Die Grundprinzipien des deutschen Staates
Staatsstrukturprinzipien und Verfassungsprinzipien der Bundesrepublik Deutschland mit allgemeinen Staatslehren
Staatsstrukturprinzipien und Verfassungsprinzipien der Bundesrepublik Deutschland mit allgemeinen Staatslehren
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Staatsstrukturprinzipien
Verfassungsprinzipien
© Silke Wollburg Staatsrecht 1
Artikel 20 [Grundsätze der Verfassung; Widerstandsrecht]
(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und
sozialer Bundesstaat.
(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in
Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der
Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der
Rechtsprechung ausgeübt.
(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung,
die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an
Gesetz und Recht gebunden.
(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu
beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand,
wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.
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Exkurs:
Allgemeine Staatslehren
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Staat
Staatsvolk
3-Elemente Lehre
Staatsgebiet
Staatsgewalt
Staatsangehörigkeit
Räumlich
abgrenzbarer Bereich
der Erdoberfläche
- nach Innen
- nach Außen
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Staatsvolk
Begriff:
Alle Menschen mit derselben Staatsangehörigkeit (Staatsbürger) bilden zusammen das
Staatsvolk.
Erwerb der Staatsangehörigkeit:
I. durch Geburt
1. Abstammungsprinzip
Staatsangehörigkeit eines Kindes richtet sich nach der Staatsangehörigkeit der Eltern.
2. Territorialprinzip
Kind erhält die Staatsangehörigkeit des Staates, auf dessen Gebiet es geboren wurde.
II. durch Verwaltungshandeln
Einbürgerung
In Deutschland gilt das Abstammungsprinzip, ergänzt um Elemente des
Territorialprinzips (vgl. Art. 16 und 116 GG sowie Staatsangehörigkeitsgesetz)
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Artikel 16
[Staatsangehörigkeit; Ausbürgerung; Auslieferung]
(1) Die deutsche Staatsangehörigkeit darf nicht entzogen werden.
Der Verlust der Staatsangehörigkeit darf nur auf Grund eines
Gesetzes und gegen den Willen des Betroffenen nur dann
eintreten, wenn der Betroffene dadurch nicht staatenlos wird.
(2) Kein Deutscher darf an das Ausland ausgeliefert werden.
Durch Gesetz kann eine abweichende Regelung für
Auslieferungen an einen Mitgliedstaat der Europäischen Union
oder an einen internationalen Gerichtshof getroffen werden,
soweit rechtsstaatliche Grundsätze gewahrt sind.
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Artikel 116 [Staatsangehörigkeit]
(1) Deutscher im Sinne dieses Grundgesetzes ist vorbehaltlich
anderweitiger gesetzlicher Regelung, wer die deutsche
Staatsangehörigkeit besitzt oder als Flüchtling oder Vertriebener
deutscher Volkszugehörigkeit oder als dessen Ehegatte oder
Abkömmling in dem Gebiet des Deutschen Reiches nach dem Stand
vom 31. Dezember 1937 Aufnahme gefunden hat.
(2) Frühere deutsche Staatsangehörige, denen zwischen dem 30.
Januar 1933 und dem 8. Mai 1945 die Staatsangehörigkeit aus
politischen, rassischen oder religiösen Gründen entzogen worden ist,
und ihre Abkömmlinge sind auf Antrag wieder einzubürgern. 2Sie
gelten als nicht ausgebürgert, sofern sie nach dem
8. Mai 1945 ihren Wohnsitz in Deutschland genommen haben und
nicht einen entgegengesetzten Willen zum Ausdruck gebracht haben.
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Begriff der Nation
• Nation
Gruppe mit gemeinsamer Abstammung,
Kultur, Sprache u.ä.
• Nationalstaat
Staatsangehörige gehören weitgehend der
gleichen Nation an.
• Nationalitätenstaat
Staatsangehörige gehören verschiedenen
Nationalitäten an.
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Bedeutung der Staatsangehörigkeit
• Verschaffung von Rechten
z.B. Grundrechte
• Bestehen von Pflichten
z.B. Staatstreue, Steuerpflicht
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Staatsgebiet
• bestimmbarer, abgrenzbarer Ausschnitt der Erdoberfläche
• Luftraum über und Erdinneres unter der abgrenzbaren
Erdoberfläche
• Exklaven
kleinere Gebiete außerhalb des geschlossenen Staatsgebiets
(z.B. Büsingen am Hochrhein = deutsche Exklave auf
dem Gebiet der Schweiz oder Mützenich = deutsche Exklave
auf dem Gebiet von Belgien)
• Umgebende offene Gewässer
z.B. Zwölfmeilenzone (circa 22km)
• Kriegsschiffe, Handelsschiffe auf hoher See und
Flugzeuge während des Fluges.
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Staatsgewalt
= souveräne, selbstbestimmte Machtausübung
• Innere Staatsgewalt
effektive Gestaltung und Aufrechterhaltung
einer öffentlichen Ordnung (Recht)
• Äußere Staatsgewalt
effektive Souveränität gegenüber anderen
Staaten
Legitimität unrelevant!
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Staatsformen
Differenzierung nach
Träger der
Staatsgewalt
(Regierungsform)
Monokratie
Herrschaft
Einzelnen
eines
Aristokratie
Herrschaft einer
privilegierten Gruppe
Demokratie
Herrschaft des Volkes
Differenzierung nach
dem Staatsoberhaupt
(Staatsform)
Monarchie
Staatsoberhaupt kommt
auf Lebenszeit ins Amt,
meist durch Erbfolge
Demokratie
Staatsoberhaupt wird
gewählt und kann bei
nächster Wahl ersetzt
werden
Differenzierung nach
der Organisation
Einheitsstaat
Zentralisierte
Staatsgewalt auf einer
Ebene (z.B. Frankreich)
Bundesstaat
Aufteilung der Staatsgewalt
zwischen
Gesamt-staat und
Gliedstaaten (z.B.
Deutschland)
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Monarchieformen
Absolute Monarchie
Konstitutionelle
Monarchie
Parlamentarische
Monarchie
Die Staatsgewalt liegt
allein beim Monarchen
(Absolutismus)
Die Staatsgewalt liegt
nur beim Monarchen,
wird aber durch die
Verfassung
eingeschränkt.
Die Staatsgewalt liegt
beim
Volk
(Demokratie). Der
Monarch hat vorwiegend
repräsentative
Aufgaben.
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Demokratieformen
Mittelbare Demokratie
(indirekte Demokratie)
Das Volk trifft die Entscheidungen
nicht unmittelbar selbst, sondern
wählt Vertreter, welche
stellvertretend die Entscheidungen
treffen. Das Volk bleibt jedoch
Träger aller Staatsgewalt.
In Deutschland:
Wahl von Bundes- und Landtag
Dadurch für alle Entscheidungen
sog. Legitimationskette.
Unmittelbare Demokratie
(direkte Demokratie)
Das Volk entscheidet unmittelbar
selbst in Abstimmungen.
In Deutschland:
Elemente unmittelbarer Demokratie
in Art. 29 GG
(Volksentscheid, Volksbefragung,
Volksbegehren)
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Endes des Exkurses
„Allgemeine Staatslehren“
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Staatsstrukturprinzipien
•Demokratieprinzip
•Rechtsstaatsprinzip
•Bundesstaatsprinzip
•Republikanisches Prinzip
•Sozialstaatsprinzip.
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Das Republikanische Prinzip
Artikel 20 Abs. 1 GG
Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.
Der Begriff „Republik“ leitet sich aus dem
Lateinischen Begriff „res publica“ = Sache
der Öffentlichkeit = Gemeinwesen.
Vorrangig ist das republikanische Prinzip der
Gegenbegriff zur Monarchie (s.o.).
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Das Republikanische Prinzip
Relevanz in unserer Verfassung
Das republikanische Prinzip spiegelt eine bestimmte Vorstellung vom Verhältnis der
Bürger zum Staat wider:
Damit der Staat zur „res publica“, also zur Angelegenheit aller, werden kann, sind auf der
einen Seite die Bürger dazu aufgefordert, die Angelegenheiten des Staates als ihre
eigenen Angelegenheiten zu begreifen und Verantwortung für das Gemeinwesen zu
übernehmen. Dies setzt auf der anderen Seite voraus, dass sich der Staat zuvor
seinerseits die Interessen aller Bürger zu Eigen gemacht hat.
Aus dem so verstandenen Republikprinzip lässt sich somit die Gemeinwohlbindung des
Staates und seiner Organe sowie das in dieser Bindung verwurzelte Gebot
unparteiischer Amtsführung herleiten.
Darüber hinaus muss der Staat unter der Geltung des GG durch die Bereitstellung
öffentlicher oder kollektiver Güter die Voraussetzungen dafür schaffen, dass die Bürger
von ihren Freiheitsrechten tatsächlich Gebrauch machen können
(vgl. BeckOK Grundgesetz/Huster/Rux GG Art. 20 Rn. 200-205, beck-online)
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Bundesstaatsprinzip, Art. 20 I GG
(Föderalismus)
Was ist ein Bundesstaat?
• Mehrere (mindestens 2) rechtlich selbständige Staaten („Staatlichkeit der
Länder“) schließen sich zu einem Gesamtstaat zusammen (in Deutschland
aktuell 16 Bundesländer).
• Der Bundesstaat hat eine gemeinsame Verfassung und ein
gemeinsames Parlament (neben den Landesverfassungen und den
Landesparlamenten.
• Die einzelnen Staaten akzeptieren (unter Beibehaltung eines Grundmaßes
an Selbständigkeit) eine gemeinsame Regierung.
• Der Zusammenschluss ist gerichtet auf die Herstellung einer Rechts- und
Wirtschaftseinheit im Interesse gleichwertiger Lebensverhältnisse im
Bundesgebiet (vgl. Art. 72 II GG).
• Die Länder als solche sind veränderbar (vgl. Art. 29 GG), die
bundesstaatliche Verfassung in Deutschland ist jedoch von der
Ewigkeitsgarantie des Art. 79 III GG dauerhaft gewährleistet.
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Bundesstaatsprinzip, Art. 20 I GG
(Föderalismus)
Gesamtstaat (BRD)
16 Gliedstaaten
(Bundesländer)
Bundesstaatliche Ordnung (=Föderalismus)
Sowohl Bund als auch Länder üben jeweils die 3 Staatsgewalten aus.
Artikel 30 [Aufgaben der Länder] Die Ausübung der staatlichen Befugnisse
und die Erfüllung der staatlichen Aufgaben ist Sache der Länder, soweit dieses
Grundgesetz keine andere Regelung trifft oder zulässt.
Legislative
Grundsätzlich haben die Länder die Gesetzgebungskompetenz. Der Bund darf
nur Gesetze erlassen, wenn das GG dies vorsieht (Art. 70 I GG)
Exekutive
Die Länder sind nicht nur für die Ausführung der eigenen Gesetze zuständig,
sondern führen grundsätzlich auch die Bundesgesetze aus (Art. 83 GG)
Judikative
Die Rechtsprechung erfolgt von den im GG vorgesehenen Bundesgerichten
und sonst durch die Gerichte der Länder (Art. 92 GG)
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Bundesstaatsprinzip
Homogenitätsprinzip (= Gleichartigkeitsprinzip)
Art. 28 I 1 GG:
Die verfassungsmäßige Ordnung in den Ländern muss den Grundsätzen des
republikanischen, demokratischen und sozialen Rechtsstaates im Sinne dieses
Grundgesetzes entsprechen.
Die verfassungsmäßige Ordnung der Länder muss mit der des
Bundes gleichartig sein und die im GG niederlegten
Staatsprinzipien spiegeln. Landesrecht darf daher ebenfalls nicht
dem GG widersprechen und muss die Grundrechte beachten.
Artikel 31 [Vorrang des Bundesrechts]
Bundesrecht bricht Landesrecht.
Gibt es bundesgesetzliche Regelungen und widerstreitende
Landesgesetze, so hat das Bundesgesetz stets Vorrang. Haben
die Länder zuerst eine gesetzliche Regelung geschaffen und
macht der Bund danach von seiner Kompetenz Gebrauch, so ist
das Landesrecht nicht anwendbar.
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Bundesstaatsprinzip
Pflicht zur Bundestreue
Über die Regelungen in Art. 28 I 1 und Art. 31 GG hinaus
haben die Länder die Verpflichtung zur Bundestreue.
Hieraus ergibt sich eine Rechtspflicht zu
„bundesfreundlichem Verhalten“.
Diese Pflicht ist nicht ausdrücklich im GG geregelt, aber in
Rechtsprechung und Lehre als verfassungsrechtlicher
Grundsatz zur Begrenzung der Länderkompetenzen
anerkannt.
Ziel ist die vertrauensvolle Zusammenarbeit zwischen dem
Bund und den Ländern im Interesse des Gesamtstaates.
© Silke Wollburg Staatsrecht 22
Das Demokratieprinzip
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“
(Art. 20 II 1 GG)
Grundsatz der Volkssouveränität
• Das Volk ist Träger
verfassunggebenden Gewalt.
der Staatsgewalt und Inhaber der
• Alle Staatsgewalt wird im Namen des Volkes ausgeübt.
• Man muss alle Staatsgewalt auf das Volk zurückführen können.
„Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere
Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung
ausgeübt.“
(Art. 20 II 2 GG)
Grundsatz der repräsentativen Demokratie
Das Volk übt die Staatsgewalt mit Ausnahme der Wahlen zu den
Volksvertretungen nicht selbst aus, sondern überlässt dies besonderen
Organen.
Grundsatz der gewaltenteiligen Demokratie
Diese Organe sind in die drei Gruppen der Gesetzgebung, der vollziehenden
Gewalt und der rechtsprechenden Gewalt untergliedert.
© Silke Wollburg Staatsrecht 23
Demokratieprinzip
Arten demokratischer Legitimation
funktionell-institutionelle Legitimation
Staatsfunktionen und staatliche Institutionen sind in der
Verfassung selbst vorgesehen sind und können somit auf die
verfassunggebende Gewalt des Volkes zurückgeführt werden
(z.B. Bundesversammlung, Art. 54 GG).
personell-organisatorische Legitimation
Wird vermittelt durch Wahl und Ernennung von Instanzen, die
sich auf das Volk zurückführen lassen (z.B. Bundeskanzler, Art.
63 GG).
sachlich-inhaltliche Legitimation
Staatliches Handeln entspricht Vorgaben, die von Instanzen
geschaffen worden sind, die den Willen des Volkes
repräsentieren (Gesetzesbindung, Staatsaufsicht).
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Demokratieprinzip
Grundsatz der repräsentativen (mittelbaren) Demokratie
Demokratieform in der BRD
Das Volk entscheidet nicht unmittelbar,
sondern wählt Abgeordnete, die im
Parlament die Entscheidung treffen (sog.
Volksvertretung) und die notwendigen
Vorgaben für die Besetzung von Stellen in
Judikative und Exekutive sowie die
Rechtsanwendung machen.
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Demokratieprinzip
Elemente plebiszitärer (direkter) Demokratie
Bei der direkten Demokratie trifft das Volk alle
Entscheidungen durch Abstimmungen selbst. In
Reinform ist diese Staatsform nicht praktikabel.
Allerdings sieht auch die Verfassung der BRD
Elemente plebiszitärer Demokratie vor.
Auf Bundesebene (Art. 29 GG)
• Volksentscheid
• Volksbefragung
• Volksbegehren
© Silke Wollburg Staatsrecht 26
Demokratieprinzip
Grundsatz der streitbaren Demokratie
Bedeutung:
Begriffsprägung durch das
Bundesverfassungsgericht
Die Verfassung gewährt nicht nur Rechte,
sondern umfasst auch die Befugnis, sich selbst
und die von ihr Geschützten zu verteidigen.
Art. 19 IV GG:
Art. 18 GG:
Art. 20 IV:
Art. 21 II, IV GG:
Garantie des effektiven Rechtsschutzes
Verwirkung von Grundrechten
Widerstandsrecht
Parteiverbot
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Exkurs:
Wahlrechtsgrundsätze als Ausfluss
des Demokratieprinzips
© Silke Wollburg Staatsrecht 28
Artikel 38 [Bundestagswahl]
(1) Die Abgeordneten des Deutschen
Bundestages werden in allgemeiner,
unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer
Wahl gewählt. Sie sind Vertreter des ganzen
Volkes, an Aufträge und Weisungen nicht
gebunden und nur ihrem Gewissen unterworfen.
(2) Wahlberechtigt ist, wer das achtzehnte
Lebensjahr vollendet hat; wählbar ist, wer das
Alter erreicht hat, mit dem die Volljährigkeit
eintritt.
(3) Das Nähere bestimmt ein Bundesgesetz.
© Silke Wollburg Staatsrecht 29
Unmittelbarkeit der Wahl
• Die Unmittelbarkeit der Wahl garantiert die Personenwahl im
Parteienstaat (anders z.B. in USA: Wahl durch Wahlmänner)
• Diesem Grundsatz ist noch dann Genüge getan, wenn das
Wahlverfahren so geregelt ist, dass jede abgegebene Stimme
bestimmten oder bestimmbaren Wahlbewerbern
zugerechnet werden kann, ohne dass erst nach der
Stimmabgabe noch eine Zwischeninstanz nach ihrem
Ermessen die Abgeordneten endgültig auswählt.
• Dies ist auch bei der Listenwahl noch gewährleistet, denn der
Grundsatz der unmittelbaren Wahl hindert nicht, dass die
Wahl eines Bewerbers von der Mitwahl weiterer Bewerber
abhängig gemacht wird (BVerfGE 7, 63).
© Silke Wollburg Staatsrecht 30
Freiheit und Geheimheit der Wahl
• Akt der Stimmabgabe muss frei von Zwang und unzulässigem
Druck bleiben (BVerfGE 44, 125 [139]). Um die Freiheit von Zwang
zu gewährleisten ist auch die Geheimheit der Wahl von dem Schutz
umfasst. Ein wirkungsvoller Schutz kann sich nicht auf die
Stimmabgabe beschränken, sondern muss auch die vorbereitende
Willensbildung umfassen und nachträgliche Sanktionen
ausschließen.
• Inhaltlich bedeutet die Freiheit der Wahl die freie Entschließung,
ob und wie gewählt wird sowie die Sicherung einer ausreichenden
Möglichkeit der Auswahl zwischen verschiedenen Bewerbern.
• Die Geheimheit der Wahl bedeutet inhaltlich, dass niemand von
einem anderen ohne dessen Willen wissen darf, wie dieser gewählt
hat, wählt oder wählen wird.
• Das BVerfG rechnet zur Freiheit der Wahl auch ein freies
Wahlvorschlagsrecht für alle Wahlberechtigten sowie eine freie
Kandidatenaufstellung (BVerfGE 47, 253 [282]).
© Silke Wollburg Staatsrecht 31
Allgemeinheit der Wahl
Alle Deutschen können unabhängig von der
Zugehörigkeit zu bestimmten Gruppen wählen und
gewählt werden. Zulässig sind Differenzierungen nur
dann, wenn sie sachlich gerecht-fertigt sind.
Soweit es um die Allgemeinheit der Wahl geht, ist Art. 38
I 1 GG als besonderes Gleichheitsrecht anzusehen,
das eine Ungleichbehandlung nur aus einem
verfassungsrechtlich an-erkannten sachlichen Grund
zulässt.
© Silke Wollburg Staatsrecht 32
Gleichheit der Wahl
Zählwertgleichheit
Jede Stimme hat das gleiche Gewicht.; Ausnahmen sind nicht zulässig.
Erfolgswertgleichheit
Jede Stimme muss im Rahmen des Verhältniswahlsystems die gleiche
Ergebnisrelevanz haben; Ausnahmen sind aus zwingenden Gründen
zulässig.
Gebot gleich großer Wahlkreise
Nur so ist Gleichheit der Wahl im Mehrheitswahlsystem gewährleistet.
Grundsatz der Chancengleichheit der politischen Parteien
Abstufung zwischen den Parteien nach Maßgabe ihrer Erfolge bei den
letzten Wahlen in dem Umfang zulässig, der einfachgesetzlich in
§ 5 I 2 - 4 ParteienG niedergelegt ist.
© Silke Wollburg Staatsrecht 33
Adressaten des Gebotes der Gleichheit der
Wahl
Gesetzgeber
Er erhält durch Art. 38 III GG den Auftrag, das Nähere zu regeln (was
durch BWG und BWO geschehen ist).
Regierung
Ihre Befugnis zur Öffentlichkeitsarbeit im Wahlkampf ist eingeschränkt.
Verwaltung
Bindung bei der Zurverfügungstellung von Einrichtungen und anderen
öffentlichen Leistungen.
Gerichte
Berücksichtigung bei der Entscheidung wahlrechtlicher Streitigkeiten.
Nicht:
Politische Parteien, denn nicht-staatliche Stellen werden vom Grundgesetz grundsätzlich nicht
verpflichtet, sondern nur berechtigt.
© Silke Wollburg Staatsrecht 34
Mehrheitswahl
Für das Parlament ist eine bestimmte
Anzahl von Abgeordneten zu wählen. Das
gesamte Wahlgebiet wird in eben so viele
Wahlkreise eingeteilt, damit in jedem
Wahlkreis ein Abgeordneter gewählt wird.
Gewählt ist dabei derjenige, der die
meisten Stimmen erzielt.
Vorteil
1. Die Funktionsfähigkeit des Parlaments
ist durch klare Mehrheitsverhältnisse
sichergestellt.
2. Da die Abgeordneten jeweils von
einem Wahlkreis gewählt werden,
haben sie eine engere Beziehung zu
den Wählern, so dass mehr
Bürgernähe besteht.
Nachteil
1. Der Erfolgswert der Stimmen der
Unterlegenen wird nicht hinreichend
berücksichtigt.
2. Es müssen immer möglichst
gleichgroße Wahlkreise gebildet
werden.
Wahlsysteme
Verhältniswahl (=Wahl nach Listen)
Die zur Verfügung stehenden Sitze werden
nach dem Stimmverhältnis verteilt. Hierbei
kommt es auf die von den Parteien aufgestellten
Listen mit den Kandidaten an.
Vorteil
1. Durch dieses System ist es bestmöglich
sichergestellt, dass die Stimmen den
gleichen Erfolgswert erhalten.
2. Das Parlament stellt nach diesen System ein
gutes Spiegelbild der parteipolitischen
Machtverhältnisses innerhalb der
Bevölkerung dar.
Nachteil
Eine mögliche Zersplitterung der Sitzverteilung
kann zu Beeinträchtigungen der
Funktionsfähigkeit des Parlaments führen
© Silke Wollburg Staatsrecht 35
Wahlsystem in der BRD
Bis 1914: Mehrheitswahl
Weimarer Republik: Verhältniswahl
BRD: Keine festen Vorgaben für die Ausgestaltung des Wahlsystems. Daher hat der
einfache Gesetzgeber nach Art. 38 III GG die Möglichkeit zur Ausgestaltung des
Wahlsystems. Derzeit wie folgt:
598 Sitze (vgl. § 1 BWG) zzgl. nach § 6 BWG zu errechnende Mehrsitze
Es gilt die personalisierte Verhältniswahl. 299 Abgeordnete werden über die Erststimme
in Wahlkreisen gewählt nach dem Prinzip der relativen Mehrheit. Die weiteren 299
Abgeordneten werden über die Zweitstimme in Verhältniswahl gewählt (§ 1 II BWG)
Erststimme
Zweitstimme
• Wahlkreiskandidaten
• 299 Wahlkreise
• relative Mehrheit
• Ermittlung der Anzahl der Sitze, die auf eine Partei
entfallen
- Landeslistenwahl einer Partei
- Verteilung aller (598) Sitze nach dem Hare/
Niemeyer-Verfahren (Verhältniswahl)
Voraussetzung für Teilnahme am Verteilungsverfahren:
5 % Klausel oder 3 Direktmandate
• Sitzverteilung bei einer Partei
- Abzug der Direktmandate (299)
- restliche Sitze entfallen auf die Listenkandidaten
nach der auf der Liste vorgegebenen Reihenfolge.
© Silke Wollburg Staatsrecht 36
Direktmandate
Es kommt vor, dass eine Partei über die Erststimme mehr
Direktmandate erhält, als nach dem Anteil an den
Zweitstimmen auf sie entfallen würden. Diese Mandate
bleiben ihr gleichwohl erhalten und erhöhen die Anzahl der an
sich vorgesehen Sitze (598). Zum Ausgleich erfolgt eine
Sitzerhöhung der Gesamtsitze.
Früher gab es Überhangmandate. Diese haben den der
Grundsatz der Verhältniswahl beeinträchtigt. Daher ist nun
in § 6 BWG eine entsprechende Erhöhung der Gesamtsitze
vorgesehen, um so das Stimmenverhältnis zu waren.
Vgl. im Einzelnen
Aufsatz von Regierungsdirektor Dr. Heiko Holste: „Demokratie wieder flott
gemacht: Das neue Sitzzuteilungsverfahren im Bundeswahlgesetz sichert das
gleiche Wahlrecht“ in NVwZ 2013, 529 (vgl. Ilias)
© Silke Wollburg Staatsrecht 37
5 %-Klausel
Bei der Sitzverteilung für die Zweitstimme (Listenwahl)
werden grundsätzlich nur die Parteien berücksichtigt, die
insgesamt 5 % der Zweitstimmen aller Wähler erlangt
haben (vgl. § 6 III BWG)
Problem:
Der Grundsatz des gleichen Erfolgswertes der Stimmen
im Rahmen der Verhältniswahl ist beeinträchtigt, wenn die
Parteien, die weniger als 5 % der Stimmen erhalten haben,
an der Sitzverteilung über die Zweitstimme nicht teilhaben.
Dies ist nur aus zwingenden Gründen zulässig. Dieser
zwingende Grund wird vom BVerfG in der Sicherung der
Funktionsfähigkeit des Parlaments gesehen, indem einer
Zersplitterung der Sitzverteilung verhindert wird (vgl.
BVerfGE 95, 408 ff.).
© Silke Wollburg Staatsrecht 38
Grundmandatsklausel
Trotz der 5 %-Klausel nehmen Parteien, die diese Grenze nicht
überschritten haben, an der Mandatsverteilung über die Zweitstimme
teil, wenn sie in mindestens 3 Wahlkreisen ein Direktmandat über die
Erststimme erlangt haben (vgl. § 6 III BWahlG).
Problem:
Während Parteien, die unterhalb der 5 %-Hürde bleiben und keine 3
Direktmandate erlangt haben, an der Sitzverteilung nicht teilnehmen,
werden solche Parteien mit 3 Direktmandaten berücksichtigt. Dadurch
wird der Erfolgswert der Stimme beeinträchtigt, so dass ein Verstoß
gegen die Gleichheit der Wahl vorliegen kann.
• Der zwingende Grund für diese Regelung wird vom BVerfG darin
gesehen, dass der Wille des Staatsvolkes wirksam integriert
werden muss, der über die entsprechende Anzahl an
Direktmandaten dokumentiert hat, auch durch diese Partei im
Bundestag repräsentiert sein zu wollen (vgl. BVerfGE 95, 408 ff.).
© Silke Wollburg Staatsrecht 39
Ende des Exkurses
„Wahlrechtsgrundsätze als
Ausfluss des
Demokratieprinzips“
Sozialstaatsprinzip
Herleitung
Die BRD ist nach Art. 20 I GG ein demokratischer und sozialer Bundesstaat. Auch Art. 28 I GG
bindet die BRD an die Grundsätze des sozialen Rechtsstaates. Das Sozial-staatsprinzip ist von
der Ewigkeitsklausel des Art. 79 III GG erfasst.
Bedeutung des Sozialstaatsprinzips
• Staat sichert nicht nur Freiheit und Eigentum, sondern schafft zwischen Freiheit und
Gleichheit einen Ausgleich.
• Sozialstaatliche Instrumente sind vielfältig.
• Relevant für die Auslegung von Gesetzen.
• Enthält die Forderung nach sozialer Gerechtigkeit staatlicher Maßnahmen und
gerechter Verteilung der Lasten.
Sicherungsziele
• menschenwürdiges Dasein
• freie Entfaltung der Persönlichkeit
• Schutz der Familie
• Erwerb des Lebensunterhalts durch frei gewählte Tätigkeit
• soziale Gerechtigkeit und Sicherheit
• Vorsorge gegen besondere Belastungen des Lebens und deren Ausgleich durch
Sozialleistungen
• Gewährleistungen der Europäischen Menschenrechtskonvention
© Silke Wollburg Staatsrecht 41
Sozialstaatsprinzip
Unterprinzipien
Bei der Umsetzung des Sozialstaatsprinzips können 3
Unterprinzipien unterschieden werden:
1. Fürsorgeprinzip
Staatliche Leistungen werden gewährt, ohne dass der Bürger hierzu selbst
Beiträge geleistet haben muss (Finanzierung aus Steuermitteln)
Beispiele: Arbeitslosengeld II (Hartz IV), Wohngeld, Grundsicherung,
Bafög
2. Versorgungsprinzip
Der Staat sorgt für den Lebensunterhalt der Bürger aus dem Gesichtspunkt
der Versorgungspflicht (Finanzierung aus Steuermitteln)
Beispiele: Leistungen an Beamte, Kriegsopferentschädigung
3. Versicherungsprinzip
Staatliche Leistungen werden Bürgern gewährt, die selbst Beiträge zur
Erlangung des Versicherungsschutzes erbracht haben (meist im Rahmen
von Pflichtversicherungen)
Beispiele: Krankenversicherung, Rentenversicherung,
Arbeitslosenversicherung (ALG I)
© Silke Wollburg Staatsrecht 42
Wirkungen des Sozialstaatsprinzips
auf die Staatsgewalten
Rechtsprechung
Bei der Auslegung von Gesetzen ist die sozial
gerechtere Auslegungsvariante zu wählen.
Gesetzgebung
Es ist eine hinreichende gesetzliche Grundlage zu
schaffen für die Existenzsicherung aller Bürger und
Vorsorge zu treffen zum Schutz der sozial
Schwächeren.
Verwaltung
Bei der Auslegung unbestimmter Rechtsbegriffe und
der Ausübung von Ermessen ist das Ziel der
Sozialgerechtigkeit zu berücksichtigen.
© Silke Wollburg Staatsrecht 43
Prinzip der sozialstaatlichen Gleichheit
(Art. 20, 3 GG)
• Der Staat ist auf der Grundlage des Sozialstaatsprinzips und
unter Beachtung des Gleichheitssatzes ver-pflichtet, nicht nur
rechtliche Gleichheit sicherzu-stellen, sondern auch
Chancengleichheit bei der tat-sächlichen
Rechtsausübung zu ermöglichen (z.B. Bafög, Befreiung von
der Beitragspflicht).
• Aus dem Prinzip der sozialstaatlichen Gleichheit ergibt sich
ein Anspruch des Bürger, seine Rechte unabhängig von der
sozialen Stellung geltend zu machen und
Rechtsverletzungen vor den Gerichten prüfen zu lassen
(z.B. Beratungshilfe, Prozesskostenhilfe, Pflichtverteidiger)
© Silke Wollburg Staatsrecht 44
Das Rechtsstaatsprinzip
Art. 20 Abs. 3 GG
Gewaltenteilung
„Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende
Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.“
Legislative
Art. 70 ff. GG
= gesetzgebende
Gewalt
Bundestag, Landtag
Judikative
Art. 92 ff. GG
= rechtsprechende
Gewalt
Gerichte
Exekutive
Art. 83 ff.. GG
= ausführende Gewalt
Verwaltung
© Silke Wollburg Staatsrecht 45
Das Rechtsstaatsprinzip
Art. 20 Abs. 3 GG
Die innere Staatsgewalt = Rechtsordnung
Das Rechtsstaatsprinzip
Art. 20 Abs. 3 GG
Die innere Staatsgewalt = Rechtsordnung
Normenhierarchie
Grundgesetz/
Landesverfassung
Formelle Gesetze
Rechtsverordnungen
Rechtsordnung
Europarecht
Bundesrecht
Landesrecht
Autonomes Recht
Satzungen
(Rechtsverordnungen
und
Satzungen = materielle Gesetze)
© Silke Wollburg Staatsrecht 47
Das Rechtstaatsprinzip
Art. 20 Abs. 3 GG
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz
Legitimer Zweck
Staatliche Eingriffe stellen immer einen Eingriff in Art. 2 Abs. 1 GG dar und sind daher nur zulässig,
wenn sie einen von der Rechtsordnung anerkannten Zweck verfolgen.
Geeignetheit
Das gewählte Mittel muss überhaupt geeignet sein, den angestrebten Zweck zu fördern. Eine
sichere Zweckerreichung ist nicht erforderlich.
Erforderlichkeit
Zur Zweckerreichung steht kein den Adressaten weniger belastendes (milderes) Mittel zur
Verfügung, dass hierzu gleich geeignet ist.
Angemessenheit
Das geschützte Rechtsgut überwiegt das beeinträchtigte Rechtsgut (sog. Mittel-Zweck-Relation)
© Silke Wollburg Staatsrecht 48
Das Rechtstaatsprinzip
Art. 20 Abs. 3 GG
Normenpyramide
(Vorrang des Gesetzes)
Grundgesetz
(Verfassung
Formelles Gesetz
(Parlamentsgesetz)
Rechtsverordnung
• Rechtssetzung der Exekutive (Ministerium / Regierung)
• Ermächtigung muss in formellem Gesetz enthalten sein
(Art. 80 GG)
Satzung
Rechtssetzung durch eine juristische Person des öffentlichen Rechts, insb. Körperschaften
(wichtig: Kommunalsatzungen.)
© Silke Wollburg Staatsrecht 49
Unterprinzipien des Rechtsstaatsprinzips
• Gewaltenteilung (Art. 20 II 2 GG);
• Verfassungsbindung aller staatlichen Gewalt (Art. 20 III, 1
III GG);
• Gesetzmäßigkeit der Verwaltung (Art. 20 III GG);
umfasst den Vorrang und den Vorbehalt des Gesetzes
• Gewährleistung von Grundrechten (Freiheits-, Gleichheitsund
Justizgrundrechte)
• Garantie effektiven Rechtsschutzes (Art. 19 IV GG)
• Anspruch auf rechtliches Gehör (Art. 103 I GG)
• Garantie des gesetzlichen Richters (Art. 101 I 2 GG)
• Prinzipien des Vertrauensschutzes und der
Verhältnismäßigkeit
• Forderung nach Gerechtigkeit (Art. 20 III GG)
• Staatshaftung
© Silke Wollburg Staatsrecht 50
Garantie effektiven Rechtsschutzes
Art. 19 Abs. 4 GG
„Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten
verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen.“
• Effektiver Grundrechtsschutz setzt gerichtlichen Schutz vor
unzulässigen Eingriffen voraus
• Nicht nur Schutz der Grundrechte, sondern auch einfachgesetzlicher
Normen
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Garantie effektiven Rechtsschutzes
Art. 19 Abs. 4 GG
Maßnahme der öffentlichen Gewalt
Grundsatz:
Legislative, Judikative und Exekutive
Hier:
Gewährleistung gilt ohne Einschränkung nur für
Maßnahmen der Exekutive (= vollziehende Gewalt).
Rechtsverletzung
Notwendig: Betroffenheit in subjektiven Rechten
(private Rechte / subjektiv öffentliche Rechte) .
Eine Rechtsverletzung liegt in einem rechtswidrigen Eingriff in diese
Rechte.
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Garantie effektiven Rechtsschutzes
Art. 19 Abs. 4 GG
Begriff des Rechtsweges
• Zugang zum Gericht
• Verfahren vor dem Gericht
• Vorhandensein effektiver
Rechtsschutzmöglichkeiten
• Entscheidung durch das Gericht
(Art. 92 und 97 GG)
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Anspruch auf rechtliches Gehör
Art. 103 Abs. 1 GG
„Vor Gericht hat jedermann Anspruch auf rechtliches Gehör.“
• Ergänzung der Garantie effektiven Rechtsschutzes
• gewährleistet, dass das Gericht auch die Belange des
Rechtsschutzsuchenden berücksichtigt
• Betroffener muss Gelegenheit erhalten, sich rechtlich und
tatsächlich vor Fällen einer Entscheidung zur Sache zu äußern.
• neben Äußerungsmöglichkeit ist erforderlich, dass Gericht
Vorbringen zur Kenntnis nimmt.
Beachte:
Der Anspruch auf rechtliches Gehör gilt nur vor Gericht.
Im Verwaltungsverfahren kann ein Anspruch auf rechtliches Gehör
allenfalls aus dem Rechtsstaatsprinzip und der Menschenwürde
hergeleitet werden.
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Anspruch auf rechtliches Gehör
Art. 103 Abs. 1 GG
Der Anspruch auf rechtliches Gehör lässt sich in 3 Phasen unterteilen:
Recht auf Information
insb. Kenntnis vom Vorbringen der Gegenseite und Akteneinsicht
Recht auf Äußerung
• Gelegenheit zu mindestens schriftlicher Äußerung haben
• Hinzuziehung eines Rechtsanwalts
• Im Strafverfahren: gewählter Verteidiger des Vertrauens
Recht auf Berücksichtigung
• Richter müssen Vorbringen zu Kenntnis nehmen
(Aufnahmefähigkeit / Aufnahmewilligkeit)
• Berücksichtigung bei der Entscheidungsbegründung
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Garantie des gesetzlichen Richters
Art. 101 Abs. 1 S. 2 GG
„Niemand darf seinem gesetzlichen Richter entzogen werden.“
• Anspruch auf den Richter, dem die Sache gesetzlich
zugewiesen ist
• Berücksichtigung von Geschäftsverteilungsplänen des
Gerichts (z.B. bei Beantragung von Haftbefehlen)
• Anspruch auf einen unabhängigen Richter
• Schutz vor willkürlicher Manipulation der Zuständigkeiten
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