Architektur verstehen

seemann.henschel.verlagsgruppe
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13.07.2020 Aufrufe

148 Bioklimatismus 2 Bioklimatische Architektur ist ein Be - griff, den der malaysische Architekt Ken Yeang verwendete, um Gebäude zu be - schreiben, die mit tropischen Klima bedin gun - gen umgehen. Wenn möglich, nutzt sie passive Mittel wie Beschattung und Formen, die den Wind beschleunigen, um Kreuzventi lation zu schaffen, häufig mithilfe ausgeklü gelter Computermodelle. Insbesondere in Ostasien untersuchen weitere Architekten, wie sich Klimakräfte mit zeitgenössischem Design kombinieren lassen, um Ressourcen zu optimieren und angenehme Umgebungen zu schaffen. 1 KEN YEANG (1948–); KENGO KUMA (1954–); WONG MUN SUMM (1962–); LI XIAODONG (1963–); KONGJIAN YU (1963–); RICHARD HASSELL (1966–); VO TRONG NGHIA (1976–) 3 4 Klima, Regionalismus, Natur, tropische Architektur Regionale, ans Klima angepasste Varianten moderner Architektur tauchten zuerst in den 1950er Jahren auf. Mit dem Heranwachsen neuer Wirtschafts - räume standen Architekten vor der Heraus - forderung, Gebäude zu entwerfen, die mit unterschied lichen ökonomischen und klima - tischen Bedingungen umgehen. Mit der Ent - wicklung digitaler Entwurfs- und Herstellungs - techniken steigt die Zahl möglicher Lösungen, während auf die lokalen Besonderheiten reagierende Architektur und Stadtplanung unverzichtbar scheinen, um dem Klima - wandel zu begegnen. Zu den Kennzeichen bioklimatischen Designs gehören passive Sonnenenergiesysteme, Beschattung, die Kontrolle direkter Sonnen einstrahlung und Bepflanzung, um eine Balance zwischen der entworfenen und der natürlichen Umgebung zu erreichen. Die Aufteilung zwischen innerem und äußerem Raum wird durch Zwischen - zonen verwischt. WOHA, gegründet von Wong Mun Summ und Richard Hassell, haben ADB diese Prinzipien mitentwickelt. Die Gebäude dieses Büros beziehen die Natur in die gebaute Umgebung ein und reagieren gleichzeitig auf die Herausforderungen schnell wachsender Städte und Ökonomien in der Region. Ihre hohen Gebäude wenden Ver dichtung ins Positive, indem sie Winde in der Höhe zur Klimatisierung und Ventilation einfangen und Vegetation auf den Fassaden zur Beschattung nutzen. Kongjian Yu und Li Xiaodong bringen die traditionelle chinesische Rücksicht nahme auf die Natur in Entwürfe des 21. Jahrhun - derts ein. Yu gründete das riesige Büro Turenscape (der Name ist eine Kombination vom chinesischen „Tu“ für Land und „Ren“ für Volk mit dem englischen „Scape“), das sich auf die Schaffung großflächiger Stadt - landschaften spezialisiert hat, um die Natur

Bioklimatismus 149 mit den städti schen Bedingun gen des heu - tigen China zusam menzuführen. Li arbeitet in einem konventionelleren, architekto - nischen Maßstab. Projekte wie seine LiYuan- Bibliothek (2011) in einer spektaku lären natürlichen Umgebung im Norden Pekings sind Entwürfe, die auf Natur, Bedarf und Kontext reagieren. Vietnam mit seiner nach Jahrzehnten des Konflikts wieder wachsenden Wirtschaft ist ebenfalls ein fruchtbarer Boden für Architek - ten, die nach einer kulturspezifischen Synthese von Modernität, örtlichen Bedin gun gen und Tradition streben. Vo Trong Nghia gehört zu den Pionieren, und sein Agrarkindergarten (2014) in Dong Nai bringt Landwirtschaft und Erziehung ebenso zusammen wie Natur und Architektur. Der japanische Architekt Kengo Kuma versucht, traditionelle kulturelle Formen zu modernisieren, Sein Noh Stage in the Forest (1996) in der Präfektur Miyagi bringt innerhalb eines erkennbar japanischen kulturellen Kontexts die Darstellungs - tradition und das Schreiner handwerk auf den heutigen Stand. HAUPTWERKE 0 LiYuan Bibliothek, Peking, LI XIAODONG, 2011 Diese Landbibliothek adaptiert traditionelles chinesisches Bauhandwerk und -material. Dicke Hölzer bilden die Hauptkonstruktion, dünnere Bretter die inneren Formen, und wie Flechtwerk wirkende Stöcke sorgen für Beschattung. Die Unterscheidung zwischen Möbeln (Sitze und Regale) und Architektur (Treppen und Trennwänden) ist mit Bedacht verwischt. 8 Oasia Hotel Downtown, Singapur, WOHA, 2016 Die Kombination von Bepflanzung und unbelebter Baukonstruktion ist kennzeichnend für Gebäude von WOHA. Hier liefert das äußere Grün Schatten, ohne kühlenden Luftzug zu bremsen, und hilft so, das unwirtliche Klima zu mildern. WEITERE BAUWERKE SINAGAPUR National Library, Singapur, KEN YEANG, 2005 THAILAND The Met, Bangkok, WOHA, 2009 JAPAN Yusuhara Holzbrückenmuseum, Präfektur Kochi, KENGO KUMA, 2011 VIETNAM Agrarkindergarten, Dong Nai, VO TRONG NGHIA, 2014 9 0 Shintoismus, Regionalismus, Ökologisches Bauen Corporate Architecture, Postmoderne, Dekonstruktivismus

Bioklimatismus<br />

149<br />

mit den städti schen Bedingun gen des heu -<br />

tigen China zusam menzuführen. Li arbeitet<br />

in einem konventionelleren, architekto -<br />

nischen Maßstab. Projekte wie seine LiYuan-<br />

Bibliothek (2011) in einer spektaku lären<br />

natürlichen Umgebung im Norden Pekings<br />

sind Entwürfe, die auf Natur, Bedarf und<br />

Kontext reagieren.<br />

Vietnam mit seiner nach Jahrzehnten des<br />

Konflikts wieder wachsenden Wirtschaft ist<br />

ebenfalls ein fruchtbarer Boden für Architek -<br />

ten, die nach einer kulturspezifischen Synthese<br />

von Modernität, örtlichen Bedin gun gen und<br />

Tradition streben. Vo Trong Nghia gehört zu<br />

den Pionieren, und sein Agrarkindergarten<br />

(2014) in Dong Nai bringt Landwirtschaft<br />

und Erziehung ebenso zusammen wie Natur<br />

und <strong>Architektur</strong>. Der japanische Architekt<br />

Kengo Kuma versucht, traditionelle kulturelle<br />

Formen zu modernisieren, Sein Noh Stage in<br />

the Forest (1996) in der Präfektur Miyagi<br />

bringt innerhalb eines erkennbar japanischen<br />

kulturellen Kontexts die Darstellungs -<br />

tradition und das Schreiner handwerk auf<br />

den heutigen Stand.<br />

HAUPTWERKE<br />

0 LiYuan Bibliothek, Peking, LI XIAODONG, 2011<br />

Diese Landbibliothek adaptiert traditionelles chinesisches<br />

Bauhandwerk und -material. Dicke Hölzer bilden die<br />

Hauptkonstruktion, dünnere Bretter die inneren Formen,<br />

und wie Flechtwerk wirkende Stöcke sorgen für<br />

Beschattung. Die Unterscheidung zwischen Möbeln<br />

(Sitze und Regale) und <strong>Architektur</strong> (Treppen und<br />

Trennwänden) ist mit Bedacht verwischt.<br />

8 Oasia Hotel Downtown, Singapur, WOHA, 2016<br />

Die Kombination von Bepflanzung und unbelebter<br />

Baukonstruktion ist kennzeichnend für Gebäude von<br />

WOHA. Hier liefert das äußere Grün Schatten, ohne<br />

kühlenden Luftzug zu bremsen, und hilft so,<br />

das unwirtliche Klima zu mildern.<br />

WEITERE BAUWERKE<br />

SINAGAPUR National Library, Singapur, KEN YEANG,<br />

2005<br />

THAILAND The Met, Bangkok, WOHA, 2009<br />

JAPAN Yusuhara Holzbrückenmuseum, Präfektur Kochi,<br />

KENGO KUMA, 2011<br />

VIETNAM Agrarkindergarten, Dong Nai, VO TRONG<br />

NGHIA, 2014<br />

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Shintoismus, Regionalismus, Ökologisches<br />

Bauen<br />

Corporate Architecture, Postmoderne,<br />

Dekonstruktivismus

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