erntezeit des Johanniskrauts?
Ö im Sommer
Ä im Frühling
Ü im Herbst
7. Frage
Was ist unmittelbar nach
einer Einreibung mit Rot-Öl
zu beachten?
L Sonne meiden
H keine Milch trinken
N nicht blaumachen
Mehr über Johanniskraut
und Rot-Öl erfahren Sie auf
den Seiten 14 und 15.
Lösungswort aus dem Vormonat: TINKTUR
Haben Sie alles gewusst?
Dann reihen Sie die Großbuchstaben vor
jeder richtigen Antwort aneinander. So erhalten
Sie das Lösungswort. Tipp: Gesucht
ist die Trägersubstanz, die zum Einlegen
von Pflanzenauszügen benutzt wird.
Lösungswort:
Foto – Blumen: Martina/stock.adobe.com
Fit unterwegs
Fit unterwegs
16 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020
Kinder brauchen Abenteuer
✿
Toben, klettern, buddeln … Kinder spielen leidenschaftlich gerne und
sie haben ein Recht darauf. Warum Spielen so wichtig ist.
VON VERENA MUNDE
Foto: Sergey Novikov; Grafik: Style-o-Mat; beide stock.adobe.com
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Ihrem Darm!
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Milchsäurebakterien
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Dr. Wolz sorgt vor!
Ja, in der Tat: Das Recht auf Spielen ist
in Artikel 31 der UN-Kinderrechtskonvention
verankert! Im Alltag kommt es
häufig zu kurz, und durch Corona-Einschränkungen
für Kitas, Schulen und
Freizeiteinrichtungen erst recht. Viele
Kinder sind zu Hause und häufig stundenlang
mit Tablet oder Handy in der virtuellen
Welt unterwegs. Mindestens so
spannend und viel wichtiger für die Entwicklung
ist es aber, draußen herumzutollen,
echte Abenteuer zu erleben und
spielend die reale Welt zu entdecken.
Der Sommer ist die beste Zeit dazu!
Spielplatz Natur
Im Wald, im Park, im Garten – die Natur
ist der beste Spielplatz. Hier finden
Kinder immer etwas, was man anfassen,
rollen, werfen, auseinandernehmen
oder zusammenbauen kann. Schon die
Kleinsten »begreifen« so ihre Welt und
Umwelt. Voller Hingabe beschäftigen sie
sich mit Blättern und Gräsern, stapeln
Kieselsteine, spritzen mit Wasser, buddeln
im Matsch oder verfolgen gespannt
einen Käfer oder Regenwurm. Jede Beobachtung,
jede Erfahrung bildet neue
Nervenverbindungen im Gehirn, schult
Motorik und Kreativität sowie das spontane
Reagieren auf neue Situationen.
Zahlreiche Studien belegen, dass Spielen
in der Natur die geistige, körperliche und
soziale Entwicklung besonders fördert.
Auch gesundheitlich profitieren die Kids:
Draußen-Spielkinder sind seltener kurzsichtig,
denn Tageslicht unterstützt die
gesunde Entwicklung der Augen. Und
ganz wichtig: Auf dem Spielplatz Natur
kommen Kinder aller Altersgruppen in
Bewegung!
Fotos: Evgeny Atamanenko, Jacob Lund; beide stock.adobe.com
Spielen ist Sport
Eigentlich ist ihnen der Bewegungsdrang
in die Wiege gelegt, meist aber
sitzen Kinder viele Stunden am Tag und
bewegen sich zu wenig. Die Folgen sind
bekannt: Jedes fünfte Kind hat Übergewicht,
viele leiden unter Haltungsschäden
und manche sogar unter Diabetes
oder einer Vorstufe dazu. Sportvereine
und Schulsport können nicht auffangen,
was an alltäglicher Aktivität fehlt – schon
gar nicht, wenn coronabedingt vieles
ausfällt. Eltern sollten dann motivieren
und den passenden Rahmen schaffen.
Oft braucht es dafür gar nicht viel. Bolzen,
Fangen, Versteckspiel… traditionelle
Bewegungsspiele erfordern höchstens
einen Ball, weder Sportkleidung noch
Geräte oder eine Halle. Eine Wiese, der
Garten oder Innenhof reichen und schon
kann’s losgehen. So kommen Kinder
spielend auf die von der WHO empfohlene
Bewegung von mindestens einer
Stunde pro Tag.
Freiräume lassen
Beim Spielen sind Kinder am liebsten
ungestört oder spielen zusammen mit
Freunden. Erwachsene können Anregungen
liefern und die Kleinen unterstützen,
sollten sich ansonsten aber
eher im Hintergrund halten. Bestimmen
Kinder den Spielverlauf und die Regeln
weitestgehend selbst, fördert das die
soziale Kompetenz, die Selbstständigkeit
und auch die Fähigkeit, Konflikte zu lösen.
Viele Pädagogen plädieren deshalb
für das »freie Spielen«.
Kleines Notfall-Set
Kinder sind von Natur aus neugierig,
experimentierfreudig und testen Grenzen
aus. Da kann es auch mal passieren,
dass sich jemand das Knie aufschürft,
an Dornen kratzt oder sich die Finger
klemmt. Damit kleine Unfälle nicht den
Spielspaß verderben, sollte ein Notfall-
Set mit Verbandszeug griffbereit sein.
Wichtig ist auch ein UV-Schutz für Kinder,
sonst kann ein Sonnenbrand schnell
zum Spielverderber werden.
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22 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020 Entdecken Sie unsere Spiel-Ideen auf den nächsten Seiten!
August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 23
Allergene
im Anflug
✿
Pollen und Insekten können Allergikern
so manchen Sommertag verleiden.
Dank einiger Vorsichtsmaßnahmen
wird der nächste Ausflug trotzdem
zum Vergnügen.
VON SASKIA FECHTE
Foto: Mallivan - stock.adobe.com
Fotos: nechaevkon, bennytrapp; beide stock.adobe.com
Picknick im Grünen, Grillen im Garten,
ein Trip in die Natur – an sonnigen
Tagen halten wir uns am liebsten
draußen auf. So mancher Allergiker begegnet
dieser Jahreszeit jedoch mit Vorsicht,
denn nicht nur das Frühjahr ist eine
unangenehme Zeit für Menschen mit
einem überaktiven Immunsystem. Einige
Auslöser starten erst im Hoch- oder
Spätsommer ihren Höhenflug.
Pollen in Hochstimmung
Mit dem August beginnt die Hauptsaison
für besonders aggressive Allergene,
die immer mehr Menschen hierzulande
Beschwerden verursachen: die Samen
der Beifuß-Ambrosie. Das Beifußblättrige
Traubenkraut, oder Ambrosia artemisiifolia,
breitet sich aufgrund des
Klimawandels zunehmend hier aus. Das
macht laut Deutschem Allergie- und
Asthmabund e. V. ungefähr zehn Prozent
der Bevölkerung zu schaffen. Problematisch:
Bei einer Ambrosia-Allergie
reichen nur sehr wenige Pollen aus, um
heftige Reaktionen hervorzurufen.
Zusätzlich steigern Schadstoffe, etwa
in der Luft von Großstädten oder in der
Nähe von Autobahnen, die reizende
Wirkung der Pflanzenpollen. Aber auch
andere Allergie-Auslöser schwirren jetzt
durch die Lüfte: Spitzwegerich, Brennnessel,
der heimische Beifuß und spätblühende
Gräser können zur Belastung
an Sommertagen werden.
Hilfe aus der Apotheke
Juckende Augen, Schnupfen und Atembeschwerden
sowie Hautausschläge
sind typische Symptome. Hiergegen helfen
– außer viel Abstand zu den Pflanzen
– antiallergische Augentropfen und
abschwellendes Nasenspray. Vorbeugend
wirken Antihistaminika und an-
dere rezeptfreie Anti-Allergie-Tabletten,
sie mindern die Abwehrreaktionen des
Immunsystems. Nach dem Aufenthalt
in der Natur befreit eine Nasendusche
mit Salzlösung die gereizten Atemwege.
Dampfbäder und Augenmasken mit
beruhigenden Zusätzen sind ebenfalls
eine Wohltat für Pollenallergiker. Positiver
Nebeneffekt in Corona-Zeiten: Ein
Mund-Nasen-Schutz hält auch einen Teil
der Pollen von den Atemwegen fern.
Insekten unterwegs
Mit einer Allergie gegen Insektengift ist
nicht zu spaßen. Schon für die meisten
Menschen ist ein Bienen- oder Wespenstich
ausgesprochen schmerzhaft. Für
knapp drei Millionen Deutsche kann
solch eine Attacke gefährlich werden.
Dann bleibt es nicht bei einer harmlosen
Schwellung, denn zusätzlich können
Kreislauf oder Magen-Darm-Trakt
schlagartig reagieren. Übelkeit, Erbrechen,
Schwindel und Herzrasen sind
häufige Symptome, auch Atemnot durch
starke Schwellungen im Gesicht und im
Rachen tritt auf. Besonders gefürchtet
ist der anaphylaktische Schock, eine Art
Kreislaufkollaps, der lebensbedrohlich
werden kann.
Stiche sind die
Ausnahme
Bienen, Hornissen und Co. sind selten
auf ein Kräftemessen aus. Um sie nicht
zu reizen, lassen Sie die Tiere in Frieden
und bleiben Sie gelassen. Platzieren Sie
möglichst wenig Speisen und Getränke
sowie Essensreste im Freien und meiden
Sie stark parfümierte Kosmetik sowie
bunt gemusterte Kleidung. Trotzdem
erwischt? Nach einem Bienenstich bleibt
der Stachel oft in der Haut stecken. Entfernen
Sie ihn vorsichtig, ohne dabei auf
die anhaftende Giftblase zu drücken.
26 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020 August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 27
Gegen den Schmerz und die Schwellung
helfen Kühlkompressen sowie Cremes,
Gels oder sogenannte Stichheiler aus der
Apotheke.
Notfall-Set immer dabei
Wer allergisch auf Insektengift reagiert,
muss nach einem Stich sofort handeln.
Erste-Hilfe-Medikamente für den Ernstfall
gehören daher zu jedem Sommerausflug
dazu. Ein solches Notfall-Set
enthält ein schnell wirkendes Antihistaminikum,
eine Fertigspritze mit Adrenalin
und ein Kortisonpräparat sowie eine
kurze Anleitung.
Ist der Betroffene nicht mehr selbst in
der Lage, sich zu behandeln, ist er nämlich
auf Hilfe angewiesen. Wer seine Begleiter
über seine Allergie und die Handhabung
der Arzneimittel informiert,
schafft die besten Voraussetzungen für
den Fall der Fälle. Bei einer heftigen allergischen
Reaktion und Verdacht auf
einen anaphylaktischen Schock immer
einen Notarzt rufen!
Beruhigung für die Augen:
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E I N K A U F S Z E T T E L
Entspannung pur
Progressive
Für wen ist PMR
geeignet?
Wobei hilft die
Entspannungsmethode?
Entspannen Sie sich – aber richtig. In dieser neuen Serie stellen
wir Ihnen die besten Methoden und beliebtesten Techniken vor.
Progressive Muskelrelaxation macht den Auftakt.
VON VERENA MUNDE
Was ist PMR?
Die Progressive Muskelrelaxation (PMR), auch
Progressive Muskelentspannung (PME) genannt,
ist eine wissenschaftlich gut untersuchte
Entspannungstechnik, die mithilfe gezielter
Übungen unser seelisches Wohlbefinden verbessern
und die Gesundheit stärken soll. Sie
basiert auf der Erkenntnis, dass Körper und
Seele über die Muskulatur eng miteinander
verbunden sind. Bei Stress, Ängsten und Unruhe
erhöht sich unsere Muskelspannung und
es kann zu den verschiedensten Beschwerden
kommen. Sinkt die körperliche Anspannung,
erholen sich Körper und Seele gleichermaßen.
Zentrales Element der Methode ist ein
Übungszyklus, in dem nach und nach der Fokus
auf einzelne Muskelgruppen gelenkt, kurz
angespannt und dann wieder gelockert wird.
Dieser Wechsel soll in eine tiefe Entspannung
führen, Stress wird abgebaut, Muskeln und
Organe sowie Atmung, Herzschlag und Blutdruck
können sich regulieren.
Wie funktioniert
die Methode?
Ein Übungszyklus dauert etwa 20 bis 30 Minuten und führt uns
auf eine Reise durch den ganzen Körper: Wir suchen uns ein
ruhiges Plätzchen, liegen auf einer Matte oder machen es uns im
Sitzen bequem. Die Augen schließen und los geht’s: Zu Beginn
die dominante Hand zur Faust ballen und die Anspannung fünf
bis zehn Sekunden halten. Dann die Hand etwa 30 Sekunden bewusst
lockerlassen und die Übung auf der anderen Seite durchführen.
Weiter geht es über die Arme zum Gesicht, von dort
über Nacken, Schultern und Rücken bis zu den Beinen und Füßen.
Wichtig: Nach jeder Station kurz innehalten und der Entspannung
nachspüren. Auf gleichmäßige Atmung achten und beim Anspannen
einer Muskelgruppe einatmen, beim Entspannen ausatmen.
Fotos: Frau liegend: Microgen, Ältere Frau: rawpixel.com/stock.adobe.com
Die Methode passt vor allem zu den Menschen,
die abschalten und aktiv etwas gegen Stress tun
möchten. PMR kennt keine Altersgrenze. Sie ist
für Kinder ebenso geeignet wie für Erwachsene.
Auch Senioren, die körperlich fit genug sind, tun
diese Übungen gut. Schwangere können PMR
unbesorgt anwenden.
Tipps für Einsteiger
PMR ist leicht zu erlernen, anfangs
erweist sich eine Anleitung jedoch
als hilfreich. Volkshochschulen,
Familienbildungsstätten, Sportvereine
und Fitnessstudios bieten
Kurse an. Im Buchhandel und Internet
sind zahlreiche CDs, DVDs,
MP3-Dateien mit Anleitungen für
Zuhause erhältlich – eine gute Alternative,
wenn Abstands- und
Hygieneregeln eine Kursteilnahme
erschweren.
Wenn Anforderungen in Beruf, Familie oder Partnerschaft hoch
sind und wenn Hektik im Alltag zur Belastung wird, schafft PMR
den erforderlichen Ausgleich für Körper und Seele. Die Übungen
dienen dazu, stressbedingten Störungen vorzubeugen und diese
zu lindern. PMR bewährt sich erwiesenermaßen bei Spannungskopfweh,
Nacken- und Rückenschmerzen, innerer Unruhe, Ängsten,
Hyperaktivität, Schlafproblemen, Magen-Darm-Störungen,
Tinnitus, nächtlichem Zähneknirschen, Burn-out und Depressionen.
Außerdem wird die Methode in der Geburtsvorbereitung,
begleitend zu zahlreichen Therapien und zur Regeneration nach
Unfällen oder Operationen eingesetzt. In vielen Reha-Kliniken
gehört sie zum Standardprogramm.
Wobei hilft PMR nicht?
Als Entspannungsmethode kann PMR keine medizinisch notwendige
Behandlung ersetzen, diese aber unterstützen. Vorsicht ist
bei sehr niedrigem Blutdruck, Asthma und Migräne angeraten. In
der Entspannung sinkt der Blutdruck noch weiter, asthmatische
Beschwerden können sich verschlimmern. Bei Migräne hat man
festgestellt, dass PMR zwar vorbeugend wirkt, einen akuten Anfall
jedoch verstärken kann. Für Menschen mit Psychosen ist die
Methode nicht geeignet.
Woher stammt
Progressive Muskelrelaxation?
Begründer der Methode ist der amerikanische Arzt und Physiologe
Edmund Jacobson (1888–1983). Er entdeckte in den 1920er-
Jahren die enge Stress-Muskel-Beziehung und die umfassende
Wirkung der Muskelentspannung. Er entwickelte erste Übungen,
auf denen die heutigen Anwendungen basieren.
In der nächsten Ausgabe: Autogenes Training.
34 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020
August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 35
Körperpflege
Frisch
Auch natürliche Wirkstoffe
sorgen für trockene Achseln.
bleiben
Ein gutes Gefühl trotz
Sommerhitze – das versprechen
Deo und Co. Die Auswahl ist
groß, auch unter den
natürlichen Varianten.
D
VON SASKIA FECHTE
ie Sonne brennt, die Luft steht – jetzt
treten uns bei der kleinsten Bewegung
die Schweißperlen auf die Stirn. Damit
das Shirt trocken bleibt und keine unangenehmen
Gerüche entstehen, gehört
ein Deo zur täglichen Körperpflege dazu.
Geruch durch Bakterien
Was uns bei sommerlichen Temperaturen
und körperlicher Anstrengung aus
den Poren rinnt, ist eigentlich nur Wasser
mit gelösten Mineralstoffen. Schweiß
an sich ist geruchsneutral. Erst wenn er
mit Bakterien in Kontakt kommt, die sich
auf der Haut oder in der Kleidung befinden,
kann ein strenger Geruch auftreten.
Die übel riechenden Säuren entstehen,
wenn die Mikroorganismen den Schweiß
zersetzen.
Fotos – Frau: Bernd Leitner, Speik: Hermann Schachner, Salbei: Birgit Reitz-Hofmann/stock.adobe.com
Deo oder Antitranspirant?
Kosmetika für den frischen Auftritt lassen
sich grundsätzlich in zwei Kategorien
einteilen. Deodorants neutralisieren
oder überdecken den Schweißgeruch.
Sie enthalten meist antibakterielle oder
desinfizierende Wirkstoffe, um die
Aktivität der Mikroben in Schach zu halten.
Beliebt sind zudem blumige, krautige
oder zitrusähnliche Duftstoffe. Deos
gibt es als Spray, Stick oder Roll-on,
Puder oder Creme. Die zweite Variante,
sogenannte Antitranspirantien, setzen
bei den Schweißdrüsen an: Sie hemmen
deren Produktivität und minimieren die
Bildung von Schweiß. Darüber hinaus
gibt es Frischmacher, die beide Wirkweisen
kombinieren.
In der Kritik: Aluminium
Besonders effektiv unter den Antitranspirantien
sind Rezepturen mit Aluminiumverbindungen.
Leider sind sie
nicht ganz unbedenklich. Aluminium aus
Kosmetik kann in die Haut eindringen
und sich im Körper anreichern. Es steht
außerdem in Verdacht, das Risiko für
Brustkrebs zu erhöhen. Das Bundesinstitut
für Risikobewertung rät von der
Verwendung aluminiumhaltiger Antitranspirantien
ab, um die individuelle
Belastung mit dem Leichtmetall möglichst
gering zu halten. Insbesondere
auf geschädigten Hautpartien sowie direkt
nach der Rasur sollten solche Produkte
nicht zum Einsatz kommen. Viele
Hersteller setzen zunehmend auf aluminiumfreie
Rezepturen; in zertifizierter
Naturkosmetik sind solche Verbindungen
grundsätzlich nicht erlaubt.
Natürliche Wirkstoffe
Viele Deos nutzen die schweißhemmende
Wirkung verschiedener Kräuter
und anderer natürlicher Ausgangsstoffe.
Unter den Heilpflanzen stoppen vor allem
Salbei, Pfefferminze, Lavendel und
die Speikpflanze den Fluss aus den Poren.
In ihnen stecken Substanzen, die
Schweißdrüsen verengen und die Aktivität
der geruchsbildenden Bakterien
mindern können. Solche Effekte erzielen
auch diverse ätherische Öle, Verbindungen
aus Zink und Zitronensäure sowie
das altbekannte Hausmittel Natron.
Diese Zutaten sind ebenfalls in Naturdeos
zu finden.
EINKAUFSZETTEL
Deo mit der Kraft der Natur:
✿ Baldini Deo Sauge et Limon
✿ Primavera ® Frischedeo
✿ Salbei Deodorant von Weleda
✿ Salbei Minze Deomilch
von Dr. Hauschka
Diese Produkte
erhalten Sie in
Ihrer Apotheke.
Wirkung ist individuell
Ob klassisches Produkt oder reine
Natur: Probieren Sie aus, welches Deo
Ihnen das gewünschte Frischegefühl
verleiht. Denn der Eigengeruch und die
Zusammensetzung von Schweiß sind bei
jedem Menschen unterschiedlich. Zudem
beeinflussen Ernährung, Kleidung
und Lebensstil den Müffelfaktor – und
damit auch die Effektivität von Deos
und Antitranspirantien.
36 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020
August 2020 · naturheilkunde & gesundheit | 37
Herz-Kräuter
Phytotherapie
Für starke Herzen
Ganzheitlich gesund mit
Weißdorn und anderen
„Herzensrettern“
aus der Natur.
VON STEFANIE HAPP
H and aufs Herz: Tragen wir nicht alle
ab und zu das Herz auf der Zunge?
Wenn uns etwas sehr ans Herz geht,
schütten wir es aus oder geben dem
Herzen einen Ruck. Redewendungen
wie diese zeigen, dass uns Herzenssachen
tief berühren. Große Gefühle
können bewirken, dass uns das Herz
bis zum Hals schlägt. Herzflimmern
vor Glück kann unglaublich anregend
sein. Hingegen haben Menschen, die
sehr enttäuscht wurden, sprichwörtlich
ein Herz aus Glas. Herzschmerz
geht oft mit Beklemmungen und Brustenge
einher. Bei derartigen Problemen
mit der „Pumpe“ reicht eine körperliche
Behandlung allein meist nicht aus.
Unser wichtigstes Organ braucht eine
ganzheitliche Betrachtung. Die Naturheilkunde
ist dafür wie geschaffen,
weil sie auf vielen Säulen basiert und
dabei auch Geist und Gemüt einbezieht.
Neben Empfehlungen zu Ernährung,
Entspannung und Bewegung ist
die Phytotherapie ein wichtiges Standbein.
Wenn es um den Taktgeber unseres
Lebens geht, legen wir Ihnen eine
Arzneipflanze wärmstens ans Herz:
Weißdorn.
Fotos – Tasse: Hetizia, Weißdorn: unpict/stock.adobe.com
Weißdorn
(Crataegus monogyna)
Weißdorn ist das pflanzliche Herzmittel
par excellence. Die Naturarznei
ist wissenschaftlich gut erforscht und
in seiner umfassenden Wirksamkeit
bestätigt. Weißdorn schützt das Herz
und stärkt es in seiner Funktion. In
den gezähnten Blättern und den weißen,
intensiv duftenden Blüten dieses
strauchartigen Rosengewächses
stecken Pflanzenwirkstoffe, die die
Durchblutung der Herzkranzgefäße
anregen. Enthalten sind sogenannte
Flavonoide und Procyanidine, die dafür
sorgen, dass sich die Blutgefäße weiten
und mehr Sauerstoff zum Herzen
transportiert wird. Die Pumpleistung
wird verbessert, der Herzrhythmus
reguliert und der Blutdruck gesenkt.
Langfristig soll Weißdorn sogar Artherosklerose
vorbeugen. Wer dauerhaft
Weißdorn-Präparate einnimmt, kann
die Einlagerung von Cholesterin, also
Blutfett, in den Blutgefäßen verhindern.
Gleichzeitig hat der Weißdorn
Inhaltsstoffe, die beruhigend auf das
Nervensystem wirken. Sie haben Einfluss
auf das Gehirn und können den
Schlaf verbessern, Ängste lösen und
für allgemeine Entspannung sorgen.
Für nervöse Herzen bedingt durch
Stress, Kummer und Überlastung ist
Weißdorn ein sanftes Beruhigungsmittel,
das auf Körper, Geist und Seele zugleich
wirkt.
Im Takt bleiben
Je älter und reicher an Erfahrungen wir
werden, desto größer wird die Rolle,
die Weißdorn in unserem Leben
spielen kann. Denn kommen Herz
und Blutgefäße in die Jahre, können
sie träge werden. Erste Anzeichen
einer Herzschwäche sind mitunter
Kurzatmigkeit, Kreislaufprobleme und
dauernde Müdigkeit. Man fühlt sich
nicht mehr so energiegeladen wie
früher und bringt nicht mehr täglich
Höchstleistungen. Mit Weißdorn können
sogenannte „Altersherzen“ zurück
in ihre gewohnte Kraft finden.
Dank der durchblutungsfördernden
Wirkung und der verbesserten Sauerstoffzufuhr
wird der Herzmuskel
belebt und unterstützt. Übrigens sind
Altersherzen keine Phänomene der
Generation 65 plus. Schon ab 40 können
Herzen aus dem Takt geraten.
Zur Vorbeugung, bei leichten Herzrhythmusstörungen
oder psychogenen
Herzbeschwerden („Herzneurose“)
können Weißdorn-Präparate natürliche
Helfer sein. Sie eignen sich auch
zur Nachbehandlung nach einer überstandenen
Virusinfektion, um einer
Herzmuskelschwäche vorzubeugen.
Die Phytokardiaka, wie die pflanzlichen
Herzmittel in der Fachsprache heißen,
wirken nicht sofort. Für eine Langzeiteinnahme
sind sie allerdings gut geeignet,
weil sie mild, verträglich und
nebenwirkungsarm sind. Tees, Tinkturen
und die höher dosierten Fertigpräparate
mit Weißdorn-Extrakten
aus der Apotheke lassen sich gut mit
anderen Herz-Kräutern oder Arzneien
aus der Homöopathie oder aus der
Schulmedizin kombinieren. Fragen Sie
Ihren Arzt.
Zitronenmelisse
(Melissa officinalis)
„Herztrost“ nannte man die Zitronenmelisse
schon im Mittelalter.
Seither ist bekannt, dass die frisch
duftende Heilpflanze ätherische
Öle enthält, die entspannend und
stimmungsaufhellend wirken. Zitronenmelisse
als Tee, Tinktur oder
Badezusatz beruhigt bei nervösen
Schlafstörungen und kann bei
leichten Herzbeschwerden in den
Wechseljahren helfen. „Stressherzen“
können durchatmen.
Rosmarin
(Salvia rosmarinus)
Das „Wachkraut“ unter den Arzneipflanzen
hat in der Naturheilkunde
eine lange Tradition. Bäder und Einreibungen
mit Rosmarinöl werden
seit jeher zur Kreislaufstabilisierung
angewandt. Das aromatisch duftende
Kraut sorgt für eine kräftige
Durchblutung, steigert den koronaren
Durchfluss und weckt die Sinne
auf. Sogenannte „Herzsalben“ machen
warm ums Herz. Sie enthalten
neben Rosmarin auch die Öle aus
Eukalyptus, Kampfer und Lavendel.
Herzgespann
(Leonurus cardiaca)
„Spann“ ist eine alte Bezeichnung
für Krampf. Herzgespann soll also
angespannte Herzen zurück ins
Gleichgewicht bringen. Noch ist das
Heilkraut wenig erforscht, ist aber
schon Bestandteil einiger Herztonika,
die zur Beruhigung eingesetzt
werden. Die Herzschlagfrequenz
kann sich normalisieren und leicht
erhöhter Blutdruck reguliert sich.
42 | naturheilkunde & gesundheit · August 2020
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