22.12.2012 Aufrufe

Die MASSAI - Ostafrika - bei DuEPublico

Die MASSAI - Ostafrika - bei DuEPublico

Die MASSAI - Ostafrika - bei DuEPublico

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

A. Heckhoff<br />

Folkwangschule für Gestaltung, Abteilung Architektur<br />

Essen-Werden, WS 1969/70<br />

Völkerkundliche Studie<br />

<strong>Die</strong> <strong>MASSAI</strong> - <strong>Ostafrika</strong><br />

Untersuchung der typischen Behausung einer naturvölkischen Kultur heutiger Zeit<br />

Massaihütte (Oliver, S. 78)<br />

“<strong>Die</strong> Karte zeigt das Wohngebiet der Massai (ocker):mit Gras<br />

bewachsene Hochebenen, die ein ausgezeichnetes Gebiet für die<br />

Rinderzucht sind.“ (10, 1965,, S. 61)


Siehe earth.google.de<br />

Inhaltsverzeichnis<br />

Einleitung<br />

I. Gegebenheiten des Umsystems (Link > Umsysstem)<br />

A. Geschichtliche, rassische, sprachliche und ethnische Einordnung<br />

B. Bevölkerungsdichte und klimatische Bedingungen, im Zusammenhang mit der Vegetation<br />

C Lebensweise der Massai<br />

C.1 Politischer und sozialer Aufbau innerhalb eines Stammes<br />

C.2 Ehe und Familie<br />

C.3 Glaube und Charakter<br />

C.4 Das Wirtschaftsleben<br />

C.5 Kleidung und Schmuck<br />

II. Beschreibung des Objektsystems (Link > Objektsystem)<br />

A. Behausung<br />

B. Kral<br />

C. Schmiede<br />

Modellaufnahme<br />

Stellungnahme<br />

Literaturnachweis


Einleitung<br />

<strong>Die</strong> folgenden Ausführungen befassen sich mit dem Stamm der Massai. Da mir die<br />

Lebensweise der Massai bisher unbekannt war, entstand diese Ar<strong>bei</strong>t mit Hilfe von<br />

völkerkundlichen Literaturen. Hauptträger waren da<strong>bei</strong> die Bücher von H. A. Bernatzik (6)<br />

und M. Merker (7). Obwohl letztere Studie schon 1907 verfaßt und 1910 herausgegeben<br />

wurde, enthält diese keine wesentlich unterschiedlichen Aussagen zu späteren Quellen.<br />

Infolge dessen gab mir M. Merker die Grundlage zu meinen Ausführungen.<br />

Wohngebiete des Massaivolkes (7, Anhang)<br />

Der Erdteil Afrika ist zu einem Begriff geworden, mit dem die Europäer früher die<br />

Erforschung des Unbekannten verbanden und später dann zur Kolonisierung dieses<br />

Kontinents führte. Heute jedoch, verläuft die Entwicklung der Länder in Richtung zu<br />

selbständigen Staaten, die die Fürsorge und politische Verantwortung selbst zu tragen haben.<br />

Man beauftragt Entwicklungshelfer aus allen Berufssparten, die Eingeborenen auf ihre neue<br />

Aufgabe, Bürger eines Staates zu sein, vorzubereiten. Doch erhebt sich immer wieder die<br />

Frage: Sind die Menschen bereit, einen Sprung von Jahrhunderten zu leisten, und der<br />

Zivilisation Eintritt zu gewähren?<br />

Zweifellos hat sich in den letzten Jahren in dieser Beziehung viel geändert, jedoch gibt es<br />

noch Naturvölker, die im scharfen Gegensatz zur Zivilisation stehen. Ein solches Volk finden


wir in den Massai: „<strong>Die</strong> Massai sind wohl der originellste Stamm Ost-Afrikas. Sie<br />

widerstehen den Lenkungen der europäischen Zivilisation am besten.“ (1, S. 35)<br />

Wieweit die Massai durch ihre ablehnende Haltung die Lebensgewohnheiten ihrer Urväter<br />

behalten haben, zeigt diese völkerkundliche Studie.<br />

I. Gegebenheiten des Umsystems<br />

A. Rassische, sprachliche, ethnische und geschichtliche Einordnung<br />

<strong>Die</strong> Massai gehören sprachlich zu den Hamito-Niloten (= <strong>Die</strong> Völker mit hamitonil. Sprache,<br />

sie leben im Quellgebiet des Nil und seiner oberen Nebenflüsse), „ein Zeichen ihrer<br />

Mittelstellung zwischen den Völkern am Oberen Nil (Niloten) und jenen Nordost-Afrikas<br />

(Gulla, Somali), den eigentlichen Osthamiten“ (2, S. 317), jedoch zählt man sie zu der<br />

äthiopischen Rasse. Sie entsprechen einer Verbindung der äthiopischen mit der nigerischen<br />

Rasse. <strong>Die</strong>se Menschen weisen Merkmale wie hoher Körperwuchs, langes Gesicht mit hohen<br />

Nasen und ausgeprägtem Kinn, aber oft mit wulstigen Lippen und Krauhaar, sowie eine<br />

dunkle Hautfarbe auf.<br />

<strong>Die</strong> Massai werden als einer der hochmütigsten Völker bezeichnet: Sie sind schlank und<br />

erwecken den Eindruck eleganter, elastischer Beweglichkeit. Besonders die Gliedmaße sind<br />

sehr lang, Gelenke dünn, Hände und Füße klein und zierlich.<br />

<strong>Die</strong> Massai sprechen trotz vieler Untergruppen, Teilgruppen, trotz der weit ausgebreiteten<br />

Massai-Gebiete dieselbe Sprache. Auch in ihrer religiösen Anschauung und der Sitte der<br />

Beschneidung stimmen alle Massai überein. Bei diesem Naturvolk finden wir folgende<br />

Einteilungen:<br />

„<strong>Die</strong> Massai sind in fünf Bezirke eingegliedert:<br />

1. Kuputiei<br />

2. Enaiposcha<br />

3. Laikipia<br />

4. Nasin-Gischa und<br />

5. Kisongo.<br />

Daneben besteht eine genealogische Einteilung in vier Großsippen (oder Stämme):<br />

1. Aiser<br />

2. Mengana<br />

3. Mokesen und<br />

4. Moleljan“. (2, S. 5 und S. 318-319)<br />

<strong>Die</strong> Aiser sind der vornehmste Teilstamm, aus dem auch das allgemeine Oberhaupt, genannt<br />

„ol oriboni“, hervorgeht. Zugleich verkörpern die Aiser mit all ihren Eigenschaften und<br />

Gewohnheiten die typischen Massai; darum beschäftige ich mich hauptsächlich nur mit ihnen.<br />

<strong>Die</strong> große Völkerwanderung der Massai fand im 16. und 17. Jahrhundert statt. Sie zogen aus<br />

ihrer eigentlichen Heimat zwischen Nil und Rudolfsee durch den ostafrikanischen Graben,<br />

fast drei Breitengrade südlich. <strong>Die</strong> in Kenia und Tanganjika lebenden sesshaften Bauern<br />

wurden des Viehs beraubt und durch die Massai-Krieger nach Westen (Ostufer des Viktoria-<br />

Sees), und nach Süden und in die östlichen Bergländer abgedrängt. Nach Tischner (3, S. 173)<br />

Nur die Tschagga und Pare konnten sich den räuberischen Massai widersetzen und einer<br />

weiteren Ausbreitung dieses Stammes Einhalt gebieten.<br />

Wie ich aus anderen Lektüren ersehen konnte, sind die Massai noch heute so gefürchtet, dass<br />

man sich mit Schutzmauern um den Kral absichern muß. Doch Ende des 19ten Jahrhunderts<br />

verbreitete sich eine große Rinderpest, die ein Großteil der Herden und sogar des Massai-


Volkes selbst ausrottete. Da diese von jeher ein nomadisierendes Hirtenvolk sind, ließ der<br />

Verlust der Herden einige von ihnen sesshaft werden, zu diesen zählen die Kwawi (Mruscha)<br />

und die Notorobo, die inzwischen zu Jägern und Sammlern geworden sind.<br />

Das durch die Völkerwanderung gewonnene Gebiet erstreckt sich heute in die Staaten Kenia<br />

und Tansania. 1902 hatten die Engländer den Massai zwei voneinandergetrennte Reservate,<br />

um den Naivasha-Graben zugeteilt. Der Stamm erhob jedoch die Forderung, das nördliche<br />

Gebiet (in Kenia) den Weißen zu überlassen. <strong>Die</strong>sem wurde 1914 Folge geleistet, und die<br />

Massai siedelten an den Südrand Kenias über. (4, S. 329)<br />

Das Steppengebiet, das ihnen in Tanganjika zugeteilt wurde, trägt den Namen Massai-Steppe.<br />

<strong>Die</strong>se gras- und dornenbewachsene Steppe wird von Hügelländern begrenzt und gilt als eines<br />

der wildreichsten Territorien der Erde, in der Antilopen, Gnus, Zebras, Giraffen, Strauße, in<br />

Herden von manchmal 10 000 Stück vorkommen.<br />

A. Bevölkerungsdichte und klimatische Bedingungen, im<br />

Zusammenhang mit der Vegetation<br />

Nach Berger (5, S. 1008) wird die Kopfzahl der Massai auf 85 000 geschätzt, davon leben<br />

etwa 50 000 in Kenia und 35 000 in Tanganjika. Davon wiederum existieren 27 000 Kwavi,<br />

die sich am Südfuß des Meruberges angesiedelt haben; Bananen, Milch und Fleischwirtschaft<br />

betreiben. Außerdem rechnet Berger zu der Gesamtzahl von 85 000 Massai auch noch die im<br />

Massai-Gebiet jagenden und sammelnden Noterobo. <strong>Die</strong> Bevölkerungsdichte erreicht jedoch<br />

in der Massai-Steppe nur 1,23 Personen pro Quadratkilometer (laut Statistiken von 1931).<br />

Das vorwiegend trockene, warme Steppenklima der Massai-Gebiete gehört zu den Tropen,<br />

wird jedoch als zur Viehzucht geeignet bezeichnet. Da ohne Wasser nun einmal kein Leben<br />

besteht, ist der Niederschlag für dieses Volk von großer Bedeutung. Der Niederschlag verteilt<br />

sich über vier bis sechs Monate und beträgt 500 - 750 cbmm jährlich. (5, S. 78)<br />

<strong>Die</strong> Temperaturen betragen sowohl im Januar als auch im Juli 14° - 18° C., der Niederschlag<br />

jedoch bis 1000 cbmm jährlich.<br />

In dem Lebensbereich der Massai ist außer der Viehzucht auch der Anbau von Kaffee im<br />

Norden, Tee und Bananen im Süden möglich.<br />

B. Lebensweise der Massai<br />

C.1 Politischer und sozialer Aufbau innerhalb eines Stammes<br />

<strong>Die</strong> Stammeszugehörigkeit beruht auf der gleichen Mundart, den gleichen Sitten,<br />

Heiratsbedingungen, Geboten und Verboten und der gleichen Geschichte.<br />

Bei den Massai existiert ein erbliches Häuptlingssystem. <strong>Die</strong> Aiser stellen den obersten<br />

Häuptling, den „ol oriboni“. Er herrschst mittelbar, durch den starken Glauben seiner<br />

Untertanen an sein Prophetentum und seine überirdischen Kräfte, wie der Zauberei und des<br />

„Regenmachens“. Er ist ein Heiliger, dessen Volk voller Erfurcht von ihm spricht. Das Ziel<br />

des „ol oriboni“ ist es, den Massai Einigkeit und Stärke zu vermitteln. Das kriegerische<br />

Hirtenvolk ist ihm verfallen, denn es glaubt an seine geheime Macht der Kriegsmedizin und er<br />

sieht Sieg oder Niederlage voraus. Er heilt Kranke mittels einer Zaubermedizin und ruft zu<br />

Bittfesten zu Ehren des Massai-Gottes „Nygui“ auf. „<strong>Die</strong> Weissagungen liest er aus einem<br />

Orakelspiel nach Art des Abzählens an den Knöpfen. Aus einem mit lederndem Deckel<br />

versehenen Rinderhorn (siehe Abb.) nimmt er eine Handvoll kleiner Flusskiesel, legt einen<br />

oder einige davon <strong>bei</strong>seite und wirft den Rest zurück. Nachdem er dies mehrere Male


wiederholt hat, verkündet er seinen Seherspruch, der oft genug mit pythischer Zweideutigkeit<br />

abgefasst ist.“ (7, S. 18 ff.) <strong>Die</strong>se Handlung heißt „en gidon”. Der „ol oriboni“ gibt auch den<br />

Anstoß zu kriegerischen Raubzügen, obwohl er selbst kein Krieger ist.<br />

<strong>Die</strong>se Unternehmungen sind den Massai jedoch immer willkommen, denn es gilt, den<br />

Viehbestand, dem sie ihre größte Fürsorge entgegenbringen, zu vermehren.<br />

Rinderhorn (7, S. 19)<br />

Das Staatswesen und die militärische Altersklassenorganisation beruht auf einem besonderen<br />

Altersklassensystem. „Das Altersklassensystem baut auf der genauen Kenntnis der<br />

Generationszugehörigkeit eines jeden auf, und so wird ersichtlich, das zur Zeit in der gleichen<br />

Altersklasse z.B. <strong>bei</strong> den „batoga“ nicht weniger als vier verschiedene Generationen<br />

nebeneinander leben, nämlich die dreizehnte, vierzehnte, fünfzehnte und sechszehnte<br />

Generation, wenn man die entfernteste noch benannte Generation als erste Generation<br />

bezeichnet.“ (7, S. 980) Jede Generation wird anders benannt. Einen Ehepartner darf man nur<br />

aus der gleichen, der zweitvorhergehenden oder übernächsten, nie aber aus der<br />

vorangegangenen oder folgenden Generation wählen.<br />

C.2 Ehe und Familie<br />

<strong>Die</strong> ehelichen Verhältnisse der Massai sind locker, da ausschließlich Vielweiberei herrscht.<br />

<strong>Die</strong> Zahl der Frauen des Mannes ist nicht begrenzt, sie hängt eher von der Finanzkraft des<br />

Bräutigams ab, denn er hat <strong>bei</strong> seiner Werbung eine Anzahl von Vieh an die Brauteltern zu<br />

geben. Ehe auf Probe gibt es nicht. <strong>Die</strong>se besteht ein Leben lang, kann jedoch gegebenenfalls<br />

wieder getrennt werden.<br />

Früher sollte die Braut nicht dem Stamm ihres Bräutigams angehören, was jedoch durch die<br />

großen Viehseuchen heute nicht mehr zutrifft. Danach darf der Mann eine Frau heiraten, die<br />

zwar zu seinem Stamm gehört, nicht jedoch zu seinem Geschlecht. Ferner soll die Frau nicht<br />

vom Geschlecht der Schwiegermutter sein, noch soll ihre Mutter dem Geschlecht des<br />

Bräutigams angehören.. <strong>Die</strong> Ehe zwischen Milchgeschwistern (Kinder, die von einer Amme<br />

ernährt wurden) ist nicht erlaubt, sowie ein Bund zwischen Angehörigen der Schmieden und<br />

Nicht-Schmieden. Witwen und geschiedenen Frauen ist ebenfalls untersagt, sich wieder zu<br />

verheiraten, dürfen jedoch in wilder Ehe leben.<br />

<strong>Die</strong> Väter kleiner Kinder verloben diese häufig, jedoch nur um eine Art Versicherung<br />

abzuschließen, denn der Vater des anderen Kindes ist nun verpflichtet, seinem Freund Hilfe<br />

<strong>bei</strong> einer Verarmung zu gewährleisten. Meistens aber tritt eine Brautwerbung ein, wenn der<br />

Jüngling 20 bis 22 Jahre alt ist und das Mädchen ein Alter von 8 bis 10 Jahre erreicht hat. Der<br />

Vater des Bräutigams wirbt <strong>bei</strong> der Mutter des Mädchens, die dann den Kopf der Braut mit<br />

Butter und Rinderfett einreibt, als Zeichen der Gültigkeit der Verlobung. Während der<br />

Verlobungszeit leben sie in zwei voneinander getrennten Kriegerkralen: der junge Mann<br />

befindet sich mit anderen Kriegern in seinem Altersklassenverband, während das gleiche für<br />

die Mädchen zutrifft; es lebt in einem anderen Kriegerverband. Wird das Mädchen während<br />

dieser Zeit schwanger, so gilt dieses als Schande und die Verlobung wird sofort gelöst.


Gefäß zur Zubereitung von Honigbier (M = 1:10)<br />

(7, S. 35)<br />

Der Krieger heiratet erst dann, wenn seine kriegerischen Kräfte nicht hinter denen der anderen<br />

zurückstehen.<br />

Ein wichtiges Element der Ehe ist der Brautpreis. Jeder Jüngling ar<strong>bei</strong>tet so lange, bis er eine<br />

kleine Herde besitzt. Als Brautpreis bezahlt der Bräutigam dem Vater der Braut zunächst<br />

einige Töpfe Honig, aus denen Bier gebraut wird, ferner noch drei Kühe und einen Ochsen,<br />

der zur Hochzeitsfeier verzehrt wird. Man löst Honig in Wasser auf und setzt ein Stück<br />

Wurzel der Steppenaloe oder ein geschältes und ausgekochtes Stück Frucht als sogenannten<br />

Leberwurstbaum sowohl als Geschmackskorrigierens als auch zur Bescheunigung der Gärung<br />

zu. Das Gemisch lässt man dann drei bis fünf Tage an einem warmen Ort, etwa in der Nähe<br />

des Herdfeuers stehen und gären.<br />

<strong>Die</strong> Mutter erhält ein männliches und ein weibliches Schaf. Bald danach wiederholt sich die<br />

Schenkung. Da durch die Viehsterblichkeit der Reichtum der Massai geschwunden ist, muß<br />

sich der Brautvater oft genug mit ein paar Töpfen Honig begnügen.<br />

In der ersten Zeit der Eheschließung erhält die Schwiegermutter des Mannes noch Honig,<br />

Felle zur Bekleidung und Eisendraht zur Herstellung des Arm- und Beinschmucks. Durch die<br />

traditionelle Überbringung des Honigs entstand die Gestalt des Kruges. Durch die Schlaufe<br />

wird eine Stange gesteckt; an deren Enden der Bräutigam und dessen Freund die Stange samt<br />

Krug hochheben und transportieren.<br />

Tragbarer Honigtopf (M = 1/10) (7, S. 38)<br />

Auf die <strong>bei</strong>den Öffnungen einer etwa fußlangen und 20 – 25 cm dicken Holzröhre bindet man<br />

je ein Stück frischer Rinderhaut, zieht dann das eine, nachdem es getrocknet und hart<br />

geworden ist, als Deckel ab und bindet diesen mit einem Riemen an dem nun fertigen Gefäß<br />

an.<br />

Häufig kommt es vor, dass dem Bräutigam der Brautpreis gestundet werden muß. Trotzdem<br />

geht die Frau, sowie deren Kinder in seinen Besitz über. <strong>Die</strong> Braut erhält keine Aussteuer und<br />

der Bräutigam kein Geschenk seitens des Schwiegervaters.<br />

Häufig flieht das heiratsfähige Mädchen aus dem elterlichen Kral zu ihrem Auserwählten in<br />

den Kriegerkral. Der Mann verlässt sofort mit ihr diesen und zieht in den Wald. Dort


verspeisen sie ein Rind und kehren dann in das Dorf zurück, wo sie ohne großen Aufwand<br />

verheiratet werden. Traditionsgemäß finden die Hochzeitfeierlichkeiten am dritten Monatstag<br />

statt. <strong>Die</strong> Hochzeitsgesellschaft besteht aus den Verwandten und Bekannten des Paares, sowie<br />

aus den Bewohnern des Krals der Brauteltern. <strong>Die</strong> Festmahlzeit setzt sich aus einem<br />

geschlachteten Rind, einem Schaf und einer Ziege, aus Honig, Milch oder Honigbrei<br />

zusammen. Das Brautpaar hat sich festlich geschmückt, in dem sie ihre Körper mit roter Erde<br />

und Rindertalg eingerieben haben. Nach beendigter Feier ziehen sich die Neuvermählten in<br />

eine neue Hütte zurück, wo eine Nachbarin mit einem Säugling auf sie wartet. <strong>Die</strong>se Geste<br />

soll der Ehefrau zu einer hohen Fruchtbarkeit anregen. Stirbt der Mann, so wird die Ehe auf<br />

den Bruder übertragen.<br />

Geschieden wird eine Ehe nur dann, wenn die Frau von ihrem Partner verstoßen wird oder<br />

wenn sie fortläuft und eine Rückkehr verweigert. Unfruchtbarkeit und Untreue sind keine<br />

Scheidungsgründe.<br />

Während der Schwangerschaft leben die Eheleute bis zur „Entwöhnung“ des Babys (d.h. es<br />

wird nicht gesäugt) getrennt. <strong>Die</strong>se Zeitspanne soll jedoch nicht eingehalten werden, denn die<br />

„Entwöhnung“ geschieht meist dann, wenn die Mutter wieder ein Kind erwartet. Während<br />

dieser Zeit ernährt sich die Frau mit einer bestimmten Diät: Lunge-, Leber-, Nierenbrühe und<br />

Milch. Der werdende Vater darf zu dieser Zeit den Kral nicht verlassen. Bei der Geburt leistet<br />

die Hebamme Hilfestellung. <strong>Die</strong>se praktiziert weitgehend die gleichen Entbindungsmethoden<br />

wie die in Europa. Erwünscht ist die Geburt eines Knaben, noch mehr jedoch die eines<br />

Zwillingspaares. Wird jedoch ein missgestaltetes oder totes Kind geboren, so verprügelt und<br />

beschimpft man die Wöchnerin, denn man glaubt, die Frau hätte während der<br />

Schwangerschaft den ehelichen Verkehr aufrecht gehalten.<br />

Vor dem zweiten Lebensjahr schlagen die Massai ihre Kinder nie. Auch später ist die Prügel<br />

sehr selten. Wenn eine Züchtigung notwendig ist, so schlägt nur die Mutter mit dem Riemen,<br />

den sie nach jeder Entbindung trägt, auf das Gesäß. <strong>Die</strong> Kinder sind den ganzen Tag sich<br />

selbst überlassen und betreten die Hütte nur zum Essen, Trinken und Schlafen. Sie wachsen<br />

schnell heran und entwickeln sich zu intelligenten Jugendlichen. <strong>Die</strong> sehr gelehrigen Massai<br />

besuchen gerne eine von den Missionaren geleitete Schule, kehren jedoch seltsamer Weise<br />

immer wieder zu ihrem nomadisierenden Hirtenvolk zurück. Hierin besteht das Massai-<br />

Problem für die Regierung, das ich noch später näher erläutern werde.<br />

<strong>Die</strong> Geschlechtsreife <strong>bei</strong> den Massai tritt im Alter von zwölf Jahren ein. Sobald die Knaben<br />

kräftig genug sind, um an einem Kriegszug teilnehmen zu können, werden sie beschnitten.<br />

<strong>Die</strong>se ist nach dem Glauben der Massai ein Gebot Gottes, und trifft sowohl für die Jungen als<br />

auch für die Mädchen zu. Zu dieser Sitte muß der Jüngling bereits im Besitz eines<br />

Viehbestandes sein, denn jeder von ihnen muß abwechselnd ein Rind zu ihrem Fleischmahl<br />

geben.<br />

<strong>Die</strong> Beschneidung ist eine öffentliche Angelegenheit und wird vom „ol oriboni“ angeordnet.<br />

<strong>Die</strong> beschnittenen Knaben teilen sich in Altersklassen, die vom Häuptling einen Namen<br />

erhält. <strong>Die</strong> Beschneidungszeit, die immer in Intervallen von vier bis fünf Jahren wiederholt<br />

wird, beendet ein großes Fest, das ungefähr einen Monat dauert. <strong>Die</strong> Knaben kleiden sich wie<br />

Krieger und versuchen während des Eingriff ebenso standhaft zu sein wie diese.<br />

Sowie die Mädchen geschlechtsreifen Alters sind, kommen sie (bisher lebten sie<br />

ungezwungen im Kriegerkral) zu ihrer Mutter zurück. <strong>Die</strong> Beschneidung ist für Jungen und<br />

Mädchen die Voraussetzung, eine Ehe eingehen zu können. <strong>Die</strong> Klitorektomie findet nur im<br />

Beisein der Mutter und einer erfahrenen Frau statt, die diese Operation ausführt. Sobald der


Bräutigam erfährt, dass die Auserwählte davon genesen ist, zahlt er den letzten Teil des<br />

Brautpreises.<br />

Durch die Beschneidung erwirbt der junge Massai eine soziale Stellung. Vor der<br />

Beschneidung wird das männliche Individuum Knabe genannt, danach wird er zwei Jahre<br />

lang für das Kriegerleben vorbereitet. Nach dieser Absolvierung genießt er das Ansehen eines<br />

Kriegers. Im Alter von 28 - 30 Jahren verlässt er diesen Stand, um zu heiraten. Er betrachtet<br />

die Frau als tief unter sich stehend, als Ar<strong>bei</strong>tkraft, die seine Kinder gebiert.<br />

C.3 Glaube und Charakter<br />

Der hervorstechende Zug des Massai-Charakters ist der Nationalstolz, der auf ihrem Glauben,<br />

das auserwählte Volk des Gottes „Ng ai“ zu sein, beruht. Sie betrachten alle anderen Stämme,<br />

die nichts von der Existenz ihres Gottes wissen, als Untertanen, deren Besitz nur ihnen, den<br />

Massai, gehört. Ihr Gott sorgt für sie, damit sie nicht zu ar<strong>bei</strong>ten brauchen. Geben die anderen<br />

Völker ihnen nicht das Geforderte, so nehmen sie es mit Gewalt, denn sie fühlen sich durch<br />

ihre Überzeugung im Recht.<br />

Im Gegensatz zu anderen Naturvölkern glauben die Massai nur an einen Gott, dem<br />

körperlosen Wesen „Ng ai“. Ihn kann man mit dem Gott der Christen vergleichen. <strong>Die</strong><br />

Gesetze des Stammes sind Ausdruck seines Willens. Doch da die Menschen oft gegen seine<br />

Gebote handeln, müssen sie durch Krankheit, Dürre und Viehseuchen bestraft werden. In der<br />

Vorstellung der Massai schützt „Ng ai“ ihr Volk durch Engel, geflügelte Wesen von<br />

menschlicher Gestalt, die demselben Geschlecht wie seinen Bedürftigen angehören. Stirbt ein<br />

Massai, so nimmt dieser Engel seine Seele ins Jenseits und schützt von nun an einen an<br />

diesem Tag geborenen Menschen. „Ng ai“ ist allwissend, allmächtig, gütig und ewiglich. <strong>Die</strong><br />

guten und schlechten Menschen, sogar die Feinde kommen ins Paradies vor Gott, der über sie<br />

richten wird. Während die einen in ein fruchtbares Gebiet mit vielen Rinderherden Eintritt<br />

erhalten, kommen die anderen in eine öde, wasserlose Wüste.<br />

<strong>Die</strong> Sonne gilt als ein Abglanz Gottes, während die Wolken das Antlitz „Ng ai“ vor den<br />

Menschen verbirgt. Den Regen bringt die Erstgeburt, Donner und Blitz entsteht durch seinen<br />

ältesten Sohn.<br />

<strong>Die</strong> Gläubigsten sind die Frauen, die Männer beten nur selten. Bittfeste finden jeden Monat<br />

statt. <strong>Die</strong> Massai glauben auch an die Wirkung einer Zaubermedizin unter Aufsagen von<br />

bestimmten Zauberformeln. Ferner benutzen sie eine Anzahl von Amuletten, die sie vor<br />

Krankheiten oder sonstigen Schicksalsschlägen behüten.<br />

Allgemein verbreitet ist auch der Glaube an den bösen Blick, der Mensch und Vieh erkranken<br />

lässt.<br />

Der Massai ist sehr eitel: nur er trägt blanke Waffen, nämlich Speer und Schwert.<br />

Mit List und Tücke begegnet er untergeordneten Stämmen, dagegen seinen Stammesgenossen<br />

gegenüber ist er stets freundlich und zuvorkommend. In der Familie verbindet Anhänglichkeit<br />

und Liebe die einzelnen Mitglieder, besonders Mutter und Kind.<br />

<strong>Die</strong> Männer verschmähen jede Ar<strong>bei</strong>t, außer der des Kriegswesens. Große Viehherden, viele<br />

Frauen und Kinder sind das Glück der Massai. Hat ein Massai diesen Vorzug, so unterstützt er<br />

die ärmeren seiner Familie. Da die Frau jeden Mann, der der gleichen Altersklasse ihres<br />

Ehemannes angehört, zu eigen ist, kann man eigentlich nicht von einem Familienleben<br />

sprechen. Rechtlos steht die Frau auch im öffentlichen Leben, doch sie empfindet keine<br />

Knechtschaft.


C.4 Das Wirtschaftsleben<br />

Der Verheiratete lebt in einem eigenen Kral. Er hat fünf oder sechs Frauen, die reichen<br />

Männer besitzen noch Nebenfrauen, deren Versorgung dadurch gesichert ist. Jede der Frauen<br />

wohnt in einer eigenen Hütte, zusammen mit den Kleinkindern. <strong>Die</strong> Hauptfrau wird, indem<br />

sie Geschenke an Schmuck und Kleidung erhält, außerdem ihr ein Großteil des Viehs<br />

übertragen wird, hervorgehoben. <strong>Die</strong>se übt die Aufsichtspflicht über die Nebenfrauen aus. Ihr<br />

ältester Sohn tritt die Erbfolge an und erst nach ihrem Ableben wird eine andere der Frauen<br />

zur Hauptfrau. Durch diese Zustände existiert kein familiäres, allgemeines Gesamtvermögen.<br />

Als Besitztum gelten Rinder, Ziegen, Schafe und Esel. Das Familienoberhaupt gibt seinem<br />

zwölfjährigen Sohn erst dann einige Rinder, wenn er <strong>bei</strong>m Hüten entbehrlich ist. Der Sohn<br />

verlässt den Kral des Vaters und errichtet, einige Kilometer entfernt, einen neuen Kral mit<br />

Hilfe seiner Mutter. Hütte und Haurat sind ebenfalls Eigentum des Vaters.<br />

Verbraucht die Ehefrau nicht ihren Vorrat an Milch, Fleisch und Fellen, so tauscht sie diese<br />

gegen Lebensmittel und Gegenstände, die sie nicht selbst herstellt. Hier<strong>bei</strong> ist sie vollkommen<br />

unabhängig und niemandem Rechenschaft schuldig. Alle drei Tage treffen Karawanen, die die<br />

Massai mit Bananen, Mais usw. beliefern ein. Sondergüter stellen Kleider und Schmuck dar.<br />

Wie schon betont, ist das Familienoberhaupt der Vater. Lebt jedoch noch ein älteres,<br />

männliches Mitglied der Familie, so trifft dieser die Entscheidungen. Das Oberhaupt kann<br />

jedoch wegen Misswirtschaft und Unfähigkeit seines Amtes enthoben werden.<br />

Im Kral der Verheirateten herrscht meist eine gewisse Eintönigkeit und Langeweile. Das<br />

Leben beginnt in den frühen Morgenstunden, in denen die Frauen die Kälber zu den Kühen<br />

bringen, wo sie bis zum Austrieb bleiben. Nach dem Melken nehmen die Massai das<br />

Frühstück ein, das aus Milch und einer Suppe besteht. <strong>Die</strong> Lieblingsspeisen sind Milch,<br />

Fleisch und Blut. <strong>Die</strong> flüssige Nahrung wird mittels einer Kürbisflasche zu sich genommen.<br />

Schmatzen und Aufstoßen gehört zum guten Ton. Männer und Frauen essen getrennt, und<br />

benutzen verschiedene Eß- und Trinkgeräte.<br />

Ist das Vieh aus dem Kral auf die Weide getrieben, so säubern die Frauen und Kinder<br />

denselben. Danach beginnen die Frauen sogleich das Mittagessen zu kochen. Zwischen drei<br />

Steinen wird ein Feuer angezündet und ein mit Wasser gefüllter Topf, in dem Vegetabilien<br />

zum Kochen gebracht werden, darauf gestellt. <strong>Die</strong> Massai verwenden heute aus<br />

gesundheitlichen Gründen lieber vegetarische Nahrung, die sie von benachbarten Stämmen<br />

erwerben. Butter stellen sie durch Schütteln des Rahms her, die Käsezubereitung ist jedoch<br />

noch unbekannt. Das geschmolzene Fett wird als Zutat zu anderen Speisen benutzt; man trinkt<br />

es aber auch ohne einen Zusatz. Fleisch kocht man entweder oder grillt es mittels einen durch<br />

das Bratenstück gebohrten Stock am offenen Feuer. <strong>Die</strong> Massai verschmähen jede Art von<br />

Wild, seien es Vögel oder Fische.


<strong>Die</strong>se Massai-Frauen kochen im Freien, um dem Rauch und der Hitze<br />

in den Fellhütten zu entgehen. (Weyer, S. 85)<br />

Beispiele für eine vegetarische Kost:<br />

1. Bataten unter Zusatz von Steppensalz in Wasser kochen lassen, dieses abgießen. <strong>Die</strong> Masse<br />

mit einem Quirl zerkleinern und Milch <strong>bei</strong>geben<br />

2. Unreife Bananen schälen, schneiden und mit Salz in Wasser kochen, Wasser abgießen und<br />

mit Milch und Butter verfeinern.<br />

<strong>Die</strong> Massai essen den reinen Honig, der auch zur Beimischung von Medikamenten von<br />

Nutzen ist.<br />

Den Tabak kaufen sie von einheimischen Negern, die die Tabakblätter, vermischt mit<br />

Bananenblättern, in bastumwickelten Beuteln anbieten. <strong>Die</strong> Massai bezahlen für ½ Pfund oder<br />

für zehn Kugeltabak, der ebenfalls von den Negern angepriesen wird, mit einem Ziegenfell.<br />

Während die Männer den Tabak eifrig rauchen, begnügen sich die Frauen mit Schnupfen oder<br />

Kauen des Tabaks. Der zum Rauchen bestimmte Tabak wird grob geschnitten und in eine<br />

etwa 30 cm lange Pfeife gestopft. <strong>Die</strong> Tabakpfeifen bestehen aus einer etwa 25 cm langen<br />

Röhre und konisch geformten Ton- oder Holzköpfen, die die Massai selbst schnitzen. Den<br />

gleichen Tabak verwendet man auch unter Zusatz von Natron.<br />

Arten von den Massai benutzten Tabakpfeifen (7, S. 35)


<strong>Die</strong> Tabakpfeifen bestehen aus einer etwa fußlangen dünnen hölzernen Röhre und einem konisch<br />

geformten Ton- oder Holzkopf. Letztere schnitzen die Massai selbst, während sie die Tonköpfe<br />

kaufen.<br />

Zum Schnupfen zermahlt man den Rauchtabak mittels eines runden Steins, und setzt auch<br />

ihm Natronsalz oder Rinderfett <strong>bei</strong>. Zur Aufbewahrung dienen kleine Holz-, Bambus-,<br />

Rinder- oder Schafshorndosen, die oft mit Perlen verziert sind und an einem<br />

Eisendrahtkettchen um den Hals gehängt werden.<br />

Tabakdosen der Massai (M = 1:5) (7, S. 35)<br />

Als Dosen dienen kleine, aus Holz, Bambus, Rinder- oder Schafshorn oder auch aus dem<br />

Horn des Rhinozeros gear<strong>bei</strong>tete Büchschen, die oft recht hübst geschnitzt und mit Perlen<br />

verziert sind. Sie werden an dünnen Kettchen aus Eisendraht um den Hals getragen.<br />

Ein weiteres Genussmittel ist das Honigbier. <strong>Die</strong>ses Bier ist sehr stark und ein Genuß davon<br />

endet meist mit vollkommener Trunkenheit.<br />

Um die Langeweile zu vertreiben, spielen die Massai ein Brettspiel, während die Frauen sich<br />

mit einer Handar<strong>bei</strong>t, z.B. mit der Herstellung von Kleidungs- und Schmuckstücken,<br />

beschäftigen.<br />

Da das Hausgerät sehr dürftig ist, denn es gibt außer zwei bis drei Tontöpfen nur<br />

Kürbisflaschen im Haushalt. <strong>Die</strong> Formen sind ebenso verschieden wie die Größen. Sie<br />

erfüllen die verschiedensten Zwecke: Aufbewahren von Milch, Blut usw. Oft werden sie aus<br />

in Längsstreifen geschnittenem Rindsleder genäht. Holztöpfe kaufen die Massai von anderen<br />

einheimischen Stämme, die Honigtöpfe machen sie jedoch selbst. (7, 1910, S. 37-38)


Holznäpfe (M = 1/12) (7, S. 38)<br />

Kürbisflaschen (7, S. 37)<br />

In jeder Hütte findet man auch zwei bis drei fußhohe, runde, vier<strong>bei</strong>nige Schemel, die von den<br />

Massai selbst angefertigt werden, auf denen die Leute <strong>bei</strong>m Essen sitzen. Zunächst wird ein<br />

Klotz roh behauen und dann mit einem Messer in Form gebracht. Ferner benutzt jede Frau<br />

einige Kochlöffel, Quirle, Löffel und Messer.<br />

Vier<strong>bei</strong>nige Holzschemel (7, S. 38)<br />

Quirle (7, S. 38)<br />

Als Feuerzeug dient ein Brettchen aus weichem und ein Quirlstab aus hartem Holz. Durch<br />

Reibung des Stabes auf dem Brett entstehen Funken, auf die man sofort trockenen Rindermist<br />

streut und später Reisig daraufgelegt.


Feuerbrettchen (7, S. 40)<br />

Große Ledertaschen gehören ebenfalls zum Hausrat. <strong>Die</strong>se wurden früher nur auf Esel<br />

geladen, jetzt aber auch von den Frauen auf dem Rücken getragen.<br />

Große Ledertasche (7, S. 35)<br />

C.5 Kleidung und Schmuck<br />

<strong>Die</strong> Kleidung besteht zumeist aus Rinderfell. <strong>Die</strong> Felle, die nicht enthaart werden sollen,<br />

werden mit Fetten eingerieben und gewalkt. Andere werden mit einer scharfen Axt geschoren<br />

und mit einem Gerbextrakt behandelt.<br />

Der Kriegerumhang ist das einzige Kleidungsstück der Krieger und zugleich das, welches nie<br />

enthaart wird. Es besteht aus 1 m langen und 65 cm breiten Streifen eines Kalbsfelles, die<br />

entweder zusammengenäht oder an den vier Enden gebunden werden. Knaben und Männer<br />

tragen ein dreieckiges Sitzleder aus Rinds- oder Kalbsfell, zum Schutze gegen überall in der<br />

Steppe verstreuten Dornen und stachligen Grannen des Grases <strong>bei</strong>m Niedersetzen.


Sitzleder (7, S. 137)<br />

Ferner bekleiden sich die Knaben mit einem kurzen Umhang, der nur Bauch und Rücken<br />

bedeckt. <strong>Die</strong> Verheirateten und Beschnittenen einen weit längeren.<br />

<strong>Die</strong> Bekleidung der Frau besteht aus zwei Lederschürzen aus zusammengenähten<br />

Ziegenhäuten. Der untere wird um die Hüften gelegt und meist mit einem perlenbesetzten<br />

Riemen festgehalten, andere dagegen über der rechten Schulter zusammengeknüpft. Meist ist<br />

das Unterkleid mit Perlen besetzt.<br />

<strong>Die</strong> Fußbekleidung besteht <strong>bei</strong> Männern und Frauen aus Sandalen, die aus der dicken<br />

Rückenhaut der Stiere gear<strong>bei</strong>tet werden.<br />

Wie <strong>bei</strong> allen wilden Stämmen, steht auch <strong>bei</strong> den Massai der Schmuck im Vordergrund. Der<br />

in der folgenden Abb. dargestellte, mit Straußenfedern umsteckte Gesichtsrahmen ist der<br />

Lieblingsschmuck der Krieger. Daneben gibt es auch noch solche Rahmen aus dem<br />

gebogenen Holz einer Lianenranke. Beim Tanz benutzen die Krieger oft die fußhohen, spitzen<br />

Kriegsmützen aus dem Fell wilder Tiere oder haubenähnliche, aus dem Netzmagen des<br />

Rindes gefertigte. <strong>Die</strong> Krieger nähen ihre Kopfbedeckung selbst. Als Nadel wird eine Ale und<br />

als Faden eine gedrehte Rindersehne benutzt.<br />

Straußenfedern umsteckte Gesichtsrahmen. (8, Abb. 139)<br />

Gesichtsrahmen


Haubenmütze<br />

Eine andere von Kriegern getragene Mütze hat die Form einer Babyhaube; sie ist aus dem<br />

Netzmagen eines Rindes gefertigt. (7, S´. 141)<br />

Alle Massai tragen von Kindheit an Ohrenschmuck. Dem Kleinkind werden mit einem<br />

Akazien-Dorn die Ohrläppchen durchbohrt und Holzpflöcke zur Dehnung derselben<br />

eingesteckt. Durch den immer zahlreicher werdenden Ohrenschmuck hängt das Ohrläppchen<br />

zuletzt etwa zehn Zentimeter herunter. Auch der obere Ohrenrand wird an einer oder zwei<br />

Stellen durchlöchert, in denen die Frauen Bündel von vier bis acht, etwa zwanzig Zentimeter<br />

lange, Kettchen tragen, die Männer dagegen benutzen einen schlüsselförmigen Schmuck.<br />

Um den unteren Teil des Ohrläppchens tragen die Männer eine vier Zentimeter lange Röhre,<br />

aus Eisendraht gewunden, an der eine Anzahl von Kettchen befestigt sind. Häufig sieht man<br />

jedoch auch nussförmigen Schmuck. Verheiratete Frauen tragen häufig eine Doppelspirale<br />

oder mehrere, die jedoch mit einem über den Scheitel gelegten Lederriemen gehalten werden,<br />

da das Ohrläppchen durch die Schwere sonst reißen würde.<br />

Um den Hals tragen die Männer und Frauen die verschiedensten Ringe aus Eisen, Kupfer oder<br />

Messing. Andere Halsringe bestehen aus Perlen.<br />

Was für den Hals gilt, das gilt auch für die Arme und Beine. <strong>Die</strong> Krieger tragen um das<br />

Handgelenk eine große Manschette, die Frauen bepanzern ihre Arme und Beine, mit<br />

Ausnahme der Oberschenkel, mit Kupfer- oder Messingspiralen; je nach Reichtum des<br />

Ehemannes.


Ein mit Schmuck behangenes Massaiweib (7, S. 11)<br />

Zum Kriegs- und Tanzschmuck gehören schließlich die langen weißen und schwarzen<br />

Fellstreifen, die sich der Krieger um die Fußknöchel bindet.<br />

<strong>Die</strong> Haartracht wird zum Sinnbild der Altersklassen. Während sich die Krieger die Haare<br />

wachsen lassen und zu Zöpfen flechten, schneiden sich die verheirateten Männer ihr Haar in<br />

Zoll-Länge, die Frauen dagegen rasieren die Köpfe.<br />

Bei allen festlichen Angelegenheiten bemalen sich die Massai. <strong>Die</strong> Jugendlichen benutzen vor<br />

allem rote und weiße Erde. Häufig findet man <strong>bei</strong> den Kriegern ein rotes Dreieck, das von den<br />

Nasenflügeln bis zu den Wangen aufgetragen wird.<br />

Auch die Tätowierung dient ausschließlich der Verschönerung des Körpers. Sie setzt sich aus<br />

gekrümmten Linien, die ein Muster ergeben, zusammen. <strong>Die</strong> häufigsten Ziernarben, die mit<br />

einem Rasiermesser in die Haut eingeritzt werden, befinden sich auf dem Delta-Muskel der<br />

Männer; <strong>bei</strong> den Frauen sind die Tätowierungsstellen verschieden.


Männer Tätowierung Frauen Tätowierung (7, S. 153)<br />

Den Knaben und Mädchen stellt man künstlich eine Zahnlücke her, indem die mittelsten<br />

<strong>bei</strong>den unteren Schneidezähne gezogen werden.<br />

II. Beschreibung des Objektsystems<br />

<strong>Die</strong> Massai-Dörfer findet man immer im Schatten einiger Bäume und in der Nähe einer<br />

Bademöglichkeit. <strong>Die</strong> eng aneinander gebauten Hütten bilden einen Kral, der circa zwanzig<br />

Behausungen fasst. Da die Massai ständig neue Viehweiden brauchen und somit nie lange<br />

Zeit an einem Ort verbleiben, sind die Hütten aus leichtem Material erbaut.


A. Behausung<br />

Der Hüttenbau obliegt der Frau. Zunächst säubert sie den Platz von Gestrüpp und<br />

Dornengebüsch, dann kratzt sie mit dem Fuß einen spiral-ovalen Grundriß in den Boden. 1 ½<br />

m lange Pfähle werden in die vorgegebene Umgrenzung geschlagen, in einem Abstand von<br />

etwa 25 cm. <strong>Die</strong>se Pfähle werden dann durch Querruten gitterartig verbunden. In die<br />

Längsdiagonale werden sieben bis acht Stützen eingegraben, über die die Frau von einem<br />

Ende bis zum anderen eine Längsstange legt. <strong>Die</strong> äußersten Pfähle werden dann über diese<br />

gewölbt und mit Papyrus-Gras zusammengebunden. Durch das Geflecht fingerdicker Ruten<br />

werden sowohl Wände, als auch Decke dichter gemacht. <strong>Die</strong> Ausmaße betragen etwa in der<br />

Höhe 1 ½ bis 1 ¼ m; in der Breite etwa 3 m und in der Länge etwa 4 bis 5 m.<br />

Ein Holzgerüst bildet die Grundkonstruktion einer Hütte (Oliver, S. 75)<br />

Rinderhäute oder eine 15 bis 20 cm dicke Schicht von getrocknetem Gras bedecken das<br />

Gerüst. Schließlich bestreicht die Frau ihre neue Behausung mit frischem Rindermist.<br />

Zeitweise werden dann auch noch getrocknete und enthaarte Rinderhäute daraufgelegt, die<br />

vor starkem Regen schützen sollen.


Kuhmist dient als Deckmaterial (Abb.4, Gloria-Verlag AG, 8957 Spreitenbach)<br />

Betritt man die Behausung durch die Tür so befindet sich Schlafgelegenheit für die Frau und<br />

ihre Kleinkinder befindet auf der entgegengesetzten Seite der Tür; daneben, durch ein<br />

Flechtwerk von Ruten und Pfählen getrennt, befindet sich die Schlafstätte des Mannes. <strong>Die</strong><br />

Ruhelager bestehen aus getrocknetem Gras und Rinderhäuten. Es gibt keine Fenster.<br />

<strong>Die</strong> einzige Luftquelle ist die Tür.<br />

B. Kral<br />

Im Kral stehen die einzelnen Hütten nur etwa ½ Meter entfernt voneinander. Dadurch<br />

erscheint der Kral als eine in sich geschlossene Anlage. Nach außen wird er von einem<br />

dichten Dornenheckenwall umschlossen, der vor wilden Tieren schützt. Innerhalb des Krals<br />

befindet sich ein oval - ringförmiger Dornenverhau, hinter dem das Vieh während der Nacht<br />

steht. Großvieh, Kälber und Kleinvieh sind durch Dornenhecken getrennt untergebracht.


Grundriß eines Krals (7, 1910, S. 24)<br />

Grundriß einer Massaihütte<br />

(Oliver, S. 78)<br />

Man unterscheidet die Krale der verheirateten von denen der unverheirateten Krieger. In den<br />

zuerst genannten wohnen die verheirateten Männer mit ihren Familien, in den anderen die<br />

Krieger mit ihren Müttern und den unbeschnittenen Mädchen.


<strong>Die</strong> Massai haben ihre Behausungen und ihre Siedlungsform den gegebenen Bedingungen<br />

angepasst. Der geringe Aufwand zur Errichtung ihres Heims ermöglicht es ihnen, das<br />

Nomadenleben nicht aufzugeben.<br />

Modellaufnahme<br />

C. Schmiede<br />

Trotz der großen Begabung der Waffenschmiede, trotz ihrer Notwendigkeit für die Massai-<br />

Krieger nehmen die Schmiede die niedrigste soziale Stellung unter den Massai ein. Sie gelten<br />

als unrein, schon ihr Anwesen bringt Unheil über den Stamm. Deswegen leben sie, von den<br />

übrigen getrennt, in einem eigenen Kral. Obwohl die Massai von ihnen Speere, Schwerter und<br />

Handwerkzeug beziehen, bleiben die Schmiede - mögen sie noch so große Künstler in ihrem<br />

Fach sein - mit ihren Familien das verpönte und verspottete Volk. Ihr Handwerk ist erblich.<br />

Während die Krale der Massai-Krieger, die an gute Weideplätze gebunden sind, immer<br />

wieder verschwinden, bleiben die Schmiede an einem Ort, denn sie benötigen für ihren Beruf<br />

Holzkohle und eisenhaltigen Sand.<br />

Stellungnahme<br />

<strong>Die</strong> Massai sind ein Volk, das trotz den bitteren Erfahrungen der Vergangenheit, ihren<br />

Charakter und ihre Lebensweise nicht geändert hat. Hungersnöte, Rinderpesten, die hohe<br />

Kindersterblichkeit, hervorgerufen durch Infektionen und mangelnde Hygiene,<br />

Geschlechtskrankheiten und die berüchtigte Schlafkrankheit, konnten die Stämme nicht<br />

vernichten. Obwohl man in Tanganjika und Kenia Schulen zur Fortbildung der Eingeborenen<br />

errichtet hat, werden die gelehrigen Massai nicht sesshaft, sondern kehren zu ihren<br />

Angehörigen zurück. Vielleicht sollte man nicht versuchen die Massai sesshaft zu machen,<br />

eher sollte man darauf hinzielen, den zur Schule gehenden soviel zu lehren, dass sie ihr<br />

erworbenes Wissen auch ihrem Stamm vermitteln können.<br />

Literaturnachweis:<br />

(1) Schmid, Walter:<br />

Selbander zum Kilimandscharo<br />

Bern 1959


(2) Bernatzik, Hugo, A.:<br />

Neue große Völkerkunde - Afrika, Europa<br />

(3) Tischner, Herbert:<br />

Völkerkunde<br />

Fischer-Bücherei<br />

Frankfurt am Main, 1959<br />

(4) Schiffers, Heinrich:<br />

Harms Erdkunde - Afrika<br />

Band V<br />

5. Auflage<br />

Paul List Verlag<br />

1973<br />

(5) Bernatzik, Hugo, A. (Hrsg.):<br />

Afrika - Handbuch der angewandten Völkerkunde<br />

Bear<strong>bei</strong>tet von Klute, Fritz<br />

Band I<br />

Gießen und Graz 1947<br />

(6) Bernatzik, Hugo, A. (Hrsg.):<br />

Afrika - Handbuch der angewandten Völkerkunde<br />

Bear<strong>bei</strong>tet von Berger P.<br />

Band II<br />

Graz 1947<br />

(7) Merker, M.:<br />

<strong>Die</strong> Massai<br />

2. verbesserte und vermehrte Auflage<br />

Berlin 1910<br />

(8) Weyer, Eduard jun.:<br />

Primitive Völker heute<br />

Gütersloh 1959<br />

(9) Duly, Colin:<br />

The Houses of Mankind<br />

London 1979<br />

(10) Burland, Cottie:<br />

Naturvölker - gestern und heute<br />

Otto Maier Verlag Ravensburg<br />

1966<br />

Weiterführende Literatur:<br />

Andersen, Kaj Blegvad:<br />

African Traditional Architecture<br />

London New York 1977, S. 169-186<br />

Habimana, Gérard:<br />

Das Rundhaus und die Kultur in <strong>Ostafrika</strong><br />

Der Einfluß der Alltagskultur auf die Haus- und Wohnform. Am Beispiel der Massai in<br />

Kenya


Dissertation im Fachbereich Architektur der Gesamthochschule Kassel<br />

1. Juli 1987<br />

Oliver, Paul:<br />

Dwellings<br />

London 2003, S. 75

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!