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Mitteldeutsche Wirtschaft Ausgabe 07-08/2020

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WIRTSCHAFT & PRAXISWISSEN<br />

INTERNATIONAL<br />

Neue Entsenderichtlinie<br />

beachten!<br />

Bis zum 30. Juli <strong>2020</strong> müssen alle EU-Länder die reformierte Entsenderichtlinie<br />

(EU) 2018/957 umsetzen und nationale Regelungen bei der Entsendung von<br />

Mitarbeitern anpassen. Auch auf sachsen-anhaltische Unternehmen kommen<br />

Änderungen zu.<br />

Die neue Richtlinie wurde 2018 mit dem Slogan<br />

„gleicher Lohn für gleiche Arbeit am gleichen<br />

Ort“ verabschiedet. Sie betrifft schätzungsweise<br />

2,3 Millionen innerhalb der EU<br />

entsandte Arbeitnehmer. Dabei ist Deutschland<br />

nicht nur das Hauptzielland für entsandte<br />

Beschäftigte aus der EU, sondern auch<br />

selbst zweitgrößter Entsender. Laut EU-Kommission<br />

stellten deutsche Behörden 2018<br />

knapp 476.000 A1-Bescheinigungen aus, die<br />

bei grenzüberschreitenden Entsendungen<br />

zum Nachweis der Sozialversicherung im Heimatland<br />

erforderlich sind. Nur Polen kommt<br />

mit mehr als 600.000 auf eine höhere Zahl<br />

temporär im Ausland tätiger Arbeitnehmer.<br />

Gerade für Bau- und Montageleistungen entsenden<br />

viele Unternehmen ihre Mitarbeiter ins Ausland.<br />

Auswirkungen für hiesige Betriebe<br />

Die Reform wird deshalb nicht nur Auswirkungen<br />

auf die hiesige Baubranche und jene<br />

<strong>Wirtschaft</strong>szweige haben, in denen auslän -<br />

dische Arbeitnehmer zeitlich befristet beschäftigt<br />

sind. Auch sachsen-anhaltische<br />

Unternehmen, die Bau-, Montage- und Wartungsleistungen<br />

im Ausland erbringen, müssen<br />

sich auf Änderungen einstellen. Wie die<br />

Vergangenheit gezeigt hat, drohen Protektionismus<br />

und noch mehr Bürokratie.<br />

Umfassende Dokumentationspflichten<br />

Bereits seit 2014 müssen Entsendebetriebe<br />

vorab über landesspezifische Meldeportale<br />

Welche Veränderungen<br />

bringt die Reform der<br />

Entsenderichtlinie?<br />

• Künftig gelten für alle entsandten Arbeitnehmer<br />

nicht nur bestimmte Mindestlöhne, sondern<br />

alle Vergütungsregeln des Gastlandes.<br />

• Kettenverträge sollen nicht mehr möglich sein<br />

und die Hauptauftraggeber werden bei Verstößen<br />

gegen Mindeststandards leichter haftbar.<br />

• Die Unternehmer müssten schon bei der Angebotsabgabe<br />

den jeweils für ihr Einsatzgebiet<br />

geltenden Tarifvertrag eindeutig identifizieren<br />

können.<br />

• Die Voraussetzungen, unter denen Entsendezulagen<br />

auf die Entlohnung angerechnet werden<br />

können, werden klarer gefasst. Kosten für<br />

Unterkunft, Reisekosten oder Verpflegung<br />

dürfen EU-Arbeitgeber nicht ihren Arbeitskräften<br />

auferlegen.<br />

• Die bisherige Maximaldauer einer Entsendung<br />

wird von 24 Monaten auf zwölf Monate (max.<br />

18 Monate) verkürzt. Die Höhe der Sozialversicherungsbeiträge<br />

variiert innerhalb dieser<br />

Zeit aber weiterhin von Land zu Land.<br />

• Danach finden mit wenigen Ausnahmen alle<br />

zwingenden Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

des Einsatzlandes Anwendung, vorausgesetzt<br />

sie sind für die Arbeitnehmer<br />

günstiger als die im Entsendeland geltenden.<br />

• Die EU-Staaten sollen alle über ein einziges<br />

offizielles nationales Meldeportal verfügen.<br />

Dieses muss korrekt und aktuell darüber informieren,<br />

welche Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen<br />

anzuwenden sind.<br />

• Die EU richtet außerdem perspektivisch eine<br />

Europäische Arbeitsbehörde (ELA) mit Sitz in<br />

Bratislava ein. Diese soll die Zusammenarbeit<br />

aller nationalen Behörden koordinieren. Allerdings<br />

benötigt sie noch mehrere Jahre, um für<br />

diese Aufgabe arbeitsfähig zu sein.<br />

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MITTELDEUTSCHE WIRTSCHAFT DAS WIRTSCHAFTSMAGAZIN DER INDUSTRIE- UND HANDELSKAMMER HALLE-DESSAU <strong>07</strong>-<strong>08</strong>/<strong>2020</strong>

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