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Die Konstituierung der Archivtage im Deutschen Kaiserreich

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<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

1. Einleitung<br />

Seit nunmehr 105 Jahren treffen sich deutsche Archivare zusammen mit<br />

ausländischen Gästen auf dem <strong>Deutschen</strong> Archivtag. Doch warum sahen sich die<br />

Archivare am Ende des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts überhaupt veranlasst den Archivtag ins<br />

Leben zu rufen? Lag es an dem „Schattendasein“, dass sie <strong>im</strong> deutschen <strong>Kaiserreich</strong><br />

führten, ohne eigenen offiziellen Berufsverband, gesetzliche Regelungen etc. ?<br />

Welchen Zweck sollte <strong>der</strong> Archivtag am Anfang erfüllen und womit beschäftigten<br />

sich die Archivare dort?<br />

Nicht unbeachtet bleiben sollen mögliche politische Einflüsse, die unter Umständen<br />

für das Erscheinungsbild und Programm <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> wichtig sein könnten. Ein<br />

Schwerpunkt dieser Arbeit soll dabei auf <strong>der</strong> Zeit des „Kalten Krieges“ liegen. Dabei<br />

spielt das Verhältnis <strong>der</strong> Archivare <strong>der</strong> ehemaligen DDR zu den westlichen Kollegen<br />

und zu den <strong>Archivtage</strong>n eine wichtige Rolle.<br />

Ziele dieser Arbeit sollen die Betrachtung <strong>der</strong> Geschichte des <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s<br />

und die Klärung oben genannter Fragen sein.<br />

1.1 Struktur <strong>der</strong> Arbeit<br />

Im 2. Kapitel dieser Arbeit wird die Geschichte <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> von <strong>der</strong> Gründung bis<br />

zum Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 betrachtet. Das Kapitel selber ist in die<br />

Abschnitte „1. <strong>Kaiserreich</strong>“, „2. We<strong>im</strong>arer Republik“ und „3. Nationalsozialismus“<br />

unterteilt. Im ersten Abschnitt wird die Begründung des <strong>Archivtage</strong>s betrachtet und<br />

sämtliche <strong>Archivtage</strong> bis 1913 aufgezeigt. Innerhalb des zweiten Unterkapitels soll<br />

<strong>der</strong> Einfluss des nationalen Bewusstseins auf die Archivare und die <strong>Archivtage</strong><br />

aufgezeigt werden, dem sich thematisch und inhaltlich <strong>der</strong> Abschnitt<br />

„Nationalsozialismus“ anschließt.<br />

Das 3. Kapitel befasst sich mit dem Ost-/ Westkonflikt. Nach einer Betrachtung <strong>der</strong><br />

Nachkriegszeit in Deutschland und den Vorkommnissen <strong>im</strong> deutschen Archivwesen,<br />

wird dem Leser kurz und prägnant das Archivwesen <strong>der</strong> DDR von 1949 bis 1986<br />

näher gebracht. <strong>Die</strong>ses Unterkapitel soll dem besseren Verständnis <strong>der</strong> sich daran<br />

anschließenden Abschnitte dienen, da in diesen beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Einfluss des „Kalten<br />

Krieges“ auf die <strong>Archivtage</strong> betrachtet wird. Den Abschluss dieses Kapitels bildet<br />

historisch gesehen <strong>der</strong> Bau <strong>der</strong> Berliner Mauer.<br />

1


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Danach folgt <strong>im</strong> 4. Kapitel dieser Arbeit <strong>der</strong> Zeitraum von 1962 bis 1990, <strong>der</strong><br />

dre<strong>im</strong>al unterteilt wurde. Zum ersten in den Zeitabschnitt 1962 bis 1985, <strong>der</strong> zweite<br />

endet mit dem Fall <strong>der</strong> Mauer 1989 und <strong>der</strong> dritte Abschnitt betrachtet das<br />

Wendejahr 1990. Im ersten Zeitabschnitt werden die <strong>Archivtage</strong> in verkürzter Weise<br />

und nicht mehr so ausführlich dargestellt. Abschnitt 2 und 3 betrachten die<br />

<strong>Archivtage</strong> erneut <strong>im</strong> politischen Hinblick.<br />

<strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> <strong>der</strong> Gegenwart werden <strong>im</strong> 5. Kapitel kurz und bündig betrachtet.<br />

Dabei repräsentiert <strong>der</strong> 74. Archivtag in Chemnitz den vorläufig letzten Archivtag<br />

innerhalb dieser Arbeit.<br />

Das 6. Kapitel bildet die Schlussbetrachtung, in <strong>der</strong> versucht wird ein Fazit zu<br />

ziehen. Ihm schließen sich das Abkürzungsverzeichnis und ein Nachwort an.<br />

Im Anhang findet <strong>der</strong> Leser eine Liste aller bisherigen <strong>Archivtage</strong> mit dem Datum,<br />

dem Tagungsort und dem Hauptthemas, sowie eine Liste aller Vorsitzenden des<br />

VdA. Des Weiteren werden dort Begriffe aus <strong>der</strong> Arbeit näher erklärt, sofern <strong>der</strong>en<br />

Erklärung innerhalb <strong>der</strong> Fußnoten keinen Platz gefunden haben.<br />

Den Abschluss <strong>der</strong> Arbeit bilden das Quellen- und Literaturverzeichnis.<br />

2


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

2. <strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> bis 1945<br />

2.1 <strong>Die</strong> <strong>Konstituierung</strong> <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> <strong>im</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Kaiserreich</strong><br />

1899, bevor also <strong>der</strong> erste Archivtag offiziell stattfand, war das deutsche<br />

Archivwesen ähnlich wie das heutige organisiert. Es gab keine zentrale<br />

Archivverwaltung, je<strong>der</strong> Bundesstaat des <strong>Deutschen</strong> Reiches betrieb seine eigene<br />

Archivpolitik, wodurch es auch keine reichseinheitlichen Regelungen o<strong>der</strong> gar<br />

Gesetze gab. Neben einer fehlenden überregionalen Fachzeitschrift gab es ebenfalls<br />

keinen Archivarsverband. Viele Archivare waren Mitglie<strong>der</strong> des Gesamtvereins<br />

deutscher Geschichts- und Altertumsvereine 1 . <strong>Die</strong>ser Gesamtverein brachte<br />

regelmäßig die Zeitschrift „Korrespondenzblätter des Gesamtvereins deutscher<br />

Geschichts- und Altertumsvereine“ heraus, in <strong>der</strong> auch archivarische<br />

Angelegenheiten aufgeführt wurden. Doch diese wirkten eher wie<br />

Randbemerkungen. Daneben veranstaltete <strong>der</strong> Gesamtverein jedes Jahr eine<br />

Generalversammlung, an <strong>der</strong> auch Archivare teilnahmen. Doch dort hatten sie, genau<br />

wie <strong>im</strong> Gesamtverein, keine eigene Sektion, auf <strong>der</strong> sie die Möglichkeit hatten, sich<br />

über archivspezifische Themen auszutauschen o<strong>der</strong> zu diskutieren. 2<br />

Aus diesem Grund wurde auf <strong>der</strong> Generalversammlung des Gesamtvereins 1878 in<br />

Marburg, auf Anregung <strong>der</strong> anwesenden Archivare eine neue Sektion des<br />

Gesamtvereins begründet. Neben den Sektionen „Römische und vorrömische<br />

Alterthümer“ (I. Sektion), „Mittelalterliche Alterthümer“ (Sektion II) und „Deutsche<br />

Geschichte“ (Sektion III), gab es nun mit <strong>der</strong> Sektion „Archivwesen und historische<br />

Hülfswissenschaften“ eine vierte innerhalb des Gesamtvereins. 3 Auch sollten ab<br />

diesem Zeitpunkt schon regelmäßige Archivarsversammlungen stattfinden, da <strong>der</strong>en<br />

Notwendigkeit sichtbar war. Jedoch blieben bis 1898 jegliche Versuche, eine solche<br />

Tagung ins Leben zu rufen, fruchtlos. Erst auf die Anregung Gehe<strong>im</strong>rat Georg<br />

Wolframs hin wurde <strong>der</strong> deutsche Archivtag ins Leben gerufen. 4<br />

In Verbindung mit <strong>der</strong> Generalversammlung des Gesamtvereins deutscher<br />

Geschichts- und Altertumsvereine fand 1899 <strong>der</strong> erste deutsche Archivtag in<br />

1 Im Folgenden als „Gesamtverein“ bezeichnet.<br />

2 Vgl. Musial, T. „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S. 66.<br />

3 Rede Dr. Vaupel auf Archivtag 1934, GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, adh. Sammlung, o.Bl.<br />

4 Vgl. Rede Dr. Vaupel auf Archivtag 1934, GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, adh. Sammlung,<br />

o.Bl.<br />

3


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Straßburg (Elsass) statt. Der Vorsitzende dieses ersten <strong>Archivtage</strong>s, Archivdirektor<br />

Dr. Wiegand, stellte in seiner Ansprache fest, dass <strong>der</strong> starke Besuch <strong>der</strong> Tagung klar<br />

verdeutliche, dass die Einberufung dieser Art von Kongress den Bedürfnissen <strong>der</strong><br />

deutschen Archivare entsprochen habe. Nach dem Sinn und Willen <strong>der</strong><br />

Antragssteller, die 1898 in Münster den Archivtag ins Leben riefen, sollte <strong>der</strong><br />

Archivtag Möglichkeiten für Erörterungen und für den Austausch von Erfahrungen<br />

archivtechnischer Natur bieten. Der Archivtag sollte die Archivare dazu bewegen,<br />

sich als ein geschlossener Berufsstand zu fühlen, so wie es schon in Italien und<br />

Frankreich <strong>der</strong> Fall war. Wiegand betonte, dass durch den Archivtag kein Druck auf<br />

die Archivverwaltung o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e vorgesetzte Behörden ausgeübt werden solle. Er<br />

wünschte sich und den Kollegen, dass <strong>der</strong> Archivtag allmählich eine ständige,<br />

anerkannte und sinnvolle Institution des archivalischen Lebens in Deutschland<br />

werde. 5<br />

Staatsarchivar Dr. Gustav Könnecke aus Marburg schrieb am 04. Oktober 1899 über<br />

diesen Archivtag einen Bericht, welcher von dem Direktor <strong>der</strong> (preußischen)<br />

Staatsarchive, Gehe<strong>im</strong>er Oberregierungsrat Professor Dr. Reinhold v. Koser in<br />

Auftrag gegeben worden war 6 . So berichtete Könnecke, dass insgesamt 82<br />

Teilnehmer die eintägige Veranstaltung besucht hatten. Davon waren 60 Personen<br />

Archivbeamte bzw. übten den Archivdienst aus. Damit nutzten ca. 4/5 <strong>der</strong><br />

anwesenden Archivleute die Generalversammlung für einen Besuch des <strong>Archivtage</strong>s.<br />

Daraus schloss er, dass sich die Vermutung, nach <strong>der</strong> künftige <strong>Archivtage</strong> wohl<br />

schwach besucht seien werden, falls sie nicht zusammen mit <strong>der</strong><br />

Generalversammlung des Gesamtvereins stattfinden würden, nicht belegt werden<br />

kann. Jedoch stellte er fest, dass <strong>der</strong> anberaumte Zeitraum von einem Tag für den<br />

Archivtag viel zu kurz sei. So hatten sich für diesen ersten Archivtag 8 Referenten<br />

angemeldet, von denen lei<strong>der</strong> nicht alle zu Wort kommen konnten, da keine Zeit für<br />

weitere Vorträge gegeben war. Lediglich <strong>der</strong> Vormittag war für jene Referate<br />

vorgesehen gewesen, während <strong>der</strong> gesamte Nachmittag mit Besichtigungen<br />

ausgefüllt war. Daher merkte Könnecke am Ende <strong>der</strong> Versammlung an, dass <strong>der</strong><br />

nächste Archivtag in Dresden, welcher für 1900 geplant war und wie<strong>der</strong> in<br />

Verbindung mit <strong>der</strong> Generalversammlung des Gesamtvereins stattfinden sollte, auf 2<br />

Tage ausgedehnt müsste und weniger Referate enthalten werden sollte. Somit konnte<br />

5 Vgl. Ansprache Dr. Wiegand in: KB 47 Jg. (1899) Nr. 11/12, S.168 – 179.<br />

6 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. I., Bl. 152-159.<br />

4


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

die Möglichkeit zum Hören <strong>der</strong> Referate und einer sich daran anschließenden<br />

Debatte gegeben werden.<br />

Als Redner trat auf diesem 1. Archivtag unter an<strong>der</strong>em <strong>der</strong> Vorsitzende Dr. Wiegand<br />

auf, <strong>der</strong> in seinem Referat „<strong>Die</strong> wissenschaftliche Vorbildung des Archivars“ auf die<br />

Unterschiede des Archivwesens in den deutschen Bundesstaaten aufmerksam<br />

machte. Seiner Meinung nach sollten Möglichkeiten geschaffen werden, diese<br />

Unterschiede abzubauen. Er meinte, dass es nötig sei, für Deutschland an fünf o<strong>der</strong><br />

sechs Hochschulen Archivare auszubilden und schlug folgende Standorte vor:<br />

1.) München für Bayern<br />

2.) Straßburg für Südwestdeutschland<br />

3.) Marburg für Mitteldeutschland<br />

4.) Berlin für Norddeutschland<br />

5.o<strong>der</strong> 6.) Breslau o<strong>der</strong> Königsberg für Ost- bzw. Nordostdeutschland.<br />

Damit sollte sichergestellt werden, dass alle an diesen Hochschulen ausgebildeten<br />

und geprüften Archivare in allen deutschen Staaten eine gleiche<br />

Anstellungsberechtigung hätten. 7<br />

Bei <strong>der</strong> Planung des zweiten <strong>Archivtage</strong>s, welcher wie geplant am 24. September<br />

1900 in Dresden stattfand, wurden die Anmerkungen, welche auf dem Straßburger<br />

Archivtag zur Sprache kamen, teilweise eingehalten. So waren nur folgende drei<br />

Vorträge geplant: „Über Publikationen von Archivinventaren“ von Gehe<strong>im</strong>rat Dr.<br />

Friedrich v. Weech, Gehe<strong>im</strong>er Archivrat Dr. Georg Hille über „Aktenkassation“ und<br />

Dr. Jung „Über das Archiv des deutschen Parlaments von 1849“. Auch wurde noch<br />

Zeit für Diskussionen eingeräumt, welche jedoch nicht zwingend nach den<br />

jeweiligen Referaten geführt werden mussten. So konnten die Teilnehmer Anträge<br />

für Diskussionen einreichen, wie es Dr. Wolfram mit <strong>der</strong> Frage „Sollen die<br />

Volkszählungszettel von den Archiven aufgenommen und aufbewahrt werden?“<br />

getan hatte. Während <strong>der</strong> Archivtag wie<strong>der</strong> nur an einem Tag abgehalten wurde,<br />

erstreckte sich die Generalversammlung des Gesamtvereins über vier Tage, vom<br />

24.bis zum 28. September. Der Archivtag bildete somit den Auftakt <strong>der</strong><br />

Generalversammlung. An diesem Ablauf wurde noch viele Jahre festgehalten. 8 Für<br />

die Herausgeber des Korrespondenzblattes des Gesamtvereins schien <strong>der</strong> Archivtag<br />

7 Vgl. Bericht Dr. Könnecke in: GStA, Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. I., Bl. 152-159.<br />

8 Vgl. KB 48. Jg. (1900) Nr. 7/8.<br />

5


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

nicht von allzu großer Bedeutung zu sein, da über diesen zweiten <strong>Deutschen</strong><br />

Archivtag nicht berichtet wurde. Es lässt sich nur ein Abdruck des Programms <strong>im</strong> 48.<br />

Jahrgang <strong>der</strong> Zeitschrift finden. Über den damals zeitgleich stattfindenden Tag <strong>der</strong><br />

Denkmalpflege wurde <strong>im</strong> Vergleich dazu ausführlich berichtet.<br />

1902 fand <strong>der</strong> Archivtag in Düsseldorf statt. Neben den deutschen Archivaren waren<br />

dieses Mal auch Kollegen aus Belgien, Luxemburg und den Nie<strong>der</strong>landen angereist.<br />

<strong>Die</strong> Themen umfassten neben <strong>der</strong> Vorstellung des Düsseldorfer Staatsarchivs die<br />

städtischen Archivbauten und das Deckenbausystem. Dr. Paul Bailleu, Gehe<strong>im</strong>er<br />

Archivrat, berichtete über das Provenienzsystem und dessen Anwendung <strong>im</strong> Berliner<br />

Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchiv. Als Schlussredner referierte Archivrat Dr. Georg Sello über<br />

Zapon, ein Konservierungsmittel zur Erhaltung von Archivalien in <strong>der</strong> Archivpraxis.<br />

Zu diesem Thema wurde <strong>im</strong> Anschluss ein Ausschuss gewählt, bestehend aus dem<br />

Referenten Dr. Sello, dem Gehe<strong>im</strong>en Archivrat Dr. Hermann Grotefend und<br />

Archivdirektor Prof. Dr. Wiegand, um Erfahrungen bei <strong>der</strong> Zapon<strong>im</strong>prägnierung zu<br />

sammeln. <strong>Die</strong>se sollten auf dem nächsten Archivtag, welcher für 1904 geplant war,<br />

vorgetragen werden. 9<br />

Wie beschlossen, berichtete Archivrat Dr. Sello in Danzig 1904 über die Tätigkeit<br />

des Ausschusses. Er wies darauf hin, dass sich die Entfernung <strong>der</strong> Wohnsitze <strong>der</strong> drei<br />

Ausschussmitglie<strong>der</strong> hin<strong>der</strong>lich auf <strong>der</strong>en Arbeit auswirkte. Daher musste je<strong>der</strong><br />

einzeln <strong>im</strong> Sinne des Versammlungsbeschlusses vorgehen und sein Material für den<br />

Ausschussbericht zur Verfügung zu stellen. 10 Neben diesem Bericht sprach auch Dr.<br />

Perl, ein Fabrikbesitzer aus Berlin, über die Zaponverwendung in <strong>der</strong> Industrie.<br />

Anhand dieser Tatsachen lässt sich die Wichtigkeit des Themas und das Interesse <strong>der</strong><br />

deutschen Archivwelt erkennen, denn schon auf <strong>der</strong> Konferenz deutscher Archivare<br />

in Dresden 1899 wurde über die Zapon<strong>im</strong>prägnierung gesprochen. Damals wurde in<br />

diesem Zusammenhang zudem ein Beschluss erlassen, in welchem die Regierungen<br />

<strong>der</strong> Bundesstaaten ersucht wurden, in ihren Archiven Versuche mit <strong>der</strong><br />

Zapon<strong>im</strong>prägnierung durchführen zu lassen.<br />

Neben dem Thema <strong>der</strong> Zapon<strong>im</strong>prägnierung fand auch die Frage „Über eine<br />

gesetzliche Regelung des Schutzes von Archivalien und <strong>der</strong> Beaufsichtigung nicht<br />

9 Vgl. Protokolle des Dritten <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s zu Düsseldorf, 1902.<br />

10 Vgl. Dr. Sello: „<strong>Die</strong> bei <strong>der</strong> Zaponverwendung in <strong>der</strong> Archivpraxis gemachten Erfahrungen“ in:<br />

Protokolle des Vierten <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s zu Danzig, 1904, S. 66, sowie Dr. Sello: „Das Zapon in<br />

<strong>der</strong> Archivpraxis“ in Protokolle des Dritten <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s zu Düsseldorf, 1902, S. 60.<br />

6


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

fachmännisch verwalteter Archive und Registraturen“ große Resonanz. Der<br />

Hauptreferent zu diesem Thema war Archivrat Dr. Bär. Daneben erhielten noch<br />

Oberregierungsrat Dr. Hubert Ermisch und Reichsarchiv-Assessor Dr. Hermann<br />

Knapp als Korreferenten das Wort. Nach einer Debatte zu diesem Thema, in <strong>der</strong> über<br />

die Erfahrungen mit Archivalienschutz in den verschiedenen Archiven berichtet<br />

worden war, beschloss die Tagungsteilnehmer auf einen Antrag des Gehe<strong>im</strong>en<br />

Archivrats Dr. Bailleu (Berlin) hin, die Schaffung eines Ausschusses, bestehend aus<br />

den drei Referenten Bär, Ermisch, Knapp und dem Archivdirektor Dr. Wolfram.<br />

<strong>Die</strong>ser sollte eine Denkschrift über den Archivalienschutz verfassen, welche dann auf<br />

dem nächsten Archivtag weiter besprochen werden sollte. Dr. Bär sprach nach<br />

seinem ersten Referat über die Gründung des Staatsarchivs in Danzig, wobei er auch<br />

über die dortige Anwendung des Provenienzprinzips berichtete. Anschließend sprach<br />

Dr. Erhardt über „<strong>Die</strong> Hauptphasen <strong>der</strong> Entwicklung des Berliner Gehe<strong>im</strong>en<br />

Staatsarchivs“. 11<br />

Der Bamberger Archivtag 1905 wurde am 24. September mit dem Bericht des<br />

Ausschusses zum Archivalienschutz eröffnet. <strong>Die</strong>sem Referat des Archivdirektors<br />

Dr. Wolfram folgte eine Diskussion, welche von Reichsarchivar Dr. Secher aus<br />

Kopenhagen eröffnet wurde. <strong>Die</strong>ses Forum nutzte er, um die Archive in den<br />

skandinavischen Staaten vorzustellen. Danach reflektierten die Tagungsteilnehmer<br />

die fünf von Dr. Wolfram eingebrachten Thesen zum Archivalienschutz, welche mit<br />

einigen Än<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> vierten These angenommen wurden.<br />

Zusammengefasst lassen sie sich wie folgt darstellen:<br />

1. <strong>Die</strong> deutschen Archivare stellten fest, dass bis zum Zeitpunkt des <strong>Archivtage</strong>s<br />

wertvolle Urkunden und Akten durch ungeeignete Aufbewahrung und<br />

Vernachlässigung zerstört wurden, in Privathände gelangten o<strong>der</strong> sogar ins<br />

Ausland verkauft wurden.<br />

2. Um weitere Verluste zu vermeiden, sei es die dringende Aufgabe <strong>der</strong><br />

deutschen Staatsregierungen, Gesetzte und Verordnungen für eine bessere<br />

Archivalienaufsicht zu erlassen.<br />

3. Um einen Erfolg aus einer etwaigen staatlichen Archivalienaufsicht zu<br />

gewährleisten, muss diese den Staatsarchiven übertragen werden.<br />

11 Vgl. Protokolle des Vierten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Danzig, 1904.<br />

7


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

4. Da jede Staatsregierung dabei nur nach ihren Befugnissen handeln und eine<br />

allgemeine Maßregelung dadurch nur in groben Zügen gegeben werden kann,<br />

muss <strong>der</strong> Erlass von Anweisungen für die Ordnung und Instandhaltung <strong>der</strong><br />

Gemein<strong>der</strong>egistraturen und Archive sowie <strong>der</strong>en Kontrolle und Durchführung<br />

<strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund stehen. Dafür müssten in erster Linie die Beamten <strong>der</strong><br />

staatlichen Archive herangezogen werden, die dafür die Genehmigung zum<br />

Besuch aller Archive und Registraturen ihres Archivsprengels erhalten<br />

würden. Dabei sollten die Beamten auf die Lagerung und Ordnung achten<br />

und diese för<strong>der</strong>n.<br />

5. Falls für solche Ordnungsarbeiten die Mitarbeit von Archivpersonal nötig<br />

würde, solle diese <strong>der</strong> Leitung und Beaufsichtigung <strong>der</strong> Archivbehörde des<br />

jeweiligen Sprengels unterstehen. 12<br />

<strong>Die</strong>se Thesen waren die ersten Vorgaben zur Übernahme von Schriftgut in ein<br />

Archiv.<br />

Im Anschluss daran kehrte Reichsarchivrat Josef Sebert mit seinem Referat über das<br />

Bamberger Kreisarchiv zur Tagesordnung zurück.<br />

Der Gehe<strong>im</strong>e Archivrat Prof. Dr. Rodgero Prümers informierte <strong>im</strong> Anschluss daran<br />

über „<strong>Die</strong> Papierfeinde aus dem Insektenreiche“, wobei dieses Referat das Vorletzte<br />

an diesem Tag war. Das Abschlussreferat mit dem Titel „<strong>Die</strong> Benutzung <strong>der</strong> Archive<br />

durch die genealogische Forschung“ hielt Stadtarchivar Dr. Alfred Overmann. Der<br />

Tag schloss mit einer Debatte zu diesem Thema.<br />

Auf Einladung des Hofrats Dr. Winter, Direktor des k.u.k. Haus-, Hof- und<br />

Staatsarchivs in Wien hin beschloss <strong>der</strong> geschäftsführende Ausschuss des<br />

<strong>Archivtage</strong>s, welcher am Ende <strong>der</strong> Veranstaltung gewählt worden war, dass <strong>der</strong><br />

sechste Deutsche Archivtag in Wien stattfinden sollte. <strong>Die</strong>ser Beschluss wurde mit<br />

„freudigem Beifall und allgemeiner Zust<strong>im</strong>mung“ 13 angenommen. Im ersten Moment<br />

erscheint dies seltsam, gehörte doch Wien keineswegs zum <strong>Deutschen</strong> Reich. Im<br />

Hinblick auf den politischen Hintergrund in dieser Zeit ist diese Wahl als Zeichen<br />

<strong>der</strong> Unterstützung des Deutsche Reiches durch Österreich-Ungarn zu werten. Befand<br />

sich das Deutsche Reich doch nach <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> „Entente cordiale“ zwischen<br />

England und Frankreich 1904 und <strong>der</strong> ersten Marokkokrise von 1905 in einer <strong>im</strong>mer<br />

größer werdenden politischen Isolation. Österreich-Ungarn war zu dieser Zeit die<br />

12 Vgl. Protokolle des Fünften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Bamberg, 1905, S. 11-12, bzw. S. 43.<br />

13 Ebd. S. 96.<br />

8


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

einzige europäische Macht, die das Deutsche Reich noch unterstützte. <strong>Die</strong> Wahl<br />

Wiens hatte zwar keinerlei Auswirkung auf die Politik, jedoch ist dies als Akt mit<br />

großer Symbolkraft zu werten. Auch fühlten sich die deutschen Archivare den<br />

österreichischen sehr verbunden. <strong>Die</strong>s zeigte schon die Ansprache Dr. Wiegands, bei<br />

<strong>der</strong> Eröffnung des ersten <strong>Archivtage</strong>s 1899. So begrüßte er auf das Herzlichste die<br />

Kollegen aus Österreich, die laut Wiegand mit ihrer Anwesenheit bewiesen, dass<br />

„über die Grenzpfähle hinaus das Bewußtsein gemeinsamer Pflichten und deutscher<br />

Stammesverwandtschaft reicht.“ 14<br />

<strong>Die</strong>ser sechste Archivtag, <strong>der</strong> erste, <strong>der</strong> nicht <strong>im</strong> Deutsche Reich stattfand, wurde wie<br />

<strong>im</strong> Jahr zuvor am 24. September eröffnet. Der Direktor des k.u.k. Kriegsarchivs,<br />

Feldmarschall-Leutnant E. Woinivich von Belobreska wurde zu dessen Vorsitzenden<br />

gewählt. In seiner Ansprache wies er auf die Wichtigkeit <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> hin, da sich<br />

auch die Besitzer von Privatarchiven durch die <strong>Archivtage</strong> angeregt fänden, ihre<br />

Archive nach mo<strong>der</strong>nen Grundsätzen zu ordnen und sie <strong>der</strong> Forschung zugänglich zu<br />

machen.<br />

<strong>Die</strong> Redner des Wiener <strong>Archivtage</strong>s kamen in jenem Jahr nicht nur aus dem<br />

<strong>Deutschen</strong> Reich. So referierte Archivdirektor Prof. Dr. Mell aus Graz über „Archive<br />

und Archivwesen einer österreichischen Landschaft (Steiermark)“. Reichsarchivar<br />

Dr. Secher aus Kopenhagen, welcher schon auf dem vorherigen Archivtag in<br />

Bamberg zu Wort kam, brachte den Zuhörern dieses Mal die Ordnungsprinzipien des<br />

dänischen Archivwesens näher. Archivdirektor Dr. Eugen Schnei<strong>der</strong> berichtete über<br />

den Archivalienschutz in Württemberg, womit die Thematik <strong>der</strong> letzten beiden<br />

<strong>Archivtage</strong> wie<strong>der</strong> aufgegriffen wurde.<br />

Den wahrscheinlich interessantesten Vortrag hielt Archivrat Dr. Adolf Warschauer,<br />

Professor an <strong>der</strong> Akademie in Posen. Er berichtete über die „Photographie <strong>im</strong><br />

<strong>Die</strong>nste <strong>der</strong> archivalischen Praxis“. So nutzten Archive <strong>im</strong>mer noch das System <strong>der</strong><br />

nassen Platten, da dadurch schärfere Bil<strong>der</strong> hergestellt werden könnten. War eine<br />

Urkunde jedoch vergilbt o<strong>der</strong> schwer lesbar, griffen Archive auf die<br />

Trockenplattentechnik zurück, um die Akte abzulichten. <strong>Die</strong>se Trockenplatten waren<br />

jedoch für gelbe und rote Farben nicht empfänglich. Daher wurden, so Warschauer,<br />

Versuche mit roten bzw. gelben Filtern durchgeführt, welche erstaunliche Ergebnisse<br />

lieferten. So wurden angeblich schwer lesbare Urkunden auf den Fotos deutlicher.<br />

14 Ansprache Dr. Wiegand in: KB 47 Jg. (1899) Nr. 11/12.<br />

9


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Doppelt beschriebene Dokumente ließen sich wohl so bearbeiten, dass einmal die<br />

ältere und ein an<strong>der</strong>es Mal die jüngere Schrift deutlicher gelesen werden konnte.<br />

Archivdirektor Dr. Winter, welcher den Archivtag nach Wien eingeladen hatte, hielt<br />

darauf den Abschlussvortrag, in dem er das neue Gebäude des k.u.k. Haus-, Hof- und<br />

Staatsarchivs vorstellte, welches <strong>im</strong> Anschluss besichtigt wurde. 15<br />

Am 14. September 1907 trafen sich die deutschen Archivare in Karlsruhe zum 7.<br />

Archivtag. Auch dort wurde über die Erfahrung mit dem Archivalienschutz referiert.<br />

Der Gehe<strong>im</strong>e Archivrat Dr. Karl Obser informierte über diesen in Baden. Darauf<br />

sprach Reichsarchivassessor Dr. Ivo Striedinger über das Versenden von<br />

Archivalien. Am Ende seines Vortrages fasste Striedinger sieben Thesen zu diesem<br />

Thema zusammen. <strong>Die</strong>se wurden jedoch nicht diskutiert. Sie sollten auf dem<br />

nächsten Archivtag aufgegriffen werden. Daher ging man zum nächsten Referat<br />

über, welches den Titel „Das französische Archivwesen und seine Entwicklung in<br />

den letzten Jahrzehnten“ trug und vom kaiserlichen Archivdirektor Dr. Hauviller<br />

vorgetragen wurde.<br />

Im letzten Vortrag informierte Archivassessor Fritz Frankhauser über den „Neubau<br />

des Großherzoglichen Badischen General-Landesarchivs“, welchem sich eine<br />

Besichtigung desselben anschloss. Ein Ausflug nach Speyer am 15. September stellte<br />

das Ende des siebenten <strong>Archivtage</strong>s dar. 16<br />

Der achte Archivtag, <strong>der</strong> sich 1908 in Lübeck eingefunden hatte und zum ersten Mal<br />

auf zwei Tage ausgedehnt wurde, begann mit <strong>der</strong> Debatte über die Thesen zur<br />

Versendung von Archivalien von Dr. Striedinger, welche er auf dem vorhergehenden<br />

Archivtag aufstellte hatte. Anschließend sprach Dr. Jean Lulvès aus Hannover über<br />

„<strong>Die</strong> Verwaltung <strong>der</strong> Staatsarchive Italiens <strong>im</strong> letzten Jahrhun<strong>der</strong>t“. Nach einer Pause<br />

referierte Senatssekretär Dr. Anton Hagedorn über „Das hamburgische Staatsarchiv<br />

und die Personenforschung“. <strong>Die</strong> anschließende Diskussion nutzte<br />

Reichsarchivdirektor Dr. Secher, welcher sich auch schon auf den vorangegangenen<br />

<strong>Archivtage</strong>n oft zu Wort gemeldet hatte, um aufzuzeigen, wie das dänische<br />

Archivwesen mit <strong>der</strong> Personenforschung und Genealogie umgeht. Danach wurde die<br />

Sitzung des ersten Tages geschlossen. Am 21. September, dem zweiten Tagungstag,<br />

besuchten die Teilnehmer des <strong>Archivtage</strong>s eine Ausstellung über die Stadt Lübeck in<br />

15 Vgl. Protokolle des Sechsten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Wien,1906.<br />

16 Vgl. Protokolle des Siebenten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Karlsruhe, 1907.<br />

10


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

<strong>der</strong> Katharinenkirche zu Lübeck. <strong>Die</strong>se war von Staatsarchivar Dr. Johannes<br />

Kretzschmar und dem Baudirektor Baltzer arrangiert worden. Ersterer hielt am<br />

Abend einen Vortrag über die Geschichte des Lübecker Stadtarchivs.<br />

Den abschließenden Vortrag gestaltete Dr. Grotefend. Er informierte über „Das<br />

Volkszählungsmaterial <strong>im</strong> Schweriner Archive von 1496 bis 1900“. Danach wurde<br />

<strong>der</strong> Archivtag geschlossen. 17<br />

Der neunte Archivtag in Worms 1909 bot eine Beson<strong>der</strong>heit. Zum ersten Mal in <strong>der</strong><br />

bisherigen Geschichte des <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s hielt eine Frau einen Vortrag.<br />

Bisher waren Frauen nur als Teilnehmer auf dem Archivtag zugegen. 18 Elise<br />

Samuelson, Konservatorin am Landesarchiv Lund berichtete über die<br />

„Konservierung und Renovierung alter Handschriften“. Ferner berichtete <strong>der</strong><br />

Stadtarchivar Prof. Dr. Wedeling über das Archiv <strong>der</strong> Stadt Worms. Archivrat Dr.<br />

Richter referierte über „<strong>Die</strong> kurtrierische Kanzlei bis zum 16. Jahrhun<strong>der</strong>t.“ Den<br />

letzten Vortrag des <strong>Archivtage</strong>s hielt Oberlehrer Dr. Herrmann, welcher über „<strong>Die</strong><br />

Inventarisierung <strong>der</strong> Hessischen Evangelischen Pfarrarchive“ sprach. <strong>Die</strong><br />

anschließende Debatte bedeutete das Ende dieses <strong>Archivtage</strong>s. 19<br />

1910, auf dem zehnten Archivtag in Posen, wurde das Thema „Zapon“ erneut<br />

aufgegriffen, nachdem es bereits auf dem zweiten und dritten Archivtag besprochen<br />

worden war. Dr. Heinrich Fre<strong>der</strong>king zeigte in seinem Referat „Zapon o<strong>der</strong> Cellit“<br />

die Vor- und Nachteile bei<strong>der</strong> Imprägnierungsmittel auf.<br />

Archivrat Dr. Paul Karge berichtete in dem Eröffnungsreferat des <strong>Archivtage</strong>s über<br />

das russische Archivwesen. Anschließend informierte O. Mente, erster Assistent <strong>im</strong><br />

photochemischen Laboratorium <strong>der</strong> Königlich Technischen Hochschule in Berlin,<br />

über eine „Neue Methode <strong>der</strong> Urkundenphotographie“, welche er durch mehrere<br />

Versuche selbst ausgearbeitet hatte. Nachdem Mente anhand einer Vorführung die<br />

Funktionalität dieser Methode bewiesen hatte, stellte Dr. Grotefend einen Antrag, <strong>der</strong><br />

einst<strong>im</strong>mig angenommen wurde. „Der 10. deutsche Archivtag richtet an den<br />

Generaldirektor <strong>der</strong> preußischen Staatsarchive die Bitte, Einrichtung eines Lehr- und<br />

Versuchsinstituts für Anwendung <strong>der</strong> Photographie in <strong>der</strong> archivalischen Praxis in<br />

17 Vgl. Protokolle des Achten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Lübeck, 1908.<br />

18 Vgl. ebd., Teilnehmerliste des Achten <strong>Deutschen</strong> Archivtags Lübeck.<br />

19 Vgl. KB 57. Jg. (1909), Nr. 11/12, Sp. 443 – 488.<br />

11


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

die Wege zu leiten, in dem Photochemikern und Archivaren Gelegenheit zu<br />

gemeinsamer Arbeit geboten wird.“ 20<br />

Danach berichtete <strong>der</strong> Gehe<strong>im</strong>e Archivrat Dr. Bailleu vom ersten internationalen<br />

Kongress <strong>der</strong> Archivare und Bibliothekare in Brüssel, <strong>der</strong> vom 28. bis 31. August<br />

1910 stattfand. Abschließend hielt <strong>der</strong> Archivdirektor Gehe<strong>im</strong>er Archivrat Prümers<br />

einen Diavortrag über die Siegel des Posener Staatsarchivs. Vor <strong>der</strong> Schließung des<br />

<strong>Archivtage</strong>s wurde wie jedes Jahr <strong>der</strong> nächste Tagungsort best<strong>im</strong>mt. So wurde Graz<br />

für den elften Archivtag ausgewählt, 21 <strong>der</strong> am 04. und 05. September 1911 stattfand.<br />

Zentrale Themen waren das staatliche Archivwesen in Österreich und das<br />

steiermärkische Statthaltereiarchiv in Graz. Zudem sprach <strong>der</strong> Gehe<strong>im</strong>e Archivrat<br />

Dr. Z<strong>im</strong>mermann über die Frage: „Was sollen Archive sammeln?“ und Dr. Grotefend<br />

berichtete über „Neuere Archivbauten in Norddeutschland“. 22<br />

Dem zwölften Archivtag in Würzburg, 09. und 10. September 1912, ging ein<br />

Begrüßungsabend am 08. September voraus. Seit einigen Jahren war es üblich, dass<br />

sich die Teilnehmer <strong>der</strong> Generalversammlung des Gesamtvereins und des<br />

<strong>Archivtage</strong>s zu einem geselligen Abend vor Beginn <strong>der</strong> Tagungen trafen. <strong>Die</strong>ser<br />

scheint von beson<strong>der</strong>em Interesse für die Herausgeber des Korrespondenzblattes des<br />

Gesamtvereins gewesen zu sein, fand er doch Erwähnung <strong>im</strong> Protokoll. Auf diesem<br />

Begrüßungsabend hielt <strong>der</strong> Kreisarchivar von Würzburg, Dr. August Sperl, zwei<br />

Ansprachen. In <strong>der</strong> ersten, als ernste Ansprache beschrieben, erinnerte er an die<br />

bisherigen <strong>Archivtage</strong>, während er in seiner zweiten einen Auszug aus einer<br />

Archivgeschichte des Jahres 2012, also eine Zukunftsvision, darbot. Im Anschluss<br />

trug er ein Gedicht mit dem Titel „Der alte Archivar“ vor.<br />

„Der alte Archivar“<br />

Im kühlen Gewölbe, aufs Pult gebückt,<br />

so weltverloren, so weltentrückt,<br />

sitzet und forschet, wie manches Jahr,<br />

also auch heute <strong>der</strong> Archivar.<br />

20 Protokolle des Zehnten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Posen, 1910, S. 29.<br />

21 Vgl. Protokolle des Zehnten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Posen, 1910.<br />

22 Vgl. Protokolle des Elften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Graz, 1911.<br />

12


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Das Aug´ ist müd´ und ihm schw<strong>im</strong>men die Zeilen<br />

- da faltet die Hände <strong>der</strong> alte Mann,<br />

und sinnt, wie so flüchtig die Jahre enteilen<br />

und wie sein eigenes Leben verrann.<br />

Sie haben sich draußen gehetzt und gejagt<br />

und haben sich mit dem Ehrgeiz geplagt<br />

und haben die Spanne <strong>der</strong> Erdenzeit<br />

geachtet für eine Unendlichkeit.<br />

Er wußte das an<strong>der</strong>s, <strong>der</strong> Archivar,<br />

denn er sah <strong>im</strong>mer, was vordem war,<br />

und an dem, was <strong>im</strong>mer und <strong>im</strong>mer gewesen,<br />

war seine Seele zum Frieden genesen.<br />

Was den an<strong>der</strong>n die längste Vergangenheit,<br />

das war ihm jüngst verflossene Zeit,<br />

und was die Vielen noch nie gesehen,<br />

er wußt´ es, war <strong>im</strong>mer und <strong>im</strong>mer geschehen.<br />

<strong>Die</strong> bunten Lappen <strong>der</strong> Erdenpracht<br />

sie sanken vor ihm in Staub und Nacht –<br />

und von manchen Kaisers vergilbter Hand<br />

blies er gelassen ein Restlein Sand.<br />

Doch hat er in all dem Kommen und Gehen<br />

den Kern <strong>der</strong> Wahrheit sch<strong>im</strong>mern gesehen<br />

und weiß es für<strong>der</strong> unbeirrt,<br />

was bleibend gewesen und bleiben wird.<br />

Und wenn ihm vollend die Fe<strong>der</strong> entsinkt,<br />

dieweil es hienieden zum Ende geht,<br />

wenn die letzte Recherche am Ziele steht<br />

und von ferne die höchste Entschließung winkt –<br />

13


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

dann senkt er die Augen und bündelt in Ruh<br />

den Akt des Lebens und schnürt ihn zu.<br />

Und hieß´ es etwa nach einiger Zeit,<br />

geh wie<strong>der</strong> zur Erde – so wär´ ihm das leid.<br />

Doch brächte ihn dann ein Engel hernie<strong>der</strong><br />

und sagte, nun wähle dein Glück! –<br />

er ginge in sein Gewölbe zurück<br />

und würde fürwahr<br />

das zweitemal wie<strong>der</strong><br />

ein Archivar. 23<br />

Am ersten Tag <strong>der</strong> Tagung hielt Gehe<strong>im</strong>rat Dr. Franz Ludwig v. Baumann den<br />

Eröffnungsvortrag mit dem Titel „Rückblick auf das erste Jahrhun<strong>der</strong>t des Königlich<br />

Bayerischen Allgemeinen Reichsarchivs“. Anschließend referierte Dechant Dr.<br />

Amrhein über „<strong>Die</strong> Inventarisierung <strong>der</strong> katholischen fränkischen Pfarrarchive“.<br />

Reichsarchivassessor Dr. Otto Riedner sprach in seinem folgenden Vortrag über<br />

„Staatliche Fürsorge für die bayrischen Gemeindearchive und Wert <strong>der</strong><br />

Gemeindearchive Unterfrankens“. Darin griff er zu Beginn die Aufgabe <strong>der</strong><br />

<strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> auf. <strong>Die</strong>se bestünde darin, „nicht nur <strong>der</strong> Vergangenheit,<br />

son<strong>der</strong>n auch durch die Vergangenheit <strong>der</strong> Zukunft zu dienen“. 24 <strong>Die</strong>s sei bis dahin<br />

beson<strong>der</strong>s auf dem Gebiet des Schutzes von kleineren, nichtstaatlichen Archiven<br />

geschehen.<br />

<strong>Die</strong> Besichtigung einer Ausstellung <strong>im</strong> Kreisarchiv Würzburg stellte das Ende des<br />

ersten Tagungstages dar. Für den zweiten Tag waren noch zwei weitere Vorträge<br />

vorgesehen. Kreisarchivassessor Paul Glück informierte über „Merkwürdige Karten<br />

und Pläne aus dem Kreisarchive in Würzburg“. <strong>Die</strong> dabei gezeigten Karten und<br />

Pläne waren jedoch nicht seltsam, wie das Wort „merkwürdig“ vielleicht vermuten<br />

lässt, son<strong>der</strong>n eher denkwürdig. Am Schluss sprach Kreisarchivassessor Dr. Abert<br />

über die „Würzburger Bischöfe am Schreibtisch“. 25<br />

23 Protokolle des Zwölften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Würzburg, 1912, S. 5-7.<br />

24 Protokolle des Zwölften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Würzburg, 1912, S. 44.<br />

25 Vgl. Protokolle des Zwölften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Würzburg, 1912.<br />

14


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Der dreizehnte Archivtag fand am 04. und 05. August in Breslau statt. Dass dies <strong>der</strong><br />

letzte Deutsche Archivtag <strong>im</strong> <strong>Kaiserreich</strong> werden sollte, ahnte zu dieser Zeit noch<br />

niemand.<br />

Auf die zwei Tagungstage waren vier Vorträge verteilt. Archivrat Dr. Wilhelm<br />

Bangert berichtete in seinem Eröffnungsvortrag über „Das Fürstlich<br />

Schwarzburgische Archiv in Rudolstadt“. Ihm schloss sich Dr. Ezechiel Zivier,<br />

Fürstlicher Archivar in Pleß, an. Er referierte über „Oberschlesische Archive und<br />

Oberschlesische Archivalien“. Kritisch diskutiert wurde <strong>der</strong> Vortrag von dem<br />

Gehe<strong>im</strong>en Archivrat Dr. Bailleu, welcher über „<strong>Die</strong> Benutzung <strong>der</strong> Archive durch<br />

Studierende zu Dissertationszwecken“ referierte. Er wies darauf hin, dass diese<br />

Benutzung vielfach zugenommen habe. Dabei würden die zu bearbeitenden Themen<br />

für die Dissertation vielfach von den Professoren vorgegeben und nicht von den<br />

Studenten selbst gewählt. <strong>Die</strong> Professoren sähen sich dann in den Archiven die<br />

notwendigen Akten grob ein und gäben somit ungenügende Informationen an den<br />

Studenten weiter. Oft hätten die Studenten auch gar keine Vorkenntnisse über die<br />

Aktenlage. <strong>Die</strong>s würde einige Studierende oft von <strong>der</strong> Aktenrecherche abschrecken,<br />

worauf sie die Archivare bäten, die Recherche für sie vorzunehmen. Sollte es dann<br />

doch zu einer Akteneinsicht durch den Studenten kommen, so hätten diese keine o<strong>der</strong><br />

nur spärliche Kenntnisse, um diese Akten zu nutzen. Das heißt, sie könnten diese<br />

Akten nicht lesen o<strong>der</strong> kämen mit <strong>der</strong> Aktenordnung nicht zurecht. So muss <strong>der</strong><br />

Archivar zu einem Lehrer werden und dem Studenten diese Kenntnisse vermitteln.<br />

Jedoch würde es Bailleu erfreuen, wenn er dann sähe, dass <strong>der</strong> Student anschließend<br />

erfolgreich arbeiten könne. Ein weiterer Dorn <strong>im</strong> Auge Bailleus war die<br />

„Fernnutzung“ von Akten durch die Studenten. So ließen sie sich Akten schicken,<br />

ohne zu wissen was darin steht. So gab Bailleu Ratschläge, um die Arbeit <strong>der</strong><br />

Studenten in den Archiven zu vereinfachen. <strong>Die</strong> Professoren sollten sich vor <strong>der</strong><br />

Vergabe des Dissertationsthemas mit dem selbigen an die Archive wenden, damit<br />

den Studenten schon <strong>im</strong> Voraus geholfen werden könne. Auch sollten die Studenten<br />

zuerst die gedruckten Quellen in Bibliotheken benutzen, da Akten oft in Bänden<br />

abgedruckt waren. Doch er stellte auch eine For<strong>der</strong>ung auf, mit <strong>der</strong> er an die<br />

Hochschulen appellierte, den Studenten die nötigen Vorkenntnisse für die<br />

Archivnutzung zu vermitteln.<br />

15


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Zum Ende des <strong>Archivtage</strong>s besichtigten die Tagungsteilnehmer das Breslauer<br />

Stadtarchiv und verfolgten eine Vorführung des Apothekers W. Th. Santer zur<br />

„Rückführung erloschener Schriftzüge“. 26<br />

Der vierzehnte Archivtag sollte zum dritten Mal in Österreich stattfinden, genauer in<br />

Bregenz, Hauptstadt von Vorarlberg. Geplant waren drei Vorträge und die<br />

Besichtigung des Vorarlberger Landesarchivs. 27 Aufgrund des Ausbruchs des Ersten<br />

Weltkrieges <strong>im</strong> August 1914 fand die Generalversammlung des Gesamtvereins und<br />

somit auch <strong>der</strong> Archivtag nicht statt. Erst 1920 trafen sich die Historiker und<br />

Archivare wie<strong>der</strong> auf einer Hauptversammlung.<br />

26 Vgl. KB 61. Jg. (1913), Nr. 11/12, Sp. 403 – 430.<br />

27 Vgl. KB 62. Jg. (1914), Nr. 7/9.<br />

16


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

2.2. <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik<br />

2.2.1 Überblick<br />

Der 1. Weltkrieg und <strong>der</strong> Versailler Vertrag <strong>der</strong> dessen Ende markierte, führten zu<br />

großen Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb des deutschen Archivwesens. Viele Archivare<br />

waren an <strong>der</strong> Ost- und Westfront gefallen. <strong>Die</strong> Staatsarchive Danzig und Posen, die<br />

Archive in Elsass-Lothringen und einzelne Archivsprengel in Schleswig und<br />

Schlesien sowie <strong>im</strong> Memelgebiet gingen durch die Abtrennung <strong>der</strong> Gebiete verloren.<br />

Der Zusammenbruch des <strong>Kaiserreich</strong>s, die Revolution 1918 in Deutschland und die<br />

Inflation zu Beginn <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik führten bei den mehrheitlich<br />

konservativen Archivaren zu einer ablehnenden Haltung <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik<br />

gegenüber. Viele Archivare hatten nach dem Krieg noch an Kämpfen <strong>der</strong> Freikorps 28<br />

teilgenommen, an<strong>der</strong>e wurden Mitglie<strong>der</strong> rechter Parteien o<strong>der</strong> standen ihnen nahe.<br />

Sie hofften auf eine Revision des Versailler Vertrages und auf eine mögliche<br />

Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> Verhältnisse des <strong>Kaiserreich</strong>s. <strong>Die</strong> Archivare entwickelten<br />

nun ein starkes deutschnationales Bewusstsein, das sich auch auf den kommenden<br />

Generalversammlungen und <strong>Archivtage</strong>n äußerte. 29 Allein die Wahl des<br />

Tagungsortes für die folgenden Archivtag wurde zum Ausdruck <strong>der</strong> politischen<br />

Einstellung. So schrieb Melle Klinkenborg, 2. Direktor des Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchiv,<br />

in seinem Bericht vom 06. September 1927 über den 19. Archivtag in Speyer 1927:<br />

„Neben <strong>der</strong> fachwissenschaftlichen Bedeutung hat die Tagung eine starke nationale<br />

Bedeutung. Trotz schwerer Bedenken, die <strong>im</strong> vorigen Jahre in Kiel gegen die<br />

Abhaltung einer Versammlung <strong>im</strong> besetzten Gebiete geltend gemacht wurden, gab<br />

das vaterländische Interesse den Ausschlag für Speier und Mainz, wie die Vertreter<br />

dieser Städte es betonten. Sie glaubten sich diesen Erwägungen nicht verschließen zu<br />

dürfen. Dabei weise ich noch darauf hin, daß auch die Saarländischen Probleme stark<br />

berücksichtig werden. ... <strong>Die</strong> deutschen Archivare und <strong>der</strong> Gesamtverein verlegen<br />

seit Jahren aus nationalen Gründen ihre Versammlungen in die Gebiete, die<br />

beson<strong>der</strong>s schwer unter den durch den Weltkrieg verän<strong>der</strong>ten Verhältnissen zu leiden<br />

28 Name von Freiwilligeneinheiten nach <strong>der</strong> Auflösung des deutschen Heeres 1918 aus: „Meyers<br />

enzyklopädischen Lexikon“ Band 9, 1975 S. 389.<br />

29 Vgl. Musial, T.: „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S 18-20.<br />

17


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

haben. Deswegen war <strong>im</strong> Jahre 1923 Aachen, 1926 Kiel gewählt worden und wird<br />

<strong>im</strong> nächsten Jahr 1928 Danzig 30 aufgesucht werden.“ 31<br />

Am 29. August veröffentlichte die Zeitung „Danziger Neueste Nachrichten“ einen<br />

Teil aus <strong>der</strong> Rede des Gesamtvereinsvorsitzenden Gehe<strong>im</strong>rat Dr. Wolfram, in dem<br />

das nationale Denken <strong>der</strong> Archivare noch stärker zum Ausdruck kam. So seien die<br />

deutschen Geschichtsvereine schon vor 24 Jahren in Danzig zu einem „fruchtbarem<br />

Gedankenaustausch zusammen gekommen, um zu sehen, wie deutsch diese Stadt<br />

allzeit war.“ 32 Der Gesamtverein unterschied sich von ähnlichen Vereinen durch den<br />

„vaterländischen Gedanken“ 33 , welcher bei allen Tagungen hervortritt. „Gerade in<br />

den Tagen des Unglücks unseres Vaterlandes ist <strong>der</strong> vaterländische Gesichtspunkt als<br />

maßgebend hervorgetreten, und es haben die Tagungen meist in Grenzgebieten und<br />

Städten stattgefunden, die für die Stärkung des vaterländischen Gedankens in<br />

Betracht kommen.“ 34 Mit <strong>der</strong> Wahl Danzigs als Tagungsort für 1928 wollten die<br />

Archivare „ein Bekenntnis davon ablegen, daß Danzig für uns Gelehrte eine deutsche<br />

Stadt ist und bleibt, wie es vor 700 Jahren eine Vormauer des Deutschtums gewesen<br />

ist.“ 35<br />

Neben dem deutschnationalen Bewusstsein breiteten sich <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Zwanziger<br />

Jahre auch großdeutsche Neigungen aus. <strong>Die</strong>s zeigte sich auch zunehmend <strong>im</strong><br />

Gesamtverein und auf den <strong>Archivtage</strong>n. So verstärkte sich die Teilnahme von<br />

Kollegen aus Österreich, dem Sudetenland und Danzig. Es zeigte sich Ministerialrat<br />

Prof. Dr. Ludwig Bittner aus Wien, <strong>der</strong> auf dem 17. Archivtag in Regensburg 1925<br />

die Grüße <strong>der</strong> österreichischen Archivverwaltung überbrachte, erfreut darüber, dass<br />

für diesen Archivtag Regensburg ausgewählt worden war. Dadurch wurde den<br />

österreichischen Archivaren <strong>der</strong> Besuch desselben erleichtert. Auch wies er auf die<br />

Wichtigkeit und Notwendigkeit des Zusammenschlusses <strong>der</strong> „reichsdeutschen“ 36 und<br />

österreichischen Archivare und aller an<strong>der</strong>en Berufsstände hin, um damit den<br />

politischen Zusammenschluss, <strong>der</strong> zwar allen am Herzen läge, aber momentan noch<br />

30<br />

Speier, Mainz und Aachen lagen laut Versiller Vertrag in <strong>der</strong> französischen Besatzungszone,<br />

während Danzig zwar nicht besetzt war, jedoch als Freie Stadt keinem Staat angehörte aus: „Meyers<br />

ezyklopädischen Lexikon“, Bd. 24, 1975, S. 01-503.<br />

31<br />

GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II., Bl. 101+102:<br />

32<br />

„Danziger Neueste Nachrichten“, 29. August 1928; Nr. 202, S.5 in: GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII,<br />

3A3, Vol. II., Bl. 170.<br />

33<br />

Ebd.<br />

34<br />

Ebd.<br />

35<br />

Ebd.<br />

36<br />

Siebzehnter Deutscher Archivtag in Regensburg, 1926, S.11.<br />

18


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

nicht möglich sei, vorzubereiten. <strong>Die</strong>se Aussagen wurden von den Anwesenden mit<br />

starkem Beifall belohnt. 37<br />

Dr. Riedner, Generaldirektor <strong>der</strong> staatlichen Archive Bayerns, wies in seinem<br />

Vortrag „ Archivwesen und Weltkrieg“ auf dem Regensburger Archivtag darauf hin,<br />

dass Danzig „nur staatsrechtlich, nur äußerlich verloren gegangen“ sei, denn<br />

„innerlich zählt es sich nach wie vor zu den deutschen Archiven.“ 38<br />

Auf dem Archivtag in Speyer 1927 wird <strong>im</strong> Vortrag Dr. Baiers über „Das Grenzjahr<br />

für Archivalien bei wissenschaftlicher Benutzung“ die Problematik <strong>der</strong><br />

Sudetendeutschen und <strong>der</strong>en Einbeziehung deutlich. Prof. Dr. Reuter aus Zlabings<br />

verwies dabei als Vertreter <strong>der</strong> Sudetendeutschen darauf, dass zwei Gattungen<br />

Auslän<strong>der</strong> zu unterscheiden seien, „nationale“ und „deutsche Auslän<strong>der</strong>“. Darauf<br />

stellte er die Frage, wie die deutschen Archivverwaltungen diesen gegenüberstehen.<br />

Gehe<strong>im</strong>rat Dr. Woldemar Lippert, Direktor des sächsischen Hauptstaatsarchivs,<br />

vertrete bei <strong>der</strong> Regierung den Grundsatz, dass die Deutsch-Österreicher und die<br />

Sudetendeutschen nicht als Landesfremde zu betrachten seien. <strong>Die</strong>sen Grundsatz<br />

habe er auch bei <strong>der</strong> sächsischen Regierung durchgesetzt. Jedoch sei eine offizielle<br />

Festlegung dieses Standpunktes aus staatsrechtlichen Gründen nicht möglich.<br />

Daraufhin betonte Dr. Ernst Müsebeck, Direktor des Reichsarchivs in Potsdam, dass<br />

vom Reichsarchiv soweit wie möglich Großdeutschland als einheitliches Gebiet<br />

betrachtet werde. 39<br />

<strong>Die</strong> Festlegung von Linz und Wien als Tagungsort für den 22. Archivtag 1930 schien<br />

zu diesem Zeitpunkt nur konsequent zu sein. Dr. Bitter, <strong>der</strong> zu dessen Vorsitzenden<br />

gewählt worden war, bedankte sich in seiner Eröffnungsrede für das zahlreiche<br />

Erscheinen in Österreich. Damit betraten die deutschen Archivare „uralten deutschen<br />

He<strong>im</strong>atboden“ 40 , <strong>der</strong>en Bevölkerung sich als Deutsche fühlt. Seit <strong>der</strong> letzten Tagung<br />

in Österreich, in Graz 1911, mussten, laut Bittner, viele Schicksalsschläge ertragen<br />

werden. <strong>Die</strong>se hätten jedoch „das Gefühl <strong>der</strong> Zusammengehörigkeit <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

<strong>im</strong> Reich und in Österreich“ 41 noch mehr verstärkt. Wenn sich nun die Archivare<br />

1930 in Linz und Wien versammeln, dann täten sie es <strong>im</strong> <strong>Die</strong>nst ihres Berufes und<br />

37 Vgl. Siebzehnter Deutscher Archivtag in Regensburg, 1926, S.11.<br />

38 Vgl. Siebzehnter Deutscher Archivtag in Regensburg, 1926, S. 34.<br />

39 Vgl. KB 75 Jg. (1927) Nr. 7-12.<br />

40 KB 78 Jg. (1930) Nr. 10-12, Sp. 234.<br />

41 KB 78 Jg. (1930) Nr. 10-12, Sp. 234f.<br />

19


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

zugleich auch <strong>im</strong> <strong>Die</strong>nst einer „höheren nationalen Aufgabe“ 42 . Bittners Wunsch war<br />

es, dass alle an<strong>der</strong>en Berufskreise, welche genau, ließ er unbeantwortet, dem Beispiel<br />

<strong>der</strong> Archivare folgen mögen. Somit würde das angeblich gemeinsame Ziel bald<br />

erreicht seien: <strong>der</strong> Zusammenschluss aller „deutschen Stämme“ 43 . Den zweiten<br />

Tagungstag eröffnete Dr. Bittner, indem er die Teilnehmer in Wien begrüßte, in „<strong>der</strong><br />

Stadt, die <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Jahrhun<strong>der</strong>te Millionen von Menschen dem Deutschtum<br />

gewann, deutsch geblieben ist und unvergängliche Werte deutscher Kultur schuf.“ 44<br />

Wie viele Bewohner <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik lehnten auch die Archivare die<br />

Anschuldigung <strong>der</strong> Alleinschuld Deutschlands am Ersten Weltkrieg ab. Auf dem 16.<br />

Archivtag in Münster 1924 wurde ein Schreiben einst<strong>im</strong>mig beschlossen, in welchem<br />

die Archivare die Anschuldigungen zurückwiesen und auf die Mitschuld <strong>der</strong> Entente-<br />

Staaten anspielten: „<strong>Die</strong> anlässlich des 16. <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s in Münster<br />

versammelten staatlichen Archivare erheben vor den Fachgenossen <strong>der</strong> ganzen Welt<br />

feierlich Einspruch gegen die Behauptung, daß Deutschland und seine Verbündeten<br />

die Urheber des Weltkrieges sein. 40 Jahre lang hat Frankreich gelehrt, daß<br />

verantwortlich für einen Krieg nicht ist, wer ihn erklärt, son<strong>der</strong>n wer ihn<br />

unvermeidbar macht. Wenn man aber nun die beweiskräftigen Veröffentlichungen<br />

aus den deutschen, österreichischen und russischen Archiven unterdrückt, wenn man<br />

die Öffnung <strong>der</strong> französischen und englischen Archive hartnäckig verweigert und<br />

sich statt dessen auf eine angebliche Causa judicata beruft, so erblicken wir darin den<br />

deutlichsten Beleg dafür, daß man die rückhaltlose Feststellung <strong>der</strong> wirklichen<br />

Zusammenhänge fürchtet.<br />

Wir for<strong>der</strong>n demgegenüber die Fachgenossen <strong>der</strong> vormals feindlichen Län<strong>der</strong> auf,<br />

mit uns einzutreten für eine wissenschaftliche, unparteiische Erschließung <strong>der</strong><br />

Quellen, die unerläßlich sind zur Erforschung <strong>der</strong> Wahrheit und zur Verwirklichung<br />

<strong>der</strong> Gerechtigkeit.“ 45<br />

2.2.2 <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> <strong>im</strong> Einzelnen<br />

Sieben Jahre nach <strong>der</strong> letzten Versammlung in Breslau trafen sich 1920 die<br />

deutschen Archivare in We<strong>im</strong>ar, um den ersten deutschen Archivtag nach dem<br />

42 KB 78 Jg. (1930) Nr. 10-12, Sp. 235.<br />

43 Vgl. KB 78 Jg. (1930) Nr. 10-12, Sp. 235.<br />

44 KB 78 Jg. (1930) Nr. 10-12. Sp. 239.<br />

45 GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II, Bl. 46.<br />

20


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Weltkrieg zu begehen. Wie zu Beginn des Jahrhun<strong>der</strong>ts betrug die Tagungszeit<br />

wie<strong>der</strong> nur einen Tag, jedoch wurde an <strong>der</strong> Tradition festgehalten, die Tagung <strong>im</strong><br />

September abzuhalten. Für den 27. September standen nur drei Vorträge auf <strong>der</strong><br />

Tagesordnung. Archivdirektor Dr. Tille hielt das Eröffnungsreferat mit dem Titel:<br />

„<strong>Die</strong> We<strong>im</strong>arer Archive und die Zukunft <strong>der</strong> staatlichen Archive <strong>im</strong> Lande<br />

Thüringen“. Ihm schloss sich Dr. Grotefend mit seinem Vortrag über die<br />

„Inventarisation <strong>der</strong> nichtstaatlichen Archive“ an. In <strong>der</strong> folgenden Diskussion zu<br />

diesem Thema wurde hauptsächlich die Nie<strong>der</strong>legung <strong>der</strong> Kirchenbücher in Staats-<br />

und Stadtarchiven erörtert. Zu dieser Thematik wurde ein Ausschuss gewählt, <strong>der</strong><br />

einen Antrag an das Reichsministerium des Innern richten sollte, in dem die Abgabe<br />

von älteren Kirchenbüchern und Kirchenrechnungen an sichere Archive gefor<strong>der</strong>t<br />

wurde. Der Vortrag von Prof. Dr. Mentz über das Kriegsarchiv in Jena wurde<br />

aufgrund <strong>der</strong> vorgerückten Stunde und mit Rücksicht auf den geplanten Besuch<br />

dieses Archivs von <strong>der</strong> Tagesordnung genommen. Somit wurde dieser 14. Archivtag<br />

schon um 14 Uhr geschlossen. 46<br />

Erst zwei Jahre später trafen sich die deutschen Archivare auf dem 15. Archivtag<br />

1922 in Aachen wie<strong>der</strong>. <strong>Die</strong>ser begann mit einer Beson<strong>der</strong>heit. Dr. Grotefend zeigte<br />

eine Fotografie von den acht Grün<strong>der</strong>n <strong>der</strong> 4. Sektion des Gesamtvereins, welches<br />

auf <strong>der</strong> Generalsversammlung 1878 aufgenommen worden war. Grotefend war zu<br />

diesem Zeitpunkt <strong>der</strong> einzig Überlebende dieser acht Männer. Der Vortrag über die<br />

„Staatsaufsicht über Kommunalarchive“, gehalten vom Gehe<strong>im</strong>en Archivrat Dr. Otto<br />

Redlich, gestaltete anschließend den Übergang zur Tagesordnung. Danach berichtete<br />

Dr. Müsebeck über den systematischen Aufbau des Reichsarchivs in Potsdam.<br />

Weiter informierte Diözesanarchivar Dr. Friedrich Wilhelm Lohmann über „Inhalt<br />

und Bedeutung <strong>der</strong> Diözesanarchive“ und als Abschluss bot Dr. Overmann<br />

„Anregungen für den Archivalienaustausch zwischen deutschen Archiven“.<br />

Als Ergebnis dieses <strong>Archivtage</strong>s wurden drei Resolutionen verfasst. In <strong>der</strong> ersten<br />

Resolution wurde darauf hingewiesen, dass wertvolle und oft gefährdete Quellen, die<br />

in den Staats-, Kommunal- und Kirchenbehörden aufbewahrt werden, nur durch die<br />

Mitwirkung <strong>der</strong> zuständigen Staatsarchive o<strong>der</strong> durch ähnliche Archive geschützt<br />

werden können. Daher sollte es Pflicht werden, dass die den Regierungen<br />

nachgeordneten Behörden bei wesentlichen Verän<strong>der</strong>ungen in ihren Registraturen,<br />

46 Vgl. KB 68 Jg. (1920) Nr. 11-12, Sp. 209-234.<br />

21


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

beson<strong>der</strong>s bei Aktenausson<strong>der</strong>ungen, die Archive zu Rate ziehen. <strong>Die</strong> Regierungen<br />

sollten die dazu nötigen Reisen <strong>der</strong> Archivare finanziell unterstützen.<br />

<strong>Die</strong> zweite Resolution befürwortete den Austausch bzw. die entgeldliche Abgabe von<br />

Archivalien, die in den jeweiligen Archiven fremd sind. Über die dritte Resolution,<br />

vorgeschlagen von dem Berliner Staatsarchivrat Dr. Ludwig Dehio, entschied nicht<br />

nur <strong>der</strong> Archivtag, son<strong>der</strong>n die gesamte Generalversammlung. Sie befasste sich mit<br />

<strong>der</strong> Notwendigkeit einer Verzeichnung <strong>der</strong> in den Provinzen und Staaten<br />

vorhandenen politischen Nachlässe. 47<br />

Nach einer erneuten Unterbrechung von zwei Jahren fand <strong>der</strong> 16. Archivtag 1924<br />

nun in Münster statt. Den Eröffnungsvortrag hielt Archivdirektor Dr. Glasmeier über<br />

das Thema „Sicherung und Erschließung <strong>der</strong> nichtstaatlichen Archive mit beson<strong>der</strong>er<br />

Berücksichtigung Westfalens“. In <strong>der</strong> anschließenden Diskussion wurden vor allem<br />

die desolaten Verhältnisse angesprochen, die durch Nichtgewährung von Mitteln für<br />

archivalische <strong>Die</strong>nstreisen seitens des Staates entstehen. Staatsarchivrat Dr. Vollmer<br />

aus Düsseldorf brachte darauf eine Resolution ein, welche einst<strong>im</strong>mig angenommen<br />

wurde. In dieser bringt <strong>der</strong> 16. Archivtag seinen Unmut über die Einschränkungen<br />

von <strong>Die</strong>nstreisen zur „Sicherung bedrohter Archivalien“ zum Ausdruck, da diese<br />

eine „bedenkliche Gefährdung lebenswichtiger Archivaufgaben“ 48 darstelle. Daher<br />

sollen die zuständigen Stellen in Zukunft die nötigen Geldmittel bereitstellen. <strong>Die</strong>ser<br />

Teil <strong>der</strong> Resolution scheint so kurze Zeit nach <strong>der</strong> Hyperinflation von 1922/23 eine<br />

recht anmaßende, aber auch mutige For<strong>der</strong>ung zu sein, da die Inflation erst durch die<br />

Währungsstabilisierung 1923/1924 beendet worden ist. <strong>Die</strong> angemahnten staatlichen<br />

Behörden hätten, statt <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nachzugehen, die Archivare auch entlassen<br />

können. In an<strong>der</strong>en Bereichen schieden aufgrund des Sparzwanges <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und<br />

Kommunen, resultierend aus <strong>der</strong> Inflation, 400.000 Beamte und Angestellte aus dem<br />

Staatsdienst aus. 49<br />

Im zweiten Teil dieser Resolution wird zum ersten Mal offiziell die Schaffung eines<br />

Archivgesetzes von Reich und Län<strong>der</strong>n gefor<strong>der</strong>t. <strong>Die</strong>se For<strong>der</strong>ung sollte noch viele<br />

Jahre unerfüllt bleiben, denn erst nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges wurden<br />

Archivgesetze erlassen.<br />

47 Vgl. KB 70 Jg. (1922) Nr. 9-12.<br />

48 Archivtag und Hauptversammlung des Gesamtvereins zu Münster i.W., 1924, S. 7<br />

49 Vgl. Grevelhörster, L.: „Kleine Geschichte <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik“, 2000, S.97<br />

22


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Im Anschluss an die Diskussion über die Resolutionen referierte Staatsarchivrat Dr.<br />

Eugen Meyer, in Vertretung des kranken Staatsarchivrats Dr. Dehio, <strong>der</strong> auf dem<br />

letzten Archivtag die Resolution zu dem selben Thema eingebrachte hatte, über „<strong>Die</strong><br />

Pflege politischer Nachlässe <strong>der</strong> neueren Zeit“. Daran schloss sich eine Besichtigung<br />

des Staatsarchivs an und erst am Nachmittag fuhr man mit den Vorträgen fort. Dort<br />

sprach Prof. Dr. Heinrich Wendt über die „Handelsgeschichtliche Archivforschung“.<br />

Anschließend informierte Dr. Pfeiffer über das Stadtarchiv Speyer während <strong>der</strong><br />

Besatzungszeit. Nach Beendigung <strong>der</strong> Nachmittagssitzung fand abschließend eine<br />

Zusammenkunft <strong>der</strong> staatlichen Archivare statt, auf welcher das bereits erwähnte<br />

Schreiben über die „Kriegsschuldlüge“ 50 verabschiedet wurde.<br />

Zum Siebzehnten Archivtag in Regensburg trafen sich die Archivare bereits ein Jahr<br />

später am 31. August und 01. September 1925. Zwischen den drei vorherigen<br />

<strong>Archivtage</strong>n lag jeweils ein Abstand von zwei Jahren.<br />

Nach einigen Worten <strong>der</strong> Begrüßung, eröffnete das Referat des Generaldirektors <strong>der</strong><br />

staatlichen Archive Bayerns, Dr. Riedner „Archivwesen und Weltkrieg“ die<br />

Veranstaltung. Am Nachmittag fand die erste Fachsitzung statt. Der Fürstliche<br />

Oberarchivrat Dr. Freytag berichtete dort über „<strong>Die</strong> Geschichte, Bestände und<br />

Zusammensetzung des Fürstlichen Thurn- und Taxisschen Zentralarchivs“. Hieran<br />

schloss sich die Besichtigung desselben an, die gleichzeitig das Ende des ersten<br />

Tagungstages bedeutete. Am Abend trafen sich die verschiedenen Archivarverbände,<br />

so auch die seit einiger Zeit vorbereitete „Vereinigung <strong>der</strong> deutschen nichtstaatlichen<br />

Archivare“, welche sich auf diesem Archivtag endgültig gebildet hatte und zu diesem<br />

Zeitpunkt bereits 33 Mitglie<strong>der</strong> zählte. In einer Versammlung wurden die Satzungen<br />

angenommen, in denen beson<strong>der</strong>s die Mitgliedschaft in dieser Vereinigung auf „die<br />

<strong>im</strong> Vollamt wirkenden wissenschaftlichen Beamten an nichtstaatlichen Archiven,<br />

soweit sie eine abgeschlossene Hochschulbildung und eine archivalische<br />

Fachbildung besitzen“ 51 beschränkt wurde. Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Vereinigung wurde<br />

Stadtarchivdirektor Dr. Wentzke aus Düsseldorf. Neben dem Verband <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Beamten war dies nun die zweite Berufsorganisation <strong>der</strong><br />

Archivare. Jedoch konnten die Verbände keinerlei Einfluss auf die vorgesetzten<br />

Behörden ausüben und blieben somit bedeutungslos. 52<br />

50 Siehe dazu S. 20.<br />

51 Siebzehnter Deutscher Archivtag in Regensburg, 1925, S. 55.<br />

52 Vgl. Musial, T.: „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S. 21.<br />

23


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Am zweiten Tagungstag, dem 01.September, wurde über „Archivaliendiebstähle und<br />

ihre Verhütung“, als Hauptthema dieses <strong>Archivtage</strong>s diskutiert. Dort einigten sich die<br />

Teilnehmer auf die Foliierung 53 <strong>der</strong> Archivalien als sicherstes Mittel zur Vorbeugung<br />

von <strong>Die</strong>bstählen. Zudem hielten es die Tagungsteilnehmer für notwendig, dass sich<br />

die Archivverwaltungen „nicht nur bei glatt nachgewiesener Regelwidrigkeit eines<br />

Benutzers, son<strong>der</strong>n auch schon bei bloßem schweren Verdacht gegenseitige<br />

vertrauliche Warnungen zugehen lassen.“ 54 <strong>Die</strong>s wurde am Schluss <strong>der</strong> Tagung<br />

mittels einer Resolution festgehalten.<br />

Als weitere Referenten an diesem zweiten Tagungstag folgten Hofrat Hödl, <strong>der</strong> über<br />

das Kriegsarchiv in Wien sprach, und Staatsoberarchivar Dr. Wilhelm Fürst, welcher<br />

in seinem Vortrag über „<strong>Die</strong> reichsstädtischen Archive Bayerns <strong>im</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong><br />

Mediatisierung, mit beson<strong>der</strong>er Berücksichtigung des Regensburger Archives“<br />

informierte. Für den nächsten Archivtag wurde auf Anregung Prof. Dr. Overmanns<br />

das Thema „Das Verhältnis zwischen Staats- und Stadtarchiven“ als Schwerpunkt<br />

gewählt. 55 So befassten sich auf dem folgenden Archivtag in Kiel 1926 drei Vorträge<br />

mit dieser Problematik: Staatsarchivrat Dr. Reinhard Lüdicke mit seinem Referat<br />

„<strong>Die</strong> staatlichen und die nichtstaatlichen Archive und ihr Verhältnis zueinan<strong>der</strong>“ und<br />

<strong>der</strong> Initiator des Themas Prof. Dr. Overmann, welcher seinen Vortrag schlicht mit<br />

„Staatsarchive und Stadtarchive“ betitelte. Nach <strong>der</strong> anschließenden Diskussion<br />

stellte Staatsarchivdirektor Dr. Paul Richter „<strong>Die</strong> Entwicklung des Kieler<br />

Staatsarchivs und seine Bestände“ vor, womit diese Thematik geschlossen wurde.<br />

Anschließend sprach Staatsarchivrat Dr. Walter Stephan über die „Archivpflege und<br />

Archivinventarisation in Schleswig-Holstein“, und Dr. Hesele schloss die<br />

Vortragsrunde mit seinem Beitrag zum Thema „Schreibmaschine und Archiv“,<br />

welchem sich eine Abschlussdiskussion anschloss. 56<br />

1927 fand <strong>der</strong> Archivtag, dem nationalen Gedanken folgend 57 , in Speyer statt.<br />

Auf die zwei Tagungstage waren insgesamt acht Vorträge verteilt. Das Auftaktreferat<br />

hielt Oberarchivrat Dr. Baier, <strong>der</strong> über „Das Grenzjahr für Archivalienfreigabe bei<br />

wissenschaftlicher Benutzung“ sprach. Nach Beendigung <strong>der</strong> sich anschließenden<br />

Diskussion informierte Hofrat Dr. Viktor Thiel über den Stand des österreichischen<br />

53 <strong>Die</strong> Nummerierung <strong>der</strong> Blätter einer Akte aus: Lexikon Archivwesen <strong>der</strong> DDR, 1977, S. 131.<br />

54 Musial, T.: „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S. 87.<br />

55 Vgl. Siebzehnter Deutscher Archivtag in Regensburg, 1926.<br />

56 Vgl. KB 74 Jg. (1926) Nr. 10-12.<br />

57 Siehe dazu S. 17.<br />

24


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Archivwesens, dem sich thematisch Staatsarchivar Dr. Seidl mit seinem Vortrag über<br />

„Das Brandunglück <strong>im</strong> Wiener Staatsarchiv des Innern und <strong>der</strong> Justiz“ anschloss. Dr.<br />

Schulte berichtete hiernach über die „Mo<strong>der</strong>ne Urkundenfälschung zur westfälischen<br />

Familiengeschichte. Nach einem Bericht über die „Schicksale pfälzischer Archive“<br />

vom Gehe<strong>im</strong>en Archivrat Dr. Franz Xaver Glasschrö<strong>der</strong> entwickelte sich eine<br />

Diskussion zu dem Thema „Was ist Archiv – was ist Bibliothek?“. Zum Abschluss<br />

des <strong>Archivtage</strong>s, hielt Prof. Dr. Ing. Rögel einen Lichtbildvortrag über die<br />

„Fortschritte <strong>der</strong> Lichtbildnerei und ihre Verwendbarkeit für Archivzwecke“.<br />

Wie bereits erwähnt 58 fiel die Wahl von Danzig als Austragungsort des 20.<br />

<strong>Archivtage</strong>s 1928, wie auch bei Aachen, Kiel und Speyer, aus einem<br />

deutschnationalem Bewusstsein heraus. So stand dieser Archivtag unter dem Motto<br />

„Von Speyer nach Danzig. Aus dem besetzten Gebiet in das wi<strong>der</strong> den Willen <strong>der</strong><br />

Bevölkerung vom Reiche losgerissene Land“. 59 Auch die Vorträge befassten sich<br />

teilweise mit <strong>der</strong> Thematik Ostforschung. So sprach Dr. Klinkenborg, 2.<br />

Archivdirektor des GStA in Berlin über „<strong>Die</strong> Bedeutung des Preußischen Gehe<strong>im</strong>en<br />

Staatsarchivs für die Geschichte des deutschen Ostens“. Nachfolgend sprach Dr.<br />

Schindler aus Wien über den „<strong>Deutschen</strong> Orden und sein Archiv in Österreich“.<br />

Darauf folgte eine Debatte über den Baierschen Vortrag, gehalten auf dem<br />

vorhergehenden Archivtag, über das Grenzjahr <strong>der</strong> Archivalienfreigabe. Hiernach<br />

wurden lokalthematische Vorträge gehalten, wie von Dr. Kaufmann über „Das<br />

Staatsarchiv Danzig“, von Dr. Walther Recke über „Das polnische Archivwesen“<br />

o<strong>der</strong> von Prof. Dr. Gruber über „<strong>Die</strong> baugeschichtliche Entwicklung Danzigs“.<br />

Daneben sprachen Archivrat Dr. Helmut Rogge über „Archiv und Presse“ und Dr.<br />

Müsebeck über den „Einfluß des Weltkrieges auf die archivalische Methode.“ 60<br />

Der 21. Archivtag 1929 in Marburg begann nicht wie sonst üblich an einem Montag.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Jubiläumswoche zum 400. Jubiläums des Marburger<br />

Religionsgespräches 61 , wurde <strong>der</strong> Archivtag um einen Tag vorverlegt, da die<br />

Festlichkeiten dem Archivtag somit unmittelbar voraus gingen und<br />

Archivtagsteilnehmer so auch an <strong>der</strong> Jubiläumswoche teilhaben konnten. 62 Für<br />

58 Siehe dazu S. 17.<br />

59 KB 75 Jg. (1927), 7-12, Sp. 158, sowie Herrmann, M.: „Das Reichsarchiv“, 1993, S. 191.<br />

60 Vgl. KB 76 Jg. (1928), Nr. 7-12, Sp. 165 – 182, 233 – 246.<br />

61 Siehe Anhang S. 92.<br />

62 Vgl. KB 77 Jg. (1929), Nr. 10-12.<br />

25


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Sonntag, den 08. September 1929 waren fünf Vorträge vorgesehen. Den<br />

Eröffnungsvortrag mit dem Titel „Das Staatsarchiv in Marburg und seine<br />

Geschichte“ hielt Staatsarchivdirektor Dr. Carl Knetsch. Darauf sprach Dr. Friedrich<br />

Uhlhorn über „<strong>Die</strong> solmsischen Archive in Wetterau“, wonach sich Archivdirektor<br />

Dr. Müller mit seinem Referat über „Neue großstädtische Archivprobleme“<br />

anschloss. Dr. Hans Beschorner informierte <strong>im</strong> folgenden Beitrag über „Risse und<br />

Karten in den Archiven“, bevor Prof. Stengel über den Plan einer Zentralstelle für die<br />

Lichtbildaufnahme älterer Urkunden auf deutschem Boden sprach. Das letzte Referat<br />

dieses ersten Tages stammte von Staatsarchivrat Dr. Ewald Gutbier, <strong>der</strong> eine<br />

Übersicht über die waldeckschen Archive gab. Nach einer Führung durch das<br />

Marburger Staatsarchiv wurde <strong>der</strong> erste Tagungstag geschlossen.<br />

Den zweiten Tag des <strong>Archivtage</strong>s eröffnete Staatsarchivrat Dr. Heinrich Otto<br />

Meisner mit seinem Vortrag „Zur archivalischen Terminologie“. Zu diesem Thema<br />

wurde ein Ausschuss gebildet, welcher sich damit eingehend beschäftigen sollte,<br />

damit dieses Thema auf den nachfolgenden <strong>Archivtage</strong>n weiterführend erörtert<br />

werden konnte. Als letzter Redner sprach Dr. Rogge über „Zeitgeschichtliche<br />

Sammlungen als Aufgabe mo<strong>der</strong>ner Archive“. Nach seinem Vortrag wurde <strong>der</strong><br />

Archivtag geschlossen. 63<br />

Der 22. Archivtag fand zum dritten Mal in <strong>der</strong> bisher kurzen Geschichte <strong>der</strong><br />

<strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> wie<strong>der</strong> in Österreich, genauer gesagt in Linz und Wien, statt.<br />

Jedoch war es lange Zeit fraglich, ob <strong>der</strong> Archivtag 1930 stattfinden würde. <strong>Die</strong><br />

Vorsitzenden des Ausschusses zur Vorbereitung des <strong>Archivtage</strong>s 64 überlegten, ob<br />

eine Verlegung des <strong>Archivtage</strong>s aufgrund <strong>der</strong> Wahlen in <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik<br />

nicht sinnvoll gewesen wäre, um somit den deutschen Archivaren die Möglichkeit zu<br />

bieten, an den Wahlen teilnehmen zu können. 65 Es wurde jedoch gegen eine<br />

Verlegung entschieden. Somit fand <strong>der</strong> Archivtag <strong>im</strong> September 1930 wie geplant<br />

statt.<br />

Wie<strong>der</strong> einmal erstreckte sich dieser auf zwei Tage. Den ersten Tag eröffnete Dr.<br />

Ignatz Zibermayr, Direktor des oberösterreichischen Landesarchivs, mit seinem<br />

Vortrag über das Selbige. Ihm schloss sich Prof. Dr. Albert Brackmann,<br />

63 Vgl. KB 77 Jg. (1929), Nr. 1-3.<br />

64 <strong>Die</strong>s waren zu diesem Zeitpunkt Dr. Müsebeck (Potsdam), Prof. Dr. Brackmann (Berlin), Dr.<br />

Riedner (München), Dr. Bittner (Wien) und Dr. Wentzcke (Düsseldorf). Vgl: GStA Berlin, Rep. 178<br />

(A), VII, Vol. II.<br />

65 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II., Bl. 208.<br />

26


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Generaldirektor des Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchivs Berlin an, welcher über „Das neue<br />

Institut für Archivwissenschaft und geschichtswissenschaftliche Fortbildung am<br />

preußischen Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchiv in Berlin“ referierte. Das nächste Referat<br />

Archivdirektors Dr. Baier hatte den Titel „<strong>Die</strong> Registratur des vor<strong>der</strong>österreichischen<br />

Reg<strong>im</strong>ents in Ensishe<strong>im</strong> und das Archiv <strong>der</strong> vor<strong>der</strong>österreichischen Regierung in<br />

Freiburg“.<br />

Am Ende des ersten Tages berichtete Dr. H.O. Meisner über die Tätigkeit des<br />

Arbeitsausschusses für die archivarische Berufssprache.<br />

Den Eröffnungsvortrag des zweiten Tagungstages hielt Generalstaatsarchivar Dr.<br />

Franz Wilhelm, welcher zu „Grillparzer als Archivar“ sprach. Hiernach informierte<br />

Dr. Heinrich Fre<strong>der</strong>king, Chemiker am Staatlichen Materialprüfungsamt in Berlin<br />

über die „Archivalienkonservierung“, die er bereits auf dem Posener Archivtag 1910<br />

thematisiert hatte. 66 Im Anschluss wurde erneut über „Zapon“ und „Cellit“ diskutiert.<br />

Zum Ende des zweiten Tages wurde wie schon am Tage zuvor über die archivarische<br />

Berufssprache debattiert. 67<br />

Nach Beendigung des <strong>Archivtage</strong>s entbrannte erneut eine Diskussion unter den<br />

Mitglie<strong>der</strong>n des Vorbereitungsausschusses über die Durchführung <strong>der</strong> nächsten<br />

<strong>Archivtage</strong>. So unterbreitete Dr. Müsebeck seinen Kollegen den Vorschlag, aufgrund<br />

<strong>der</strong> schlechten finanziellen Lage <strong>im</strong> Land die <strong>Archivtage</strong> nur noch alle 2 Jahre zu<br />

veranstalten. Auch sollte die Gesamttagung des Gesamtvereins deutscher Geschichts-<br />

und Altertumsvereine eingeschränkt werden, um somit den Archivtag auf die<br />

gesamte Dauer <strong>der</strong> Tagung auszuweiten. Bisher ging die Gesamttagung meist ein<br />

o<strong>der</strong> zwei Tage länger als <strong>der</strong> Archivtag. <strong>Die</strong> Ausweitung des <strong>Archivtage</strong>s sei<br />

vielfach gefor<strong>der</strong>t worden, so Müsebeck, denn es herrsche wohl <strong>der</strong> Eindruck, dass<br />

<strong>der</strong> Archivtag nur das „Präludium“ <strong>der</strong> Gesamttagung wäre und „hinterher<br />

verschwinde, obwohl seine Mitglie<strong>der</strong> gerade den wissenschaftlichen Kern <strong>der</strong><br />

Gesamttagung bilden.“ 68<br />

Daraufhin beschloss <strong>der</strong> Vorstand folgende Punkte für die Organisation <strong>der</strong><br />

kommenden <strong>Archivtage</strong>:<br />

1. <strong>Die</strong> Gesamttagung wird verkürzt und <strong>der</strong> Archivtag wird in die volle Dauer<br />

<strong>der</strong> Verhandlungen eingeglie<strong>der</strong>t. So soll die Gesamttagung nicht länger als<br />

fünf Tage andauern.<br />

66 Siehe auch S. 11.<br />

67 Vgl. KB 78 Jg. (1930) Nr. 10-12, Sp. 234-250.<br />

68 GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II. Bl. 216<br />

27


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

2. <strong>Die</strong> kommenden <strong>Archivtage</strong> finden in einem zweijährigen Turnus statt.<br />

3. <strong>Die</strong> Aussprache bezüglich archivarische Berufsfragen wird verlängert. So<br />

sollen nun mindestens 2 volle Tage innerhalb <strong>der</strong> Gesamttagung dafür zur<br />

Verfügung stehen. Auch sollen die kommenden <strong>Archivtage</strong> auf ein o<strong>der</strong> zwei<br />

große Themen mit Gelegenheit zu ausführlichen Diskussionen beschränkt<br />

werden.<br />

4. Es sollen keine Vorträge mehr über die örtliche Archivgeschichte des<br />

jeweiligen Tagungsortes gehalten werden, da diese dort zuviel Zeit<br />

beanspruchen und stattdessen in <strong>der</strong> Fachzeitschrift abgedruckt werden<br />

könnten.<br />

5. <strong>Die</strong> Frage <strong>der</strong> Berufsausbildung sollte in den Vor<strong>der</strong>grund des nächsten<br />

<strong>Archivtage</strong>s rücken. 69<br />

Gemäß dieser Festlegungen fiel <strong>der</strong> Archivtag 1931, welcher in Würzburg stattfinden<br />

sollte, aus. 70<br />

So trafen sich die Archivare zum 23. Archivtag erst 1932 in Stuttgart wie<strong>der</strong>. Dort<br />

sprach Dr. Friedrich Wintterlin als erster Redner über „<strong>Die</strong> württenbergischen<br />

Staatsarchive“. Ihm schloss sich Dr. Karl Stenzel mit seinem Vortrag über „Das<br />

Archiv <strong>der</strong> Stadt Stuttgart“ an. Danach sprach Prof. Dr. Brackmann über die Arbeit<br />

des Dahlemer Instituts für Archivwissenschaften und geschichtswissenschaftliche<br />

Fortbildung in den Jahren 1930 bis 1932 und über das Problem des archivarischen<br />

Nachwuchses. Hierauf schloss sich eine Debatte an, nach <strong>der</strong>en Beendigung man<br />

zum Thema über die archivarische Berufssprache wechselte.<br />

Dr. Müsebeck berichtete als nächster Redner über „Grundsätzliches zur<br />

Aufbewahrung und Kassation 71 von Akten wirtschaftlicher und verkehrstechnischer<br />

Registraturen <strong>im</strong> Reichsarchiv und in den Landesarchiven“.<br />

Hiernach sprach Dr. Kurt Oberdorffer aus Brüx in Böhmen über „Das deutsche<br />

Archivwesen in <strong>der</strong> Tschechoslowakei und seine Aufgaben“. Als letzter Redner<br />

dieses <strong>Archivtage</strong>s referierte W. Th. Sauter, welcher bereits auf dem 13. Archivtag<br />

zum Thema „Rückführung erloschener Schriftzüge“ gesprochen hatte, 72 über die<br />

„Rückfärbung und Erhaltung von Archivalien“.<br />

69 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II. Bl. 216 – 217.<br />

70 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II. Bl. 222.<br />

71 Kassation ist die Ausson<strong>der</strong>ung von Registraturgut, wenn dessen Bedeutung nicht archivwürdig ist<br />

und die Aufbewahrungsfrist abgelaufen ist aus: Lexikon Archivwesen <strong>der</strong> DDR, 1977, S. 170.<br />

72 Vgl. S. 14.<br />

28


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

2.3 <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> und <strong>der</strong> Nationalsozialismus<br />

<strong>Die</strong> „Machtübernahme“ <strong>der</strong> Nationalsozialisten 1933 schien für die deutschen<br />

Archivare willkommen zu sein. Passten sie sich doch mit <strong>der</strong> Wahl <strong>der</strong><br />

Vortragsthemen den propagierten Ideologien an. Auf dem 24. Archivtag am 3. und 4.<br />

September 1933 in Königsberg wurde <strong>der</strong> Ostforschung und <strong>der</strong> Tätigkeit in den<br />

Archiven in den Ostgebieten viel Aufmerksamkeit gewidmet. 73 Daneben wurden<br />

diese Themen von Albert Brackmann als die künftigen Aufgaben <strong>der</strong> Archivare<br />

vorgestellt und festgelegt. So sei die Ostforschung für die Aufgaben Deutschlands<br />

wichtig. Der Vortrag „<strong>Die</strong> nationalen Aufgaben des Grenzlandes“ von Erich Weise<br />

aus Königsberg schloss sich diesem Thema an. Er nannte die He<strong>im</strong>at- und<br />

Familienforschung bzw. die Volkstumsforschung als wichtige Tätigkeitsbereiche <strong>der</strong><br />

Archivare in den Ostgebieten, mit denen die Archive die polnischen Ansprüche auf<br />

die verlorenen Ostgebiete abwehren sollten. Beispiele brachte er aus <strong>der</strong> Arbeit des<br />

Königsberger Archivs, wie die Eindeutschung von litauischen und masurischer<br />

Ortsnamen. Weise for<strong>der</strong>te seine Kollegen auf, sich mehr für Politik zu interessieren<br />

und sich verstärkt daran zu beteiligen. Seiner Meinung nach hatte sich die<br />

„Abneigung des deutschen Archivars, sich in politische Angelegenheiten<br />

einzumischen“ 74 geän<strong>der</strong>t. Er sei durch seine Tätigkeit zu einem „Herold <strong>der</strong><br />

nationalen Sache“ 75 geworden. Da „Volkstum und Staatsgedanken und <strong>der</strong><br />

entschiedene Wille zur völkischen Behauptung lebendig bleiben müssen“ 76 , hätten<br />

die Archivare das „neue Deutschland des 30. Januar voll und ganz bejaht“. 77 „Im<br />

Geiste des Dritten Reichs“ wirkten die deutschen Archivare „mit dem Volk für das<br />

Volk.“ 78<br />

In <strong>der</strong> Eröffnungsansprache Albert Brackmanns zum nächsten Archivtag 1934 wird<br />

die Annäherung an die neuen Machthaber deutlicher. Nachdem er dem verstorbenen<br />

Reichspräsidenten von Hindenburg gedacht hatte, begrüßte er das neue<br />

„Reichsoberhaupt“ Hitler, denn „... sein Kampf um Deutschland ist auch <strong>der</strong> unsere;<br />

alle unsere Kräfte und all unser berufliches Können werden wir für die große<br />

73<br />

Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. II, sowie Musial, T.: „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten<br />

Reich“, 1996, S. 67-68.<br />

74<br />

Musial, T. : „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S. 31.<br />

75<br />

Ebd. S. 31.<br />

76<br />

Ebd. S. 31.<br />

77<br />

Ebd. S. 31.<br />

78<br />

KB 81 Jg. (1933), Nr. 10-12, Sp. 188, sowie Musial, T. : „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S.<br />

30-31.<br />

29


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Aufgabe einsetzten die er sich und uns gestellt hat: für den Aufbau eines neuen<br />

glücklichen Deutschlands. Mit diesem Gelöbnis huldigen wir deutschen Archivare<br />

ihm heute in dem Rufe: Unser Führer und Reichskanzler Adolf Hitler.“ 79 Seine Rede<br />

beendete Brackmann mit einem „Sieg Heil“. 80<br />

In <strong>der</strong> Tagesordnung für diesen Archivtag zeigt sich ebenfalls die Einbeziehung <strong>der</strong><br />

nationalsozialistischen Politik. So sprach Dr. A. Gercke, <strong>der</strong> Rassesachverständige<br />

des Reichsministeriums des Innern (RMdI), über „Das Sippenamt als Träger des<br />

Familiengedankens“. <strong>Die</strong>ses Referat führte zu einer hitzigen Debatte, sah es doch die<br />

Übergabe <strong>der</strong> Kirchenbücher an die Standesämter zur Familienforschung vor. <strong>Die</strong><br />

Archivare sprachen sich dagegen aus, da es sich hierbei um nichtstaatliches<br />

Archivgut handelte und somit in das Aufgabenfeld <strong>der</strong> Archivverwaltungen fiel. Das<br />

Wiesbadener Tageblatt berichtete am 13. August 1934 ausführlich über den Vortrag<br />

Gerckes. So wollte <strong>der</strong> Reichsbund <strong>der</strong> Standesämter, dessen Vorsitzen<strong>der</strong> Gercke<br />

war, die Standesbeamten „auf eine größere Aufgabe vorbereiten“ 81 . Das Standesamt<br />

sollte zum Sippenamt ausgebaut werden, die „Blutzusammenhänge <strong>im</strong> Volk<br />

urkundlich festlegen und Register über die Familien und Sippen führen“. 82 <strong>Die</strong>se<br />

Register sollten nach <strong>der</strong> Vorstellung Gerckes auch über „die zur<br />

erbgesundheitlichen und sozialen Beurteilung notwendigen Daten“ 83 Aufschluss<br />

geben. Der Standesbeamte sollte über die „zahlenmäßige und wertmäßige<br />

Entwicklung des deutschen Volkes wachen“. 84<br />

<strong>Die</strong> Diskussion über diesen Vortrag, in <strong>der</strong> sich ein Großteil <strong>der</strong> anwesenden<br />

Archivare gegen die Vorschläge aussprach, zeigt, dass die deutschen Archivare zu<br />

diesem Zeitpunkt nicht vollständig <strong>der</strong> nationalsozialistischen Politik zust<strong>im</strong>mten,<br />

wollte sie doch in die Arbeitsweise und Zuständigkeiten <strong>der</strong> Archivverwaltungen<br />

eingreifen. Es sprachen sich jedoch schon auf diesem Archivtag Archivare für die<br />

neue Politik aus. <strong>Die</strong>s zeigt nicht nur die Eröffnungsansprache Brackmanns. So<br />

unterstützte auch Staatsarchivar Dr. Vaupel den Nationalsozialismus, indem er ihn<br />

als „weltanschauliche Bewegung mit großer Wucht und Bedeutung“ 85 beschrieb, die<br />

79 „Eröffnungsrede von Albert Brackmann zum 25, Archivtag in Wiesbaden 1934“ in: GStA Berlin,<br />

Rep. 178 (A), VII, 3A3, adh. Sammlung.<br />

80 Ebd.<br />

81 Abschrift: „Wiesbadener Tageblatt“ vom 13.08.1934 in: GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, adh.<br />

Sammlung, o.Bl.<br />

82 Ebd.<br />

83 Ebd.<br />

84 Ebd.<br />

85 Ebd.<br />

30


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

dem Historiker und Archivar „neue Bahnen weisen und neue Ziele stecken“ 86 würde.<br />

Es sei nunmehr <strong>der</strong>en Verpflichtung, sich vor allem mit „den Fragen nach dem<br />

Werden und Wachstum, dem Wesen und <strong>der</strong> Struktur“ des deutschen Volkes zu<br />

beschäftigen. 87 Doch neben diesem Pathos ging Vaupel auch auf wichtige<br />

archivische Probleme ein. So for<strong>der</strong>te er den Schutz des nichtstaatlichen Archivguts<br />

und die Einführung <strong>der</strong> dafür nötigen Archivgesetzte. <strong>Die</strong>se waren auch Teil <strong>der</strong><br />

Aufgaben die Albert Brackmann in den nächsten Jahren lösen wollte. Dazu zählten<br />

die Vereinheitlichung des Archivwesens, die Unterstützung <strong>der</strong> sippenkundlichen<br />

und <strong>der</strong> Familienforschungen, wie sie auch von Gercke angesprochen wurden, sowie<br />

eine aktive Öffentlichkeitsarbeit. 88<br />

Um die For<strong>der</strong>ung Albert Brackmanns nach einer Vereinheitlichung des<br />

Archivwesens zu realisieren, sollte eine Reichsarchivverwaltung geschaffen werden.<br />

Dazu wurde 1935 noch keine Einigung getroffen. 89 <strong>Die</strong> ungewisse Lage <strong>der</strong><br />

Reichsarchivverwaltung führte dazu, dass Albert Brackmann den 26. Archivtag auf<br />

das Frühjahr 1936 verschob. In einer Mitteilung Brackmanns vom 25. Juli 1935 an<br />

Otto Riedner, <strong>der</strong> Schriftleiter <strong>der</strong> Zeitschrift für bayrische Landesgeschichte, machte<br />

er die Referenten in den Ministerien dafür verantwortlich, da sie es „angesichts <strong>der</strong><br />

ungewissen Situation <strong>der</strong> Reichsarchivverwaltung für unzweckmäßig hielten, wenn<br />

die Frage <strong>der</strong> Reichsarchivverwaltung, des Reichsarchivalienschutzgesetzes o<strong>der</strong> des<br />

Verhältnisses <strong>der</strong> Archivverwaltung zu <strong>der</strong> Reichsstelle für Sippenforschung und den<br />

kommenden Sippenämtern diskutiert werden würde.“ 90 Auch war eine Absage des<br />

Historikertages geplant.<br />

1936 gab es aber keineswegs zwei deutsche <strong>Archivtage</strong>. Der 25. Archivtag fand wie<br />

gewohnt <strong>im</strong> September statt. Über den Austragungsort wurde <strong>im</strong> vorhinein lange<br />

diskutiert. Geplant war Hannover, denn dort sollte <strong>der</strong> Archivtag eigentlich 1935<br />

stattfinden. Jedoch feierte 1936 das Stadtarchiv in Frankfurt am Main sein<br />

500jähriges Jubiläum.<br />

Somit entschlossen sich die Mitglie<strong>der</strong> des Ausschusses zur Vorbereitung des<br />

<strong>Archivtage</strong>s dafür, den Archivtag nach Karlsruhe zu verlegen und diesen um einen<br />

86<br />

Abschrift: „Wiesbadener Tageblatt“ vom 13.08.1934 in: GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, adh.<br />

Sammlung, o.Bl.<br />

87<br />

Ebd.<br />

88<br />

Vgl. Abschrift: „Wiesbadener Tageblatt“ vom 13.08.1934 in: GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3,<br />

adh. Sammlung, o.Bl., sowie Musial, T.: „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“, 1996, S. 32.<br />

89<br />

Näheres nachzulesen in „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich“ von T. Musial,, S. 34 – 43.<br />

90<br />

GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol III., o.Bl.<br />

31


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Tag nach hinten zu verschieben. Am 17. und 18. September nahmen die<br />

Tagungsteilnehmer an den Feierlichkeiten in Frankfurt am Main teil und am 19. und<br />

20. September am Archivtag in Karlsruhe. Dort sprachen Dr. Franz Josef Knöpfler<br />

über „Archive und Familienforschung in <strong>der</strong> heutigen Zeit“, Dr. Georg Winter über<br />

„Staatsarchive und Stadtarchive“, Prof. Dr. Ludwig Bittner berichtete über das<br />

„Gesamtinventar des Haus-, Hof- und Staatsarchivs in Wien“ und sein Kollege Prof.<br />

Dr. Stolz über „<strong>Die</strong> Bedeutung des Archivs <strong>der</strong> ober- und vor<strong>der</strong>österreichischen<br />

Regierung in Innsbruck für die Geschichte südwestdeutscher Landschaften“. Zum<br />

Abschluss sprach H.O. Meisner über „<strong>Die</strong> gegenwärtige Organisation und<br />

Zuständigkeit des Reichsarchivs“. 91<br />

Um die Wichtigkeit des <strong>Archivtage</strong>s zu betonen und eine hohe Teilnehmerzahl zu<br />

erreichen, erließ Albert Brackmann, zu diesem Zeitpunkt Generaldirektor <strong>der</strong><br />

preußischen Staatsarchive, Anweisungen, in denen beson<strong>der</strong>s die jüngeren Archivare<br />

ermutigt wurden, den Archivtag zu besuchen. Zu diesem Zweck wurden be<strong>im</strong><br />

Preußischen Ministerpräsidenten Reisezuschüsse beantragt, die beson<strong>der</strong>s den<br />

jüngeren Kollegen zugute kommen sollten. Auch wurden den Beamten <strong>der</strong><br />

preußischen Archivverwaltung, die am Archivtag und <strong>der</strong> Gesamtvereinstagung<br />

teilnehmen wollten, bis zu sieben Tage Urlaub, den Archivaren in den Ostgebieten<br />

bis zu neun Tage ohne Anrechnung auf den Jahresurlaub, genehmigt. Für die<br />

Teilnahme an den Feierlichkeiten in Frankfurt am Main erhielten die Archivare noch<br />

einen weiteren Tag. 92 Zudem sollten die Staatsarchive durch <strong>der</strong>en Leiter bzw. einen<br />

wissenschaftlichen Beamten auf jedem Archivtag vertreten sein, da die Tagungen<br />

<strong>im</strong>mer mehr für Besprechungen zwischen dem Generaldirektor <strong>der</strong> Staatsarchive und<br />

den Vertretern <strong>der</strong> Archive genutzt wurden. 93<br />

Der lange Prozess <strong>der</strong> Anpassung <strong>der</strong> Archivare an die Politik des<br />

Nationalsozialismus schien mit dem 27. Archivtag in Gotha 1937 abgeschlossen zu<br />

sein. Albert Brackmann definierte in seiner Eröffnungsrede den Zweck <strong>der</strong><br />

<strong>Archivtage</strong> neu. So sollen sie den Archivaren „die große, einheitliche Ausrichtung<br />

geben“, die sie „<strong>im</strong> Dritten Reich für die Erledigung <strong>der</strong> umfassenden dienstlichen<br />

Aufgaben“ 94 dieser Zeit benötigen. Dass die <strong>Archivtage</strong> von Presse und Politik<br />

91 GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. III, o.Bl.<br />

92 Vgl. MB Nr. 3, August 1936<br />

93 Vgl. MB Nr. 5, Oktober 1936<br />

94 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. III, o.Bl.<br />

32


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

endlich akzeptiert wurden, zeigen die umfangreichen Presseberichte u.a. <strong>im</strong><br />

Gothaischen Tageblatt, und die Anwesenheit mehrerer Vertreter von Partei, Staat<br />

und Wehrmacht, die teilweise als Ehrengäste geladen waren. Zu ihnen gehörten u.a.<br />

<strong>der</strong> Reichsstatthalter und Gauleiter in Thüringen Sauckel, <strong>der</strong> stellvertretende<br />

Gauleiter Siekmeier, <strong>der</strong> Vertreter des Reichs- und Preußischen Ministeriums des<br />

Innern (RuPrMdI) Oberregierungsrat Dr. Lichter und <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Reichsstelle für<br />

Sippenforschung Dr. Mayer. Daneben waren auch Kollegen aus <strong>der</strong><br />

Tschechoslowakei, <strong>der</strong> Schweiz, Holland, dem Baltikum und Österreich anwesend.<br />

Erahnen ließ sich auf dieser Tagung bereits die deutsche Außenpolitik in <strong>der</strong> Rede<br />

des Reichsstatthalter Sauckel. So begrüßte er in seiner Rede beson<strong>der</strong>s die Archivare<br />

aus den „heute noch nicht zu Deutschland gehörigen Gebieten“. 95<br />

Im Mittelpunkt dieses <strong>Archivtage</strong>s standen Fragen zum Schutz des staatlichen<br />

Archivguts und die Zukunft <strong>der</strong> Stadtarchive. Be<strong>im</strong> Thema Schutz <strong>der</strong> staatlichen<br />

Akten einigten sich die Teilnehmer auf folgende Grundsätze:<br />

1. staatliche Akten gehören in die staatlichen Archive<br />

2. Aktenvernichtung darf nicht ohne Mitwirkung <strong>der</strong> Archive erfolgen. 96<br />

<strong>Die</strong>s war <strong>der</strong> letzte Archivtag vor Ausbruch des Zweiten Weltkrieges. Der 28.<br />

Archivtag 1938 war für Innsbruck geplant. Es sollten Referate über<br />

Wirtschaftsarchive, die Grenzen des Provenienzprinzips und über zeitgeschichtliche<br />

Sammlungen deutscher Archive gehalten werden. Einladungen erhielten u.a.<br />

Vertreter <strong>der</strong> Reichsbank und des Unternehmens Krupp, <strong>der</strong> Reichsarbeitsführer und<br />

<strong>der</strong> Reichsstatthalter Arthur Seyß-Inquart. Aufgrund <strong>der</strong> Septemberkrise 97 , <strong>der</strong>en<br />

Folge das Münchner Abkommen war, wurde <strong>der</strong> Archivtag erst auf den Oktober<br />

verschoben und schließlich ganz abgesagt. Er sollte nunmehr 1939 ebenfalls in<br />

Innsbruck stattfinden, fiel aber aufgrund des Überfalls auf Polen aus. Während des<br />

Krieges trafen sich die Archivare auf keinem überregionalen Archivtag. Um<br />

archivische Fragen diskutieren zu können, kamen nunmehr die Leiter <strong>der</strong><br />

Staatsarchive auf den Direktorenkonferenzen, welche jährlich abgehalten wurden,<br />

zusammen. 98<br />

95 MB Nr. 4, 1937.<br />

96 Vgl. Ebd.<br />

97 Siehe Anhang S. 92.<br />

98 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 (A), VII, 3A3, Vol. IV und V.<br />

33


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

3. <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> <strong>im</strong> Ost-/ Westkonflikt<br />

3.1 <strong>Die</strong> Situation des <strong>Deutschen</strong> Archivwesens in <strong>der</strong> Nachkriegszeit 1945 bis<br />

1949<br />

Durch die Kapitulation Deutschlands am 08. Mai 1945 fand nicht nur <strong>der</strong> Zweite<br />

Weltkrieg in Europa ein Ende. Auch <strong>der</strong> Staatsapparat und die Institutionen des<br />

Dritten Reiches waren zerstört worden. Das Gebiet des ehemaligen Dritten Reiches<br />

wurde von den Siegermächten in Besatzungszonen aufgeteilt, welche nun durch die<br />

alliierten Streitkräfte verwaltet wurden. Auch die Archive oblagen <strong>der</strong> Befehlsgewalt<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Besatzungsmacht.<br />

Durch den Krieg waren erhebliche Verluste an Archivgut zu beklagen, viele Archive<br />

waren zerstört und <strong>der</strong>en Bestände waren entwe<strong>der</strong> vernichtet o<strong>der</strong> lagen verstreut in<br />

verschiedenen Auslagerungsorten. 99<br />

1946 wurde in <strong>der</strong> britischen Besatzungszone <strong>der</strong> „Beirat für Archivwesen in <strong>der</strong><br />

britischen Zone“ gegründet. Zu diesem Zeitpunkt bestand dieser aus dem<br />

Archivdirektor des Staatsarchivs Düsseldorf Dr. Bernhard Vollmer, dem Direktor des<br />

Staatsarchivs Münster Prof. Dr. Bauermann und dem Leiter des Stadtarchivs in<br />

Braunschweig Dr. Werner Spieß. 100 <strong>Die</strong>ser Beirat sollte als Beratungsinstanz in<br />

allgemeinen Archivangelegenheiten zwischen den britischen und deutschen<br />

Verwaltungsstellen fungieren. Weitere Aufgaben des neuen Arbeitsausschusses<br />

waren die Schaffung von Austauschmöglichkeiten <strong>im</strong> Personal und die Überwachung<br />

einer einheitlichen Ausbildung des archivarischen Nachwuchses. 101<br />

Daneben wurde die Herausgabe eines „Mittelungsblattes für das deutsche<br />

Archivwesen“, des „Archivars“, beschlossen. <strong>Die</strong>se Zeitschrift sollte als Nachfolger<br />

des Mitteilungsblattes <strong>der</strong> Preußischen Archivverwaltung, welches von 1936 – 1945<br />

erschienen war, über das deutsche Archivwesen informieren und den Archivaren die<br />

Möglichkeit bieten, sich auf dieser Ebene auszutauschen. Das selbstgestellte Ziel <strong>der</strong><br />

Zeitschrift war es, eine Verbindung zwischen den deutschen Archiven zu schaffen<br />

und gleichzeitig als Bindeglied zwischen den Archivaren und den Archivpflegern zu<br />

fungieren. Das Mitteilungsblatt sollte <strong>der</strong> Aufnahme von Personalnachrichten dienen.<br />

99 Vgl. Brachmann, B.: „Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“, 1984, S. 30- 31.<br />

100 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3, 1380, o.Bl.<br />

101 Vgl. Der Archivar, 1. Jg., Nr. 1, 1947, Sp.1.<br />

34


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Herausgegeben wurde „Der Archivar“ vom Staatsarchiv Düsseldorf, wobei dessen<br />

Direktor Dr. Vollmer mit <strong>der</strong> Bearbeitung des Blattes beauftragt worden war. Trotz<br />

<strong>der</strong> Neuschaffung eines Mitteilungsblattes sollte das jährliche Erscheinen <strong>der</strong><br />

„Archivalischen Zeitschrift“ nicht beendet werden. „Der Archivar“ sollte sie eher<br />

ergänzen.<br />

Um die Ausbildung des archivarischen Nachwuchses zu gewährleisten, wurde die<br />

Einrichtung eines „Instituts für Archivwissenschaften“ in Münster beantragt. <strong>Die</strong><br />

Kosten dafür sollten von den einzelnen Archivverwaltungen nach dem Verhältnis <strong>der</strong><br />

Zahl <strong>der</strong> vorhandenen Beamten getragen werden. Zur Dotierung des Instituts sollten<br />

jedoch, laut Militärregierung, auch Reichsmittel zur Verfügung gestellt werden. 102<br />

Doch zu <strong>der</strong> Schaffung des Instituts kam es nicht, da sich <strong>der</strong> Archivausschuss dazu<br />

entschloss, die Archivschule wie<strong>der</strong>zubegründen, da die dortige Situation<br />

vorteilhafter war. Nach langwierigen Vorbereitungen konnte 1949 <strong>der</strong> erste<br />

Lehrgang eröffnet werden. 103<br />

Auf einer Versammlung des Beirats <strong>der</strong> britischen Zone am 12. September 1946,<br />

<strong>der</strong>en Ort lei<strong>der</strong> nicht bekannt ist, wurde unter an<strong>der</strong>em auch die Schaffung einer<br />

Vereinigung <strong>der</strong> deutschen Archivare erörtert. <strong>Die</strong>s sollte <strong>im</strong> Interesse des Berufs<br />

geschehen und eine gute Zusammenarbeit unter den Archivaren för<strong>der</strong>n. <strong>Die</strong><br />

Aufgabe <strong>der</strong> Vereinigung, welche später den Namen „Verein deutscher Archivare“<br />

(VdA) erhielt, sollte die Vorbereitung des wie<strong>der</strong>einzuführenden <strong>Archivtage</strong>s, die<br />

Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Verbindung mit dem „Gesamtverein <strong>der</strong> deutschen<br />

Geschichts- und Altertumsvereine“ und die För<strong>der</strong>ung des Mitteilungsblattes „Der<br />

Archivar“ sein.<br />

Durch die Gründung des Vereins deutscher Archivare und des Archivbeirats <strong>der</strong><br />

britischen Zone sollte sich 1946 endlich <strong>der</strong> seit 1918 gehegte Wunsch <strong>der</strong><br />

staatlichen Archivare erfüllen. Jedoch beschränkten sich <strong>der</strong>en Aktivitäten nur auf<br />

die britische Besatzungszone, wie aus seiner Bezeichnung ersichtlich ist. Eine<br />

Erweiterung des Vereins auf die an<strong>der</strong>en Besatzungszonen und Berlin sollte nur<br />

möglich sein, falls Vertreter aus diesen Gebieten ihnen beitreten und die jeweilige<br />

alliierte Instanz <strong>der</strong>en Tätigkeit anerkennt. 104<br />

102 Vgl. Der Archivar, 1. Jg., Nr. 1, 1947, Sp.1-2, 12<br />

103 Vgl. Kahlenberg, F.: „Deutsche Archivare in West und Ost“, 1972, S. 40<br />

104 Vgl. Schreiben Dr. Bellée an den Direktor des GStA in: GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3, 1380, o.Bl.<br />

35


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

<strong>Die</strong> Ausdehnung des Vereins und des Archivbeirats erfolgte in ersten Schritten 1947.<br />

So wurde auf <strong>der</strong> Archivtagung <strong>der</strong> deutschen Archivare in Bamberg <strong>im</strong> April 1947<br />

die Erweiterung auf die amerikanische Zone beschlossen. Da sich jedoch keine<br />

Einigung über die Mitgliedschaft und die Zusammensetzung des nunmehr bizonalen<br />

Vereins finden lassen konnte, wurde eine Kommission zur Bearbeitung dieser<br />

Sachlage eingesetzt. Dabei wurde festgestellt, dass grundsätzlich und rechtlich keine<br />

Bedenken gegen den Eintritt von Archivaren <strong>der</strong> französischen und sowjetischen<br />

Zonen in den Verein geltend gemacht werden können, da es sich um einen erlaubten<br />

Verein handelte. Jedoch durften außerhalb <strong>der</strong> Bizone keine Ortsgruppen des VdA<br />

gegründet werden. 105<br />

In <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone wurden Archivare, die während <strong>der</strong> Zeit des<br />

Nationalsozialismus tätig waren, <strong>im</strong> Zuge <strong>der</strong> „Entnazifizierung“ entlassen o<strong>der</strong><br />

ihnen wurde eine Tätigkeit in neu geschaffenen Einrichtungen verwährt. 106 Somit<br />

herrschte in den Archiven ein enormer Personalmangel. <strong>Die</strong> noch verbliebenen<br />

Archivare gingen, genau wie ihre Kollegen in den westlichen Besatzungszonen, so<br />

gut es ging ihrer Tätigkeit nach. Neben den Bemühungen, die zerstörten Archive<br />

wie<strong>der</strong> aufzubauen und ausgelagerte Archivalien zurückzuführen, machten sie sich<br />

auch Gedanken über die Zukunft des Archivwesens. So gab es bereits 1945<br />

Vorschläge über die Bildung einer zentralen Archivverwaltung. <strong>Die</strong>se sollte nach<br />

einer Wie<strong>der</strong>vereinigung für ganz Deutschland zuständig sein. Der Sitz dieser<br />

zentralen Verwaltung sollte in Berlin-Dahlem, d.h. <strong>im</strong> Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchiv sein<br />

und besetzt werden sollte sie ausschließlich mit Beamten des Potsdamer Reichs- und<br />

Heeresarchivs. Finanziert werden sollte sie durch den Etat <strong>der</strong> Stadt Berlin. Daneben<br />

plante die Sowjetische Militäradministration in Deutschland (SMAD) die Schaffung<br />

eines Zentralarchivs, welches aus dem Reichs- und Heeresarchiv in Potsdam<br />

hervorgehen, <strong>der</strong> Zentralarchivverwaltung unterstehen und ebenfalls aus den Mitteln<br />

<strong>der</strong> Stadt Berlin finanziert werden sollte. 107 1946 wurden die Mittel für das<br />

„Zentralarchiv in <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone“ von <strong>der</strong> SMAD genehmigt und<br />

dessen Gründung offiziell befohlen. Bereits am 01. Juni 1946 nahm das<br />

Zentralarchiv seine Arbeit auf. 108 <strong>Die</strong> Schaffung einer zentralen Archivverwaltung<br />

105 Vgl. Bericht Dr. B. Schulze in: GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3, 1380, o.Bl.<br />

106 Vgl. Brachmann, B.: „ Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“, 1984, S. 31.<br />

107 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3, 1379, o.Bl.<br />

108 Vgl. Kahlenberg, F.: „Deutsche Archivare in West und Ost“, 1972, S. 31<br />

36


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

ließ zwei Jahre auf sich warten. Ein Zusammenschluss fand nur statt zwischen den<br />

Archiven in Dresden, Magdeburg und We<strong>im</strong>ar, dem sog. „wettinischen Dreieck“. 109<br />

Erst <strong>im</strong> Herbst 1948 wurden die Pläne wie<strong>der</strong> aufgegriffen, als die SMAD Dr. Otto<br />

Korfes, welcher früher in <strong>der</strong> Forschungsabteilung des Reichsarchivs arbeitete, ihn<br />

nach seiner Rückkehr aus <strong>der</strong> sowjetischen Kriegsgefangenschaft zum Leiter des<br />

Zentralarchivs ernannte. Daneben erhielt er den Auftrag eine zentrale<br />

Archivverwaltung einzurichten. Korfes setzte sich mit den einzelnen Archiven <strong>der</strong><br />

sowjetischen Zone in Verbindung, es än<strong>der</strong>te sich jedoch zunächst nichts an <strong>der</strong>en<br />

Zustand. Erst mit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik am 07.<br />

Oktober 1949 entstand die „Hauptabteilung Archivwesen“ <strong>im</strong> Ministerium des<br />

Innern, <strong>der</strong>en Leitung Korfes übernahm, wobei er jedoch auch die Leitung des<br />

„<strong>Deutschen</strong> Zentralarchivs in <strong>der</strong> DDR“ behielt. 110<br />

3.2. Das Archivwesen <strong>der</strong> DDR<br />

Durch die Gründung <strong>der</strong> Hauptabteilung Archivwesen (HA AW) war <strong>der</strong> Weg des<br />

Archivwesens in <strong>der</strong> DDR vorgezeichnet. Im Gegensatz zur fö<strong>der</strong>alen Organisation<br />

<strong>der</strong> vergangenen Jahre, wurde es nun zentral verwaltet. Durch die „Anordnung über<br />

die Aufbewahrung <strong>im</strong> Geschäftsverkehr nicht mehr benötigter Schriftstücke und<br />

Akten“ vom 28. Dezember 1949 wurden <strong>der</strong> HA AW und den Landesarchiven das<br />

Verfügungsrecht über alle Archivalien zugesichert. Am 13. Juli 1950 wurde die<br />

„Verordnung über das Archivwesen in <strong>der</strong> DDR“ erlassen, durch die dem<br />

Ministerium des Innern (MdI) und somit <strong>der</strong> HA AW die Leitung und Kontrolle des<br />

Archivwesens übertragen wurde, wie auch über die Ausbildung von Archivpersonal.<br />

Des Weiteren enthielt die Verordnung Anordnungen zum Schutz und zur<br />

Unveräußerlichkeit von Archivalien. Gerade die Festlegung <strong>der</strong> Unveräußerlichkeit<br />

von Archivalien wurde hier nun zum erstenmal gesetzlich festgelegt. Ebenfalls am<br />

13. Juli 1950 wurde eine Durchführungsanordnung erlassen, welche die<br />

Best<strong>im</strong>mungen <strong>der</strong> Verordnung näher erläuterte. So legt sie u.a. das Recht zur<br />

Errichtung von staatlichen Archiven und die Weisungs- und Aufsichtsbefugnis <strong>der</strong><br />

109<br />

Vgl. Sydow, J.: „ Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“ in: Der Archivar, 4.<br />

Jg., Nr. 2, 1951, Sp. 56.<br />

110<br />

Vgl. Sydow, J.: „ Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“ in: Der Archivar, 4.<br />

Jg., 1951, Nr. 2, Sp. 56.<br />

37


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

HA AW fest. Kreise, Stadt- und Landgemeinden wurden zur Einrichtung von<br />

Archiven o<strong>der</strong> Abgabe ihrer Archivalien an die Staatsarchive angehalten, die<br />

eigenmächtige Archivalienvernichtung wurde verboten und die Ausfuhr von<br />

Archivalien aus <strong>der</strong> DDR an die Genehmigung des MdI gebunden.<br />

Durch die Enteignung <strong>der</strong> Betriebe war eine große Menge Archivgut herrenlos<br />

geworden und somit gefährdet. Daher wurde die „Anweisung zur Errichtung von<br />

Betriebsarchiven“ am 27. April 1950 erlassen, durch die je<strong>der</strong> volkseigene Betrieb<br />

(VEB) und jede Vereinigung volkseigener Betriebe (VVB) ein Betriebsarchiv<br />

einrichten musste, in welchem alle Archivalien zu sammeln waren. Auch über diese<br />

Archive hatte die HA AW bzw. die jeweilige untergeordnete<br />

Landesarchivverwaltung Weisungsbefugnis und Kontrolle über die Kassationen. 111<br />

<strong>Die</strong> Auflösung <strong>der</strong> fünf Bundeslän<strong>der</strong> und <strong>der</strong>en Umwandlung in 14 Bezirke durch<br />

das „Gesetz über die weitere Demokratisierung des Aufbaus und <strong>der</strong> Arbeitsweise<br />

<strong>der</strong> staatlichen Organe“ vom 23. Juli 1952 wirkte sich auch auf das Archivwesen aus.<br />

Es kam zur Herausbildung einer Generaldirektion <strong>der</strong> Staatlichen Archive mit Sitz in<br />

Potsdam. <strong>Die</strong>se wurde <strong>im</strong> Februar 1953 mit <strong>der</strong> HA AW zur Staatlichen<br />

Archivverwaltung (STAV) des MdI vereinigt. Seit 1955 hatte sie ihren Sitz in<br />

Potsdam. <strong>Die</strong> Archivverwaltungen wurden in Archivinspektoren umgewandelt und<br />

1954, zusammen mit den Landeshauptarchiven und Landesarchiven, <strong>der</strong> Staatlichen<br />

Archivverwaltung direkt unterstellt. <strong>Die</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Archivinspektoren wurden<br />

noch <strong>im</strong> selben Jahr auf neugebildete Referate für das Archivwesen in den Bezirken<br />

übertragen. 112<br />

Bereits auf dem We<strong>im</strong>arer Kongress 113 wurde die zunehmende Politisierung des<br />

Archivwesens <strong>der</strong> DDR deutlich. <strong>Die</strong>se nahm in den nächsten Jahren <strong>im</strong>mer mehr zu.<br />

Dabei wurden die archivarischen Quellen und die Archive für die politische<br />

Öffentlichkeitsarbeit genutzt, die vor<strong>der</strong>gründlich die Propaganda gegen die<br />

Nichtsozialistischen Staaten unterstützen sollte. In <strong>der</strong> DDR wurde die Erforschung<br />

<strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung bzw. die „Entlarvung von<br />

Nazikriegsverbrechern, Militaristen und Blutrichtern in Westdeutschland“ 114 in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund gestellt. In den sechziger Jahren sollten die Archive stärker in die<br />

111<br />

Vgl. Sydow, J.: „ Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“ in: Der Archivar, 4.<br />

Jg. Nr. 2, 1951, Sp. 57-58.<br />

112<br />

Vgl. Brachmann, B.: „ Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“, 1984, S. 40-<br />

41.<br />

113<br />

Siehe S. 46.<br />

114<br />

Kahlenberg, F.: „Deutsche Archive in West und Ost“, 1972, S. 75.<br />

38


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

gesellschaftliche Entwicklung <strong>der</strong> DDR eingeordnet und zu „Institutionen des<br />

sozialistischen Staates“ 115 gestaltet werden. Daher erließ <strong>der</strong> Ministerrat <strong>der</strong> DDR die<br />

„Verordnung über das staatliche Archivwesen“ vom 17. Juni 1965. <strong>Die</strong> Organisation<br />

des staatlichen Archivwesens stand dabei <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund. So erhielten die<br />

bisherigen Landeshauptarchive die Bezeichnung Staatsarchive, aus den bisherigen<br />

Landesarchiven wurden vier Staatsarchive gebildet. Im Herbst 1964 erschienen die<br />

„Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze für die staatlichen Archive <strong>der</strong> DDR“<br />

(OVG). Damit konnten die wichtigen Erschließungsarbeiten, die unter politischen<br />

und volkswirtschaftlichen Gesichtspunkten standen, schnell getätigt werden. 116 Denn<br />

nach <strong>der</strong> oben erwähnten „Verordnung über das staatliche Archivwesen“ wurde den<br />

Archiven aufgetragen „die Friedenspolitik <strong>der</strong> DDR und den Kampf gegen den<br />

westdeutschen Imperialismus und Militarismus durch Bereitstellen entsprechen<strong>der</strong><br />

dokumentarischer Materialien“ 117 und „die sozialistische Bewusstseinsbildung und<br />

die kulturellen Interessen <strong>der</strong> Werktätigen durch Bereitstellung von archivalischen<br />

Quellen zu unterstützen, die die demokratischen und fortschrittlichen Traditionen des<br />

deutschen Volkes, die revolutionären Traditionen <strong>der</strong> Arbeiterklasse und die großen<br />

kulturellen Leistungen unseres Volkes dokumentieren“. 118<br />

Auch wie<strong>der</strong>holt und betont die neue Verordnung die Schutzbest<strong>im</strong>mungen des<br />

Staatlichen Archivfonds. Zu diesem Fonds zählten die Quellen, die alle wichtigen<br />

Lebensbereiche <strong>der</strong> DDR-Gesellschaft dokumentieren. Sie sollten durch die<br />

Errichtung dieses Fonds archivarisch gesichert werden. Trotz Novellierung <strong>der</strong><br />

Verordnung gab es weiterhin einen Bereich, <strong>der</strong> nicht vom Staatlichen Archivfonds<br />

erfasst wurde. Dazu zählten alle Unterlagen <strong>der</strong> Arbeiterbewegung, d.h. alle<br />

Unterlagen <strong>der</strong> SED wurden in <strong>der</strong>en separatem Archiv aufbewahrt. 119<br />

Bereits 1976 gab es eine weitere Archivordnung, die am 11. März erlassen wurde<br />

und in welcher die Zuständigkeit <strong>der</strong> staatlichen Endarchive und Verwaltungsarchive<br />

neu geregelt wurde.<br />

Innerhalb <strong>der</strong> siebziger Jahre brachte die STAV noch zwei weitere<br />

Nachschlagewerke für die Archivwissenschaft heraus. 1971 erschienen das<br />

115 E Kahlenberg, F.: „Deutsche Archive in West und Ost“, 1972, 58-59.<br />

116 Vgl. Kahlenberg, F.: „Deutsche Archivare in West und Ost“, 1972, S. 77-80.<br />

117 Gesetzblatt <strong>der</strong> DDR, Teil II Nr. 75, S. 567 in: AM 15, 1965, S. 163-165 (zit. nach Kahlenberg, F.<br />

„Deutsche Archivare in West und Ost“, 1972, S. 80).<br />

118 Ebd.<br />

119 Vgl. Kahlenberg, F.: „Deutsche Archivare in Ost und West“, 1972, S. 82f.<br />

39


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

„Taschenbuch Archivwesen <strong>der</strong> DDR“ und 1976 das „Lexikon Archivwissenschaft<br />

<strong>der</strong> DDR“. 1984 folgte dann das Handbuch „Theorie und Praxis des Archivwesens<br />

<strong>der</strong> DDR“. 120<br />

<strong>Die</strong> letzte wichtige Erneuerung innerhalb des Archivwesens <strong>der</strong> DDR war das<br />

deutsch-deutsche Kulturabkommen 1986. 121<br />

120 Vgl. Leesch, W.: „Das Archivwesen <strong>der</strong> DDR seit 1971“ in Der Archivar, Jg., 37, 1984, Nr. 4 ,<br />

Sp. 496 - 499<br />

121 Siehe auch S. 72.<br />

40


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

3.3 <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> als gesamtdeutsche Veranstaltung <strong>im</strong> geteilten Deutschland<br />

Schon während <strong>der</strong> Nachkriegszeit bis 1949 gab es in den westlichen<br />

Besatzungszonen <strong>Archivtage</strong>. Es wurden sieben zonale und bizonale Tagungen in<br />

Aulendorf, Bamberg, Detmold und Wiesbaden abgehalten. Auf diesen besprach man<br />

neben fachlichen Referaten auch Vorträge hinsichtlich <strong>der</strong> Zukunft des<br />

Archivwesens. 122 So wurde beispielsweise in Bamberg 1947 über die Herausgabe<br />

eines „Mitteilungsblattes für deutsches Archivwesen“ debattiert.<br />

<strong>Die</strong>se sieben <strong>Archivtage</strong> wurden auch von Archivaren aus <strong>der</strong> sowjetischen<br />

Besatzungszone besucht, obwohl dies mit einigen Schwierigkeiten verbunden war.<br />

Für die Reise in an<strong>der</strong>e Besatzungszonen benötigte man Interzonenpässe, die vor<br />

Antritt <strong>der</strong> Reise beantragt werden mussten. Auch eine Bestätigung, dass man sich in<br />

<strong>der</strong> jeweiligen Stadt aufhalten durfte, mit <strong>der</strong> man zusätzlich Lebensmittelkarten<br />

beantragen musste bzw. konnte wurden gebraucht. Trotz dieser Hin<strong>der</strong>nisse waren<br />

auf <strong>der</strong> Detmol<strong>der</strong> Archivtagung vom 03. September 1947 auch Archivare <strong>der</strong> SBZ<br />

anwesend. <strong>Die</strong> damalige Politik in <strong>der</strong> SBZ war jedoch bereits zu diesem Zeitpunkt<br />

spürbar. Frau Dr. Knabe berichtete auf <strong>der</strong> Tagung <strong>der</strong> Archivleiter <strong>der</strong> Ostzone in<br />

Freyburg a. d. Unstrut über eine Meinungsverschiedenheit auf eben jenem Detmol<strong>der</strong><br />

Archivtag. So sei in einer Debatte „schärfste Kritik an <strong>der</strong> Haltung <strong>der</strong> Westzonen-<br />

Archivare gegenüber <strong>der</strong> Ostzone geübt“ 123 worden. <strong>Die</strong>se Haltung sei zum Beispiel<br />

„beson<strong>der</strong>s in <strong>der</strong> Formulierung Dr. Santes <strong>im</strong> „Archivar“ I S.8 <strong>im</strong> Bericht über die<br />

Wiesbadener Tagung vom 25.10. und 10.12.1946 124 zum Ausdruck gebracht“ 125<br />

worden. Jedoch sei von einer „offiziellen Stellungnahme seitens <strong>der</strong><br />

Tagungsteilnehmer ... aus politischen Gründen abgesehen“ 126 worden und es wurde<br />

für „zweckmäßig erachtet, in privater Korrespondenz mit aller Schärfe <strong>der</strong>artige<br />

Anmaßungen zurückzuweisen.“ 127 Auch zur Mitgliedschaft <strong>im</strong> VdA meldete sich Dr.<br />

Knabe zu Wort, war doch auf <strong>der</strong> Detmol<strong>der</strong> Tagung festgelegt worden, dass auch<br />

Archivare aus den an<strong>der</strong>en Zonen dem Verein beitreten können. Zu diesem Thema<br />

sollte eine abwartende Haltung eingenommen werden, denn „es sei zu diesem<br />

Zeitpunkt ... aus politischen Gründen unzweckmäßig, sich an einem Verein zu<br />

122<br />

Vgl. Der Archivar, 2. Jg., Nr.2, 1949, Sp. 44.<br />

123<br />

GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3. 1473, o.Bl.<br />

124<br />

Sante sprach die Bodenreform in <strong>der</strong> SBZ an, durch welche unzählige Adels- und Privatarchive <strong>der</strong><br />

Zerstörung ausgesetzt waren.<br />

125<br />

GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3. 1473, o.Bl.<br />

126 Ebd.<br />

127 Ebd.<br />

41


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

binden, <strong>der</strong> bisher nur in <strong>der</strong> Westzone zugelassen sei.“ 128 Gegen<br />

Einzelmitgliedschaften waren jedoch keine rechtlichen Einwände möglich.<br />

Der 28. Deutsche Archivtag, <strong>der</strong> erste nach Ende des Zweiten Weltkrieges, wurde<br />

ebenfalls auf dem Detmol<strong>der</strong> Archivtag beschlossen. Als Tagungsort wurde zuerst<br />

Landshut vorgeschlagen. Mit einem Hinweis auf die mögliche Hun<strong>der</strong>tjahrfeier <strong>der</strong><br />

Einrichtung <strong>der</strong> Frankfurter Nationalversammlung 1848 sprachen die dort ansässigen<br />

Tagungsteilnehmer hingegen eine Einladung nach Wiesbaden aus. Jedoch sollte auch<br />

Berlin nicht außer acht gelassen werden. Letztendlich fiel die Wahl endgültig auf<br />

Wiesbaden. Somit sollte <strong>der</strong> Archivtag zusammen mit <strong>der</strong> Tagung des Gesamtvereins<br />

deutscher Geschichts- und Altertumsvereine am 06. September 1948 dort<br />

stattfinden. 129 Aufgrund <strong>der</strong> Währungsreform wurden die beiden Veranstaltungen<br />

jedoch auf den 31. Mai des Jahres 1949 verlegt. 130<br />

Da <strong>der</strong> Archivtag einen überzonalen Charakter tragen sollte, wurden auch<br />

Einladungen an alle Staatsarchive in <strong>der</strong> SBZ verschickt. 131 Viele konnten aber <strong>der</strong><br />

Einladung nicht folgen, da sie entwe<strong>der</strong> keine Genehmigung für die Teilnahme<br />

bekamen o<strong>der</strong> einfach keine Zeit vorhanden war, die nötigen Papiere 132 zu<br />

beantragen. So mussten für 1949 die Archivare Flach, Direktor des Thüringischen<br />

Staatsarchivs sowie Archivrat Fritz Ortlepp aus Jena absagen. Sie taten es schweren<br />

Herzens wie ein Schreiben Ortlepps an Vollmer zeigt. So hoffte dieser, dass „bald<br />

<strong>der</strong> Tag kommen möge, <strong>der</strong> die Zonengrenzen beseitigt, so daß Deutsche ungehin<strong>der</strong>t<br />

zu <strong>Deutschen</strong> kommen können.“ 133 Dessen ungeachtet erschwerten schon die<br />

unterschiedlichen Währungen eine gewisse Zusammenarbeit. Ortlepp beispielsweise<br />

konnte aus Mangel an D-Mark den „Archivar“ nicht mehr beziehen. 134<br />

Trotzdem war es einigen Archivaren aus <strong>der</strong> Ostzone möglich am Archivtag in<br />

Wiesbaden teilzunehmen. <strong>Die</strong>ser wurde von Dr. Vollmer in seiner Funktion als 1.<br />

Vorsitzen<strong>der</strong> des Vereins deutscher Archivare eröffnet. Nach <strong>der</strong> Begrüßung des<br />

Kultusministers des Landes Hessen Dr. Stein, empfing Dr. Vollmer ebenfalls<br />

herzlichst die Archivare aus <strong>der</strong> Ostzone. Den Wunsch nach einer Vereinigung <strong>der</strong><br />

Trizone mit <strong>der</strong> Ostzone drückte Vollmer mit seinem Wunsch aus, mit den Kollegen<br />

128 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3. 1473, o.Bl.<br />

129 Vgl. Der Archivar, 1. Jg. 1948, Sp. 78.<br />

130 Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3. 1473, o.Bl.<br />

131 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/23 Bl. 66.<br />

132 Beispielsweise einen Interzonenpass.<br />

133 HStA Düsseldorf, RW 29/23 Bl. 88.<br />

134 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/23 Bl. 88.<br />

42


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

<strong>der</strong> Ostzone „bald wie<strong>der</strong> in eine ungetrennte Zusammenarbeit zu kommen.“ 135<br />

Anschließend erinnerte Vollmer an die vergangenen <strong>Archivtage</strong> seit 1930 und die<br />

Nachkriegszeit, bedachte die Gründung des VdA als „wertvolle Frucht einer neuen<br />

Zeit“ 136 und wies darauf hin, dass auf diesem Archivtag wichtige Fragen wie <strong>der</strong><br />

Archivalienschutz zu erörtern seien. Daher war das Archivalienschutzgesetz <strong>der</strong><br />

deutschen Län<strong>der</strong> an die Spitze <strong>der</strong> Tagesordnung gesetzt worden. Daneben wurden<br />

unter an<strong>der</strong>em die Themen „Scheidung von staatlichem und städtischem Archivgut“,<br />

„Lage <strong>der</strong> Ostarchive“, „Archivalische Quellen zur jüngsten deutschen<br />

Vergangenheit“, „<strong>Die</strong> Wahrung des Provenienzprinzips be<strong>im</strong> Friedensvertrag“ und „<br />

Quellen zur Geschichte <strong>der</strong> Ostvertriebenen“ erörtert. 137<br />

Um am 29. Archivtag 1950 in Landshut teilnehmen zu können, baten die Kollegen<br />

aus <strong>der</strong> DDR 138 um eine frühe Zusendung <strong>der</strong> Einladungen, damit sie mit diesen<br />

rechtzeitig eine Ausreisegenehmigung beantragen konnten. 139 Trotzdem war es<br />

wie<strong>der</strong> nur einer geringen Anzahl möglich nach Landshut zu reisen. Auf dem<br />

Archivtag in Marburg 1951 war die restriktive Haltung <strong>der</strong> DDR gegenüber einer<br />

Reise ihrer Archivare in die Bundesrepublik noch deutlicher erkennbar. Einzig <strong>der</strong><br />

Leiter des Hauptstaatsarchivs Dresden, Dr. Hellmut Kretzschmar, erhielt die<br />

Möglichkeit, nach Marburg zu reisen. Um die Kollegen aus <strong>der</strong> DDR nicht nur als<br />

einfache Beobachter zu den <strong>Archivtage</strong>n einzuladen, sollte ihnen auch die<br />

Möglichkeit geboten werden, einen Vortrag beizusteuern. Doch das schien nicht nur<br />

aus reiner Freundlichkeit zu geschehen.<br />

Politische Gründe schienen dafür ebenso ausschlaggebend zu sein, wie ein Schreiben<br />

Vollmers an den Archivdirektor Dr. van Kempen in Göttingen zeigt. 140 So wurde Dr.<br />

Kretzschmar gebeten, ein Referat zum Thema „<strong>Die</strong> Archive und die<br />

Gegenwartsprobleme <strong>der</strong> Landesgeschichtsforschung“ auf dem Marburger Archivtag<br />

zu übernehmen. Jedoch konnte Kretzschmar dies nicht von sich aus entscheiden, er<br />

musste die HA AW hinsichtlich einer Bestätigung hinzuziehen. Nachdem er sich mit<br />

135<br />

Der Archivar, 2. Jg., Nr.2, 1949, Sp. 43.<br />

136<br />

Ebd.<br />

137<br />

Vgl. Ebd.<br />

138<br />

Mit <strong>der</strong> Verabschiedung <strong>der</strong> Verfassung <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik (DDR) am 07.<br />

Oktober 1949 wurde die SBZ abgelöst aus: „Meyers enzyklopädischen Lexikon“, Band 6, 1975, S.<br />

561.<br />

139<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/22 Bl. 12.<br />

140<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/21 Bl. 86.<br />

43


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Dr. Korfes auf einen Referattext geeinigt hatte 141 , konnte er Dr. Vollmer mitteilen,<br />

dass <strong>der</strong> Innenminister <strong>der</strong> DDR das Referat Kretzschmars grundsätzlich genehmigt<br />

hatte. Jedoch behielt er sich die Option vor, „nach <strong>der</strong> jeweiligen politischen Lage<br />

eine abschließende Entscheidung noch unmittelbar vor <strong>der</strong> Tagung zu treffen.“ 142<br />

Des Weiteren beschäftige sich <strong>der</strong> Archivtag in Marburg, wie seine beiden<br />

Vorgänger, hauptsächlich mit <strong>der</strong> Frage nach einem Archivalienschutzgesetz.<br />

Für 1951 plante die HA AW ebenfalls einen Archivtag <strong>der</strong> DDR in Eisenach o<strong>der</strong><br />

Erfurt. Dr. Vollmer wandte dies bezüglich in einem Schreiben an das Berliner<br />

Hauptarchiv, wie das Gehe<strong>im</strong>e Staatsarchiv nun bezeichnet wurde, dass die<br />

Beteiligung dieses <strong>Archivtage</strong>s vom <strong>Deutschen</strong> Archivausschuss wärmstens<br />

empfohlen werde. 143 Jedoch fand dieser Archivtag erst 1952 in We<strong>im</strong>ar statt. Zu dem<br />

Kongress wurden auch Archivare aus <strong>der</strong> Bundesrepublik eingeladen, um „den<br />

Einheitsgedanken zu pflegen“ und damit „ein Archivtag in <strong>der</strong> DDR nicht als zonaler<br />

Separatismus verleumdet werden könne“. 144 Somit kann dieser als Ausgleich für die<br />

Nichtteilnahme an den <strong>Archivtage</strong>n in <strong>der</strong> Bundesrepublik, beson<strong>der</strong>s an jenem in<br />

Marburg 1951, gesehen werden, da zu diesem, wie bereits erwähnt, gerade einmal<br />

Dr. Kretzschmar fuhr. So sollte <strong>der</strong> Kongress nicht nur dem wissenschaftlichen<br />

Austausch zwischen Kollegen dienen, son<strong>der</strong>n auch, so Dr. Korfes auf einer<br />

<strong>Die</strong>nstbesprechung <strong>im</strong> Juni 1951 in Quedlinburg, „ein Beitrag zum Kampfe für den<br />

Frieden und die Einheit werden, ... also zu einer wirkungsvollen politischen<br />

Kampfveranstaltung.“ 145 Insgesamt wurden 87 Archivare und Historiker aus <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik eingeladen. In den Einladungen, welche offiziell von <strong>der</strong><br />

Thüringischen Landesarchivverwaltung verschickt worden waren und die<br />

Unterschrift von Prof. Dr. Willy Flach trugen 146 , wurden die westdeutschen<br />

Archivare zu einem Gedankenaustausch und als Gäste <strong>der</strong> DDR eingeladen. 147<br />

141<br />

Vgl. Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“,<br />

2000, S.123.<br />

142<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/21 Bl. 75.<br />

143<br />

Vgl. GStA Berlin, Rep. 178 B, 1.3. 1382, o.Bl.<br />

144<br />

Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“, 2000,<br />

S.122.<br />

145<br />

Ebd.<br />

146<br />

<strong>Die</strong>ser war Direktor des Staatsarchivs We<strong>im</strong>ar und stand seit Kriegsende in regem Briefverkehr mit<br />

den westdeutschen Kollegen. Siehe dazu: Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift<br />

für Friedrich P. Kahlenberg“, 2000, S.115-141.<br />

147<br />

Vgl. Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“,<br />

2000, S.125-126.<br />

44


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

<strong>Die</strong> westdeutschen Archivare befanden sich hinsichtlich dieser Einladungen in einer<br />

moralischen Zwickmühle. Ein Für und Wie<strong>der</strong> abwägend befragte Prof. Dr. Schnath,<br />

Direktor des Staatsarchivs Hannover, am 24. April 1952 Dr. Vollmer hinsichtlich <strong>der</strong><br />

„ominösen Einladung zu dem We<strong>im</strong>arer Kongreß“ 148 , wie man sich verhalten solle.<br />

Amtlich hätte „man natürlich hier starke und begründete Bedenken. Es ist in <strong>der</strong> Tat<br />

<strong>im</strong>mer misslich und kann falsch gedenket werden, wenn man zu einer sowjetzonalen<br />

Fachveranstaltung fährt, und noch dazu als Ehrengast <strong>der</strong> DDR, wo man <strong>der</strong> Gefahr<br />

ausgesetzt ist, politisch missbraucht o<strong>der</strong> gar vergewaltigt zu werden und unter<br />

Umständen westdeutsche Staffage für eine <strong>der</strong> bekannten kommunistischen<br />

Resolutionen zu werden. ... Aber an<strong>der</strong>erseits spricht doch auch viel dafür, keine<br />

Möglichkeit auszuschlagen, die fachliche Einheit aller deutschen Archivare zu<br />

dokumentieren. Unsere Freunde in <strong>der</strong> Ostzone rechnen darauf, mögen sie auch –<br />

was wie<strong>der</strong>um eingewandt wird – bei <strong>der</strong> Veranstaltung nur Puppen politischer<br />

Drahtzieher sein. Schließlich wollen und wünschen wir ja auch, daß sie zu unserem<br />

Archivtag kommen. <strong>Die</strong> westdeutschen Archivverwaltungen müssten sich meines<br />

Erachtens jetzt schnell einigen, was geschehen soll. ... Man sollte m.E. einigen von<br />

uns die Teilnahme freigeben, Leuten die einerseits zuverlässig, an<strong>der</strong>erseits nicht zu<br />

prominent sind. Sie müssten gegen den Vorwurf aus den eigenen Reihen gedeckt<br />

werden, kommunistische Parteigänger o<strong>der</strong> unsichere Kantonisten zu sein, sie<br />

müssten ferner, <strong>der</strong> Einladung entsprechend, nur als Privatleute fahren und sollten<br />

sich we<strong>der</strong> als Spione des Westens noch als Rückversicherer, son<strong>der</strong>n als Archivare<br />

unter Archivaren geben. Der bedenklichen politischen Veranstaltung am<br />

Eröffnungstage würde ich für meine Person unter irgendeinem Vorwand fernbleiben.<br />

<strong>Die</strong> Teilnehmer aus dem goldenen Westen werden ja auch sonst noch allerlei zu<br />

schlucken bekommen. ... Wie denkt man bei Ihnen über diese verwickelte Frage? In<br />

unserem Beobachtungsbereich sind bisher Einladungen an folgende Herren bekannt<br />

geworden: <strong>Die</strong>stelkamp, Götting, Ulrich, Prüser und mich.“ 149<br />

Wie bei allen deutsch-deutschen Angelegenheiten war auch bei diesem Kongress und<br />

auch bei den westdeutschen <strong>Archivtage</strong>n das Bundesministerium für gesamtdeutsche<br />

Fragen involviert. Auf eine Anfrage des <strong>Deutschen</strong> Archivausschusses schrieb das<br />

Ministerium an Dr. Vollmer, dass gegen eine Teilnahme keine Bedenken vorlägen,<br />

man sich jedoch gegen eine Ausnutzung zu politischen Propagandazwecken<br />

absichern müsste. Nach dem Erhalt eines Briefes von Seiten Korfes´ hinsichtlich des<br />

148 HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 39.<br />

149 HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 39.<br />

45


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Kongresses erkundigte sich Vollmer be<strong>im</strong> Bundesministerium für gesamtdeutsche<br />

Fragen „welche Haltung seitens des <strong>Deutschen</strong> Archivausschusses einzunehmen<br />

ist“ 150 . Laut Ministerium sei „<strong>der</strong> wissenschaftliche Verkehr mit den offiziellen<br />

Instanzen <strong>der</strong> sowjetischen Besatzungszone“ <strong>im</strong>mer noch kompliziert, da die<br />

„Gegenseitigkeit“ 151 fehle. Denn die „offiziellen Instanzen“ erteilten den<br />

Wissenschaftlern, die eine Teilnahme an Veranstaltungen in <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

wünschen, nur in „den seltensten Fällen“ die benötigten Interzonenpässe. 152 Dagegen<br />

stünden die Versuche dieser Instanzen, ohne Rücksicht auf Kosten viele<br />

Wissenschaftler aus <strong>der</strong> Bundesrepublik zur Teilnahme für Veranstaltungen in <strong>der</strong><br />

DDR zu gewinnen. <strong>Die</strong> „propagandistischen Absichten“ seien dabei „deutlich“ 153 .<br />

Daher empfahl das Bundesministerium dem <strong>Deutschen</strong> Archivausschuss, nur eine<br />

geringe Zahl von Teilnehmern zu dem Kongress zu schicken und keine offizielle<br />

Delegation zu entsenden. Eine Zahl von fünf bis sieben Vertretern des Archivwesens<br />

schien dem Ministerium angemessen zu sein. <strong>Die</strong>ser Empfehlung folgend nahmen<br />

acht Archivare die Einladung an, schon „um den Ostkollegen den Besuch des 31.<br />

<strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s in Nürnberg zu ermöglichen“ 154 , wie Vollmer meinte. Er<br />

selber sagte seine Teilnahme persönlich bei Korfes ab, ließ ihn aber wissen, dass er<br />

den einzelnen Mitglie<strong>der</strong>n des VdA die Teilnahme empfehlen werde und dass er<br />

hoffe auf dem Archivtag in Nürnberg mehr als nur einen Kollegen aus <strong>der</strong> DDR<br />

begrüßen zu können. <strong>Die</strong> Zusage Korfes´ sollte sich als falsch erweisen. 155<br />

Da es sich bei dem We<strong>im</strong>arer Kongress nach Korfes´ Vorstellung um eine<br />

„politische Kampfveranstaltung“ handeln sollte, wurde <strong>der</strong> Veranstaltungsort, <strong>der</strong><br />

Saal <strong>der</strong> Zentralen Verwaltungsschule in We<strong>im</strong>ar, entsprechend dekoriert. <strong>Die</strong><br />

Wände des Saales wurden mit politischen Spruchbän<strong>der</strong>n geschmückt, welche Prof.<br />

Dr. Flach entgegen seinen Vorstellungen nicht verhin<strong>der</strong>n konnte. Er schlug einen<br />

Spruch von Goethe „o<strong>der</strong> einem an<strong>der</strong>em großen deutschen Dichter“ 156 vor.<br />

<strong>Die</strong> Politik ließ sich an den drei Tagen des Kongresses (28. bis 30. Mai 1952) nicht<br />

vermeiden. Beson<strong>der</strong>s die Eröffnung war stark politisiert. <strong>Die</strong> Begrüßungsrede Otto<br />

150<br />

Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“, 2000,<br />

S. 127.<br />

151<br />

Ebd.<br />

152<br />

Ebd.<br />

153<br />

Ebd.<br />

154<br />

Ebd. S. 128.<br />

155<br />

Vgl. Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“,<br />

2000, S.128.<br />

156 Vgl. ebd. S.116.<br />

46


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Korfes´, dem Leiter <strong>der</strong> HA AW und von Hans Warnke, dem Staatssekretär des MdI<br />

<strong>der</strong> DDR wurden von den westdeutschen Teilnehmer als noch zurückhaltend<br />

empfunden. <strong>Die</strong> nachfolgende Rede des Ministers des Innern des Landes Thüringen,<br />

Willy Gebhardt, war jedoch stark einseitig politisch gefärbt. Willy Flach hatte ihm<br />

vorab einen Text entworfen, in welchem <strong>der</strong> Minister auf die Aufbauleistungen des<br />

thüringischen Archivwesens und die neuen, erweiterten Aufgaben <strong>der</strong><br />

Landesarchivverwaltung in <strong>der</strong> DDR eingehen sollte. Weiterhin sollte er auch die<br />

politische Seite ansprechen, da „die Arbeit <strong>der</strong> Archivare nur <strong>im</strong> Frieden gedeihen<br />

könne und die Archivarbeit <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> zur Erkenntnis <strong>der</strong> Notwendigkeit <strong>der</strong><br />

deutschen Einheit führe“. 157 Dessen ungeachtet diffamierte Gebhardt die<br />

westdeutsche Regierung unter Bundeskanzler Adenauer aufgrund <strong>der</strong>en Zust<strong>im</strong>mung<br />

zum General- bzw. Deutschlandvertrag, in dem die USA, Großbritannien und<br />

Frankreich <strong>der</strong> Bundesrepublik die staatliche Souveränität zuerkannten und somit<br />

den Besatzungsstatus auflösten. <strong>Die</strong>ser wurde in <strong>der</strong> DDR nur als<br />

„Generalkriegsvertrag“ bezeichnet. Als Reaktion auf diese Rede verließ <strong>der</strong><br />

Historiker Walter Schlesinger vorzeitig den Saal. Er blieb jedoch <strong>der</strong> Einzige. <strong>Die</strong>se<br />

Reaktion hatte Schlesinger schon vorher betont. So erwähnte er dem Göttinger<br />

Historiker Hermann He<strong>im</strong>pel gegenüber, dass sich die Teilnehmer vorher überlegen<br />

müssten, „wie man sich <strong>im</strong> Falle politischer Zumutungen zu verhalten hat. Einfaches<br />

Stillschweigen wird selbstverständlich als Zust<strong>im</strong>mung gedeutet. Es ist wohl am<br />

besten, den Saal sichtbar zu verlassen, wenn es brenzlig wird.“ 158<br />

Nach <strong>der</strong> Verabschiedung einer gemeinsamen Begrüßungsadresse an den Präsidenten<br />

<strong>der</strong> DDR, Wilhelm Pieck, ging man zu den Hauptvorträgen über. An <strong>der</strong>en oberster<br />

Stelle stand <strong>der</strong> Vortrag von Otto Korfes über die „Aufgaben <strong>der</strong> Archive <strong>im</strong><br />

Fünfjahresplan und <strong>im</strong> Kampf für Einheit und Frieden“. Ihm folgte <strong>der</strong> Historiker<br />

Leo Stern, <strong>der</strong> über die „Gegenwartsaufgaben <strong>der</strong> deutschen Geschichtsforschung“<br />

sprach. Zu archivtechnischen Fragen referierten Hellmuth Kretzschmar über<br />

„Archive und He<strong>im</strong>atforschung“ und Willy Flach über die „Aufgaben <strong>der</strong><br />

Landesarchivverwaltung“. Franz Wiszniewski aus Berlin sprach über die „Archive<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft“. Ihm schloss sich Heinrich Otto Meisner mit den Ausführungen zu<br />

„Fragen <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Aktenkunde“ an und Helmut Koch sprach an diesen ersten<br />

beiden Kongresstagen als letzter Redner über „Original und Fälschung“. Am 30. Mai<br />

157 Vgl. Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“,<br />

2000, S. 129.<br />

158 Vgl. ebd. S.130.<br />

47


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

wurden die Fachsitzungen <strong>der</strong> „Staatlichen Archive“, <strong>der</strong> „Kreis- und<br />

Verwaltungsarchive“, des „Wissenschaftlichen Nachwuchses“, <strong>der</strong><br />

„Archivtechniker“, <strong>der</strong> „Wirtschaftsarchive“ und <strong>der</strong> „Stadtarchive“ abgehalten, in<br />

<strong>der</strong>en Verlauf noch weitere Referate und Diskussionen Platz fanden. Danach wurde<br />

dieser erste Archivkongress in <strong>der</strong> DDR beendet.<br />

Auf <strong>der</strong> anschließenden <strong>Die</strong>nstbesprechung <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> Archivverwaltungen am<br />

18. Juni 1952 wurde <strong>der</strong> Kongress ausgewertet und an den kommenden Archivtag in<br />

Nürnberg gedacht. So wies Korfes auf die Notwendigkeit hin, dass eine Delegation<br />

von vier bis sechs Archivaren nach Nürnberg geschickt werden sollte. 159<br />

Am 17. Juni 1952 schrieb Dr. Fridolin Solle<strong>der</strong>, Direktor des Staatsarchivs in<br />

Nürnberg, an Dr. Vollmer, dass sich bereits 20 Kollegen aus <strong>der</strong> DDR zum<br />

Archivtag in Nürnberg angemeldet hatten. Bis zum 21. Juli hatte sich <strong>der</strong>en Anzahl<br />

auf 31 erhöht. 160 <strong>Die</strong>se Zahl war nach den Verwirrungen <strong>der</strong> vorangegangenen<br />

Monate überraschend. Zu Beginn des Jahres 1952 gab es eine Diskussion über eine<br />

mögliche Verlegung des <strong>Archivtage</strong>s. Statt wie üblich <strong>im</strong> September sollte <strong>der</strong><br />

Archivtag nun schon <strong>im</strong> August stattfinden, da das Germanische Nationalmuseum in<br />

Nürnberg sein Hun<strong>der</strong>tjähriges Bestehen <strong>im</strong> August begehen wollte. <strong>Die</strong> Reaktionen<br />

auf diesen Vorschlag waren gemischt. <strong>Die</strong> Gegner argumentierten mit <strong>der</strong><br />

Urlaubszeit <strong>der</strong> Archivare und <strong>der</strong> starken Augusthitze. Dr. Schnath, Direktor des<br />

Staatsarchivs Hannover, führte daneben an, dass es bei einer Verlegung des<br />

<strong>Archivtage</strong>s für die Kollegen aus <strong>der</strong> DDR schwierig werden könnte, nach Nürnberg<br />

zu kommen. Darauf führte Dr. Solle<strong>der</strong> eine Umfrage unter den Archiven in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik und auch <strong>der</strong> DDR durch. Eine große Zahl antwortete positiv, d.h.<br />

sie st<strong>im</strong>mten <strong>der</strong> Vorverlegung des <strong>Archivtage</strong>s zu bzw. sprachen sich für eine<br />

Zusammenlegung des <strong>Archivtage</strong>s und <strong>der</strong> Hun<strong>der</strong>tjahrfeier aus. 161 Auf eine Anfrage<br />

an das Nationalmuseum in Nürnberg, ob dessen Feier nicht in den September<br />

verschoben werden könne, erhielt Vollmer die Antwort, dass sich die<br />

Verantwortlichen auf den August festgelegt hätten, da auch Bundespräsident<br />

Theodor Heuss, in seiner Rolle als Vorsitzen<strong>der</strong> des Verwaltungsrates des<br />

Germanischen Nationalmuseums, an den Feierlichkeiten teilnehmen wolle. 162<br />

159<br />

Vgl. Oldenhage, K. ...(Hrsg.): Archiv und Geschichte: Festschrift für Friedrich P. Kahlenberg“,<br />

2000, S. 130-132.<br />

160<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 49 + 60.<br />

161<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 30-35.<br />

162<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 22.<br />

48


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Im Mai 1952 einigten sich die Vorstandsmitglie<strong>der</strong> entgültig auf die Verschiebung<br />

des <strong>Archivtage</strong>s auf den 06. und 07. August.<br />

Da Ende Juni noch mit ca. 20 Kollegen aus <strong>der</strong> DDR gerechnet wurde, die<br />

finanziellen Mittel für <strong>der</strong>en Unterstützung bei Unterbringung, Verpflegung und<br />

Tagegeld jedoch nicht ausreichten, bat Dr. Vollmer das Bundesministerium für<br />

gesamtdeutsche Fragen um eine einmalige Beihilfe. <strong>Die</strong>se wurde in einer Höhe von<br />

3.000 DM bewilligt. 163 Jedoch konnte diese Beihilfe nicht genutzt werden, da den<br />

Archivaren aus <strong>der</strong> DDR die Ausreise in die BRD verweigert wurde. Um allerdings<br />

die 3.000 DM nicht ungenutzt zu lassen, schlug <strong>der</strong> Direktor des Wiesbadener<br />

Staatsarchivs eine Nutzung „unter dem Blickwinkel <strong>der</strong> Kontakthaltung mit den<br />

Ostzonenarchiven“ 164 vor. So sollten die größeren Archive in Potsdam, Bautzen,<br />

Gotha, Magdeburg und Schwerin den „Archivar“ und die „Archivalische Zeitschrift“<br />

<strong>der</strong> Jahre 1950 bis 1952 erhalten.<br />

Obwohl sich die Mitglie<strong>der</strong> des Archivausschusses 1953 nicht sicher waren, ob die<br />

Regierung <strong>der</strong> DDR den Archivaren die Ausreise zum 32. Archivtag in Bremen<br />

erlauben würde, wurden erneut Einladungen an zunächst 10 Kollegen aus <strong>der</strong> DDR<br />

verschickt. Der Direktor des Stadtarchivs Bremen, Prüser, wurde von seinem<br />

Kollegen aus <strong>der</strong> DDR Dr. Walter Nissen, Leiter <strong>der</strong> Zweigstelle Merseburg des<br />

Zentralarchivs <strong>der</strong> DDR, darüber informiert, dass <strong>der</strong> Ministerrat <strong>der</strong> DDR<br />

Erleichterungen bei <strong>der</strong> Zuteilung von Interzonenpässen für die Archivare<br />

beschlossen habe. 165 <strong>Die</strong>s kann zwar nicht eindeutig nachgewiesen werden, jedoch<br />

erhielt Prüser nach diesem Schreiben deutlich mehr Anfragen von Archivaren aus <strong>der</strong><br />

DDR, welche ebenfalls am Archivtag teilnehmen wollten. Auch für den Archivtag in<br />

Bremen genehmigte das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen einen<br />

Zuschuss für die Reisekosten aus <strong>der</strong> DDR in die Bundesrepublik. Der Bremer Senat<br />

stellte ca. 300 DM für die Archivare aus <strong>der</strong> DDR und Österreich zur Verfügung.<br />

Daneben konnte Prüser Freiquartiere für die Gäste organisieren. 166<br />

<strong>Die</strong> DDR wurde auf diesem Archivtag von einer siebenköpfigen Delegation unter <strong>der</strong><br />

Leitung von Helmut Lötzke, Leiter des Zentralarchivs <strong>der</strong> DDR, vertreten. Offiziell<br />

war dies als Reaktion auf den Besuch <strong>der</strong> westdeutschen Archivare in We<strong>im</strong>ar<br />

163 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 90.<br />

164 HStA Düsseldorf, RW 29/19 Bl. 114.<br />

165 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/90 Bl. 10.<br />

166 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/90 Bl. 61+ 69.<br />

49


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

geschehen. Daneben reisten jedoch noch weitere Archivare aus <strong>der</strong> DDR an, so dass<br />

insgesamt 23 Teilnehmer aus <strong>der</strong> DDR in Bremen anwesend waren. 167 Helmut<br />

Lötzke beschrieb den Archivtag und den damit verbundenen Historikertag in seinem<br />

Bericht als eine Zusammenkunft von Wissenschaftlern mit einem gesamtdeutschen<br />

Charakter. Nach seiner Begrüßungsrede formulierte er folgenden Wunsch: „Möge<br />

<strong>der</strong> 32. Archivtag <strong>der</strong> letzte sein, auf dem sich west- und ostdeutsche Berufskollegen<br />

als Gastgeber und Gäste gegenüberstehen.“ 168<br />

Hauptthema des ersten Tagungstages waren die Wirtschafts- und Betriebsarchive,<br />

über welche Dr. Vollmer mit den beiden Korreferenten Dr. Paul Mertens, Leiter des<br />

Westfälischen Wirtschaftsarchivs, und Dr. Hanns Leo Mikoletzky, Direktor des<br />

Finanz- und Hofkammerarchivs Wien, berichtete. Den zweiten Tagungstag eröffnete<br />

Dr. Walter Nissen mit seinem Bericht über das Schicksal <strong>der</strong> Bestände des<br />

Preußischen Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchivs und des Brandenburg-Preußischen Hausarchivs<br />

während und nach dem Zweiten Weltkrieg. Nach den Vorträgen von Dr. Sante und<br />

Dr. von Lehe über „<strong>Die</strong> Archive zwischen Verwaltung und Wissenschaft“ bzw.<br />

„Archiv, Verwaltung und Wissenschaft in den Hansestädten“ sprach H.O. Meisner<br />

über den Stand <strong>der</strong> internationalen Archivterminologie. In diesem Zusammenhang<br />

schlug er die Bildung eines gesamtdeutschen nationalen Ausschusses für<br />

Archivsprache vor. <strong>Die</strong>ser sollte die deutschen Interessen <strong>im</strong> Hinblick auf die<br />

Archivterminologie <strong>im</strong> Internationalen Archivrat vertreten bzw. vorstellen. 169 Für das<br />

Archivwesen <strong>der</strong> DDR war dieser Vorschlag ein wichtiger Schritt in Richtung<br />

internationaler Zusammenarbeit, da sie 1956 erst offizielles Mitglied des<br />

internationalen Archivrates 170 (ICA) wurde. 171 Zum Abschluss des <strong>Archivtage</strong>s<br />

wurde West-Berlin als nächster Tagungsort vorgeschlagen, wobei die<br />

Tagungsteilnehmer diesen Vorschlag mit allgemeiner Zust<strong>im</strong>mung annahmen. 172<br />

<strong>Die</strong>s sollte jedoch nicht die entgültige Entscheidung sein. Da Archivtag und<br />

Hauptversammlung noch <strong>im</strong>mer gemeinsam abgehalten wurden, musste <strong>der</strong><br />

Gesamtverein deutscher Geschichts- und Altertumsvereine ebenfalls eine<br />

Entscheidung treffen. Jedoch wurde auf Seiten des VdA fest mit <strong>der</strong> Wahl Berlins<br />

gerechnet, welche dann doch auf Goslar fiel. In einem Schreiben des VdA-<br />

167<br />

Vgl. Der Archivar, 6. Jg., Nr. 4, 1953, Sp. 173.<br />

168<br />

Bericht H.Lötzke in: Archivmitteilungen Nr. 3, 1953, S. 66.<br />

169<br />

Der Archivar, 6. Jg., Nr. 4, 1953, Sp. 173-176.<br />

170<br />

Siehe Anhang S. 92.<br />

171<br />

Vgl. Brachmann, B.: „ Das Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“, 1984, S. 50-<br />

51.<br />

172<br />

Vgl. Der Archivar, 6. Jg., Nr. 4, 1953.<br />

50


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Vorsitzenden Dr. Winkler an Dr. Ernst Kaeber, den Direktor des Landesarchivs<br />

Berlin, begründete er die Entscheidung des Gesamtvereins. So hätte es <strong>der</strong> Vorstand<br />

des Gesamtvereins „schon aus finanziellen Gründen als für ihn untragbar erklärt,<br />

seine Hauptversammlung 1954 in Berlin abzuhalten. Seine einzelnen Vereine seien<br />

so schlecht bei Kasse, daß sie eine Reise ihrer Vertreter nach Berlin einfach nicht<br />

finanzieren könnten.“ 173 Auch befand <strong>der</strong> Vorstand den in Bremen gefassten<br />

Entschluss als etwas übereilt. Jedoch konnte man sich vorstellen 1955 zusammen mit<br />

dem Verband Deutscher Historiker in Berlin zu tagen. 174<br />

Obwohl diese Entscheidung wie ein Rückschlag für die sich <strong>im</strong>mer besser<br />

entwickelnden Beziehungen zwischen den Wissenschaftlern in Ost und West<br />

erschien, war das Jahr 1953 ein äußerst erfolgreiches für das Archivwesen in den<br />

beiden deutschen Staaten. So diskutierten die Teilnehmer des Bremer <strong>Archivtage</strong>s<br />

eine mögliche Rückführung <strong>der</strong> Bestände <strong>der</strong> Hanse-Archive, welche nach dem<br />

Krieg auf Umwegen über die Sowjetunion an das Zentralarchiv in Potsdam gelangt<br />

waren. <strong>Die</strong> Archivdirektoren <strong>der</strong> betroffenen Archive erhielten nach dem Archivtag<br />

die Möglichkeit nach Potsdam zu reisen und dort die Bestände einzusehen. So<br />

begaben sich <strong>im</strong> November 1953 Dr. Ahasver von Brandt aus Lübeck, Dr. von Lehe<br />

aus Hamburg und Dr. Prüser, Bremen, nach Potsdam. Beson<strong>der</strong>s von Brandt sprach<br />

sich für Verhandlungen über einen eventuellen Archivalienaustausch zwischen dem<br />

Zentralarchiv und den Hanse-Archiven aus. Er wies jedoch in einem Gespräch mit<br />

Dr. Lötzke darauf hin, dass es besser sei, die Verhandlungen zum<br />

Archivalienaustausch von den maßgeblichen Regierungsstellen führen zu lassen.<br />

Während <strong>der</strong> Besuche <strong>der</strong> oben genannten Herren in Potsdam wurden die Gespräche,<br />

welche auf dem Bremer Archivtag geführt wurden, weitergeführt. So diskutierten<br />

Organisatoren und Gäste über das Archivwesen in <strong>der</strong> DDR und BRD. Dabei stellten<br />

beide Seiten fest, dass in <strong>der</strong> BRD das Wissen über das Archivwesen in <strong>der</strong> DDR<br />

nach 1945 noch recht gering sei, da unter an<strong>der</strong>em die Verbindungen zu<br />

Westarchiven bis dahin sehr schwach ausgeprägt waren. So gab es den Vorschlag,<br />

dass Westarchivare verschiedene Archive in <strong>der</strong> DDR besuchen sollten, um <strong>der</strong>en<br />

Arbeit unmittelbar betrachten und beurteilen zu können. Dr. Lötzke sah in diesem<br />

173 GStA Berlin, Rep.178 B, 1.3, 1381.<br />

174 Vgl. GStA Berlin, Rep.178 B, 1.3, 1381.<br />

51


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Vorschlag auch eine Möglichkeit, den Westdeutschen Archivaren die Politik <strong>der</strong><br />

DDR näher zu bringen. 175<br />

Am 12. Dezember 1953 berichtete „<strong>Die</strong> Welt“ in ihrer Hamburger Ausgabe über<br />

einen möglichen Archivalienaustausch zwischen Westdeutschland und <strong>der</strong><br />

Sowjetunion. So hätten sich „maßgebliche Stellen <strong>der</strong> sowjetzonalen<br />

Archivverwaltung“ gegenüber den Gästen aus <strong>der</strong> Bundesrepublik bereit erklärt, das<br />

„in Potsdam lagernde Material gegen an<strong>der</strong>e in Westdeutschland befindliche Archive<br />

auszutauschen“. 176 Tatsächlich erfolgte darauf eine Rückgabe von Archivalien an das<br />

Archiv in Lübeck.<br />

Der Grund für die Ablehnung Berlins als Tagungsort für den 33. Archivtag 1954 ist<br />

nicht nur dem Gesamtverein deutscher Geschichts- und Altertumsvereine<br />

zuzuschreiben. Eine weitere Begründung für die Wahl Goslars findet sich in einem<br />

Schreiben Dr. Santes an Dr. Winkler vom 13. Mai 1954. Darin heißt es, dass die<br />

Wahl auf Goslar gefallen war, da <strong>der</strong> VdA die Reisezuschüsse des Bundes benötigte,<br />

um die „Kollegen aus <strong>der</strong> Sowjetzone in gewünschter größerer Zahl“ 177 auf dem<br />

Archivtag begrüßen zu können. Daraufhin bat Winkler Sante die Zuschüsse für die<br />

Reisekosten zu beantragen, da Sante bereits die „entsprechenden Wege und<br />

Kanäle“ 178 kannte und somit wahrscheinlich eher den gewünschten Zuschuss<br />

erhalten könne.<br />

Für diesen 33. Archivtag in Goslar waren keine Einladungen an die DDR-Archivare<br />

vorgesehen, da die verantwortlichen Archivare des Stadtarchivs Goslar über private<br />

Bekanntschaften erfahren hatten, dass die DDR in jenem Jahr eine Delegation aller<br />

Staatsarchivdirektoren und eines wissenschaftlichen Beamten dieser Archive<br />

entsenden wolle. 179 Tatsächlich bestand diese Delegation aus 18 Archivare. Des<br />

Weiteren reisten mehrere Stadt- und Wirtschaftsarchivare und Historiker an, so dass<br />

insgesamt 40 Wissenschaftler aus <strong>der</strong> DDR am Archivtag und <strong>der</strong><br />

Hauptversammlung des Gesamtvereins teilnahmen. 180<br />

175<br />

Vgl. Bericht Dr. Lötzke für die Staatliche Archivverwaltung vom 03.12.1953 in: BA Dahlewitz-<br />

Hoppegarten, DO1/22.0/1961, o.Bl.<br />

176<br />

„Archivschätze – in <strong>der</strong> Orangerie – Austausch zwischen Westdeutschland und <strong>der</strong> Sowjetunion“<br />

in: <strong>Die</strong> Welt (Hamburg), Nr. 290, 12.12. 1953, S.3.<br />

177<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/8 Bl. 47.<br />

178<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/89 Bl.48.<br />

179<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/87 Bl. 119.<br />

180<br />

Vgl. Bericht von H. Lötzke in: Archivmitteilungen, Nr. 4, 1954, S.73.<br />

52


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Neben den Referaten stand auf diesem Archivtag die deutsch-deutsche<br />

Zusammenarbeit <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund. Schon in seiner Begrüßungsrede sprach Winkler<br />

den Wunsch aus, den Archivtag als reine Fachtagung zu betrachten und somit<br />

jegliche politische Diskussion zu vermeiden. Als Vertreter <strong>der</strong> Delegation aus <strong>der</strong><br />

DDR richtete auch Dr. Lötzke ein paar Worte an die Tagungsteilnehmer. In seiner<br />

Rede ging er auf die Probleme ein, die das Archivwesen in beiden deutschen Staaten<br />

noch hatte und die seiner Meinung nach nur gemeinsam gelöst werden konnten.<br />

Dabei bezog er sich auf die Gespräche, die er mit den Gästen aus <strong>der</strong> BRD <strong>im</strong><br />

November 1953 geführt hatte. Er nannte beispielhaft den Austausch von Archivalien,<br />

die Wie<strong>der</strong>aufnahme eines Leihverkehrs von Archiv zu Archiv und die Ausarbeitung<br />

eines Entwurfs für die deutsche archivarische Berufssprache. Lötzke zeigte sich<br />

bestürzt über das Faktum, dass es in Westdeutschland noch viele wissenschaftliche<br />

Kreise gäbe, die über das Archivwesen in <strong>der</strong> DDR nicht informiert waren. Um dies<br />

zu än<strong>der</strong>n, lud er erneut und nun öffentlich seine Kollegen aus <strong>der</strong> Bundesrepublik<br />

ein, die Archive in <strong>der</strong> DDR zu besuchen und damit die Zusammenarbeit zu för<strong>der</strong>n.<br />

Als wichtiger Vortrag ist hier <strong>der</strong> Beitrag von Prof. Dr. H.O. Meisner über „Archive<br />

und Bibliotheken“ zu nennen. Damit wurden die Bibliothekare, die ebenfalls <strong>der</strong><br />

Einladung nach Goslar gefolgt waren, direkt in das Programm des <strong>Archivtage</strong>s<br />

einbezogen.<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach einem Entwurf für eine deutsche archivarische<br />

Berufssprache wurde auf dem Archivtag ein Ausschuss für deutsche Archivsprache<br />

gegründet, dem auch H.O. Meisner angehörte. <strong>Die</strong>ser Ausschuss sollte bis zum<br />

nächsten Archivtag 1955 eben diesen gefor<strong>der</strong>ten Entwurf anfertigen. 181<br />

Der 34. Deutsche Archivtag 1955 in Augsburg wurde erneut dazu genutzt, die<br />

Verbesserungen <strong>im</strong> Verhältnis zwischen den Archivaren in Ost und West<br />

aufzuzeigen. Abermals war eine offizielle Delegation <strong>der</strong> Staatlichen<br />

Archivverwaltung entsandt worden. Daneben reisten Archivare an, die als Gäste des<br />

VdA begrüßt wurden. 182 Dr. Helmut Lötzke erhielt wie <strong>im</strong> letzten Jahr die<br />

Möglichkeit zu einer Begrüßungsrede. Er sprach davon, dass die Teilnahme <strong>der</strong><br />

Vertreter des Archivwesens <strong>der</strong> DDR an den <strong>Archivtage</strong>n schon zu einer gewissen<br />

Tradition geworden sei. Erfreut konnte er feststellen, dass sich die Situationen,<br />

welche durch Lötzke <strong>im</strong> vorangegangenen Jahr noch kritisiert worden waren,<br />

181 Vgl. Der Archivar, 7.Jg., 1954, Nr. 4.<br />

182 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/88 Bl. 09.<br />

53


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

verbessert hatten. So verständigten sich <strong>im</strong>mer mehr Archive mittels eines<br />

schriftlichen Austausches und die Zahl <strong>der</strong> wechselseitigen Besuche war ebenfalls<br />

angestiegen. <strong>Die</strong> verstärkte Zusammenarbeit fand auch in einem gemeinsamen<br />

Verzeichnis aller deutschen und österreichischen Archivare ihren Nie<strong>der</strong>schlag.<br />

Daneben stehe die erfolgreiche Arbeit des gemeinsamen Ausschusses für die<br />

archivarische Berufssprache, <strong>der</strong> seine Ergebnisse auf dem 34. Archivtag<br />

vorstellte. 183 Seinen Diskussionsentwurf teilte Meisner in folgendende sechs Punkte<br />

ein: I. Archivwissenschaft, II. Archiv, III. Hauptarchivalien, insbeson<strong>der</strong>e die<br />

archivalische Natur des Briefes, IV. Bestand, Archivkörper, Fond, V.<br />

Ordnungsgrundsätze, VI. Fundbehelfe. Als ein Hauptkriterium für ein Verzeichnis<br />

deutscher Archivterminologie nannte Meisner die tatsächliche Gemeinsamkeit <strong>der</strong><br />

Sprache. So gäbe es z.B. in einigen Gegenden bzw. Bundeslän<strong>der</strong>n ganz<br />

unterschiedliche Bezeichnungen für Findmittel. Damit diese vereinheitlicht werden<br />

können, müsse jedes große Archivland seine geläufigen Begriffe sammeln, damit<br />

diese verglichen werden könnten. 184 Für die sich anschließende Diskussion schlug<br />

Dr. Meinert als Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kommission für Archivsprache vor, dass sich die<br />

Teilnehmer auf drei Diskussionspunkte beschränken sollten, u.a. sollte über den<br />

Begriff „Fond“ diskutiert werden. Beson<strong>der</strong>s Dr. Papritz, <strong>der</strong> kein Mitglied <strong>der</strong><br />

Kommission war, übte Kritik an einigen Stellen des Entwurfes. <strong>Die</strong> vor dem Zweiten<br />

Weltkrieg einheitlich verabschiedete Berufssprache sei fehlerhaft gewesen und sie<br />

habe sich nicht durchgesetzt. Solch ein Fehler sollte seiner Meinung nach nicht noch<br />

einmal begangen werden. Ein neuer Versuch eine Berufssprache zu entwickeln, sei<br />

auch zeitraubend und schwierig.<br />

In seinem Schlusswort bedauerte Meisner die Tatsache, dass Papritz nicht in <strong>der</strong><br />

Kommission mitgearbeitet habe und sprach den Wunsch aus, Papritz solle doch<br />

beitreten. Nach dem auch Dr. Meinert nochmals Dr. Papritz bat, sich an <strong>der</strong> Arbeit<br />

<strong>der</strong> Kommission zu beteiligen, bat dieser um eine genaue Darstellung seiner<br />

gewünschten Arbeit, damit er seine Ansichten dazu schriftlich darlegen könne. <strong>Die</strong><br />

Diskussion wurde mit dem Hinweis, dass die weitere Erörterung in den<br />

Fachzeitschriften fortgesetzt werde, geschlossen. 185<br />

183<br />

Vgl. BA Dahlewitz-Hoppegarten, „Begrüßungsansprache zum 34. <strong>Deutschen</strong> Archivtag in<br />

Augsburg“, DO 6 / 354, o.Bl.<br />

184<br />

Vgl. Meisner, H.O. „ Über einige Fragen <strong>der</strong> deutschen Archivberufssprache“ in: „Der Archivar“,<br />

8. Jg., 1955, Nr. 4, Sp. 347-360.<br />

185<br />

Vgl. Der Archivar, 8. Jg., 1955, Nr. 4, Sp. 359-362.<br />

54


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Am zweiten Tagungstag fanden die üblichen Mitglie<strong>der</strong>versammlungen des VdA<br />

statt. <strong>Die</strong> drei anwesenden Mitglie<strong>der</strong> aus <strong>der</strong> DDR, Prof. Kretzschmar, Prof. Flach<br />

und Prof. Meisner, nahmen ebenfalls daran teil. <strong>Die</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

beschäftigte sich vor allem mit drei Hauptthemen. Das erste betraf die Organisation<br />

des <strong>Archivtage</strong>s. Es war schon in Goslar und Bremen dazu gekommen, dass für<br />

ausführliche Diskussionen <strong>im</strong> Anschluss an Referate nicht genügend Zeit vorhanden<br />

war. Nach einer Diskussion entschieden sich die Teilnehmer für die Festlegung eines<br />

neuen Verfahrens für zukünftige <strong>Archivtage</strong>. Der erste Veranstaltungstag sollte<br />

geteilt werden, um <strong>im</strong> ersten Teil ein Hauptreferat zu ermöglichen, welches <strong>im</strong><br />

Anschluss ausführlich diskutiert werden konnte. In dem zweiten Teil sollten dann<br />

Referate gehalten werden, allerdings nicht mehr vor dem Plenum, son<strong>der</strong>n in<br />

Fachgruppensitzungen stattfänden.<br />

Der zweite Diskussionspunkt innerhalb <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung setzte sich mit<br />

dem nächsten Tagungsort des <strong>Archivtage</strong>s auseinan<strong>der</strong>. 1956 würde aufgrund des<br />

internationalen Archivkongresses in Florenz kein Archivtag in Deutschland<br />

stattfinden. Daher suchte man für 1957 einen Veranstaltungsort. Prof. Meisner schlug<br />

für jenes Jahr erneut Berlin als Tagungsort vor, worauf die Teilnehmer dieser<br />

Anregung zust<strong>im</strong>mten. 186<br />

Thema des dritten Punktes waren Fragen über die gesamtdeutsche Arbeit des VdA.<br />

So gab es angeblich St<strong>im</strong>men, die in den Tagungen des VdA eine westdeutsche<br />

Angelegenheit sahen und die Archivare aus <strong>der</strong> DDR als Gäste. Jedoch wollten sich<br />

die Vertreter des DDR-Archivwesens nicht nur als Gäste sehen. 187 Daher stellte<br />

Hellmut Kretzschmar den Antrag, auch jüngere Kollegen aus <strong>der</strong> DDR, die keine<br />

langjährigen Mitglie<strong>der</strong> des VdA waren, eine Son<strong>der</strong>form <strong>der</strong> Mitgliedschaft z.B. als<br />

Arbeitsgemeinschaft anzubieten. <strong>Die</strong> entgültige Entscheidung wurde auf 1957<br />

vertagt. Dort wurde <strong>der</strong> Antrag allerdings abgelehnt. 188<br />

Des Weiteren wurde <strong>der</strong> Vorschlag gebracht, dass <strong>im</strong> Rahmen einer geplanten<br />

Historiker-Gesellschaft in <strong>der</strong> DDR die Archivare eine Sektion erhalten sollten. An<br />

<strong>der</strong>en Spitze sollte ein gewählter Ausschuss stehen, welcher mit <strong>der</strong> westdeutschen<br />

Berufsorganisation, d.h. dem VdA, in Verbindung stünde. <strong>Die</strong> Sektion <strong>der</strong> Archivare<br />

<strong>der</strong> DDR hätte somit eine Selbstständigkeit in allen Belangen, wie Mitgliedsbeiträge<br />

186<br />

Vgl. BA Dahlewitz-Hoppegarten, „Bericht über den 34. <strong>Deutschen</strong> Archivtag in Augsburg“,<br />

DO6/ 354, o.Bl.<br />

187<br />

Vgl. ebd., sowie Der Archivar, 8. Jg., 1955, Nr. 4, Sp. 341 – 348.<br />

188<br />

Vgl. Re<strong>im</strong>ann, N. „50 Jahre Verein deutscher Archivare“ S. 8 in: „50 Jahre Verein deutscher<br />

Archivare“, Siegburg, 1998.<br />

55


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

und eigene wissenschaftliche Tagungen. Wie die westlichen Mitglie<strong>der</strong> auf diesen<br />

Vorschlag reagierten, ist lei<strong>der</strong> nicht nachzuweisen. 189<br />

Auf <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung des VdA 1955 sprachen sich die Teilnehmer nach<br />

<strong>der</strong> Nichtbestätigung von 1947 erneut für Berlin als Tagungsort aus. Jedoch sträubte<br />

sich <strong>der</strong> Vorstand des VdA gegen diese Festlegung. Dr. Winkler schrieb<br />

beispielsweise an Vorstandsmitglied Prof. Dr. G. Freiherr von Pölnitz, dass Berlin<br />

für den Archivtag keinesfalls in Fragen kommen könne, wenn man „nicht mit einem<br />

großen Fiasko und dazu vielleicht mit allerlei politischen Scherereien rechnen“<br />

wolle. 190 In einem weiteren Schreiben begründete Winkler gegenüber Pölnitz seine<br />

Meinung erneut. „<strong>Die</strong> Durchführung des <strong>Archivtage</strong>s ´57 in Berlin entsprechend dem<br />

Augsburger Beschluß erschien dabei dem Vorstand [ Anmerkung: des VdA] nach <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> Dinge in <strong>der</strong> Zwischenzeit, nach bisher gemachten Erfahrungen mit<br />

an<strong>der</strong>en Tagungen und namentlich auch aus Gründen organisatorischer Art nicht<br />

möglich und wurde einst<strong>im</strong>mig aufgegeben.“ 191 Welche Entwicklungen Winkler<br />

genau ansprach ist einfach nachzuweisen. Es lässt vermuten, dass er die Anweisung<br />

„über die weitere Entwicklung des staatlichen Archivwesens in <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong><br />

Demokratischen Republik“ 192 meinte, welche <strong>im</strong> Juni 1957, kurz vor <strong>der</strong> zweiten<br />

Tagung <strong>der</strong> Archivare <strong>der</strong> DDR, vom Ministerium des Innern erlassen wurde. Mit<br />

dieser Anweisung wollte das MdI unter an<strong>der</strong>em die „Verbesserung <strong>der</strong> ideologisch-<br />

politischen Leitung <strong>der</strong> Staatsarchive und ihrer Mitarbeiter durch die Staatliche<br />

Archivverwaltung hinsichtlich ... <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Archivwissenschaft zu einer<br />

wissenschaftlichen Disziplin“ erreichen, welche „frei wird von kapitalistischen<br />

Anschauungen, die die Erfahrungen auf dem Gebiete des Archivwesens des<br />

sozialistischen Lagers voll anwendet und damit die Überlegenheit des staatlichen<br />

Archivwesens <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik gegenüber Westdeutschland<br />

zum Ausdruck bringt.“ 193<br />

In diesem Beschluss gab es Anweisungen zu vier Punkten des Archivwesens. Neben<br />

„Forschung und Veröffentlichungen“, „Organisation und Grundsatzfragen“, „Ka<strong>der</strong><br />

189<br />

Vgl. BA Dahlewitz-Hoppegarten, „Bericht über den 34. <strong>Deutschen</strong> Archivtag in Augsburg“, DO6/<br />

354, o.Bl.<br />

190<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/87 Bl. 21.<br />

191<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/87 Bl. 32.<br />

192<br />

„Beschlussvorlage für das Kollegium des Ministeriums des Innern über die weitere Entwicklung<br />

des staatlichen Archivwesens in <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“ S.1 in: BA Dahlewitz-<br />

Hoppegarten, DO1/22.0/3170, o.Bl.<br />

193<br />

Ebd.<br />

56


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

und Ausbildung“ wurden auch <strong>der</strong> Punkt „Internationale Beziehungen und<br />

Beziehungen zu Westdeutschland“ geregelt. 194<br />

Hinsichtlich <strong>der</strong> Beziehungen zu Westdeutschland hatte die Staatliche<br />

Archivverwaltung dafür zu sorgen, dass „ vorhandene Unklarheiten und<br />

Schwankungen bei den Direktoren und Mitarbeitern <strong>der</strong> Staatsarchive beseitigt<br />

werden und sie bei ihren Entscheidungen grundsätzlich davon ausgehen, daß es ein<br />

einheitliches deutsches Archivwesen nicht gibt und notwendige Verbindungen<br />

zwischen den Staatsarchiven <strong>der</strong> DDR und den Archiven in Westdeutschland von <strong>der</strong><br />

Politik <strong>der</strong> Regierung <strong>der</strong> DDR und den Aufgaben des sozialistischen Archivwesens<br />

<strong>der</strong> DDR best<strong>im</strong>mt sein müssen.“ 195 Des Weiteren sollten die Verbindungen zu den<br />

westdeutschen Archiven „ ... hauptsächlich dazu dienen, die Forschungen zur<br />

Geschichte <strong>der</strong> deutschen Arbeiterbewegung, die Wi<strong>der</strong>legung <strong>der</strong> westdeutschen<br />

pseudowissenschaftlichen Geschichtsschreibung und die Ergänzung <strong>der</strong><br />

Archivinventare zu unterstützen.“ 196 <strong>Die</strong> Benutzung <strong>der</strong> Staatsarchive <strong>der</strong> DDR für<br />

Westdeutsche Archivare und Nutzer sollte eingeschränkt werden „und jede<br />

missbräuchliche und gegen die Interessen ... “ <strong>der</strong> „ ... Arbeiter- und Bauern-Macht<br />

sich auswirkende Benutzung“ 197 zu unterbinden. Der letzte Punkt befasste sich mit<br />

den <strong>Archivtage</strong>n und dem VdA. „<strong>Die</strong> Teilnahme an westdeutschen Fachtagungen ist<br />

von Fall zu Fall in Übereinst<strong>im</strong>mung mit dem Ministerium des Innern zu<br />

entscheiden. Eine Mitgliedschaft von Direktoren und Mitarbeitern <strong>der</strong> Staatsarchive<br />

in Kommissionen und westdeutschen Vereinen für Archivare ist nicht zu<br />

gestatten.“ 198 Durch diesen Erlass wurden innerhalb kürzester Zeit die Ergebnisse<br />

und Bemühungen <strong>der</strong> Archivare in <strong>der</strong> DDR und <strong>der</strong> Bundesrepublik zunichte<br />

gemacht. Ebenso wi<strong>der</strong>sprach es den Zielen <strong>der</strong> Archivare, da diese <strong>im</strong>mer, und nicht<br />

ohne Stolz, von sich sagen konnten, sie hätten durch die <strong>Archivtage</strong> die<br />

Zusammenarbeit in Ost und West geför<strong>der</strong>t.<br />

Trotz dieses Einschnitts entsandte die STAV erneut eine Delegation zum 35.<br />

Archivtag, welcher nach <strong>der</strong> Ablehnung Berlins in Koblenz stattfand. Dort fand <strong>der</strong><br />

Beschluss <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung des <strong>Archivtage</strong>s 1955 zum ersten Mal<br />

Anwendung. Demnach stand <strong>der</strong> Archivtag 1957 unter dem zentralen Thema<br />

194 „Beschlussvorlage für das Kollegium des Ministeriums des Innern über die weitere Entwicklung<br />

des staatlichen Archivwesens in <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“ S.1 in: BA Dahlewitz-<br />

Hoppegarten, DO1/22.0/3170., o.Bl.<br />

195 Ebd. S. 8.<br />

196 Ebd. S. 9.<br />

197 Ebd.<br />

198 Ebd.<br />

57


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

„Mo<strong>der</strong>nes Schriftgut, Kassationsprobleme“. Hierzu hielt Oberarchivrat Dr. Wilhelm<br />

Rohr vom Bundesarchiv Koblenz einen Vortrag zum Thema „Problematik des<br />

mo<strong>der</strong>nen Archivwesens“. Ihm folgten noch weitere Korreferate, die das Hauptthema<br />

weiter ausführten.<br />

Während des <strong>Archivtage</strong>s wurde von den Tagungsteilnehmern <strong>der</strong> neue Archivbau<br />

des Bundesarchivs in Koblenz besucht. In <strong>der</strong> Jahresversammlung des VdA, welche<br />

ebenfalls während des <strong>Archivtage</strong>s abgehalten wurde, wählten die Mitglie<strong>der</strong> einen<br />

neuen Vorstand. Vorsitzen<strong>der</strong> des VdA wurde Prof. Dr. Georg Sante, <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong><br />

hessischen Landesarchivverwaltung. 199<br />

Zum 36. <strong>Deutschen</strong> Archivtag trafen sich die Archivare in Konstanz. <strong>Die</strong> DDR<br />

wurde in jenem Jahr nur von einer kleinen Delegation vertreten. Durch die Nähe zu<br />

den deutschsprachigen Nachbarlän<strong>der</strong>n Österreich und Schweiz waren auf diesem<br />

36. Archivtag überdurchschnittlich viele Vertreter dieser beiden Län<strong>der</strong> als Gäste<br />

anwesend.<br />

Das Hauptthema des <strong>Archivtage</strong>s war „Wirtschaftsgeschichte und Wirtschafts- und<br />

Werksarchive“. Nach den Vorträgen zu diesem Thema erläuterte Dr. Gringmuth-<br />

Dallmer <strong>im</strong> Rahmen einer Diskussion den Aufbau des Archivwesens <strong>der</strong><br />

volkseigenen Wirtschaft in <strong>der</strong> DDR. In <strong>der</strong> sich anschließenden Jahresversammlung<br />

des VdA ging Sante in seinem Bericht auf die fachlichen Beziehungen zum<br />

Archivwesen <strong>der</strong> DDR ein und sprach den Wunsch aus, dass es auch weiterhin ein<br />

gute Zusammenarbeit zwischen den Archivaren in <strong>der</strong> DDR und in <strong>der</strong> BRD geben<br />

werde.<br />

<strong>Die</strong>se Hoffnung wurde jedoch zwei Wochen später scheinbar zerstört, als<br />

Tagungsteilnehmer aus <strong>der</strong> DDR auf dem Trierer Historikertag 1958 für Aufsehen<br />

sorgten. 200<br />

199 Vgl. Bericht von H. Lötzke in: Archivmitteilungen Nr. 4, 1957, S. 151.<br />

200 Vgl. Der Archivar, 11. Jg., 1958, Nr. 4, Sp. 274 – 284.<br />

58


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

3.4 <strong>Die</strong> innerdeutsche Abgrenzung<br />

Im September 1958 kam es auf dem Trierer Historikertag zu einem Eklat, <strong>der</strong> zwar<br />

mit den <strong>Archivtage</strong>n nicht direkt in Verbindung stand, diese und die Beziehungen<br />

zwischen den Archivaren <strong>der</strong> DDR und BRD jedoch indirekt beeinflusste.<br />

So sahen die Teilnehmer auf dem gesamten Historikertag unschönen Szenen, als den<br />

Gästen aus <strong>der</strong> DDR wie<strong>der</strong>holt die Redeerlaubnis verweigert wurde, wenn diese<br />

sich zu Wort meldeten. Ausschlaggebend dafür war eine Äußerung des Vorsitzenden<br />

des Verbandes Deutscher Historiker, Prof. Aubin, in seiner Eröffnungsrede. Er<br />

wandte sich deutlich gegen die „gewaltsame Zerreisung <strong>der</strong> Einheit deutscher<br />

Wissenschaft durch die sowjetzonalen Behörden“. <strong>Die</strong>se sei Ergebnis <strong>der</strong><br />

Blockierung <strong>der</strong> Annahme von Forschungsaufträgen, <strong>der</strong> Mitarbeit in <strong>der</strong><br />

Historischen Zeitschrift und Berufungen von Gelehrten <strong>der</strong> DDR auf Lehrstühle in<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik gewesen. Daneben wurde Gelehrten <strong>der</strong> Doktorgrad aus<br />

politischen Gründen aberkannt. Auch die Gründung <strong>der</strong> eigenen<br />

Historikergesellschaft wurde von Aubin abgelehnt. 201 In <strong>der</strong> Abteilung<br />

„Osteuropäische Geschichte“ kam es dann zu einem Eklat. Nach dem Vortrag von<br />

Professor Dr. G. Stökl meldete sich <strong>der</strong> Rektor <strong>der</strong> Martin-Luther-Universität Halle-<br />

Wittenberg, Professor Dr. Leo Stern, zu Wort. Der Vorsitzende, Professor Dr. von<br />

Reuth, wies jedoch Stern darauf hin, dass nach „verschiedenen unliebsamen<br />

Vorkommnissen Gespräche mit Vertretern <strong>der</strong> Ostzone nicht erwünscht seien“. 202<br />

Damit bezog er sich auf den Beitrag von Frau Dr. Welskopf-Henrich, Mitglied <strong>der</strong><br />

DDR-Delegation, die nach <strong>der</strong> Rede Aubins versucht hatte, einen politischen Vortrag<br />

zu halten. Nachdem Stern trotz seiner Beschwerden kein Re<strong>der</strong>echt erhielt, verließ er<br />

mit drei Kollegen den Saal. In den Abteilungssitzungen „Kirchen- und<br />

Zeitgeschichte“ kam es zu ähnlichen Zwischenfällen. Dort meldeten sich Prof.<br />

Schilfert und Engelberg zu Wort. Mit dem Hinweis, er versuche entgegen dem<br />

internationalen wissenschaftlichen Brauch einen nicht auf das Diskussionsthema<br />

bezogenen Beitrag einzubringen, wurde Prof. Schilfert das Wort entzogen. Prof.<br />

Engelberg wollte sich in seinem Beitrag noch einmal auf die Rede Aubins beziehen<br />

und wurde deswegen unterbrochen. Daraufhin verließen auch sie den jeweiligen<br />

Saal. Unter Protest verließ die 23 Mitglie<strong>der</strong> zählende Delegation <strong>der</strong> DDR den<br />

201 Vgl. Der Archivar, 11. Jg. 1958, Nr. 4, Sp. 346.<br />

202 „Vertreter <strong>der</strong> Sowjetzone wollten sprechen“ in: Trierischer Volksfreund, 26. 09.1958, 83. Jg.<br />

Nummer 223, S. 1.<br />

59


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Kongress und ließ dem Vorstand des Historikerverbandes zwei Schreiben<br />

zukommen, in denen gegen die „Verletzung <strong>der</strong> Gastfreundschaft durch die am<br />

Eröffnungstag ... vorgelesene Erklärung des Verbandes“ 203 protestiert wurde. In<br />

dieser Erklärung hatte es <strong>der</strong> Verband abgelehnt, mit „Trägern eines Kurses<br />

Gespräche zu führen, <strong>der</strong> die Wissenschaft politischen Zwecken dienstbar gemacht<br />

hätte.“ 204 Weiter war zu lesen, dass sich die Historiker bei<strong>der</strong> deutscher Staaten<br />

gegenüber stehen würden und zwei entgegengesetzte politische Perspektiven<br />

vertreten. „Frieden, Demokratie und Sozialismus auf <strong>der</strong> einen, Imperialismus,<br />

Militarismus und Krieg auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite.“ 205 Darauf verfasste <strong>der</strong><br />

Historikerverband eine Erklärung, die sich auf die Schreiben <strong>der</strong> DDR Delegation<br />

bezog. In dieser hieß es, dass den Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Delegation keineswegs von<br />

vornherein das Wort entzogen worden war. <strong>Die</strong>s geschah erst, als sie nicht zu den<br />

jeweiligen Themen sprachen o<strong>der</strong> politische Erklärungen verlesen wollten. <strong>Die</strong><br />

wissenschaftliche Diskussion sollte nicht unterbunden werden, doch wollten sich die<br />

Verantwortlichen ihre Tagung nicht durch politische Propaganda stören lassen. 206<br />

In <strong>der</strong> DDR fiel die Reaktion auf die Vorkommnisse hart aus, wie ein Artikel in <strong>der</strong><br />

Zeitschrift „Neues Deutschland“ vom 27. September 1958 deutlich zeigte. Unter <strong>der</strong><br />

Schlagzeile „DDR-Historiker am Reden gehin<strong>der</strong>t!“ konnte folgendes gelesen<br />

werden: „ Wissenschaftler aus <strong>der</strong> DDR erlebten auf <strong>der</strong> am Donnerstag eröffneten<br />

Jahrestagung des westdeutschen Verbandes <strong>der</strong> Historiker eine Behandlung, die von<br />

<strong>der</strong> verständigungsfeindlichen Politik des Lemmer – Ministeriums 207 und <strong>der</strong><br />

Zentrale für psychologische Kriegsführung <strong>im</strong> Bonner Kriegsministerium best<strong>im</strong>mt<br />

ist. Schon bei Eröffnung <strong>der</strong> Konferenz verungl<strong>im</strong>pfte <strong>der</strong> Vorsitzende des<br />

Verbandes, Prof. Dr. Hermann Aubin (Freiburg) die <strong>im</strong> März in <strong>der</strong> DDR gegründete<br />

Deutsche Historiker-Gesellschaft und die DDR überhaupt. Trotz <strong>der</strong> Anwesenheit<br />

von Gästen aus <strong>der</strong> DDR behauptete er – angeblich <strong>im</strong> Namen des gesamten<br />

westdeutschen Verbandes – die Verbindungen <strong>der</strong> Wissenschaftler würden durch die<br />

Gründung <strong>der</strong> Historiker-Gesellschaft in <strong>der</strong> DDR zerschnitten. Sein Angriff ließ<br />

203<br />

„Abschluß <strong>der</strong> Historiker-Tagung“ in: Trierischer Volksfrund, 29.09.1958, 83. Jg, o.S.<br />

204<br />

„Vertreter <strong>der</strong> Sowjetzone wollten sprechen“ in: Trierischer Volksfreund, 26. 09.1958, 83. Jg.<br />

Nummer 223, S. 1.<br />

205<br />

Der Archivar, 11. Jg. 1958, Nr. 4, Sp. 346.<br />

206<br />

„Abschluß <strong>der</strong> Historiker-Tagung“ in: Trierischer Volksfreund, 29.09.1958, 83. Jg. o.S.<br />

207<br />

Gemeint war das Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen. Bundesminister war von 1957 bis<br />

1962 Ernst Lemmer, daher Lemmer-Ministerium aus: „Meyers enzyklopädischen Lexikon“, Band<br />

14“, 1975, S. 804.<br />

60


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

erkennen, daß <strong>der</strong> westdeutsche Verband durch sein Verhalten dazu beitragen will,<br />

die gesamtdeutschen Verbindungen <strong>der</strong> Wissenschaftler zu stören. Als <strong>der</strong> Rektor <strong>der</strong><br />

Martin-Luther-Universität in Halle, Nationalpreisträger Prof. Dr. Stern, am<br />

Donnerstagnachmittag auf <strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> Sektion für Osteuropäische Geschichte zu<br />

einer Erklärung ums Wort bat, wurde ihm dies vom Vorsitzenden <strong>der</strong> Sektion Prof.<br />

Dr. von Rauch, dem Verfasser <strong>der</strong> antisowjetischen „Geschichte des<br />

bolschewistischen Russland“, mit <strong>der</strong> absurden Feststellung verweigert, dies sei<br />

nicht <strong>der</strong> richtige Ort. Prof. Stern und an<strong>der</strong>e Wissenschaftler aus <strong>der</strong> DDR sahen<br />

sich dadurch gezwungen, die Tagungsräume als Ausdruck ihres Protestes zu<br />

verlassen. Auch in an<strong>der</strong>en Sektionen wurden die Teilnehmer aus <strong>der</strong> DDR<br />

behin<strong>der</strong>t.“ 208<br />

<strong>Die</strong>ser Zwischenfall zeigt deutlich den Konflikt <strong>im</strong> geteilten Deutschland. Offiziell<br />

wurde zu diesem Zeitpunkt die deutsche Wie<strong>der</strong>vereinigung noch angestrebt, doch<br />

durch die Westintegration <strong>der</strong> Bundesrepublik, die Hallstein-Doktrin und den damit<br />

zusammenhängenden Alleinvertretungsanspruch 209 schien die Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

<strong>im</strong>mer unwahrscheinlicher zu werden. Auch nahm die Politik auf Seiten <strong>der</strong> DDR<br />

<strong>im</strong>mer größeren Einfluss auf die Wissenschaft in <strong>der</strong> DDR, das Archivwesen sowie<br />

Geschichtswissenschaft.<br />

<strong>Die</strong> Vorkommnisse des Trierer Historikertages scheinbar ignorierend wurden wie in<br />

jedem vorrangegangenen Jahr Einladungen an Archive und Archivare <strong>der</strong> DDR<br />

verschickt. Laut einer Anweisung des VdA wurden Einladungen an „die deutschen<br />

Archivare, wie sie <strong>im</strong> ‚Verzeichnis <strong>der</strong> Archivare’... gedruckt sind.“ 210 Dabei sollten<br />

keine Unterschiede zwischen Ost und West gemacht werden. <strong>Die</strong> STAV sollte direkt<br />

von Dr. Sante eingeladen werden. Erneut stellte sich die Frage, ob ein Reisezuschuss<br />

für die etwaigen Gäste aus <strong>der</strong> DDR gestellt werden sollte. So erfuhr Sante<br />

persönlich von Dr. Höhnel, dass abgesehen von einer offiziellen Delegation keine<br />

weiteren Archivare nach Osnabrück reisen sollten. Es sei den Archivaren verboten<br />

gewesen, den Urlaub in <strong>der</strong> Bundesrepublik zu verbringen. Trotzdem beantragte<br />

Sante doch 1.000 DM an Zuschüssen. Doch das Geld wurde nicht gebraucht, denn so<br />

wie es Höhnel angekündigt hatte, reiste nur eine Delegation zum Archivtag an. 211<br />

208 „DDR-Wissenschaftler am Reden gehin<strong>der</strong>t“ in „Neues Deutschland“, Nr. 233, 27.9.1958,<br />

S. 4 in: BA Dahlewitz-Hoppegarten, DO1/22.0/2062, o.Bl.<br />

209 Siehe Anhang S. 91.<br />

210 HStA Düsseldorf, RW 29/91 Bl. 171.<br />

211 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/91 Bl. 173.<br />

61


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Das Thema des 37. Archivtag lautete „Karten <strong>im</strong> Archiv“. Daneben stand <strong>der</strong> 60.<br />

Jahrestag des ersten <strong>Archivtage</strong>s in Straßburg <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund. Das Historische trat<br />

durch die Tradition, alle zwei Jahre zusammen mit dem Gesamtverein deutscher<br />

Geschichts- und Altertumsvereine zu tagen stark in den Vor<strong>der</strong>grund.<br />

Im Vorfeld des <strong>Archivtage</strong>s in Essen 1960 gab es erneut eine heftige Diskussion, ob<br />

die Kollegen aus <strong>der</strong> DDR eingeladen werden sollten. Auf einer Vorstandssitzung<br />

des VdA am 22. September 1959 verkündete Dr. Sante erfreut, dass sich erneut eine<br />

Delegation aus <strong>der</strong> DDR unter „<strong>der</strong> Führung und Aufsicht“ 212 von Dr. Höhnel für<br />

den Archivtag angemeldet habe. Allerdings habe er von dritter Seite erfahren, dass<br />

zu diesem Zeitpunkt die „1. Garnitur“ des Archivwesens ins Ausland und die „2.<br />

Garnitur“ 213 in die Bundesrepublik entsandt wurde. Es gab jedoch Bedenken gegen<br />

die Teilnahme dieser Delegation und so warnte Freiherr v. Pölnitz vor<br />

Zwischenfällen, wie sie auf dem Trierer Historikertag 1958 stattgefunden hatten.<br />

Dem entgegnete Sante, dass er auf dem Archivtag in Koblenz 1957 eine<br />

Vereinbarung mit Höhnel und Lötzke getroffen habe, nach <strong>der</strong> beide Seiten auf eine<br />

gegenseitige Begrüßungen unter „<strong>Deutschen</strong> diesseits und jenseits des Eisernen<br />

Vorhangs“ 214 verzichten wollten. In dieser Vereinbarung sah Sante das beste Mittel,<br />

den „Herren aus <strong>der</strong> S-Zone von vornherein keine Möglichkeit zu Propagandareden<br />

zu geben“ und es gestatte ihnen „sich zu Hause mit mangelnden Gelegenheiten zu<br />

entschuldigen“. 215 Auch unterbreitete er den Vorschlag, nur den Regierungsvertreter<br />

des gastgebenden Bundeslandes namentlich zu begrüßen, denn so könnte die<br />

„sogenannte DDR nach dem Vorbild <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong> unerwähnt“ 216 bleiben. Auch<br />

über die kommende Jahreshauptversammlung des Gesamtvereins wurde diskutiert.<br />

Bei dieser Veranstaltung sah man ebenfalls mehrere Möglichkeiten für „östliche<br />

Propagandareden“. 217 Dazu wurde vorgeschlagen, dass „zwei Herren aus dem<br />

Plenum“ <strong>im</strong> Falle einer „östlichen Attaque“ anstelle des Vorsitzenden antworten, um<br />

diesen die unangenehme Lage Aubins in Trier zu ersparen. 218<br />

Doch nicht nur die Mitglie<strong>der</strong> des VdA-Vorstandes sahen <strong>der</strong> Teilnahme <strong>der</strong> DDR-<br />

Archivare mit gemischten Gefühlen entgegen. Auch Verantwortliche in Essen<br />

212<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 284+285.<br />

213<br />

Ebd.<br />

214<br />

Ebd.<br />

215<br />

Ebd.<br />

216<br />

Ebd.<br />

217<br />

Ebd.<br />

218<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 284+285.<br />

62


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

äußerten Bedenken. So auch <strong>der</strong> Regierungspräsident <strong>der</strong> Industrie- und<br />

Handelskammer, Dr. Burandt, da <strong>im</strong> Folkwang-Museum Essen ein Empfang für die<br />

Archivtagsteilnehmer gegeben werden sollte. Sante jedoch versuchte seine Bedenken<br />

zu zerstreuen. Er schrieb ihm, dass an den <strong>Archivtage</strong>n bisher nur wenige Archivare<br />

„aus <strong>der</strong> S-Zone“ teilgenommen hätten. „Auf unseren <strong>Archivtage</strong>n treten die<br />

mitteldeutschen Archivare nur als einzelne Persönlichkeiten, eben als Archivare vom<br />

Fach auf; es gibt keine Gelegenheit, daß sie auftragsgemäß mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

politische Formulierungen zum besten geben.“ 219 So sei es <strong>im</strong> gegenseitigen<br />

Einvernehmen auch in den letzten Jahren gehandhabt worden. Bei den Archivaren<br />

hätte es sich <strong>im</strong> übrigen zumeist um Herren gehandelt, die, wenn „sie über die<br />

Grenze hinüberwechseln, bei uns sofort als Universitätsprofessor, als Staats- o<strong>der</strong><br />

Stadtarchivar angestellt werden“. 220 Solch ein Archivar war auch Berent<br />

Schwineköper, <strong>der</strong> nach seiner Flucht aus <strong>der</strong> DDR <strong>im</strong> Stadtarchiv Freiburg i. Br.<br />

gearbeitet und von 1961 bis 1971 dessen Leitung übernommen hatte. 221 Des<br />

Weiteren führte Sante an, dass er seit Kriegsende an allen <strong>Archivtage</strong>n als Mitglied<br />

des Vorstandes teilgenommen habe und es bis dahin noch nie einen Zwischenfall<br />

gegeben hätte. Somit bräuchte Burandt für Essen keinen Eklat zu befürchten. 222<br />

Nachdem die Bedenken <strong>der</strong> meisten Gegner ausgeräumt schienen, wurden die<br />

Einladungen auf Anweisung des Vorstandes verschickt. So sollten „alle<br />

Archivverwaltungen und Archive, einerlei ob Staatsarchive, Stadtarchive,<br />

Kirchenarchive, Adelsarchive, Werksarchive und einerlei ob in <strong>der</strong> Bundesrepublik,<br />

in <strong>der</strong> sogenannten DDR o<strong>der</strong> in Österreich gelegen“ 223 eine Einladung erhalten. U.a.<br />

wurde ausdrücklich verlangt, dass Prof. Dr. Meisner eingeladen werde. 224<br />

Doch nicht nur <strong>der</strong> Vorstand kümmerte sich darum, dass die Archivare in <strong>der</strong> DDR<br />

Einladungen erhielten, son<strong>der</strong>n auch <strong>der</strong>en Bekannte. Ruth Hoevel aus Marburg<br />

fragte be<strong>im</strong> Vorstand an, ob es nicht möglich sei, dem früheren Leiter des<br />

Landesarchivs in Lübben (Nie<strong>der</strong>lausitz), Dr. Rudolf Lehmann, wohnhaft in<br />

Senftenberg, eine Einladung für den Archivtag zuzusenden. 225<br />

Obwohl niemand wusste, ob in jenem Jahr Archivare aus <strong>der</strong> DDR nach Essen reisen<br />

würden, beantragte Sante be<strong>im</strong> Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen erneut<br />

219<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 188.<br />

220<br />

Ebd.<br />

221<br />

Vgl. Leesch, W.: „<strong>Die</strong> deutschen Archivare 1500-1945, Band 1“, 1985, S.136.<br />

222<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 188.<br />

223<br />

HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 01<br />

224<br />

Vgl. ebd.<br />

225<br />

Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 210a.<br />

63


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

eine Beihilfe von 1.200 DM. Er begründete dies mit den Erfahrungen <strong>der</strong> letzten<br />

<strong>Archivtage</strong>. Auch hier war die Aussicht auf eine Teilnahme <strong>der</strong> Archivare und<br />

Historiker aus <strong>der</strong> „Sowjet-Zone“ gering, trotzdem konnte bisher <strong>im</strong>mer eine kleine<br />

Anzahl von Archivaren auf dem Archivtag begrüßt werden. Es konnten also „die<br />

Archivare von sich behaupten, daß sie die schmale und zerbrechliche Verbindung<br />

durch den Eisernen Vorhang hindurch bis jetzt haben aufrecht erhalten können.“ 226<br />

Für diesen Fall wollten sie nun auch auf dem Archivtag in Essen gewappnet sein. 227<br />

Obwohl <strong>der</strong> Zuschuss in <strong>der</strong> vollen Höhe von 1.200 DM genehmigt wurde, wollte<br />

Sante diesen nicht öffentlich an die etwaigen Teilnehmer aus <strong>der</strong> DDR verteilen, da<br />

diese Gel<strong>der</strong> eben vom Bundesministerium für gesamtdeutsche Fragen kamen. Um<br />

keinen falschen Eindruck bei den Verantwortlichen in <strong>der</strong> DDR entstehen zu lassen,<br />

informierte Sante den Direktor des Stadtarchivs Essen Schröter darüber, dass etwaige<br />

Gäste aus <strong>der</strong> DDR bei <strong>der</strong>en Anmeldung „klammhe<strong>im</strong>lich“ auf diesen Zuschuss<br />

hingewiesen werden müssten, ohne dass es an<strong>der</strong>e Teilnehmer erfahren würden. 228<br />

<strong>Die</strong>s schien Schröter jedoch nicht vernünftig zu sein, da er bemerkte, dass sich auch<br />

Herren <strong>der</strong> Akademie <strong>der</strong> deutschen Wissenschaften für den Archivtag angemeldet<br />

hätten, an <strong>der</strong>en „Linientreue wohl kaum gezweifelt werden“ 229 konnte. So<br />

befürchtete er, dass einige den Zuschuss mit Entrüstung zurückweisen und dies in <strong>der</strong><br />

DDR melden könnten. 230 Darauf lies Sante Schröter wissen, dass <strong>der</strong> Vorstand alle<br />

Damen und Herren aus <strong>der</strong> DDR zu den Gästen rechnete, also auch die „Linien- und<br />

an<strong>der</strong>e Treue“. 231 Der Vorstand besäße schon „die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Quittung<br />

<strong>der</strong>artiger Provenienz“ 232 und diese sollten von Jahr zu Jahr vermehrt werden.<br />

Niemand könne schließlich wissen, wozu es, beson<strong>der</strong>s für die Linientreuen, einmal<br />

nützlich sein könnte. Danach überließ er es Schröter, wie er die Gäste auf die<br />

Zuschüsse aufmerksam machen wolle. Allerdings musste die Herkunft <strong>der</strong> Gel<strong>der</strong><br />

gehe<strong>im</strong> bleiben. Danach sollte es sich um Gel<strong>der</strong> handeln, die <strong>der</strong> VdA für „seine<br />

östlichen Kollegen bereithält“. 233 Zu diesem Zeitpunkt erwartete Sante sechs Gäste<br />

aus <strong>der</strong> DDR.<br />

226 HStA Düsseldorf, RW 397/30 o.Bl.<br />

227 Vgl. ebd.<br />

228 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 116.<br />

229 HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 115.<br />

230 Vgl. ebd.<br />

231 HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 113.<br />

232 Ebd.<br />

233 HStA Düsseldorf, RW 29/93 Bl. 113.<br />

64


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Innerhalb <strong>der</strong> Staatlichen Archivverwaltung <strong>der</strong> DDR wurden jedoch Vorkehrungen<br />

für eine Nichtteilnahme am Archivtag getroffen. In einem Schreiben <strong>der</strong> STAV an<br />

den Generalmajor <strong>der</strong> Volkspolizei Wentzel vom 17. August 1960 finden sich<br />

mehrere Argumente, die eine Nichtteilnahme begründen. Da <strong>der</strong> VdA eine rein<br />

westliche Vereinigung sei, wurden die Besuche <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> schon seit einigen<br />

Jahren eingeschränkt und eine offizielle Delegation nur aus „politischen und<br />

fachlichen Erwägungen“ heraus entsandt. Dadurch konnte die Tradition und das<br />

Bestreben <strong>der</strong> meisten Archivare <strong>der</strong> DDR an den <strong>Archivtage</strong>n teilzunehmen<br />

eingeschränkt werden.<br />

Das Programm für den Essener Archivtag hätte angeblich gezeigt, dass eine<br />

beson<strong>der</strong>e fachliche Problemstellung nicht wirklich ersichtlich war und dieser sich<br />

innerhalb <strong>der</strong> geplanten zwei Tage auf Referate mit einer Dauer von ca. drei Stunden<br />

erstreckt hätte. Somit sei ein Besuch des <strong>Archivtage</strong>s kaum von Nutzen. Auch stünde<br />

<strong>der</strong> IV. Internationale Archivkongress in Stockholm eher <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund. Daher<br />

wurde <strong>der</strong> Vorschlag erteilt, den Essener Archivtag nicht zu besuchen.<br />

Auf Anfragen von Archivaren, die ebenfalls eine Einladung erhalten hatten,<br />

antwortete <strong>der</strong> Leiter <strong>der</strong> STAV Schirdewan persönlich. Auch in diesen Schreiben<br />

begründete er die Nichtentsendung einer Delegation mit <strong>der</strong> Teilnahme am<br />

Internationalen Archivtag und <strong>der</strong> Thematik des <strong>Archivtage</strong>s in Essen. So sei man<br />

hinreichend über Werksarchive innerhalb <strong>der</strong> Bundesrepublik informiert. Auch stelle<br />

das Thema eine Kontroverse hinsichtlich <strong>der</strong> volkseigenen Betriebe <strong>der</strong> DDR dar. 234<br />

Obwohl offiziell keine Archivare am Archivtag teilnehmen sollten, reisten drei<br />

Stadtarchivare, ein Vertreter <strong>der</strong> Berliner Akademie und Dr. Neuß nach Essen.<br />

Referate und Vorträge wurden in diesem Jahr zu dem Thema „Wandel eines<br />

historischen Raumes zu einem Industrierevier und die damit verbundenen<br />

soziologischen und archivischen Probleme“ gehalten. 235<br />

Für die Struktur des <strong>Archivtage</strong>s und des VdA deutete sich auf dem Essener<br />

Archivtag ein Wandel an. Es wurde eine Satzungsreform in Auftrag gegeben, durch<br />

die die fachliche Glie<strong>der</strong>ung des VdA erreicht werden sollte. <strong>Die</strong>se Reform kam ein<br />

Jahr später auf dem Regensburger Archivtag 1961 zu seinem Beschluss. <strong>Die</strong>se teilte<br />

den VdA in sieben Fachgruppen ein: Staatsarchive, Kommunalarchive,<br />

Kirchenarchive, Wirtschaftsarchive, Herrschafts-, Familien- und Personenarchive,<br />

234 BA Dahlewitz-Hoppegarten, DO1./22.0/3754/01+02.<br />

235 Vgl. Der Archivar, 13.Jg., 1960, Nr. 4, Sp. 414.<br />

65


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Pressearchive und Parlamentsarchive. <strong>Die</strong> achte Fachgruppe <strong>der</strong> Hochschularchive<br />

und sonstiger wissenschaftlicher Einrichtungen fand erst 1978 Aufnahme. Bereits ab<br />

1961 konnten die Archivare des gehobenen <strong>Die</strong>nstes die Mitgliedschaft für den VdA<br />

beantragen. 236<br />

Das Jahr 1961 stellte den Tiefpunkt innerhalb <strong>der</strong> deutsch-deutschen Beziehungen<br />

dar. <strong>Die</strong> SED unternahm mit dem Bau <strong>der</strong> Berliner Mauer den gravierendsten Schritt<br />

innerhalb <strong>der</strong> Abgrenzungspolitik gegenüber <strong>der</strong> Bundesrepublik. Obwohl angeblich<br />

99% <strong>der</strong> Bevölkerung bei den Einheitswahlen für die Politik <strong>der</strong> SED gest<strong>im</strong>mt<br />

hatten, verließen zwischen 1955 und dem 01. August 1961 fast 1,5 Millionen DDR-<br />

Bürger ihre He<strong>im</strong>at. Trotz einer verstärkten Abriegelung <strong>der</strong> Grenzen zur<br />

Bundesrepublik stiegen <strong>im</strong> Sommer 1961 die Flüchtlingszahlen rasant an. Da es sich<br />

bei den Flüchtlingen zumeist um junge Menschen handelte, die in <strong>der</strong> DDR eine gute<br />

Ausbildung erhalten hatten, kam es zu einer starken Abwan<strong>der</strong>ung von<br />

Arbeitskräften, welche die Existenz <strong>der</strong> DDR bedrohte. <strong>Die</strong> Regierungen <strong>der</strong> UdSSR<br />

und <strong>der</strong> DDR sahen sich daher zu einem schnellen Handeln veranlasst. Auf einer<br />

Sitzung <strong>der</strong> Ersten Sekretäre <strong>der</strong> kommunistischen Parteien des Warschauer Paktes 237<br />

vom 03.- 05. August 1961 in Moskau erteilte die Kommunistische Partei <strong>der</strong><br />

Sowjetunion (KPdSU) die Erlaubnis, Ostberlin vollständig abzuriegeln. In den<br />

frühen Morgenstunden des 13. August 1961 begannen Handwerker unter <strong>der</strong><br />

Aufsicht von bewaffneten Volkspolizisten und Soldaten <strong>der</strong> Nationalen Volksarmee<br />

(NVA) mit dem Bau einer Mauer. 238<br />

Trotz <strong>der</strong> schlechten Erfahrungen von 1960, als die STAV <strong>der</strong> DDR keine offizielle<br />

Delegation zum Archivtag entsandte, verzagten die Verantwortlichen des VdA nicht.<br />

Für den Archivtag in Regensburg 1961 lud man wie üblich Archivare und die STAV<br />

zum Archivtag ein. Erwartet wurden sogar 15 Gäste, für die auch schon die<br />

obligatorischen Mittel und Zuschüsse zugesagt waren. Eine Rückmeldung <strong>der</strong> STAV<br />

ging jedoch nicht be<strong>im</strong> VdA ein. Am 17. August, also vier Tage nach den<br />

Ereignissen vom 13. August, befand Sante die Teilnahme <strong>der</strong> Gästen aus <strong>der</strong> DDR<br />

als sehr fraglich. 239 Bis Mitte August schien er allerdings noch Hoffnungen zu haben,<br />

236 Vgl. Re<strong>im</strong>ann, N.: „50 Jahre Verein deutscher Archivare“, sowie Kramer, W.: „50 Jahre VdA und<br />

<strong>der</strong> gehobene <strong>Die</strong>nst“ in: „50 Jahre Verein deutscher Archivare“, Siegburg, 1998, S. 5 + 285.<br />

237 Siehe Anhang S. 93.<br />

238 Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 233/1991, S. 3-4.<br />

239 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/92 Bl. 16.<br />

66


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

dass trotz <strong>der</strong> angespannten Lage noch Zusagen aus <strong>der</strong> DDR kommen würden.<br />

Jedoch schrieb <strong>der</strong> verantwortliche Archivar aus Regensburg, Pindl, am 21. August<br />

an Sante, dass bis zu diesem Tage nur wenige Zusagen aus <strong>der</strong> DDR vorgelegen<br />

hätten. Und selbst unter diesen hätte sich kein Archivar befunden. 240<br />

Somit war die Zusammenarbeit <strong>der</strong> Archivare in <strong>der</strong> DDR und <strong>der</strong> BRD auf den<br />

<strong>Archivtage</strong>n vorerst beendet.<br />

Thematisch befasste sich <strong>der</strong> 39. Archivtag mit den Adels- und Standesarchiven und<br />

wurde zusammen mit <strong>der</strong> Jahreshauptversammlung des Gesamtvereins abgehalten.<br />

Für dieses Thema war Regensburg als Tagungsort sehr geeignet, befindet sich doch<br />

dort das Archiv <strong>der</strong> Thurn und Taxis 241 . Das Fehlen <strong>der</strong> Kollegen aus <strong>der</strong> DDR<br />

wurde zwar sehr bedauert, jedoch konnten gleich 16 Kollegen aus Österreich und <strong>der</strong><br />

Schweiz begrüßt werden. Sogar aus Australien war ein Gast angereist.<br />

Höhepunkt des <strong>Archivtage</strong>s war wahrscheinlich die Ausstellung „Deutsche<br />

Adelsarchive“, welche sehr passend <strong>im</strong> Thurn und Taxis´schen Schloss besucht<br />

werden konnte und von <strong>der</strong> Fachgruppe „Herrschafts-, Familien- und<br />

Personenarchive“ zusammengestellt worden war.<br />

<strong>Die</strong> enge Verbundenheit zwischen Historikern und Archivaren zeigte sich auf dem<br />

Archivtag in Regensburg erneut deutlich. So war <strong>der</strong> Vorsitzende des Gesamtvereins<br />

deutscher Geschichts- und Altertumsvereine Prof. Dr. Freiherr. v. Pölnitz, <strong>der</strong> in<br />

jenem Jahr zurücktrat, Archivar in <strong>der</strong> Fachgruppe „Herrschafts-, Familien- und<br />

Personenarchive“. Sein Nachfolger, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Hauptversammlung auf seinen<br />

Vorschlag hin gewählt wurde, war ebenfalls Archivar. Es handelte sich um kein<br />

geringeren als den ehemalige Vorsitzende des VdA, Prof. Dr. Sante, welcher<br />

ebenfalls auf dem Regensburger Archivtag zurückgetreten war. Da durch die<br />

Satzungsän<strong>der</strong>ungen seit 1961 nun auch Archivare des gehobenen <strong>Die</strong>nstes Mitglied<br />

<strong>im</strong> VdA werden konnten, nahm das Verständnis „Archivar gleich Landeshistoriker“<br />

mehr und mehr ab, da sich die nachrückenden jungen Kollegen eher als Archivare<br />

sahen. 242<br />

240 Vgl. HStA Düsseldorf, RW 29/92 Bl. 08-66.<br />

241 Deutsches Adelsgeschlecht, mit Sitz in Regensburg.<br />

242 Vgl. Tagungsbericht von Helmut Dahm in: Der Archivar, 15. Jg. ,1962, Nr. 1, Sp. 5-16.<br />

67


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

4. <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> während <strong>der</strong> Zeit des politischen Tauwetters -<br />

1962 bis 1990<br />

<strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> <strong>der</strong> Jahre 1962 bis 1985 waren von einer Kontinuität geprägt, die nur<br />

selten durch Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong> Durchführung <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

unterbrochen wurde. Zwar versuchten die Verantwortlichen des VdA durch<br />

Umgestaltungen mehr Zeit für Referate ect. zu gewinnen, doch am Ende <strong>der</strong><br />

sechziger Jahre gab man diese Versuche auf und behielt alles be<strong>im</strong> Alten. Bis Mitte<br />

<strong>der</strong> achtziger Jahre gab es zwischen den beiden deutschen Staaten hinsichtlich <strong>der</strong><br />

<strong>Archivtage</strong> keine offiziellen Kontakte, die Archivare <strong>der</strong> Bundesrepublik blieben mit<br />

ihren ausländischen Gästen unter sich. Erst 1986 sollte sich das än<strong>der</strong>n.<br />

4.1 Stagnation<br />

<strong>Die</strong> Satzungsreform von 1961 zeigte bereits ein Jahr später erste Erfolge. Den VdA<br />

erreichten 1962 deutlich mehr Beitrittsanträge. Auf dem 41. Archivtag 1963 waren<br />

schon 11 ehemalige Archivschüler des gehobenen <strong>Die</strong>nstes als Teilnehmer<br />

anwesend.<br />

Doch nicht nur hinsichtlich <strong>der</strong> Teilnehmerzahl, die mit jedem Archivtag anstieg,<br />

verän<strong>der</strong>te sich die Form <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong>. Auf einen Vorschlag des Schatzmeisters<br />

des VdA, Miller hin, wurden die Diskussionsrunden des 40. <strong>Archivtage</strong>s 1962 auf<br />

die Sitzungen <strong>der</strong> Fachgruppen gelegt. Trotz früherer Versuche mehr Zeit für die<br />

Diskussionen zu den jeweiligen Vorträgen zu gewinnen, herrschte ein Zeitproblem.<br />

Für die <strong>Archivtage</strong> waren zu viele Vorträge und Veranstaltungen geplant und es gab<br />

laut dem Vorsitzenden Bruchmann nicht genügend Zeit für Gespräche unter den<br />

Teilnehmern. Gerade für solche Gespräche unter Kollegen war <strong>der</strong> Archivtag jedoch<br />

gedacht. Ein weiterer Grund für nötige Verän<strong>der</strong>ungen war aus Sicht des Vorstandes<br />

auch die Tatsache, dass <strong>im</strong>mer mehr Fachgruppen, ebenfalls aus Zeitnot, ihre<br />

Sitzungen außerhalb des <strong>Archivtage</strong>s abhielten. Daher wurde für die<br />

Fachgruppensitzungen mehr Zeit veranschlagt. Und es sollte eine stärkere<br />

Konzentration auf die Arbeit und Aussprachen in den Fachgruppen erreicht werden,<br />

d.h. das bisher vorherrschende Hauptthema wurde abgeschafft. Das half jedoch nicht<br />

gegen die „Abwan<strong>der</strong>ung“ <strong>der</strong> Fachgruppen. Sie tagten zwar weiterhin auf den<br />

<strong>Archivtage</strong>n, allerdings stellte VdA-Vorsitzen<strong>der</strong> Helmut Dahm 1969 fest, dass die<br />

68


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Fachgruppen spezielle Fragen auf eigenen Frühjahrstagungen erörterten. Somit<br />

wurde die Erörterung allgemeiner Fragen <strong>der</strong> Berufsarbeit in den Mittelpunkt gestellt<br />

und das Hauptthema bzw. zentrale Thema wie<strong>der</strong> eingeführt, das in je<strong>der</strong> Fachgruppe<br />

weiterdiskutiert werden konnte. Um trotzdem eine gewisse Zeitgewinnung zu<br />

erreichen, wurde erneut an den Vorträgen gespart, diesmal allerdings nicht an <strong>der</strong>en<br />

Anzahl, son<strong>der</strong>n an <strong>der</strong> Länge. <strong>Die</strong> Redner mussten ihre Vorträge auf Kurzreferate<br />

straffen.<br />

Nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einführung <strong>der</strong> zentralen Themen entwickelte <strong>der</strong> Vorstand des<br />

VdA einen Tagungszyklus für den 45, 46 und 47. Archivtag mit den drei<br />

Tätigkeitsbereichen des Archivars: Erfassung und Ausson<strong>der</strong>n von Registraturgut,<br />

Erschließen und Bewerten von Archivgut und das Auswerten und Ausbreiten von<br />

historischem Informationsgut. 243 Zusätzlich beschloss <strong>der</strong> Vorstand des VdA eine<br />

thematische Aufteilung des <strong>Archivtage</strong>s. In Anlehnung an den Veranstaltungsturnus<br />

des Internationalen Archivkongresses, <strong>der</strong> alle vier Jahre abgehalten wird, fanden seit<br />

dem innerhalb dieser vier Jahre nur drei <strong>Archivtage</strong> statt. Von diesen dreien sollten<br />

von 1970 an zwei in Zusammenarbeit mit dem Verband <strong>der</strong> Historiker Deutschlands,<br />

dem Gesamtverein deutscher Geschichts- und Altertumsvereine und <strong>der</strong><br />

Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Historischen Kommission veranstaltet werden. Der dritte<br />

Archivtag sollte sich ausschließlich mit archivarischen Themen und Problemen<br />

befassen. Mit dem Gesamtverein und <strong>der</strong> Historischen Kommission wurde fortan <strong>der</strong><br />

„Tag <strong>der</strong> Landesgeschichte“ abgehalten. 244<br />

In Anlehnung an den „Table ronde des archives“ 245 <strong>im</strong> Mai 1962 befürwortete<br />

Bruchmann auch eine engere Zusammenarbeit mit dem Bibliotheks-,<br />

Dokumentations- und Museumswesen. Des Weiteren for<strong>der</strong>te Bruchmann eine<br />

stärkere Beteiligung auf <strong>der</strong> internationalen Ebene des Archivwesens. So wünschte er<br />

sich, dass regelmäßig mehrere leitende deutsche Archivare am „Table ronde des<br />

archives“ und dem internationalen Archivrat (ICA) teilnehmen würden. 246 Dagegen<br />

wurden die <strong>Archivtage</strong> regelmäßig von ausländischen Archivaren besucht. Am<br />

häufigsten waren dabei österreichische Kollegen anwesend, sowie Archive <strong>der</strong><br />

skandinavischen Län<strong>der</strong> und <strong>der</strong> Benelux-Staaten. 247 <strong>Die</strong> Zahl <strong>der</strong> ausländischen<br />

243<br />

Vgl. Tagungsbericht von Hans Booms in: Der Archivar, 24. Jg., 1971, Nr. 1, Sp. 8-9.<br />

244<br />

Vgl. Protokoll <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung VdA in: Der Archivar, 23. Jg., 1970, Nr. 1, Sp. 140.<br />

245<br />

Siehe Anhang S. 93.<br />

246<br />

Vgl. Tagungsbericht von Karl. G. Bruchmann in: Der Archivar, 16. Jg., 1963, Nr. 1, Sp.1-8.<br />

247<br />

Vgl. Der Archivar, 16. – 44. Jg. 1963 – 1991.<br />

69


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Gäste stieg, genauso wie die Teilnahmezahl <strong>der</strong> deutschen Archivare, stetig an.<br />

Waren auf dem Coburger Archivtag 1966 noch 15 Gäste aus dem Ausland anwesend,<br />

so konnten in Würzburg 1973 bereits 50 Gäste aus 13 Län<strong>der</strong>n gezählt werden. 248<br />

Einige Gäste nahmen dabei eine weite Anreise auf sich, so reiste beispielsweise 1977<br />

ein Gast aus dem Libanon an. Beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> VdA – Vorsitzende Prof. Franz betonte<br />

die Verbindung zu den ausländischen Gästen, indem er sie auf dem 57. Archivtag in<br />

Hannover als engagierte Teilnehmer am Archivtag und nicht nur als Gäste<br />

bezeichnete. 249<br />

Daneben waren <strong>im</strong>mer öfter Vertreter des Bibliotheks- und Dokumentationswesens<br />

anwesend und die Zusammenarbeit zu diesen Fächern wurde noch verstärkt. Der 51.<br />

Archivtag 1977 in Berlin befasste sich hauptsächlich mit dem Thema „Archive –<br />

Bibliotheken – Museen. Gemeinsamkeiten und Beson<strong>der</strong>heiten, Grenzen und<br />

Zusammenspiel.“ 250<br />

Immer mehr Bedeutung gewannen die Rahmenprogramme <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong>, beson<strong>der</strong>s<br />

die Ausstellungen. 1979 fand <strong>der</strong> Archivtag in Verbindung mit den Internationalen<br />

Archivwochen statt. Das Bundesarchiv richtete eine Ausstellung zu dem Thema „30<br />

Jahre Bundesrepublik“ aus, die von den Teilnehmern des <strong>Archivtage</strong>s <strong>im</strong> Zuge <strong>der</strong><br />

Veranstaltung besucht wurde. 251<br />

Während <strong>der</strong> sechziger Jahre wurde die Nichtteilnahme <strong>der</strong> Kollegen aus <strong>der</strong> DDR<br />

noch schmerzlich beanstandet. Der Vorstand verschickte weiterhin Einladungen an<br />

die üblichen Adressen, u.a. an die Staatliche Archivverwaltung. Auf die Einladung<br />

für den 40. Archivtag in Mannhe<strong>im</strong> erhielt das Stadtarchiv Mannhe<strong>im</strong> eine Absage,<br />

in welcher die Nichtteilnahme mit „vielseitigen dienstlichen Verpflichtungen“ 252<br />

seitens <strong>der</strong> Mitarbeiter <strong>der</strong> STAV begründet wurde. Viele Archivare waren<br />

tatsächlich bestürzt über die doch zumeist kurzfristigen Absagen ihrer Kollegen aus<br />

<strong>der</strong> DDR. <strong>Die</strong>s machen u.a. Briefe <strong>der</strong> Archivare <strong>der</strong> „Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong><br />

Archive und Bibliotheken in <strong>der</strong> evangelischen Kirche“ deutlich, die regen Kontakt<br />

248 Vgl. Tagungsbericht von Helmut Dahm in : Der Archivar, 20. Jg., 1967, Nr.1, Sp. 7 und<br />

Tagungsbericht von Eckhart G. Franz in : Der Archivar 27 Jg., 1974, Nr. 1, Sp. 9.<br />

249 Vgl. Tagungsbericht von Hermann Rumschöttel in: Der Archivar, 39. Jg., 1986, Nr. 1, Sp. 7.<br />

250 Vgl. Tagungsbericht von Helmut Dahm in : Der Archivar, 31. Jg., 1978, Nr. 1.<br />

251 Vgl. Tagungsbericht von Ottfried Dascher in: Der Archivar, 33. Jg., 1980, Nr. 1, Sp. 6.<br />

252 BA Dahlewitz-Hoppegarten, DO1/22.0/3757, o.Bl.<br />

70


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

in die DDR hielten. 253 <strong>Die</strong> Entfremdung nahm aber <strong>im</strong>mer mehr zu. Schickte die<br />

STAV nach 1961 noch eine kurze Zeit Grußtelegramme an die <strong>Archivtage</strong>, so<br />

wurden diese bald eingestellt. Auch erwähnten die Vorsitzenden des VdA die<br />

Kollegen in ihren Eröffnungsreden nicht länger. Im „Verzeichnis <strong>der</strong> Archivare“<br />

wurden die Archive und Archivare <strong>der</strong> DDR nicht länger aufgeführt. Da die nötigen<br />

Informationen nicht mehr in Erfahrung zu bringen waren, erschienen ausgewählte<br />

Archive in <strong>der</strong> 12. bis 14. Ausgabe, bis 1985, nur noch unter dem Vermerk<br />

„Wichtige Archiv-Anschriften in <strong>der</strong> DDR und dem benachbarten Ausland“. 254<br />

Seit 1965 schien sich auch die Politik <strong>im</strong>mer mehr für die <strong>Archivtage</strong> zu<br />

interessieren. So sandte <strong>der</strong> jeweilige Bundeskanzler ein Grußtelegramm an den<br />

Archivtag. 255 Auch in <strong>der</strong> Presse wurde <strong>im</strong>mer stärker über die <strong>Archivtage</strong> berichtet.<br />

Im Vor<strong>der</strong>grund stand dabei natürlich die Lokalpresse. Doch auch Fernsehsen<strong>der</strong> und<br />

größere Zeitungen berichteten zunehmend über die Veranstaltungen. So übertrugen<br />

<strong>der</strong> Bayerische und <strong>der</strong> Westdeutsche Rundfunk die Eröffnung des 48. Archivtag<br />

1973 in Würzburg und sendeten Berichte und Interviews. Vom 50. Archivtag 1975 in<br />

Mainz erstatteten sogar das ZDF und <strong>der</strong> Deutschlandfunk Berichte. 256 <strong>Die</strong>ses<br />

Potenzial erkannten die Verantwortlichen des VdA und hielten seit Anfang <strong>der</strong><br />

achtziger Jahre vor <strong>der</strong> Eröffnung <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> Pressekonferenzen ab.<br />

253<br />

Vgl. EZA Berlin, Bestand 41/58 – 60 „Schriftwechsel mit Kirchenarchivaren in <strong>der</strong> DDR“.<br />

254<br />

Re<strong>im</strong>ann, N. „50 Jahre Verein deutscher Archivare“ S. 9 in: „50 Jahre Verein deutscher<br />

Archivare“, Siegburg, 1998.<br />

255<br />

Vgl. Tagungsbericht von Helmut Dahm in: Der Archivar, 18. Jg., 1965, Nr. 1, Sp. 9.<br />

256<br />

Vgl. Tagungsbericht von Eckhart G. Franz in: Der Archivar, 27. Jg., 1974, Nr. 1, Sp. 18 und<br />

Tagungsbericht von Helmut Dahm in: Der Archivar 29. Jg., 1976, Nr. 1, Sp. 28.<br />

71


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

4.2 Entspannung <strong>im</strong> <strong>Deutschen</strong> Archivwesen<br />

Am 06. Mai 1986 unterzeichneten die Deutsche Demokratische Republik und die<br />

Bundesrepublik das deutsch-deutsche Kulturabkommen. In Artikel 7 wurde die<br />

Zusammenarbeit auf dem Gebiet des Archivwesens festgelegt. So verpflichteten sich<br />

die Abkommenspartner mit ihrer Unterschrift, folgende Punkte zu för<strong>der</strong>n:<br />

1. den Zugang zu offenen Archivmaterialien auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong><br />

innerstaatlichen Rechtsvorschriften<br />

2. den Austausch von Archivgutreproduktionen durch die Archivverwaltungen<br />

3. den Austausch von Fachliteratur und die Gewährung von Auskünften über<br />

Archivmaterialien<br />

4. Ausstellungen durch Bereitstellungen von Dokumenten, vorrangig in Form<br />

von Reproduktionen<br />

5. den Informationsaustausch, insbeson<strong>der</strong>e die Teilnahme an bedeutenden<br />

Fachtagungen mit internationaler Beteiligung<br />

Punkt 5 <strong>der</strong> Vereinbarung verstand auch die <strong>Archivtage</strong> als solche Fachtagungen.<br />

Hinsichtlich dessen einigten sich die Verantwortlichen bei<strong>der</strong> Seiten auf die<br />

Teilnahme von zwei o<strong>der</strong> drei Archivwissenschaftlern <strong>der</strong> DDR an den <strong>Deutschen</strong><br />

<strong>Archivtage</strong>n 1988 und 1989. Auch sollten Exkursionen <strong>der</strong> jeweiligen Archivschulen<br />

und Studienaufenthalte von Archivaren <strong>im</strong> Nachbarland sowie die Rückführung von<br />

Archivalien geför<strong>der</strong>t werden. 257<br />

Auf dem 58. Archivtag 1986 wurden neben den geplanten Bundesarchiv- und<br />

Landesarchivgesetzen auch die Auswirkungen des deutsch-deutschen<br />

Kulturabkommens behandelt. Trotz <strong>der</strong> Einigung zwischen den beiden deutschen<br />

Staaten wurde 1986 noch kein Archivar aus <strong>der</strong> DDR zum Archivtag nach München<br />

entsandt. Den Grund erfuhr Roland Leipold, damaliger Leiter <strong>der</strong> STAV vom Leiter<br />

<strong>der</strong> Abteilung BRD des Ministeriums für Auswärtige Angelegenheiten (MfAA),<br />

Seidel. So hätte aus Sicht des Ministeriums keine außenpolitische Notwendigkeit für<br />

eine Teilnahme bestanden. Falls jedoch fachliches Interesse bei Mitarbeitern <strong>der</strong><br />

STAV bestanden hätten, wären keine Einwände gegen eine Teilnahme <strong>der</strong>selben<br />

erhoben worden. Das Kulturabkommen wäre jedoch keine Verpflichtung für eine<br />

257 Vgl. BA Dahlewitz-Hoppegarten, DO1/22.0/3097, o.Bl.<br />

72


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Teilnahme am Archivtag für dieses Jahr gewesen. Des Weiteren gab Seidel den<br />

Hinweis, dass wenn kein Interesse an einer Teilnahme bestünde, doch ein<br />

Ablehnungsschreiben verschickt werden solle, dass höflich das Desinteresse zum<br />

Ausdruck bringe, aber künftige Optionen offen halten würde. 258<br />

Innerhalb <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>versammlung auf dem Münchner Archivtag wurden diverse<br />

Satzungsän<strong>der</strong>ungen und eine Verbesserung <strong>der</strong> Archivarsausbildung diskutiert. 259<br />

Durch die Vereinbarungen <strong>im</strong> Kulturabkommen mit <strong>der</strong> DDR wurden ca. 800 lfd.<br />

Meter Archivalien an die Stadt Lübeck zurückgegeben. <strong>Die</strong>s wurde mit <strong>der</strong><br />

Festlegung Lübecks als Tagungsort für 1989 gewürdigt. Dort waren auch zum ersten<br />

Mal nach 29 Jahren, wie <strong>im</strong> Kulturabkommen vereinbart, wie<strong>der</strong> Archivare aus <strong>der</strong><br />

DDR als Gäste anwesend. Sie nahmen auch an den Sitzungen <strong>der</strong> Fachgruppen 5, 6<br />

und 7 teil. Auf <strong>der</strong> Sitzung <strong>der</strong> Archivreferenten bzw. Leiter <strong>der</strong> Archivverwaltungen<br />

des Bundes und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, die vor <strong>der</strong> offiziellen Eröffnung des <strong>Archivtage</strong>s<br />

stattfand, sprachen die Teilnehmer u.a. über die För<strong>der</strong>ung von Archiven <strong>im</strong><br />

Zonenrandgebiet, eine generelle Archivstatistik und grenzüberschreitende<br />

Maßnahmen hinsichtlich <strong>der</strong> DDR, Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Alpenlän<strong>der</strong> (ARGE-<br />

Alp) und <strong>der</strong> CSSR.<br />

Um die ausländischen Archivare noch mehr in die Veranstaltungen des <strong>Archivtage</strong>s<br />

einzubeziehen, wurde auf diesem 60. Archivtag eine Gesprächsrunde geschaffen, in<br />

welcher aktuelle archivische Probleme <strong>der</strong> Gastlän<strong>der</strong> diskutiert werden konnten. 260<br />

Mit dem Kulturabkommen gelang den deutschen Archivaren eine erneute<br />

Annäherung, die mittels <strong>der</strong> Vereinbarungen weiter ausgebaut werden sollte. Doch<br />

bereits kurze Zeit später än<strong>der</strong>te sich die politische Situation in <strong>der</strong> DDR so rasant,<br />

dass es zu einer engen Annäherung <strong>der</strong> beiden Staaten kam, die sich wohl niemand<br />

mehr erwartet hatte.<br />

Nach den offensichtlich manipulierten Kommunalwahlen <strong>im</strong> Mai 1989 kam es in <strong>der</strong><br />

DDR, beson<strong>der</strong>s in Berlin, zu Protesten, die den Wahlbetrug angriffen. An jedem<br />

siebenten des Monats versammelten sich um 17.00 Uhr Protestanten an <strong>der</strong><br />

Weltzeituhr auf dem Alexan<strong>der</strong>platz und die Zahl stieg stetig an. Ein weiteres<br />

Zeichen des nahenden Zusammenbruches war die Massenflucht von DDR-Bürgern<br />

258 Vgl. BA Dahlewitz-Hoppegarten, D01/22.0/3119, o.Bl.<br />

259 Vgl. Tagungsbericht von Gerhard Taddey in: Der Archivar 40. Jg., 1987, Nr. 1, Sp. 5 + 17.<br />

260 Vgl. Tagungsbericht von Gerhard Taddey in: Der Archivar 43. Jg., 1990, Nr. 1, Sp. 5 - 24.<br />

73


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

nach Ungarn und in die Botschaften <strong>der</strong> Bundesrepublik in Warschau und Prag.<br />

Nachdem die Proteste <strong>im</strong>mer stärker wurden und <strong>im</strong>mer mehr Menschen auf die<br />

Straße gingen, wurde Erich Honecker am 18. Oktober abgesetzt und Egon Krenz zu<br />

seinem Nachfolger erklärt. Am 9. November sorgte Günter Schabowski für<br />

Aufsehen, als er am Ende einer sonst routinemäßig verlaufenden Sitzung <strong>der</strong> SED<br />

auf eine Frage nach dem Entwurf eines Reisegesetztes recht undurchsichtig<br />

antwortete, dass mit sofortiger Wirkung Reisefreiheit für die DDR-Bürger bestünde.<br />

Daraufhin strömten Tausende Ost-Berliner zu den innerstädtischen<br />

Grenzübergängen. <strong>Die</strong> Grenzposten waren zwar nicht unterrichtet, öffneten aber<br />

aufgrund <strong>der</strong> <strong>im</strong>mer größer werdenden Menschenmenge die Übergänge. <strong>Die</strong> Mauer<br />

war damit gefallen und das Ende <strong>der</strong> DDR besiegelt. 261<br />

261 Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 233/1991, S.30 – 32.<br />

74


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

4.3 Das Archivwesen <strong>im</strong> Wendejahr 1990<br />

Schon recht früh <strong>im</strong> Jahr 1990, gab es eine Initiative zur Gründung eines eigenen<br />

Berufverbandes <strong>der</strong> Archivare in <strong>der</strong> DDR. In einem Aufruf in <strong>der</strong> Zeitschrift<br />

„Archivmitteilungen“ bemerkte <strong>der</strong> Autor des Artikels das bisher schmerzhafte<br />

Fehlen eines Berufsverbandes <strong>der</strong> Archivare, obwohl oft darüber diskutiert worden<br />

war. Eine Gründung scheiterte an ideologischen Vorbehalten und bürokratischen<br />

Hin<strong>der</strong>nissen. Da sich die Verhältnisse in den letzten Monaten rasant und<br />

maßgeblich verän<strong>der</strong>t hatten, schien es zu diesem Zeitpunkt nötig gewesen, zu<br />

handeln. Der Berufsverband sollte archivarischen Berufsethos, den Zusammenhalt<br />

<strong>der</strong> verschiedenen Archive und das öffentliche Ansehen des Archivarsberufs för<strong>der</strong>n<br />

und dem Erfahrungsaustausch und <strong>der</strong> Weiterbildung dienen. Des Weiteren sollte<br />

sich <strong>der</strong> Verband um die Zusammenarbeit mit ausländischen Archivverbänden und<br />

an<strong>der</strong>en relevanten Institutionen und Organisationen kümmern. Im Vor<strong>der</strong>grund<br />

stand dabei die Zusammenarbeit zwischen dem DDR-Berufsverband und dem VdA<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik. Um Mitglied <strong>im</strong> Verband zu werden musste eine<br />

abgeschlossene Archivarsausbildung vorgewiesen werden. 262<br />

Am 27. Februar wurde dieser Berufsverband unter dem Namen „Verband <strong>der</strong><br />

Archivare <strong>der</strong> DDR“ durch eine Initiativgruppe gegründet. Auf <strong>der</strong> Sitzung dieser<br />

Gruppe entstand ein Entwurf <strong>der</strong> Satzung des VdA/DDR und es kam zur Wahl eines<br />

Ausschuss, welcher die Registrierung des Verbandes als rechtskräftige Vereinigung<br />

und die ersten Mitglie<strong>der</strong>hauptversammlung vorbereiten sollte. Erneut wurden alle<br />

Berufskollegen aufgerufen, dem Verband beizutreten. 263<br />

Am 12. Mai 1990 wurde <strong>der</strong> Berufsverband offiziell unter <strong>der</strong> nunmehr gültigen<br />

Bezeichnung „Verband <strong>der</strong> Archivare <strong>der</strong> DDR – VdA/DDR – (e.V.)“ gegründet.<br />

Aufgrund einiger Probleme, die einer eingehenden Diskussion bedurften, musste die<br />

eigentliche <strong>Konstituierung</strong>ssitzung vom 07. April 1990 am 12. Mai fortgeführt<br />

werden. <strong>Die</strong> Probleme ergaben sich durch die sich schnell än<strong>der</strong>nden politischen<br />

Entwicklungen. Als es die ersten Anregungen zur Gründung des Verbandes gab,<br />

schien es noch so, als ob die DDR als eigenständiger Staat weiter existieren würde.<br />

Später wurden innerhalb des Vorbereitungsausschusses Fragen laut, ob die Gründung<br />

eines eigenen Verbandes noch Sinn mache. <strong>Die</strong>se Frage beantwortete die Gründung<br />

des Verbandes. Der Entwurf <strong>der</strong> zukünftigen Satzung des VdA/DDR lehnte sich an<br />

262 Vgl. Archivmitteilungen, Nr. 1/1990, S. 22-23.<br />

263 Vgl. Archivmitteilungen, Nr. 2/1990, S. 61.<br />

75


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

ähnliche Dokumente <strong>im</strong> In- und Ausland an, darunter u.a. die Satzung des VdA <strong>der</strong><br />

BRD. In <strong>der</strong> Sitzung am 07. April wurde <strong>der</strong> Entwurf eingehend diskutiert und<br />

überarbeitet und am 12. Mai beschlossen. Da sich die Satzung sehr an <strong>der</strong> des VdA<br />

<strong>der</strong> BRD orientierte, war <strong>der</strong> VdA/DDR auch ähnlich strukturiert. So waren für die<br />

zukünftigen Län<strong>der</strong> <strong>der</strong> DDR Landesverbände vorgesehen, genauso wie<br />

Fachgruppen innerhalb des VdA/DDR. Daneben gab es die Möglichkeit, dass sich<br />

die Mitglie<strong>der</strong> zu Arbeitsgruppen zusammenschließen konnten, z.B. zur EDV-<br />

Anwendung o.ä.<br />

Zu den Aufgaben des VdA/DDR zählte die Durchführung des Archivkongresses <strong>der</strong><br />

DDR. Als Ziele wurden innerhalb des Status folgende Punkte verankert: die<br />

Stärkung des Berufsethos <strong>der</strong> Archivare, die Aufarbeitung <strong>der</strong> Geschichte des<br />

Archivwesens <strong>der</strong> DDR und die För<strong>der</strong>ung des wissenschaftlichen Austausches. Im<br />

Falle einer deutschen Wie<strong>der</strong>vereinigung sollte <strong>der</strong> Zusammenschluss mit dem VdA<br />

<strong>der</strong> BRD angestrebt werden. Bis dahin sollte schon eine enge Zusammenarbeit<br />

geför<strong>der</strong>t werden.<br />

Als Sitz des VdA/DDR wurde Berlin festgelegt. Zu dessen Vorsitzenden wurde OAR<br />

Prof. Dr. G. Schmid vom Goethe-Schiller-Archiv in We<strong>im</strong>ar gewählt. 1. und 2.<br />

Stellvertreter wurden Archivrat Dr. H. Schreyer, vom Zentralen Staatsarchiv<br />

Potsdam und Archivrat Dr. K. Kuba, vom Zentralen Archiv des FDGB (Freier<br />

deutscher Gewerkschaftsbund). 264<br />

<strong>Die</strong> Diskussionen und Verzögerungen hinsichtlich <strong>der</strong> Satzung sind verständlich.<br />

Innerhalb weniger Monate überschlugen sich die politischen Ereignisse in <strong>der</strong> DDR<br />

förmlich. Gab es <strong>im</strong> Dezember 1989 und Januar 1990 des Jahres noch Pläne für<br />

einen Erhalt <strong>der</strong> DDR, wurden bereits kurze Zeit später St<strong>im</strong>men laut, die die<br />

Wie<strong>der</strong>vereinigung mit <strong>der</strong> Bundesrepublik for<strong>der</strong>ten. Am 18. März fanden die<br />

ersten freien Wahlen zur Volkskammer statt, aus denen die Befürworter <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>vereinigung als Sieger hervorgingen. <strong>Die</strong> meisten St<strong>im</strong>men konnte die<br />

„Allianz für Deutschland“, ein Zusammenschluss von CDU und den neugegründeten<br />

Parteien „Deutsche Soziale Union“ und „Demokratischer Aufbruch“, auf sich<br />

vereinigen. Sie for<strong>der</strong>ten eine Wie<strong>der</strong>vereinigung nach Artikel 23 des Grundgesetzes,<br />

mit dem bereits das Saarland 1957 an die Bundesrepublik angeschlossen wurde. <strong>Die</strong><br />

Festlegungen sahen vor, dass das Grundgesetz zunächst <strong>im</strong> Gebiet <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> Baden,<br />

Bayern, Bremen, Groß-Berlin, Hamburg, Hessen, Nie<strong>der</strong>sachsen, Nordrhein-<br />

264 Vgl. Archivmitteilungen, Nr. 3/1990, S. 106.<br />

76


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Württemberg-Baden und<br />

Württemberg-Hohenzollern Gültigkeit erlangte. In an<strong>der</strong>en Teilen Deutschlands<br />

sollte es nach <strong>der</strong>en Beitritt in Kraft treten. 265<br />

Am 01. Juli 1990 trat <strong>der</strong> Staatsvertrag zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion<br />

in Kraft, welcher u.a. die Einführung <strong>der</strong> D-Mark in <strong>der</strong> DDR ermöglichte. Bereits 5<br />

Tage später begannen die Verhandlungen zum Einigungsvertrag zwischen DDR und<br />

BRD, <strong>der</strong> am 30. August 1990 unterzeichnet wurde. 266<br />

Am 18. Juli hielt <strong>der</strong> Vorstand des VdA/DDR eine Sitzung ab. Darin berieten die<br />

Vorstandsmitglie<strong>der</strong> die Situation des Archivwesens hinsichtlich <strong>der</strong><br />

Wie<strong>der</strong>vereinigung. Es wurde festgelegt, dass <strong>der</strong> Vorstand VdA/DDR nunmehr<br />

noch engeren Kontakt zum Vorstand des VdA in <strong>der</strong> Bundesrepublik pflegen und die<br />

Vereinigung mit demselben vorbereiten solle, wie es <strong>im</strong> Statut festgelegt worden<br />

war. Auf <strong>der</strong> zweiten und letzten Mitglie<strong>der</strong>versammlung des VdA/DDR am 15.<br />

Dezember 1990 in Leipzig sprachen sich die Mitglie<strong>der</strong> dafür aus, dass sich die<br />

Archivare aus den neuen und den alten Bundeslän<strong>der</strong>n schnellstmöglich innerhalb<br />

eines gemeinsamen Berufsverbandes zusammenschließen sollten. Um dies zu<br />

gewährleisten wurde die Auflösung des VdA/DDR zum 31.Dezember 1990<br />

beschlossen. Anschließend erhielten die Mitglie<strong>der</strong> Beitrittserklärungen für den<br />

VdA. Auf etwaige Mitglie<strong>der</strong> aus den neuen Län<strong>der</strong>n sollte bei den<br />

Mitgliedsbeiträgen Rücksicht genommen werden, indem sie den<br />

Einkommensverhältnissen angepasst werden sollten. Bis zum Oktober 1991 hatten<br />

etwa 200 Archivare und Archivarinnen des ehemaligen VdA/DDR die Mitgliedschaft<br />

beantragt. Daneben beschloss <strong>der</strong> Vorstand des VdA in einer Sitzung am 04. Februar<br />

1991, dass bis zur nächsten Vorstandswahl 5 Mitglie<strong>der</strong> aus den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n als beratende Mitglie<strong>der</strong> in den Vorstand berufen werden sollten.<br />

<strong>Die</strong>s waren Ingelore Buchholz (Stadtarchiv Magdeburg), Dr. Reiner Groß<br />

(Staatsarchiv Dresden), Dr. Hermann Schreyer (Bundesarchiv – Abteilung Potsdam)<br />

Joach<strong>im</strong> Wächter (Kultusministerium Mecklenburg-Vorpommern und <strong>der</strong> ehemalige<br />

Vorsitzende des VdA/DDR), Prof. Dr. Gerhard Schmid vom Goethe- und<br />

Schillerarchiv We<strong>im</strong>ar. Bis Oktober 1991 hatten sich ebenfalls Landesverbände in<br />

265 Vgl. Hesselberger, D. „Das Grundgesetz“, 2001, S. 201.<br />

266 Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 233/1991, S.32-36.<br />

77


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

den fünf neuen Bundeslän<strong>der</strong>n gegründet, welche vorrübergehend durch den VdA<br />

finanziell unterstützt wurden. 267<br />

Auf dem 61. Archivtag 1990 in Karlsruhe wurde nicht nur die Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

Deutschlands gefeiert, son<strong>der</strong>n auch die Wie<strong>der</strong>vereinigung <strong>der</strong> deutschen Archivare.<br />

Aus <strong>der</strong> DDR waren 160 Kollegen angereist, <strong>der</strong>en Teilnahme von einem<br />

För<strong>der</strong>kreis in Karlsruhe finanziert worden war.<br />

Da die Planungen für den Archivtag fast abgeschlossen waren als am 23. August <strong>der</strong><br />

Beitritt <strong>der</strong> DDR zur Bundesrepublik für den 03. Oktober festgelegt wurde, gab es<br />

nur geringe Än<strong>der</strong>ungen <strong>im</strong> Tagungsprogramm. <strong>Die</strong>se sahen eine<br />

Son<strong>der</strong>veranstaltung hinsichtlich <strong>der</strong> Feier zur Wie<strong>der</strong>vereinigung Deutschlands vor,<br />

die jedoch nicht den gesamten 03. Oktober andauern sollte. Thematisch wurden<br />

ebenfalls keine Verän<strong>der</strong>ungen vorgenommen, das zentrale Thema „Geschichtliche<br />

Überlieferung gestalten - erhalten – nutzbar machen“ wurde beibehalten. <strong>Die</strong><br />

übliche Pressekonferenz vor dem Eröffnungstag des <strong>Archivtage</strong>s absolvierte <strong>der</strong><br />

VdA-Vorsitzende Rumschöttel zusammen mit dem Ortsausschussvorsitzenden und<br />

dem Vorsitzenden des VdA/DDR Prof. Dr. Gerhard Schmid.<br />

In einer zusätzlichen vierten gemeinsamen Arbeitssitzung wurde über die aktuellen<br />

Probleme bei <strong>der</strong> Aus- und Weiterbildung von Archivaren diskutiert.<br />

Erstmals in <strong>der</strong> Geschichte <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> fand während <strong>der</strong> Tagungstage eine<br />

Fachausstellung mit dem Namen „ArchivA“ statt. Dort stellten ca. 30 Anbieter ihre<br />

Produkte angefangen bei Magazinausstattungen, über EDV-Software-Angebote bis<br />

hin zu Mikrofilmsystemen vor. Später erhielt die Ausstellung den Namen<br />

„Archivistica“, unter dem sie <strong>im</strong>mer noch zeitgleich mit den <strong>Archivtage</strong>n stattfindet.<br />

267 Vgl. Tagungsbericht von <strong>Die</strong>ther Degreif in: Der Archivar, 44. Jg., 1991, Nr.1, Sp. 350-352, 711–<br />

712.<br />

78


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

5. <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> in <strong>der</strong> Gegenwart<br />

<strong>Die</strong> ersten <strong>Archivtage</strong> nach <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung Deutschlands beschäftigten sich<br />

thematisch noch <strong>im</strong>mer sehr mit den innerdeutschen Problemen, die durch den Fall<br />

<strong>der</strong> Mauer und <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung für das deutsche Archivwesen entstanden<br />

waren. Dabei ging es hauptsächlich um die Lage <strong>der</strong> Archive <strong>der</strong> ehemaligen DDR<br />

und die Sicherung des Archivguts in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

Für den 63. Archivtag 1992 in Berlin wurde daher das zentrale Thema „<strong>Die</strong> Archive<br />

und die deutsche Einheit“ gewählt. Wahrscheinlich war dieses Thema und <strong>der</strong><br />

Tagungsort <strong>der</strong> Grund dafür, dass <strong>der</strong> 63. Archivtag die bisher größte Veranstaltung<br />

dieser Art wurde. Es reisten ca. 1000 Teilnehmer nach Berlin, etwa 100 kamen dabei<br />

aus dem Ausland, obwohl kurz vorher <strong>der</strong> Internationale Archivkongress abgehalten<br />

worden war. Entgegen <strong>der</strong> bisherigen Vorgehensweise setzte man den <strong>Deutschen</strong><br />

Archivtag diesmal nicht aus. 268<br />

Auf den folgenden Veranstaltungen schwankten die Teilnehmerzahlen, bis sie<br />

schließlich 2003 auf dem 74. Archivtag in Chemnitz mit 638 Teilnehmern den<br />

bisherigen Tiefpunkt erreichten. 269<br />

Bis zu diesem bisher letzten Archivtag gab es <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> einige Neuerungen<br />

innerhalb <strong>der</strong> Tagung. So wurde 1991 eine „Aktuelle Stunde“ eingeführt, die eine<br />

letzte gemeinsame Sitzung des <strong>Archivtage</strong>s darstellte und in welcher über<br />

gegenwärtige Probleme und Themen des Archivwesens diskutiert wird. Auf dem<br />

1994er Archivtag in Dresden gab es zum ersten Mal fachgruppenübergreifende<br />

Sektionssitzungen, und 1995 tagten die Archivare des gehobenen <strong>Die</strong>nstes erstmals<br />

innerhalb des „Forum Gehobener <strong>Die</strong>nst“. <strong>Die</strong> Sektionssitzungen wurden anstelle <strong>der</strong><br />

Plenarsitzung abgehalten. In je<strong>der</strong> <strong>der</strong> vier Sektionssitzungen wurden fünf<br />

kurzgefasste Referate gehalten, anstatt <strong>der</strong> drei bis vier Vorträge innerhalb <strong>der</strong><br />

Plenarsitzung. Dadurch konnte man in <strong>der</strong> selben Zeit 20 verschiedene Redner zu<br />

Wort kommen lassen. 270<br />

Ebenfalls seit 1995 erscheinen die „Beibände“, in denen die Beiträge <strong>der</strong><br />

gemeinsamen Arbeits- und Sektionssitzungen zusammengefasst sind. Dadurch haben<br />

268 Vgl. Tagungsbericht von <strong>Die</strong>ther Degreif in: Der Archivar, 46. Jg., 1993, Nr. 1, Sp. 5.<br />

269 Vgl. Tagungsbericht von Robert Kretzschmar in: Der Archivar, 57. Jg., 2004, Nr. 1, S. 4.<br />

270 Vgl. Re<strong>im</strong>ann, N.: „<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> von 1994 bis 2001 – Konzeption und Umsetzung.<br />

Ein Erfahrungsbericht“ in: Landesgeschichte und Archivwesen. Festschrift für Reiner Groß, 2002,<br />

S. 663.<br />

79


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Teilnehmer wie auch Nichtteilnehmer die Möglichkeit, alle Vorträge und Referate<br />

<strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> nachzulesen. 1999 tagte <strong>der</strong> vom VdA neu gegründete Arbeitskreis<br />

für „Archivpädagogik und historische Bildungsarbeit“.<br />

Neu war während dieser Zeit auch, dass die Aussetzung <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

aufgrund <strong>der</strong> internationalen Archivkongresse alle vier Jahre nicht stattfand. Nach<br />

dieser Regel hätten die <strong>Archivtage</strong> wie bereits erwähnt 1992, 1996 und 2000 nicht<br />

stattfinden sollen. 1996 fand das 50. Jubiläum des Vereins deutscher Archivare statt.<br />

Aus diesem Grund wurde ein internationales Kolloquium zur Rolle <strong>der</strong><br />

archivarischen Fachverbände in <strong>der</strong> Entwicklung des Berufsstandes abgehalten, auf<br />

dem die ausländischen Teilnehmer über ihre jeweiligen Berufsverbände berichteten.<br />

Im Zentrum dieser Berichte stand die fachliche und län<strong>der</strong>übergreifende<br />

Organisation und Zusammenarbeit sowie die berufliche Aus- und Weiterbildung. 271<br />

Im Jahr 2000 entschied man sich aufgrund <strong>der</strong> 950-Jahrfeier <strong>der</strong> Stadt Nürnberg für<br />

die Durchführung des <strong>Archivtage</strong>s. <strong>Die</strong> dort abgehaltene „Archivistica“-Messe war<br />

mittlerweile die größte Fachausstellung ihrer Art. 42 Aussteller präsentierten dort<br />

ihre Produkte. Auch die Archivschule Marburg und die Fachhochschule Potsdam<br />

waren erneut mit einem eigenen Stand vertreten und stellten sich dort vor. 272<br />

Zugunsten des VdA wurde <strong>der</strong> Name <strong>der</strong> Messe „Archivistica – Fachmesse für<br />

Archivtechnik“ gesetzlich geschützt. 273<br />

Ebenfalls ein Jubiläum führte den Archivtag 1998 nach Münster. Dort beging man<br />

das 350. Jahrestag des Westfälischen Friedens von 1648. Auch dort trafen sich die<br />

ausländischen Archivarinnen und Archivare auf einem internationalen Kolloquium<br />

<strong>der</strong> europäischen Archivfachverbände. Thematisch befassten sich die Teilnehmer des<br />

Kolloquiums erneut mit <strong>der</strong> archivarischen Aus- und Weiterbildung in Europa, so<br />

dass es einen Anschluss an die Veranstaltung von 1996 gab. <strong>Die</strong>ses Kolloquium<br />

wurde vom VdA in Zusammenarbeit mit dem Verband österreichischer Archivare<br />

(VÖA) und <strong>der</strong> „Koninklijke Vereniging van Archivarissen“ <strong>der</strong> Nie<strong>der</strong>lande<br />

durchgeführt und konnte eine Teilnehmerzahl von 100 Fachkollegen aufweisen. 274<br />

271 Vgl. Tagungsbericht von <strong>Die</strong>ther Degreif in: Der Archivar, 50. Jg., 1997, Nr. 1, Sp. 30.<br />

272 Vgl. Tagungsbericht von <strong>Die</strong>ther Degreif in: Der Archivar, 54. Jg., 2001, Nr. 1, S. 4.<br />

273 Vgl. Re<strong>im</strong>ann, N.: „<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> von 1994 bis 2001 – Konzeption und Umsetzung.<br />

Ein Erfahrungsbericht“ in: „Landesgeschichte und Archivwesen. Festschrift für Reiner Groß“, 2002,<br />

S. 669.<br />

274 Vgl. Tagungsbericht von <strong>Die</strong>ther Degreif in: Der Archivar, 52. Jg., 1999, Nr. 1, S. 4.<br />

80


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Wie bereits erwähnt trafen sich die Archivare zuletzt 2003 auf dem Chemnitzer<br />

Archivtag. In Erinnerung an die bisherige Tradition wird <strong>der</strong> Archivtag 2004 nicht<br />

stattfinden, da sich die Archivare in Wien auf dem Internationalen Archivkongress<br />

begegnen werden. Der nächste deutsche Archivtag wird 2005 in Stuttgart stattfinden<br />

und das Thema „Das deutsche Archivwesen und <strong>der</strong> Nationalsozialismus“ tragen.<br />

Damit wird das Thema „Archive und Herrschaft“ des 72. Cottbuser <strong>Archivtage</strong>s<br />

2001 wie<strong>der</strong> aufgegriffen und weitergeführt. 275<br />

275 Vgl. Informationen des VdA unter http://www.vda.archiv.net [letzter Zugriff am 12.07.2004]<br />

81


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

6. Schlussbetrachtung<br />

Der Archivtag war bei seiner Begründung als Ort für den Austausch von<br />

fachspezifischen Problemen gedacht und sollte dazu beitragen, dass sich die<br />

deutschen Archivare selbst als geschlossenen Berufsstand sehen. Obwohl niemand<br />

vor <strong>der</strong> ersten Austragung des <strong>Archivtage</strong>s mit einem wirklich großen Erfolg<br />

gerechnet hatte, wie<strong>der</strong>standen die <strong>Archivtage</strong> und <strong>der</strong>en Teilnehmer jeglichen<br />

Problemen, die aus Kriegen und politischen Situationen heraus entstanden. Befassten<br />

sich die Archivare auf den ersten <strong>Archivtage</strong>n während <strong>der</strong> Kaiserzeit mit<br />

allgemeinen Themen wie die Archivalienerhaltung, so waren die <strong>Archivtage</strong> nach<br />

den beiden Weltkriegen geprägt von Themen, die sich vorrangig mit dem<br />

Wie<strong>der</strong>aufbau von Archiven, Verlusten von Archiven und Archivalien beschäftigten.<br />

In den sechziger bis achtziger Jahren stand vor allem die archivarische Arbeit und<br />

<strong>der</strong>en fortschreitende Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund.<br />

<strong>Die</strong> jeweilige politische Entwicklung ging an den <strong>Archivtage</strong>n wie an den<br />

Archivaren nicht spurlos vorbei. <strong>Die</strong> Versammlungen wurden als Plattformen für<br />

politische Demonstrationen und Bekundungen genutzt. In <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer<br />

Republik war es <strong>der</strong> Ausdruck des deutschnationalen Bewusstseins, welche eine<br />

gewisse Zahl <strong>der</strong> Archivare teilte. Daraus entwickelte sich <strong>im</strong> Dritten Reich die<br />

Unterstützung für den Nationalsozialismus. Nach dem Zweiten Weltkrieg kam es zu<br />

einer Zerrissenheit zwischen den deutschen Archivaren, die sich auf lange Sicht<br />

gesehen auch auf die <strong>Archivtage</strong> auswirkte. In <strong>der</strong> damaligen DDR nahm die Politik<br />

sehr bald Einfluss auf die Wissenschaft und somit auch auf das Archivwesen. <strong>Die</strong><br />

Konflikte <strong>der</strong> vorherrschenden politischen Ansichten in den beiden deutschen<br />

Staaten zu dieser Zeit trugen dazu bei, dass <strong>der</strong> bisherige gesamtdeutsche Archivtag<br />

mehr und mehr zu einem westdeutschen Archivtag mit ausländischer Beteiligung<br />

wurde, an dem Gäste aus <strong>der</strong> DDR teilnehmen konnten. Obwohl nicht alle Archivare<br />

in <strong>der</strong> DDR die politischen Ansichten teilten, oft verließen sie daher die DDR,<br />

konnten sie und ihre westdeutschen Kollegen nicht verhin<strong>der</strong>n, dass von 1961 bis<br />

1988 offiziell keine DDR-Archivare an den <strong>Archivtage</strong>n teilnehmen konnten. Nach<br />

dem Fall <strong>der</strong> Mauer konnte <strong>der</strong> Archivtag wie<strong>der</strong> zu dem werden, als was er<br />

konzipiert worden war, zu einem gesamtdeutschen Archivtag.<br />

82


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Aus einem eintägigen Kongress mit ca. 80 Teilnehmern ist dabei eine Veranstaltung<br />

geworden, die mehrere Tage dauert und Hun<strong>der</strong>te Archivare und Archivarinnen aus<br />

dem In- und Ausland anzieht. Zwar bietet <strong>der</strong> Archivtag nicht die Möglichkeit, alle<br />

archivarischen Probleme zu klären, die sich innerhalb eines Jahres anfinden, denn<br />

dafür bräuchte man sicher nicht nur 3 bis 4 Tage son<strong>der</strong>n Wochen, aber er stellt die<br />

zentrale Veranstaltung eines jeden Jahres dar. Daneben gibt es unzählige regionale<br />

<strong>Archivtage</strong>, die von den Landesverbänden des VdA organisiert werden.<br />

Der deutsche Archivtag bietet den Teilnehmern die Möglichkeit nicht nur an<br />

fachlichen Diskussionen teilzunehmen, son<strong>der</strong>n auch Bekanntschaften zu pflegen,<br />

Kontakte zu knüpfen und sich archivtechnisch weiterzubilden. Beson<strong>der</strong>s für den<br />

archivarischen Nachwuchs sind diese Punkte wichtig. Studenten erhalten durch die<br />

Teilnahme an den <strong>Archivtage</strong>n die Chance, über den Tellerrand <strong>der</strong> Ausbildung<br />

hinauszublicken. Dort können sie sich mit zukünftigen Kollegen unterhalten und für<br />

ihre jeweilige Schule werben. <strong>Die</strong> ehemaligen Studenten halten auf den <strong>Archivtage</strong>n<br />

zudem den Kontakt zu den Ausbildungsstätten, da die Archivschule Marburg und die<br />

Fachhochschule Potsdam seit mehreren Jahren mit eigenen Ständen auf <strong>der</strong><br />

Fachmesse „Archivistica“ vertreten sind. Der einzige Wermutstropfen dabei ist die<br />

Tatsache, dass es nicht jedem Archivar möglich ist, an einem Archivtag<br />

teilzunehmen. Je größer die Archive, desto weniger Mitarbeiter können zu den<br />

<strong>Archivtage</strong>n reisen. Einfacher haben es Archivare aus kleinen Kommunalarchiven.<br />

Dabei ist natürlich die Lage des Tagungsortes nicht unwichtig. So reisten beson<strong>der</strong>s<br />

viele Archivare bisher zu den <strong>Archivtage</strong>n <strong>im</strong> Südwesten Deutschlands an.<br />

Abschließend kann behauptet werden, dass <strong>der</strong> Archivtag Kontakt-, Informations-<br />

und Diskussionsstätte für die deutschen Archivare und Archivarinnen ist. Somit hat<br />

sich das Konzept des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts trotz aller Widrigkeiten bewährt, die in den<br />

vergangenen 105 Jahren vorherrschten. Und bisher ist auch kein Ende <strong>der</strong> deutschen<br />

<strong>Archivtage</strong> zu erkennen. Denn das Interesse und <strong>der</strong> archivarische Nachwuchs<br />

nehmen nicht ab.<br />

83


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Abkürzungsverzeichnis<br />

ARGE-Alp.................... Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Alpenlän<strong>der</strong><br />

BA................................. Bundesarchiv<br />

Bl. ................................. Blatt<br />

BRD.............................. Bundesrepublik Deutschland<br />

bzw. ............................. beziehungsweise<br />

ca. ................................. circa<br />

CSSR............................. Tschechoslowakei / Tschechoslowakische Republik<br />

d.h. ............................... das heißt<br />

DDR.............................. Deutsche Demokratische Republik<br />

ebd. ............................... Ebenda<br />

etc. .............................…et cetera<br />

EZA ...........................…Evangelisches Zentralarchiv Berlin<br />

FDGB............................ Freier deutscher Gewerkschaftsbund<br />

GStA .............................Gehe<strong>im</strong>es Staatsarchiv<br />

HA AW..........................Hauptabteilung Archivwesen<br />

HStA..............................Hauptstaatsarchiv<br />

ICA................................ Internationaler Archivrat<br />

Jg. ................................. Jahrgang<br />

KB................................. Korrespondenzblatt des Gesamtvereins deutscher<br />

Geschichts- und Altertumsvereine<br />

KPdSU ......................... Kommunistische Partei <strong>der</strong> Sowjetunion<br />

k.u.k. ............................ kaiserlich und königlich<br />

Lfd. .............................. laufende<br />

MB............................... Mitteilungsblatt <strong>der</strong> preußischen Archivverwaltung<br />

MdI.............................. Ministerium des Innern <strong>der</strong> DDR<br />

MfAA.......................... Ministerium für Auswärtige Angelegenheiten <strong>der</strong> DDR<br />

Nr. .............................. Nummer<br />

NVA ........................... Nationale Volksarmee<br />

OAR ............................ Oberarchivrat<br />

o.Bl. ............................ ohne Blattangabe<br />

o.S. ............................. ohne Seitenangabe<br />

84


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

OVG............................. Ordnungs- und Verzeichnungsgrundsätze (für die staatlichen<br />

Archive <strong>der</strong> DDR)<br />

RMdI ........................... Reichsministerium des Innern<br />

RuPrMdI ..................... Reichs- und Preußischen Ministeriums des Innern<br />

S. ................................. Seite<br />

SBZ............................... Sowjetische Besatzungszone<br />

SED .............................. Sozialistische Einheitspartei Deutschlands<br />

SMAD........................... Sowjetische Militäradministration in Deutschland<br />

sog. ............................... so genannt<br />

Sp. ................................ Spalte<br />

STAV ........................... Staatliche Archivverwaltung<br />

u.a. ................................ unter an<strong>der</strong>em<br />

UdSSR.......................... Union <strong>der</strong> Sozialistischen Sowjet-Republiken<br />

VdA ............................. Verein deutscher Archivare<br />

VEB.............................. Volkseigener Betrieb<br />

Vgl. .............................. vergleiche<br />

VVB.............................. Vereinigung volkseigener Betriebe<br />

VR ................................ Volksrepublik<br />

z.B. ...............................zum Beispiel<br />

ZK................................. Zentralkomitee<br />

85


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Nachwort<br />

Zur Erleichterung des Lesens dieser Arbeit habe ich wichtige Informationen zu den<br />

bisherigen <strong>Archivtage</strong> und <strong>der</strong> Vorsitzenden des VdA <strong>im</strong> Anhang aufgeführt. Auch<br />

grundlegende Merkmale <strong>der</strong> bisherigen <strong>Archivtage</strong> versuche ich, dem Leser in<br />

diesem Kapitel näherzubringen.<br />

<strong>Die</strong>s mag am Anfang recht einfach erscheinen, jedoch taten sich für mich schon recht<br />

bald einige Probleme auf.<br />

Das erste Problem dabei war meine eigentliche Zielsetzung und die damit<br />

verbundene Recherche und Schreibarbeit. So wollte ich mich historisch gesehen,<br />

hauptsächlich auf die Zeit des Kalten Krieges und dessen Auswirkung auf die<br />

<strong>Archivtage</strong> konzentrieren. <strong>Die</strong> Zeit von 1899 bis 1937, d.h. von <strong>der</strong> Gründung bis<br />

zum letzten Archivtag vor dem 2. Weltkrieg, wollte ich keinesfalls innerhalb einer<br />

bloßen Aufzählung <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> abhandeln. Als ich jedoch mit <strong>der</strong> Recherche zu<br />

dieser Arbeit begann, merkte ich recht schnell, dass ich in dieser Hinsicht umdenken<br />

musste. <strong>Die</strong> Quellenlage für den obengenannten Zeitraum ist doch recht dürftig.<br />

Zumeist findet man nur die Protokolle <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong>, entwe<strong>der</strong> als direkte<br />

Publikation o<strong>der</strong> als Abdruck in <strong>der</strong> Zeitschrift des Gesamtvereines deutscher<br />

Geschichts- und Altertumsvereine. Etwaige Akten wie z.B. von <strong>der</strong> preußischen<br />

Archivverwaltung wurden <strong>im</strong> 2. Weltkrieg zerstört, so dass ich auf diese<br />

zeitgeschichtlichen Quellen selten zurückgreifen konnte. Daher entschied ich mich,<br />

die ersten 27 <strong>Archivtage</strong> so ausführlich wie möglich zu beschreiben. Um eine<br />

Monotonie zu vermeiden, habe ich gelegentlich einen Vortrag und ein Thema näher<br />

beschrieben und nicht nur Titel und Referenten genannt.<br />

Da sich die Quellenlage nach 1945 erheblich verbesserte, die Protokolle <strong>der</strong><br />

<strong>Archivtage</strong> findet man in <strong>der</strong> Zeitschrift „Der Archivar“, versuchte ich die<br />

<strong>Archivtage</strong> ab 1949 nicht mehr so ausführlich zu beschreiben, son<strong>der</strong>n auch die<br />

Geschehnisse <strong>im</strong> Hintergrund. Ausführlich betrachtete ich nur noch „Meilensteine“.<br />

In den Vor<strong>der</strong>grund meiner Betrachtungen versuchte ich das Verhältnis zwischen<br />

den Archivaren in <strong>der</strong> ehemaligen DDR zu den Kollegen <strong>der</strong> BRD und den<br />

<strong>Archivtage</strong>n zu stellen. <strong>Die</strong>s war nicht <strong>im</strong>mer einfach, da die Quellen zu <strong>der</strong> Zeit<br />

1950 – 1989 beson<strong>der</strong>s die <strong>der</strong> DDR politisch eingefärbt sind. Hauptsächlich nutzte<br />

ich dafür Unterlagen <strong>der</strong> Staatlichen Archivverwaltung <strong>der</strong> DDR. Damit man die<br />

Beweggründe <strong>der</strong> Staatlichen Archivverwaltung und <strong>der</strong> DDR-Archivare besser<br />

versteht, habe ich einen kurzen Abriss über das Archivwesen <strong>der</strong> DDR eingefügt.<br />

86


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

<strong>Die</strong> Zeit nach <strong>der</strong> Wende 1990 betrachtete ich nur kurz, da sie noch ausführlicher <strong>im</strong><br />

„Archivar“ und in den jeweiligen Beibänden nachzulesen ist.<br />

Im ersten Kapitel <strong>der</strong> Arbeit werden die Teilnehmer <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> und alle weiteren<br />

vorkommenden Personen meist nur mit ihrem Titel und Nachnamen aufgeführt, da<br />

sie in den mir zur Verfügung stehenden Quellen ebenfalls nur so genannt wurden.<br />

Wo es mir möglich war, habe ich nach den Vornamen recherchiert und diese<br />

hinzugefügt, allerdings nur wenn eine mögliche Verwechslung ausgeschlossen<br />

werden konnte.<br />

Danksagung<br />

Bedanken möchte ich mich bei meinem Erstgutachter Prof. Dr. Walberg, <strong>der</strong> mich<br />

auf die Idee für diese Arbeit brachte, indem er in einem Seminar beiläufig erwähnte,<br />

es gäbe noch keine Diplomarbeit über die <strong>Archivtage</strong>. Ebenso bedanke ich mich bei<br />

meinem Zweitgutachter Prof. Dr. Re<strong>im</strong>ann.<br />

Ganz herzlich möchte ich mich bei den Herren Prof. Dr. Friedrich Beck und Prof. Dr.<br />

Hans-Joach<strong>im</strong> Schreckenbach bedanken, die sich zu Beginn meiner Recherchearbeit<br />

Zeit genommen haben, um Fragen hinsichtlich des Archivwesens in <strong>der</strong> DDR zu<br />

beantworten.<br />

Nicht unerwähnt bleiben darf <strong>der</strong> Vorsitzende des VdA Dr. Wahl, ohne dessen<br />

Erlaubnis ich die Unterlagen des VdA nicht hätte einsehen können. Somit wären mir<br />

wichtige Unterlagen verschlossen geblieben.<br />

Ebenfalls möchte ich mich bei den Mitarbeitern des Bundesarchivs in Dahlewitz-<br />

Hoppegarten, des Hauptstaatsarchivs Düsseldorf, des Gehe<strong>im</strong>en Staatsarchivs in<br />

Berlin-Dahlem und dem Evangelischen Zentralarchiv in Berlin bedanken.<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s möchte ich mich bei Diana, Svenja und Sylvia bedanken, die mich in<br />

jeglicher Hinsicht unterstützt haben.<br />

87


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Anhang<br />

Anhang I: Deutsche <strong>Archivtage</strong> <strong>im</strong> Überblick 276<br />

Ort Zeit Thema<br />

1. Straßburg 25. 09. 1899<br />

2. Dresden 24. 09. 1900<br />

3. Düsseldorf 22. 09. 1922<br />

4. Danzig 08. 08. 1904<br />

5. Bamberg 24. 09. 1905<br />

6. Wien 24. 09. 1906<br />

7. Karlsruhe 14. 09. 1907<br />

8. Lübeck 20. – 21. 09. 1908<br />

9. Worms 08. 09. 1909<br />

10. Posen 06. – 07. 09. 1910<br />

11. Graz 04. – 05. 09. 1911<br />

12. Würzburg 09. – 10. 09. 1912<br />

13. Breslau 04. – 05. 08. 1913<br />

14. We<strong>im</strong>ar 27. 09. 1920<br />

15. Aachen 11. 09. 1922<br />

16. Münster 08. 09. 1924<br />

17. Regensburg 31.08. – 01.09.<br />

1925<br />

18. Kiel 16. 08. 1926<br />

19. Speyer 29. – 30. 08. 1927<br />

20. Danzig 27. – 28. 08. 1928<br />

21. Marburg 08. – 09. 09. 1929<br />

22. Linz/Wien 15. – 17. 09. 1930<br />

23. Stuttgart 12. 09. 1932<br />

24. Königsberg 03. – 04. 09. 1933<br />

25. Wiesbaden 02. – 03. 09. 1934<br />

26. Karlsruhe 18. – 19. 09. 1936<br />

27. Gotha 22. 09. 1937<br />

28. Wiesbaden 31. 05. 1949<br />

29. Landshut 19. – 20. 09. 1950<br />

30. Marburg 12. 09. 1951<br />

31. Nürnberg 06. – 07. 08. 1952<br />

32. Bremen 14. – 15. 09. 1953<br />

33. Goslar 14. – 15. 09. 1954<br />

34. Augsburg 20. – 23. 09. 1955<br />

35. Koblenz 10. – 13. 09. 1957 Mo<strong>der</strong>nes Schriftgut.<br />

Kassationsprobleme<br />

36. Konstanz 08. – 11. 09. 1958 Wirtschaftsgeschichte und Wirtschafts-<br />

und Werksarchive<br />

37. Osnabrück 22. – 23. 09. 1959 Karten <strong>im</strong> Archiv<br />

276 Quelle: Homepage des VdA: http:// www.vda.archiv.net [letzter Zugriff am 12.07.2004]<br />

88


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

38. Essen 27. – 29. 09. 1960 Wandel eines historischen Raumes zu<br />

einem Industrierevier und die damit<br />

verbundenen soziologischen und<br />

archivischen Probleme<br />

39. Regensburg 17. – 22. 09. 1961 Adels- und Standesarchive<br />

40. Mannhe<strong>im</strong> 14. – 16. 09. 1962<br />

41. Emden/Aurich 10. – 14. 09. 1963<br />

42. Aachen 14. – 16. 09. 1965<br />

43. Coburg 08. – 11. 09. 1966<br />

44. Freiburg 09. – 11. 10. 1967<br />

45. Kiel 15. – 18. 09. 1969 Archivarische Öffentlichkeitsarbeit<br />

46. Ulm 21. – 24. 09. 1970 Methoden archivischer Erschließung<br />

und Auswertung<br />

47. Dortmund 20. – 23. 09. 1971 Im Spannungsfeld zwischen Wert und<br />

Masse – Grundsätze und Methoden <strong>der</strong><br />

Schriftguterfassung<br />

48. Würzburg 10. – 13. 09. 1973 Wandlungen <strong>der</strong><br />

Verwaltungsorganisation und ihre<br />

49. Braunschweig 30. 09. – 02. 10.<br />

1974<br />

Auswirkungen auf die Archive<br />

Quellen und Quellenkritik. Umgang mit<br />

klassischen und neuartigen Formen<br />

historischer Forschungsunterlagen<br />

50. Mainz 15. – 19. 09. 1975 <strong>Die</strong> Archive <strong>im</strong> Rahmen des<br />

Informationswesens. <strong>Die</strong> EDV <strong>im</strong><br />

<strong>Die</strong>nst <strong>der</strong> Archivarbeit und Forschung.<br />

51. Berlin 19. – 22. 09. 1977 Archive – Bibliotheken – Museen<br />

52. Hamburg 02. – 04. 10. 1978 Neue Fragen <strong>der</strong> Forschung – neue<br />

53. Bonn/Bad<br />

Godesberg<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen an die Archive<br />

08. – 11. 10. 1979 Normung und Planung <strong>im</strong> Archivwesen<br />

54. Heilbronn 05. – 08. 10. 1981 Ausbildungsreform, Nichtschriftliche<br />

Archivquellen, Zünfte und<br />

Gewerbefreiheit/Forschungsstand und<br />

archivische Quellen<br />

55. Münster 04. – 06. 10. 1982 Zwischen Schriftgutverwaltung und<br />

historischer Forschung. Traditionelle<br />

und mo<strong>der</strong>ne Elemente <strong>im</strong> Berufsbild<br />

des Archivars.<br />

56. Saarbrücken 10. – 13. 06. 1983 Grenzüberschreitende Probleme und<br />

internationale Aspekte archivischer<br />

57. Hannover<br />

Arbeit und Zusammenarbeit<br />

07. – 10. 10. 1985 Rationalisierung <strong>im</strong> Archivwesen –<br />

Möglichkeiten und Grenzen<br />

58. München 13. – 16. 10. 1986 <strong>Die</strong> Archive in <strong>der</strong><br />

Informationsgesellschaft –<br />

Überlieferungsbildung und archivische<br />

Dokumentation <strong>im</strong> Wandel<br />

59. Frankfurt a. M. 12. – 15. 10. 1987 Archive und Wirtschaft –<br />

Wirtschaftlichkeit in Archiven<br />

89


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

60. Lübeck 25. – 28. 09. 1989 <strong>Die</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Archive <strong>im</strong> Wandel.<br />

Neues Archivrecht – Neuartiges<br />

Archivgut<br />

61. Karlsruhe 01. – 04. 10. 1990 Geschichtliche Überlieferung gestalten<br />

– erhalten – nutzbar machen<br />

62. Aachen 07. – 10. 10. 1991 Archive und historisches Erinnern. Zur<br />

Verantwortung des Archivars für die<br />

Sicherung und Nutzung geschichtlicher<br />

Quellen<br />

63. Berlin 05. – 08. 10. 1992 Archive und die deutsche Einheit<br />

64. Augsburg 27. – 30. 09. 1993 Der Auswertungsauftrag <strong>der</strong> Archive –<br />

Anspruch und Wirklichkeit<br />

65. Dresden 04. – 07. 10. 1994 Überlieferungssicherung <strong>im</strong><br />

Informationszeitalter als öffentliche<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Archive<br />

66. Hamburg 26. – 29. 09. 1995 Archive und Gesellschaft<br />

67. Darmstadt 17. – 20. 09. 1996 50 Jahre Verein deutscher Archivare –<br />

Bilanz und Perspektiven des<br />

Archivwesens in Deutschland<br />

68. Ulm 23. – 26. 09. 1997 Vom Findbuch zum Internet –<br />

Erschließung von Archivgut vor neuen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

69. Münster 28. 09. – 02. 10. Archive <strong>im</strong> zusammenwachsenden<br />

1998<br />

Europa<br />

70. We<strong>im</strong>ar 21. – 25. 09. 1999 Archive und Kulturgeschichte<br />

71. Nürnberg 10. – 13. 10. 2000 <strong>Die</strong> Archive am Beginn des 3.<br />

Jahrtausends – Archivarbeit zwischen<br />

Rationalisierungsdruck und<br />

Serviceerwartungen<br />

72. Cottbus 18. – 21. 09. 2001 Archive und Herrschaft<br />

73. Trier 17. – 20. 09. 2002 Archive und Forschung<br />

74. Chemnitz 30.09.– 3.10.2003 Archive <strong>im</strong> gesellschaftlichen<br />

Reformprozess<br />

75. Stuttgart 2005 „Das deutsche Archivwesen und <strong>der</strong><br />

Nationalsozialismus“<br />

90


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Anhang II: Vorsitzende des VdA und Hintergrundinformationen<br />

1946 - 1953 Dr. Bernhard Vollmer<br />

1954 - 1957 Dr. Wilhelm Winkler<br />

1958 - 1961 Dr. Georg Wilhelm Sante<br />

1962 - 1967 Dr. Karl G. Bruchmann<br />

1967 - 1977 Dr. Helmut Dahm<br />

1978 - 1985 Prof. Dr. Eckhart G. Franz<br />

1985 - 1993 Dr. Hermann Rumschöttel<br />

1994 - 2002 Dr. Norbert Re<strong>im</strong>ann<br />

seit 2003 Dr. Volker Wahl<br />

• <strong>Die</strong> Planung <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> wurde nach dem 2. Weltkrieg geteilt. So sind<br />

dafür <strong>der</strong> Vorstand des VdA und ein Ortsausschuss des Tagungsortes<br />

zuständig. Vor dem Krieg wurde dafür ein Planungsausschuss gewählt.<br />

Bis 1993 wurde an dem Konzept festgehalten, dass <strong>der</strong> Vorstand des VdA die<br />

Grundstruktur des Programms festlegt und <strong>der</strong> Ortsausschuss die<br />

Organisation übernahm. Durch die größer werdenden D<strong>im</strong>ensionen des<br />

<strong>Archivtage</strong>s wurde es nötig die jeweiligen Ortsausschusse zu entlasten. So<br />

wurde 1994 erstmals eine Geschäftstelle be<strong>im</strong> VdA eingerichtet, zu <strong>der</strong>en<br />

wichtigste Aufgabe die Organisation <strong>der</strong> <strong>Archivtage</strong> gehört. <strong>Die</strong><br />

Ortsausschüsse organisieren seitdem die Gestaltung des Rahmenprogramms<br />

und die Exkursionen. 277<br />

• Nach dem Zweiten Weltkrieg fanden die <strong>Archivtage</strong> jährlich statt, bis auf die<br />

Jahre in denen die Internationalen Archivkongresse abgehalten wurden. Aus<br />

Rücksicht auf diesen Kongress fanden keine <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> statt.<br />

• <strong>Die</strong> <strong>Archivtage</strong> werden bis auf einige Ausnahmen <strong>im</strong>mer vom Vorsitzenden<br />

des VdA eröffnet. Vor <strong>der</strong> Gründung des VdA wurde die Versammlung lange<br />

Zeit vom ältesten Mitglied des geschäftsführenden Ausschusses eröffnet,<br />

bzw. von verschiedenen Archivdirektoren.<br />

277 Vgl. Re<strong>im</strong>ann, N.: „<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong> von 1994 bis 2001 – Konzeption und Umsetzung.<br />

Ein Erfahrungsbericht“ in: „Landesgeschichte und Archivwesen. Festschrift für Reiner Groß“, 2002,<br />

S. 658f.<br />

91


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Anhang III: Glossar<br />

Alleinvertretungsanspruch, <strong>Die</strong> Bundesrepublik erhob bis 1969 den Anspruch,<br />

Deutschland als einziger Staat zu vertreten. Daher wertete es die Bundesregierung als<br />

einen unfreundlichen Akt, wenn ein Staat, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong> BRD diplomatische<br />

Beziehungen unterhielt, auch die DDR als selbstständigen Staat anerkannte. Eine<br />

Ausnahme stellte dabei nur die Sowjetunion. <strong>Die</strong>ser außenpolitische Grundsatz,<br />

keine Beziehungen zu Staaten aufzunehmen bzw. diese Abzubrechen, sollten diese<br />

Staaten die DDR diplomatisch anerkennen, wurde nach dem Staatssekretär <strong>im</strong><br />

Auswärtigem Amt Walter Hallstein, als Hallstein-Doktrin bezeichnet. 278<br />

Internationaler Archivrat (ICA), wurde auf einer Sitzung von Archivaren <strong>der</strong><br />

UNESCO am 9. Juni 1948 als internationale Weltorganisation von Archivaren<br />

gegründet. Der ICA ist eine dezentrale Organisation, <strong>der</strong>en Mitglie<strong>der</strong> sich in einer<br />

Vollversammlung zusammenfinden und die von einem Exekutivkomitee geleitet<br />

wird. Der ICA hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Bewahrung, Sicherstellung und<br />

Benutzung des Archivguts <strong>der</strong> Welt zu gewährleisten. <strong>Die</strong> Organisation ist<br />

regierungsunabhängig und arbeitet eng mit <strong>der</strong> UNESCO zusammen. In ihr sind<br />

nationale Archivverwaltungen, archivarische Fachverbände, Kommunal- und<br />

Stadtarchive, Archive an<strong>der</strong>er Organisationen sowie einzelne Archivare und<br />

Archivarinnen vereinigt. 279<br />

Marburger Religionsgespräche, Bezeichnung für die theologische<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung, die vom 01. bis 04. Oktober auf die Einladung des Landgrafen<br />

Philipp I. von Hessen in Marburg stattfand. Ziel <strong>der</strong> Gespräche sollte die Einigung<br />

zwischen den evangelischen und den katholischen Fürsten herstellen zu können.<br />

Teilnehmer waren die Wittenberger Theologen (Luther, Melanchthon, Krafft) und<br />

die Straßburger und Schweizer Theologen (Bucer, Hedio, Zwingli und Ökolampad).<br />

Im Mittelpunkt <strong>der</strong> Gespräche stand die Lehre vom Abendmahl. 280<br />

Septemberkrise, Um die Annexion <strong>der</strong> Tschechoslowakei zu erreichen, unterstützte<br />

Adolf Hitler 1938 den Chef <strong>der</strong> Sudetendeutschen Partei, Konrad Henlein,<br />

278 Vgl. Informationen zur politischen Bildung Nr. 256/1997, S. 19<br />

279 Nach: ICA: http://www.ica.org [letzter Zugriff am 12.07.2004]<br />

280 Aus: „Meyers enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden“, Band 15, 1975, S. 598.<br />

92


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Autonomiefor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> deutschen Min<strong>der</strong>heit gegen die Prager<br />

Regierung. Hitler betrieb bis zum Herbst 1938 die Eskalation <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach<br />

Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche Reich, die einen möglichen Krieg<br />

heraufbeschworen hätte können. Um diesen zu verhin<strong>der</strong>n, bot <strong>der</strong> britische<br />

Premierminister, Neville Chamberlain, Hitler auf dem Höhepunkt <strong>der</strong> Krise die<br />

Abtretung des Sudetenlandes an. Innerhalb des Münchener Abkommens, st<strong>im</strong>mten<br />

Großbritannien und Frankreich <strong>der</strong> Abtretung des Sudetenlandes an das Deutsche<br />

Reich zu. 281<br />

Table ronde des Archives ist die jährliche Versammlung <strong>der</strong> Direktoren <strong>der</strong><br />

verschiedenen Archivverwaltungen und archivarischen Fachverbände. Dort werden<br />

fachliche Informationen und Erfahrungen ausgetauscht und beraten. 282<br />

Warschauer Pakt, Militärbündnis, das am 14. Mai 1955 in Warschau gegründet<br />

wurde. Mitglie<strong>der</strong> waren die Staaten Albanien, Bulgarien, DDR, Polen, Rumänien,<br />

Tschechoslowakei, UdSSR und Ungarn. Das Bündnis wurde <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

dem von den obengenanten Staaten unterzeichneten „Vertrag über Freundschaft,<br />

Zusammenarbeit und gegenseitigen Beistand“ (Warschauer Vertrag) und dem<br />

Beschluss über die Gründung eines „Vereinten Kommandos <strong>der</strong> Streitkräfte“ in<br />

Leben gerufen. Der Warschauer Pakt sollte ein Gegengewicht zur NATO darstellen,<br />

die Streitkräfte <strong>der</strong> kommunistischen Staaten zusammenfassen und die<br />

Mitgliedsstaaten eng an die UdSSR binden. 283<br />

281 Vgl. Benz, W.: „Geschichte des Dritten Reiches“, 2000, S.160-162.<br />

282 Nach: ICA: http://www.ica.org [letzter Zugriff am 12.07.2004]<br />

283 Aus: „Meyers enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden“, Band 25, Mannhe<strong>im</strong> 1975, S. 29<br />

93


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Quellenverzeichnis<br />

1. Bundesarchiv Abteilung Dahlewitz – Hoppegarten (BA Dahlewitz-<br />

Hoppegarten)<br />

DO1/22.0 – Staatliche Archivverwaltung <strong>der</strong> DDR<br />

DO6 – Zentralarchiv <strong>der</strong> DDR in Potsdam<br />

2. Evangelisches Zentralarchiv Berlin (EZA)<br />

1961<br />

2062<br />

3097<br />

3119<br />

3170<br />

3754<br />

3757<br />

Best. 41: Arbeitsgemeinschaft <strong>der</strong> Archive und Bibliotheken in <strong>der</strong> evangelischen<br />

Kirche<br />

58<br />

59<br />

60<br />

354<br />

3. Gehe<strong>im</strong>es Staatsarchiv Berlin – Dahlem (GStA – Berlin)<br />

Hauptabteilung I<br />

Rep.178 A: Direktorium <strong>der</strong> Staatsarchive<br />

Rep.178 B, 1.3:<br />

4. Hauptstaatsarchiv Düsseldorf (HStA Düsseldorf)<br />

RW 29 : Unterlagen des Vorsitzenden des VdA<br />

RW 397: Unterlagen des Schatzmeisters des VdA<br />

VII, 3A3, Vol. I - V<br />

VII, 3A3, adh. Sammlung<br />

1379 - 1382<br />

1473<br />

8<br />

19<br />

21 - 23<br />

87 - 93<br />

30<br />

94


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Literaturverzeichnis<br />

50 Jahre Verein deutscher Archivare : Bilanz und Perspektiven des Archivwesens in<br />

Deutschland, Siegburg : Schmitt, 1998<br />

Archivtag und Hauptversammlung des Gesamtvereins zu Münster i.W. - 7 bis 11.<br />

September 1924, Berlin : Mittler & Sohn, 1925<br />

Benz, W.: „Geschichte des Dritten Reiches“, München : C.H. Beck, 2000<br />

Brachmann, B.: „Archivwesen <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik“, Berlin :<br />

Deutscher Verlag <strong>der</strong> Wissenschaften, 1984<br />

Der Archivar. Mitteilungsblatt für deutsches Archivwesen, hrsg. vom Nordrhein-<br />

Westfälischen Hauptstaatsarchiv, bis 30/1977 Hauptstaatsarchiv Düsseldorf,<br />

Siegburg : Schmitt<br />

Grevelhörster, L.: „Kleine Geschichte <strong>der</strong> We<strong>im</strong>arer Republik“, Münster :<br />

Aschendorf Verlag, 2000, S.97<br />

Hermann, M.: „Das Reichsarchiv (1919 – 1945). Eine archivische Institution <strong>im</strong><br />

Spannungsfeld <strong>der</strong> deutschen Politik“, Dissertation, Berlin : Humboldt Universität zu<br />

Berlin, 1993.<br />

Hesselberger, D.: „Das Grundgesetz : Kommentar für die politische Bildung, 12.<br />

Auflage“, Neuwied : Luchterhand Verlag, 2001<br />

Informationen zur politischen Bildung Nr. 233 „<strong>Die</strong> Teilung Deutschlands 1955 bis<br />

zur Einheit“, Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung, München : Franzis-Druck<br />

GmbH, 1991<br />

Informationen zur Politischen Bildung Nr. 256 „Deutschland in den fünfziger<br />

Jahren“, Hrsg. Bundeszentrale für politische Bildung, München : Franzis-Druck<br />

GmbH, 1997<br />

Kahlenberg, F.: „Deutsche Archivare in West und Ost : Zur Entwicklung des<br />

Staatlichen Archivwesens seit 1945“, Düsseldorf : Droste Verlag, 1972<br />

Korrespondenzblatt des Gesamtvereins deutscher Geschichts- und<br />

Altertumsvereine, hrsg. von dem Verwaltungsausschuss des Gesamtvereins Berlin 1<br />

(1952) – 82 (1936), danach: Neue Blätter für Landesgeschichte (KB)<br />

95


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Leesch, W.: „<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> Archivare 1500-1945 : Band 1, Verzeichnis nach ihren<br />

Wirkungsstätten“, München, New York, London, Paris : Saur, 1985<br />

Leesch, W.: „<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> Archivare 1500-1945 : Band 2, Biographisches<br />

Lexikon“, München, New York, London, Paris : Saur, 1992<br />

Lexikon Archivwesen <strong>der</strong> DDR, hrsg. von <strong>der</strong> Staatlichen Archivverwaltung des<br />

Ministeriums des Innern <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik, Berlin :<br />

Staatsverlag <strong>der</strong> <strong>Deutschen</strong> Demokratischen Republik, 1977<br />

Meyers enzyklopädisches Lexikon in 25 Bänden : Mannhe<strong>im</strong>, Wien, Zürich,<br />

Bibliographisches Institut, Lexikonverlag 1975<br />

Mitteilungsblatt des Generaldirektors <strong>der</strong> (preußischen) Staatsarchive. Nur zum<br />

<strong>Die</strong>nstgebrauch, Berlin 1937 – 1945 (MB)<br />

Musial, T.: „Staatsarchive <strong>im</strong> Dritten Reich : Zur Geschichte des staatlichen<br />

Archivwesens in Deutschland 1933-1945, Potsdam : Verl. Für Berlin-Brandenburg,<br />

1996<br />

Protokolle des Dritten <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong>s zu Düsseldorf 1902, Berlin : Mittler<br />

& Sohn, 1902<br />

Protokolle des Vierten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Danzig 1904, Berlin : Mittler &<br />

Sohn, 1904<br />

Protokolle des Fünften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Bamberg 1905, Berlin : Mittler &<br />

Sohn, 1905<br />

Protokolle des Sechsten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Wien 1906, Berlin : Mittler &<br />

Sohn, 1906<br />

Protokolle des Siebenten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Karlsruhe 1907, Berlin : Mittler<br />

& Sohn, 1907<br />

Protokolle des Achten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Lübeck 1908, Berlin : Mittler &<br />

Sohn, 1908<br />

Protokolle des Zehnten <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Posen 1910, Berlin : Mittler &<br />

Sohn, 1910<br />

Protokolle des Elften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Graz 1911, Berlin : Mittler & Sohn,<br />

1911<br />

Protokolle des Zwölften <strong>Deutschen</strong> Archivtags zu Würzburg 1912, Berlin : Mittler<br />

& Sohn, 1912<br />

Siebzehnter Deutscher Archivtag in Regensburg - 31. August und 1. September<br />

1925, Berlin : Mittler & Sohn, 1926<br />

96


<strong>Die</strong> <strong>Deutschen</strong> <strong>Archivtage</strong><br />

Wißuwa, R. (Hrsg): „Landesgeschichte und Archivwesen. Festschrift für Reiner<br />

Groß zum 65 Geburtstag“, Dresden: Sächsisches Druck- und Verlagshaus AG, 2002<br />

Internetquellen<br />

Homepage des VdA http://www.vda.archiv.net [letzter Zugriff am 12.07.2004]<br />

Homepage des ICA http://www.ica.org [letzter Zugriff am 12.07.2004]<br />

97

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