stahl + eisen 07/2020 (Leseprobe)
Das ist die Leseprobe zur Ausgabe 07/20: TITELSTRECKE über Industrie 4.0 in der Stahlbranche // WEITERE THEMEN: u.a. Kosteneffizienz durch Energiemonitoring, Präzisionsfertigung von Zangen für Schmiedemanipulatoren, Blockchaintechnologie und Rohstoffversorgung (China-Kolumne), Regelbasierte automatische Bewertung und Freigabe von Coils, Alpiner Brückenbau mit Stahl
Das ist die Leseprobe zur Ausgabe 07/20: TITELSTRECKE über Industrie 4.0 in der Stahlbranche // WEITERE THEMEN: u.a. Kosteneffizienz durch Energiemonitoring, Präzisionsfertigung von Zangen für Schmiedemanipulatoren, Blockchaintechnologie und Rohstoffversorgung (China-Kolumne), Regelbasierte automatische Bewertung und Freigabe von Coils, Alpiner Brückenbau mit Stahl
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Nr. 7 | Juli <strong>2020</strong><br />
Magazin für die Herstellung und Verarbeitung von Eisen + Stahl<br />
Digitales<br />
Energiemonitoring<br />
Energiedaten sind<br />
ein relevanter Hebel<br />
Zangen für<br />
Schmiedemanipulatoren<br />
Wie ein Zulieferer<br />
einen Weltmarktführer<br />
unterstützt<br />
Industrie 4.0<br />
Daten definieren die Wettbewerbsfähigkeit
IT’S MORE THAN JUST A MACHINE.<br />
WE MAKE YOUR PRODUCT GOLD
Liebe Leserinnen & Leser,<br />
spätestens seit März leben wir in „interessanten Zeiten“, um das<br />
mal euphemistisch zu formulieren. Diese Rahmenbedingungen bringen<br />
kurz- bis langfristig eine Menge Herausforderungen mit sich.<br />
Unternehmenslenker müssen sowohl auf Sicht fahren als auch<br />
strategische Weichenstellungen für die Zukunft treffen. Letzteres ist<br />
durchaus eine Herausforderung, weil die Gleichung sehr viele unbekannte<br />
Variablen enthält. Gleichzeitig bieten sich den Unternehmen gerade jetzt<br />
eine Menge Chancen. Sie müssen nur die Initiative ergreifen.<br />
Wir bereiten<br />
schon jetzt Specials<br />
zu den Messen ab<br />
Herbst vor.<br />
Wir freuen uns sehr,<br />
vor Ort wieder den<br />
direkten Austausch<br />
mit Ihnen pflegen zu<br />
können!<br />
Die Krise habe einen „enormen Schub im Bereich der Digitalisierung ausgelöst“, gibt<br />
beispielsweise Stefan Borgas, CEO von RHI Magnesita, in unserer Kurzumfrage zu Protokoll (Seite<br />
30). Und die SMS group hat Unternehmensanteile in Lateinamerika erworben, um dort die eigene<br />
Präsenz auszubauen (Seite 6). Der Prozess lief dabei vollständig digital ab, auch bei der<br />
Vertragsunterzeichnung.<br />
In diesem Sinn ist „Digitalisierung“ – und „Industrie 4.0“ als Auszug daraus – der rote Faden,<br />
der sich durch diese Ausgabe zieht. In der Titelstrecke ab Seite 14 beleuchtet unser Autor<br />
Niklas Reiprich u.a., wie Daten in der Industrie 4.0 die Wettbewerbsfähigkeit definieren. Es folgen<br />
u.a. Beiträge, wie erfolgreiche Data-Science-Projekte aufgesetzt werden und das Porträt eines<br />
Start-ups, das eine Softwarelösung für eine intelligente Supply-Chain entwickelt.<br />
Auch in den weiteren Rubriken stoßen Sie immer wieder auf Digitalisierung, sei es<br />
zukunftsfähiges Energiemonitoring (Seite 28–29), die Blockchaintechnologie (China-Kolumne,<br />
Seite 34) oder die regelbasierte automatische Bewertung und Freigabe von Coils (Seite 39–43).<br />
Ich wünsche Ihnen wie gewohnt eine gewinnbringende Lektüre. Bleiben Sie weiterhin gesund!<br />
Torsten Paßmann, Chefredakteur<br />
Foto: Christian Talla (www.talla.hamburg)<br />
PS: Im September kehrt Guido Kerkhoff, vormaliger CEO von thyssenkrupp, ins operative Geschäft zurück.<br />
Er wird stellvertretender Vorstand von Klöckner & Co. Zur nächsten Hauptversammlung wird er dann<br />
planmäßig den Vorsitz übernehmen.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 3
STAHL<br />
EISEN<br />
Inhalt 7 | <strong>2020</strong><br />
Cover:<br />
Künstliche Intelligenz kann<br />
Qualitätsdaten schneller<br />
und besser auswerten als<br />
je zuvor.<br />
Quelle: Shutterstock<br />
14<br />
Daten definieren die<br />
Wettbewerbsfähigkeit<br />
Die Chancen durch Industrie 4.0 müssen genutzt werden<br />
NEWS<br />
TERMINE<br />
6 Wirtschaft + Industrie<br />
u.a. mit Klöckner & Co., SMS group und WV Stahl<br />
10 Klima + Umwelt<br />
u.a. mit der nationalen Wasserstoffstrategie und ESTA<br />
12 Additive Fertigung<br />
u.a. mit gedruckten Magneten und neuen Werkstoffen<br />
TITELTHEMA: DIGITALISIERUNG<br />
14 Daten definieren die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Die Chancen durch Industrie 4.0 müssen genutzt<br />
werden<br />
20 Industrie 4.0 implementieren<br />
Betriebliche Begleitung auf dem Weg zur<br />
Zukunftstechnologie<br />
22 Einsatz künstlicher Intelligenz<br />
in der Stahlindustrie<br />
Drei Voraussetzungen für erfolgreiche<br />
Data Science-Projekte<br />
24 „Aus Daten wird Mehrwert generiert“<br />
Interview mit Bernhard Steenken, SMS digital<br />
27 Auf dem Weg zur intelligenten Supply-Chain<br />
Unternehmen im Porträt: ETIV<br />
POLITIK<br />
MÄRKTE<br />
28 Kosteneffizienz durch zukunftsfähiges<br />
digitales Energiemonitoring<br />
Abrechnungsrelevante Energiedaten sind ein<br />
relevanter Hebel<br />
30 Kurzumfrage „Digitalisierungsschub“<br />
Drei Akteure skizzieren aktuelle Erfahrungen<br />
32 Präzisionsfertigung von Zangen für<br />
Schmiedemanipulatoren<br />
Wie ein Zulieferer den Weltmarktführer<br />
Dango & Dienenthal unterstützt<br />
34 Ein zukunftsw<strong>eisen</strong>der Deal<br />
China-Kolumne von Fabian Grummes<br />
35 Wirtschaftliche Erholung braucht Zeit<br />
Aktuelle Meldung aus dem BMWi<br />
39<br />
Automatische Bewertung und<br />
Freigabe von Coils<br />
Ungenutzte Potenziale mit Daten heben<br />
Quellen: Shutterstock; SMS group; Dango & Dienenthal;<br />
4 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
WISSENSCHAFT<br />
TECHNIK<br />
39 Regelbasierte automatische Bewertung<br />
und Freigabe von Coils<br />
Mit integrierten Prozess- und Qualitätsdaten lassen<br />
sich bislang ungenutzte Potenziale heben<br />
44 Ein neuartiger Ansatz für ein webbasiertes<br />
Analysewerkzeug<br />
Prozessanalyse mit KPI, impliziter Filterung und<br />
Drill-down auf hochaufgelöste Messdaten<br />
„Aus Daten wird<br />
24 Mehrwert generiert“<br />
Interview mit Bernhard Steenken,<br />
SMS digital<br />
46 Predictions 5 times more accurate than<br />
previous models<br />
Foresight and ArcelorMittal on track to improve the<br />
efficiency of steel making using Artificial Intelligence<br />
RECHT<br />
FINANZEN<br />
50 Schnelles Geld allein ist keine Lösung<br />
Rettungsschirm, Schutzschirm und mehr – welche<br />
Instrumente helfen aus der Corona-Krise?<br />
52 Mehr Leads generieren<br />
Neuer Schub für das Online-Marketing<br />
BERUF<br />
KARRIERE<br />
54 „Die Mitarbeiter erwarten klare Ansagen“<br />
Interview mit Barbara Liebermeister, IFIDZ<br />
STYLE<br />
STORY<br />
58 Alpiner Brückenbau mit Stahl<br />
Der Weg zur Zugspitze ist neu gesichert<br />
60 Schöpfer des Begriffs Nachhaltigkeit<br />
Erinnerung an Hans Carl von Carlowitz<br />
Zangen für Schmiedemanipulatoren<br />
32 Wie ein Zulieferer einen Weltmarktführer unterstützt<br />
IMMER<br />
EWIG<br />
3 Editorial<br />
9 Termine<br />
36 Länder + Anlagen<br />
48 Erzeugnisse + Verfahren<br />
56 VDEh-Personalia<br />
61 Vorschau + Impressum<br />
62 People<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 5
NEWS<br />
TERMINE<br />
Wirtschaft<br />
Industrie<br />
Nach Ansicht der Wirtschaftsforscher<br />
des RWI wird sich das<br />
Wirtschaftswachstum in der<br />
zweiten Jahreshälfte erholen.<br />
RWI-Institut: „Der konjunkturelle<br />
Tiefpunkt ist überwunden“<br />
Das Essener Wirtschaftsforschungsinstitut RWI erwartet aufgrund<br />
der Corona-Pandemie in diesem Jahr einen schweren Einbruch des<br />
deutschen Bruttoinlandproduktes (BIP) um 5,8 Prozent. „Dennoch<br />
deutet vieles darauf hin, dass der Tiefpunkt durchschritten“ sei, so<br />
die Einrichtung in einer Pressemeldung. Für 2021 prognostiziert<br />
das Institut dann wieder einen Zuwachs des BIP von 6,4 Prozent.<br />
„Die Stärke der Erholung wird aber maßgeblich von der weiteren<br />
Entwicklung der Pandemie in Deutschland und dem Rest der Welt<br />
abhängen“, meint RWI-Konjunkturchef Torsten Schmidt. Der<br />
Shutdown der Wirtschaftsaktivitäten hatte im März und April zu<br />
einem massiven Rückgang der Produktion geführt. Darüber hinaus<br />
haben die Unternehmen ihre Investitionsnachfrage stark eingeschränkt.<br />
So sind nach Angaben des RWI-Instituts die Ausrüstungsinvestitionen<br />
um knapp sieben Prozent gegenüber dem Vorquartal<br />
zurückgegangen. Im kommenden Jahr dürften die<br />
Investitionen aber kräftige Impulse durch das kürzlich beschlossene<br />
Konjunkturpaket der Bundesregierung erhalten, meinen die Essener<br />
Wirtschaftsforscher.<br />
Klöckner & Co erwartet positives Ergebnis im zweiten<br />
Quartal<br />
Der Stahlhändler Klöckner & Co konnte die negativen Auswirkungen der Corona-Pandemie nach eigenen Angaben stärker abmildern<br />
als erwartet. So geht der Konzern nun von einem positiven operativen Ergebnis im zweiten Quartal aus, das – so das Unternehmen<br />
– auf dessen fortschrittliche Digitalisierung zurückzuführen ist. In seiner bisherigen Prognose sagte Klöckner & Co noch ein<br />
negatives operatives Ergebnis vor wesentlichen Sondereffekten im „niedrigen zweistelligen Millionen-Euro-Bereich“ voraus. Demgegenüber<br />
rechnet die Gesellschaft nunmehr mit einem Ergebnis in der Spanne von „null bis zehn Millionen Euro“. Noch nicht<br />
eingerechnet in die neue Prognose sind Kosten für den geplanten Abbau von mehr als 1 200 Arbeitsplätzen. Den vollständigen Zwischenbericht<br />
zum ersten Halbjahr <strong>2020</strong> will der Konzern am 14. August veröffentlichen.<br />
Großauftrag für Sievert Logistik<br />
Das Unternehmen Sievert Logistik hat sich<br />
einen Großauftrag der Badischen Stahlwerke<br />
in Kehl gesichert. Dessen Elektro<strong>stahl</strong>werk<br />
soll das Transportunternehmen<br />
künftig mit Rohstoffen beliefern und von<br />
den angefallenen Stahlwerksstäuben befreien.<br />
„Solche Aufträge mit speziellen<br />
Anforderungen und hoher Komplexität<br />
bedürfen für die Abwicklung geschultes<br />
Personal und zuverlässige Prozesse“, sagt<br />
Holger Kompfe, Prokurist und Leiter der<br />
Entsorgungslogistik von Sievert. Um die<br />
Entsorgung der Filterstäube an sieben Tagen<br />
in der Woche gewährleisten zu können,<br />
will das Unternehmen den Auftrag<br />
Unterwegs mit Sievert Logistik: Das Unternehmen<br />
soll für die Badischen Stahlwerke in Kehl Material<br />
anliefern und abtransportieren.<br />
vornehmlich über den 40 km von Kehl<br />
entfernten Standort in Hausach abwickeln.<br />
Sowohl die Ver- als auch die Entsorgungsverkehre<br />
disponiert Sievert Logistik nach<br />
eigenen Angaben in Eigenregie. „Eine der<br />
Maßgaben dabei ist, das werkseigene<br />
160-Tonnen-Silo nie in den kritischen Bereich<br />
laufen zu lassen“, so das Unternehmen.<br />
Aus dem Grund können die Sievert-<br />
Disponenten dessen Füllstand jederzeit<br />
online einsehen. Da ein Teil der Transporte<br />
über die Schiene abgewickelt wird, steht<br />
das Unternehmen zudem in engem Austausch<br />
mit der Deutschen Bahn.<br />
Quellen: Shutterstock; Sievert Logistik; thyssenkrupp<br />
6 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
SMS group baut Präsenz in Lateinamerika aus<br />
Die SMS group hat Anteile zweier in Brasilien ansässiger Unternehmen,<br />
Viridis und Vetta, erworben und baut hierdurch ihre<br />
Marktpräsenz in Lateinamerika aus. Als Teil dieser Transaktion<br />
entstand im Rahmen einer Fusion dieser beiden Unternehmen<br />
ein Center of Competence für industrielle Digitalisierung mit<br />
Schwerpunkt auf Effizienz- und Nachhaltigkeitstechnologien.<br />
Das neue Unternehmen mit Teams von insgesamt rund 200 Ingenieuren<br />
und IT- Spezialisten wird unter dem Namen Vetta zusammen<br />
mit SMS digital, der Tochtergesellschaft der SMS group für<br />
digitale Lösungen, auf dem Markt operieren. Damit kann SMS digital<br />
nun weltweit Digitalisierungslösungen anbieten, die alle<br />
Produktionsbereiche der Stahl- und Metallindustrie integrieren,<br />
und erweitert das Portfolio um den Bereich Energie und Nachhaltigkeit.<br />
Diese Bereiche, die für die gesamte Stahl- und Metallindustrie<br />
von großer Bedeutung sind, hätten einen „erheblichen<br />
Einfluss auf die Rentabilität“ der Unternehmen und böten einen<br />
„wichtigen Hebel“ zur Reduzierung des Kohlenstoff-Fußabdrucks,<br />
heißt es in einer Pressemitteilung. Auch eine Ausdehnung<br />
auf weitere Branchen wie zum Beispiel die Chemieindustrie<br />
oder die Papier- und Zellstoffindustrie sei denkbar.<br />
Studie bestätigt Systemrelevanz der Stahlindustrie im<br />
Saarland<br />
Mit über 20 000 direkt und indirekt Beschäftigten<br />
im Saarland und einem damit<br />
verbundenen Bruttoeinkommen von rund<br />
760 Mio. Euro gehört die saarländische<br />
Stahlindustrie zu den wichtigsten Arbeitgebern<br />
an der Saar. Damit ist sie „hochgradig<br />
systemrelevant“ und ein „wichtiges<br />
Standbein für den Wohlstand“, wie eine<br />
Studie des Marktforschungsinstituts Isoplan<br />
herausgearbeitet hat. Sie kommt außerdem<br />
zu dem Schluss, dass die saarländischen<br />
Stahlunternehmen in ihren jeweiligen<br />
Produktbereichen technologische<br />
Marktführer seien und der Erhalt der Stahlindustrie<br />
ein wichtiges politisches Ziel sein<br />
müsse. Die Studie „Die Zukunft der saarländischen<br />
Stahlindustrie – Chancen und Risiken<br />
unter kritischen Rahmenbedingungen“<br />
hatte der Verband der Saarhütten (VDS) in<br />
Auftrag gegeben, um den aktuellen und<br />
zukünftigen Stellenwert der Branche als<br />
Wirtschaftsfaktor in der Region bemessen<br />
zu können. Das Saarland ist mit rund 15 %<br />
der deutschen Stahlerzeugung einer der<br />
Schwerpunkte der Stahlerzeugung in<br />
Deutschland, dabei werden an den drei<br />
Standorten Dillingen, Völklingen und Bous<br />
Grobbleche, Draht und Stab sowie Rohblöcke<br />
und Stranggussprodukte für Schmieden<br />
und Walzwerke hergestellt.<br />
Guido Kerkhoff wird Vorstand<br />
von Klöckner & Co<br />
Guido Kerkhoff gehört<br />
ab September dem<br />
Klöckner-Vorstand an<br />
Der Aufsichtsrat des Stahlhändlers Klöckner & Co<br />
hat Anfang Juli beschlossen, Guido Kerkhoff mit<br />
Wirkung zum 1. September <strong>2020</strong> in den Vorstand<br />
der Gesellschaft zu berufen, erst einmal als Stellvertretender<br />
Vorsitzender des Vorstands. Mit Ablauf<br />
der Hauptversammlung im Mai 2021 soll er<br />
dann Vorsitzender des Vorstands werden. Die Entscheidung<br />
zum jetzigen Zeitpunkt soll eine „nahtlose<br />
Überleitung der Unternehmensführung in<br />
enger Abstimmung“ mit Gisbert Rühl als amtierenden<br />
Vorsitzenden des Vorstands sicherstellen.<br />
Rühl ist quasi ein Urgestein der Klöckner-Führung:<br />
Er gehört dem Vorstand seit 2006 an, seit<br />
2009 als dessen Vorsitzender. Im Rahmen der vorgesehenen<br />
Ausgliederung des Bereichs digitale<br />
Plattformen soll Rühl deren Aufsichtsratsvorsitz<br />
übernehmen und damit dem Unternehmen auch<br />
nach seinem Ausscheiden verbunden bleiben.<br />
Kerkhoff war von 2011 bis 2018 Finanzvorstand<br />
des diversifizierten Industriekonzerns thyssenkrupp.<br />
Nach dem Rücktritt Heinrich Hiesingers<br />
wurde er im Juli 2018 zum Vorsitzenden des Vorstands<br />
und CEO bestellt und Ende September<br />
2019 von dieser Position abbestellt.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 7
NEWS<br />
TERMINE<br />
Wirtschaft<br />
Industrie<br />
Preiserholung bei Industrierohstoffen in Sicht<br />
Erstmalig seit Ende Januar dieses Jahres<br />
sind die Preise für Industrierohstoffe im<br />
Monatsdurchschnitt gestiegen. So berichtet<br />
das Hamburgische Weltwirtschaftsinstitut<br />
(HWWI) in einer aktuellen Pressemitteilung.<br />
Darin heißt es, die Entwicklung<br />
auf den entsprechenden Märkten sei im<br />
Mai insbesondere durch die Erholung der<br />
chinesischen Industrie geprägt gewesen.<br />
Durch die zunehmende Stahlproduktion<br />
der Volksrepublik hätten vor allem die<br />
Preise für Eisenerz einen starken Anstieg<br />
erfahren, schreibt das HWWI. Darüber<br />
hinaus würden die Marktteilnehmer in<br />
Zukunft eine erhöhte Nachfrage nach<br />
Stahl und damit auch Eisenerz erwarten.<br />
Hoffnung gäben staatlich finanzierte Infrastrukturprojekte<br />
als Reaktion auf die<br />
wirtschaftlichen Auswirkungen der Corona-Pandemie.<br />
Auch die Schrottpreise zogen<br />
im Mai um durchschnittlich fünf<br />
Euro pro Tonne an, so die Deutsche Industriebank<br />
(IKB) in ihrer wöchentlichen Rohstoffpreis-Information.<br />
Die türkischen<br />
Abnehmer hätten deutlich mehr Mengen<br />
geordert, was nicht zuletzt die stabile<br />
Stahlproduktion des Landes widerspiegle.<br />
Gustav Grimm nimmt neue Freiformschmiedepresse<br />
in Betrieb<br />
Das Unternehmen Gustav Grimm Edel<strong>stahl</strong>werk in Remscheid hat eine 31,5/34-MN-<br />
Hochgeschwindigkeits-Freiformschmiedepresse der SMS group in Betrieb genommen.<br />
Innerhalb der knapp elfwöchigen Montagephase wurden die Abriss- und Montagearbeiten<br />
der alten und neuen Presse inklusive anschließender Abnahmetests abgeschlossen.<br />
Gustav Grimm ist auf die Fertigung von Schmiedeteilen aus hochlegierten<br />
Werkstoffen spezialisiert. „Die neue Schnellschmiedepresse erfüllt alle dafür notwendigen<br />
Anforderungen“, so die SMS group in der entsprechenden Pressemitteilung. So<br />
profitiere das Unternehmen dank der installierten Hydraulik- und Steuerungssysteme<br />
von einer höheren Prozesseffizienz, weil die neue Schnellschmiedepresse eine Zeitersparnis<br />
von etwa zehn Prozent biete. Nach eigenen Angaben setzte die SMS group<br />
zum ersten Mal bei einer Freiformschmiedepresse eine additiv, sprich mithilfe industriellen<br />
3D-Drucks, hergestellte Maschinenkomponente ein. Diese sei „leichter, kompakter<br />
und strömungsoptimiert“, schreibt die SMS group.<br />
Im Werk von Gustav Grimm in Remscheid schmiedet die neue<br />
Hochgeschwindigkeits-Freiformschmiedepresse der SMS group ihren ersten Block.<br />
WV Stahl: Gefahr einer<br />
Stahl-Importkrise nicht<br />
gebannt<br />
Zu Beginn des Monats sind neue Regelungen für die sogenannten<br />
„EU-Safeguards“ in Kraft getreten. Die Wirtschaftsvereinigung (WV)<br />
Stahl ist der Auffassung, die Neuregelung der Schutzmaßnahmen<br />
berücksichtige die konjunkturellen Auswirkungen der Corona-Pandemie<br />
auf die Stahlindustrie nur unzureichend. Dessen zentralem<br />
Anliegen ist die EU-Kommission nicht nachgekommen. Zuvor forderte<br />
der Verband, die Kontingentmenge für Stahlimporte zu reduzieren,<br />
um eine Importkrise zu verhindern. „Die EU-Safeguards verfehlen<br />
in dieser Form ihr angedachtes Ziel, die Stahlindustrie in<br />
Europa und die damit verbundenen Wertschöpfungsketten vor gravierenden<br />
Schäden zu bewahren“, bewertet Verbandspräsident Hans<br />
Jürgen Kerkhoff die geänderten Maßnahmen. Einen wirksamen<br />
Schutz im Außenhandel empfindet die WV Stahl als unverzichtbar<br />
– gerade auch mit Blick auf die Transformation des Wirtschaftszweiges<br />
hin zu CO 2<br />
-armen Verfahren.<br />
Voestalpine Railway<br />
Systems baut<br />
Marktposition aus<br />
Der österreichische Stahlkonzern Voestalpine will seine Marktposition<br />
im Geschäftsbereich Railway Systems ausbauen. Zur Erweiterung<br />
der Fertigungskapazitäten hat das Unternehmen ein Weichenwerk<br />
in Frankreich erworben und seine Unternehmensbeteiligungen<br />
in China und Argentinien erweitert, heißt es in einer aktuellen<br />
Pressemeldung. Darüber hinaus habe es die erste chinesische Produktionsstätte<br />
für Monitoringsysteme von Weichen gegründet. „Die<br />
zunehmende Urbanisierung, vor allem in Asien, sowie die europäischen<br />
Bestrebungen zum Klimaschutz versprechen auch für die<br />
kommenden Jahre solide Marktprognosen für den Bahnsektor“, so<br />
Voestalpine Railway Systems. Im vergangenen Geschäftsjahr erwirtschaftete<br />
das Unternehmen an rund 70 weltweiten Produktionsund<br />
Vertriebsstandorten einen Umsatz von 1,4 Milliarden Euro.<br />
7 000 Mitarbeiter sind in diesem Segment beschäftigt, 1 500 davon<br />
in Österreich.<br />
Quellen: SMS group; Shutterstock<br />
8 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Termine ab August <strong>2020</strong><br />
KONFERENZEN<br />
UND MESSEN<br />
12.–14.08.<strong>2020</strong><br />
Shanghai, CN<br />
Shanghai International<br />
Powder Metallurgy Exhibition<br />
& Conference<br />
en.pmexchina.com<br />
31.08–03.09.<strong>2020</strong><br />
Cleveland, US<br />
AISTech <strong>2020</strong> – The Iron &<br />
Steel Technology Conference<br />
and Exposition<br />
www.aist.org/conferenceexpositions/aistech<br />
– abgesagt –<br />
29.-30.09.<strong>2020</strong><br />
Düsseldorf<br />
Pit Furnace Symposium<br />
www.lohmannconference.com/start/<br />
30.09.–02.10.<strong>2020</strong><br />
Wien, AT<br />
Metal Additive<br />
Manufacturing Conference<br />
www.mamc<strong>2020</strong>.org<br />
28.–30.10.<strong>2020</strong><br />
Wien, AT<br />
Ironmasters <strong>2020</strong> – European<br />
Direct Reduced Iron and Alternative<br />
Ironmaking Conference<br />
www.ironmasters<strong>2020</strong>.org<br />
29.–31.10.202<br />
Parma, IT<br />
MECSPE <strong>2020</strong><br />
www.mecspe.com/enexhibit/<br />
08.–12.11.<strong>2020</strong><br />
Wien, AT<br />
Galvatech <strong>2020</strong><br />
www.galvatech<strong>2020</strong>.org<br />
18.–19.11.<strong>2020</strong><br />
Aachen<br />
Aachener Stahlkolloquium<br />
„steel and more“<br />
www.ask<strong>2020</strong>.de<br />
30.11.-02.12.<strong>2020</strong><br />
Antwerpen, BE<br />
ECHT <strong>2020</strong> – European Conference<br />
on Heat Treatment<br />
www.a3ts.org<br />
<strong>07</strong>.12.–11.12.<strong>2020</strong><br />
Düsseldorf<br />
wire <strong>2020</strong>, Tube <strong>2020</strong><br />
www.wire.de, www.tube.de<br />
08.–11.12.<strong>2020</strong><br />
München<br />
automatica<br />
www.automatica-munich.<br />
com/de/<br />
25.–28.01.2021<br />
Birmingham, UK<br />
MACH 2021<br />
www.machexhibition.com<br />
21.–25.02.2021<br />
Seoul, KR<br />
11th International Conference<br />
on Molten Slags, Fluxes, and<br />
Salts (MOLTEN 2021)<br />
www.molten<strong>2020</strong>.org<br />
02.–05.03.2021<br />
Leipzig<br />
inTEC 2021<br />
www.messe-intec.de<br />
09.–12.03.2021<br />
Hannover<br />
Euroblech 2021<br />
https://www.euroblech.com/<br />
<strong>2020</strong>/deutsch/<br />
17.–18.03.2021<br />
Ulm<br />
Coiltech Deutschland 2021<br />
www.quickfairs.net/dettagli_fiera.asp?idf=96&id_zona=2&id_menu=38<br />
WEITERBILDUNG<br />
24.08.–26.08.<strong>2020</strong><br />
Webinar<br />
Electrical Engineering<br />
of Arc Furnaces<br />
www.vdeh.de/<strong>stahl</strong>akademie<br />
31.08–03.09.<strong>2020</strong><br />
Webinar<br />
Continuous Casting<br />
of Steel<br />
www.vdeh.de/<strong>stahl</strong>akademie<br />
16.–18.09.<strong>2020</strong><br />
Webinar<br />
Metallographie-Tagung <strong>2020</strong><br />
www.met<strong>2020</strong>.dgm.de<br />
28.–30.09.<strong>2020</strong><br />
Webinar<br />
Oxygen Steelmaking<br />
www.vdeh.de/<strong>stahl</strong>akademie<br />
Hinweis: Hinsichtlich der Corona-Pandemie haben Bund und<br />
Länder beschlossen, Großveranstaltungen bis zum 31. August<br />
<strong>2020</strong> zu verbieten. Auf www.<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de/termine bleiben<br />
Sie auf dem Laufenden.<br />
Deutsche Wirtschaft wappnet sich für „No-Deal-Brexit“<br />
Die Brexit-Verhandlungen gehen in eine<br />
entscheidende Phase über – wie der Ausstieg<br />
Großbritanniens aus der EU konkret<br />
aussehen wird, ist noch fraglich. Eine Umfrage<br />
zeigt nun, dass das Gros der hiesigen<br />
Wirtschaft auch für einen „No-Deal“ vorbereitet<br />
ist.<br />
30 Prozent der deutschen Unternehmen<br />
befürchten einen harten Bruch mit dem<br />
Vereinigten Königreich. Das hat eine Umfrage<br />
des Bundesverbandes der Deutschen<br />
Industrie (BDI) und dem Beratungsunternehmen<br />
Deloitte ergeben. Ziel der Erhebung<br />
war herauszufinden, welche Erwartungen<br />
die Unternehmen hinsichtlich der<br />
Verhandlungen und der Brexit-Konsequenzen<br />
für den Standort Deutschland haben<br />
und wie sie selbst für den Brexit planen<br />
und sich vorbereiten. „Ohne Verlängerung<br />
der Verhandlungsfrist bleiben nur noch<br />
etwa 180 Tage bis zum Ende der Übergangsperiode,<br />
das geht schnell“, sagt Dr.<br />
Alexander Börsch, Chefökonom bei Deloitte.<br />
Die deutsche Wirtschaft fühle sich zum<br />
Großteil jedoch auch auf einen „Worst<br />
Case“ gut vorbereitet, so Börsch. Dennoch<br />
erwarte eine beträchtliche Anzahl an Unternehmen<br />
hohe Schäden. „Unsere Unternehmen<br />
beobachten die Brexit-Verhandlungen<br />
sehr genau“, sagt dazu BDI-Hauptgeschäftsführer<br />
Dr. Joachim Lang. Ihm<br />
zufolge erschwert der der schleppende<br />
Verhandlungsverlauf wichtige Investitionsentscheidungen.<br />
„Es besteht die Gefahr,<br />
dass sich die Verlagerungen weg von Großbritannien<br />
auf andere Standorte beschleunigen,<br />
wenn sich nicht sehr bald eine Perspektive<br />
für eine Wirtschaftspartnerschaft<br />
abzeichnet“, so Lang.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Mai/Juni <strong>2020</strong> 9
NEWS<br />
TERMINE<br />
Klima<br />
Umwelt<br />
Der Bau der Koksgaseindüsungsanlage<br />
ist<br />
eine zukunftsw<strong>eisen</strong>de<br />
Investition, bei der erstmals<br />
zur CO 2<br />
-<br />
Reduzierung im<br />
Hochofenprozess<br />
auf die Verwendung<br />
von Wasserstoff<br />
gesetzt wird.<br />
Energie gespart und Effizienz gesteigert<br />
Das Energieeffizienz Netzwerk ESTA (Energieeffizienz mit Stahl)<br />
zieht nach einer Laufzeit von drei Jahren eine positive Bilanz: Saar<strong>stahl</strong>,<br />
Dillinger und verbundenen Unternehmen wie die ROGESA<br />
Roh<strong>eisen</strong>gesellschaft Saar und die Zentralkokerei Saar erzielen<br />
eine Energieeinsparung von ca. 29 500 Megawattstunden pro Jahr.<br />
Dies bedeutet eine jährliche CO 2<br />
-Entlastung von ca. 11 750 Tonnen.<br />
100 Mitarbeiter der SHS-Gruppe haben sich in acht „Energieteams“<br />
mit den Einsparpotenzialen von allen Prozessen in den Unternehmen<br />
beschäftigt. Zur jährlichen Energieeinsparung tragen eine<br />
Vielzahl von Einzelprojekten wie beispielsweise Kraft-Wärmekopplung,<br />
Abwärmenutzung für parallel laufende Prozesse oder die Reduzierung<br />
von Standby- und Nebenzeiten bei. Auch nach der Laufzeit<br />
von ESTA streben Saar<strong>stahl</strong> und Dillinger danach, die Energieeffizienz<br />
und die energetischen Wirkungsgrade der eigenen<br />
Systeme und Prozesse weiter zu verbessern. Ein Leuchtturmprojekt<br />
ist beispielsweise der Bau einer Koksgaseindüsungsanlage. Zur<br />
CO 2<br />
-Reduzierung setzen die Unternehmen auf die Verwendung<br />
von Wasserstoff als Hauptbestandteil des Koksgases.<br />
Thyssenkrupp nimmt grünen Wasserstoff ins Visier<br />
Die Stahlsparte von thyssenkrupp will ihr Vorhaben vorantreiben, die CO 2<br />
-Emissionen aus der Stahlherstellung durch den Einsatz<br />
von Wasserstoff zu senken. Dabei soll dem Unternehmen zukünftig ein Elektrolyseur des Energieversorgers RWE helfen, der<br />
den Wasserstoff ausschließlich mit Strom aus erneuerbaren Energien herstellt. Voraussetzung für die Kooperation der beiden<br />
Unternehmen sei die Entwicklung eines Wasserstoffnetzes, schreibt thyssenkrupp Steel Europe in einer Pressemeldung. Die Infrastruktur<br />
soll gewährleisten, dass der gasförmige Wasserstoff via Leitungen von Lingen zum Hüttenstandort in Duisburg gelangt.<br />
Nach Möglichkeit soll bis Mitte des Jahrzehnts der erste Wasserstoff in Richtung des Stahlwerks strömen. Kurz zuvor hatte<br />
thyssenkrupp bekannt gegeben, auch seine eigenen Fertigungskapazitäten für Elektrolyseanlagen zur Produktion von grünem<br />
Wasserstoff auszubauen. Zu diesem Zweck will der Industriekonzern mit seinem strategischen Zulieferer und Joint-Venture-Partner<br />
De Nora zusammenarbeiten und ab sofort jährlich Elektrolyse-Zellen von bis zu einem Gigawatt fertigen.<br />
Eisenbasierte Sinter-Bremsbeläge für saubere Mobilität<br />
Metallischer Bremsbelag für Motorräder<br />
Am Fraunhofer-Institut für Fertigungstechnik und Angewandte<br />
Materialforschung IFAM in Dresden wird gemeinsam mit der<br />
dänischen SBS Friction A/S sowie dem Danish Technological Institute<br />
ein <strong>eisen</strong>basierter Sinter-Bremsbelag für Motorräder entwickelt.<br />
Das Projekt „GreenPad“, gefördert vom Innovation<br />
Fund Denmark, möchte damit eine umweltfreundliche Alternative<br />
zu etablierten Belagmaterialien schaffen. Ziel dieses Forschungsvorhabens<br />
ist die Entwicklung kupfer- und nickelfreier<br />
Sinter-Bremsbeläge mit gleichwertigen tribologischen Eigenschaften<br />
wie die herkömmlicher metallischer Bremsbeläge. Erste<br />
Tests haben gezeigt, dass die <strong>eisen</strong>basierten Neuentwicklungen<br />
vielversprechende Ergebnisse erzielen, die sowohl im Labor<br />
als auch beim Einsatz direkt im Motorrad nachgewiesen werden<br />
konnten. Allein auf den Motorradmarkt bezogen kann der Einsatz<br />
von kupfer- und nickelfreien Produkten potenziell die Emission<br />
von Kupfer um 600 Tonnen pro Jahr reduzieren, heißt es<br />
beim IFAM. Das entspricht ca. 25 % der Emissionen durch Kupfer-Bremsverschleiß<br />
in ganz Europa. Für Nickel beträgt die mögliche<br />
Einsparung 160 Tonnen pro Jahr. Sinter-Bremsbeläge sind<br />
organisch gebundenen Belägen aufgrund ihrer hohen Temperaturbeständigkeit<br />
sowie der guten Eigenschaften bzgl. Verschleiß,<br />
Abrieb und Reibwert weit überlegen und kommen für Hochleistungsbremsen<br />
zum Einsatz.<br />
Quellen: Uwe Braun, SHS – Stahl-Holding-Saar ; Salzgitter AG; Fraunhofer IFAM Dresden<br />
10 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Thyssenkrupp Materials Services steigt in den Handel<br />
mit Stahlschrott ein<br />
Im Rahmen seiner strategischen Weiterentwicklung hat thyssenkrupp<br />
Materials Services den „Company Builder“ mantro ins Boot<br />
geholt. In einem Joint Venture namens „mt industry recycling“<br />
will die Werkstoffsparte des Industriekonzerns eine effektivere<br />
Rückführung von Stahlschrott in die Produktionsprozesse der<br />
Fertigungsindustrie erzielen. Vor diesem Hintergrund sollen<br />
Stahlwerke und Gießereien zukünftig sortenreinen Stahlschrott<br />
unmittelbar über das neue Gemeinschaftsunternehmen beziehen.<br />
Der Zwischenschritt über den Schrotthändler entfalle dabei,<br />
betonen die Partner in einer gemeinsamen Pressemeldung. Der<br />
schlankere Prozess soll den Abnehmern aus der Schwerindustrie<br />
die Möglichkeit verschaffen, Kosten einzusparen. Mit nach eigenen<br />
Angaben effizienten Logistikprozessen will das Start-up zudem<br />
einen positiven Beitrag zu mehr Nachhaltigkeit in den Recyclingabläufen<br />
leisten. Medienberichten zufolge befindet sich die<br />
genaue Planung allerdings noch in der frühen Phase. So schreibt<br />
die Wirtschaftswoche Ende Juni, dass die Unternehmen noch auf<br />
der Suche nach einem konkreten Geschäftsmodell sind. Denkbar<br />
seien demnach ein rein digitaler Marktplatz, ein Logistikgeschäft<br />
oder ein weiterer Zusammenschluss von Partnern.<br />
Salzgitter AG will Direktreduktionsanlage<br />
in Wilhelmshaven errichten<br />
Die Vereinbarung, die der Salzgitter-Vorstandschef<br />
Heinz Jörg Fuhrmann hier unterzeichnet, umfasst eine<br />
Machbarkeitsstudie zur geplanten Errichtung einer<br />
Eisenerz-Direktreduktionsanlage im niedersächsischen<br />
Wilhelmshaven.<br />
Die Salzgitter AG plant, in Wilhelmshaven eine Eisenerz-Direktreduktionsanlage<br />
mit vorgeschalteter Wasserstoff-Elektrolyse zu errichten. Dazu hat<br />
der Stahlhersteller nun gemeinsam mit dem Logistikunternehmen Rhenus<br />
und dem Energiekonzern Juniper sowie dem Land Niedersachsen eine Machbarkeitsstudie<br />
vereinbart. Sie umfasst – neben der möglichen Errichtung der<br />
Anlage – die Entwicklung der erforderlichen Infrastruktur, zu der auch die<br />
Versorgung mit Rohstoffen, Erdgas und Wasserstoff gehört. „Dies ist ein weiterer<br />
konkreter Schritt unseres Transformationsprozesses hin zu einer CO 2<br />
-<br />
armen, wasserstoffbasierten Stahlherstellung“, so Salzgitter-Vorstandschef<br />
Heinz Jörg Fuhrmann. Als Grundlage diene das Technologiekonzept „SAL-<br />
COS“, die konzerneigene Klimainitiative. Auch die kürzlich verabschiedete<br />
Nationale Wasserstoffstrategie und das Handlungskonzept Stahl der Bundesregierung<br />
spiele dem Konzern nach eigenen Angaben in seiner Planung zu.<br />
Perspektivisch strebt die Gesellschaft an, zwei Millionen Tonnen direktreduziertes<br />
Eisen pro Jahr zu erzeugen. Mit der Bahn soll das Material anschließend<br />
nach Salzgitter gebracht werden, wo es der Konzern in seinem integrierten<br />
Hüttenwerk zu Flach<strong>stahl</strong>produkten weiterverarbeiten will.<br />
Bundeskabinett beschließt<br />
Nationale Wasserstoffstrategie<br />
Wasserstoff ist entscheidend für die Dekarbonisierung<br />
wichtiger deutscher Kernbranchen<br />
wie der Stahl- und Chemieindustrie.<br />
Mit unter anderem diesen Worten hat das<br />
Bundeskabinett am 10. Juni die Nationale<br />
Wasserstoffstrategie verkündet. „Die Zeit für<br />
Wasserstoff und die dafür nötigen Technologien<br />
ist reif. Wir müssen daher jetzt die<br />
Potenziale für Wertschöpfung, Beschäftigung<br />
und den Klimaschutz erschließen und<br />
nutzen“, erklärte Bundeswirtschaftsminister<br />
Peter Altmaier. Für die Stahlbranche stehen<br />
in erster Linie alternative Produktionsverfahren<br />
im Vordergrund. Darunter fällt etwa<br />
das anteilige Einblasen von Wasserstoff in<br />
bestehende Hochöfen, um Treibhausgasemissionen<br />
zu vermeiden. Zudem soll eine<br />
vollständige Wasserstoff-Direktreduktion in<br />
„Zu einem Innovationsland gehört auch,<br />
ambitionierte Ziele für eine international<br />
wettbewerbsfähige Wasserstoffwirtschaft zu<br />
formulieren. Das ist uns mit der Nationalen<br />
Wasserstoffstrategie gelungen“, sagt Ministerin<br />
Karliczek während einer Pressekonferenz<br />
im Bundeswirtschaftsministerium.<br />
entsprechenden Anlagen einen essenziellen<br />
Beitrag zur Dekarbonisierung der Stahlindustrie<br />
leisten. Forschungsvorhaben sollen<br />
darüber hinaus die Option der Abscheidung<br />
und stofflichen Nutzung von CO 2<br />
-Emissionen<br />
(CCU) erproben. Für die Förderung von<br />
entsprechender Bemühungen zum „grünen“<br />
Wasserstoff will die Bundesregierung<br />
bis 2023 310 Millionen Euro zur Verfügung<br />
stellen. Zusätzlich sieht das Konjunkturpaket<br />
der Regierung vor, dass sieben Milliarden<br />
Euro für den Markthochlauf von Wasserstofftechnologien<br />
bereitgestellt werden.<br />
Weitere zwei Milliarden Euro sind für internationale<br />
Partnerschaften in dem Bereich<br />
vorgesehen. Ein „Nationaler Wasserstoffrat“,<br />
den die Bundesregierung mit Vertretern<br />
insbesondere der energieintensiven Industrie<br />
ins Leben gerufen hat, soll indes die konsequente<br />
Umsetzung und Weiterentwicklung<br />
der Strategie vorantreiben.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 11
NEWS<br />
TERMINE<br />
Additive Fertigung<br />
Eisenspäne haften auf<br />
diesem Mini-Schachbrett<br />
mit vier Millimetern<br />
Kantenlänge.<br />
Die teils magnetische<br />
Struktur wurde aus<br />
einer einzigen Sorte<br />
Stahlpulver bei verschiedenen<br />
Temperaturen<br />
produziert.<br />
Frisch gedruckte Magnete<br />
Mit einer einzigen Sorte Metallpulver haben Forscher der Eidgenössischen<br />
Materialprüfungs- und Forschungsanstalt<br />
(EMPA) ein kleines metallisches Schachbrett mit vier Millimetern<br />
Kantenlänge im 3D-Druck hergestellt – acht Flächen erscheinen<br />
etwas dunkler, acht heller. Indem Stärke und Dauer<br />
des eingestrahlten Laserlichts variiert wurden, ist die Hälfte<br />
der Flächen magnetisch. Die „unscheinbare Materialprobe“<br />
beweise, heißt es selbstbewusst aus der Schweiz, dass 3D-<br />
Druck mit Hilfe von Laserstrahlen und Metallpulver sich<br />
nicht nur dazu eigne, neue geometrische Formen zu erschaffen,<br />
sondern auch zur Herstellung neuer Materialien mit völlig<br />
neuen Funktionalitäten. Als Ausgangsbasis nutzte das<br />
EMPA-Team mit P2000-Stahl eine besondere Sorte Edel<strong>stahl</strong>,<br />
die kein Nickel enthält, sondern rund ein Prozent Stickstoff.<br />
Die wesentliche Erkenntnis: Da bei der additiven Fertigung<br />
lokal „spielend“ Temperaturen von mehr als 2 500 Grad Celsius<br />
erreicht würden, ließen sich so gezielt verschiedene Bestandteile<br />
einer Legierung verdampfen – z. B. Mangan, Aluminium,<br />
Zink, Kohlenstoff und mehr – und so die chemische<br />
Zusammensetzung lokal verändern.<br />
Neuer austenitischer Stahl für die additive Fertigung<br />
Die Deutschen Edel<strong>stahl</strong>werke (DEW) erweitern ihr Portfolio für die additive Fertigung. Bei „Printdur HSA“ handelt es sich um ein<br />
mittels Gasverdüsung hergestelltes Pulver, das im gedruckten Zustand ein zu 99 % austenitisches Gefüge aufweist. Damit einhergehend<br />
ist der Werkstoff unmagnetisch. Er zeichne sich durch „deutlich verbesserte Festigkeitswerte“ aus und biete Anwendungspotenzial<br />
in vielen Branchen – seien es Maschinenbau, Lebensmittel- und Chemieanlagen, Pumpenbauteile, Kraftwerksindustrie<br />
oder die Automobilindustrie, erklärt DEW. Im Vergleich zu typischen austenitischen Stählen zeichnet sich der Werkstoff durch eine<br />
deutlich erhöhte Streckgrenze, Zugfestigkeit und Härte aus, so seien Streckgrenze und Zugfestigkeit bei „Printdur HSA“ doppelt so<br />
hoch wie beim Werkstoff 1.4404 (316L), der ein Standard<strong>stahl</strong> in der additiven Fertigung ist. Zudem bescheinige die Pitting Resitance<br />
Equivalent Number (PREN) von 36 dem neuen Pulver eine sehr gute Korrosionsbeständigkeit: Im gedruckten Zustand sei<br />
„Printdur HSA“ sowohl nach SEP 1877 Verfahren II korrosionsbeständig (Prüfung zur Beständigkeit gegen interkristalline Korrosion)<br />
als auch nach ASTM G48 Methode E (Prüfung zur Beständigkeit gegen Lochkorrosion).<br />
Quellen: Empa; MPIE<br />
EOS erweitert Portfolio<br />
für Metallwerkstoffe<br />
Der Technologieanbieter EOS hat sein Portfolio an Metallwerkstoffen<br />
für die additive Fertigung erweitert. Mit dem für das M 290<br />
System validierten „EOS ToolSteel 1.2709“ hat das Unternehmen<br />
unter anderem einen ultrahochfesten und martensitaushärtenden<br />
Stahl für anspruchsvolle Gussanwendungen entwickelt. Nach eigenen<br />
Angaben zeichnet sich dieser Werkzeug<strong>stahl</strong> durch eine „ausgezeichnete<br />
Ermüdungsfestigkeit und verbesserte Polierbarkeit“<br />
aus. Die Eigenschaften können über verschiedene Wärmebehandlungen<br />
nach dem 3D-Druck angepasst werden. Typische Anwendungen<br />
reichen vom Kunstoffspritzguss über Extrusionswerkzeuge,<br />
Heißpresswerkzeuge bis hin zu Druckgusswerkzeugen für Aluminium-<br />
und Zinklegierungen.<br />
Der Werkstoff<br />
EOS ToolSteel<br />
1.2709 für EOS<br />
M290 Systeme<br />
in Rohrform<br />
12 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Damaszener Stahl aus dem 3D-Drucker<br />
Durch eine geschickte Temperaturvariation<br />
lässt sich ein Verbundwerkstoff mit<br />
unterschiedlich harten Metallschichten<br />
additiv fertigen. Zu dieser Erkenntnis ist<br />
ein Team des Max-Planck-Instituts für Eisenforschung<br />
(MPIE) in Düsseldorf und des<br />
Fraunhofer-Instituts für Lasertechnik (ILT)<br />
in Aachen gekommen. Die beteiligten Forscher<br />
haben ein Verfahren entwickelt, mit<br />
dem sich Stahl im 3D-Drucker schichtweise<br />
mit individueller Härte fertigen lässt<br />
– und so ähnliche Strukturen aufweist wie<br />
der populäre Damaszener Stahl. Dafür haben<br />
die Wissenschaftler eine spezielle Legierung<br />
aus Eisen, Nickel und Titan so behandelt,<br />
dass sich kleine Nickel-Titan-Mikrostrukturen<br />
bildeten. Ebendiese sorgen<br />
dann nach Angaben des Forschungsteams<br />
für eine besondere Härte des Werkstoffs.<br />
Um die Strukturen erzeugen zu können,<br />
unterbrach das Team den Druckprozess<br />
nach einer aufgetragenen Schicht für eine<br />
bestimmte Zeit. Dabei kühlte sich das Material<br />
auf unter 195 Grad Celsius ab. In<br />
dieser Phase entstehe die sogenannte Martensit-Phase,<br />
erklärt Eric Jägle, Leiter der<br />
Gruppe „Legierungen für die Additive Fertigung“<br />
am MPIE, „und nur in dieser können<br />
die Nickel-Titan-Mikrostrukturen entstehen“.<br />
Damit sich diese „Ausscheidungen“<br />
auch wirklich bilden, sei aber eine<br />
erneute Erwärmung des Materials notwendig.<br />
Hierfür nutzen die Forscher die Laserenergie,<br />
die in der gängigen Methode des<br />
industriellen 3D-Drucks – dem pulverbettbasierten<br />
Laserschmelzen – üblicherweise<br />
Einem Forscherteam ist es nun mit<br />
einem Verbundmaterial aus dem 3D-<br />
Drucker gelungen, die Charakteristik von<br />
Damaszenem Stahl nachzubilden.<br />
verwendet wird. Einsatzgebiete solcher<br />
Verbundswerkstoffe sehen die Institute<br />
beispielsweise im 3D-Druck von Bauteilen<br />
der Luft- und Raumfahrt oder von Werkzeugen.<br />
Formnext Start-up Challenge:<br />
AM-Innovationen gesucht<br />
Die internationale Fachmesse „Formnext“<br />
zeichnet auch in diesem Jahr wieder junge<br />
und innovative Unternehmen aus dem<br />
Bereich der additiven Fertigung aus. Neu<br />
bei der inzwischen sechsten Austragung<br />
ist, dass im Rahmen der Veranstaltung<br />
auch der „AM Ventures Impact Award“<br />
verliehen wird. Dieser honoriert Ansätze<br />
zur Nachhaltigkeit, die sich aus den entsprechenden<br />
Entwicklungszielen der Vereinten<br />
Nationen ableiten. Hierbei spielen<br />
unter anderem Umweltgedanken wie<br />
Ressourcenschonung oder „grüne“ Energie<br />
sowie auch auch soziale Aspekte, etwa<br />
Bildung und Gleichberechtigung, eine<br />
Rolle. Teilnahmeberechtigt für die Formnext<br />
Start-up Challenge sind Unternehmen,<br />
die nicht älter als fünf Jahre sind,<br />
und die mit ihrem Produkt oder ihrer<br />
Dienstleistung „fit für den Markt“ sind.<br />
Gleichzeitig darf das Start-up nicht mehrheitlich<br />
zu einem etablierten Unternehmen<br />
gehören. Den insgesamt fünf Siegern<br />
sponsern die Veranstalter ein vielseitiges<br />
Messe- und Marketingpaket. Dazu zählt<br />
unter anderem ein voll ausgestatteter<br />
Ausstellungsstand auf der Start-up Area<br />
der Formnext <strong>2020</strong> sowie die Einbindung<br />
Weitere Informationen<br />
Nähere Informationen zu den Teilnahmebedingungen<br />
und der Anmeldung<br />
befinden sich auf der offiziellen Website<br />
der Formnext <strong>2020</strong> unter<br />
www.formnext.mesago.com<br />
in die weltweiten Marketing- und Kommunikationsaktivitäten<br />
der Messe. Außerdem<br />
können die Sieger auf einem Pitch-<br />
Event teilnehmen, erhalten ein individuelles<br />
Unternehmensprofil eines<br />
Mediasponsors und profitieren von einem<br />
Unternehmenscoaching. Die diesjährige<br />
Formnext findet vom 10. bis 13. November<br />
in der Messe Frankfurt statt. Einsendeschluss<br />
ist der 4. September.<br />
Damaszener Stahl<br />
Manfred Sachse, der „große, alte Meister“<br />
und Kenner des Damastschmiedens liefert<br />
aufschlussreiche, neue Recherchen zur<br />
berühmten Solinger Klingenproduktion.<br />
Auch in englischer<br />
Sprache erhältlich:<br />
www.<strong>stahl</strong><strong>eisen</strong>.de/<br />
product/damascussteel/<br />
Damaszener Stahl | Mythos, Geschichte, Technik, Anwendung<br />
€ 79,00<br />
3. erweiterte Auflage | 25,6 x 31,9 cm | 304 Seiten mit zahlreichen<br />
farbigen Abbildungen und technischen Zeichnungen<br />
Entdecken Sie jetzt die dritte, erweiterte Auflage seines erfolgreichen Werks!<br />
Bestellung unter www.<strong>stahl</strong><strong>eisen</strong>.de/product/damaszener-<strong>stahl</strong>/
TITELTHEMA: DIGITALISIERUNG<br />
Industrie 4.0<br />
Daten definieren<br />
immer stärker<br />
die Wettbewerbsfähigkeit<br />
Das Wissen kommt immer weiter in der Praxis an,<br />
jetzt müssen die Chancen in der Fläche genutzt werden<br />
Künstliche Intelligenz gilt als ein wesentlicher Treiber<br />
für das komplexe Konzept „Industrie 4.0“. Wohin die<br />
fortschrittliche Technologie insbesondere industrielle<br />
Prozesse führt, versuchen hierzulande Forschung<br />
und Praxis gemeinsam zu beantworten.<br />
14 Mai/Juni <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Quelle: Shutterstock<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Mai/Juni <strong>2020</strong> 15
TITELTHEMA: DIGITALISIERUNG<br />
Industrie 4.0<br />
AI, das steht für Artificial<br />
Intelligence – zu Deutsch:<br />
Künstliche Intelligenz. Die<br />
Hochtechnologie breitet sich<br />
in der Industrie zunehmend aus<br />
und schafft Herausforderungen<br />
und Chancen gleichermaßen.<br />
AUTOR: Niklas Reiprich,<br />
niklas.reiprich@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />
DARUM GEHT‘S: Chancen und Fortschritte<br />
ergeben sich selten aus der Komfortzone,<br />
im Regelfall führen exogene<br />
Impulse zu sprunghaften Fortschritten.<br />
Für die unaufhaltsam voranschreitende<br />
Digitalisierung und, darin als Unterthema<br />
enthalten, die Industrie 4.0 dürfte<br />
jetzt so eine Zeit sein. Der aktuelle<br />
Marktüberblick skizziert den grundsätzlichen<br />
Status quo und wirft einzelne<br />
Schlaglichter auf die Industrie.<br />
Vernetzte Produktionsanlagen, Echtzeit-Kommunikation<br />
zwischen den<br />
Maschinen und individuelle Unterstützung<br />
aus der Robotik: Die Digitalisierung<br />
der Industrieunternehmen in<br />
Deutschland macht Fortschritte. Laut einer<br />
repräsentativen Umfrage des Digitalverbandes<br />
Bitkom nutzen fast sechs von zehn<br />
Industrieunternehmen mit mehr als 100<br />
Mitarbeitern spezielle Anwendungen aus<br />
dem Bereich Industrie 4.0. „Die produzierende<br />
und verarbeitende Industrie ist der<br />
Kern der deutschen Wirtschaft – und sie<br />
verfügt über ein riesiges digitales Potenzial“,<br />
sagt dazu Bitkom-Präsident Achim<br />
Berg. Durch die wirtschaftlichen Auswirkungen<br />
der Corona-Pandemie dürfe diese<br />
Entwicklung nun keinen Dämpfer erfahren,<br />
warnt der Manager. „Je digitaler die<br />
Industrieunternehmen aufgestellt sind,<br />
desto schneller werden sie sich von den<br />
Folgen des Shutdowns erholen“, so Berg.<br />
Tatsächlich lässt die Umfrage darauf schließen,<br />
dass diese Erkenntnis auch im größten<br />
Teil der Betriebe verankert ist: 94 Prozent<br />
der befragten Unternehmen sehen in der<br />
Industrie 4.0 die Voraussetzung für den<br />
Erhalt der Wettbewerbsfähigkeit der deutschen<br />
Industrie. Mehr als jeder Zweite betont<br />
zudem, die Industrie 4.0 gebe dem<br />
eigenen Geschäft generell neuen Schub.<br />
Insgesamt sieht ein deutliches Gros von 93<br />
Prozent der Industrieunternehmen das<br />
Konzept Industrie 4.0 als Chance – und nur<br />
fünf Prozent nehmen es als Risiko wahr.<br />
„Digitale Ökosysteme“ sind<br />
flexibel<br />
Doch was verbirgt sich hinter dem Begriff<br />
„Industrie 4.0“? Kaum eine Bezeichnung<br />
spiegelt die aktuellen Herausforderungen<br />
und Chancen des Wirtschaftszweiges derzeit<br />
mehr wider. Sobald es um die Vielzahl<br />
technischer Neuerungen in der modernen<br />
Produktion geht, erscheint dessen Verwendung<br />
sogar nahezu inflationär. Kaum eine<br />
Branchenveranstaltung kommt heute ohne<br />
eine plakative Erwähnung des umfassenden<br />
Zukunftsprojektes aus, das gleichbedeutend<br />
auch als die vierte industrielle Revolution<br />
bezeichnet wird. Definitorisch hat das Bundeswirtschaftsministerium<br />
(BMWi) einen<br />
Ansatz gefunden, der geeignet scheint, um<br />
das Konzept angemessen zu beschreiben. Im<br />
Weitere Informationen<br />
In der „Plattform Industrie 4.0“ haben<br />
sich Unternehmen, Gewerkschaften,<br />
Verbände, Wissenschaft und Politik<br />
zusammengeschlossen, um die<br />
digitale Transformation der Produktion<br />
in Deutschland voranzubringen. So<br />
entwickelt das Netzwerk etwa Konzepte<br />
und Lösungen und unterstützt Unternehmen<br />
durch Handlungsempfehlungen,<br />
Informationsangebote und Anwendungsbeispiele<br />
beim Praxistransfer.<br />
Rahmen der gemeinsam mit Vertretern aus<br />
Wirtschaft und Wissenschaft initiierten<br />
„Plattform Industrie 4.0“ heißt es, das Konzept<br />
bezeichne „die intelligente Vernetzung<br />
von Maschinen und Abläufen in der Industrie<br />
mithilfe von Informations- und Kommunikationstechnologie“.<br />
Die Definition legt<br />
nahe, dass es sich dabei um einen grundlegenden<br />
Innovations- und Transformationsprozess<br />
handelt.<br />
Als Leitmotiv dieses Wandels gelten<br />
neue Formen des Wirtschaftens und Arbeitens<br />
in sogenannten „digitalen Ökosystemen“.<br />
Das grundsätzliche Ziel ist es hier,<br />
starre und fest definierte Wertschöpfungsketten<br />
zukünftig in flexible, hochdynamische<br />
und internationale Wertschöpfungsnetzwerke<br />
mit neuen Arten der Kooperation<br />
zu überführen. Fortan rücken<br />
Verfügbarkeit, Transparenz und Zugang zu<br />
Daten zunehmend in den Fokus der Unternehmen<br />
und definieren maßgeblich deren<br />
Wettbewerbsfähigkeit. Denn: Stärkere Vernetzung<br />
von Produkten und Maschinen<br />
steigert die Effizienz, senkt Kosten und<br />
spart gleichzeitig Ressourcen. Zudem können<br />
Unternehmen durch intelligentes Monitoring<br />
und transparente Abläufe potenziell<br />
jederzeit den Überblick behalten. So<br />
können sie flexibel und schnell auf Veränderungen<br />
am Markt reagieren. Fällt zum<br />
Beispiel ein Zulieferer aus oder wird ein<br />
Rohstoff knapp, können Produktion und<br />
Liefermengen sofort angepasst werden.<br />
Auch können sich moderne IT-Lösungen<br />
und Maschinen schnell auf neue Anforderungen<br />
einstellen.<br />
KI übertrumpft die menschlichen<br />
Fähigkeiten<br />
Das Herzstück der Industrie 4.0 ist die<br />
künstliche Intelligenz (KI), die bereits in<br />
Quelle: Shutterstock<br />
16 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
vielen Branchen zum Einsatz kommt. Die<br />
Hochtechnologie basiert auf Mustererkennung<br />
und besitzt die Fähigkeit, selbstständig<br />
Wissen aus Erfahrungen zu erzeugen.<br />
Statt also für jeden Zweck neu programmiert<br />
zu werden, kann eine KI eigenständig<br />
Antworten finden und entsprechende Probleme<br />
lösen. In einem vom BMWi veröffentlichten<br />
Technologieszenario weist die<br />
Plattform Industrie 4.0 daraufhin, dass KI<br />
„für den Nichtexperten“ intransparent<br />
oder gar mystisch erscheinen mag. Das<br />
liege in erster Linie daran, dass ihr Fähigkeiten<br />
zugesprochen werden, die mit denen<br />
des Menschen in Konkurrenz treten. „Die<br />
hohe Geschwindigkeit, mit denen aktuelle<br />
KI-Systeme Daten aufbereiten und Lösungen<br />
anbieten, geht über die menschlichen<br />
Fähigkeiten weit hinaus“, heißt es in dem<br />
Entwurf. Beispielsweise könne ein Mensch<br />
gut Muster oder Fehler erkennen, sei aber<br />
bei großen Datenmengen schnell überfordert.<br />
Aus diesem Grund wird KI-Technologien<br />
viel Potenzial zugesprochen, die industrielle<br />
Produktion effizienter zu gestalten. Anwender<br />
versprechen sich zudem mehr<br />
Nachhaltigkeit, indem sie Ressourcen einsparen,<br />
den Energieeinsatz optimieren oder<br />
die Koordination von Logistikabläufen verbessern.<br />
Es gibt ein praktisches Branchenbeispiel:<br />
Mit dem US-Stahlerzeuger Big River<br />
Steel hat der Anlagenbauer SMS group<br />
einen Partner gefunden, mit dem er die<br />
erste „Learning Steel Plant“ umgesetzt hat,<br />
so Bernhard Steenken von SMS digital im<br />
Interview (Seite 24-26). Es sei gelungen, ein<br />
komplexes Stahlwerk „so zu digitalisieren<br />
und erfolgreich künstliche Intelligenz anzuwenden“,<br />
dass eine stabile wie ressourcenschonende<br />
Produktion erreicht wird.<br />
Um in der Fläche nun das Vertrauen in<br />
KI-Systeme und die mit ihnen verbundenen<br />
Prozesse und Entscheidungen zu stärken,<br />
stellt die Zertifizierung der Technologie<br />
eine mögliche Schlüsselvoraussetzung dar.<br />
Welchen Nutzen sie verspricht und welche<br />
Anforderungen sich mit Blick auf technische<br />
Umsetzung, Gemeinwohl und Erhalt<br />
der Innovationskraft stellen, hat ein interdisziplinäres<br />
Autorenteam der Plattform<br />
„Lernende Systeme“ (PLS) in einem Impulspapier<br />
festgehalten.<br />
Zertifizierung steht noch aus<br />
Vorerst seien auf dem Weg zu einer Zertifizierung<br />
zahlreiche Fragen zu klären,<br />
heißt es in dem Papier. „Zum Beispiel muss<br />
beantwortet werden, wie Lernende Systeme<br />
verlässlich verifiziert werden können, oder<br />
wie ein Weiterlernen im Betrieb – etwa<br />
durch strukturierte Updates – sichergestellt<br />
werden kann“, sagt Prof. Dr. Stefan<br />
Wrobel, unter anderem Leiter des Fraunhofer-Instituts<br />
für Intelligente Analyse und<br />
Informationssysteme (IAIS) und Co-Autor<br />
des Entwurfs. Eine weitere Herausforderung<br />
sei ihm zufolge, dass KI-Anwendungen<br />
oft hybride Systeme seien. Das heißt,<br />
sie beruhen auf einer Kombination von<br />
unterschiedlichen KI-Technologien. „Im<br />
Bereich der Sprachtechnologie werden beispielsweise<br />
häufig maschinelle Lernverfahren<br />
mit modellhaftem Wissen kombiniert.<br />
Auch solche komplexen Systeme<br />
muss eine Zertifizierung abdecken“, so<br />
Stefan Wrobel. Entscheidend für eine sinnvolle<br />
und nutzbringende Zertifizierung von<br />
KI-Systemen sei es, das richtige Maß zu<br />
finden. „Die Aufgabe besteht darin, ein allgemeines<br />
Prüfsystem zu entwickeln, um<br />
eine Zertifizierung hochgradig verschiedener<br />
KI-Systeme für unterschiedliche Einsatzgebiete<br />
vergleichbar zu gestalten“, so<br />
Wrobel. Dabei gelte es, bereits etablierte<br />
Normen und Standards zu berücksichtigen<br />
und vorhandene Lücken zu schließen.<br />
Neben den technischen Charakteristika<br />
beleuchtet das Impulspapier auch juristische<br />
und ethische Aspekte. Jessica Heesen,<br />
Leiterin der Arbeitsgruppe IT-Sicherheit,<br />
Privacy, Recht und Ethik der PLS ist der<br />
Weitere Informationen<br />
In dem Impulspapier „Zertifizierung von<br />
KI-Systemen“ beleuchtet die Plattform<br />
„Lernende Systeme“ (PLS) Potenziale<br />
und Herausforderungen, die eine<br />
Zertifizierung von KI-Systemen birgt<br />
und gibt einen Überblick über bestehende<br />
Projekte in Deutschland. Der<br />
vollumfängliche Entwurf steht Ihnen<br />
kostenlos via QR-Code zum Download<br />
bereit und auf der Website www.<br />
plattform-lernende-systeme.de zur<br />
Verfügung.<br />
Meinung, eine Zertifizierung könne für<br />
eine Vielzahl von KI-Systemen dazu beitragen,<br />
ihr gesellschaftliches Nutzenpotenzial<br />
gemeinwohlorientiert auszuschöpfen.<br />
„Damit dies im Einklang mit gesellschaftlich<br />
anerkannten Werten geschieht, muss<br />
eine Form von Zertifizierung gefunden<br />
werden, die von wichtigen ethischen Prinzipien<br />
geleitet wird“, so Heesen. Gleichzeitig<br />
müsse sie ihr zufolge aber auch ökonomische<br />
Prinzipien erfüllen, Überregulierung<br />
vermeiden und Innovation fördern.<br />
„Im besten Fall kann eine Zertifizierung<br />
selbst zum Auslöser neuer Entwicklungen<br />
für einen europäischen Weg in der KI-Anwendung<br />
werden“, ergänzt die Co-Autorin.<br />
Kluft zwischen Forschung und<br />
Praxis<br />
Während Forschungseinrichtungen die<br />
Vorarbeit hinsichtlich einer raschen Implementierung<br />
dieser Hochtechnologien betreiben,<br />
müssen sich die Anwenderbetriebe<br />
selbst oftmals der harten Realität stellen.<br />
Denn kleinen wie auch vielen großen Unternehmen<br />
fällt der Weg zur Industrie 4.0<br />
nicht leicht, der Einsatz von künstlicher<br />
Intelligenz unterliegt vielen Beschränkungen.<br />
Zum einen wird aktuellen KI-Technologien<br />
zu wenig direkter Bezug zu den<br />
praktischen Problemstellungen in der Industrie<br />
zugeschrieben. Zum anderen fehlt<br />
für Tests der Zugang zu nutzbaren industriellen<br />
Infrastrukturen und realen Produktionsanlagen.<br />
Tata Steel jedoch ist im vergangenen<br />
Jahr schon selbst aktiv geworden<br />
und gemeinsam mit dem Spezialanbieter<br />
BrainCreators der Frage nachgegangen, wie<br />
sich spezielle KI-Techniken aus der akademischen<br />
Welt in die Praxis übertragen lassen<br />
(siehe <strong>stahl</strong> und <strong>eisen</strong> 9/19). Das konkrete<br />
Ziel: einen neuen Ansatz für die Qualitätskontrolle<br />
in der Stahlproduktion zu<br />
finden. Zum Thema Qualitätssicherung hat<br />
auch Quinlogic einen Weg erarbeitet, wie<br />
sich durch die regelbasierte automatische<br />
Bewertung und Freigabe von Coils bislang<br />
ungenutzte Potenziale heben lassen (siehe<br />
Seite 39-43).<br />
Um die Kluft zwischen Forschung und<br />
Praxis in der Breite zu überbrücken, will<br />
ein neues KI-Reallabor in Lemgo nun eine<br />
Lösung gefunden haben. Initiiert hat das<br />
Projekt der Institutsteil Industrielle Automation<br />
von Fraunhofer (IOSB-INA), der damit<br />
einen offenen und gleichzeitig geschützten<br />
Kollaborationsraum für Mensch<br />
und Technik schaffen wollte. „Mit möglichst<br />
wenig Regulierungen möchten wir<br />
Innovationsprozesse zulassen, um Potenziale<br />
und Auswirkungen von KI in enger<br />
Kooperation zwischen Wissenschaft und<br />
Industrie in realer Industrieumgebung zu<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 17
TITELTHEMA: DIGITALISIERUNG<br />
Industrie 4.0<br />
erforschen“, erläutert Dr. Jürgen Jasperneiter,<br />
Leiter des Fraunhofer IOSB-INA die Zielsetzung.<br />
So will das Labor etwa ein Industrie-4.0-kornformes<br />
Datenportal entwickeln,<br />
das Daten aus unterschiedlichen<br />
Quellen „semantisch interoperabel“ zusammenfügt.<br />
Eine Erklärung für den Begriff<br />
liefert etwa das Institut für Automatisierungstechnik<br />
und Softwaresysteme der<br />
Universität Stuttgart. Demnach handelt es<br />
sich dabei um die Fähigkeit von zwei oder<br />
mehr Geräten – einschließlich Software –<br />
Information auszutauschen und diese auch<br />
direkt sinnvoll zu interpretieren und maschinenlesbar<br />
anzubieten.<br />
Industrie im Wandel der Zeit<br />
Von 1.0 zu 4.0: Welche Entwicklungen und Fortschritte gehen unserer<br />
heutigen, hochtechnologischen Industrie voraus?<br />
Industrie 1.0<br />
Industrie 2.0<br />
„Lebenslauf auf Knopfdruck“<br />
Zurück in die Praxis, ein Fallbeispiel: Der<br />
mittlerweile 500-jährige Mittelständler Düker<br />
aus Franken, Betreiber einer Eisengießerei,<br />
will der aufwändigen Erfassung von<br />
Qualitätsdaten über Papier und Excel ein<br />
Ende bereiten. Die Rückverfolgung der Qualität<br />
soll künftig digital „auf Knopfdruck“<br />
erfolgen. „Bisher haben wir relevante Produktinformation<br />
zur Charge, Eisenqualität<br />
oder Prüfzeugnisse an jeder Stelle der Wertschöpfungskette<br />
in vielfacher Form festgehalten“,<br />
berichtet Christian Kern, IT-Chef<br />
und Leiter des Digitalisierungsprojektes bei<br />
Düker. Ihm zufolge werde gerade in der<br />
Produktion noch viel handschriftlich erfasst.<br />
Wenn dann ein Produkt zurückverfolgt<br />
werden soll, um Prüfzeugnisse vorzulegen,<br />
koste dies viel Zeit, um die Informationen<br />
aus dem ERP-System, Excel-Listen<br />
und handschriftlichen Aufzeichnungen zu<br />
einem Dokument zu verbinden. „Wir brauchen<br />
für jedes Produkt einen Lebenslauf auf<br />
Knopfdruck“, betont Kern.<br />
Herausforderungen wie diese versucht<br />
das Kompetenzzentrum „eStandards“ zu<br />
lösen. Die Einrichtung ist Teil des Konzepts<br />
Mittelstand 4.0 des Bundeswirtschaftsministeriums,<br />
das damit die Digitalisierung<br />
in kleinen und mittleren Unternehmen<br />
sowie dem Handwerk unterstützen will.<br />
Nach eigenen Angaben stehen mittlerweile<br />
26 dieser Zentren bundesweit unterschiedlichen<br />
Betrieben zur Seite. So auch der Eisengießerei<br />
Düker. In einer Pressemitteilung<br />
beschreibt das Unternehmen, wie<br />
seine Produktionsanlagen in diesem Rahmen<br />
digital vernetzt und Daten aus mehreren<br />
Quellen eindeutig verknüpft wurden.<br />
Ein wichtiger Erfolgsfaktor bei dem Projekt<br />
sei es gewesen, standardisierte Nummernsysteme<br />
und Kennzeichnungsstandards<br />
einzuführen. Beispielsweise sei im zentralen<br />
Produktionsbereich der Gießerei nun<br />
ein System installiert, mit dem Düker automatisiert<br />
Produktions- und Werkstoffdaten<br />
erfassen und verknüpfen kann.<br />
Industrie 3.0<br />
1784<br />
Mechanisierung mittels<br />
Wasser- und Dampfkraft<br />
1969<br />
Erster Einsatz von<br />
Elektronik und IT zur<br />
Automatisierung der<br />
Produktion<br />
Katalysatoreffekt durch „Corona“<br />
1870<br />
Massenfertigung mithilfe<br />
von Fließbändern und<br />
elektrischer Energie<br />
Heute<br />
Digitalisierte Produktion<br />
dank weltweiter<br />
Vernetzung<br />
Industrie 4.0<br />
Während der Corona-Pandemie wird das<br />
gesellschaftliche Bewusstsein um die Bedeutung<br />
digitaler Transformation in vielen<br />
Sektoren der deutschen Wirtschaft<br />
geschärft. Zu diesem Fazit kommt eine<br />
aktuelle Studie von eco, dem Verband der<br />
Internetwirtschaft. Darin heißt es, dass<br />
die Krise mittelfristig einen „Katalysatoreffekt<br />
auf den Ausbau digitaler Infrastrukturen<br />
und das Implementieren digitaler<br />
Geschäftsmodelle“ haben wird. Und<br />
auch die Plattform Industrie 4.0 empfindet<br />
die derzeit einschneidenden Herausforderungen<br />
als Treiber hin zur digitalen<br />
Transformation. „Obwohl wir uns noch in<br />
der Krise befinden, zeichnet sich bereits<br />
heute ab, dass die Pandemie wie ein Katalysator<br />
existierende Trends verstärkt und<br />
damit unseren wirtschaftlichen Alltag<br />
grundlegend verändern wird“, heißt es in<br />
einem kürzlich veröffentlichten Thesenpapier.<br />
Mit letzterem will das Netzwerk<br />
den Unternehmen sowohl Impuls als auch<br />
Inspiration geben, sich aus strategischer<br />
Perspektive mit den Konsequenzen der<br />
Pandemie im Kontext von Industrie 4.0<br />
auseinanderzusetzen. Stefan Borgas, CEO<br />
von RHI Magnesita, kann aus Sicht seines<br />
Unternehmens den Katalysatoreffekt bestätigen.<br />
Die Corona-Krise habe „einen<br />
enormen Schub im Bereich der Digitalisierung<br />
ausgelöst“ und Vorhaben, für deren<br />
Verzögerung sich immer wieder Gründe<br />
fanden, konnten durch die veränderten<br />
Herausforderungen „jetzt problemlos umgesetzt<br />
werden“.<br />
Quelle: Shutterstock Shutterstock/eigene Darstellung<br />
18 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
TITELTHEMA: INDUSTRIE 4.0<br />
Literatur<br />
Wolfgang P. Riegelmayr:<br />
Industrie 4.0 – Vernetzungen<br />
für die digitale Fabrik<br />
Cokemaking Services<br />
Was ist die Digitale Fabrik? Für Wolfgang P.<br />
Riegelmayer ist sie der Oberbegriff für ein<br />
umfassendes Netzwerk von digitalen Modellen,<br />
Methoden und Werkzeugen, die durch<br />
ein durchgängiges Datenmanagement integriert<br />
werden. In seinem aktuellen Handbuch<br />
„Industrie 4.0 – Vernetzungen für die<br />
digitale Fabrik“ schafft der Autor einen Anwendungsratgeber<br />
für die komplexen kommunikationstechnischen<br />
Mechanismen und<br />
Abläufe, die sich in digitalen Produktionsmitteln<br />
verbergen. Konkret unternimmt er dabei den Versuch, die<br />
zwei infrage kommenden Digitalmedien „kabelbehaftet“ und<br />
„kabellos“ für die Praxis darzustellen und an Merkmalen für Informationstechnik<br />
und Automation in der digitalen Fabrik zu erläutern.<br />
Das Fachbuch eignet sich somit als einführendes Lehrbuch<br />
zur schematischen Visualisierung sowie auch als Nachschlagewerk<br />
unter anderem für Entscheider, Hersteller, Management, Entwicklungsingenieure<br />
oder Automatisierungstechniker.<br />
Carl Hanser Verlag, deutsch, 326 Seiten<br />
149,99 Euro (D) · 154,20 Euro (A)<br />
Robert Weber und Peter Seeberg:<br />
KI in der Industrie –<br />
Grundlagen, Anwendungen,<br />
Perspektiven<br />
Die Anwendung künstlicher Intelligenz (KI)<br />
gilt weithin als wesentlicher Innovationstreiber.<br />
Unter anderem in der Industrie hat<br />
die Hochtechnologie längst Einzug gehalten;<br />
das haben auch der Fachjournalist Robert<br />
Weber und Technikberater Peter Seeberg<br />
erkannt. In ihrem gemeinsamen Buch<br />
„KI in der Industrie – Grundlagen, Anwendungen,<br />
Perspektiven“ fassen die Autoren<br />
Gespräche mit Experten zusammen und<br />
geben diverse Fachbeiträge wieder mit dem<br />
Ziel, das Konzept KI zu entmystifizieren. In<br />
kompakter Ausführung erhält der Leser statt mathematischer Analysen<br />
und komplexer Statistik eine erste Hilfestellung insbesondere<br />
hinsichtlich operativer Entscheidungen in mittelständischen<br />
Maschinenbauunternehmen. Das Werk liefert somit wertvolle<br />
Antworten auf die drängenden Fragen, denen derzeit Business<br />
Developer, Produktionsleiter und Automatisierungsingenieure<br />
gegenüberstehen: Was kann KI aktuell leisten? Und was bietet die<br />
Technologie für mich und meine Branche an Potenzialen?<br />
Coal blend optimization<br />
We are indeed proud to look back upon more<br />
than sixty years of research and development<br />
in the field of cokemaking.<br />
DMT providing state-of-the-art investigation<br />
methods for stamp and top charging<br />
supported by<br />
Pilot-scale testing in a 10kg-retort<br />
Semi-industrial movable coke oven<br />
60-year experience of coal blending<br />
Generation of coal blends with coals from<br />
different origin to perform reference tests<br />
Coal & Coke quality<br />
DMT use international standards to determine<br />
coal properties and coke qualities<br />
DMT assists coal merchants and assess their<br />
product for the marketing<br />
DMT supports coke plants in their continuous<br />
quality control of the used coal and the<br />
produced coke<br />
www.dmt-group.com<br />
Earth. Insight. Values.<br />
Carl Hanser Verlag, deutsch, 121 Seiten<br />
39,99 Euro (D) · 41,20 Euro (A)<br />
http://www.dmt-group.com/en/services/consulting/coke-making-services.html
TITELTHEMA: DIGITALISIERUNG<br />
Interview<br />
Alle Daten eines<br />
Werks sind von überall<br />
aus jederzeit abrufbar,<br />
kabellos.<br />
„Aus Daten wird Mehrwert<br />
generiert“<br />
Mit den Ersparnissen der ersten Digitalisierungsprojekte lassen sich weitere Maßnahmen<br />
finanzieren<br />
GESPRÄCHSPARTNER: Bernhard<br />
Steenken, Geschäftsführer, SMS digital<br />
DARUM GEHT’S: Um alle Themen im<br />
(metallurgischen) Anlagenbau schnell<br />
und effizient bearbeiten zu können, verfügt<br />
die SMS group über verschiedene<br />
Tochterunternehmen. Eines davon ist<br />
die SMS digital GmbH, die u.a. mit dem<br />
„lernenden Stahlwerk“ die Prozesse im<br />
Stahlwerk optimiert. Im Interview berichtet<br />
Geschäftsführer Bernhard Steenken,<br />
welche Aspekte hinsichtlich der Digitalisierung<br />
aktuell auf dem Radar sind.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Einem Bonmot zufolge helfen<br />
Computer bei der Lösung von Problemen, die<br />
man ohne sie nicht hätte. Warum sollten Stahlerzeuger<br />
auf dem Digitalisierungspfad bleiben?<br />
Steenken: Heute wird es immer wichtiger,<br />
nicht nur effizient, sondern auch ressourcenschonend<br />
und nachhaltig zu produzieren.<br />
Es steigt die Nachfrage nach digitalen<br />
Produkten, die auch die Themen<br />
künstliche Intelligenz und maschinelles<br />
Bernhard Steenken<br />
„KI-gestützte<br />
Lösungen tragen<br />
dazu bei, das volle<br />
Potenzial einer<br />
Anlage und eines<br />
Prozesses<br />
auszuschöpfen“<br />
Lernen ansprechen. Um den Herausforderungen<br />
der Digitalisierung und Industrie<br />
4.0 gerecht zu werden, benötigen Unternehmen<br />
Lösungen, die große Datenmengen<br />
verarbeiten und analysieren, um<br />
wichtige Zusammenhänge zu erkennen.<br />
High-End-Technologie und KI-gestützte<br />
Lösungen tragen dazu bei, das volle Potenzial<br />
einer Anlage und eines Prozesses<br />
auszuschöpfen und eine vollständige Anlagenkonnektivität<br />
und -nutzung zu erreichen<br />
– in einem Ausmaß, das menschliche<br />
Kapazitäten übersteigt. Mit Super<br />
Computing und Cloud Computing kann<br />
die Rechenkapazität drastisch erhöht und<br />
so immer komplexere Herausforderungen<br />
wie die ganzheitliche Produktionsoptimierung<br />
erreicht werden. Die Technik<br />
wird immer schneller und immer besser<br />
und wird so nachhaltig die Industrie verändern.<br />
Alle Daten eines Werks sind von<br />
überall aus jederzeit abrufbar, kabellos.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Wie definieren Sie „Industrie<br />
4.0“ aus Praxissicht?<br />
Quelle: SMS group<br />
24 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Steenken: Digitalisierung kann man<br />
nicht kaufen, man muss sie sich erarbeiten.<br />
Jedes Werk, jeder Prozess ist anders.<br />
Eine Lösung ist nicht direkt von einem<br />
auf das nächste Unternehmen übertragbar,<br />
es bedarf somit individuell angepasste<br />
Lösungen. Es ist möglich, klein anzufangen<br />
und die Ersparnisse der ersten<br />
Projekte zu nutzen, um weitere Projekte<br />
zu realisieren. Die vielen Herausforderungen<br />
der digitalen Transformation können<br />
durch die Hauptvorteile der Industrie 4.0,<br />
wie Echtzeitfähigkeit, Interoperabilität<br />
und die horizontale und vertikale Integration<br />
von Produktionssystemen bewältigt<br />
werden. Industrie 4.0 bedeutet die Vernetzung<br />
der realen mit der virtuellen<br />
Welt, sprich, Fertigungsprozesse verschmelzen<br />
mit Informationstechnologie.<br />
Wir begleiten unsere Kunden auf dieser<br />
Reise und erarbeiten gemeinsam mit ihnen<br />
individuelle Lösungen.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Hoch performante Analysemethoden<br />
wie maschinelles Lernen oder künstliche<br />
Intelligenz bieten neue Potenziale, um Daten in<br />
Wert zu überführen. Wo liegen die Herausforderungen?<br />
Steenken: Daten sind oftmals lokal und in<br />
einer nicht zugänglichen Form gespeichert.<br />
Der große Mehrwert der Analysemethoden<br />
liegt in der Verarbeitung von großen Datenmengen.<br />
Um solch große Datenmengen<br />
performant auswerten zu können, ist eine<br />
Datenakquisitions- und Auswertestrategie<br />
unerlässlich. Wir setzen daher beispielsweise<br />
5G ein, um Maschinendaten hochfrequent<br />
zu erheben und in unserer Data Factory<br />
auszuwerten. Unser klarer Anspruch<br />
ist, wie sich der Prozess und die Produktqualität<br />
verhalten werden. Wir nutzen KI-<br />
Methoden, um Vorhersagen zu treffen und<br />
so den Produktionsprozess maximal zu optimieren.<br />
Zentral sind hierbei Veränderungen<br />
hin zu mehr Individualisierung, Flexibilität,<br />
Vernetzung, aber auch Transparenz<br />
und Schnelligkeit. Um den Herausforderungen<br />
der Digitalisierung und Industrie 4.0<br />
gerecht zu werden, benötigen Unternehmen<br />
also Lösungen, die große Datenmengen<br />
verarbeiten und in Echtzeit analysieren,<br />
um neue Zusammenhänge zu erkennen.<br />
Aus Daten wird dann Mehrwert<br />
generiert, denn im Zeitalter der Digitalisierung<br />
und Industrie 4.0 gilt es, maximale<br />
Leistung aus Anlagen und Prozessen herauszuholen.<br />
Industrie 4.0 bedeutet die Vernetzung der realen mit der virtuellen Welt.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Wie wirken sich diese Optimierungen<br />
und Erkenntnisse finanziell aus?<br />
Steenken: Unser Ansatz ist es, Prozessexpertise<br />
mit digitaler Expertise bzw. physikalische,<br />
empirische, heuristische und KIbasierte<br />
Modelle zu vereinen, um so signifikante<br />
Einsparungen zu erzielen.<br />
High-End-Technologie und KI-gestützte Lösungen<br />
tragen dazu bei, das volle Potenzial<br />
einer Anlage auszuschöpfen und eine maximale<br />
Anlagenkonnektivität und -verfügbarkeit<br />
zu erreichen. Mit einer digitalen<br />
Transformation kann die EBITDA-Marge<br />
um bis zu 6-8 % verbessert werden.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Allgemein stehen alle Marktteilnehmer<br />
unter einem steigenden Kostendruck.<br />
Was sind die zentralen Fragen?<br />
Steenken: Die Schlüsselfaktoren einer<br />
wettbewerbsfähigen Produktion werden<br />
Hintergrund: SMS digital<br />
Mit 10 Digitalisierungsexperten und<br />
Mitarbeitern aus der SMS group<br />
hat SMS digital als gruppeninternes<br />
„Start-up“ im Jahr 2016 losgelegt.<br />
Die damalige Vorgabe hat bis heute<br />
Bestand: als unabhängige Einheit<br />
flexibel das Thema der Digitalisierung<br />
sowie die neuesten Technologien und<br />
agile Arbeitsw<strong>eisen</strong> zu erarbeiten. Das<br />
Expertenwissen in der Digitalisierung<br />
kommt dabei sowohl dem metallurgischen<br />
Anlagenbau als Unternehmen<br />
außerhalb der Schwerindustrie zugute.<br />
Mit der Zeit hat sich das Unternehmen<br />
als globale Geschäftseinheit mit über<br />
300 Mitarbeitern etabliert.<br />
zunehmend wichtiger: maximale Anlagenverfügbarkeit,<br />
niedrige spezifische<br />
Energieverbräuche pro Tonne, minimierte<br />
Abwerte- und Ausschussraten sowie<br />
eine kontinuierlich kostenoptimierte Produktionsplanung<br />
zur vollständigen und<br />
termintreuen Lieferung. Neue digitale Lösungen<br />
liefern dazu die entscheidenden<br />
Werthebel. Unbeantwortet bleibt bisher<br />
für viele Kunden jedoch die Frage nach<br />
dem „Wie“. Welche Anwendungsfälle digitaler<br />
Lösungen liefern signifikante Kostenvorteile<br />
in der Produktion? Wie werden<br />
aus einer Vielzahl von möglichen<br />
Ideen und Maßnahmen die entscheidenden<br />
mit einem schnellen „Return on Invest“<br />
priorisiert und wie werden sie erfolgsgerichtet<br />
und zeitnah umgesetzt?<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Das Hamburger Wochenblatt<br />
„Der Spiegel“ warnt seit 1964 regelmäßig davor,<br />
dass Automation bzw. Digitalisierung arbeitslos<br />
mache. Wie sieht die Realität aus?<br />
Steenken: Der Faktor Mensch wird auch<br />
in Zukunft weiterhin eine entscheidende<br />
Rolle spielen, jedoch wird diese Rolle anders<br />
aussehen als heute. Produktionsmitarbeiter<br />
von Morgen müssen für komplexe<br />
Entscheidungen höher qualifiziert<br />
sein. Sie müssen über Fähigkeiten verfügen,<br />
die kein Computer oder Roboter erlernen<br />
kann. Sie müssen hochautomatisierte<br />
Anlagen bedienen und mit digitalen<br />
Softwareprodukte arbeiten. In vielen<br />
Technologiebereichen ist bereits von ei-<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 25
TITELTHEMA: DIGITALISIERUNG<br />
Interview<br />
nem Fachkräftemangel die Rede. In dieser<br />
Hinsicht werden die Arbeitskräfte laut<br />
der konsequenten Weiterbildung über<br />
eine starke Selbstorganisation und Multi-<br />
Tasking-Fähigkeiten verfügen müssen.<br />
Auch werden viele unterschiedliche Profile<br />
gefragt sein, vor allem in Richtung<br />
Softwareentwicklung. So wird es auf dem<br />
Arbeitsmarkt zunehmend wichtiger, sich<br />
durch eine offene und innovative Unternehmenskultur,<br />
beispielsweise durch das<br />
Angebot flexibler Arbeitszeit- und Vergütungsmodelle,<br />
als attraktiver Arbeitgeber<br />
zu positionieren.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Aus Arbeitnehmersicht sieht es<br />
also gut aus. Und aus Unternehmenssicht?<br />
Steenken: Eine flexible Produktion ist<br />
mit einer flexiblen Arbeit und infolgedessen<br />
mit erheblichen Auswirkungen auf<br />
Arbeitsaufgaben und Arbeitsorganisation<br />
in der nahen Zukunft verbunden. Unternehmen<br />
in der Fertigungsindustrie müssen<br />
über alternative Arbeitskräfte wie Roboter<br />
und Drohnen nachdenken, um ihre<br />
Produktionsziele so gut wie möglich zu<br />
erreichen. In den letzten Jahrzehnten haben<br />
Automatisierung und Robotik für die<br />
Stahlindustrie mehr Bedeutung erlangt,<br />
um höhere Qualität, schnellere Lieferzeiten<br />
und Kostensenkungen zu erreichen.<br />
Wenn die bestehenden Stahlerzeugungstechnologien<br />
teilweise durch Automatisierung<br />
und Robotik verbessert werden,<br />
kann die Qualität der Stahlprodukte verbessert<br />
werden. Im Zuge von Industrie 4.0<br />
verändert sich auch die Unternehmenskultur<br />
und stellt ganz andere Anforderungen<br />
an die Unternehmen als noch vor<br />
wenigen Jahren. Die heutige Unternehmenskultur<br />
ist geprägt von agilen Projekt-<br />
und Entscheidungsstrukturen, flachen<br />
Hierarchien und synergetischem<br />
und lösungsorientiertem Arbeiten.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Was verändert sich durch die<br />
neuen Möglichkeiten der Digitalisierung?<br />
Steenken: Das lässt sich mit einem Praxisbeispiel<br />
aus unserem Portfolio recht<br />
Weiterlesen<br />
In seiner Originalfassung ist das Interview<br />
mit Bernhard Steenken deutlich<br />
umfangreicher. Im Rahmen der Titelstrecke<br />
haben wir das Augenmerk vor<br />
allem auf allgemeine Marktthemen<br />
gelegt, auf <strong>stahl</strong><strong>eisen</strong>.de finden Sie<br />
weitere Fragen, die sich insbesondere<br />
mit der Struktur und Geschichte sowie<br />
den Erfolgen von SMS digital beschäftigen.<br />
gut verdeutlichen. Mit dem US-Stahlerzeuger<br />
Big River Steel haben wir einen<br />
Partner gefunden, mit dem wir die erste<br />
Learning Steel Plant umgesetzt haben. Es<br />
ist uns gelungen, ein komplexes Stahlwerk<br />
so zu digitalisieren und erfolgreich<br />
künstliche Intelligenz anzuwenden, dass<br />
eine stabile und ressourcenschonende<br />
Produktion erreicht wird. Big River Steel<br />
wurde bereits 2017 mit dem LEED-Zertifikat<br />
für nachhaltige und umweltschonende<br />
Stahlproduktion ausgezeichnet. Gemeinsam<br />
arbeiten wir weiter daran, das<br />
Werk immer weiter mit digitalen Lösungen,<br />
die auf künstlicher Intelligenz und<br />
maschinellem Lernen basieren, zu befähigen,<br />
sich selbst zu optimieren.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Können Sie in aller Kürze präzisieren,<br />
wie das „lernende Stahlwerk“ in der<br />
Praxis aussieht?<br />
Steenken: Es ist die Vision einer ganzheitlich<br />
vernetzten Produktionsstätte, die<br />
auf der Basis intelligenter Algorithmen<br />
hochkomplexe Szenarien vorhersagt, Entscheidungen<br />
aus realen Ereignissen ableitet<br />
und sich dank des Einsatzes künstlicher<br />
Intelligenz ständig selbst optimiert<br />
und überwacht. Die Anlage wandelt Daten<br />
in Informationen und Informationen<br />
in Mehrwert um. Sie nutzt die Vorteile innovativer<br />
Technologien - zum Beispiel 5G,<br />
maschinelles Lernen oder Plattformlösungen<br />
- effizient zur Steigerung der Produktivität<br />
und Benutzerfreundlichkeit - all<br />
dies mit deutlich positiven Auswirkungen<br />
auf die Nachhaltigkeit und Kosteneffizienz<br />
der Produktion. Das lernende Stahlwerk<br />
lernt aus den Daten der Vergangenheit,<br />
um so dem Kunden zu ermöglichen,<br />
nicht den aktuellen Zustand des Prozesses<br />
oder der Anlage zu beschreiben, sondern<br />
den Zustand vorauszusagen und selbstständig<br />
zu reagieren.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Wirkt diese Prognosefähigkeit<br />
auf weitere Bereiche eines Unternehmens ein?<br />
Steenken: Der Vorhersage der Anlageverfügbarkeit<br />
und die Prozessstabilität bilden<br />
die Grundlage für alle nachfolgenden<br />
Prozesse, zum Beispiel die autonome Freigabe<br />
von Produkten bestmöglicher Qualität.<br />
Der vorhersagbare Anlagenzustand<br />
wird durch eine vorausschauende Instandhaltung<br />
erreicht, die eine vorausschauende<br />
Produktionsplanung ermöglicht<br />
und spontan auf Prozessabweichungen<br />
reagieren kann. Dadurch können<br />
Produktionsrouten und Prozessparameter<br />
kurzfristig angepasst werden. Neue Wege<br />
des Handelns werden etabliert: Nicht<br />
mehr steuert in Zukunft ausschließlich<br />
der Vertrieb den Produktionsprozess, sondern<br />
die Produktion steuert den Vertrieb<br />
durch Vorhersage von freien Produktionsslots:<br />
Die Marktnachfrage wird vorhergesagt<br />
und offene Produktionsslots werden<br />
prognostiziert und dem Vertrieb zur Verfügung<br />
gestellt. Entsprechende Produktionsmengen<br />
und Liefertermine, an denen<br />
sich der Vertrieb orientiert, werden festgelegt.<br />
Wir helfen unseren Kunden dabei,<br />
diese Verwandlung zu vollziehen und optimierte<br />
Ziele zu erreichen.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Durch das Corona-Virus hat<br />
die Digitalisierung in vielen Unternehmen einen<br />
Schub bekommen. Welchen Einfluss hat die<br />
Pandemie auf Ihr Tagesgeschäft?<br />
Steenken: Die Digitalisierung bietet hervorragende<br />
Möglichkeiten, um auch in<br />
Zeiten globaler Pandemien mit unseren<br />
Kunden und Baustellen remote in Kontakt<br />
zu bleiben. Mithilfe von Augmented<br />
und Virtual Reality können wir uns remote<br />
in das Werk der Kunden begeben, ohne<br />
selber vor Ort zu sein. SMS group hat Inbetriebnahmen<br />
bereits völlig remote per<br />
Augmented-Reality-Brille und Experten<br />
Remote Support durchgeführt. Unser Vorteil<br />
ist, dass wir für die Ausführung unseres<br />
Geschäfts örtlich nicht gebunden<br />
sind. Die Lösungen lassen sich oftmals remote<br />
implementieren und warten, sodass<br />
kein vor-Ort-Kontakt notwendig wird.<br />
Auch was unseren eigenen Arbeitsplatz<br />
betrifft, sehen wir, dass das virtuelle Büro<br />
einwandfrei funktioniert. Wir sehen uns<br />
als ein von Grund auf digitales Unternehmen.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Zum Schluss eine Ausblicksfrage.<br />
Wo geht die Reise hin?<br />
Steenken: Industrie 4.0 muss eine Antwort<br />
auf eine sehr einfache Frage geben:<br />
Wie kann die Digitalisierung Unternehmen<br />
helfen, die Effizienz und Rentabilität<br />
der gesamten Wertschöpfungskette zu<br />
maximieren? Angesichts des wirtschaftlichen<br />
Wettbewerbs werden nur nachhaltige<br />
und wertstiftende digitale Lösungen<br />
überleben. Egal ob Greenfield oder<br />
Brownfield – jede Anlage ist dazu geeignet,<br />
in das digitale Zeitalter überführt zu<br />
werden. Wir wollen Anlagen mit unseren<br />
Lösungen dazu befähigen, beliebig komplexe<br />
Entscheidungen basierend auf Daten<br />
autonom zu treffen und so auf spontane<br />
Veränderungen reagieren zu können.<br />
Das ist unsere Vision eines maximal<br />
profitablen lernenden Stahlwerks.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Vielen Dank für den Dialog.<br />
torsten.passmann@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />
26 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
TITELTHEMA: INDUSTRIE 4.0<br />
Supply-Chain-Management<br />
Auf dem Weg zur intelligenten<br />
Supply-Chain<br />
Kölner Start-up entwickelt Softwarelösung für mehr Sicherheit und Transparenz in den<br />
Lieferketten der Stahlbranche<br />
AUTOR: Niklas Reiprich,<br />
niklas.reiprich@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de<br />
DARUM GEHT‘S: Viele Stahlhersteller<br />
eint das gleiche Problem: Die fehlende<br />
Transparenz über die eigene Lieferkette.<br />
Ein junges Start-up aus Köln will nun<br />
eine Lösung gefunden haben – und künftig<br />
die komplexen Prozesse der Stahlindustrie<br />
optimieren.<br />
Die Stahlbranche steht vor einer Reihe<br />
von Herausforderungen. US-Zölle,<br />
Klimaschutzziele und nicht zuletzt<br />
die aktuelle Corona-Krise verschärfen<br />
die strukturellen Probleme der Industrie<br />
und erhöhen den Druck auf die Stahlhersteller.<br />
„Umso wichtiger wird es, neue<br />
Markt- und Optimierungspotenziale zu erkennen<br />
und gezielt auf die Nachfrage am<br />
Markt auszurichten und Lagerbestände zu<br />
optimieren“, prognostiziert etwa Dr. Hossein<br />
Askari, CEO des Unternehmens ETIV-<br />
System (Electronic Trusted Information<br />
and Verification). Das in diesem Jahr gegründete<br />
Start-up will mit seiner IT-Lösung<br />
für eine verbesserte Grundlage datengestützter<br />
Entscheidungen für Führungskräfte<br />
und das Supply-Chain-Management in<br />
der Stahlindustrie sorgen – und so die Krisenfestigkeit<br />
von Unternehmen stärken.<br />
Nachverfolgbarkeit gewährleistet<br />
Doch wie funktioniert das Ganze? ETIV-System<br />
zielt darauf ab, Messpunkte in der Supply-Chain<br />
von der Herstellung bis zur Endverarbeitung<br />
anzulegen. Die Basis ist eine<br />
online-Weitergabe von Zertifikaten über<br />
ein eigenes, elektronisches Zertifizierungsverfahren.<br />
Dafür werden originale Prüfbescheinigungen<br />
über auf einer webbasierten<br />
Plattform hinterlegt und automatisiert<br />
ausgelesen. Jedes dieser digitalen Zertifikate<br />
enthält Produktinformationen, die als<br />
eine Art „virtueller Sensor“ entlang der<br />
Supply-Chain platziert werden und daraufhin<br />
in Echtzeit Daten aus dem eigenen<br />
Markt liefern. Das System gibt somit an, ob<br />
sich das Produkt im Zuschnitt oder der<br />
Wärmebehandlung befindet sowie auch<br />
den Ort und die Branche der Endverarbeitung.<br />
„Mit diesen Informationen lassen<br />
Dr. Hossein Askari<br />
„Mit unserer<br />
Lösung können<br />
Hersteller ihre<br />
Produktion besser<br />
planen und ihre<br />
Kapitalbindung<br />
durch Lagerkosten<br />
signifikant<br />
reduzieren“<br />
sich beispielsweise aktuell nachgefragte<br />
Produkte und deren benötigten Eigenschaften<br />
erkennen. Dadurch können Hersteller<br />
ihre Produktion besser planen und ihre<br />
Kapitalbindung durch Lagerkosten signifikant<br />
reduzieren“, erklärt Askari. „Das<br />
System biete daher die große Chance, als<br />
strategisches Instrument die Krisenfestigkeit<br />
und Wettbewerbsposition von Unternehmen<br />
zu stärken.“<br />
Mit Fälschungssicherheit gegen<br />
Markenpiraterie<br />
Darüber hinaus will das Unternehmen mit<br />
seiner Software-Lösung einen Weg gefunden<br />
haben, der Produkt- und Markenpiraterie<br />
in der Stahlbranche entgegenzuwirken.<br />
Fälschungsdelikte sind in der Stahlbranche<br />
weit verbreitet, aufgrund ihrer<br />
hohen Margen sind insbesondere hochqualitative<br />
Produkte betroffen. Sind die Produkte<br />
jedoch nachverfolgbar, können etwaige<br />
Fälschungen lokalisiert und aufgedeckt<br />
werden. „Die Prüfbescheinigungen<br />
werden durch ETIV-System bei jeder Transaktion<br />
weitergereicht und mit aktuellen<br />
Daten versehen“, erläutert Askari das Verfahren.<br />
Bei jeder dieser Transaktionen werde<br />
das bis dahin bestehende, digitale Zertifikat<br />
ungültig und zwei neue für Verkäufer<br />
und Käufer würden erstellt. „So erhält der<br />
Käufer ein Zertifikat über die von ihm erworbene<br />
Menge und der Verkäufer eines<br />
über seinen eigenen Restbestand“, fügt Askari<br />
hinzu.<br />
Online-Shop zur effizienten<br />
Resteverwertung<br />
In Kombination zu dem digitalen Zertifizierungsverfahren<br />
hat ETIV-System einen Online-Shop<br />
entwickelt, in dem Stahlprodukte<br />
konfiguriert oder aus Beständen erworben<br />
werden können. Der Shop zeigt<br />
einerseits schnell verfügbare Produkte im<br />
Lager an sowie Stahlreste, die im Rahmen<br />
des Zuschnittes übrig geblieben sind. Gerade<br />
letztere lassen sich dem Unternehmen<br />
zufolge teils nur schwer veräußern, blockieren<br />
die Lager von Händlern und verursachen<br />
somit Lagerkosten.<br />
Aktuell bietet ETIV-System seine Lösungen<br />
primär für die Stahlbranche an. Im Interesse<br />
liegen insbesondere Lang- und Fachprodukte,<br />
Blank<strong>stahl</strong>, Werkzeug<strong>stahl</strong>, Rohre,<br />
Bleche und Platten sowie Drahte und<br />
Ketten. Dabei sind die Zielgruppen für die<br />
Lösung primär Hersteller und Händler. Jedoch<br />
richtet sich das Angebot auch an Verbraucher<br />
und Endverarbeiter von Industrieprodukten,<br />
damit diese – so die Entwickler<br />
- jederzeit eine Überprüfung über die Echtheit<br />
und die Beschaffenheit des erworbenen<br />
Produktes vornehmen können.<br />
Facts<br />
Name: ETIV-System GmbH<br />
Hauptsitz: Köln<br />
Gründungsjahr: <strong>2020</strong><br />
Spezialisierung: IT-Lösungen für die<br />
Stahlindustrie<br />
Mitarbeiter: 5<br />
Internet: www.etiv-system.de<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 27
POLITIK<br />
MÄRKTE<br />
Sentiment<br />
Kurzumfrage<br />
„Digitalisierungsschub“<br />
Die Branche hat dieses Jahr kurzfristig ihre Online-Aktivität in vielen Bereichen massiv<br />
ausbauen müssen. Drei Akteure skizzieren ihre Erfahrungen und wagen einen Ausblick.<br />
Dr. Gerhard Hackl, Geschäftsführer, ASMET<br />
Ein Ziel der Austrian Society of Metallurgy and Materials, sprich ASMET, ist es den technisch-wissenschaftlichen<br />
Wissensaustauch unter den Mitgliedsfirmen und persönlichen<br />
Mitgliedern durch Fachausschüsse und fachspezifische Konferenzen zu organisieren. Durch<br />
die Corona-bedingten Einschränkungen sind viele dieser persönlichen Treffen ausgefallen<br />
bzw. mussten in den Herbst verschoben werden. Die Tätigkeiten der ASMET waren sehr<br />
stark betroffen. Die ASMET selbst wurde zu 100% auf Homeoffice umgestellt. Um den internen<br />
Kontakt und zu den Mitgliedern aufrecht zu halten, wurden regelmäßige Video-Konferenzen<br />
abgehalten, da die Kommunikation über Telefonate und E-Mail nicht ausreichend war. Die<br />
Umstellung auf Online-Konferenzen ist weiter im Gange und der Einsatz moderner Kommunikationsmethoden<br />
wird sehr stark forciert. Um der ganzen COVID19-Pandemie einen positiven Aspekt<br />
abgewinnen zu können, sei erwähnt, dass die digitale Transformation einen ordentlichen Vorwärtsschub<br />
erfuhr und plötzlich Dinge möglich waren die vorher undenkbar gewesen wären.<br />
Stefan Borgas, CEO, RHI Magnesita<br />
Viele Unternehmen mussten sich jetzt digitalisieren und haben dabei gemerkt, dass<br />
dadurch zahlreiche Arbeitsabläufe besser funktionieren. Wir wollten etwa die<br />
Prozesse zur Lagerbestandserfassung bei unseren Kunden schon länger automatisieren.<br />
Vor Corona gab es immer wieder Gründe, die sich diesem Vorhaben entgegengestellt<br />
haben – jetzt konnte das problemlos umgesetzt werden. Die Krise hat also<br />
einen enormen Schub im Bereich der Digitalisierung ausgelöst. Das müssen wir als<br />
Stärke begreifen und weiter vorantreiben. Das umfasst interne Arbeitsprozesse wie<br />
die kollaborative Zusammenarbeit oder digitale Services, geht über die Automatisierung<br />
von ganzen Werken, bis hin zur Kreation künstlicher Intelligenzen. Ein konkretes<br />
Beispiel hierfür sind unsere 4.0-Initiativen: Wir entwickeln digitale Servicelösungen,<br />
die mittels künstlicher Intelligenz die Werkstoffeigenschaften unserer Feuerfestprodukte<br />
bei Temperaturen weit über 1 200°C exakt prognostizieren können und Einsparungen<br />
im sechs- bis siebenstelligen Bereich ermöglichen. Um diese neuen Technologien und Systeme optimal nutzen zu<br />
können, braucht es völlig neuartige Berufsbilder. Als Beispiel stecken wir deswegen mehr als eine Million Euro<br />
in die Erweiterung des Ausbildungsbetriebs in unserer Digital Flagship Plant Radenthein.<br />
Andreas Mettner, Technischer Verkaufsleiter, Almi Kabel<br />
Üblicherweise bin ich recht häufig draußen beim Kunden, in den vergangenen Wochen und<br />
Monaten bin ich stattdessen mit dem Laptop ins Home-Office gezogen. Der Austausch mit<br />
den Kunden hat sich dabei faktisch komplett am Telefon und per E-Mail abgespielt, die Anfragen<br />
nach einer Videokonferenz lassen sich an einer Hand abzählen. Meine Mitarbeiter haben den<br />
Kundenkontakt ebenfalls auf diese Art aufrechterhalten, allerdings haben sie wechselweise im<br />
Büro gearbeitet. Große Anpassung in der Infrastruktur waren daher nicht nötig. Mehr Energie haben<br />
wir jedoch in unsere Website gesteckt, dort haben wir in kürzeren Abständen als zuvor Inhalte<br />
eingestellt. Im Großen und Ganzen hat der Kundendialog soweit funktioniert, aber in unserem speziellen<br />
Segment begrüßen es alle Teilnehmer, wenn bald wieder der persönliche Austausch möglich ist.<br />
30 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
POLITIK<br />
MÄRKTE<br />
Interview<br />
„Aufträge werden kurzfristiger<br />
platziert“<br />
Andreas Stadtherr skizziert verschiedene Stellschrauben, damit das Team des<br />
Benteler-Stahlwerks in Lingen beim Anziehen der Wirtschaft durchstarten kann.<br />
GESPRÄCHSPARTNER: Andreas Stadtherr,<br />
Werksleiter, Benteler Steel/Tube,<br />
Lingen<br />
DARUM GEHT’S: Die Division Benteler<br />
Steel/Tube des Familienunternehmens<br />
Benteler betreibt u.a. ein Elektro<strong>stahl</strong>werk<br />
in Lingen. Im Interview spricht Werksleiter<br />
Andreas Stadtherr über Maßnahmen<br />
zum Gesundheitsschutz und die Herausforderungen<br />
in der Produktionsplanung.<br />
Andreas Stadtherr<br />
werden unter die Lupe genommen. Wir arbeiten<br />
intensiv daran, Kosten zu senken und<br />
unsere Effizienz kontinuierlich zu verbessern.<br />
Ein weiterer wichtiger Punkt sind die<br />
Bestände: Diese müssen wir entsprechend unserer<br />
Auftragslage immer wieder anpassen.<br />
Natürlich ist es eine komplexe Aufgabe, mit<br />
geringeren Beständen und mit angepassten<br />
Ausgaben weiterhin eine kundenorientierte<br />
und flexible Produktion sicherzustellen. Aber<br />
dieser Herausforderung stellen wir uns gerne.<br />
Quelle: Benteler<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Wie haben sich Ihre Aufgaben<br />
durch die Corona-Pandemie verändert?<br />
Stadtherr: Als Werksleiter ist meine aktuell<br />
wichtigste Aufgabe sicherzustellen, dass die<br />
Mitarbeiter in dieser herausfordernden Zeit<br />
gesund bleiben. Neben den Maßnahmen, die<br />
auch aus dem Alltag bekannt sind, gehören<br />
dazu u.a. verlängerte Duschzeiträume und<br />
eine veränderte Pausengestaltung. Das führt<br />
mitunter zu Herausforderungen im täglichen<br />
Arbeiten, ist aber unbedingt notwendig,<br />
um die Gesundheit zu schützen.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Gibt es in der Belegschaft dafür<br />
Verständnis?<br />
Stadtherr: Die Zusammenarbeit mit dem<br />
Betriebsrat funktioniert bestens. Wir besprechen<br />
jede Initiative gemeinsam, vom<br />
Gesundheitsschutz bis zur Arbeitszeitgestaltung.<br />
Auch die Belegschaft zieht sehr<br />
gut mit. Und das ist nicht erst seit gestern<br />
so. Aufgrund des rückläufigen Stahlrohr-<br />
Marktes haben wir bereits vor der Pandemie<br />
Maßnahmen ergriffen, um Nachfrageschwankungen<br />
auszugleichen. In Zeiten<br />
von Corona nutzen wir abhängig von der<br />
Situation die Möglichkeiten von Kurzarbeit,<br />
Abbau von Urlaub und Überstunden oder<br />
mobilem Arbeiten – dies immer abhängig<br />
von der aktuellen Kundennachfrage. Bei all<br />
diesen Maßnahmen gilt: Unsere Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter sind für uns das<br />
Wichtigste. Denn auf sie kommt es an, um<br />
nach der Pandemie wieder durchzustarten.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Was braucht es Ihrer Ansicht<br />
nach, um die aktuellen wirtschaftlichen Herausforderungen<br />
zu meistern?<br />
Stadtherr: Die größte Stellschraube ist eine<br />
konsequente Kostenkontrolle – alle Ausgaben<br />
„Wir wechseln<br />
in mehrtägigen<br />
Blöcken zwischen<br />
Produktion und<br />
vorübergehendem<br />
Stillstand“<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Wie genau funktioniert das?<br />
Stadtherr: Durch die wirtschaftlichen Auswirkungen<br />
der Corona-Pandemie hat sich<br />
das Kundenverhalten verändert. Die Aufträge<br />
werden kurzfristiger platziert. Unser Ziel<br />
ist, möglichst flexibel darauf zu reagieren.<br />
Darum sind wir mit den Betriebsräten regelmäßig<br />
im Gespräch zu den Entwicklungen.<br />
Wir passen unsere Kapazitäten an. Das<br />
heißt, wir wechseln in mehrtägigen Blöcken<br />
zwischen Produktion und vorübergehendem<br />
Stillstand. Unser Werk ist ein Elektro<strong>stahl</strong>werk.<br />
Im Gegensatz zu einem herkömmlichen<br />
Hochofen<strong>stahl</strong>werk können wir das<br />
Werk relativ leicht und flexibel hoch- und<br />
herunterfahren. Bis alle Anlagen in Betrieb<br />
sind, dauert es zirka eine halbe Schicht.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Welche aktuellen Erfahrungen<br />
nehmen Sie für die Zukunft mit?<br />
Stadtherr: Die Pandemie hat zum Beispiel<br />
die Digitalisierung in unserem Arbeitsalltag<br />
weiter vorangetrieben. So haben wir unsere<br />
neue Kollaborationssoftware konzernweit<br />
früher als geplant ausgerollt. Sie hat sich in<br />
der Zusammenarbeit im Werk bewährt –<br />
und darüber hinaus. Für unser Werk ist<br />
ein regelmäßiger Datenaustausch und Kontakt<br />
mit anderen Werken und mit unseren<br />
Zentralfunktionen in Paderborn sehr wichtig.<br />
In der Vergangheit waren wir bei Besprechungen<br />
manchmal die einzigen Teilnehmer,<br />
die telefonisch zugeschaltet wurden.<br />
Heute treffen sich alle in<br />
Videokonferenzen und sind virtuell verbunden.<br />
Das spart Kosten, da Dienstr<strong>eisen</strong> wegfallen.<br />
Und ist umweltfreundlich. Ich hoffe,<br />
dass wir das auch in Zukunft beibehalten.<br />
<strong>stahl</strong> + <strong>eisen</strong>: Danke für den Austausch.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 31
POLITIK<br />
MÄRKTE<br />
Länder<br />
Anlagen<br />
Das neue MES von Primetals Technologies und PSI Metals wird tief in die bestehende Prozessautomatisierung<br />
integriert.<br />
BRASILIEN<br />
Neues MES für Gerdau<br />
in Ouro Branco<br />
Primetals Technologies wurde<br />
von Gerdau damit beauftragt,<br />
ein Manufacturing Execution<br />
System (MES) für dessen integriertes<br />
Stahlwerk im brasilianischen<br />
Ouro Branco zu errichten.<br />
Das Projekt führt der<br />
Anlagenbauer gemeinsam mit<br />
PSI Metals durch. Die neue Lösung<br />
soll aufgrund von Standardschnittstellen<br />
eine tiefe<br />
Integration in die bestehenden<br />
Level-1- und Level-2-Systeme<br />
ermöglichen. Sie beruht<br />
auf der Standardsoftware<br />
„PSImetals“, die nach Angaben<br />
der Projektpartner regelmäßige<br />
Updates und Upgrades<br />
erhält. Eingesetzt werde sie<br />
bereits in der Warmbreitbandstraße<br />
am Standort Ouro<br />
Branco. Gerdau und Primetals<br />
Technologies unterzeichneten<br />
auf der vergangenen METEC<br />
2019 eine Vereinbarung über<br />
eine strategische Partnerschaft.<br />
Darin wollen sie gemeinsam<br />
einen Digitalisierungsfahrplan<br />
für Gerdau entwickeln<br />
und realisieren.<br />
CHINA<br />
Shougang Zhixin Qian‘an<br />
erhöht Produktion von<br />
Elektroband<br />
Das chinesische Unternehmen<br />
Shougang Zhixin Qian‘an<br />
Electromagnetic Material<br />
hat die SMS group mit<br />
der Lieferung von zwei Glüh-<br />
und Beschichtungslinien für<br />
Elektroband beauftragt. Die<br />
Linien sollen am Produktionsstandort<br />
in der Provinz Hebei<br />
die jährliche Kapazität zur<br />
Herstellung von fully-finished,<br />
nicht kornorientiertem<br />
Elektroband mit hohem Siliziumgehalt<br />
um 360 000 Tonnen<br />
erhöhen. In beiden Anlagen<br />
soll das innere Mikrogefüge<br />
des kaltgewalzten<br />
Bandes während des Glühprozesses<br />
ausgerichtet, und<br />
anschließend mit einer Isolierschicht<br />
versehen werden.<br />
Die Bänder dienen hauptsächlich<br />
zur Herstellung von<br />
Motoren und Generatoren<br />
und sollen die wachsende<br />
Nachfrage nach effizienter<br />
und effektiver Elektrifizierung<br />
in China abdecken. Die<br />
SMS group gibt an, den Vertrag<br />
aufgrund derzeitiger Reisebeschränkungen<br />
über digitale<br />
Medien ausgehandelt<br />
und abgeschlossen zu haben.<br />
Die Inbetriebnahme der Linien<br />
ist für 2022 geplant.<br />
TISCO betritt Markt für<br />
hochpermeablen Silizium<strong>stahl</strong><br />
Taiyuan Iron and Steel (TISCO)<br />
hat die französische Fives<br />
Group mit der Planung und<br />
Lieferung von zwei neuen Behandlungslinien<br />
für kornorientierte<br />
Silizium<strong>stahl</strong>sorten<br />
mit hoher Permeabilität beauftragt.<br />
Damit will das chinesische<br />
Unternehmen künftig<br />
die lokale Marktnachfrage<br />
Horizontaler Bandspeicher in einer Glüh- und<br />
Beschichtungslinie für nicht kornorientiertes Elektroband.<br />
nach elektrischen Generatoren<br />
und Transformatoren befriedigen.<br />
Vor diesem Hintergrund<br />
liefert Fives sowohl<br />
eine Entkohlungs- und Beschichtungsanlage<br />
als auch<br />
eine Glätt- und Beschichtungsanlage<br />
mit einer Jahreskapazität<br />
von jeweils 80 000 Tonnen.<br />
Beide Linien sollen Stahl mit<br />
einem Siliziumgehalt von weniger<br />
als 3,5 % verarbeiten,<br />
mit einer Banddicke zwischen<br />
0,15 bis 0,5 mm bei der vollen<br />
Bandbreite von 1 280 mm.<br />
Das Projekt soll in der zweiten<br />
Hälfte des Jahres 2021 abgeschlossen<br />
werden.<br />
FRANKREICH<br />
Ascoval Saint Saulve<br />
erweitert den<br />
Produktionsumfang<br />
Seit gut 13 Jahren stellt die<br />
Stranggießanlage von Ascoval<br />
Saint Saulve im nördlichen<br />
Frankreich, es gilt als eines<br />
der modernsten Elektro<strong>stahl</strong>werke<br />
in Europa, Rund<strong>stahl</strong><br />
mit Durchmessern von 180 mm<br />
bis zu 325 mm her. Nun wird<br />
der Produktionsumfang um<br />
Quadrat- und Rechteckprodukte<br />
erweitert, weshalb<br />
zum Abkühlen der neuen<br />
Formate wesentliche Änderungen<br />
an der Kühlanlage<br />
vorgenommen werden müssen.<br />
Die gesamte Leistungsanpassung<br />
der Kühlanlage von<br />
Engineering, Fertigung, Demontage<br />
und Montage bis<br />
hin zur Inbetriebnahme mit<br />
anschließender Produktionsbegleitung<br />
und Abnahme<br />
übernimmt dabei die Plakoma<br />
GmbH aus dem Saarland.<br />
Die Realisierung ist für August<br />
<strong>2020</strong> vorgesehen.<br />
INDIEN<br />
Rekordwerte für<br />
neuen Ofen in Stahlwerk<br />
Rourkela<br />
Das italienische Unternehmen<br />
Danieli und die Steel Authority<br />
of India (SAIL) haben<br />
einen Leistungstest für den<br />
umgebauten Hochofen Nr. 1<br />
im indischen Stahlwerk Rourkela<br />
abgeschlossen. Zuvor<br />
wurde der Ofen im Rahmen<br />
einer Modernisierungsmaß-<br />
Quelle: Primetals Technologies; SMS group<br />
36 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
nahme auf ein Innenvolumen<br />
von 1 710 m³ vergrößert. Für<br />
den Test wurde ein Sollwert<br />
für eine tägliche Produktion<br />
von 2 700 Tonnen Roh<strong>eisen</strong><br />
berechnet, der auf einer Vielzahl<br />
von Faktoren basiert –<br />
beispielsweise auf den Qualitätsparametern<br />
der verfügbaren<br />
Rohstoffe. Nach Angaben<br />
Danielis wurde dieser Wert<br />
übertroffen und konnte auf<br />
eine tägliche Produktionsrate<br />
von 3 415 Tonnen um insgesamt<br />
27 % erhöht werden –<br />
laut dem Anlagenbauer ein<br />
neuer Rekord für den Ofen.<br />
RUSSLAND<br />
Tagmet produziert<br />
fünfmillionste Tonne auf<br />
PQF-Walzwerk<br />
Das russische Unternehmen<br />
Tagmet, Teil der Pipe Metallurgical<br />
Company von TMK, hat<br />
am Standort Taganrog die<br />
fünfmillionste Tonne Rohre<br />
auf einer von der SMS group<br />
gelieferten PQF-(Premium Quality<br />
Finishing) Nahtlosrohranlage<br />
produziert. Für die Herstellung<br />
der Jubiläumscharge<br />
verwendete Tagmet stranggegossenes<br />
Vormaterial aus einem<br />
ebenfalls von der SMS<br />
group gelieferten Stahlwerk.<br />
Das 2008 in Betrieb genommene<br />
kontinuierliche Rohrwalzwerk<br />
bei Tagmet war nach Angaben<br />
der SMS group das erste<br />
Rohrwalzwerk Russlands, in<br />
dem die moderne PQF-Technologie<br />
zum Einsatz kam. Das<br />
Werk stellt im Abmessungsbereich<br />
von 73 bis 273 mm fast<br />
alle Arten von nahtlosen Stahlsorten<br />
her, darunter auch<br />
hochfeste Rohre mit besonderen<br />
Eigenschaften.<br />
Mechel erteilt<br />
Endabnahme für modernisierten<br />
Konverter<br />
Die russische Mechel-Gruppe<br />
hat Primetals Technologies die<br />
Endabnahmebescheinigung<br />
für einen modernisierten LD-<br />
(BOF-)Konverter im Stahlwerk<br />
der Chelyabinsk Metallurgical<br />
Plant ausgestellt. Die Projektziele<br />
bestanden darin, die Altausrüstung<br />
auszutauschen, die<br />
Kapazität durch Erhöhung des<br />
Von Primetals Technologies modernisierter LD-(BOF-)<br />
Konverter im Stahlwerk der Chelyabinsk Metallurgical Plant in<br />
Russland.<br />
Abstichgewichts auf 160 Tonnen<br />
zu steigern und die<br />
Schmelzfolgezeiten durch Verkürzung<br />
der Blasdauer zu optimieren.<br />
Gleichzeitig installierte<br />
Mechel einen neuen Kühlkamin<br />
und die zugehörige<br />
Abgasreinigungsanlage, um<br />
die Emissionen des Konverters<br />
zu senken. Die Ausrüstung<br />
letzterer Maßnahme wurde<br />
von OOO Rosenergostal, Begorod,<br />
geliefert. Dies ist der dritte<br />
Konverter, den Primetals Technologies<br />
im Stahlwerk Tscheljabinsk<br />
modernisiert hat. Die<br />
beiden anderen Konverter sind<br />
dort seit August 2011 beziehungsweise<br />
November 2013 in<br />
Betrieb.<br />
TÜRKEI<br />
Optimierung bei Erdemir<br />
Die artCon GmbH, ein Unternehmen<br />
der Automatisierungstechnik<br />
mit dem<br />
Schwerpunkt der elektrischen<br />
Modernisierungen von<br />
Bandanlagen für Stahl, Edel<strong>stahl</strong><br />
und Buntmetalle, hat<br />
jüngst in der Türkei einen<br />
Auftrag abgeschlossen. Konkret:<br />
an einer Hot Rolled<br />
Temper & Recoiling Line von<br />
Erdemir, die dem Umwickeln,<br />
Dressieren und Besäumen<br />
von Warmband mit Banddicken<br />
bis 6,5 mm und Bandbreiten<br />
bis 1525 mm dient.<br />
Ziel der Modernisierungsmaßnahme<br />
war die Beseitigung<br />
der problematischen Ersatzteilsituation<br />
bei der vorhandenen<br />
Antriebs- und<br />
Automatisierungstechnik (S5,<br />
MMC, Multibus II). In einem<br />
11- tägigen Umbaustillstand<br />
wurden sämtliche Stromrichter,<br />
die Automatisierungstechnik<br />
sowie das Visualisierungssystem<br />
komplett umgebaut.<br />
Nach Angaben von<br />
artcon wurde weltweit erstmalig<br />
auf einer S7- Standard<br />
CPU 1517 die Anstellungsregelung<br />
eines Dressiergerüstes<br />
mit einer gewählten Abtastzeit<br />
von 3ms realisiert.<br />
VEREINIGTE ARABISCHE<br />
VAE<br />
Erstes Boxbay-<br />
Hochregallager in Dubai<br />
Innerhalb ihres Joint Ventures<br />
„Boxbay“ haben das Logistikunternehmen<br />
DP World und<br />
die SMS group die Montage<br />
des weltweit ersten High Bay<br />
Montage der letzten Großkomponente<br />
des Boxbay<br />
High Bay Store Systems im<br />
Hafenterminal Jebel Ali in<br />
Dubai.<br />
Store Systems (HBS) für Container<br />
im Hafenterminal Jebel<br />
Ali in Dubai abgeschlossen.<br />
Dabei handelt es sich um ein<br />
automatisiertes Containerumschlagsystem,<br />
bei dem Container<br />
auf bis zu elf Ebenen gestapelt<br />
werden können. Nach<br />
Angaben der Unternehmen<br />
bietet das System eine dreimal<br />
höhere Kapazität als ein koventionelles<br />
Containerlager<br />
auf gleicher Fläche. Vor Kurzem<br />
wurde auf der Baustelle<br />
die letzte Großkomponente<br />
montiert: ein Autokran, der<br />
externe Lkw mit Containern<br />
be- und entladen wird. Der<br />
Proof of Concept geht an dem<br />
Standort von 792 Containerplätzen<br />
aus. Die Partner gehen<br />
davon aus, dass ein im<br />
vollen industriellen Maßstab<br />
betriebenes HBS-Lager für die<br />
beiden aktuell im Bau befindlichen<br />
Kaianlagen des Terminal<br />
4 im Hafen Jebel Ali über<br />
drei Millionen Container pro<br />
Jahr umschlagen könnte. Die<br />
Tests für den Pilotbetrieb sollen<br />
noch vor September <strong>2020</strong><br />
beginnen.<br />
VIETNAM<br />
Hoa Phat Gruppe<br />
erhält drei Walzenschleifmaschinen<br />
Pomini Tenova hat die Installation<br />
von drei Walzenschleifmaschinen<br />
für die Hoa Phat<br />
Gruppe abgeschlossen. Die<br />
Anlagen wurden für das neue<br />
Warmwalzwerk des Stahlherstellers<br />
in Quàng, Provinz<br />
Ngãi geliefert. Sie sollen die<br />
beiden Walzenschleifmaschinen<br />
im Kaltwalzwerk in Lac<br />
Dao, Hung, Provinz Yên, desselben<br />
vietnamesischen Unternehmens<br />
ergänzen. „Die Wahl<br />
unserer Technologie für den<br />
neuen Produktionsstandort<br />
von Hoa Phat bestätigt die<br />
gute Qualität der Beziehung,<br />
die wir im Laufe der Jahre mit<br />
der Hoa Phat Gruppe aufbauen<br />
konnten“, so Ermanno Croci,<br />
Area Sales Manager bei Pomini<br />
Tenova. Nach Angaben<br />
des Unternehmens bestätigt<br />
der Auftrag die steigende Dynamik<br />
des südostasiatischen<br />
Landes im Stahlsektor.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 37
POLITIK<br />
MÄRKTE<br />
Roh<strong>stahl</strong>herstellung<br />
Roh<strong>stahl</strong>herstellung im Mai <strong>2020</strong><br />
Mai Mai % Veränd. 5 Monate Veränderung<br />
<strong>2020</strong> 2019 Mai 20/19 <strong>2020</strong> 2019 in %<br />
Belgien 600 e 7<strong>07</strong> -15,1 2980 3 371 -11,6<br />
Bulgarien 50 e 56 -10,7 258 252 2,5<br />
Deutschland 2 850 e 3513 -18,9 15 267 17 312 -11,8<br />
Finnland 235 374 -37,2 1 540 1651 6,7<br />
Frankreich 784 1235 -36,5 4796 6 391 -25,0<br />
Griechenland 100 e 130 -23,1 473 636 -25,6<br />
Großbritannien 700 e 636 -10,1 3 130 3 182 -1,6<br />
Italien 1 250 e 2 217 -43,6 7653 10 467 -26,9<br />
Kroatien 0 e 0 – 0 48 -100,0<br />
Luxemburg 160 e 201 -20,3 758 991 -23,5<br />
Niederlande 487 610 -20,1 2 718 2923 -7,0<br />
Österreich 540 e 646 -16,4 2 839 3 331 -14,7<br />
Polen 700 e 8<strong>07</strong> -13,2 3 342 4 134 -19,2<br />
Schweden 370 452 -18,1 2 025 2 196 -7,8<br />
Slowenien 32 56 -43,5 251 278 -9,5<br />
Spanien 833 1 256 -33,7 4 716 6 246 -24,5<br />
Tschechien 365 401 -9,0 1 939 2 050 -5,4<br />
Ungarn 170 e 154 -10,6 724 814 -11,1<br />
Weitere EU-Länder (28) (e) 260 e 866 -70,0 2 604 4 193 -37,9<br />
Europäische Union (28) 10 485 14 315 -26,8 58 013 70 465 -17,7<br />
Bosnien-Herzegowina 40 e 73 -45,2 225 368 -38,8<br />
Mazedonien 20 e 22 -9,0 79 109 -27,5<br />
Norwegen 55 e 57 -4,0 283 270 4,8<br />
Serbien 115 185 -38,0 626 862 -27,4<br />
Türkei 2 272 3063 -25,8 13 491 14 297 -5,6<br />
Europa außer EU 2501 3 401 -26,4 14 704 15 905 -7,6<br />
Kasachstan 250 e 398 -37,2 1434 1 630 -12,0<br />
Moldawien 30 e 30 1,0 133 146 -8,9<br />
Russland 6 000 e 6302 -4,8 29850 30232 -1,3<br />
Ukraine 1638 1827 -10,4 8 295 9 270 -10,5<br />
Usbekistan 80 e 56 42,9 398 248 60,5<br />
Weißrussland 175 e 231 -24,3 1 040 1 110 -5,4<br />
C.I.S. (6) 8 173 8 844 -7,6 41 1500 42 625 -3,5<br />
El Salvador 8 e 8 0,5 39 41 -3,6<br />
Guatemala 20 e 24 -17,8 113 124 -8,6<br />
Kanada 830 e 1 032 -19,6 4 818 5 488 -12,2<br />
Kuba 15 e 18 -15,2 83 88 -6,6<br />
Mexiko 1450 e 1670 -13,2 7 2569 8 287 -12,4<br />
USA 4790 7 553 -36,6 31 330 37 069 -15,5<br />
Nordamerika 7 113 10 304 -31,0 43638 51 096 -14,6<br />
Argentinien 194 4<strong>07</strong> -52,2 1 230 1 908 -35,5<br />
Brasilien 2 188 2826 -22,6 12 141 14 442 -15,9<br />
Chile 90 e 83 7,9 434 322 34,7<br />
Ecuador 40 e 51 -21,3 480 553 -13,2<br />
Kolombien 85 e 124 -31,5 362 429 -15,5<br />
Paraguay 2 e 1 54,1 9 6 32,1<br />
Peru 70 e 108 -35,2 410 503 -18,5<br />
Uruguay 5 e 4 -16,0 23 24 -2,4<br />
Venezuela 2 e 3 -37,8 15 31 -50,9<br />
Südamerika 2 676 3608 -25,8 14 972 18 041 -176,0<br />
Ägypten 628 651 -3,6 3 518 3 494 -0,7<br />
Libyen 47 46 1,4 197 226 -12,9<br />
Südafrika 25 e 510 -95,1 1282 2679 -52,2<br />
Afrika 700 12<strong>07</strong> -42,0 4 997 6 399 -21,9<br />
Iran 2 350 e 2158 8,9 11 444 10 297 11,1<br />
Katar 63 235 -73,3 684 1 058 -35,4<br />
Saudi Arabien 565 706 -19,9 3 269 3 468 -5,71<br />
Vereinigte Arabische Emirate 164 291 -43,9 1 135 1365 -16,8<br />
Mittlerer Osten 3 142 3 390 -7,3 16 532 16 188 2,1<br />
China 92 267 88 565 4,2 411 751 403 975 1,9<br />
Indien 5 767 9 468 -39,1 35851 47 543 -24,6<br />
Japan 5 916 8674 -31,8 36604 42 292 -13,4<br />
Pakistan 90 e 290 -69,0 1137 1 369 -16,9<br />
Südkorea 5 387 6275 -14,1 27 4<strong>07</strong> 30 <strong>07</strong>3 -8,9<br />
Taiwan, China 1730 e 1 934 -10,6 8 696 9 610 -9,5<br />
Thailand 350 e 428 -18,1 1 823 1736 5,0<br />
Vietnam 1949 1 750 11,4 9 016 8 846 1,9<br />
Asien 113 456 117 384 -3,3 532 285 545 443 -2,4<br />
Australien 471 494 -4,6 2 232 2 243 -0,5<br />
Neuseeland 59 57 3,9 193 377 -30,4<br />
Ozeanien 530 550 -3,7 2 425 1 969 -3,8<br />
Gesamt 64 Länder (1) 148 775 163 003 -8,7 728 715 768 683 -5,2<br />
1)<br />
Die an worldsteel berichtenden Länder repräsentieren etwa 99 % der Weltroh<strong>stahl</strong>produktion 2018 in 1.000 t. e – geschätzt<br />
38 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
WISSENSCHAFT<br />
TECHNIK<br />
Qualitätssicherung<br />
REGELBASIERTE<br />
AUTOMATISCHE<br />
BEWERTUNG<br />
UND FREIGABE<br />
VON COILS<br />
Mit integrierten Prozess- und Qualitätsdaten lassen sich bislang ungenutzte Potenziale<br />
heben<br />
Durch eine automatische<br />
Coil-Bewertung/-Freigabe<br />
reduziert sich der Bearbeitungsaufwand<br />
für die Qualitätsexperten,<br />
während der Prozess<br />
selbst zuverlässiger und<br />
objektivierbar wird.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 39
WISSENSCHAFT<br />
TECHNIK<br />
Qualitätssicherung<br />
AUTOREN: Dr.-Ing. Michael Raus,<br />
Helga Evers, Quinlogic<br />
www.quinlogic.de<br />
DARUM GEHT’S: Durch die kontinuierliche<br />
und regelmäßige Überwachung<br />
von Verarbeitungslinien in der<br />
Stahlindustrie haben sich riesige<br />
Mengen an Qualitätsdaten angesammelt.<br />
Wie sich aus den Investitionen<br />
in teure und präzise Qualitätsmessgeräte<br />
durch eine Qualitätssicherungslösung<br />
und zwei Applikationen bislang<br />
ungenutzte Verbesserungspotenziale<br />
erschließen lassen, skizzieren<br />
die Autoren in ihrem Fachbeitrag.<br />
Werden während des Produktionsprozesses<br />
eines Coils<br />
anomale oder abweichende<br />
Qualitätseigenschaften festgestellt,<br />
müssen Maßnahmen ergriffen werden.<br />
Diese können im Reparieren, Umleiten<br />
oder – im ungünstigsten Fall – im Verschrotten<br />
eines Coils bestehen, was immer<br />
zusätzlichen Aufwand und Kosten<br />
mit sich bringt. In der Regel wird darüber<br />
hinaus viel Zeit und Mühe investiert,<br />
um die genaue Ursache des Fehlers<br />
zu ermitteln.<br />
Beziehungen werden zu Regeln<br />
Die Vision der Qualitätssicherungslösung<br />
Quality Execution System (QES) ist<br />
es, verborgene, d.h. bislang für eine umfassende<br />
Qualitätsauswertung noch<br />
nicht verwendbare, Daten zusammenzuführen<br />
und auszuwerten, um so in<br />
einem ersten Schritt die automatische<br />
Bewertung der Produktqualität kontinuierlich<br />
zu verbessern, und in einem<br />
zweiten Schritt unter Verwendung von<br />
Klassifizierungsalgorithmen, nach zuvor<br />
nicht sichtbaren Korrelationen zu suchen.<br />
Relevante Beziehungen werden in<br />
relationalen Entscheidungsbäumen dargestellt,<br />
die dann in neue Regeln konvertiert<br />
werden können. Werden diese<br />
Regeln dann implementiert, helfen sie<br />
unmittelbar bei der Vorhersage und Erkennung<br />
von Fehlern und Defekten,<br />
und im optimalen Fall schon in einem<br />
sehr frühen Stadium des Verarbeitungsprozesses.<br />
Die neu eingeführten Regeln helfen,<br />
die automatische Coil-Bewertung/-Freigabe<br />
zuverlässiger zu machen und so<br />
Coils mit besserer Qualität zu erzeugen.<br />
Die daraus resultierenden neu generierten<br />
und präziseren Daten können erneut<br />
dem DataCorrelator zugeführt<br />
Automatische Coil-Bewertung<br />
und Freigabe im QES<br />
Der „QualityMonitor“ ermöglicht die kontinuierliche<br />
Qualitätskontrolle bei der Erzeugung von Coils<br />
Abb. 1: Der Screenshot zeigt die Parameter, die permanent überwacht werden.<br />
Hinsichtlich der Dicke bewegen sich die Coils in dem Rahmen von 1,3 bis 1,34 mm<br />
und bei der Breite schwanken sie beidseitig um den Idealwert.<br />
werden, der wiederum neue, präzisere<br />
Korrelationen liefert, die auf der Grundlage<br />
umfangreicher Erfahrungen aus<br />
der Vergangenheit sowie aktueller, verbesserter<br />
Daten in noch intelligentere<br />
Regeln umgewandelt werden können<br />
(siehe Abb. 2). Diese Regeln verbessern<br />
die Qualität der verarbeiteten Coils weiter<br />
und ermöglichen gleichzeitig die<br />
einfachere und frühere Ursachenanalyse<br />
vorhandener Qualitätsprobleme.<br />
Das Feedback-basierte System trägt so<br />
zu einer kontinuierlichen Qualitätsverbesserung<br />
bei.<br />
Schwankungen im Qualitätsmanagement<br />
reduzieren<br />
In vielen Walzwerken ist die Qualitätsbewertung<br />
auch heute noch kein automatisierter<br />
Prozess. In die Qualitätsüberwachung<br />
durch Experten wird<br />
viel Zeit und Mühe investiert, wobei<br />
der erforderliche Gesamtaufwand sowie<br />
die Qualität der Überwachung<br />
häufig von den Fähigkeiten und Er<br />
fahrungen der einzelnen Mitarbeiter<br />
abhängen.<br />
Um im Qualitätsmanagement die daraus<br />
resultierenden Schwankungen und<br />
Abweichungen sowie deren Folgen zu<br />
minimieren und den Aufwand für die<br />
Qualitätsbewertung zu reduzieren, ist<br />
das QES schon heute in vielen Stahlwerken<br />
ein wichtiger Baustein. Das automatische<br />
Bewertungssystem verwendet<br />
zur Beurteilung der Qualität umfassende<br />
Prozess-, Produkt- und Qualitätsdaten<br />
– von Level 1 bis Level 4. Diese werden<br />
im Production Data Warehouse<br />
(PDW) zentral gesammelt und aufbereitet<br />
(siehe Abb. 4). Die im PDW enthaltenen<br />
Roh- und aggregierten Daten bieten<br />
ein enormes Potenzial, wenn sie für die<br />
unmittelbare, kontinuierliche Auswertung<br />
verfügbar gemacht und dann zur<br />
automatischen Bewertung der Coil-Qualität<br />
eingesetzt werden.<br />
Weitere Potenziale<br />
Die zusätzliche Möglichkeit, Daten bei<br />
Bedarf zu analysieren, ermöglicht jederzeit<br />
das Aufspüren weiterer Optimierungspotenziale<br />
bei der Feinabstimmung<br />
der Coil-Bewertung und -Freigabe.<br />
Zum Beispiel kann eine<br />
Qualitätsregel so definiert werden, dass<br />
eine bestimmte Anzahl von leichten<br />
Kratzern auf einem Coil akzeptiert<br />
wird. Stellt das System allerdings eine<br />
kritische Häufung dieser Kratzer in<br />
einem umgrenzten Bereich fest, empfiehlt<br />
es automatisch eine weitere<br />
Quelle: Quinlogic<br />
40 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Kontinuierlicher Verbesserungsprozess<br />
Korrelation, Regelerstellung und Coil-Bewertung folgen permanent aufeinander<br />
Abb. 2: Aus dem Production Data Warehouse fließen Meta-, Genealogie-, Roh und aggregierte Daten in den kontinuierlichen<br />
Verbesserungsprozess ein.<br />
Oberfläche von LogicDesigner<br />
Die Software dient der Regelerstellung und -evaluation<br />
Abb. 3: Mit der Software LogicDesigner lässt sich ein umfangreiches Bündel an Regeln erstellen, die dann automatisch abgespult werden.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 41
WISSENSCHAFT<br />
TECHNIK<br />
Qualitätssicherung<br />
Überprüfung oder sperrt das Coil, abhängig<br />
von der Dichte, mit der die Kratzer<br />
auftreten.<br />
Ein sehr wichtiger Aspekt der automatischen<br />
Coil-Bewertung und -Freigabe<br />
besteht auch darin, dass Qualitätsexperten<br />
für die Lösung und Wartung realer<br />
Probleme frei werden und sich auf deren<br />
Lösung konzentrieren können.<br />
Verschiedene<br />
Systemkomponenten<br />
Damit eine kontinuierlich verbesserte<br />
Qualitätsüberwachung und damit qualitativ<br />
hochwertigere Produkte erreicht<br />
werden können, arbeiten im QES für die<br />
automatische Coil-Bewertung/-Freigabe<br />
verschiedene Komponenten synchron<br />
zusammen. Dabei werden verschiedene<br />
Konzepte und Prinzipien miteinander<br />
verbunden:<br />
■ Datenintegration – Verfügbarmachung<br />
und Integration aller Daten von bereits<br />
verarbeiteten und aktuellen Coils<br />
■ Übersetzung, Änderung und Definition<br />
von Qualitätsregeln – Übersetzung bestehender<br />
Qualitätsregeln in den Regelsatz<br />
zur automatischen Coil-Bewertung/-Freigabe<br />
und Einführung neuer präziser, logischer<br />
Qualitätsregeln zur Definition des<br />
gewünschten Qualitätsstandards (siehe<br />
Abb. 3)<br />
■ Automatisierte Qualitätsüberwachung –<br />
ermöglicht eine zuverlässige, automatische<br />
Qualitätsüberwachung<br />
■ Genealogie – Speichern und Verwalten aller<br />
möglichen rückverfolgbaren Daten eines<br />
Coils<br />
■ Korrelieren von Daten und Feedback –<br />
Identifizierung von Zusammenhängen<br />
zwischen Prozessmustern und Qualitätszuständen<br />
in Abhängigkeit vom Produkt,<br />
die in Vorschlägen zur Anpassung bestehender<br />
oder zum Hinzufügen ganz neuer<br />
Qualitätsregeln umgewandelt werden<br />
■ Qualitätsverbesserung – Verhinderung<br />
einer qualitativ beeinträchtigten Coil-<br />
Produktion mithilfe von Experten-Feedback<br />
Sobald die vorgeschlagenen Regeländerungen<br />
umgesetzt oder neu vorgeschlagene<br />
Regeln in das Regelsystem aufgenommen<br />
wurden, steigt die Präzision<br />
der Coil-Bewertung (automatisch). Innerhalb<br />
der Parameter der Qualitätsregeln<br />
erkennt das QES einwandfreie Coils<br />
und lässt dem Bediener so mehr Zeit,<br />
sich detailliert auf Abweichungen zu<br />
konzentrieren, anstatt jedes einzelne<br />
Coil zu überprüfen. Und dies, während<br />
das System weiterhin die oben genannten<br />
Funktionen in einem automatisierten<br />
Prozess ausführt.<br />
Datenintegration<br />
Bei der Integration von Daten sind zwei<br />
Hauptaspekte zu beachten:<br />
1. Bei der gemeinsamen Betrachtung<br />
verschiedener Prozessschritte unter<br />
Auswertung zahlreicher Messsysteme<br />
ist oft nur ein unvollständiger<br />
Überblick über die aktuelle Datenlandschaft<br />
des Gesamtprozesses möglich.<br />
Häufig liegen die Ursachen dafür<br />
in gewachsenen IT- und Automatisierungsstrukturen,<br />
die aufgrund<br />
mangelnder Schnittstellen und uneinheitlicher<br />
Technologien und Zugriffsprotokolle<br />
nicht miteinander<br />
kompatibel sind. Die Integration aller<br />
Daten über das PDW schließt diese<br />
Lücke, d.h. die Daten können nun<br />
frei nebeneinandergestellt, kombiniert<br />
und in neue Zusammenhänge<br />
gesetzt werden.<br />
2. Der zweite Aspekt der Datenintegration<br />
ermöglicht es dem Benutzer, zusätzlich<br />
zu den aktuellen, kontinuierlich<br />
eingehenden Daten auch alle<br />
bisher nicht verwendeten Daten anzuzeigen.<br />
Diese sind jetzt so miteinander<br />
verbunden und zusammengeführt,<br />
dass alle vorherigen und aktuellen<br />
Prozess- und Qualitätsdaten im<br />
Zusammenhang betrachtet werden<br />
können.<br />
Production Data Warehouse (PDW)<br />
Daten aus der Produktion werden verarbeitungsfähig<br />
Abb. 4: Als Datenquellen dienen neben den verschiedenen Produktionsbereichen auch das Enterprise-Resource-Planning (ERP)<br />
und das Manufacturing Execution System (MES).<br />
42 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Der zentrale Vorteil der Integration liegt<br />
in der Möglichkeit, als großer Datenpool<br />
verwendet zu werden, mit dem auch<br />
frühere Verhaltensmuster untersucht<br />
werden können. Bei Einsatz geeigneter<br />
Verfahren erlauben es die Daten, die<br />
Abfolge problematischer Coils zurückzuverfolgen<br />
und gemeinsame Faktoren<br />
zu finden, die für die reduzierte Produktqualität<br />
ursächlich sind.<br />
Übersetzung, Anpassung und<br />
Definition von Qualitätsregeln<br />
Auf Basis integrierter Daten können bereits<br />
vorhandene Qualitätsregeln problemlos<br />
in das Regelsystem des QES übersetzt<br />
werden. Bestehende komplexe Regeln<br />
können oft vereinfacht und/oder<br />
geändert und damit effizienter gestaltet<br />
werden. Die Tatsache, dass jetzt alle Daten<br />
für die Interaktion verfügbar sind,<br />
ermöglicht es darüber hinaus, ganz neue<br />
Qualitätsregeln zu definieren, die noch<br />
effizienter und komplexer sind als die<br />
ursprünglichen. Bessere Regeln helfen<br />
dabei, Probleme zu erkennen, bevor sie<br />
kritisch werden, und tragen so zur kontinuierlichen<br />
Qualitätsverbesserung bei.<br />
Genealogie<br />
Durch die Datenintegration im PDW<br />
bietet sich dem Benutzer zum ersten<br />
Mal die Möglichkeit, tatsächlich alle<br />
unternehmensweit verfügbaren Daten<br />
zu verbinden. Bei sehr großen Datenvolumina<br />
kann eine Problemanalyse<br />
jedoch schnell zur Herausforderung<br />
werden und hier ist das Konzept der<br />
Genealogie von großem Vorteil. Dazu<br />
wird eine möglichst vollständige Aufzeichnung<br />
jedes Verarbeitungsschrittes<br />
eines Coils im System gespeichert und<br />
verwaltet. Der Werdegang jedes einzelnen<br />
Coils wird so bis zu seinem Ursprung<br />
zurückverfolgt, es wird sein digitaler<br />
Zwilling erstellt und entlang der<br />
Prozesskette laufend ergänzt.<br />
Dies bedeutet, dass letztlich eine vollständige<br />
Nachverfolgung vom Rohmaterial,<br />
über die einzelnen Prozesse, die<br />
jedes Teilstück eines ggf. aus Teilen verschiedener<br />
Mutter-Coils zusammengefügten<br />
Tochter-Coils durchlaufen hat,<br />
im System gespeichert und verwaltet<br />
wird. Dies beinhaltet auch die Aufzeichnungen<br />
aller Zwischenprozesse, die ein<br />
Coil durchläuft, was bei Qualitätsproblemen<br />
überhaupt erst eine schnelle und<br />
genaue Ursachenanalyse ermöglicht.<br />
Korrelieren von Daten und<br />
Feedback<br />
Basierend auf der Genealogie eines Coils<br />
können im DataCorrelator Analyseverfahren<br />
angewendet werden, um Verhaltensmuster<br />
und Korrelationen aufzuspüren,<br />
bezogen auf das Ursprungsmaterial<br />
und die Verarbeitungsprozesse<br />
von Coils derselben Güte. Die Ergebnisse<br />
solcher Korrelationen können dabei<br />
helfen, Trends bei gemessenen Parameterwerten<br />
zu erkennen, die beispielsweise<br />
innerhalb gegebener Toleranzgrenzen<br />
lagen, zu einem späteren Zeitpunkt<br />
aber dennoch die Qualität der<br />
Coils beeinträchtigten. Sobald ein solches<br />
Verhalten beschreibend oder visuell<br />
verfügbar gemacht wird, ist es sehr<br />
einfach, das Problem zu beheben, indem<br />
eine vorhandene Regel mit zu hohen<br />
Toleranzen angepasst oder neue Regeln<br />
eingeführt werden. Die Ergebnisse der<br />
Korrelationsanalyse sind dabei so ausgelegt,<br />
dass entsprechende Regeln direkt<br />
vorgeschlagen werden, die dann<br />
einfach übernommen werden können.<br />
Dies bedeutet letztlich, dass die Benutzer<br />
nicht mehr viel Zeit und Gedanken<br />
aufwenden müssen, um neue Bewertungsregeln<br />
herzuleiten und in das QES-<br />
Regelsystem einzusp<strong>eisen</strong> – sie können<br />
einfach den Vorschlag übernehmen.<br />
Qualitätsverbesserung<br />
Das Korrelations- und Rückkopplungssystem<br />
arbeitet mit vergangenen und<br />
kontinuierlich eingehenden Daten, um<br />
so herauszufinden, wie die Qualität bereits<br />
freigegebener Coils kontinuierlich<br />
weiter verbessert werden kann. Durch<br />
eine proaktive Qualitätsüberwachung<br />
können Abweichungen in den Prozesslinien<br />
aufgespürt und behoben werden,<br />
bevor sie zu einem späteren Zeitpunkt<br />
die Qualität eines Coils beeinträchtigen<br />
können.<br />
Fazit<br />
Die automatische Coil-Bewertung/-Freigabe<br />
mit dem Quality Execution System<br />
der QuinLogic ist ein inzwischen gut<br />
etablierter Standard. Durch seine Einführung<br />
reduziert sich nachweisbar der<br />
Bearbeitungsaufwand für die Qualitätsexperten<br />
während die Coil-Bewertung/-<br />
Freigabe selbst zuverlässiger und objektivierbar<br />
wird. Durch die Integration<br />
von Daten im Production Data Warehouse<br />
sind alle Daten leicht erreichbar<br />
und vergleichbar. Durch die Organisation<br />
dieser integrierten Daten auf der<br />
Grundlage ihres gesamten Lebenszyklus<br />
(Genealogie) kann dieses große Datenvolumen<br />
durch Analysen sinnvoll erschlossen<br />
werden. Das Korrelieren von<br />
Daten mithilfe leistungsstarker Algorithmen<br />
hilft dabei, häufige Verhaltensw<strong>eisen</strong><br />
und Trends im Produktionsprozess<br />
zu erkennen und die Grundursachen<br />
von Problemen, die zu einer<br />
Coil-Abwertung führen können, zu<br />
identifizieren.<br />
Ziel ist es letztlich nicht nur, die Lieferung<br />
von fehlerhaften Produkten an<br />
den Kunden zu vermeiden, sondern vor<br />
allem sicherzustellen, dass solche Mängel<br />
nicht auftreten. Bedingungen, die zu<br />
einer fehlerhaften Produktion führen,<br />
werden frühzeitig erkannt und können<br />
beseitigt werden. Hierbei ist auch zu<br />
beachten, dass ein solches System die<br />
Ausfallzeiten in einer Anlage erheblich<br />
reduzieren kann und damit nicht nur<br />
zur kontinuierlichen Verbesserung der<br />
Qualität, sondern auch zum Produktionsvolumen<br />
und damit zum Umsatz<br />
beiträgt.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 43
WISSENSCHAFT<br />
TECHNIK<br />
Produkte<br />
Erzeugnisse und Verfahren für<br />
den Umgang mit Stahl<br />
Erdwich optimiert das Metallrecycling, Bosch schützt Alleinarbeiter in Risikobereichen<br />
und Ungerer sorgt für zehnfach bessere Planheit für Coils<br />
Wertstofftrennung leicht<br />
gemacht<br />
Mit einer neuen Sichteranlage will Erdwich<br />
das Metallrecycling optimieren<br />
Ob Klimawandel, Umweltschutz oder<br />
Ressourcenengpass: Recycling wird immer<br />
wichtiger. Damit entsprechende<br />
Anlagen eine vollständige Wertstoffrückgewinnung<br />
erzielen können, entwickelte<br />
das Unternehmen Erdwich-<br />
Zerkleinerungs-Systeme eine Sichter-<br />
strom zu definierten Kriterien […] unterteilt<br />
und getrennt“, erklärt Florian<br />
Boehm-Feigl, CTO bei Erdwich. So spielt<br />
beispielsweise die Partikelgröße, Dichte<br />
oder Trägheit des Materials eine wesentliche<br />
Rolle. Im Bereich Metallrecycling<br />
kann die Anlage etwa als Vorzerkleinerer<br />
für Nicht<strong>eisen</strong> (NE)-Schrott eingesetzt<br />
werden. Sechs verschiedene, automatische<br />
Programmabläufe schafft sie<br />
es, zu überwachen: die Schaltschränke<br />
für Granulator, Magnettechnik, NE-<br />
Trenntrechnik und Röntgen-Trenntechnik<br />
sowie die Staub-Filteranlage und<br />
den Vorzerkleinerer. Sie erweitert damit<br />
eine bestehende Großanlage und wird<br />
direkt unter dem Förderbandabwurf<br />
einer Siebtrommel installiert.<br />
Erwich-Zerkleinerungs-Systeme<br />
www.erdwich.com<br />
Das Unternehmen Erdwich-Zerkleinerungs-Systeme<br />
hat eine Sichteranlage<br />
für Buntmetalle entwickelt, die schwere<br />
von leichten Materialien trennt.<br />
anlage für Buntmetalle. Mit dieser<br />
insgesamt 7 146 mm hohen und zwischen<br />
5 616 und 7 461 mm breiten Maschine<br />
soll es gelingen, schwere von<br />
leichten Metallen zu trennen. „Als<br />
Sichter wird im Allgemeinen eine Vorrichtung<br />
bezeichnet, die der Klassifizierung<br />
von Feststoffen dient. Diese werden<br />
unter Ausnutzung der unterschiedlichen<br />
Sinkgeschwindigkeiten der<br />
verschiedenen Stoffe in einem Luft-<br />
Schnelle Hilfe bei<br />
Notfällen<br />
Anwendung „GuardMe“ von Bosch<br />
schützt Alleinarbeiter in Risikobereichen<br />
Für Tätigkeiten, die erhöhte Gefährdungen<br />
bergen und alleine ausgeführt werden,<br />
ist in Betrieben eine Personen-Notsignal-Anlage<br />
(PNA) vorgeschrieben.<br />
Dabei handelt es sich um ein Gerät, das<br />
im Ernstfall automatisch Hilfe anfordert.<br />
Mit „GuardMe“ hat das Unternehmen<br />
Bosch nun eine zertifizierte Anwendung<br />
auf den Markt gebracht, die<br />
in Verbindung mit einem Spezial-Smartphone<br />
und der Anbindung von Monitoring<br />
Centern alle Funktionen einer PNA<br />
erfüllt. Damit die Lösung auch unter<br />
schwierigen Bedingungen zuverlässig<br />
eingesetzt werden kann, setzt Bosch auf<br />
sehr robuste Smartphones, die besonders<br />
resistent gegenüber Stürzen,<br />
Feuchtigkeit und extremen Temperaturen<br />
sind – und somit unter anderem<br />
geeignet für Arbeiten mit Sturzgefahr<br />
Damit die Bosch GuardMe-Lösung auch<br />
unter schwierigen Bedingungen – etwa<br />
bei extremen Temperaturen – zuverlässig<br />
verwendet werden kann, setzt<br />
der Entwickler auf sehr robuste Smartphones.<br />
oder Feuerarbeiten in brand- oder explosionsgefährdeten<br />
Bereichen. Die Lösung<br />
ermöglicht eine manuelle und<br />
automatische Alarmerkennung, sogenannte<br />
willensabhängige und willensunabhängige<br />
Alarme. So kann der Alleinarbeiter<br />
im Notfall über einen SOS-<br />
Button am Smartphone Hilfe anfordern.<br />
Sollte er aufgrund von schweren Verletzungen<br />
nicht mehr in der Lage sein,<br />
einen Notruf abzusetzen, erkennen Sensoren<br />
anhand einer Schräglage oder Bewegungslosigkeit,<br />
dass ein Notfall eingetreten<br />
ist. Die App löst dann einen<br />
akustischen Voralarm aus – bleibt dieser<br />
ohne Antwort, baut die App eine Sprachverbindung<br />
zu einem Bosch Monitoring<br />
Quelle: Erdwich; Bosch; Trumpf; Ungerer<br />
48 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Service<br />
DIE RUBRIK PRODUKTE basiert auf Mitteilungen von Unternehmen über Erzeugnisse und Verfahren, die für die<br />
Herstellung und Verarbeitung von Stahl von Interesse sind. Die Redaktion übernimmt weder eine Gewähr für die sachliche<br />
Richtigkeit noch gibt sie ein Werturteil ab. Sie möchten auch in dieser Rubrik veröffentlichen? Dann schicken Sie Ihre<br />
Meldung unserem Redakteur Niklas Reiprich. Sie erreichen ihn via redaktion@<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de.<br />
Center auf. Neben der PNA-Funktion<br />
kann das Gerät als alltägliches Berufshandy<br />
für Kommunikation und Auftragsabwicklung<br />
eingesetzt werden.<br />
Bosch<br />
www.bosch.de<br />
Rohrkonstruktion auf<br />
Knopfdruck<br />
Trumpf entlastet Programmierer mit neuer<br />
Software für Laser-Rohrbearbeitung<br />
Der Werkzeugmaschinenhersteller<br />
Trumpf hat mit „Programming Tube“<br />
eine neue Software für die Laser-Rohrbearbeitung<br />
entwickelt. Sie führt viele<br />
Arbeitsschritte automatisch aus, sodass<br />
bei vielen Fertigteilen kein Programmieraufwand<br />
mehr entsteht. Das System<br />
unterstützt Dateien in allen gängigen<br />
Formaten und ermöglicht, Rohre<br />
und komplette Baugruppen zu importieren<br />
oder zu konstruieren. Bei kompletten<br />
Rohrkonstruktionen setzt die<br />
Software Knickverbindungen auf Knopfdruck<br />
um. Diese Verbindungen ersetzen<br />
Konstruktionen, die üblicherweise aus<br />
mehreren einzelnen Rohren bestehen.<br />
Ebenfalls auf Knopfdruck lassen sich<br />
Verbindungs- und Fixierelemente zwischen<br />
den Rohren umsetzen. Sie helfen<br />
dabei, nachfolgende Fertigungsschritte<br />
etwa bei der Montage oder beim Schweißen<br />
zu vereinfachen, Fehler zu vermeiden<br />
und Kosten zu sparen. Darüber hinaus<br />
soll die Software die Arbeit des<br />
Programmierers erleichtern, denn sie<br />
legt auch selbstständig fest, wie die Laser-Rohrschneidmaschine<br />
Teile ausschleusen<br />
oder Gewinde setzen soll.<br />
Aus den Gewindeparametern erstellt die<br />
Software das NC-Programm inklusive<br />
notwendiger Werkzeuge und der richtigen<br />
Bearbeitungsreihenfolge. Die Bedienung<br />
ist intuitiv: Anstatt Parameter<br />
kompliziert in Dialogfenster einzugeben,<br />
lassen sie sich direkt am 3D-simulierten<br />
Teil mit der Maus anpassen.<br />
Auch die Anfahrposition können Anwender<br />
einfach mit der Maus verschieben.<br />
Bei Bedarf können in die 3D-Simulation<br />
der Bearbeitung noch Änderungen<br />
einfließen.<br />
Trumpf<br />
www.trumpf.com/de<br />
Neues Unplanheits-Messsystem<br />
für SBR-Anlagen<br />
Ungerer kombiniert mit „UMS Pro“ Hochzug-<br />
und Tiefzug-Messverfahren für Coils<br />
Das Unternehmen Ungerer hat mit „UMS<br />
Pro“ kürzlich ein System für die Unplanheitsmessung<br />
von Band<strong>stahl</strong> vorgestellt,<br />
das die bisher üblichen Hochzug- und<br />
Tiefzug-Messverfahren miteinander<br />
kombiniert. In Verbindung mit einer<br />
schnellen Regelung erreicht der Anwender<br />
nach Angaben des Entwicklers eine<br />
zehnfach bessere Planheit der Coils nach<br />
der Streck-Biege-Richteinheit (SBR). Das<br />
Messsystem lässt sich zudem einfach an<br />
fast allen vorhandenen Streck-Biege-<br />
Richtanlagen auch von anderen Herstellern<br />
nachrüsten. Neben der Idee, beide<br />
Messverfahren miteinander zu kombinieren,<br />
liegt die Innovation von „UMS<br />
Pro“ in einer gemeinsamen Datenauswertung<br />
beider Sensorsysteme. Bei der<br />
Aufgabe hat Ungerer mit dem Betriebsforschungsinstitut<br />
(BFI) des Stahlinstituts<br />
VDEh zusammengearbeitet. Das BFI<br />
hat unter anderem den Controller entwickelt,<br />
der die Ergebnisse beider Messungen<br />
auswertet, sie in Bezug zueinander<br />
setzt und auf dieser Basis die entsprechenden<br />
Regelparameter ermittelt.<br />
Ungerer Technology<br />
www.ungerer.com<br />
Mit der Software<br />
„Programming Tube“<br />
von Trumpf lassen sich<br />
Technologieparamater<br />
und Schnittbahnen<br />
der Rohrbearbeitung<br />
auch direkt in einer 3D-<br />
Simulation anpassen.<br />
Mithilfe einer kombinierten Hoch- und Tiefzugmessung samt anspruchsvoller<br />
Regeltechnik will Ungerer eine zehnfach bessere Planheit von Coils ermöglichen.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 49
BERUF<br />
KARRIERE<br />
Stahlinstitut VDEh<br />
Meldungen aus dem Stahlinstitut VDEh<br />
BERUFLICHE<br />
VERÄNDERUNG<br />
Fröhning, Karl-Heinz, Dipl.-<br />
Ing., Vertriebsleiter/Head of<br />
sales, evopro systems engineering<br />
AG, Im Gewerbepark<br />
A 52, 93059 Regensburg<br />
4093100<br />
GEBURTSTAGE IM AUGUST<br />
95 Jahre<br />
03. August<br />
Trentini, Bernard, M.Sc., Wohnung:<br />
29 Bd Voltaire, 01000<br />
Bourg en Bresse (Frankreich).<br />
Ehrenmitglied des Vorstandes<br />
4059301<br />
28. August<br />
Ferrari, Lorenzo, Dott. Ing.,<br />
Wohnung: Viale Virgilio 17,<br />
28838 Stresa (Italien) 4062403<br />
90 Jahre<br />
05. August<br />
Breymaier, Wilhelm, Dipl.-<br />
Ing., Wohnung: Ackerwinde<br />
23, 50858 Köln 4064215<br />
25. August<br />
Winter, Gerd, Dipl.-Ing., Wohnung:<br />
Düteweg 14, 49<strong>07</strong>6<br />
Osnabrück 4054459<br />
27. August<br />
Mozek, Horst Manfred, Dipl.-<br />
Ing., Wohnung: Im Benrader<br />
Feld 11a, 47804 Krefeld 4053322<br />
29. August<br />
Bechtel, Sigmund, Dipl.-Ing.,<br />
Betriebschef i. R., Wohnung:<br />
Kleiner Floraweg 44, 44229<br />
Dortmund 4068001<br />
85 Jahre<br />
10. August<br />
Verderber, Walter, Dipl.-Ing.,<br />
Wohnung: Forstweg 10,<br />
57223 Kreuztal 4060102<br />
12. August<br />
Drewes, Ernst-Jürgen, Dr.-<br />
Ing., Direktor i. R., Wohnung:<br />
Niederhofer Kohlenweg 72,<br />
44267 Dortmund. Ehrenmitglied<br />
des Werkstoffausschusses<br />
4059204<br />
20. August<br />
Muth, Siegfried, Dipl.-Ing.,<br />
Wohnung: Langfuhrstr. 6,<br />
54317 Kasel 4062123<br />
Terlaak, Dieter, Dr.-Ing. Dipl.-<br />
Kfm., Wohnung: Ahornweg<br />
17, 28865 Lilienthal 4058173<br />
80 Jahre<br />
01. August<br />
Laun, Lutz-Rüdiger, Dipl.-Ing.,<br />
Wohnung: Waisenhausstr. 6,<br />
47506 Neukirchen-Vluyn 4<strong>07</strong>4114<br />
06. August<br />
Dickopp, Adolf, Dipl.-Ing.,<br />
Wohnung: Landgrafenstr. 9,<br />
45476 Mülheim 4066403<br />
15. August<br />
Gruner, Manfred, Ing.(grad.),<br />
Wohnung: Grünkottenstr. 24,<br />
47269 Duisburg 4065455<br />
20. August<br />
Wolf, Klaus, Dipl.-Ing.(FH),<br />
Wohnung: Walsumermarkstr.<br />
181, 46147 Oberhausen 4068041<br />
26. August<br />
Scherl, Helfried, Dipl.-Ing., Wohnung:<br />
Schubertgasse 2, 8662<br />
Mitterdorf (Österreich) 4063170<br />
29. August<br />
Bensmann, Günter, Dr.-Ing.,<br />
Wohnung: Wortbergrode 11,<br />
45149 Essen 4<strong>07</strong>1009<br />
75 Jahre<br />
04. August<br />
Grüne, Detlev, Dipl.-Ing.<br />
Dipl.-Wirtsch.-Ing. Dillenberg<br />
GmbH & Co. KG Metallgiesserei,<br />
Waagenstr. 25,<br />
40229 Düsseldorf; Wohnung:<br />
Mühlenbergweg 26, 40629<br />
Düsseldorf 4069354<br />
16. August<br />
Daiger, Klaus, Dr.-Ing. Senior<br />
Consultant, SKP Dr. Stoebe,<br />
Kern und Partner Personalund<br />
Managementberatung,<br />
Marienburger Ufer 33, 47279<br />
Duisburg; Wohnung: Broicher<br />
Str. 5, 51429 Bergisch Gladbach<br />
4096013<br />
30. August<br />
Lanzer, Wolf, Dr. mont. Dipl.-<br />
Ing., Wohnung: Margaretenplatz<br />
3 a - b, 47809 Krefeld.<br />
Ehrenmitglied des Hochofenausschusses<br />
4084215<br />
70 Jahre<br />
<strong>07</strong>. August<br />
Gutzke, Manfred, Dipl.-Ing.,<br />
Wohnung: Alter Gelinterweg 3,<br />
47669 Wachtendonk 4<strong>07</strong>3177<br />
10. August<br />
Schäfer, Horst, Wohnung:<br />
Neugasse 7, 77731 Willstätt<br />
4000127<br />
26. August<br />
Köhl, Ernst, Wohnung: Kernweg<br />
5, 4030 Linz (Österreich)<br />
4094106<br />
65 Jahre<br />
04. August<br />
Bauer, Jürgen, Dr. rer. nat.<br />
Forschung und Entwicklung,<br />
AG der Dillinger Hüttenwerke,<br />
Werkstr. 1, 66763 Dillingen;<br />
Wohnung: Limbergstr. 18,<br />
66763 Dillingen 4087142<br />
10. August<br />
Peters, Michael, Dr.-Ing.<br />
Direktor, thyssenkrupp Steel<br />
Europe AG, Kaiser-Wilhelm-<br />
Str. 100, 47166 Duisburg;<br />
Wohnung: Am Bendmannsfeld<br />
4, 47447 Moers 4<strong>07</strong>8149<br />
Infektionsschutz durch „smarte Wearables“<br />
Linde passt Lösung aus der Intralogistik an<br />
DARUM GEHT’S: Auch wenn Mitarbeiter wissen, wie<br />
essenziell der Sicherheitsabstand zu Kollegen in Zeiten<br />
von COVID-19 ist, kann das Bauchgefühl trügen.<br />
Linde Material Handling stellt dafür zwei unkomplizierte<br />
wie hocheffektive Lösungen vor: eine „Sicherheitsdistanzweste“<br />
und einen flexibel nutzbaren<br />
„Distanzpieper“.<br />
In Industriebetrieben oder Distributionszentren sind<br />
Begegnungen zwischen Kollegen oft unausweichlich<br />
– vor dem Hintergrund einer Pandemie jedoch auch<br />
ein veritables Sicherheitsrisiko. Eine smarte Antwort,<br />
wie sich Abstandsregeln wirksam implementieren lassen,<br />
ohne dass dabei Arbeitsprozesse aus dem Takt geraten,<br />
liefert der Warenumschlagspezialist Linde Material<br />
Handling. Die „Linde Secure Distance Vest“, ein<br />
nach Schutznorm EN ISO 20471 zertifiziertes Wearable,<br />
überwacht kontinuierlich die Einhaltung des individuell<br />
konfigurierbaren Mindestabstands zwischen<br />
Mitarbeitern.<br />
Konzentriertes Arbeiten<br />
Sobald die intelligenten Kleidungsstücke angelegt<br />
sind, können Mitarbeiter voll konzentriert ihrer Tätig-<br />
56 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
16. August<br />
Zimmermann, Uwe, Dipl.-<br />
Ing. Teamleiter, Güteüberwachung,<br />
thyssenkrupp<br />
Electrical Steel GmbH, Kurt-<br />
Schumacher-Str. 95, 45881<br />
Gelsenkirchen; Wohnung:<br />
Heinrich-Könn-Str. 37, 40625<br />
Düsseldorf 4088315<br />
21. August<br />
Katzschner, Werner, Dipl.-<br />
Ing., Wohnung: Kahler Str. 24,<br />
63755 Alzenau 4002167<br />
22. August<br />
Lüken, Ludger, Dipl.-Ing. Bereichsleiter,<br />
Warmbandverarbeitung<br />
/ Werk Duisburg Süd,<br />
thyssenkrupp Steel Europe<br />
AG, Kaiser-Wilhelm-Str. 100,<br />
47166 Duisburg; Wohnung:<br />
Am Rothen Busch 13, 47495<br />
Rheinberg 4081<strong>07</strong>7<br />
60 Jahre<br />
05. August<br />
Andersch, Peter, Dipl.-Ing.<br />
Dominion Deutschland<br />
GmbH, Str. 20a Nr. 1, 15890<br />
Eisenhüttenstadt; Wohnung:<br />
Müllroser Str. 34 a, 15890<br />
Siehdichum 4092352<br />
13. August<br />
Hinte, Franz, Dipl.-Ing. Assistent,<br />
Güteüberwachung,<br />
thyssenkrupp Steel Europe<br />
AG, Kaiser-Wilhelm-Str. 100,<br />
47166 Duisburg; Wohnung:<br />
Schwarzer Weg 43a, 47447<br />
Moers 4091229<br />
14. August<br />
Lychatz, Bernd, Dr.-Ing.<br />
Wissenschaftlicher Mitarbeiter,<br />
Institut für Eisen- und<br />
Stahltechnologie, Technische<br />
Universität Bergakademie<br />
Freiberg, Akademiestr. 6,<br />
09599 Freiberg; Wohnung:<br />
Beuststr. 17, 09599 Freiberg<br />
4090384<br />
17. August<br />
Böhmer, Jürgen Rüdiger, Prof.<br />
Dr.-Ing. habil. Universitätsprofessor,<br />
Institut für Physik<br />
und Technik, Universität<br />
Hildesheim, Marienburger<br />
Platz 22, 31141 Hildesheim;<br />
Wohnung: Stiftskirchenweg<br />
2, 31139 Hildesheim 4096154<br />
19. August<br />
Scholz, Harald, Dipl.-Ing. Anlagenentwicklung<br />
Schmelzen<br />
und Gießen, ALD Vacuum<br />
Technologies GmbH, Ottovon-Guericke-Platz<br />
1, 63457<br />
Hanau; Wohnung: Albert-<br />
Einstein-Str. 2, 63517 Rodenbach<br />
4088008<br />
30. August<br />
Sawitzki, Jörg, Dipl.-Ing.(FH)<br />
4092046<br />
50 Jahre<br />
05. August<br />
Güsgen, Ralph, Dipl.-Geol.<br />
Technical Sales Manager,<br />
Vertrieb, Refratechnik Steel<br />
GmbH, Am Seestern 5, 40547<br />
Düsseldorf; Wohnung: Cranachstr.<br />
8, 40235 Düsseldorf<br />
40<strong>07</strong>108<br />
06. August<br />
Denecke-Arnold, Heike,<br />
Dr.-Ing. Vorsitzende der Geschäftsführung,<br />
thyssenkrupp<br />
Hohenlimburg GmbH, Oeger<br />
Str. 120, 58119 Hagen; Wohnung:<br />
Schirmerstr. 48, 40211<br />
Düsseldorf 4093112<br />
40 Jahre<br />
16. August<br />
Kordel, Tobias, Dr. rer. nat.<br />
Dipl.-Phys., thyssenkrupp<br />
Steel Europe AG, Kaiser-<br />
Wilhelm-Str. 100, 47166<br />
Duisburg; Wohnung: Altes<br />
Walzwerk 15, 42781 Haan<br />
4011<strong>07</strong>7<br />
19. August<br />
Born, Stefan, Dipl.-Ing.<br />
Principal Researcher, Research<br />
and Development,<br />
Tata Steel Europe Limited,<br />
Wenckebachstraat 1, 1951 JZ<br />
Velsen Noord (Niederlande);<br />
Wohnung: Hondsbosseweg 8,<br />
1969MA Heemskerk (Niederlande)<br />
4005105<br />
IN MEMORIAM<br />
Steinbeck, Hans, Oberhausen<br />
*27.12.1937 +13.08.2019<br />
Butz, Hans, Dipl.-Ing.,<br />
Duisburg<br />
*11.10.1932 +20.11.2019<br />
Gilles, Ewald, Dipl.-Ing.,<br />
Rheinberg<br />
*11.03.1929 +12.03.<strong>2020</strong><br />
Pierre, Ralf, Dr. rer. nat.,<br />
Mettmann<br />
*18.09.1972 +<strong>07</strong>.06.<strong>2020</strong><br />
keit nachgehen, ohne ständig abschätzen zu müssen,<br />
ob sie den vorgeschriebenen Abstand unterschreiten.<br />
Kommen sie einander zu nahe, warnen die Westen<br />
durch Blinken, Warntöne und Vibration. Dafür nutzen<br />
sie die extrem zuverlässige und exakte Ultra-Breitbandtechnologie,<br />
die durch Wände, Regale oder Tore<br />
hindurch funktioniert. Tritt im Betrieb dennoch ein<br />
Infektionsfall auf, lässt sich durch die optionale Zusatzfunktion<br />
„Tracking & Tracing“ nachvollziehen,<br />
welche Kollegen in der Nähe der positiv getesteten<br />
Person waren. Auf diese Weise können Unternehmen<br />
gegebenenfalls vermeiden, dass die gesamte Belegschaft<br />
pauschal in Quarantäne muss. Entwickelt wurde<br />
die Sicherheitsdistanzweste auf Basis des Assistenzsystems<br />
Linde Safety Guard, das in der Intralogistik<br />
vor Kollisionen zwischen Flurförderzeugen und Fußgängern<br />
warnt. Aus dieser Produktfamilie stammt<br />
auch eine zweite Lösung, die jüngst an die neuen<br />
Anforderungen angepasst wurde.<br />
Bei den „Distance Beepern“ handelt es sich um<br />
kleine, tragbare Einheiten – sie werden zum Beispiel<br />
an der Kleidung, dem Gürtel oder per Armband befestigt<br />
und bieten den gleichen Funktionsumfang wie<br />
die Distanzweste.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 57
STYLE<br />
STORY<br />
Brückenbau<br />
Die neue Brücke besitzt<br />
eine Spannweite von<br />
sieben Metern und zwei<br />
sich anschließender<br />
Stege.<br />
Alpiner Brückenbau mit Stahl<br />
Der Weg zur Zugspitze ist jetzt neu gesichert<br />
DARUM GEHT’S: Für die allermeisten<br />
Wanderrouten in den Alpen reicht festes<br />
Schuhwerk – auch bei Touren durch eine<br />
landschaftlich reizvolle Klamm. Möglich<br />
wird dies durch den geschickten Einsatz<br />
von Stahl, wie jetzt beim Neubau einer<br />
Bogenbrücke auf dem Weg zur Zugspitze.<br />
Als Partner mit an Bord: thyssenkrupp<br />
Schulte, die deutsche Tochtergesellschaft<br />
des Werkstoffhändlers und<br />
-dienstleisters thyssenkrupp Materials<br />
Services.<br />
Die Wanderroute durch die Höllentalklamm<br />
bietet Gipfelstürmern ein<br />
außergewöhnliches Erlebnis auf<br />
dem Weg zur Zugspitze. In einzigartiger<br />
Landschaft werden zahlreiche Wasserfälle<br />
entlang riesiger Fels- und Steinformationen<br />
passiert, die den Blick freigeben auf<br />
Schluchten von bis zu 150 Metern Tiefe.<br />
Für diese ganz besondere Kulisse haben die<br />
Werkstoffexperten von thyssenkrupp<br />
Schulte im Rahmen eines Sponsorings<br />
knapp sieben Tonnen Stahl geliefert. Eingesetzt<br />
wurde das Material beim Neubau<br />
der Bogenbrücke, die auf circa 1 000 Metern<br />
Höhe über die 1 Kilometer lange<br />
Klamm führt. Verantwortlich für die Initiierung<br />
des Gemeinschaftsprojekts war die<br />
Sektion Garmisch-Partenkirchen des Deutschen<br />
Alpenvereins (DAV Garmisch). Die<br />
Die alte Bogenbrücke wurde vor über 115<br />
Jahren eingeweiht.<br />
Umsetzung und Fertigstellung erfolgte in<br />
Kooperation mit dem Bauunternehmen<br />
Züblin, welches die Brücke vor kurzem in<br />
naturgewaltiger Szenerie erfolgreich realisiert<br />
hat.<br />
Material in mehr als 20<br />
unterschiedlichen Ausführungen<br />
Für die Anwendung im Gebirgsgelände galten<br />
für die Bauteile besondere Anforderungen<br />
an die Materialgüte. Dazu zählten insbesondere<br />
höchste Wetterfestigkeit sowie<br />
Trag- und Belastungssicherheit. Auf Basis<br />
dieser Vorgaben erstellte thyssenkrupp<br />
Schulte eine passgenaue Stückliste und<br />
stellte maßgeschneiderte Stahlbleche, -stäbe<br />
und -rohre zur Verfügung. Die Lieferung<br />
umfasste Werkstoffe in insgesamt mehr als<br />
20 unterschiedlichen Ausführungen – von<br />
bis zu 12 000 Millimetern Länge und 20<br />
Millimetern Dicke. Für optimalen Korrosionsschutz<br />
wurden die Materialien von Projektpartner<br />
Züblin weiterverarbeitet und<br />
schließlich vom Fuße der Zugspitze in Grainau<br />
bei Garmisch- Partenkirchen per Helikopter<br />
zu einer der höchst gelegenen Baustellen<br />
Deutschlands geflogen.<br />
Quellen: Strabag/Johannes Zettel; DAV Garmisch; Ed. Züblin/Angelika Warmuth<br />
58 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
Sponsoring als<br />
„Selbstverständlichkeit“<br />
An seinem Bestimmungsort ist nun jedes<br />
der Stahlteile erfolgreich in der Bogenbrücke<br />
eingesetzt und dient als Träger, Stegblech,<br />
Pfosten oder Handlauf. Das ermöglicht<br />
künftig bis zu 100 000 Wanderern<br />
jährlich eine sichere Überquerung der einzigartigen<br />
Höllentalklamm. Detlef Schotten,<br />
Geschäftsführer von thyssenkrupp<br />
Schulte, freut sich über die gute Zusammenarbeit<br />
mit allen Projektpartnern und<br />
die erfolgreiche Fertigstellung: „Als die<br />
DAV Garmisch zum Projekt auf uns zukam,<br />
war es für uns selbstverständlich, uns<br />
mit einem Sponsoring zu beteiligen und<br />
unser Material-Know-how für den gemeinsamen<br />
Erfolg aller am Projekt beteiligten<br />
Dienstleister mit einzubringen.“<br />
Historische Brücke als Sinnbild<br />
für Ingenieurskunst und<br />
Pioniergeist<br />
Die neugebaute Bogenbrücke führt auf ca. 1 000 Metern Höhe über die 1 km lange<br />
Höllentalklamm.<br />
Die alte Bogenbrücke konnte bereits eine<br />
lange Historie aufw<strong>eisen</strong>. Sie wurde vor<br />
über 115 Jahren eingeweiht und galt seither<br />
als Sinnbild für Ingenieurskunst und<br />
Pioniergeist. Jährlich bereitete sie den Weg<br />
zur Zugspitze für Zehntausende Wanderer<br />
und bot spektakuläre Ausblicke in die Höllentalklamm.<br />
Die neue Brücke, die eine<br />
Spannweite von sieben Metern und zwei<br />
sich anschließender Stege besitzt, soll diesem<br />
Vorbild folgen und neue Landmarke<br />
auf dem Weg zur Zugspitze werden.<br />
tp/thyssenkrupp<br />
Das Material wurde erst per LKW angeliefert,...<br />
...um dann auf dem Luftweg zur Baustelle<br />
zu kommen.<br />
Die Umsetzung und Fertigstellung des Projekts erfolgte in Kooperation mit dem<br />
Bauunternehmen Züblin.<br />
<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 59
STYLE<br />
STORY<br />
Historie<br />
Der Schöpfer des Begriffs<br />
„Nachhaltigkeit“<br />
Vor 375 Jahren wurde Hans Carl von Carlowitz geboren<br />
AUTOR: Prof. Dr.-Ing. habil. Gerd Grabow<br />
DARUM GEHT’S: Vor etwas mehr als 300<br />
Jahren wurden von Hans Carl von Carlowitz<br />
entscheidende Gedanken und Anregungen<br />
zur Nachhaltigkeit für die Ökonomie<br />
aufgezeigt. Das Porträt skizziert<br />
einige wichtige Stationen seines<br />
Lebens – und seine Nachwirkungen.<br />
Als die Erzgruben und<br />
Schmelzhütten des Erzgebirges<br />
im frühen<br />
18. Jahrhundert eines der<br />
größten Montanreviere<br />
Europas waren, mussten<br />
mit sie mit viel Holz als Energiequelle<br />
versorgt werden. Zusätzlich<br />
trug das Wachstum von<br />
Bevölkerung und Städten zum<br />
Abbau bei. Ein geregelter Waldbau<br />
oder ein regulatorischer Rahmen<br />
in Form von Gesetzen, Standards<br />
oder Zertifizierungen war<br />
damals schlicht unbekannt. Das<br />
änderte sich 1713, als Hans Carl – eigentlich<br />
Johann „Hannß“ – von Carlowitz<br />
das erste geschlossene Werk über die<br />
Forstwirtschaft schrieb und damit als wesentlicher<br />
Schöpfer des forstwirtschaftlichen<br />
Nachhaltigkeitsbegriffes gilt. Das hat<br />
für bleibenden Ruhm gesorgt. Aus Sicht des<br />
bayerischen Landwirtschaftsministeriums<br />
etwa gehört er „sicherlich zu den meistgenannten<br />
Forstleuten in der nicht-forstlichen<br />
Wissenschafts- und Populärwissenschaftsliteratur“.<br />
Einmal Europa und zurück<br />
Die Familie von Carlowitz war Teil des<br />
sächsischen Uradels und bereits seit mehreren<br />
Generationen in der Verwaltung von<br />
Wäldern im sächsischen Erzgebirge tätig.<br />
Als Sohn des kursächsischen Oberforstmeisters<br />
Georg Carl von Carlowitz wurde<br />
Hans Carl am 14. Dezember 1645 als zweitältester<br />
Sohn in die vierte Generation der<br />
auf Burg Rabenstein lebenden Familie geboren.<br />
Ab 1659 besuchte er das Evangelisch-lutherische<br />
Stadtgymnasium zu Halle,<br />
anschließend studierte er 1664/1665<br />
Rechts- und Staatswissenschaften in Jena,<br />
Die Gedenktafel für Hans Carl von Carlowitz<br />
(1645–1714) wurde von Bertrand Freiesleben<br />
geschaffen, sie hängt in Freiberg.<br />
lernte Fremdsprachen und widmete sich<br />
naturwissenschaftlichen und bergbaukundlichen<br />
Studien. Während seiner „Kavalierstour“,<br />
eine seit der Renaissance obligatorische<br />
Reise der Söhne des europäischen<br />
Adels, sammelte er von 1665 bis 1669<br />
Erfahrungen u.a. in England, Frankreich,<br />
den Niederlanden, Dänemark, Schweden,<br />
Italien und Malta. Vorrangiges Ziel dieser<br />
R<strong>eisen</strong> war es, der Bildung den vielzitierten<br />
„letzten Schliff“ zu geben. Von Carlowitz<br />
lernte zusätzlich, dass Holz im Europa des<br />
17. Jahrhunderts ein knapper Rohstoff war.<br />
Nachhaltigkeit als Prinzip<br />
Über die zehn Jahre zwischen seiner Rückkehr<br />
und der Heirat mit Ursula Margaretha<br />
von Bose im Jahr 1675 ist wenig bekannt.<br />
Zwei Jahre später wurde er zum sächsischen<br />
Vize-Berghauptmann ernannt und<br />
wirkte seitdem in Freiberg. Im Jahr 1711<br />
folgte die Ernennung zum Oberberghauptmann<br />
des Erzgebirges. Als Leiter des Oberbergamtes<br />
in Freiberg lag u.a. die Holzversorgung<br />
des kursächsischen Berg- und<br />
Hüttenwesens in seiner Zuständigkeit.<br />
Historische Bedeutung erlangte von Carlowitz<br />
1713 als Verfasser von „Sylvicultura<br />
oeconomica“, dem ersten eigenständigen<br />
Werk über die Forstwirtschaft.<br />
Darin führte er verschiedene Fäden<br />
aus der Vergangenheit<br />
zusammen und ergänzte<br />
eigene, teilweise im Rahmen<br />
der „Kavalierstour“<br />
gesammelte Erfahrungen.<br />
Von Carlowitz forderte, respektvoll<br />
und „pfleglich“<br />
mit der Natur und ihren<br />
Rohstoffen umzugehen und<br />
kritisierte die auf kurzfristigen<br />
Gewinn ausgelegte Übernutzung<br />
der Wälder. Damit<br />
formulierte er erstmals das Prinzip<br />
der Nachhaltigkeit, auch wenn<br />
das Wort „nachhaltend“ in dem<br />
432-seitigen Buch nur einmal vorkommt.<br />
Im Jahr nach Veröffentlichung<br />
starb er am 3. März 1714 in Freiberg und<br />
wurde zehn Tage später im Familiengrab<br />
in der Stadtkirche St. Petrie beigesetzt.<br />
Nachruhm als Namensgeber<br />
Insbesondere in Sachsen wird die Erinnerung<br />
hochgehalten, beispielsweise durch<br />
die Sächsische Carlowitz-Gesellschaft, die<br />
u.a. das Carlowitz’sche Erbe erschließen,<br />
bewahren, weitergeben sowie Leitbild und<br />
Ethik der Nachhaltigkeit fördern möchte.<br />
Um einen großen Sohn der Stadt zu ehren<br />
– von Carlowitz’ Geburtsort Rabenstein<br />
wurde 1950 eingemeindet – heißt seit 2012<br />
ein Chemnitzer Stadtpark nach Hans Carl<br />
von Carlowitz. An der Technischen Universität<br />
(TU) Bergakademie Freiberg wird<br />
seit 2003 ein nach von Carlowitz benannter<br />
Preis gestiftet, um herausragende Leistungen<br />
von Studenten und Nachwuchswissenschaftlern<br />
im Bereich der Umweltforschung<br />
zu ehren.<br />
Quelle: Unukorno / CC BY (https://creativecommons.org/licenses/by/3.0<br />
60 Juli <strong>2020</strong> <strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de
VORSCHAU<br />
IMPRESSUM<br />
Bis zum nächsten Mal<br />
Titelthema: Anlagentechnik<br />
Die Titelstrecke widmet sich aktuellen<br />
Trends rund um Anlagentechnik.<br />
Politik + Märkte<br />
Nachhaltige Maßnahmen für grünen Stahl<br />
Wissenschaft + Technik<br />
Die vorausschauende Prozessplanung im<br />
industriellen Umfeld von Selective Laser<br />
Melting-Prozessen wird beschrieben.<br />
Style + Story<br />
Ein Hase aus Edel<strong>stahl</strong> machte Jeff Koons<br />
zum teuersten lebenden Künstler.<br />
Impressum<br />
Quelle: Deutsche Edel<strong>stahl</strong>werke<br />
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Wirtschaftsvereinigung Stahl,<br />
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<strong>stahl</strong>und<strong>eisen</strong>.de Juli <strong>2020</strong> 61
PEOPLE<br />
Wer kommt Wer geht<br />
Lech-Stahlwerke geben personelle Veränderungen<br />
bekannt<br />
Simon Zeilberger<br />
Martin Kießling<br />
Bei den bayrischen Lech-Stahlwerken<br />
(LSW) hat es personelle Veränderungen<br />
in der Geschäftsführung gegeben. Simon<br />
Zeilberger, der bisherige kaufmännische<br />
Geschäftsführer des Unternehmens, wurde<br />
zum Vorstand der Max Aicher Stiftung<br />
und der Max Aicher GmbH & Co. KG berufen.<br />
Bevor der 39-jährige Österreicher<br />
2014 die Geschäftsführung der LSW<br />
übernahm, leitete er dessen Tochtergesellschaft<br />
Max Aicher Recycling. Darüber<br />
hinaus wechselte vor Kurzem Martin<br />
Kießling (54) in die technische Geschäftsführung<br />
der LSW. Zuvor war der gebürtige<br />
Dortmunder fünf Jahre lang technischer<br />
Geschäftsführer der Bilstein Group,<br />
einem Hersteller von kaltgewalztem Präzisionsband<strong>stahl</strong>.<br />
Mit seiner neuen Position<br />
bei den LSW tritt Kießling erstmalig<br />
in einen Teilbereich der Stahlproduktion<br />
ein, der eine Flüssigphase des Werkstoffs<br />
beinhaltet. Er folgt damit auf Dr. Klaus<br />
Krüger, der von seinem Posten zurückgetreten<br />
ist und in die Geschäftsführung<br />
des Schwesterunternehmens Stahlwerk<br />
Annahütte zurückkehrt.<br />
Siegfried Russwurm soll<br />
neuer BDI-Präsident werden<br />
Dr. Siegfried<br />
Russwurm<br />
Der bisherige Aufsichtsratvorsitzende von thyssenkrupp<br />
und Voith, Dr. Siegfried Russwurm, soll neuer<br />
Präsident des Bundesverbandes der Deutschen<br />
Industrie (BDI) werden. Der amtierende BDI-Präsident<br />
Dieter Kempf erklärte in einer Pressemitteilung,<br />
er habe den 56-jährigen als seinen Nachfolger<br />
vorgeschlagen. Russwurm war von 2008 bis 2017<br />
Mitglied des Vorstands der Siemens AG. In dieser<br />
Zeit war der Manager verantwortlich für alle Industriethemen,<br />
als CTO für Technik sowie für Healthcare<br />
und Personal. Zu seinen Regionalzuständigkeiten<br />
im Konzern gehörten Europa, Afrika und der<br />
Mittlere Osten. Seit 2005 hält er zudem als Honorarprofessor<br />
Mechatronik-Vorlesungen an der Universität<br />
Erlangen-Nürnberg, an dessen Lehrstuhl für<br />
Technische Mechanik er auch promovierte. Russwurm ist zudem Mitglied<br />
des Präsidiums der Deutschen Akademie der Technikwissenschaften (acatech)<br />
und des Vorstands der Deutsch-Schwedischen Handelskammer.<br />
Neue Geschäftsführung bei<br />
Tenova LOI Thermprocess<br />
Christian Schrade leitet als neuer Geschäftsführer<br />
seit Juli die Geschicke des<br />
Technologielieferanten Tenova LOI<br />
Thermprocess, einem Spezialisten auf<br />
dem Gebiet der Wärmebehandlungsanlagen.<br />
Er folgt damit auf Erik Míček, der das<br />
Unternehmen Ende Juni nach fast drei<br />
Jahrzehnten verlassen hat. Schrade verantwortete<br />
seit 2010 die Geschäftsführung<br />
der Gesellschaft Tenova Metals Deutschland,<br />
die im August vergangenen Jahres<br />
auf die LOI Thermprocess GmbH verschmolzen<br />
wurde. Den kaufmännischen<br />
Bereich des Unternehmens verantwortet<br />
weiterhin Torsten Koepchen als CFO.<br />
Torsten Koepchen (links) und Christian<br />
Schrade<br />
Neuer Arbeitsdirektor<br />
für Arcelor-<br />
Mittal Bremen<br />
Mitte Juni hat der Aufsichtsrat von Arcelor-<br />
Mittal Bremen die Bestellung von Michael<br />
Hehemann zum Geschäftsführer der ArcelorMittal<br />
Bremen GmbH, zuständig für das<br />
Resort „Personal und Soziales – Arbeitsdirektor“,<br />
beschlossen. Hehemann folgt in dieser<br />
Position ab 1. September auf Jens Loock, der<br />
auf eigenen Wunsch das Unternehmen verlässt.<br />
Zuvor arbeitet er seit Juli aber noch<br />
seinen Nachfolger ein. Hehemann war in<br />
seiner letzten Funktion Geschäftsführer der<br />
IG Metall Emden und unter anderem auch<br />
für VW in Emden zuständig.<br />
Wechsel in der<br />
Geschäftsführung<br />
bei Siempelkamp<br />
Bei der G. Siempelkamp GmbH & Co. KG gab<br />
zur Jahresmitte einen Wechsel in der Geschäftsführung:<br />
Christoph Michel, bisheriger<br />
CEO und Sprecher der Geschäftsführung,<br />
verließ Ende Juni den Technologiekonzern.<br />
Er wolle sich außerhalb der Gruppe „neuen<br />
Aufgaben und Herausforderungen“ stellen,<br />
heißt es. Dr. Martin Stark, Vorsitzender des<br />
Beirates, übernahm bis auf weiteres als Interimsmanager<br />
die Position des CEO. Für diese<br />
Zeit wird er sein Mandat als Beiratsvorsitzender<br />
von Siempelkamp ruhen lassen. Der Beirat<br />
ist aktuell auf der Suche nach einem geeigneten<br />
Kandidaten für eine langfristige<br />
Nachfolge an der Spitze des Krefelder Traditionsunternehmens.<br />
Quellen: Lech-Stahlwerke (2); Voith; Tenova<br />
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