Sportpferde im Stand-by-Modus richtig füttern
Pferde gesunderhalten - Wie man durch eine unterstützende Fütterung den Muskelaufbau fördert und Rationen in Trainingspausen richtig gestaltet.
Pferde gesunderhalten - Wie man durch eine unterstützende Fütterung den Muskelaufbau fördert und Rationen in Trainingspausen richtig gestaltet.
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SPORTPFERDE
IM STAND-BY-MODUS RICHTIG FÜTTERN
Pferde gesunderhalten - Wie man durch eine unterstützende Fütterung
den Muskelaufbau fördert und Rationen in Trainingspausen richtig gestaltet
Die globale Coronavirus-Pandemie hat
die Welt zum Stillstand gebracht und
wir finden uns in einer nie dagewesenen
Situation wieder. Unsere Normalität
und unser alltägliches Leben haben
sich dadurch schlagartig verändert. Die
Gesundheitsministerien der Bundesländer
informieren regelmäßig über neue
Beschränkungen und Sonderregelungen
zur Eindämmung der weltweiten
Ausbreitung von Covid-19. So gelten
in vielen Reitanlagen, neben den allgemeingültigen
Hygienevorschriften auch
zeitliche Einschränkungen, die sich erheblich
auf das tägliche Training unserer
Pferde auswirken.
Besonders Reiter von Sportpferden, die
bislang voll im Training und in Vorbereitung
auf die Grüne Saison waren, sind
nun vor Herausforderungen gestellt. Viele
der geplanten Turniere wurden bereits
abgesagt oder sind auf einen späteren
Zeitpunkt des Jahres verschoben worden.
Auch die Olympischen Sommerspiele
in Tokyo blieben nicht verschont
und werden nun im Sommer 2021 stattfinden.
Wann es hierzulande wieder
richtig losgeht, kann zurzeit leider noch
niemand beantworten. Reiter und Pferde
befinden sich dadurch in einer Art Standby-Modus.
Man muss - unter Berücksichtigung
aller geltenden Regelungen - vorbereitet
sein, für den Moment, in dem es
heißt: Abteilung Marsch!
Muskulatur gesunderhalten,
aber wie?
Neben einem entsprechenden Training
hat auch die Fütterung einen großen
Einfluss auf die Form und Gesundheit
des Pferdes. Mit einem vielseitig ausgestatteten
Futtermittel kann der Muskelaufbau
sowie der Erhalt der Muskulatur
auch bei eingeschränktem Training unterstützt
werden.
Was ist zu beachten? Um Muskulatur
aufzubauen, muss das Futter
ausreichend Proteine
und Energie liefern. Dabei
ist zu bedenken, dass weder
die angeborene Anzahl
an Muskelfasern des Pferdes
noch die Art der Muskelfasern
durch Training oder Fütterung
von heute auf morgen
verändert werden können.
Der Muskelaufbau ist ein Prozess,
bei dem Proteine in die
Muskelfasern eingebettet werden,
wodurch sie an Umfang zunehmen.
Um eine adäquate Proteinversorgung
inklusive des erforderlichen
Aminosäureprofils zu gewährleisten,
sollte hier besonders großen
Wert auf die Qualität (biologische
Wertigkeit, Verdaulichkeit und Bioverfügbarkeit)
des Proteins gelegt werden.
Bei Pferden sind die Aminosäuren Lysin
und Threonin essenziell für den Muskelaufbau.
Das bedeutet, es wird
nur Muskelmasse aufgebaut, wenn
ausreichend Lysin und Threonin in
der Ration enthalten sind, ein hoher
Proteinanteil alleine reicht nicht aus.
Das überschüssig aufgenommene Protein,
welches nicht für die Muskulatur oder
andere Körperfunktionen verwendet
wird, wird in der Leber verarbeitet und
anschließend über die Nieren ausgeschieden.
Versuche haben gezeigt, dass
Pferde gut mit erhöhten Proteinmengen
umgehen können, ohne dass die Leistung
beeinträchtigt wird. Dennoch führt
ein dauerhafter Proteinüberschuss oder
eine schlechte Proteinqualität zu einer
unnötigen Belastung des Stoffwechsels,
vor allem zu Lasten der Entgiftungsorgane
(Leber, Niere) und des Darm-Mikrobioms.
Langfristig kann sich dies sogar negativ
auf den Aufbau von Muskelmasse
und Leistung des Pferdes auswirken.
Bei der Gestaltung der Protein-Ration
gilt daher Qualität vor Quantität.
Unter den wertvollen Lieferanten essentieller
Aminosäuren ist vor allem die Spirulina
Alge (Spirulina platensis) hervorzuheben.
Diese winzige, blaugrüne Alge
ist besonders reich an Mineralstoffen,
Vitaminen (vor allem B-Vitamine) und
essentiellen Aminosäuren. Weiterhin hat
sie einen positiven Einfluss auf den Säure-Basen-Haushalt
des Pferdes, wodurch
einer Übersäuerung entgegengewirkt
wird. Vorbeugend sollte dabei auch die
Lockerung der Muskulatur eine Rolle
spielen, denn nur ein zufriedenes Pferd
kann bis ins hohe Alter leistungsbereit
sein.
Ohne Muskellockerung
geht es nicht!
Bei erhöhter Trainingsintensität können
Entzündungen und kleine Verletzungen
der Muskelfasern auftreten, die sich
nach dem Training in Muskelkater äußern.
Weiterhin steigt während hoher
Belastung der oxidative Stress in der
Muskulatur und den Gelenken, wodurch
freie Radikale gebildet werden. Werden
diese freie Radikale nicht ausreichend
neutralisiert, kann es zur Schädigung
des umliegenden Gewebes kommen.
Unter normalen Bedingungen sind im
Körper ausreichend Antioxidantien vorhanden,
doch bei Hochleistung kann
die natürliche Synthese manchmal nicht
ganz mithalten. Oxidativer Stress ist die
Folge eines mangelnden Gleichgewichts
zwischen der Neubildung von Radikalen
und deren Neutralisation durch Antioxidantien,
man spricht vom
sogenannten Redox-System.
Um dieses System in Balance
zu halten, ist eine zusätzliche
Fütterung von Antioxidantien
bei Hochleistung, Krankheit
und älteren Pferd in jedem
Fall empfehlenswert.
Zu den bekanntesten Antioxidantien,
die die Körperzellen
vor freien Radikalen schützen,
gehören die Vitamine A,
C und E. Seltener bekannt,
aber umso effektiver sind
antioxidativ wirkende sekundäre Pflanzenstoffe.
Diese bioaktiven Substanzen
sind durch ihre gesundheitsfördernde
Wirkung ein wichtiger Bestandteil der
Ernährung. Dazu zählen beispielsweise
die zu den Polyphenolen gehörenden
Flavonoide und OPC’s (Oligomere Proanthocyanidine).
Flavonoide kommen
am häufigsten in der Nahrung vor und
sorgen in der Pflanze, z. B. in Trauben für
die Rot-, Violett- oder Blaufärbung. Man
geht insgesamt von über 6500 Flavonoiden
aus, deren Wirkspektrum noch nicht
gänzlich entschlüsselt ist. Im Versuch
konnte bereits nachgewiesen werden,
dass Flavonoide wie alle Polyphenole
hochwirksame Antioxidantien sind, die
hochreaktive Sauerstoffspezies inaktivieren
können. Ihre antioxidative Aktivität
übersteigt sogar die der Vitamine E
und C und wirkt sich bei jeder Form von
oxidativem Stress (Krankheit, Alterung
oder Hochleistungstraining) positiv aus.
Steigert man die Aufnahme von Flavonoiden,
senkt dies sogar den Vitamin E
und C Bedarf. Weiterhin gehören zu den
zellschützenden Polyphenolen auch die
OPC’s, welche durch eine unglaubliche
antioxidative Wirkung hervorstechen. In
der Kosmetikbranche wird seit langem
auf ihre Anti-Aging-Wirkung gesetzt.
Die vielversprechende, verjüngende
Wirkung ist nicht nur bei Hautfalten im
Gesicht von Vorteil, sondern auch im
Bindegewebe der Gelenke des Sportpferdes,
welche enormen Belastungen
ausgesetzt werden. Zusammenfassend
fördert eine erhöhte Aufnahme dieser
Antioxidantien die Gesundheit und Vitalität
des Pferdes.
Neben den Sekundären Pflanzenstoffen
sind auch Spurenelemente beim Schutz
der Zellen unerlässlich. Unter Mithilfe
von Selen schützt das Enzym Glutathionperoxidase
den Zellkern vor freien Radikalen.
Bei erhöhtem Stress steigt demnach
auch Bedarf der Spurenelemente,
die eine Co-Enzymfunktion besitzen,
dazu gehören neben Selen auch Zink,
Mangan, Kupfer und Eisen.
Alles im Gleichgewicht
ANTIOXIDANTIEN
REDOX
SYSTEM
OXIDATIVER
STRESS
Eine einfache Getreide-Ration enthält
in der Regel keine nennenswerten Mengen
dieser schützenden Antioxidantien.
Auch im Heu variieren die Vitamin- und
Mineralstoffgehalte zu stark, um die
Versorgung darüber sicher stellen zu
können, denn derart kräuterreiches Heu
ist heutzutage leider eine Seltenheit.
Welche Quellen kann das Pferd stattdessen
nutzen? Natürliche Lieferanten
für Antioxidantien sind Kräuter, Ölfrüchte,
Saaten, Maiskeime und Maiskeimöl,
Karotten sowie Obsttrester aus Äpfeln
und Trauben. Über
eine Gabe eines
vielseitig ausgestatteten
Futtermittels
kann das Pferd eine
ausreichende Versorgung
an Antioxidantien
erhalten, damit Zellschäden
gemindert oder gänzlich vermieden
werden.
Weniger Training?
Achtung
Kreuzverschlag!
Muss das Sportpferd wegen
ausfallender Turniere oder
Krankheit nun doch abtrainiert werden,
ist die Anpassung der Fütterung
von besonderer Bedeutung. Ohne Trainingsanforderung
benötigt es eine geringere
Energiezufuhr über die Nahrung.
Wird dem Pferd trotzdem die gewohnte
Menge Kraftfutter gefüttert, kann es
neben langfristigen Folgen (Übergewicht,
Stoffwechselprobleme) auch kurzfristig
zu Problemen führen. Ein Kreuzverschlag,
umgangssprachlich auch
„Feiertagskrankheit“ genannt, entsteht
häufig durch Überfütterung mit kohlehydratreicher
Kost bei gleichzeitig wenig
oder gar keinem Training. Der Schweregrad
des akuten Kreuzverschlags
(Sporadic Exertional Rhabdomyolysis
= SER) reicht von leicht bis hochgradig
und ist gekennzeichnet durch stark verspannte
Kruppen- und Rückenmuskulatur.
In schwerwiegenden Fällen können
sich betroffene Pferde überhaupt nicht
mehr bewegen und kommen kaum aus
der Box. Hier erhöht sich auch die Gefahr
des Festliegens massiv. Sind neben
der Bewegungseinschränkung weitere
Kennzeichen wie braun gefärbter Harn
(weist auf abgestorbene Muskelzellen
hin) zu beobachten, ist ein Tierarzt dringend
erforderlich!
Um es gar nicht erst zu einem Kreuzverschlag
kommen zu lassen, sollte
während vermindertem Training und an
Stehtagen die Energiezufuhr entsprechend
heruntergefahren werden. Wenigstens
die stärkelastigen Futtermittel
wie Getreide sollten angepasst werden.
Je nach Leistung und Trainingszustand
reichen Heu und eine reduzierte Menge
Krippenfutter aus, um den Energiebedarf
zu decken. Der Bedarf an Mineralstoffen
ändert sich hingegen nur minimal
und sollte nach wie vor täglich über die
zusätzliche Gabe eines Mineralfutters
gesichert werden. Sollte es dennoch zu
einem Kreuzverschlag kommen, muss
das betroffene Pferd durch entsäuernde
Mash-Gaben (getreidefreies Mash),
TIPP
Spezielle Produkte zur Unterstützung
der Hufqualität oder des Bewegungsapparates
können weiterhin wie gewohnt
gegeben. Konzentrierte Futtersupplemente
enthalten in der Regel wenig
Energie, liefern aber die notwendigen
Nährstoffe für den jeweiligen Bedarf.
stoffwechselaktivierende Kräuter und
die Zulage von Antioxidantien unterstützt
werden, damit es schnell wieder
auf die Beine kommt.
Nicht zu vergessen, auch Übergewicht
kann eine ungewünschte Folge der Trainingspause
sein. Daher ist es wichtig, die
Kraftfuttermenge an das Trainingsniveau
anzupassen! Wenn zukünftig ausschließlich
Heu und Mineralfutter gefüttert
werden soll, muss die Reduzierung des
Kraftfutters schrittweise erfolgen.
Häufig unterschätzt -
Auch Langeweile stresst
das Pferd!
Einer der Faktoren, die bekannter Weise
Magenprobleme auslösen können ist
Stress. Neben Überforderung werden
Pferde auch durch Langeweile gestresst.
Kommen zudem noch eine faserarme
Futterration mit hohem Stärkeanteil
hinzu, kann aus der Reizung eine Entzündung
und letztendlich ein Magengeschwür
entstehen. Evolutionsbedingt
ist der Pferdemagen einer kontinuierlichen
Aufnahme von raufaserreichem
Futter angepasst und produziert daher
24 Stunden durchgehend Magensäure.
Entstehen zu lange Fresspausen (> 4 h),
beginnt die Magensäure die hoch empfindliche
Magenschleimhaut zu reizen.
Um dies zu vermeiden, sollte dem Pferd,
in Abhängigkeit von Figur und Bedarf,
ein Minimum von 1,5 kg Heu je 100 kg
Soll-Körpergewicht und Tag zur Verfügung
gestellt werden. Die Kraftfuttermenge
dagegen sollte möglichst niedrig
gehalten und auf mehrere Rationen über
den Tag verteilt angeboten werden. Idealerweise
sollte das Krippenfutter einen
niedrigen Stärke- und Zuckergehalt von
unter 10 % aufweisen.
IN KÜRZE: DIE MUSKELARTEN UND MUSKELFUNKTION
Für Bewegung und mechanische Kraft
sind verschiedene Muskelarten verantwortlich,
die sich je nach Aufbau
unterteilen lassen in: quergestreifte
und glatte Muskulatur. Die glatte Muskulatur
kommt in erster Linie in Hohlorganen
wie Darm, Blase, Blutgefäße,
Augen und Gebärmutter (Ausnahme
Herzmuskel) vor und kann sich als
Bestandteil der Organwände sowohl
kurz und rhythmisch (z. B. Magen-
Darm-Trakt) als auch langanhaltend (z.
B. Blutgefäße) zusammenziehen.
Die quergestreifte
Muskulatur trägt
ihren Namen aufgrund
ihrer charakteristischen
Anordnung der kontraktilen
(aktives verkürzen
bzw. zusammenziehen
des Muskelgewebes)
Einheiten, die jedoch
erst im Längsschnitt
unter einem Lichtmikroskop
sichtbar wird. Die
quergestreifte Muskulatur
kommt sowohl im
Skelettmuskel als auch
im Herzmuskel vor. Die Kontraktion
der Herzmuskulatur und der glatten
Muskulatur wird unwillkürlich über das
vegetative Nervensystem gesteuert.
Im Gegenteil dazu wird die Skelettmuskulatur
willkürlich über das motorische
Nervensystem innerviert.
Die verschiedenen Muskelfasertypen
der Skelettmuskulatur können nach ihren
mechanischen und metabolischen
Eigenschaften in rote und weiße Muskelfasern
unterteilt werden. Den Großteil
der Muskelfasern mit Haltefunktion
bilden die roten Muskelfasern.
Sie kontrahieren langsamer, sind dafür
aber ausdauernd. Namensgebend ist
der als Sauerstoffspeicher dienende
rote Muskelfarbstoff Myoglobin. Die
roten Muskelfasern arbeiten hauptsächlich
im aeroben Bereich und besitzen
entsprechend viele Mitochondrien
(„Kraftwerke der Zellen“). Die weißen
Muskelfasern hingegen kontrahieren
rasch und kräftig, ermüden dafür aber
auch schneller. Entgegen der roten
Muskelfasern, arbeiten weiße Muskelfasern
hauptsächlich im anaeroben
Stoffwechselbereich.
Innerhalb des Muskels kommen beide
Arten von Muskelfasertypen vor,
jedoch ist ihre Verteilung bei jedem
Pferd individuell. Sie hängt in erster Linie
von der Rasse und der genetischen
Veranlagung ab. Durch entsprechendes
Training lässt sich die Muskulatur
dennoch beeinflussen. Dies geschieht
je nachdem, welche Art von Muskelfasern
häufiger trainiert wird. Beim
Krafttraining werden mehr weiße Muskelfasern
und beim Ausdauersport
wiederum mehr rote Muskelfasern beansprucht.
Das genetisch festgelegte
Verhältnis kann sich dabei um wenige
Prozent verschieben.
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