XtraBlatt Ausgabe 01-2020
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INTERVIEW<br />
e<br />
die Landtechnik weiter – und bis heute – gut<br />
am Wind segelt. Würde die Gruppe nur auf<br />
einem Bein stehen, wäre die Position phasenweise<br />
wackeliger – ein Problem, mit dem<br />
nicht wenige Marktbegleiter zu kämpfen<br />
haben, vor allem in der Logistik.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Gibt es auch inhaltliche<br />
Synergien?<br />
Dr. Frink: Eindeutig ja! Herausragendes<br />
Beispiel ist dabei sicher die Digitalisierung<br />
mit all‘ ihren Herausforderungen, wobei ich<br />
besonders den Bereich Telematics und die<br />
Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle als<br />
echte Zukunftsthemen sehe.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Wer ist dabei treibende Kraft?<br />
Gerade bei Themen wie dem Flottenmanagement<br />
scheint die Logistikbranche<br />
deutlich weiter zu sein …<br />
Dr. Frink: Was die Entwicklung digitaler<br />
Konzepte bis zur Serienreife betrifft, ist bei<br />
Krone tatsächlich die Landtechnik sehr oft<br />
die treibende Kraft der Entwicklung. Hier<br />
stellen sich erfahrungsgemäß aufgrund der<br />
Kundenanforderungen und technischen<br />
Trends sehr komplexe Aufgaben. Was die<br />
Markteinführung und die Realisierung von<br />
Geschäftsmodellen betrifft, agiert die Logistik<br />
jedoch schneller flächendeckend, nicht<br />
zuletzt, weil sich dort über entsprechend<br />
hohe Stückzahlen schneller ein „return of<br />
invest“ ergibt. Aber: Auf diese Weise sind<br />
Entwicklungsschritte möglich, die jeder für<br />
sich allein eventuell nicht in gleichem Tempo<br />
schaffen könnte. Sozusagen zwei Welten,<br />
ein Weg.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Das klingt, als ob bei den Entwicklungskosten<br />
die Position als spezialisierter<br />
Mittelständler neben großen Global Playern<br />
eher nachteilig wäre …<br />
Dr. Frink: Nein, das sehe ich nicht so. Vielen<br />
Kunden in der Landwirtschaft ist gar nicht<br />
bewusst, dass Krone in Europa im Trailermarkt<br />
an zweiter Stelle steht, noch dazu<br />
relativ dicht am Marktführer dran. In einigen<br />
Segmenten stehen wir sogar auf Platz 1.<br />
Im Zuge von „mykrone.green“ können Kunden zusätzliche Motorleistung für Häcksler online buchen.<br />
Dies gilt, gemessen am Umsatz, nicht im ist heute in der blauen Welt anteilig sicher<br />
gleichen Maß für die Landtechnik, wo wir größer als in der grünen. Doch dafür sehe<br />
als Spezialist für die Grundfutterernte neben ich in der Landwirtschaft ebenfalls ein<br />
sehr finanzstarken Konzernen stehen, die großes Potenzial. Mit unseren neuen Angeboten<br />
rund um „mykrone.green“, die wir<br />
man landläufig als Long-Liner bezeichnet.<br />
Hier ist eine der Herausforderungen, die zur Agritechnica 2<strong>01</strong>9 vorgestellt haben,<br />
Vertriebs- und Servicenetze zu stärken konnten wir ein klares Signal setzen, was<br />
und den Vorsprung immer wieder mit großen Zuspruch erfuhr. Dazu möchte ich als<br />
richtungweisenden Technikentwicklungen Beispiel die Möglichkeit nennen, zusätzliche<br />
sowie herausragendem Service zu halten Motorleistung für Häcksler online buchen<br />
oder auszubauen. Auch digitale Konzepte und freischalten zu können.<br />
werden stark an Bedeutung gewinnen, und<br />
hier wollen wir Trendsetter sein.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Warum sollte ein Lohnunternehmer,<br />
der einen 700-PS-Häcksler kauft,<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Was sich in der Zielgruppe Landwirtschaft<br />
schwieriger gestalten könnte als begrenzte Zeit 100 PS mehr Leistung zu<br />
zusätzlich Geld ausgeben, um für eine<br />
in der Logistikbranche …<br />
bekommen?<br />
Dr. Frink: Das Umsatz- und vor allem Ertragspotenzial<br />
digitaler Geschäftsmodelle Häcksler kaufen kann, also Investition<br />
Dr. Frink: Weil er sich einen kleineren<br />
und<br />
Abschreibung reduziert und die Mehrleistung<br />
günstiger dazukaufen kann, wenn er sie<br />
braucht. Zahle nur, was Du wirklich brauchst<br />
– das ist Mehrwert pur. Dieser Gedanke ist<br />
in der Landtechnik noch nicht so selbstverständlich<br />
wie in der Logistikbranche. Genau<br />
hier liegt unsere Aufgabe als Hersteller: Produkte<br />
zu entwickeln, die einen erkennbaren<br />
Mehrwert bieten – bei der Maschine wie bei<br />
digitalen Produkten – und diese Mehrwerte<br />
auch transparent zu machen. Um ihrer selbst<br />
willen kauft niemand digitale Lösungen.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Was sind aus Ihrer Sicht konkrete<br />
Digitallösungen, die sich künftig auch in der<br />
Landtechnik stärker etablieren werden?<br />
Dr. Frink: Für das Thema Mietmaschinen<br />
sehe ich grundsätzlich in der Landwirtschaft<br />
noch viel Luft nach oben. Auch das<br />
schon angesprochene „pay per use“, also<br />
die nutzungsorientierten Modelle, werden<br />
zunehmen. So kann ich mir zum Beispiel<br />
gut vorstellen, dass Lohnunternehmer eines<br />
Tages nicht einen Häcksler kaufen, sondern<br />
das Häckseln einer bestimmten Fläche Futter<br />
und einer garantierten Einsatzfähigkeit der<br />
Technik bei ganz klar kalkulierbaren Kosten<br />
pro Einheit.<br />
Ob in der grünen Welt ähnliche komplexe<br />
Konzepte entstehen wie in der blauen, wie<br />
zum Beispiel das bestens funktionierende<br />
Smart Capacity Management mit Verknüpfung<br />
zu digitalen Frachtbörsen zur<br />
optimalen Nutzung des Transportraums,<br />
ist noch nicht absehbar. Aber ich bin<br />
überzeugt, dass wir in nicht allzu<br />
ferner Zukunft in der Landtechnik<br />
Lösungen im Markt sehen werden, die sich<br />
heute kaum jemand vorstellen kann.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Apropos vorstellen: Nicht selten<br />
wird im Zuge der Digitalisierung auch über<br />
die Gefahr disruptiver Geschäftsmodelle<br />
diskutiert, die bestehende Märkte durcheinanderwirbeln<br />
können. Wie schätzen Sie<br />
dies mit Blick auf die blaue und grüne Welt<br />
ein?<br />
Dr. Frink: Dieses Szenario ist gar nicht so unwahrscheinlich.<br />
Logistik-Giganten wie zum<br />
Beispiel Amazon investieren heute bereits<br />
in eigene Lkw-Flotten, die aber nicht immer<br />
aus eigenem Bestand heraus voll ausgelastet<br />
werden, somit suchen diese Akteure selbst<br />
zusätzliche Frachtaufträge. Das ist ein konkretes<br />
Risiko für klassisch-mittelständische<br />
Spediteure. Indem Fahrzeughersteller wie<br />
„EGAL, OB IN DER<br />
LANDTECHNIK ODER<br />
BEI DEN NUTZFAHR-<br />
ZEUGEN – KRONE<br />
SETZT IN DER DIGI-<br />
TALISIERUNG GANZ<br />
KLAR AUF OFFENE<br />
SYSTEME.“<br />
DR. DAVID FRINK<br />
Krone technische Lösungen anbieten, die<br />
diesen Mittelstand unterstützen, sorgen<br />
wir hoffentlich für ein dauerhaft gesundes<br />
Marktgefüge.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Wie sehen Sie dies in der<br />
Landwirtschaft?<br />
Dr. Frink: Digitale Konzepte bieten auch hier<br />
enorme Potenziale, werden aber ebenso für<br />
deutliche Veränderungen in den gewohnten<br />
Marktstrukturen sorgen. Ein Risiko für Landwirt<br />
und Lohnunternehmer sehe ich immer<br />
dann, wenn digitale Konzepte zu Marktausschluss<br />
einzelner Akteure führen, sei es als<br />
Maschinenhersteller oder als Dienstleister.<br />
<strong>XtraBlatt</strong>: Zum Beispiel?<br />
Dr. Frink: Beachtenswert finde ich zum<br />
Beispiel Ansätze wie den garantierten Behandlungserfolg<br />
bei der Ausbringung von<br />
Pflanzenschutzmitteln oder „garantierte Erträge“<br />
– wenn dies denn überhaupt machbar<br />
ist. Derartiges ist ja keine Vision mehr, sondern<br />
Realität. Indem Hersteller von Pflanzenschutzmitteln<br />
und/oder Großhandelsunternehmen<br />
dies anbieten, stellt sich die Frage: Was<br />
bedeutet das für die Technikhersteller oder<br />
die Lohnunternehmer? Auch die Landwirte<br />
selbst sollten aufpassen, dass sie im Zuge<br />
dieser Modelle genügend eigenen Entscheidungsspielraum<br />
behalten. Die Tendenz auf<br />
verschiedenen Ebenen, Digitalisierung sowohl<br />
zur Kundenbindung als auch als Datenstaubsauger<br />
zu nutzen, um flächendeckend<br />
Marktvolumina scannen zu können, wie zum<br />
Beispiel bei Saatgut oder Erntemengen, birgt<br />
Risiken zur Monopolisierung, vor denen ich<br />
nur warnen kann. Sie liegt jedenfalls nicht<br />
im Interesse der mittelständischen Anbieter,<br />
daher sind diese gut beraten, sich gemeinsam<br />
mit offenen Konzepten zu wappnen und ihre<br />
Kunden zu stärken. Und aus unserer Sicht<br />
möchte ich ganz klar betonen: Egal, ob in der<br />
Landtechnik oder bei den Nutzfahrzeugen –<br />
Krone setzt in der Digitalisierung ganz klar auf<br />
offene Systeme und nicht auf Insellösungen.<br />
Wir möchten, dass die Datenhoheit immer<br />
beim Kunden bleibt. «<br />
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