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2012 3 BGHM 01.pdf, Seiten 17-32

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Das Magazin der Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

<strong>BGHM</strong>-Aktuell<br />

Schwerpunkt: Schweißen<br />

Ausgabe 3 | <strong>2012</strong>


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > LeiStunG unD RecHt<br />

<strong>BGHM</strong><br />

A k t u e l l<br />

Jun. <strong>2012</strong> | Jul <strong>2012</strong><br />

2<br />

impressum<br />

<strong>BGHM</strong>-Aktuell<br />

Magazin der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall<br />

HeRAuSGeBeR:<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

(<strong>BGHM</strong>)<br />

VeRAntwoRtLicH:<br />

Dr. Albert Platz<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

Wilhelm-Theodor-Römheld-Straße 15<br />

55130 Mainz<br />

iSSn 1612-5428<br />

ReDAktion:<br />

Peter Hackenberg – Hbg<br />

Tel.: 0711 / 1334-15054<br />

Klaus Taubitz – Tbz<br />

Tel.: 0511 / 8118 - 16882<br />

Mathias Widmann (Layout)<br />

Tel.: 0711 / 1334-10244<br />

ScHLuSSReDAktion:<br />

Klaus Taubitz<br />

Berufsgenossenschaft Holz und Metall<br />

Seligmannallee 4<br />

30<strong>17</strong>3 Hannover<br />

Tel.: 0511 / 8118-16882<br />

E-Mail: klaus.taubitz@bghm.de<br />

titeLfoto:<br />

©3M<br />

DRuck unD VeRLAG:<br />

CW NIEMEYER Druck GmbH<br />

Böcklerstraße 13, 3<strong>17</strong>89 Hameln<br />

Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht<br />

in jedem Fall die Meinung der Redaktion wieder.<br />

Der Bezugspreis ist im Mitgliedsbeitrag enthalten.<br />

Nachdruck mit Quellenangabe, auch auszugsweise,<br />

ist nur mit Genehmigung des Herausgebers<br />

gestattet. Für unverlangt eingesandte Manuskripte,<br />

Fotos usw. wird keine Gewähr übernommen<br />

und auch kein Honorar gezahlt. Für Informationen<br />

unter den Links, die auf den in dieser<br />

Ausgabe vorgestellten Internetseiten aufgeführt<br />

werden, übernimmt der Herausgeber keine Verantwortung.<br />

editorial<br />

Liebe Leserinnen, liebe Leser<br />

Zwei wesentliche Maßnahmen haben die Kommunikationsarbeit der<br />

<strong>BGHM</strong> in den letzten Monaten geprägt: Da war zum einen die Regionaltagung<br />

in Bad Kreuznach Mitte März und zum anderen der Start des<br />

neuen Internetauftritts Anfang April dieses Jahres. Beiden gemein ist<br />

die direkte Ansprache unserer Zielgruppen: hier die Verantwortlichen<br />

und Mitarbeiter aus den kleinen und mittleren Betrieben vor Ort, dort<br />

die vier Bereiche für Unternehmer, Versicherte, Arbeitsschützer und<br />

Seminarteilnehmer. Beide Kommunikationskanäle werden wir bedarfsgerecht<br />

weiterentwickeln, wie andere und neue Wege der direkten<br />

Zielgruppenansprache auch.<br />

Ebenfalls in den März fiel der Startschuss für die diesjährige BG-Kliniktour.<br />

In Zeiten, in denen der Sparzwang auch die Krankenhäuser längst<br />

erfasst hat, sind die herausragenden Leistungen der BG-Kliniken für<br />

die Rehabilitation der von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten betroffenen<br />

Versicherten kaum hoch genug zu bewerten. Über Jahrzehnte<br />

hinweg haben sie sich auf die Behandlung besonderer Verletzungen,<br />

Traumatisierungen und Erkrankungen spezialisiert. Dies reicht von<br />

der modernen medizinischen Versorgung schwerstverletzter Personen<br />

bis hin zum Rehasport als Mittel, den Patienten ihre körperliche und<br />

seelische Gesundheit zurückzugeben. Wie das gelingen kann, zeigen<br />

die Mitglieder der verschiedenen Behindertensportverbände in ganz<br />

besonderer Weise. Dabei geht es weniger um echten Leistungssport als<br />

vielmehr um die soziale Bedeutung: Bewegung verbindet!<br />

Und weil dieses Motto alle Menschen in gleicher Weise betrifft, ergänzen<br />

wir die vorliegende Ausgabe um eine Checkliste für das sichere<br />

Fahrradfahren. Wohl kaum etwas boomt derzeit so, wie dieser Bereich.<br />

Allein fünf Millionen Deutsche haben 2009 dem Allgemeinen Deutschen<br />

Fahrradclub zufolge einen Radurlaub mit mindestens einer<br />

Übernachtung unternommen. Und als schlankes, flexibles Gefährt<br />

spielt das Fahrrad auch im urbanen Straßenverkehr – also auf dem<br />

Weg zur Arbeit und zurück – eine immer größere Rolle. Am Ende ist<br />

es aber ganz egal, wohin Sie mit Ihrem „Drahtesel“ unterwegs sind<br />

– mehr Spaß macht die Bewegung jedenfalls auf einem einwandfrei<br />

funktionierenden Zweirad. Und sicherer ist es auch. In diesem Sinne<br />

wünschen wir Ihnen einen schönen Sommerurlaub.<br />

Dr. Albert Platz<br />

Vorsitzender der Geschäftsführung


inhalt<br />

www.bghm.de<br />

Neu, klar, transparent: die <strong>BGHM</strong> im Internet 4<br />

Regionaltagung in Bad Kreuznach<br />

Die <strong>BGHM</strong> geht in die Region! 5<br />

Duisburg erste Station der bundesweiten BG-Kliniktour<br />

„Krass kaputt & gut geheilt“ 6<br />

Azubis restaurieren Werkzeugmaschine<br />

Alte Dame vor dem Schrottplatz bewahrt 7<br />

Kollaborierendes System zertifiziert<br />

Ein Roboter mit Sensorhaut 8<br />

Umgang mit unbekannten Gefahrstoffen<br />

„Ich wollte alle mit im Boot haben.“ 10<br />

Raumklima im Hochsommer<br />

Behaglich soll es sein 12<br />

Unfälle 2010 im Metallbereich<br />

Junge Mitarbeiter öfter, ältere schwerer betroffen 14<br />

Schwerpunktthema Juni <strong>2012</strong><br />

Schweißen und verwandte Verfahren 16<br />

Wissenswertes für den Ferienjob<br />

Einweisung und PSA gehören immer dazu 21<br />

Manipulation an Schutzeinrichtungen<br />

Kein Kavaliersdelikt 22<br />

Umfrage zu „Jugend will sich erleben“<br />

Kompetentes Unterweisungsmaterial 24<br />

Fehlzeiten-Report 2011<br />

Lob hält Mitarbeiter gesünder 26<br />

Rotierende Werkzeuge oder Werkstücke<br />

Finger weg von Schutzhandschuhen! 27<br />

Neue Herausforderungen<br />

Prävention psychischer Belastungen im Arbeitsleben 28<br />

Velo-Wellness oder Tour-de-Force?<br />

Der Fahrradcheck vor der großen Tour 29<br />

Meldung an die Berufsgenossenschaft<br />

Wer hilft beim Verdacht auf eine Berufskrankheit? 30<br />

Keine Hinterbliebenenrente<br />

Mord war kein Arbeitsunfall 31<br />

8<br />

Foto: Schwieberdingen<br />

12<br />

Foto: ©GIS/Fotolia.com<br />

16<br />

Foto: <strong>BGHM</strong><br />

30<br />

Foto: DGUV\BGRCI\Bertram<br />

3


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > kuRz notieRt<br />

www.bghm.de<br />

neu, klar, transparent: die <strong>BGHM</strong> im internet<br />

Der Internetauftritt der Berufsgenossenschaft<br />

Holz und Metall<br />

(<strong>BGHM</strong>) hat eine umfassende Überarbeitung<br />

erfahren und präsentiert<br />

sich seit Anfang April <strong>2012</strong> in völlig<br />

neuem Gewand.<br />

Vorrangiges Ziel des Relaunch war es,<br />

die organisationsabhängige durch eine<br />

nutzerorientierte Struktur zu ersetzen.<br />

Gleichzeitig ging es darum, das nach der<br />

Fusion zur <strong>BGHM</strong> Anfang 2011 aus drei<br />

verschiedenen Webseiten entstandene<br />

Konstrukt in einen einheitlichen und<br />

übersichtlichen Auftritt zu überführen.<br />

Entstanden ist der neue Auftritt in enger<br />

Zusammenarbeit mit einer erfahrenen<br />

Webagentur und auf der Basis einer detaillierten<br />

Auswertung der bisherigen<br />

Besucherströme. Die neue Navigationsstruktur<br />

spricht die Zielgruppen der<br />

<strong>BGHM</strong> direkt auf der Titelseite an und<br />

leitet sie zu den gesuchten Inhalten weiter.<br />

Diese liegen nach Themen sortiert<br />

zur Ansicht oder zum Download bereit.<br />

In der Hauptsache gliedert sich die neue<br />

Webseite in folgende fünf Bereiche:<br />

unternehmer: Hier geht es direkt zu<br />

den Informationen zur Mitgliedschaft,<br />

zu Beitragsfragen und -tarifen, zum Beitragsbescheid<br />

und Lohnnachweis sowie<br />

zu weiteren Versicherungsthemen.<br />

4<br />

Arbeitnehmer: Hier bildet sich die Leistungsseite<br />

der <strong>BGHM</strong> ab. Es geht um<br />

Arbeits- und Wegeunfälle sowie Berufskrankheiten,<br />

um die Zeit nach einem<br />

Unfall, um Rehabilitation und Renten.<br />

Arbeitsschützer: Dieser Bereich spricht<br />

alle Personen an, die in die Organisation<br />

des betrieblichen Arbeitsschutzes<br />

eingebunden sind. Dazu gehören unter<br />

anderem Sicherheitsbeauftragte, Sicherheitsfachkräfte,<br />

Betriebsräte, Arbeitsmediziner<br />

und natürlich auch die<br />

Unternehmer.<br />

Seminarteilnehmer: Wer Gefahren erkennt,<br />

kann sich und seine Kollegen<br />

besser schützen. Deshalb setzt die<br />

<strong>BGHM</strong> auf Wissen durch Aus- und Fortbildung<br />

ihrer Zielgruppen. Die Informationen<br />

zu den zahlreichen Seminarangeboten<br />

bündelt dieser Webbereich. Dazu<br />

gehören die verschiedenen Anmeldemöglichkeiten,<br />

Informationen zu Sonderveranstaltungen<br />

und die Seminarergebnisse<br />

zum Herunterladen.<br />

<strong>BGHM</strong>: Dieser Bereich steht für die Serviceangebote<br />

wie unter anderem den<br />

Medienshop, die Ansprechpartner und<br />

Adressen, Nachrichten, Hinweise auf<br />

Veranstaltungen sowie sämtliche Informationen<br />

zur Organisation und Funktion<br />

der <strong>BGHM</strong>.<br />

Grundsätzlich gilt: Der neue <strong>BGHM</strong>-Webauftritt<br />

ist transparenter und interaktiver.<br />

Er bietet an vielen Stellen Gelegenheit,<br />

direkt mit der Expertin oder dem<br />

Experten zum gesuchten Thema Kontakt<br />

aufzunehmen. Zudem vermeidet eine<br />

interne Datenstruktur Wiederholungen.<br />

Alle <strong>Seiten</strong> tragen am unteren Ende eine<br />

Nummer, die gleichzeitig als Webcode<br />

fungiert. Einfach ins Suchfenster eingetragen,<br />

lässt sich die Seite schnell wiederfinden.<br />

Und wo die Recherche mal<br />

nicht direkt ans Ziel führt, hilft die überarbeitete<br />

Suchfunktion weiter.<br />

Also: Besuchen Sie uns auf unserer<br />

neuen Website unter www.bghm.de. Wir<br />

freuen uns auf Ihre Rückmeldung!<br />

Michael Pfenning/Klaus Taubitz


Regionaltagung in Bad Kreuznach<br />

Die <strong>BGHM</strong> geht in die Region!<br />

Die erste Regionaltagung der Berufsgenossenschaft Holz und Metall (<strong>BGHM</strong>)<br />

ist am 16. März dieses Jahres auf reges Interesse gestoßen.<br />

Deckt den Informationsbedarf<br />

vor Ort: das<br />

Konzept der <strong>BGHM</strong>-<br />

Regionaltagungen<br />

Zusammen mit ihren regionalen Partnern,<br />

der IG Metall Bad Kreuznach sowie<br />

den Handwerkskammern Koblenz<br />

und Rheinhessen, hatte die <strong>BGHM</strong> nach<br />

Bad Kreuznach eingeladen. Teilnehmer<br />

waren unter anderem Unternehmer, Sicherheitsfachkräfte,<br />

Betriebsräte und<br />

Betriebsärzte aus den Mitgliedsbetrieben<br />

vor Ort. Deren lebhafte Beteiligung<br />

an den Diskussionen sowie die Fragen<br />

zu sämtlichen Themen rund um den Arbeitsschutz<br />

unterstreichen die Notwendigkeit<br />

dieser direkten Information.<br />

Im Mittelpunkt der Veranstaltung standen<br />

die Handlungsfelder Arbeitssicherheit<br />

und betrieblicher Gesundheitsschutz,<br />

die als Produktionsfaktoren in<br />

der deutschen Wirtschaft deutlich an<br />

Bedeutung zugelegt haben. Unternehmen,<br />

die den Gesundheitsschutz und<br />

die Arbeitssicherheit als Führungsaufgabe<br />

wahrnehmen, profitieren in der<br />

Regel von einer höheren Motivation<br />

der Mitarbeiter, einer größeren Verfüg-<br />

barkeit des eigenen Personals wegen<br />

reduzierter Ausfallzeiten und von einer<br />

höheren Produktqualität.<br />

„Unsere großen Mitgliedsbetriebe haben<br />

längst erkannt, dass sich Investitionen<br />

in den Arbeitsschutz auszahlen“,<br />

bilanziert Dr. Albert Platz, Vorsitzender<br />

der <strong>BGHM</strong>-Geschäftsführung. „Problematischer<br />

ist dies eher in kleinen und<br />

mittleren Betrieben, hier besteht in der<br />

Regel ein deutlich höherer Informationsbedarf.“<br />

Deshalb setzt die <strong>BGHM</strong><br />

konsequent auf Information und Beratung<br />

vor Ort sowie auf eine möglichst<br />

enge Kooperation mit den Mitgliedsbetrieben.<br />

Teil dieses Konzepts sind<br />

die Regionaltagungen, mit dem Start in<br />

Bad Kreuznach. Dort stand nicht nur ein<br />

Fachvortrag zu den besonderen Beratungsangeboten<br />

der <strong>BGHM</strong> im Bereich<br />

der Unfallverhütung auf dem Programm,<br />

sondern auch die Berichte aus der Arbeit<br />

des Vorstandes sowie ein Erfahrungsaustausch<br />

mit den Teilnehmern.<br />

kuRz notieRt < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Foto: <strong>BGHM</strong><br />

Die Regionaltagungen sind somit ein<br />

weiterer Schritt der <strong>BGHM</strong> hin zum erklärten<br />

Ziel, den branchenspezifischen<br />

Arbeitsschutz zu stärken sowie die Mitgliedsunternehmen<br />

und Versicherten<br />

partnerschaftlich und effizient zu betreuen.<br />

Die Veranstaltungen bieten darüber hinaus<br />

die Gelegenheit, auf das gesamte<br />

Leistungspaket der <strong>BGHM</strong> hinzuweisen.<br />

Denn im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben<br />

– Prävention, Rehabilitation und<br />

Entschädigung – ist die <strong>BGHM</strong> zentralen<br />

Werten verpflichtet: der Sicherheit und<br />

Gesundheit ihrer Versicherten sowie der<br />

Existenzsicherung ihrer Mitgliedsunternehmen<br />

durch Haftungsablösung bei<br />

Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten.<br />

In diesem Sinne übernimmt die <strong>BGHM</strong><br />

den Versicherungsschutz von etwa 4,3<br />

Mio. Beschäftigten in den mehr als<br />

200.000 Betrieben der Branchen Holz<br />

und Metall.<br />

Klaus Taubitz<br />

5


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > kuRz notieRt<br />

Duisburg erste Station der bundesweiten BG-Kliniktour<br />

„krass kaputt & gut geheilt“<br />

Mitten im Herzen von Duisburg startete die<br />

diesjährige BG-Kliniktour unter dem Motto<br />

„Bewegung verbindet“.<br />

Im Rahmen der VIVARE Gesundheitsmesse<br />

im CityPalais präsentierte am 24.<br />

und 25. März <strong>2012</strong> die Berufsgenossenschaftliche<br />

Unfallklinik Duisburg (BGU)<br />

ihr hochspezialisiertes Leistungsspektrum.<br />

Das reicht von der modernen medizinischen<br />

Versorgung schwer verletzter<br />

Personen bis hin zum Rehasport als Mittel,<br />

die körperliche und seelische Gesundheit<br />

wiederzuerlangen und einen<br />

Weg zurück ins Leben zu finden.<br />

Dass dies kein Traum bleiben muss,<br />

zeigten Breiten- wie Leistungssportler<br />

mit Ihren sportlichen Darbietungen. Die<br />

Härte des Rollstuhlrugbys konnten die<br />

Messebesucher genauso bestaunen,<br />

wie die Harmonie des Rollstuhltanzens<br />

oder die Schnelligkeit im Rollstuhltischtennis.<br />

Zudem konnten Mitglieder des<br />

Behindertentauchverbandes „IDDA“ in<br />

einem Tauchcontainer demonstrieren,<br />

dass Wasser für einen Rollstuhlnutzer<br />

kein Hindernis sein muss, sondern ihm<br />

eher ein Stück seiner verloren geglaubten<br />

körperlichen Unbeschwertheit zurückgibt.<br />

Dass man nach einer erfolgreichen<br />

medizinischen Rehabilitation<br />

sogar professionellen Spitzensport betreiben<br />

kann, stellten die anwesenden<br />

paralympischen Sportler Andrea Rothfuss,<br />

Marc Schuh und Simone Briese-<br />

Fotos: BG ETEM<br />

6<br />

Baetke eindrucksvoll unter Beweis.<br />

Sie stehen stellvertretend für die vielen<br />

Menschen mit einer Behinderung,<br />

denen der Sport hilft, ihren Alltag zu<br />

bewältigen und ihre Lebensqualität zu<br />

verbessern.<br />

Partner und träger<br />

Getragen wird die Kliniktour von der<br />

Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung,<br />

dem Klinikverbund der gesetzlichen<br />

Unfallversicherung und dem<br />

Deutschen Rollstuhl-Sportverband.<br />

Partner der Tour sind die AUDI AG und<br />

LoFric. Auch die Berufsgenossenschaft<br />

Gefragte Informationen:<br />

Besucher<br />

der Berufsgenossenschaftlichen<br />

Unfallklinik Duisburg<br />

zum Start der BG-<br />

Kliniktour <strong>2012</strong>.<br />

Holz und Metall und die anderen Träger-<br />

Berufsgenossenschaften der BGU Duisburg<br />

unterstützten die Veranstaltung<br />

materiell und waren aktiv mit eigenen<br />

Ausstellungsständen präsent. Zusammen<br />

mit der Unfallkasse NRW hatte die<br />

BGU Duisburg bereits im Vorfeld Schüler<br />

und Schülerinnen eingeladen, an einem<br />

Kreativ-Wettbewerb „krass kaputt + gut<br />

geheilt“ teilzunehmen. Die Tour steht in<br />

diesem Jahr unter der Schirmherrschaft<br />

von Bundeskanzlerin Angela Merkel.<br />

Weitere elf Stationen folgen, die nächste<br />

ist Hamburg.<br />

Heinz-Rudolf Neumann<br />

Wasser muss für<br />

einen Rollstuhlnutzer<br />

kein Hindernis sein:<br />

Demonstration des<br />

Behindertentauchverbandes<br />

„IDDA“.


Azubis restaurieren Werkzeugmaschine<br />

Vor zwei Monaten war sie noch reif für<br />

den Schrottplatz, jetzt steht sie fein restauriert<br />

in der Bildungsstätte Lengfurt<br />

der Berufsgenossenschaft Holz und<br />

Metall (<strong>BGHM</strong>): eine über 50 Jahre alte<br />

Waagerechtstoßmaschine für die spanabhebende<br />

Metallbearbeitung. Zwei<br />

Auszubildende der Warema GmbH aus<br />

Marktheidenfeld hatten sich des alten<br />

Schätzchens angenommen.<br />

In vierwöchiger Arbeit zerlegten Mirko<br />

Diener und Billy Born die alte Maschine<br />

in ihre Einzelteile, entfernten Rost, überarbeiteten<br />

die Präzisionsführungen,<br />

erneuerten Schrauben, drehten neue<br />

Kunststoffabdeckplatten und konservierten<br />

das Ganze. Herausgekommen<br />

<strong>BGHM</strong>-Bildungsstätte Lengfurt<br />

ist das strahlende Prachtexemplar einer<br />

Werkzeugmaschine, wie sie in den 70er<br />

Jahren sehr häufig in Metall verarbeitenden<br />

Betrieben anzutreffen war. Aus diesen<br />

wurden sie jedoch nach und nach<br />

von leistungsstärkeren Fräsmaschinen<br />

verdrängt. Bis zu ihrer Ausmusterung<br />

tat das restaurierte Stück seinen Dienst<br />

bei einem Automobilzulieferer aus dem<br />

Rhein-Main-Gebiet. Dessen Sicherheitsfachkraft<br />

hing an der alten Maschine,<br />

und sein guter Draht nach Lengfurt bewahrte<br />

sie nun vor dem Schrotthändler.<br />

Jetzt dient die alte Dame den Lehrzwecken<br />

der <strong>BGHM</strong>-Bildungsstätte in Lengfurt,<br />

auch wenn dort heute keine Späne<br />

mehr vom Maschinentisch fallen.<br />

kuRz notieRt < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Alte Dame vor dem Schrottplatz bewahrt<br />

Foto: <strong>BGHM</strong><br />

nächste Sifa-fachtagung im September<br />

Das Treffen der Sicherheitsfachkräfte<br />

in Lengfurt findet in diesem Jahr vom<br />

26. bis zum 28. September statt. Thema<br />

der Veranstaltung ist die „Gefährdungsbeurteilung“,<br />

die im Jahre 1996<br />

mit dem Inkrafttreten des Arbeitsschutzgesetzes<br />

als zentrales Instrument<br />

des Arbeitsschutzes eingeführt<br />

wurde.<br />

Neben verschiedenen Vorträgen sind<br />

die Teilnehmer aufgefordert, sich an<br />

der Bearbeitung von Aufgaben zum<br />

Hier strahlt nicht<br />

nur die Maschine:<br />

Tobias Harth,<br />

Billy Born, Mirko<br />

Diener, Andreas<br />

Konrad und Kerstin<br />

Kohn (von links)<br />

bei der Übergabe<br />

des restaurierten<br />

Schmuckstücks.<br />

Thema zu beteiligen. Die Ergebnisse<br />

sollen im Anschluss vor dem Plenum<br />

präsentiert und auch diskutiert werden.<br />

Lassen Sie sich überraschen, wir freuen<br />

uns auf Sie.<br />

Anmeldung zur<br />

Veranstaltung unter:<br />

www.bghm.de<br />

Webcode: 183<br />

<strong>BGHM</strong><br />

Dennoch verdeutlicht sie eindrucksvoll,<br />

was beim Einsatz alter Maschinen aus<br />

sicherheitstechnischer Sicht zu beachten<br />

ist. Außerdem liefert ihre Konstruktion<br />

wertvolle Hinweise auf Punkte, die<br />

Hersteller heutiger Werkzeugmaschinen<br />

beachten müssen, die aber zur Zeit des<br />

alten Schätzchens noch keine Rolle<br />

spielten.<br />

Lehrreiches Stück Arbeit<br />

Mit ihrer motivierten Restauration beeindruckten<br />

die beiden Auszubildenden<br />

nicht zuletzt auch ihre Ausbilder.<br />

„Keine Frage, das ist ein lehrreiches<br />

Stück Arbeit“, zeigt sich Ausbildungsleiter<br />

Tobias Harth erfreut. Damit die<br />

Leistung der beiden angehenden Industriemechaniker<br />

nicht in Vergessenheit<br />

gerät, weist heute ein graviertes Messingschild<br />

auf deren Engagement hin.<br />

Für die <strong>BGHM</strong> nahm Thomas Heilig das<br />

tonnenschwere Exponat in Empfang. Er<br />

ist zuständig für den Maschinenpark in<br />

der Bildungsstätte und freut sich über<br />

diese Bereicherung.<br />

„Das ist eine tolle Unterstützung unserer<br />

Arbeit und ein Symbol für die gute<br />

Zusammenarbeit mit dem Ausbildungszentrum<br />

von Warema“, bedankte sich<br />

die für die Bildungsstätte Lengfurt zuständige<br />

Sachgebietsleiterin Kerstin<br />

Kohn im Namen der <strong>BGHM</strong>.<br />

Wtz/Tbz<br />

Foto: <strong>BGHM</strong><br />

7


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > kuRz notieRt<br />

Kollaborierendes System zertifiziert<br />

ein Roboter mit Sensorhaut<br />

Foto: Bosch Schwieberdingen<br />

Bei heutigen Robotereinsätzen trennt in der Regel ein Schutzzaun die<br />

Maschine vom Bedienpersonal. Allerdings wächst in der Industrie der Bedarf<br />

an Verfahrensweisen, in denen Werker und Roboter unmittelbar, also „Hand<br />

in Hand“ zusammenarbeiten.<br />

Aus Sicht der Normung trägt die soeben<br />

erschienene Überarbeitung der DIN EN<br />

ISO 10218-1 dieser Entwicklung Rechnung<br />

und schafft den entsprechenden<br />

Raum für derartige Anwendungen. Allerdings<br />

ist die Entwicklung neuer Schutz-<br />

8<br />

iGA-Broschüre<br />

Gesund arbeiten während des Ramadans<br />

Mit einer Broschüre über das Fasten im<br />

Ramadan gibt die „IGA Initiative Gesundheit<br />

& Arbeit“ Tipps, wie muslimische<br />

und nicht muslimische Arbeitskollegen<br />

mit dieser besonderen Zeit<br />

umgehen können. Der Ramadan fällt<br />

in den nächsten Jahren in die Sommermonate<br />

Juni bis August und zwar:<br />

• 20. Juli bis 19. August <strong>2012</strong><br />

• 09. Juli bis 08.August 2013<br />

• 28. Juni bis 28. Juli 2014<br />

• <strong>17</strong>. Juni bis <strong>17</strong>. Juli 2015<br />

• 06. Juni bis 05. Juli 2016<br />

konzepte für diesen kollaborierenden<br />

Robotereinsatz unbedingt notwendig,<br />

soll doch der Mensch unter allen Umständen<br />

vor einer Verletzung durch eine<br />

Kollision mit dem Roboter geschützt werden.<br />

Deshalb kamen Techniker der Ro-<br />

Es ist leicht nachvollziehbar, dass der<br />

Verzicht auf Essen und Trinken während<br />

des Tages besonders bei körperlicher<br />

Arbeit zu gesundheitlichen Problemen<br />

führen kann. Die Broschüre möchte Vorgesetzten,<br />

Kollegen und den Fastenden<br />

selbst Hinweise geben, dass es betrieblichen<br />

Handlungsspielraum gibt, zum<br />

Beispiel durch das Umorganisieren von<br />

Arbeitsschichten, um die Belastungen<br />

für die Muslime in einem akzeptablen<br />

Rahmen zu halten.<br />

DGUV/Hbg<br />

bert Bosch GmbH Schwieberdingen auf<br />

die Idee, die Annäherung des Menschen<br />

mithilfe einer den Roboter umgebenden<br />

Sensorhaut erkennbar zu machen. Nach<br />

Fertigstellung eines funktionierenden<br />

Prototypen konsultierten die Entwickler<br />

den „DGUV-Fachbereich Holz und Metall,<br />

Sachgebiet Maschinen, Anlagen,<br />

Fertigungsautomation und -gestaltung“<br />

bei der Berufsgenossenschaft Holz und<br />

Metall (<strong>BGHM</strong>), um gemeinsam die funktionale<br />

Sicherheit der Schutzeinrichtung<br />

zu bewerten.<br />

Nach zwei Jahren konstruktiver Zusammenarbeit<br />

zwischen der Robert Bosch<br />

GmbH und dem Fachbereich konnte im<br />

November 2011 das kollaborierende Robotersystem<br />

APAS zertifiziert werden.<br />

APAS erfüllt somit die hohen Anforderungen<br />

der DIN EN ISO 10218, die für<br />

sicherheitsrelevante Steuerungsfunktionen<br />

den Performancelevel d mit einer<br />

Kategorie 3 fordert. Besonders hervorzuheben<br />

ist dabei, dass die entwickelte<br />

Sensorhaut den Menschen noch vor der<br />

Berührung erkennt.<br />

Bav<br />

Weitere Informationen im<br />

Internet unter:<br />

www.fa-mfs.bghm.de


Neue Broschüre<br />

unfallrisiko<br />

Verhalten<br />

Schon das Titelbild der neuen Broschüre<br />

zeigt, wie sich Mitarbeiter durch ihr<br />

waghalsiges Verhalten in gefährliche<br />

Arbeitssituationen begeben, die häufig<br />

ein schlimmes Ende nehmen. Anhand<br />

leicht nachvollziehbarer Beispiele zeigt<br />

der Psychologe Dr. E.-Werner Müller<br />

die Ursachen von Unfällen auf und leitet<br />

die notwendigen Forderungen und<br />

Maßnahmen daraus ab. Ziel des Buches<br />

ist es, Verständnis für die riskanten Verhaltensweisen<br />

zu schaffen, um den Beschäftigten<br />

ein gesunderhaltendes Sicherheitsbewusstsein<br />

zu vermitteln. Die<br />

Broschüre „Unfallrisiko Nr. 1: Verhalten“<br />

ist bei ecomed Sicherheit zu beziehen,<br />

hat 152 <strong>Seiten</strong> und kostet 29,95 Euro.<br />

BG-Regel zurückgezogen<br />

Hbg<br />

Im Zuge der Verschlankung und Verzahnung<br />

des Arbeitsschutzrechtes<br />

wurden die wesentlichen Inhalte der<br />

BG-Regel 131 „Natürliche und künstliche<br />

Beleuchtung von Arbeitsstätten“<br />

(Teil 1 und 2) in die neue Regel für<br />

Arbeitsstätten ASR A 3.4 „Beleuchtung“<br />

übernommen. Die bisher gültige<br />

BGR 131 wurde daher vereinbarungsgemäß<br />

zurückgezogen.<br />

DGUV<br />

kuRz notieRt < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Allergieberater: Damit der traumjob<br />

nicht zum Alptraum wird<br />

Wenn für den Bäckerlehrling das Mehl<br />

zur Qual wird oder die Friseurauszubildende<br />

auf bestimmte Chemikalien allergisch<br />

reagiert, endet die Ausbildung<br />

meist mit dem Abbruch. Die Jugendlichen<br />

leiden dann nicht nur unter den<br />

gesundheitlichen Folgen, sondern sind<br />

auch enttäuscht, weil sie ihren Traumjob<br />

aufgeben mussten. Doch soweit<br />

müsste es in vielen Fällen gar nicht erst<br />

kommen, wenn Kinder- und Jugendärzte<br />

sowie Allgemeinmediziner die jungen<br />

Menschen in ihrer Berufswahl stärker<br />

über mögliche Gesundheitsrisiken aufklären<br />

würden. Diese Ansicht vertritt die<br />

Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />

Arbeitsmedizin (BAuA) in ihrer neuen<br />

Broschüre „Damit der Traumberuf kein<br />

Albtraum wird“. Darin listen Fachleute<br />

kritische Berufsgruppen auf und geben<br />

Tipps für Beratungsgespräche.<br />

Generell raten die Autoren der BAuA<br />

jedoch dazu, niemandem unnötig von<br />

seinem Traumberuf abzuraten, da Erkrankungsverläufe<br />

individuell sehr un-<br />

Broschüren zu Suchtfragen<br />

Die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen<br />

(DHS) mit Sitz in Hamm hat zusammen<br />

mit der DAK Gesundheit den Flyer<br />

„Kritische Situationen meistern – Rückfällen<br />

vorbeugen“ nachdrucken lassen.<br />

Die Informationen und Hinweise zum<br />

Thema „Rückfall“ wurden in Zusammenarbeit<br />

mit Betroffenen für Betroffene<br />

erarbeitet. Sie richten sich an alle Menschen<br />

mit Suchtproblemen von A wie<br />

Alkohol bis Z wie Zocken. Das handliche<br />

Heft war vergriffen und häufig nachgefragt.<br />

Nun kann es wieder bestellt werden,<br />

per E-Mail unter info@dhs.de.<br />

Außerdem hat die IG-Metall ihr Handbuch<br />

„Betriebliche Suchtprävention<br />

und Suchthilfe“ nunmehr in der 2. Auf-<br />

terschiedlich<br />

sein können.<br />

Eine pauschaleAblehnung<br />

von<br />

Risikoberufen<br />

sei auch deshalb<br />

fatal,<br />

weil es zum<br />

einen regional<br />

knappe<br />

Ausbildungsmöglichkeiten und zum<br />

anderen möglicherweise vorbeugende<br />

Maßnahmen am Arbeitsplatz gebe. Die<br />

vorliegende Broschüre soll den beratenden<br />

Ärzten bei diesem schwierigen Abwägungsprozess<br />

helfen. Die in kleinen<br />

Mengen kostenlose Broschüre kann<br />

über das Informationszentrum der BAuA<br />

telefonisch, 0231 9071-2071, per Fax,<br />

0231 9071-2070 oder E-Mail unter infozentrum@baua.bund.de<br />

bezogen werden.<br />

Eine Version im PDF-Format gibt es<br />

im Internet zum Herunterladen unter der<br />

Adresse www.baua.de/publikationen<br />

Neu<br />

lage veröffentlicht (Produktnummer<br />

11066-37209). Das laut DHS „zielgerichtete<br />

und unaufgeregte“ Werk kostet pro<br />

Exemplar 5,00 Euro plus MwSt. und Versandkosten<br />

und kann über das Internet<br />

unter www.igmetall.de/shop bestellt<br />

werden<br />

Weitere Informationen und Download im Internet unter:<br />

www.dhs.de/infomaterial/broschueren-und-faltblaetter.html<br />

DHS/Tbz<br />

9


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Umgang mit unbekannten Gefahrstoffen<br />

„ich wollte alle mit im Boot haben.“<br />

Fotos: Sterling SIHI GmbH<br />

„Seitdem Pumpen hergestellt werden, gehen sie auch kaputt.<br />

Das heißt, sie müssen repariert werden.“ Mit diesem Satz umreißt<br />

Michael Meintzschel kurz und knapp die Aufgabe seines Service-<br />

Centers in Erfurt: Pumpenwartung und -reparatur.<br />

10<br />

Doch wie geht man sicher und verantwortungsbewusst<br />

mit Pumpen um, die in der Vergangenheit die<br />

unterschiedlichsten Gefahrstoffe gefördert haben?<br />

„Es ist nicht genug zu wissen, man muss es auch<br />

anwenden; es ist nicht genug zu wollen, man muss<br />

es auch tun.“ Dieses Zitat von Goethe aus „Wilhelm<br />

Meisters Wanderjahre“ prangt groß über Meintzschels<br />

Präsentation zur Vorstellung eines neuen<br />

Arbeitsplatzes für die Demontage von bereits eingesetzten<br />

Pumpen.<br />

Schnell kam der Niederlassungsleiter des Service-<br />

Centers von Sterling SIHI Erfurt dann auch auf das<br />

„Warum?“ zu diesem Zitat zu sprechen. „Die von<br />

uns aufzubereitenden Pumpen sind zum Teil von<br />

ihrer Vorgeschichte her noch mit den unterschiedlichsten<br />

Gefahrstoffen kontaminiert. Oftmals für<br />

uns nicht sofort erkennbar, können sie uns selbst<br />

und unsere Umwelt gefährden. Aus diesem Wissen<br />

heraus mussten wir einfach handeln.“<br />

Vor noch nicht allzu langer Zeit wurden kontaminierte<br />

Pumpen aus der Industrie zur Servicefirma<br />

transportiert, über deren Vergangenheit im Prinzip<br />

nichts oder nur wenig bekannt war. Es waren weder<br />

systematisch die Gefahrstoffe erfasst, mit denen<br />

die Pumpen Berührung hatten, noch gab es Kenntnisse<br />

darüber, ob und wie sie vor dem Ausbau<br />

behandelt wurden, ob sie beispielsweise gespült<br />

waren. Diese unzureichenden Kenntnisse führten<br />

dazu, dass die Pumpenmonteure keine passenden<br />

Schutzmaßnahmen beim Öffnen der Pumpen ergreifen<br />

konnten.<br />

Grund genug für Michael Meintzschel, den gesamten<br />

Prozess der Pumpendemontage, vom Einsatzort<br />

bis zum Öffnen der Pumpe, auf den Prüfstand<br />

zu stellen. Ein Konzept musste her, das letztlich<br />

einen gefährdungsorientierten Umgang mit den<br />

angelieferten Pumpen erlaubte. Zusammen mit<br />

seiner Fachkraft für Arbeitssicherheit erarbeitete<br />

er eine Gefährdungsbeurteilung für einen neuen


Demontagearbeitsplatz. Diese bezieht im ersten<br />

Schritt auch den jeweiligen Lieferanten der zu reparierenden<br />

Pumpe mit ein. Von ihm wird bei Anlieferung<br />

nun eine „Erklärung zur Kontamination“<br />

abgefordert. Diese beinhaltet Angaben zu den<br />

in der Pumpe geförderten Stoffen (stoffliche Sicherheitsdaten)<br />

sowie weitere Hinweise, z.B. zu<br />

einer durchgeführten Reinigungsspülung oder Ansprechpartnern<br />

für Nachfragen. Die Aussagen der<br />

Kontaminationserklärung werden bei Sterling SIHI<br />

dann in eine Plausibilitätserklärung übertragen,<br />

aus der sich schließlich der weitere Umgang und<br />

die zu treffenden Schutzmaßnahmen mit der Pumpe<br />

ablesen lassen.<br />

„Aber auch die Technik bei SIHI musste weiterentwickelt<br />

werden“, kommt Meintzschel auf den<br />

neu in der Firma aufgebauten Spezialdemontagetisch<br />

zu sprechen. Dieser ist in einer separaten<br />

Räumlichkeit untergebracht und so gestaltet,<br />

dass beim Öffnen der Pumpen austretende Flüssigkeiten<br />

aufgefangen und entstehende Dämpfe<br />

abgesaugt werden. Auch ergonomische Gesichtspunkte<br />

flossen in seine Gestaltung mit ein. „Noch<br />

während des Tisch-Aufbaus gingen wir dann auf<br />

die <strong>BGHM</strong> und das Amt für Arbeitsschutz zu. Ich<br />

wollte alle mit im Boot haben.“ Am „runden“ Tisch<br />

wurde gemeinsam das Konzept besprochen und<br />

weiterentwickelt. Hautschutz-, Handschuh- und<br />

Notfallpläne waren zu diskutieren. Eine Reihe von<br />

Überprüfungsmessungen wurde direkt am Demontagetisch<br />

durchgeführt.<br />

Am Ende standen eine funktionsfähige und sichere<br />

Technik sowie die geeignete Organisation des<br />

Ablaufs. Für unterschiedliche Gefahrstoffgruppen<br />

und mögliche Notfallsituationen wurden zusätzliche<br />

persönliche Schutzausrüstungen, wie Schutzkleidungen<br />

und Atemschutzgeräte angeschafft.<br />

Die Räumlichkeiten vor Ort teilten die Verantwortlichen<br />

in Schwarz-/Weiß-Bereiche, getrennt durch<br />

Dusche und Umkleide, ein.<br />

Belegschaft muss dahinterstehen<br />

„Jetzt müssen nur noch die Mitarbeiter mit am selben<br />

Strang ziehen“. Für Meintzschel war klar, dass<br />

zunächst alle sensibilisiert werden müssen. Er<br />

hielt vor seinen Mitarbeitern Vorträge über Gefahrstoffe,<br />

die von ihnen ausgehenden Gefährdungen<br />

und wie man sich schützen kann. Dann ging er auf<br />

den neuen Demontageplatz und die vorgesehenen<br />

Schutzmaßnahmen ein. „Die Resonanz hat mich<br />

überrascht“, freut sich der Leiter des Servicecenters.<br />

„Die Mitarbeiter gehen seitdem ganz anders<br />

mit den zu öffnenden Pumpen um.“ Und vor allem:<br />

Sie nehmen die getroffenen Schutzmaßnahmen an<br />

und halten sich strikt an die nach TRGS 555 aufgestellten<br />

Gruppenbetriebsanweisungen. Dass sich<br />

derartige präventive Arbeitsschutzmaßnahmen für<br />

das Unternehmen auszahlen, war schnell klar. „Für<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

eine ganze Reihe von Aufträgen war unser Konzept<br />

sehr wichtig. So konnten wir z.B. die BASF als neuen<br />

Kunden für uns hinzugewinnen. Aber auch die<br />

neue Motivation der eigenen Mitarbeiter ist uns<br />

sehr wichtig.“ Meintzschel zwinkert: „Und nicht<br />

zuletzt hat es uns ja auch den Thüringer Arbeitsschutzpreis<br />

eingebracht.“<br />

Pumpen für die Prozessindustrie<br />

Andreas Lorenz<br />

Sterling SIHI GmbH, Service-Center Erfurt ist mit<br />

14 Mitarbeitern Teil der international tätigen<br />

SIHI Gruppe (etwa 1.600 Mitarbeiter). SIHI ist<br />

einer der führenden Hersteller von innovativen<br />

Technologien für Flüssigkeitspumpen, Vakuumpumpen<br />

und kompletten Systemen, die in allen<br />

Segmenten der Prozessindustrie eingesetzt<br />

werden.<br />

Das Service-Center Erfurt unter Leitung von Michael<br />

Meintzschel ist auf den Reparaturservice<br />

und die Instandhaltung der verschiedensten<br />

Pumpen spezialisiert und ist für das Projekt<br />

„Spezialdemontage – Arbeitsplatz für kontaminierte<br />

Pumpen“ Ende März dieses Jahres mit<br />

dem Thüringer Arbeitsschutzpreis ausgezeichnet<br />

worden.<br />

11


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Raumklima im Hochsommer<br />

Behaglich soll es sein<br />

Am Wetter ist wenig zu ändern, am Klima in Büros oder Innenräumen<br />

durchaus. Um das Raumklima behaglicher zu machen, sollten gerade<br />

bei hochsommerlichen Außentemperaturen ein paar Maßnahmen in<br />

die Wege geleitet werden.<br />

12<br />

Behaglichkeit ist definiert als ein Zustand subjektiven<br />

Wohlbefindens. Wenn der Mensch das<br />

Klima als optimal empfindet und keine Änderung<br />

wünscht, dann nimmt er seine Umgebung als behaglich<br />

wahr. Klimafaktoren (Lufttemperatur, Luftfeuchte,<br />

Luftgeschwindigkeit, Wärmestrahlung)<br />

und tätigkeitsbezogene Parameter (Arbeitsschwere,<br />

Bekleidung, Aufenthaltsdauer) beeinflussen<br />

diesen Zustand. Im Hochsommer können demnach<br />

Hitze oder Zugluft die Behaglichkeit beeinträchtigen.<br />

Schon bei der Planung, dem Kauf oder der Anmietung<br />

von Räumlichkeiten sollten die baulichen Gegebenheiten<br />

beachtet werden. Gibt es ausreichend<br />

dimensionierte Fensterflächen, eine angemessene<br />

Isolierung sowie die Möglichkeit der freien oder<br />

technischen Lüftung? Bäume, Pflanzen, Grün- und<br />

Wasserflächen in der Nähe von Gebäuden tragen<br />

dazu bei, die Umgebungstemperatur zu senken.<br />

Foto: ©GIS/Fotolia.com<br />

Seit dem 1. Juli 2009 benötigen alle Nichtwohngebäude<br />

in Deutschland bei neuer Vermietung oder<br />

Verkauf einen Energieausweis. Ein „Grün“ im Energieausweis<br />

steht für energieeffiziente Bauweise<br />

und die Energiekosten sind optimiert. „Orange“<br />

oder „Rot“ weisen dagegen auf mögliches Einsparpotenzial<br />

und eine notwendige Modernisierung<br />

hin.<br />

Sonnenschutzsysteme<br />

Führt die Sonneneinstrahlung durch Fenster,<br />

Oberlichter und Glaswände zu einer Erhöhung der<br />

Raumtemperatur über +26 °C hinaus, so sind gemäß<br />

Technischer Regel für Arbeitsstätten „Raumtemperatur“<br />

(ASR A3.5, Ausgabe Juni 2010) diese<br />

Bauteile mit geeigneten Sonnenschutzsystemen<br />

auszurüsten. Am wirkungsvollsten sind dabei außenliegende<br />

Jalousien und Markisen. Die horizontal<br />

angeordneten Lamellen einer Außenjalousie<br />

können je nach Stand der Sonne geneigt werden,


eine effektive Abschirmung bei gleichzeitiger<br />

Sichtverbindung nach außen ist möglich. Allerdings<br />

sind Außenjalousien anfällig bei Wind, deren<br />

Montage ist aufwändig und die Kosten höher.<br />

Zwischen den Fensterscheiben liegender Sonnenschutz<br />

ist windunabhängig und bietet den Vorteil,<br />

dass die Innenseite des Fensters frei bleibt. Ein<br />

nachträglicher Einbau ist jedoch nur bei bestimmten<br />

Bauarten, eine Reparatur nicht oder nur schwer<br />

möglich.<br />

Innen liegende Sonnenschutzvorrichtungen wie<br />

Vertikaljalousien, Rollos oder Faltstores eignen<br />

sich nur bedingt als Wärmeschutz, weil die einmal<br />

in einen Raum eingedrungene Sonnenstrahlung<br />

nur noch zum Teil wieder nach außen reflektiert<br />

wird. Allerdings müssen die Fenster bei Bildschirmarbeitsplätzen<br />

mit einer verstellbaren Lichtschutzvorrichtung<br />

ausgestattet sein, um Lichteinfall und<br />

Reflexionen auf dem Bildschirm zu vermindern.<br />

Der große Vorteil innen liegender Sonnenschutzvorrichtungen<br />

ist deren einfache nachträgliche<br />

Montage.<br />

Ob Klimageräte das Raumklima verbessern können,<br />

hängt vom Einzelfall ab. Entscheidend sind<br />

Geschwindigkeit und Temperatur des austretenden<br />

Luftstrahls. Wo Zugluft entsteht, fühlen sich<br />

Menschen schnell unwohl. Zudem kann die Auskühlung<br />

einzelner Hautpartien, vor allem im Schulter-Nackenbereich,<br />

zu Muskelverspannungen und<br />

Erkältungen führen.<br />

wenn es richtig heiß wird<br />

Steigt die Innentemperatur trotz geeigneter Sonnenschutzmaßnahmen<br />

auf über +26 °C oder gar<br />

über +30 °C, so sind nach ASR A3.5 weitere Maßnahmen<br />

zu ergreifen. Insbesondere muss die darauf<br />

abgestimmte Gefährdungsbeurteilung die Gesundheitsgefährdung<br />

vorbelasteter und besonders<br />

schutzbedürftiger Personen (z.B. Schwangere und<br />

Ältere) bewerten. Eine technische Möglichkeit, die<br />

Hitze einzudämmen, bietet die effektive Steuerung<br />

der Lüftungseinrichtung. Über elektrisch gesteuerte<br />

Fenster könnte beispielsweise die angesammelte<br />

Wärme nachts nach außen geleitet werden. Zu<br />

einem ähnlichen Ergebnis führt intensives Lüften<br />

in den frühen Morgenstunden. Besonders effektiv<br />

ist dabei das Querlüften, bei dem gegenüberliegende<br />

Fenster und Türen geöffnet werden. Innere<br />

Wärmequellen wie Drucker und Kopierer sollten<br />

nur bei Bedarf eingeschaltet, oder – sofern möglich<br />

– in separate Räume ausgelagert werden.<br />

Zu den organisatorischen Maßnahmen zählen flexible<br />

Arbeitszeiten, die es erlauben, schwere und<br />

besonders belastende Arbeiten entweder in den<br />

frühen Morgen- oder aber in den späten Abendstunden<br />

auszuführen. Besonders wichtig sind<br />

Foto: © Minerva Studio/Fotolia.com<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

ausreichende Pausen. Auch die Bereitstellung geeigneter<br />

Getränke (Trinkwasserspender) durch den<br />

Unternehmer kann die Gesundheitsgefährdung<br />

der Mitarbeiter reduzieren helfen. Betriebe mit<br />

Kundenkontakt geben häufig Bekleidungsregeln<br />

vor, dort sollte der Krawattenzwang bei hochsommerlichen<br />

Temperaturen überdacht und gelockert<br />

werden. Wo Arbeitskleidung zur Verfügung gestellt<br />

wird, sollte diese nicht nur angemessen schützen,<br />

sondern auch atmungsaktiv und möglichst leicht<br />

sein, um den Wärmeaustausch nicht unnötig zu<br />

erschweren. Räume, in denen die Temperatur<br />

+35 °C überschreitet, sind – für die Zeit der Überschreitung<br />

– ohne Maßnahmen (Entwärmungsphasen,<br />

Luftduschen) nicht als Arbeitsraum geeignet.<br />

Da das Problem der hochsommerlichen Temperaturen<br />

am Arbeitsplatz immer wieder auftritt, sind<br />

dafür Betriebsvereinbarungen oder Absprachen<br />

mit dem Arbeitgeber sinnvoll.<br />

Literatur<br />

Antje Diederichs/Dr. Matthias Eisenbrand<br />

• ASR A3.5 Technische Regel für Arbeitsstätten<br />

„Raumtemperatur“<br />

• BGI 7003 Beurteilung des Raumklimas - Eine<br />

Handlungshilfe für kleine und mittlere Unternehmen<br />

• BGl 827 Sonnenschutz im Büro<br />

• baua „Gesundes Klima und Wohlbefinden am<br />

Arbeitsplatz.“ 1. Auflage. Dortmund: 2011.<br />

13


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Unfälle 2010 im Metallbereich<br />

Junge Mitarbeiter öfter, ältere<br />

schwerer betroffen<br />

2010 traf jeder vierte Arbeitsunfall in den Metall verarbeitenden Betrieben einen<br />

jungen Beschäftigten im Alter von bis zu 24 Jahren. Damit liegt das Unfallrisiko<br />

dieser Altersgruppe deutlich über dem Durchschnitt der älteren Beschäftigten.<br />

14<br />

Die Aussage basiert auf einer Analyse von rund<br />

200.000 meldepflichtigen und nicht meldepflichtigen<br />

Arbeitsunfällen der ehemaligen BG Metall<br />

Nord Süd. Der Anteil von rund 25 Prozent junger<br />

Menschen ist deshalb bemerkenswert, weil diese<br />

Altersgruppe laut Statistischem Bundesamt nur<br />

rund 13 Prozent der Erwerbstätigen im Jahr 2010<br />

gestellt hat (siehe Abbildungen). Somit haben<br />

„überdurchschnittlich“ viele junge Erwerbstätige<br />

einen Arbeitsunfall erlitten, jedenfalls deutlich<br />

mehr, als die erfahrenen Beschäftigten in Metall<br />

verarbeitenden Unternehmen. Mögliche Gründe<br />

wie z.B. hohe Risikobereitschaft und wenig Erfahrung<br />

bei jüngeren Personen, könnten zwar durchaus<br />

eine Rolle spielen. Dennoch sollten aus dieser<br />

ersten Statistik keine voreiligen Schlüsse gezogen<br />

werden, denn in dieser Betrachtung sind zwei Aspekte<br />

wesentlich. Zum einen existieren zwischen<br />

verschiedenen Branchen der Mitgliedsunternehmen<br />

durchaus deutliche Unterschiede. Zum anderen<br />

ist die „Unfallschwere“ bei der Beurteilung des<br />

Unfallrisikos mit zu berücksichtigen.<br />

In nahezu jeder Branche liegt der Anteil der von<br />

einem Unfall betroffenen jungen Personen über<br />

dem Durchschnitt. Allerdings ist dieser Anteil im<br />

Foto: © Thaut Images/Fotolia.com<br />

Bereich der Kfz-Herstellung deutlich kleiner, als<br />

im Bereich der Kfz-Werkstätten oder der Montage/<br />

Instandhaltung von Heizungs- und Klimaanlagen.<br />

Während also bei der Kfz-Herstellung nur rund<br />

14 Prozent der verletzten Personen bis 24 Jahre alt<br />

waren, waren es bei den beiden letztgenannten<br />

Branchen jeweils über 31 Prozent.<br />

Ein Grund für die aufgezeigten Unterschiede dürfte<br />

unter anderem die branchenspezifische Altersstruktur<br />

der Mitarbeiter sein. Die Konzernberichte<br />

großer Kapitalgesellschaften zeigen, dass bei den<br />

Kfz-Herstellern jede Generation annähernd so vertreten<br />

ist, wie in der gesamten deutschen Gesellschaft.<br />

In der Automobilfertigung entspricht der<br />

Anteil von 14 Prozent der von einem Arbeitsunfall<br />

betroffenen jungen Menschen bis 24 Jahre in etwa<br />

dem Wert der jungen Erwerbstätigen in Deutschland<br />

dieses Alters. Demgegenüber beschäftigen<br />

die Kfz-Werkstätten äußerst viele Auszubildende.<br />

Dem Zentralverband Deutsches Kraftfahrzeuggewerbe<br />

zufolge gab es hier im Jahr 2010 mehr als<br />

15 Prozent gewerblich Auszubildende und viele<br />

weitere junge Gesellen. Auch wenn exakte Daten<br />

fehlen, liegt dennoch der Schluss nahe, dass in<br />

Deutschlands Kfz-Werkstätten überdurchschnitt-


lich viele junge Versicherte bis 24 Jahren gearbeitet<br />

haben. Dies dürfte ein wesentlicher Grund für<br />

den „überdurchschnittlich“ hohen Anteil dieser<br />

Altersgruppe an den Arbeitsunfällen sein. Weitere<br />

Unterschiede sind erkennbar beim Blick auf die<br />

Größe der Unternehmen bezogen auf die Zahl der<br />

Mitarbeiter. Große und sehr große Unternehmen<br />

weisen wenige Unfälle jüngerer Beschäftigter,<br />

aber viele Arbeitsunfälle älterer Mitarbeiter auf. In<br />

kleineren Betrieben – und dazu gehören die Kfz-<br />

Werkstätten und Heizungsbauunternehmen – ist<br />

das genau umgekehrt. Am Ende führt aber auch<br />

diese Betrachtung nicht wirklich weiter. Denn es<br />

bleibt unklar, wie stark die Faktoren Branche oder<br />

Unternehmensgröße auf die Unfallzahlen junger<br />

Beschäftigter im Detail einwirken oder in welcher<br />

Wechselwirkung diese Faktoren stehen. Auch ist<br />

der hohe Anteil der jungen Mitarbeiter am Unfallgeschehen,<br />

speziell in kleineren Kfz-Werkstätten<br />

und dem Heizungs-/Klimaanlagenbau, damit allein<br />

nicht erklärbar.<br />

wie schwer sind die unfälle?<br />

Eine gute Bezugsgröße für die Unfallschwere sind<br />

die „neuen Unfallrenten“. Untersucht wurde nun<br />

das Alter von über 1.200 Versicherten, die im Jahr<br />

2010 verunglückt sind und daraufhin eine neue<br />

Unfallrente erhalten haben. Bemerkenswert dabei:<br />

Hier liegt der Schwerpunkt der betroffenen<br />

Personen nicht mehr in der Altersgruppe der bis<br />

zu 24-Jährigen. Vielmehr haben die Beschäftigten,<br />

die zum Zeitpunkt des Unfalles über 50 Jahre alt<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

waren, „überdurchschnittlich“ oft eine neue Unfallrente<br />

erhalten. So gingen beispielsweise über<br />

18 Prozent der neuen Arbeitsunfallrenten auf das<br />

Konto der Personen im Alter von 55 bis 59 Jahren.<br />

Gleichzeitig lag der Anteil der Erwerbstätigen in<br />

dieser Altersgruppe nur bei etwa zehn Prozent<br />

(siehe Abbildungen).<br />

fazit<br />

Die Zahl der Unfälle ist bei jungen Beschäftigten<br />

bis zu 24 Jahren überdurchschnittlich hoch. Dabei<br />

handelt es sich aber vielfach um leichte Arbeitsunfälle,<br />

mit nur geringen Folgen für die Versicherten<br />

und die Mitgliedsunternehmen. Betrachtet man<br />

dagegen die besonders schweren Arbeitsunfälle,<br />

die zu Renten geführt haben, stehen die Beschäftigten<br />

im Alter ab 50 Jahren im Fokus. Oder<br />

anders formuliert: Junge Beschäftigte in Metall<br />

verarbeitenden Unternehmen erleiden zwar relativ<br />

oft einen leichten Unfall, dagegen erleiden ältere<br />

Mitarbeiter relativ oft einen schweren Unfall. Festzuhalten<br />

bleibt auch, dass es branchenspezifische<br />

Besonderheiten gibt, die das Unfallrisiko der Versicherten<br />

bis zu 24 Jahren beeinflussen. Dies hat<br />

sich in den letzten Jahren bei den Arbeitsunfällen<br />

zwar kaum geändert, im Gegensatz zu den Wegeunfällen:<br />

Hier sinkt unter Berücksichtigung der<br />

demographischen Entwicklung der Anteil der Verletzten<br />

in der Altersgruppe bis 29 Jahre seit 2001<br />

leicht, aber kontinuierlich.<br />

Christian Franke<br />

Anteil der Arbeitsunfälle und neuen unfallrenten im Metallbereich 2010 im Vergleich zu<br />

allen erwerbstätigen in Deutschland 2010 je Altersgruppe<br />

Altersgruppe Arbeitsunfälle<br />

(Metall)<br />

Quelle: Statistisches Bundesamt und <strong>BGHM</strong>, eigene Darstellung, Altersgruppen inklusive der genannten Intervallgrenzen<br />

Neue Unfallrenten<br />

(Metall)<br />

Erwerbstätige<br />

Deutschland<br />

bis 19 9% 2% 4%<br />

bis 24 16% 5% 9%<br />

bis 29 13% 6% 11%<br />

bis 34 10% 5% 10%<br />

bis 39 10% 8% 11%<br />

bis 44 11% 13% 15%<br />

bis 49 12% <strong>17</strong>% 15%<br />

bis 54 10% 18% 12%<br />

bis 59 7% 18% 10%<br />

ab 60 3% 9% 4%<br />

15


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Schwerpunktthema Juni<br />

Fotos: <strong>BGHM</strong>/Kälble<br />

Schweißen und verwandte Verfahren<br />

Geht es in der Metallbearbeitung ums Fügen oder Trennen, dann ist das<br />

Schweißen noch das häufigste Verfahren. Diese unterscheiden sich aber je<br />

nach Anwendungsfall erheblich.<br />

16<br />

Das wohl bekannteste Verfahren ist das Elektrodenhandschweißen, wobei die<br />

Elektrode im elektrischen Lichtbogen abgeschmolzen wird. Aus der Umhüllung entsteht<br />

eine Schutzgaswolke über der Schweißstelle, dem Schweißbad, die die flüssige<br />

Metalloberfläche vor Oxidation mit dem Luftsauerstoff schützt. In Einzelfällen<br />

enthält die Umhüllung Legierungselemente, die das Schweißbad auflegieren. Zum<br />

Einsatz kommt das Elektrodenhandschweißen heute in der Regel bei Schweißkonstruktionen<br />

im Baubereich. Das Verfahren geht mit einer erheblichen Bildung von<br />

Schweißrauchen einher.<br />

Weitaus häufiger anzutreffen sind das MIG-Verfahren (Metall-Inertgas-Schweißen)<br />

und das MAG-Verfahren (Metall-Aktivgas-Schweißen). Hierbei wird ein Metalldraht<br />

von einer Haspel abgespult und im Lichtbogen aufgeschmolzen. Gelegentlich kommen<br />

Fülldrähte zum Einsatz, die Zusatzwerkstoffe enthalten. Inertgase, zumeist Argon,<br />

werden über das Schlauchpaket zum Brenner oder Lichtbogen gefördert und<br />

verhindern eine Oxidation.


Aktivgase, Gemische aus üblicherweise Kohlendioxid<br />

(CO 2 ) und Argon beeinflussen zusätzlich den<br />

Abbrand, zum Beispiel durch Temperaturerhöhung.<br />

Das MIG- oder MAG-Verfahren kommt dort<br />

zum Einsatz, wo mittlere bis hohe Abschmelzleistungen<br />

gefragt sind und eine hohe Flexibilität an<br />

den Einsatz des Verfahrens gestellt wird, wie im<br />

Automobil- und Schiffbau, aber auch im Stahlbau.<br />

Insbesondere bei Fülldrähten ist die Rauchentstehung<br />

groß.<br />

UP-Schweißverfahren (UP = unter Pulver) zeichnen<br />

sich durch höchste Abschmelzraten aus, können<br />

aber nur dort eingesetzt werden, wo eine Pulverschüttung<br />

möglich ist. Die Emission von Lärm und<br />

Schadstoffen ist bei diesem Verfahren gering, jedoch<br />

ist die Einsetzbarkeit beschränkt, Senkrecht-<br />

und Überkopfverfahren scheiden aus.<br />

Beim WIG-Schweißen (Wolfram-Inert-Gas, englisch:<br />

TIG für Tungsten-Inert-Gas) wird der Lichtbogen<br />

zwischen einer nicht abschmelzenden<br />

Wolfram-Elektrode und dem Bauteil gezündet. Der<br />

Schweißzusatzwerkstoff wird im Lichtbogen aufgeschmolzen.<br />

Das Verfahren kommt in der Regel bei<br />

filigraneren Bauteilen zum Einsatz. Die Abschmelzleistung<br />

ist gering. Oft angesprochen, aber eher<br />

selten angetroffen, werden Thoriumdioxid-haltige<br />

WIG-Elektroden (rote Kennzeichnung). Thorium ist<br />

ein radioaktiver Strahler und somit krebserregend.<br />

Die Gesundheitsbelastung beim Schweißen ist<br />

eher gering, jedoch entstehen hohe Gefährdungen<br />

beim Anschleifen der Elektrode. Entstehende<br />

Stäube dürfen nicht eingeatmet werden. Eine Absaugung<br />

beim Schleifen mit geeigneter Staubabscheidung<br />

ist daher unabdingbar.<br />

Den verschiedenen Lichtbogenverfahren sind viele<br />

Gefährdungen gemeinsam, wie zum Beispiel<br />

die elektrische Gefährdung. Häufig unterschätzt<br />

wird die Ankopplung des Schweißbauteils an den<br />

Schweißstromkreis. Oft sind die Klemmen verrostet<br />

und können nicht fest mit dem Bauteil verbunden<br />

werden. Aus Bequemlichkeit wird bei kleineren<br />

Bauteilen darauf verzichtet, das Bauteil überhaupt<br />

anzuklemmen und lediglich die Schweißaufnahme,<br />

z.B. der Schweißtisch angeklemmt. Dies führt<br />

in der Schweißrückleitung zu einem sehr hohen<br />

Übergangswiderstand, wodurch es zu einem Sekundärlichtbogen<br />

kommen kann, in dem die Bauteile<br />

aufschmelzen. Daraus können Brände entstehen.<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Kritisch ist auch das Schweißen an elektrisch betriebenen<br />

Maschinen. Hierzu zählt das Schweißen<br />

von am Kran hängenden Bauteilen. Neben einer<br />

festen Anbindung der Schweißrückleitung ist eine<br />

Isolation zwischen Bauteil und Kran unbedingt erforderlich,<br />

da andernfalls ein Stromfluss über die<br />

Kette und im Weiteren den elektrischen Schutzleiter<br />

(grün-gelber Draht) des Kranmotors zur „Erde“<br />

und so zurück zum Schweißgerät erfolgen kann.<br />

Hierbei ist der Schutzleiter die „engste“ Stelle im<br />

Schweißstromkreis und verbrennt. Dies hat mindestens<br />

Sachschäden zur Folge und kann zu weiteren<br />

Gefährdungen führen, z.B. durch Defekte in der<br />

elektrischen Anlage des Krans verbunden mit einer<br />

elektrischen Gefährdung für den Kranbediener.<br />

Stromschlaggefahr<br />

Eine Unart ist es, den Elektrodenhalter auf dem metallischen<br />

Gehäuse der Schweißgeräte abzulegen.<br />

Dabei kann es zum Abbrand des Schutzleiters der<br />

Schweißstromquelle kommen, wenn der Schweißdraht<br />

mit dem geerdeten Gehäuse in Verbindung<br />

kommt, und über „Erde“ der Schweißstromkreis<br />

geschlossen wird. Ein elektrischer Stromschlag<br />

führt zu Herzrhythmusstörungen bis hin zum Herzstillstand.<br />

Mit dem Gedanken „noch einmal gutgegangen“<br />

haben Stromverletzte oft nur eine kleine<br />

Brandmarke davongetragen. In den meisten Fällen<br />

werden jedoch die Folgen im Körper unterschätzt.<br />

Bei starkem Stromdurchfluss bildet sich ein Brandkanal<br />

im Körper. Diese inneren Verbrennungen<br />

können zunächst unbemerkt zu Vergiftungen und<br />

lebensbedrohlichem Organversagen führen.<br />

Brenner mit integrierter<br />

Absaugung<br />

<strong>17</strong>


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Quelle: <strong>BGHM</strong><br />

18<br />

Außerdem geht von allen elektrischen Schweißverfahren<br />

eine mehr oder minder hohe Gefährdung<br />

durch optische Strahlung aus. Im Lichtbogen entsteht<br />

UV-Strahlung, die zum Verblitzen der Augen<br />

und zu Verbrennungen der Haut (umgangssprachlich<br />

„Schweißer-Sonnenbrand“) führen kann. Solche<br />

Verbrennungen können Hautkrebs zur Folge<br />

haben. Einzig beim Unterpulverschweißen ist die<br />

Gefährdung gering, da der Lichtbogen durch das<br />

Pulver abgedeckt ist. In allen anderen Fällen sind<br />

persönliche Schutzmaßnahmen und Maßnahmen<br />

zum Schutz Dritter notwendig. Geeignet sind UVundurchlässige<br />

Schweißerschutzkleidung und an<br />

das Verfahren angepasste UV-Sichtschutzgläser<br />

in den Schweißerschutzschilden. Dritte werden<br />

durch genormte Sichtschutzvorhänge geschützt.<br />

Reflexionen, insbesondere in engen Räumen wie<br />

Edelstahlbehältern, sind ebenfalls zu berücksichtigen.<br />

Schädliche Schweißrauche<br />

Je nach Schweißverfahren entstehen gas- und<br />

partikelförmige Gefahrstoffe, die Schweißrauche.<br />

Diese sind, je nach Zusammensetzung, lungenbelastend.<br />

Sie lagern sich also in der Lunge ab und<br />

schränken die Atmung ein oder sind sogar krebserregend.<br />

Schweißrauche können zu einer Berufskrankheit<br />

führen. Beim Schweißen von hochlegierten<br />

Stählen oder Edelstählen ist mit der Entstehung<br />

von Chrom(VI)-Verbindungen und Nickeloxiden zu<br />

rechnen, die als krebserzeugend eingestuft sind.<br />

Die übrigen Verfahren setzen eine Vielzahl von zumindest<br />

lungenbelastenden Stoffen frei, wie z.B.<br />

Eisenoxid. Beim Schweißen von hochlegierten<br />

Stählen muss deshalb eine Absaugung verwendet<br />

werden. Mitarbeiter, die Umgang mit diesen Stoffen<br />

haben, müssen zudem arbeitsmedizinisch untersucht<br />

werden, da grundsätzlich von einer Exposition<br />

ausgegangen wird. Die Gefährdungsbeurteilung<br />

kann lediglich beim WIG-Schweißen von unlegierten<br />

Stählen in Innenräumen eine natürliche oder lufttechnische<br />

Raumlüftung zulassen. In allen anderen<br />

Fällen ist eine Absaugung, also die Erfassung des<br />

Rauches an der Entstehungsstelle notwendig. Eine<br />

Hallenlüftungsanlage mit Filter verbessert während<br />

des Betriebes zwar die Luftqualität in der Halle, erfasst<br />

aber die entstandenen Gefahrstoffe nicht an<br />

ihrer Entstehungsstelle. Das bedeutet, dass die Gefahrstoffe<br />

erst dann erfasst werden, wenn sie den<br />

Atembereich des Schweißers und gegebenenfalls<br />

weiterer Kollegen bereits passiert haben.<br />

Für alle Lichtbogenschweißverfahren, außer dem<br />

WIG-Verfahren, ist in Gebäuden davon auszugehen,<br />

dass die Arbeitsplatzgrenzwerte für einatembare<br />

Stäube von 10 mg/m 3 und für alveolengängige Stäube<br />

von 3 mg/m 3 nicht eingehalten werden können.<br />

Die beste Erfassung des Rauches bieten MIG- und<br />

MAG-Brenner mit integrierter oder aufgesetzter Absaugung.<br />

Hier liegen oft Vorbehalte der Schweißer<br />

vor, dass die Brenner zu klobig seien und Ecken nicht<br />

erreichbar sind. Neuere Brenner verfügen über ab-


nehmbare oder zurückschiebbare Absaugglocken,<br />

sodass mit diesen auch in Ecken geschweißt werden<br />

kann. Oft wird auch über Qualitätsprobleme<br />

geklagt, weil das Schutzgas abgesaugt wird. Fakt<br />

ist jedoch: Wenn der Absaugstrom einmal optimal<br />

eingestellt wurde, braucht er kaum noch nachgeregelt<br />

zu werden. Die Mitarbeiter in den Betrieben,<br />

die konsequent auf solche brenneradaptierte Absaugungen<br />

umgestellt haben, entwickelten sehr<br />

schnell ein Gefühl dafür, wie die Absaugung einzustellen<br />

ist. Nach einer kurzen Eingewöhnungszeit<br />

werden die neuen Brenner wie selbstverständlich<br />

eingesetzt. Beliebt sind Brenner mit einer aufgesetzten<br />

Hochvakuumabsaugung, da diese lediglich<br />

ein etwa kugelschreiberdickes Röhrchen auf<br />

der Brennerdüse aufweisen und an jedem MIG-/<br />

MAG-Brenner einfach nachgerüstet werden können.<br />

Das Röhrchen führt mit dem Schlauchpaket<br />

zur Hochvakuumanlage, die sich „huckepack“ auf<br />

das Schweißgerät montieren lässt. Das zusätzliche<br />

Gewicht spürt der Schweißer kaum. Bei Einzelgeräten<br />

belaufen sich die Kosten für die Nachrüstung<br />

auf etwa 2.500 bis 3.000 €.<br />

Bei Verfahren, die keine direkte Brennerabsaugung<br />

zulassen, ist nach Möglichkeit eine gerichtete Luftströmung<br />

weg vom Schweißer einzustellen, z.B.<br />

mittels Absaugwand oder abgesaugtem Schweißtisch.<br />

Hier ist die Thermik zu berücksichtigen: Heiße<br />

Schweißrauche steigen auf! Unter Umständen<br />

ist es sogar zweckmäßig, die Absaugung durch<br />

eine geeignete Frischluftzufuhr zu unterstützen.<br />

Fotos: <strong>BGHM</strong>/Kälble<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Dabei darf die schadstoffbelastete Luft nicht durch<br />

den Atembereich des Schweißers geführt werden.<br />

Absaugrüssel sind bei kleinen Schweißbauteilen<br />

eine gute Alternative, sie sind aber vom Schweißer<br />

zu platzieren. Dies führt bei häufigen Positionswechseln<br />

oder langen Schweißnähten dazu, dass<br />

sie nicht nachgezogen und letztlich gar nicht mehr<br />

benutzt werden. In Einzelfällen reichen Absaugung<br />

und Zuluft nicht aus. Dann ist eine geeignete persönliche<br />

Schutzausrüstung, z.B. Schutzhelm mit<br />

Lüftung und Filter, zu verwenden. Sind erstickende<br />

Gase zu erwarten, ist eine von der Umgebungsluft<br />

unabhängige Lüftung des Helms sicherzustellen.<br />

Die Verwendung von Sauerstoff zur Anreicherung<br />

der Atemluft ist wegen seiner brandfördernden<br />

Wirkung verboten.<br />

nitrose Gase<br />

Bei den Gasschweißverfahren wird das Schweißgut<br />

in einer Acetylen-Sauerstoff-Flamme aufgeschmolzen.<br />

Hierbei entstehen sogenannte „nitrose Gase“<br />

(NO x ). Diese werden aufgrund der hohen Temperatur<br />

der Flamme aus Stickstoff und Sauerstoff<br />

gebildet. Auch beim Elektroschweißen entstehen<br />

im Lichtbogen nitrose Gase. Sie haben toxische<br />

Eigenschaften und können direkt die Atemwege<br />

einschließlich der Lungenbläschen angreifen.<br />

Schlimmstenfalls kommt es zum toxischen Lungenödem,<br />

wodurch die Aufnahme von Sauerstoff<br />

über die Lunge so stark beeinträchtigt wird, dass<br />

der Erstickungstod eintritt.<br />

Schweißdemonstration<br />

in der Bildungsstätte<br />

Sennfeld ohne<br />

Absaugung (links)<br />

und mit brennerintegrierter<br />

Absaugung<br />

(rechts)<br />

19


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

20<br />

Foto: <strong>BGHM</strong>/Kälble<br />

Schweißerschutzkleidung<br />

(ein Exponat der <strong>BGHM</strong>-<br />

Bildungsstätte Sennfeld)<br />

Auch von den Schutzgasen, die bei den elektrischen<br />

Verfahren eingesetzt werden, gehen Gefahren<br />

aus. Sie sind zwar nicht giftig aber schwerer<br />

als Luft und sammeln sich in Senken an. Da bereits<br />

kleine Leckagen dazu führen können, dass<br />

der Luft-Sauerstoff verdrängt wird, sind bei Arbeitsunterbrechungen<br />

gasführende Brenner und<br />

Schlauchpakete aus Behältern, Kellern, Gruben<br />

oder Senken zu entfernen. Für Arbeiten unter derartigen<br />

Bedingungen sind die Regeln für enge Räume<br />

(BGR 1<strong>17</strong>) zu berücksichtigen, das heißt zum<br />

Beispiel Lüftung, Absaugung, eine zweite Person<br />

außerhalb des Gefahrenbereiches, geeignete Rettungseinrichtungen<br />

u.v.m. Eine Befahrerlaubnis ist<br />

vorab einzuholen.<br />

Bis auf die Verfahren UP, WIG und Gasschweißen<br />

sind die Schweißverfahren laut und weisen Lärmwerte<br />

von teils weit über 80 dB(A) auf. Aber selbst<br />

Gasschweißer unterliegen oft einer Lärmvorsorgepflicht,<br />

da sie Bleche mittels Schneiden und<br />

Schleifen vorbereiten müssen.<br />

Nicht zuletzt ist Schweißen immer mit einer erhöhten<br />

Brand- oder Explosionsgefahr verbunden.<br />

Zündquellen sind durch den Lichtbogen oder<br />

die Brennerflamme, Wärmeleitung und die beim<br />

Schweißen entstehenden Funken immer vorhanden.<br />

Notwendige Maßnahmen, wie zum Beispiel<br />

das Entfernen brennbarer Stoffe oder wenn dies<br />

nicht möglich ist, diese brandfest abzudecken, das<br />

Vorhalten geeigneter Lösch- und Rettungseinrichtungen<br />

sowie etwaige Brandwachen sind immer<br />

in einem Schweißerlaubnisschein anzugeben. Für<br />

feste Schweißarbeitsplätze kann der Schweißerlaubnisschein<br />

auf Dauer ausgestellt sein.<br />

Medien zum thema:<br />

Hilfen und Informationen finden Schweißer und<br />

Führungskräfte in den BG-Schriften und im Internet:<br />

• BGI 593 Schadstoffe beim Schweißen und bei<br />

verwandten Verfahren<br />

• BGR 500 Kapitel 2.26 Schweißen, Schneiden<br />

und verwandte Verfahren<br />

• BGI 553 Lichtbogenschweißer - Sicherheitslehrbrief<br />

• BGI 554 Gasschweißer - Sicherheitslehrbrief<br />

• BGI 593 Schadstoffe beim Schweißen und bei<br />

verwandten Verfahren<br />

• BGI 644 Gefahren durch Sauerstoff<br />

• BGI 692 Sicherheitseinrichtungen gegen<br />

Gasrücktritt und Flammendurchschlag in<br />

Einzelflaschenanlagen<br />

• BGI 534 Arbeiten in engen Räumen<br />

• BGI 743 Nitrose Gase beim Schweißen,<br />

Schneiden und bei verwandten Verfahren<br />

• BGI 746 Umgang mit Thoriumdioxid-haltigen<br />

Wolframelektroden beim Wolfram-Inertgas-<br />

Schweißen (WIG)<br />

• BGR 220 Schweißrauche<br />

• TRGS 528 Schweißtechnische Arbeiten<br />

Weitere Informationen im Internet<br />

unter:<br />

www.bghm.de Webcode: 236<br />

Bodo Kälble


Wissenswertes für den Ferienjob<br />

Ob Schul- oder Semesterferien: Viele Schüler und<br />

Studenten nutzen diese Zeit und helfen, die während<br />

des Urlaubs auftretenden personellen Lücken<br />

in den Betrieben zu schließen. Gleichzeitig bessern<br />

sie so ihre finanzielle Situation etwas auf. Um<br />

das Risiko so gering wie möglich zu halten, gehört<br />

eine Einweisung und Unterweisung in die für sie<br />

relevanten betrieblichen Abläufe und Tätigkeiten<br />

genauso dazu, wie die Persönliche Schutzausrüstung.<br />

Auch wenn die Dauer der Beschäftigung auf<br />

wenige Wochen beschränkt ist, ohne die vorgeschriebene<br />

PSA läuft nichts. Sie ist schließlich ein<br />

Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, und der Ferienarbeiter<br />

ist den gleichen Gefahren ausgesetzt,<br />

wie sein „regulärer“ Kollege. Der Arbeitgeber ist<br />

dazu verpflichtet, diese auf seine Kosten bereitzustellen.<br />

Ist er dazu nicht bereit, muss er Ferienjobber<br />

für Arbeiten einteilen, für die keine PSA benötigt<br />

wird.<br />

Wer noch keine 18 Jahre alt ist, für den gilt das Jugendarbeitsschutzgesetz.<br />

Dies ist im Hinblick auf<br />

die tägliche Arbeitsdauer, Pausenregelungen und<br />

die Art der Tätigkeit von Bedeutung. Arbeiten, die<br />

mit der körperlichen und auch seelischen Belastbarkeit<br />

der Jugendlichen nicht vereinbar sind, dürfen<br />

ihnen nicht übertragen werden. Dazu gehören<br />

zum Beispiel das Heben und Tragen schwerer Lasten,<br />

Zwangshaltungen, Umgang mit bestimmten<br />

Gefahrstoffen (Säuren, Laugen, giftige und sehr<br />

giftige Stoffe usw.) sowie das Bedienen von „gefährlichen“<br />

Maschinen, wie Pressen, Holzbearbeitungsmaschinen<br />

und anderen mit ähnlichem<br />

Gefährdungspotenzial. Auch für das Bedienen<br />

von Kranen oder Flurförderzeugen dürfen sie nicht<br />

eingesetzt werden. Die entsprechenden Unfallverhütungsvorschriften<br />

weisen ausdrücklich auf die<br />

Altersbeschränkungen hin.<br />

Was den Schutz durch die gesetzliche Unfallversicherung<br />

angeht, gilt für sie genau das Gleiche wie<br />

für die Kollegen der Stammbelegschaft. Kommt<br />

es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zum Unfall bei<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

einweisung und PSA gehören immer dazu<br />

Während die Einen die schönsten Wochen im Jahr genießen, halten<br />

Ferienarbeiter die Stellung. Dabei ist aber zu beachten: Ein Ferienarbeiter<br />

ist den gleichen Gefahren ausgesetzt, wie sein „regulärer“<br />

Kollege.<br />

der Arbeit, so müssen auch die Ferienarbeiter dem<br />

Durchgangsarzt vorgestellt werden. Aufgrund seiner<br />

besonderen Qualifikation entscheidet er, wer<br />

die anschließende Heilbehandlung vornimmt. Ergibt<br />

sich eine Arbeitsunfähigkeit von länger als drei<br />

Tagen, so ist der Unfall der Berufsgenossenschaft<br />

und der staatlichen Arbeitsschutzbehörde zu melden.<br />

Die Kosten für die gesamte Heilbehandlung,<br />

einschließlich der benötigten Medikamente, trägt<br />

die Berufsgenossenschaft. Unter Umständen stehen<br />

dem Verletzten auch finanzielle Leistungen zu.<br />

Selbstverständlich gilt der Versicherungsschutz<br />

auch auf den Wegen zur Arbeit und wieder nach<br />

Hause.<br />

Ferienarbeiter müssen der Berufsgenossenschaft<br />

nicht extra gemeldet werden. Die Arbeitgeber müssen<br />

die Löhne ihrer Aushilfskräfte lediglich im Entgeltnachweis,<br />

der einmal im Jahr von der Berufsgenossenschaft<br />

angefordert wird, mit angeben.<br />

Peter Hackenberg<br />

21<br />

Foto: © Monkey Buissiness/Fotolia.com


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Manipulation an Schutzeinrichtungen<br />

kein kavaliersdelikt<br />

22<br />

Foto: <strong>BGHM</strong>/Schmid<br />

Was kann der Betreiber gegen Manipulationen von<br />

Sicherheitseinrichtungen an Maschinen tun?<br />

Oft wird eine gebrauchte Maschine für notwendige<br />

Arbeiten verändert und dabei sogar deren Sicherheitstechnik<br />

ganz außer Funktion gesetzt. Wegen<br />

der damit verbundenen neuen Gefahren ist eine<br />

solche Manipulation kein Kavaliersdelikt, und spätestens<br />

im Ernstfall, also nach einem Unfall, ist sie<br />

„unentschuldbar“.<br />

Es gibt verschiedene „Gründe“ für die Manipulation,<br />

zum Beispiel:<br />

1. Aus falsch verstandenem Betriebsinteresse<br />

(Zeit- und Kostenersparnis) oder einfach aus<br />

Bequemlichkeit werden Maschinen mit überbrückten<br />

Sicherheitseinrichtungen betrieben.<br />

2. Die Maschine wird manipuliert, da sie ungeeignet<br />

für den Arbeitsprozess ist (z.B. Werkstück<br />

zu groß). Hier ist die Ursache entweder<br />

ein Maschinenfehlkauf oder Aufträge sind mit<br />

bestehendem Maschinenbestand nicht zu<br />

erledigen. Manchmal sind die Betriebsarten<br />

der Maschine nicht hinreichend bekannt.<br />

Besonders gefährlich:<br />

Aufenthalt im Gefahrenbereich<br />

bei laufender Anlage.<br />

(Situation nachgestellt)<br />

3. Die Erfüllung der Arbeitsaufgabe ist bei bestimmungsgemäßer<br />

Verwendung der Schutzeinrichtung<br />

erschwert, z. B. wegen Störanfälligkeit<br />

der Verriegelungseinrichtung. Der<br />

Mehraufwand wird vom Bediener als persönlicher<br />

Misserfolg gesehen, so dass eine hohe<br />

Motivation zum Manipulieren gegeben ist.<br />

4. Bestimmte Arbeiten können nur bei laufender<br />

Maschine ausgeführt werden, zum Beispiel<br />

Einrichtarbeiten, mit Beobachtung des Bearbeitungsprozesses<br />

oder Reinigungsarbeiten<br />

bei laufenden Rollen an Beschichtungsanlagen.<br />

Hier liegt ein Mangel am Bedien- und<br />

Sicherheitskonzept vor, das heißt, es wurde<br />

eine unabdingbare Betriebsart vergessen<br />

oder wegen möglicher Regressforderungen<br />

weggelassen. (Maschine wird übertrieben<br />

abgesichert). Hier liegt die Ursache hauptsächlich<br />

beim Hersteller, aber indirekt auch beim<br />

Betreiber, der den Mangel bei der Abnahmeprüfung<br />

übersehen hat.


Während es im 1. Fall vor allem darum geht, die<br />

Duldung von Manipulationen durch Vorgesetzte<br />

abzustellen, hilft in allen anderen Fällen nur die<br />

Beschaffung einer geeigneten Maschine oder der<br />

Umbau der alten Maschine durch den Betreiber<br />

oder Hersteller. Die Gefährdungsbeurteilung für<br />

die Maschine ist anzupassen, das Risiko neu zu<br />

bewerten und gegebenenfalls neue Schutzmaßnahmen<br />

abzuleiten und umzusetzen.<br />

Für die Fälle, in denen jedoch durch den Umbau<br />

neue erhebliche Risiken (z.B. irreversibler Personenschaden<br />

mit hoher Eintrittswahrscheinlichkeit)<br />

entstehen, für die das Sicherheitskonzept nicht<br />

mehr ausreicht - und dieses nicht durch eine neue<br />

trennende Schutzeinrichtung korrigiert wird - handelt<br />

es sich um eine „wesentliche Änderung“. Hierdurch<br />

wird die umgebaute Maschine zur Neumaschine<br />

nach Maschinenrichtlinie. Ansonsten gilt<br />

die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV),<br />

die den Betrieb von Arbeitsmitteln regelt. Die<br />

BetrSichV erlaubt den Betrieb von umgebauten<br />

Maschinen, z.B. mit einer nachgerüsteten „neuen,<br />

notwendigen“ Betriebsart, die der Hersteller nicht<br />

vorgesehen hat.<br />

nur geeignete Arbeitsmittel einsetzen<br />

Grundsätzlich dürfen nach der BetrSichV nur Arbeitsmittel<br />

bereitgestellt werden, die geeignet<br />

sind und bei bestimmungsgemäßer Benutzung<br />

die Sicherheit gewährleisten. Insbesondere muss<br />

sichergestellt sein, dass sie nicht unter Bedingungen<br />

eingesetzt werden, für die sie entsprechend<br />

der Betriebsanleitung nicht geeignet sind. Zudem<br />

ist klar geregelt, dass die Schutzeinrichtungen<br />

benutzt werden müssen und nicht unwirksam gemacht<br />

werden dürfen. Jedoch greifen hier unter<br />

Umständen die Öffnungsklauseln in Paragraf 4<br />

BetrSichV und im Anhang 2: „Ist es nicht möglich,<br />

demgemäß die Sicherheit …der Beschäftigten in<br />

vollem Umfang zu gewährleisten, hat der Arbeitgeber<br />

geeignete Maßnahmen zu treffen, um eine<br />

Gefährdung so gering wie möglich zu halten.“<br />

bzw.: „Können Gefährdungen für Beschäftigte bei<br />

der Benutzung von Arbeitsmitteln nicht vermieden<br />

werden, so sind angemessene Maßnahmen festzulegen<br />

und umzusetzen.“<br />

Was sind aber geeignete/angemessene Maßnahmen<br />

bzw. was bedeutet „so gering wie möglich“?<br />

Einen Hinweis dazu findet man in § 4 Absatz 2 der<br />

BetrSichV: „Die Maßnahmen müssen dem Ergebnis<br />

der Gefährdungsbeurteilung nach Paragraf 3<br />

und dem Stand der Technik entsprechen.“<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Dies bedeutet, dass die Maßnahmenhierarchie<br />

StoP (Substitution, technische, organisatorische<br />

oder Personenbezogene Maßnahmen), einzuhalten<br />

ist.<br />

Im Hinblick auf die Substitution bedeutet dies:<br />

Gibt es eine geeignete Maschine und ist der Erwerb<br />

finanziell – in Abwägung zum Produkt – angemessen,<br />

so ist ein Neukauf nötig und unterm Strich oft<br />

die preiswerteste Lösung. Konstruktive und technische<br />

Lösungen, entsprechend dem Stand der Technik,<br />

sind vorrangig umzusetzen. Dazu zählen z. B.<br />

Zusatzmaßnahmen, wie Tippbetrieb oder Zustimmungseinrichtungen<br />

oder trennende Schutzeinrichtungen.<br />

Diese Maßnahmen wirken in der Regel<br />

zwangsläufig, also willensunabhängig.<br />

Empfehlenswert ist es immer, den Hersteller zu fragen,<br />

ob er Änderungen vornehmen kann. Um einen<br />

möglichen Schadenersatzprozess auf Grundlage<br />

der Produkthaftung zu vermeiden, wird oft aus Kulanz<br />

eine Nachrüstung durch den Hersteller ausgeführt.<br />

Organisatorische und personenbezogene<br />

Maßnahmen sind z.B. Hinweise auf besonders geeignete<br />

oder geschulte Personengruppen, spezielle<br />

Verhaltensanweisungen oder die Benutzung von<br />

Persönlichen Schutzausrüstungen. Es ist zu dokumentieren,<br />

dass Technische Maßnahmen nach<br />

dem Stand der Technik nicht möglich waren, wenn<br />

auf rein organisatorische und/oder personenbezogene<br />

Maßnahmen zurückgegriffen wurde.<br />

fazit<br />

Nach Umbaumaßnahmen müssen die Gefährdungen<br />

so gering wie möglich sein. Dies kann<br />

nur nachvollziehbar erreicht werden, wenn die<br />

Maßnahmenhierarchie S-T-O-P – genau in dieser<br />

Reihenfolge – eingehalten wird. Organisatorische<br />

und personenbezogene Maßnahmen sind immer<br />

nachrangig und nur zulässig, wenn sie eine hinreichende<br />

Sicherheit bieten und sollten immer<br />

zeitlich befristet sein. Sie erfordern auch einen höheren<br />

Überwachungsaufwand, da sie in der Regel<br />

willensabhängig sind<br />

Andreas Schmid<br />

Weitere Informationen zum Thema<br />

im Internet unter:<br />

www.stop-manipulation.org<br />

23<br />

Quelle: www.stopp-manipulation.org


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Umfrage zu „Jugend will sich-er-leben“<br />

Praktisches unterweisungsmaterial<br />

Vor 40 Jahren wurde die Aktion „Jugend will sich-er-leben“ aus der<br />

Taufe gehoben. Seitdem haben mehrere Millionen Azubis die Unterrichtsmaterialien<br />

in ihrem Berufsschulunterricht kennengelernt.<br />

Und tausende von Lehrkräften haben damit junge Menschen motiviert,<br />

sich mit Fragen ihrer Sicherheit und Gesundheit am Arbeitsplatz<br />

auseinanderzusetzen.<br />

24<br />

Die ursprüngliche und heute noch gültige Idee der<br />

Aktion war einfach und einleuchtend: Da es Gefahren<br />

am Arbeitsplatz gibt, die die Auszubildenden<br />

aller Branchen und Tätigkeiten betreffen, erhalten<br />

die Lehrkräfte an Berufsschulen branchenübergreifende<br />

Präventionsmaterialien. Die Aktion soll<br />

also die Unterweisungen der Ausbilder und Sicherheitsfachkräfte<br />

in den Betrieben ergänzen, indem<br />

sie sich übergreifenden Themen widmet.<br />

wie kommt die Aktion an?<br />

Die Aktion 2011/<strong>2012</strong> „Echt kapiert – Sicher?!“ soll<br />

Auszubildende dabei unterstützen, ihre Arbeitssituation<br />

eigenverantwortlich zu beurteilen. Dabei<br />

geht es um die Frage, ob sie sich in einer kritischen<br />

oder gefährlichen Situation befinden oder darauf<br />

zusteuern. Basis ist die „Checkliste für Arbeitssicherheit“:<br />

Wer hier nur eine von fünf Fragen mit einem<br />

„Nein“ beantworten muss, steuert möglicherweise<br />

auf eine kritische Situation zu. Im November<br />

2011 gingen diese Unterlagen an die Betriebe,<br />

zusammen mit einem Hinweis auf eine Online-<br />

Umfrage. Zwar erfüllt die Zahl der Rückläufer noch<br />

nicht alle Anforderungen an eine repräsentative<br />

Umfrage, dennoch zeigen die Ergebnisse eindeutige<br />

Tendenzen auf.<br />

Im Durchschnitt beschäftigen die befragten Betriebe<br />

elf Auszubildende, die Spanne reicht von<br />

nur einem bis hin zu 120 Auszubildenden. Knapp<br />

70 Prozent der Betriebe führen Unterweisungen<br />

speziell für diese Gruppe durch. Erwartungsgemäß<br />

sind dies in erster Linie Unternehmen mit mehr als<br />

100 Beschäftigten. Es setzen aber auch erstaunlich<br />

viele Kleinbetriebe mit unter 20 Mitarbeitern und<br />

oftmals nur einem oder zwei Azubis auf diese sehr<br />

persönliche Form der Ansprache.<br />

Hier war die spannende Frage, ob für die Unterweisungen<br />

spezielle Medien eingesetzt werden,<br />

und wer diese erstellt. 43,6 Prozent der befragten<br />

Unternehmen setzen hier Filme ein, die zum größ-<br />

Foto: www.jwsl.de<br />

Jana heißt die Zuschauer der<br />

(fiktiven) TV-Serie „Unterwegs<br />

mit Jana“ herzlich willkommen.


ten Teil von der gesetzlichen Unfallversicherung<br />

stammen. Es scheint allerdings noch eine gewisse<br />

Nachfrage nach fertigen Konzepten zu geben,<br />

denn über 60 Prozent der antwortenden Betriebe<br />

gaben an, den Ablauf ihrer Unterweisungen komplett<br />

selbst zu gestalten. Zudem beklagte fast die<br />

Hälfte aller Unternehmen einen Mangel an fertigen<br />

Unterweisungshilfen, die entweder für den eigenen<br />

Betrieb übernommen werden oder an denen<br />

sie sich bei der Erstellung eigener Konzepte orientieren<br />

können. Nur jeder fünfte Betrieb zeigte sich<br />

mit Auswahl und Qualität der existierenden Unterweisungsvorschläge<br />

zufrieden.<br />

Positiv fiel die Bewertung der Unterlagen zur Aktion<br />

„Jugend will sich-er-leben“ aus. Knapp 82 Prozent<br />

gaben an, die Aktionsunterlagen erhalten zu haben,<br />

und etwa die Hälfte hatte die Unterlagen zum<br />

Zeitpunkt der Befragung bereits eingesetzt. Diese<br />

bewerteten zudem den Aktionsfilm und das Unterweisungskonzept<br />

mehrheitlich als hilfreich und<br />

kompetent. Sie bescheinigten den Materialien,<br />

die Vorbereitung einer Unterweisung für Azubis zu<br />

vereinfachen. Und die Checkliste für Arbeitssicherheit?<br />

Knapp sechs Prozent der Befragten sahen in<br />

ihr keine Hilfe für Azubis, knapp 60 Prozent beurteilten<br />

sie als hilfreich und nützlich, der Rest war<br />

sich noch nicht sicher.<br />

Erwartungsgemäß liegt das Thema „Sicherer Umgang<br />

mit Werkzeugen und Maschinen“ mit über<br />

34 Prozent aller Nennungen weit vorn. Mit großem<br />

Abstand folgt der Themenkomplex „Verkehr und<br />

innerbetrieblicher Transport“. Die anschließend<br />

genannten Bereiche sind stark verhaltensbezogen:<br />

Informationen zu Vorschriften und Regeln, zu gutem<br />

Benehmen und zum Umgang mit Alkohol und<br />

Drogen sind die weiteren Wunschthemen.<br />

fazit<br />

Die meisten Betriebe haben den Einsatz der Materialien<br />

zur Aktion „Jugend will sich-er-leben“ als<br />

Chance erkannt, vom Knowhow der Berufsschulpädagogik<br />

zu profitieren. Dabei gibt es aber eine<br />

klare Erwartungshaltung: Praxisgerecht und nah<br />

am Berufsalltag der jungen Menschen müssen die<br />

Materialien sein, um von den Betrieben akzeptiert<br />

zu werden.<br />

Thomas Plonsker<br />

Download der Checkliste unter:<br />

www.jwsl.de/aktion2011/checklistas<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Medienpaket „Jugend will sich-er-leben“<br />

Im Mittelpunkt des Pakets steht der Aktionsfilm, der jedes Jahr neu für<br />

das entsprechende Thema produziert wird. Er hat eine Länge von etwa<br />

zehn bis 15 Minuten. Außerdem bietet die DVD häufig weitere Filmsequenzen,<br />

wie zum Beispiel Prominenteninterviews: Bekannte Politiker,<br />

Sportler oder Künstler regen zu neuen Sichtweisen an, indem<br />

sie über ihre Erfahrungen und Erlebnisse zum Thema berichten. Und<br />

schließlich finden sich noch die Konzepte des Berufsschulunterrichts<br />

auf der DVD. Diese sind recht umfangreich und enthalten teilweise bis<br />

zu sechs verschiedene grundsätzliche Vorschläge für Unterrichtseinheiten,<br />

Arbeitsblätter und methodische Überlegungen.<br />

Das Booklet der DVD ist als betriebliche Unterweisungshilfe konzipiert<br />

und enthält eine konkrete Unterweisungseinheit zum Thema. Diese<br />

kann entweder vollständig übernommen oder entsprechend der betrieblichen<br />

Bedingungen und Besonderheiten modifiziert werden.<br />

25<br />

Quelle: www.jwsl.de


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Fehlzeiten-Report 2011<br />

Lob hält Mitarbeiter gesünder<br />

Mehr Einsatz für die Belange der Mitarbeiter und öfter mal ein Lob<br />

für gute Arbeit – das wünschen sich Beschäftigte von ihrer Führungskraft.<br />

26<br />

Die Wertschätzung der Mitarbeiter lohnt sich. Das<br />

bestätigt der Fehlzeiten-Report 2011, den das Wissenschaftliche<br />

Institut der AOK (WIdO) in Kooperation<br />

mit der Universität Bielefeld und der Beuth<br />

Hochschule für Technik Berlin herausgegeben hat.<br />

Danach leiden Mitarbeiter, die von ihren Führungskräften<br />

gut informiert werden und Anerkennung erfahren,<br />

weniger unter gesundheitlichen Beschwerden.<br />

Außerdem identifizieren sie sich häufiger mit<br />

ihrem Unternehmen.<br />

Im Mittelpunkt des Fehlzeiten-Reports 2011 steht<br />

die „Führungsaufgabe Gesundheit“. Dazu haben<br />

die Herausgeber Mitarbeiterbefragungen in 147<br />

Unternehmen mit insgesamt 28.223 Teilnehmern<br />

ausgewertet. Demnach nehmen 54,5 Prozent der<br />

befragten Mitarbeiter Lob von ihrem Vorgesetzten<br />

nur selten oder nie wahr. 41,5 Prozent sagen aus,<br />

dass ihre Meinung vom Vorgesetzten bei wichtigen<br />

Entscheidungen nicht beachtet würde. Gleichzeitig<br />

ist jedoch mehr als ein Drittel (35,5 Prozent) der Befragten<br />

davon überzeugt, dass Vorgesetzte durch<br />

mehr Einsatz für die Mitarbeiter deren gesundheitliche<br />

Situation am Arbeitsplatz verbessern können.<br />

Ein gesundheitsfördernder Führungsstil beeinflusse<br />

das Befinden der Mitarbeiter positiv und halte<br />

die Fluktuation im Unternehmen gering, heißt es in<br />

der Mitteilung der WIdO. Nicht zuletzt mit Blick auf<br />

den zunehmenden Fachkräftemangel spiele deshalb<br />

der Führungsstil eine immer wichtigere Rolle.<br />

Doch auch die Führungskräfte stehen dem Report<br />

zufolge unter Druck. Vor allem in unteren und mitt-<br />

leren Führungsebenen leiden sie unter starkem<br />

Zeitdruck und hoher Arbeitsdichte. So gaben Führungskräfte<br />

in einer Befragung an, nur an durchschnittlich<br />

4,8 Tagen im Jahr krank gewesen zu<br />

sein. Andere Erhebungen zeigen, dass Führungskräfte<br />

an 8,3 Tagen trotz Krankheit zur Arbeit gehen<br />

und sich bei Krankheit nicht angemessen erholten<br />

oder zu früh an ihren Arbeitsplatz zurückkehrten.<br />

Über die „Führungsaufgabe Gesundheit“ hinaus<br />

macht der Report ausführliche Angaben zu den<br />

Ausfalltagen in der deutschen Wirtschaft insgesamt,<br />

wobei die Daten auf den Fehlzeiten der mehr<br />

als zehn Millionen bei der AOK versicherten Erwerbstätigen<br />

basieren. Obwohl der Krankenstand<br />

2010 im Vergleich zum Vorjahr bei 4,8 Prozent stagnierte,<br />

hat demnach die Zahl der Krankheitstage<br />

leicht zugenommen. 2010 dauerte eine Arbeitsunfähigkeit<br />

im Durchschnitt <strong>17</strong>,6 Tage. Die meisten<br />

Krankheitstage entfielen 2010 auf die Gruppe der<br />

Muskel- und Skeletterkrankungen (24,2 Prozent).<br />

Darauf folgen akute Verletzungen (12,9 Prozent),<br />

Atemwegserkrankungen (12 Prozent) und psychische<br />

Erkrankungen (9,3 Prozent).<br />

Die Fehlzeiten unterscheiden sich zudem deutlich<br />

nach Branchen und Tätigkeiten. Den höchsten<br />

Krankenstand verzeichnete der Bereich „Energie,<br />

Wasser, Entsorgung und Bergbau“ mit 5,9 Prozent.<br />

Ebenfalls hohe Krankenstände registrierten die<br />

Branchen „Verkehr und Transport“ (5,5 Prozent) sowie<br />

das Baugewerbe (5,1 Prozent).<br />

WIdO/Tbz<br />

AU-Fälle und Dauer<br />

nach Krankheitsarten<br />

2010,<br />

AOK-Mitglieder


An rotierenden Werkzeugen oder Werkstücken<br />

Gerade in Lehrwerkstätten stehen oft „klassische“<br />

Bohr-, Dreh- und Fräsmaschinen, da sich an ihnen<br />

die technischen Zusammenhänge anschaulich<br />

erläutern lassen und grundlegende Fertigkeiten<br />

vermittelt werden. Im Gegensatz zu den modernen<br />

Bearbeitungszentren, bei denen die gefahrbringenden<br />

Bewegungen hinter geschlossener Schutztür<br />

ablaufen, ist bei den älteren, offenen Maschinen<br />

der Zugriff in den Wirkbereich möglich. Wo<br />

immer machbar, helfen nachträglich angebrachte<br />

Schutzeinrichtungen, wie zum Beispiel eine Futterschutzhaube<br />

oder eine Verdeckung der Bohrspindel,<br />

die Gefahren zu reduzieren. Besonders in<br />

der Ausbildung ist die Gefährdungsbeurteilung in<br />

Verbindung mit den Anforderungen der Betriebssicherheitsverordnung<br />

die Grundlage für sichere<br />

Maschinen und Arbeitsplätze. Und so lange das<br />

geübte Auge des Meisters über allem wacht, was<br />

die Auszubildenden tun, lässt sich der Umgang<br />

mit den Maschinen sicher gestalten. Wie wichtig<br />

eine umfassende Aufsicht ist, wird immer dann<br />

deutlich, wenn im Eifer des Gefechtes mal die ein‘<br />

oder andere Handlung zu gefährlichen Situationen<br />

führt.<br />

Da reicht es zum Beispiel schon, wenn beim Wechsel<br />

von vorbereitenden Arbeiten abseits der Maschine,<br />

für die das Tragen von Schutzhandschuhen<br />

angezeigt ist, zum Arbeiten direkt an der Maschine<br />

vergessen wird, diese abzustreifen. Dies passiert<br />

nicht nur Neulingen, auch erfahrene Mitarbeiter<br />

sind vor solchen Blackouts nicht sicher. Und wie<br />

schnell eine drehende Welle, eine Arbeitsspindel<br />

oder ein Werkzeug „zupacken“ können, zeigt sich<br />

erst, wenn es für den Betroffenen zu spät ist. Was<br />

eigentlich schützen soll, wird dann zur unentrinnbaren<br />

Falle. Während die glatte Haut schlecht zu<br />

greifen ist, bildet ein Handschuh aufgrund der Reibung<br />

eine bessere Angriffsfläche, die an den rotierenden<br />

Teilen hängenbleibt. Wer darauf hofft, dass<br />

das Handschuhmaterial rechtzeitig zerreißen wird<br />

und die Hand wieder freigibt, sieht sich enttäuscht.<br />

Selbst Bruchstücke dünner Kunststoffhandschuhe<br />

drehen sich zu stabilen „Schnüren“ zusammen,<br />

Finger und Hand werden stranguliert und an das<br />

Werkzeug oder das eingespannte Werkstück herangezogen.<br />

Schwere Verletzungen, häufig mit dem<br />

Verlust von Fingern, sind die Folge. Auch wenn die<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

finger weg von Schutzhandschuhen!<br />

Ob Werkzeug oder Werkstück – was sich dreht, ist gefährlich. Diesen wichtigen<br />

Hinweis erhalten Auszubildende bereits während ihrer „Lehrzeit“,<br />

wenn es darum geht, ihnen die Grundlagen der Zerspanung zu vermitteln.<br />

Aber wehe, sie tragen bei diesen Arbeiten Handschuhe!<br />

Spezialisten in den handchirurgischen Abteilungen<br />

der Unfallkliniken beim Wiederannähen von<br />

abgetrennten Fingern und anderen Körperteilen<br />

erstaunliche Erfolge aufweisen können, sollte man<br />

sich als Maschinenbediener nicht auf die Mediziner<br />

verlassen, sondern jeden Handgriff in der Nähe<br />

rotierender Teile bewusst und mit der angemessen<br />

Vorsicht ausführen.<br />

Die sich in letzter Zeit wieder häufenden Unfälle<br />

mit Schutzhandschuhen an Bohrmaschinen unterstreichen<br />

die Notwendigkeit, dass betriebliche<br />

Vorgesetzte in ihren Unterweisungen verstärkt auf<br />

diese Zusammenhänge hinweisen und die Einhaltung<br />

des „Handschuhverbotes“ kontrollieren müssen.<br />

Peter Hackenberg<br />

Foto: © Siegfried Schnepf/Fotolia.com<br />

27


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > SicHeRHeit unD GeSunDHeit<br />

Neue Herausforderungen<br />

Prävention psychischer Belastungen<br />

im Arbeitsleben<br />

Dem BKK Gesundheitsreport 2011 zufolge sind zwölf Prozent aller Krankheitstage<br />

auf psychische Fehlbeanspruchungen und psychische Störungen zurückzuführen.<br />

Tendenz: steigend.<br />

28<br />

Allerdings sagt der Blick auf die Statistik wenig<br />

aus, wenn es um die rein arbeitsbedingten psychischen<br />

Belastungen geht. Denn diese sind keine<br />

psychischen Störungen oder Erkrankungen, sondern<br />

durchaus normale Erscheinungen unserer<br />

Arbeitstätigkeit.<br />

Doch was sind eigentlich psychische Belastungen,<br />

Beanspruchungen und Störungen? Antworten darauf<br />

gibt die Norm DIN EN ISO 10075. Sie definiert<br />

die psychische Belastung als “…die Gesamtheit<br />

aller erfassbaren äußeren Einflüsse, die auf den<br />

Menschen zukommen und psychisch auf ihn einwirken“.<br />

Außerdem ist in dieser Norm auch der<br />

Begriff der psychischen Beanspruchung festgelegt<br />

und zwar “…als die unmittelbare Auswirkung der<br />

psychischen Belastung in Abhängigkeit von den<br />

individuellen Voraussetzungen und Bewältigungsmöglichkeiten“.<br />

Psychische Belastungen sind danach zunächst als<br />

neutral anzusehen, können aber bei starker Ausprägung<br />

und ungünstiger Kombination auch zur<br />

Überforderung und damit zu Leistungsminderung,<br />

Fehlern, Unfällen oder Erkrankungen beitragen.<br />

Auf der anderen Seite können diese Belastungen,<br />

wenn sie den Mitarbeiter fordern, ohne ihn zu<br />

überfordern auch eine motivierende, ja sogar leistungssteigernde<br />

Wirkung haben.<br />

Problematisch sind lediglich die psychischen<br />

Belastungen, die zu anhaltenden Fehlbeanspruchungen<br />

führen. Ein Beispiel dafür wäre dauerhafter<br />

hoher Zeitdruck. Um den Zusammenhang<br />

zwischen Belastungen und Auswirkungen sichtbar<br />

zu machen, hat sich das sogenannte Belastungs-<br />

Beanspruchungsmodell bewährt. Die möglichen<br />

Reaktionen des Mitarbeiters macht die Abbildung<br />

deutlich. Demnach können die Belastungen positiv<br />

wirken oder aber die genannten negativen Folgen<br />

nach sich ziehen.<br />

In der Umsetzung unterschiedlicher Konzepte zur<br />

Reduzierung psychischer Belastungen unterstützt<br />

die <strong>BGHM</strong> ihre Mitgliedsbetriebe. Fragen dazu beantworten<br />

die arbeitspsychologischen Experten<br />

der <strong>BGHM</strong> unter der Telefonnummer 06131/802-<br />

13403 oder per Mail unter s.marouelli@bghm.de.<br />

Karl-Thomas Wenchel<br />

Quelle: <strong>BGHM</strong> / © aummer / fotolia.com


Velo-Wellness oder Tour-de-Force?<br />

Um die Sicherheit von Mensch und Gerät zu gewährleisten,<br />

stellen etliche Ratgeber ihre Checklisten<br />

und Broschüren ins Internet. Hier die wichtigsten<br />

Tipps zur Kontrolle vor der großen Sommerfahrt:<br />

• Die Velo-Freunde setzen vor allen Dingen auf<br />

„aktuelles Material“, weil neue Entwicklungen<br />

das Fahren sicherer und komfortabler machen.<br />

Ganz oben steht hier der Nabendynamo, der<br />

einen leichteren Lauf garantieren soll. Als<br />

wichtige Ergänzung dazu gelten Rückleuchten<br />

mit Standlichtautomatik. Zudem erhöhen die<br />

zunehmend eingesetzten und wesentlich lichtstärkeren<br />

Leuchtdioden (LED) die Sicherheit.<br />

• Auch der ADFC hat alle sicherheitsrelevanten<br />

Punkte vor einer Fahrradtour zusammengestellt.<br />

Nach der gründlichen Sicht- und Funktionsprüfung<br />

empfiehlt der Club die Reinigung<br />

des Fortbewegungsmittels. Ein schmutziger<br />

und rostiger Antrieb verschleiße stärker und<br />

erschwere das Fahren. Auch die Bremsflächen,<br />

also Scheiben oder Felgen, sollten sauber sein.<br />

Allerdings warnen die Experten vor dem Einsatz<br />

von Dampf- oder Hochdruckreinigern, weil die<br />

Lager Schaden nehmen könnten. Neben der<br />

Fahrsicherheit gelte es aber auch, sein Fahrrad<br />

diebstahlsicher zu machen (siehe Infokasten).<br />

• Immer beliebter wird nach Angaben des<br />

Deutschen Verkehrssicherheitsrates (DVR) das<br />

elektrische Rad. Die so genannten Pedelecs<br />

fahren nicht nur schneller als herkömmliche<br />

Drahtesel, sondern sind auch schwerer und<br />

SicHeRHeit unD GeSunDHeit < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Der fahrradcheck vor der großen tour<br />

Fast fünf Millionen Deutsche haben 2009 dem Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC)<br />

zufolge einen Radurlaub mit mindestens einer Übernachtung unternommen. Davor sollte<br />

allerdings der gründliche Fahrradcheck stehen, damit die Tour nicht zur Tortur wird.<br />

tipps für den sicheren „Anschluss“<br />

• Anschließen statt Abschließen. Rahmen sowie<br />

Vorder- und Hinterrad stets an einen festen<br />

Fahrradständer oder fest verankerte Gegenstände<br />

anschließen.<br />

• Öffentlichkeit. Nicht an einsamen Plätzen oder<br />

in uneinsehbaren Straßen parken.<br />

• Abstellanlagen. Der Fahrradclub testet verschiedene<br />

Anlagen. Bei den mit dem Gütesiegel<br />

„ADFC-empfohlen“ ausgezeichneten<br />

Abstellanlagen lassen sich Vorderrad und Rahmen<br />

mit einem Schloss am Ständer sichern.<br />

Außerdem rollt das Rad nicht weg.<br />

Foto: Bilderbox.com<br />

legen ein anderes Fahrverhalten an den Tag.<br />

Für sicheres Fahren seien daher einige wichtige<br />

Punkte zu beachten, mahnt der DVR. Auf dessen<br />

Internetseite sind die technischen, sicherheitsrelevanten<br />

und rechtlichen Aspekte für die Fahrt<br />

mit dem Elektrorad zusammengestellt.<br />

Kathrin Ehrig<br />

• Einzigartigkeit. Individuelle Merkmale schützen<br />

vor Diebstahl<br />

• Codierung. Möglichkeit der Codierung nutzen,<br />

sofern die Gemeinde es anbietet.<br />

• Fakten. Alle wesentlichen Informationen des<br />

Fahrrades (Rahmennummer, Fabrikat, besondere<br />

Merkmale etc.) in einem Fahrradpass<br />

notieren. Diesen Pass gibt es bei Fahrradhändlern,<br />

der Polizei oder bei Versicherungen.<br />

Weitere Informationen im Internet<br />

unter:<br />

www.adfc.de<br />

www.dvr.de<br />

www.verkehrssicherheitsprogramme.de<br />

Unbeschwert genießt,<br />

wer vor der großen<br />

Tour seinen Drahtesel<br />

gründlich durchcheckt.<br />

29


<strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong> > LeiStunG unD RecHt<br />

Meldung an die Berufsgenossenschaft<br />

wer hilft beim Verdacht auf eine Berufskrankheit?<br />

30<br />

Was können Beschäftigte tun, wenn sie befürchten,<br />

dass ihre berufliche Tätigkeit die Ursache für ein<br />

gesundheitliches Problem oder eine Erkrankung<br />

sein könnte? Die Betroffenen sollten zunächst zu<br />

ihrem Hausarzt, wenn nötig auch zu einem Facharzt<br />

gehen, der die Symptome abklärt und eine<br />

erste Einschätzung zu den möglichen Krankheitsursachen<br />

geben kann. Ist er der Meinung, dass es<br />

sich um eine Berufskrankheit handeln könnte, wird<br />

er eine Meldung („BK-Verdachtsanzeige“) an die<br />

zuständige Berufsgenossenschaft schicken. Auch<br />

die Erkrankten können sich selbst formlos an ihre<br />

Berufsgenossenschaft wenden. Hat der Arbeitgeber<br />

Kenntnis von der möglichen Berufskrankheit,<br />

muss auch er den Unfallversicherungsträger informieren.<br />

Auch die Krankenkassen können eine<br />

mögliche Berufskrankheit melden.<br />

Nach Eingang der Meldung wendet sich die Berufsgenossenschaft<br />

an den Betroffenen, um den<br />

für die Entscheidung relevanten Sachverhalt zu ermitteln.<br />

Dazu gehören die Krankengeschichte und<br />

– als besonders wichtiger Aspekt – die Bedingungen<br />

am Arbeitsplatz. Anschließend prüft die Berufsgenossenschaft,<br />

ob die Erkrankung tatsächlich<br />

von den Arbeitsbedingungen verursacht wurde.<br />

Liegt eine Berufskrankheit vor, ist es das vorrangige<br />

Ziel, mit allen geeigneten Mitteln die Krankheit<br />

zu heilen. Sofern dies nicht möglich ist, gilt es, die<br />

Foto: DGUV / BG RCI / Bertram<br />

Hat mein nachlassendes<br />

Hörvermögen etwas mit dem<br />

Lärm in der Werkshalle zu<br />

tun? Was kann ich gegen<br />

die rissige Haut meiner<br />

Hände tun, wenn ich doch<br />

dauerhaft im Feuchtbereich<br />

arbeite? Sind Schwäche und<br />

Unwohlsein vielleicht Folgen<br />

meiner Dienstreise ins<br />

Ausland?<br />

Krankheit zu lindern und eine Verschlimmerung zu<br />

vermeiden. Die gesetzliche Unfallversicherung bietet<br />

dazu eine breite Palette von Leistungen, die von<br />

der medizinischen Versorgung bis hin zur beruflichen<br />

Reintegration reichen.<br />

was ist eine Berufskrankheit?<br />

Nach der Definition des Gesetzgebers kommen als<br />

Berufskrankheiten nur Erkrankungen in Frage, die<br />

„durch besondere Einwirkungen verursacht sind,<br />

denen bestimmte Personengruppen durch ihre<br />

Arbeit in erheblich höherem Grad ausgesetzt sind<br />

als die übrige Bevölkerung“. Vor allem sind dies Erkrankungen,<br />

die in der so genannten Berufskrankheitenliste<br />

aufgeführt sind. Sie umfasst derzeit 73<br />

Krankheitstatbestände.<br />

Im Jahr 2010 registrierten Berufsgenossenschaften<br />

und Unfallkassen mehr als 30.000 neue Fälle bestätigter<br />

Berufskrankheiten.<br />

Heinz-Rudolf Neumann<br />

Weitere Informationen im Internet<br />

unter:<br />

www.bghm.de Webcode: 119


Keine Hinterbliebenenrente<br />

Mord war kein Arbeitsunfall<br />

Mit zwei tödlich endenden Familien- oder<br />

Beziehungsdramen mussten sich nicht nur<br />

die Strafgerichte, sondern auch die Sozialgerichte<br />

beschäftigen.<br />

In einem Fall betrieben die Eheleute zwei Pizzerien,<br />

die beide auf den Namen der Ehefrau geführt<br />

wurden. Der Ehemann war offiziell als Koch angestellt.<br />

Auf der Rückfahrt vom Steuerberater, den<br />

der Ehemann zusammen mit seinem Sohn aufgesucht<br />

hatte, schlug der Sohn zunächst mit einem<br />

Hammer auf seinen Vater ein, übergoss ihn mit<br />

Benzin und zündete ihn an. Der Vater verstarb an<br />

seinen schweren Verbrennungen, der Sohn wurde<br />

wegen Mordes zu lebenslanger Freiheitsstrafe<br />

verurteilt. Die Witwe beantragte Leistungen aus<br />

der gesetzlichen Unfallversicherung. Die Berufsgenossenschaft<br />

lehnte jedoch einen versicherten<br />

Wegeunfall ab. Zu Recht, wie Sozial- und Landessozialgericht<br />

bestätigten.<br />

Zwar kann auch ein Überfall als Arbeitsunfall anzusehen<br />

sein. Dabei kommt es aber im Wesentlichen<br />

auf die Beweggründe des Angreifers an. An einem<br />

inneren Zusammenhang zwischen Überfall und<br />

versicherter Tätigkeit fehlt es in der Regel, wenn<br />

die Beweggründe des Angreifers dem persönlichen<br />

Bereich der Beteiligten zuzurechnen sind. Das Landessozialgericht<br />

stellte vorliegend fest, dass ein<br />

jahrelang aufgestauter Hass des Sohnes auf den<br />

Vater das Tatmotiv war. Letztlich war es nur Zufall,<br />

dass die Tat auf einem Arbeitsweg erfolgt ist.<br />

Im Übrigen bestanden auch Zweifel daran, ob der<br />

Ermordete überhaupt als Beschäftigter versichert<br />

war, weil viel dafür sprach, dass er der eigentliche<br />

Inhaber des Betriebes war. Ein starkes Indiz für<br />

eine Scheinbeschäftigung des Ehemannes, der<br />

sich um alles im Betrieb selbst gekümmert hatte,<br />

sah das Gericht unter anderem in dessen geringer<br />

Entlohnung (360 Euro bei 54 Stunden wöchentlicher<br />

Arbeitszeit).<br />

Auch in einem weiteren Fall wurde die Ermordung<br />

einer Versicherten durch den früheren Lebensgefährten<br />

auf dem Weg zur Arbeit nicht als Wegeunfall<br />

anerkannt. Der Mord geschah auf offener<br />

Foto: © Danny Elskamp/Fotolia.com<br />

LeiStunG unD RecHt < <strong>BGHM</strong>-Aktuell 3 | <strong>2012</strong><br />

Straße, wo die Versicherte gerade ihr Kind zum Kindergarten<br />

(versicherter Umweg nach § 8 Abs. 2 Nr.2<br />

SGB VII) gebracht hatte. Auch hier lag das Tatmotiv<br />

ausschließlich im privaten Bereich (Eifersucht,<br />

Hass und Wut über die Trennung). Besondere Verhältnisse<br />

des Weges, z.B. Dunkelheit, Dämmerung,<br />

einsam gelegener Tatort, und ähnliche, die den<br />

Überfall hätten begünstigen können, lagen nicht<br />

vor, zumal dem nach Feststellung des Landessozialgerichts<br />

offenbar zu allem entschlossenen Täter<br />

diese Umstände gleichgültig gewesen seien.<br />

LSG Baden-Württemberg vom 22.11.2011, Az.: L 2 U<br />

5633/10 sowie Bayerisches LSG vom 09.02.2011,<br />

Az.: L 18 U 418/09<br />

Karl Heinz Schwirz<br />

31


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