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XtraBlatt Ausgabe 01-2020

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INTERNATIONAL<br />

1<br />

3<br />

Eine Schlüsselfunktion nimmt dabei die<br />

betriebseigene Heutrocknung ein, für<br />

die Familie Neuhofer/Übertsberger ein<br />

kombiniertes Trocknungssystem mit Solar-<br />

Dachabsaugung in Kombination mit einer<br />

schlagkräftigen Luftentfeuchter-Anlage<br />

einsetzt. Die Anlage ist so dimensioniert,<br />

dass damit an einem Tag bis zu 25 ha<br />

frisches Heu mit einem TM-Gehalt von ungefähr<br />

60–65 % eingebracht und getrocknet<br />

werden können. Geschnitten wird in der<br />

Regel viermal pro Jahr, und spätestens<br />

24 h nach dem Mähen soll das Futter in<br />

der Trocknungsanlage sein.<br />

WERTSCHÖPFUNG<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1 Das Heumilch-Produktportfolio als hochwertigem Naturkäse reicht von<br />

Weich- und Schnittkäse bis hin zu langgereiftem Hartkäse, wie zum<br />

Beispiel Österreichischem Bergkäse.<br />

2 Weidegang ist essentieller Bestandteil des Heumilch-Konzepts.<br />

3 Die Trocknungsanlage kann Futter von bis zu 25 ha pro Tag verarbeiten.<br />

4 Der richtige Schnittzeitpunkt, schonendes Futterhandling und dennoch<br />

Schlagkraft in der Futterernte sind maßgebliche Aspekte.<br />

Hilfreich ist dabei, dass im Betrieb Neuhofer<br />

zwei Generationen anpacken können. „Dieses<br />

gemeinsame Arbeiten bietet viele Möglichkeiten,<br />

den Betriebsablauf bestmöglich<br />

zu organisieren und doch allen Beteiligten<br />

auch zeitlich Freiraum zu verschaffen“, freut<br />

sich der Senior. Und dank der Heufütterung<br />

sei das Handling im Stall recht einfach. „Wir<br />

setzen nicht einmal einen Futtermischwagen<br />

ein. Unsere Heuernte mag zeitlich<br />

etwas aufwändiger sein – aber das machen<br />

wir arbeitswirtschaftlich im Stall durch die<br />

einfache Futtervorlage mehr als wett“, berichtet<br />

Karl Neuhofer.<br />

Und wie sieht es mit den Kosten aus?<br />

Schließlich sind Eigenmechanisierung<br />

und Heutrocknung nicht zum Nulltarif<br />

zu haben. „Für uns passt die Rechnung<br />

aber gut“, bestätigt der Landwirt. Von den<br />

Molkereien in Österreich wurde im Frühjahr<br />

<strong>2020</strong> im Schnitt ein Erzeugermilchpreis für<br />

GVO-frei erzeugte Milch von etwa 38 ct/kg<br />

brutto ausbezahlt. Der Heumilchzuschlag<br />

zu diesem Preis für konventionelle Betriebe<br />

beträgt 5–7 ct/kg. „Für Bio-Heumilch mit<br />

Laufstall- und Weidehaltung erhalten<br />

wir auf unserem Betrieb einen Erzeugermilchpreis<br />

in Höhe von 57 ct/kg brutto.<br />

Diese zusätzliche Wertschöpfung macht<br />

die Milchviehhaltung wirtschaftlich. Und<br />

sie entkoppelt uns von der zunehmenden<br />

Volatilität der Weltmarktpreise, denn die<br />

Heumilch ist eine vergleichsweise stabile<br />

Größe im kleinen, aber feinen Segment der<br />

Premium-Milchprodukte.“<br />

Mehr Wertschöpfung und weniger Preisschwankungen<br />

– diese Aspekte überzeugen<br />

immer mehr Landwirte, aber ebenso die<br />

Verarbeiter. Nach Aussage Karl Neuhofers<br />

arbeiten mittlerweile in Österreich rund<br />

8.000 Landwirte nach den Richtlinien der<br />

ARGE Heumilch. Dabei handelt es sich<br />

weitgehend um Kuhbetriebe, allerdings<br />

sind inzwischen auch Ziegen- und Schafhalter<br />

mit an Bord. Hinzu kommen rund 60<br />

Käsereien, Molkereien und Sennereien, die<br />

2<strong>01</strong>9 zusammen rund 510 Mio. kg Milch<br />

verarbeitet haben, davon 85 % zu Käse.<br />

Insgesamt stammen somit etwa 15 % der<br />

in Österreich produzierten Milch von einem<br />

Heumilch-Betrieb, Tendenz steigend.<br />

Doch mittlerweile zieht das Konzept weitere<br />

Kreise. In Deutschland gibt es in zwischen<br />

ebenfalls eine ARGE Heumilch, die eng<br />

mit der österreichischen Organisation kooperiert.<br />

Der Schwerpunkt der zugehörigen<br />

Landwirte liegt dabei in Bayern und Baden-<br />

Württemberg, so Karl Neuhofer. „Geboren ist<br />

unser Konzept der Heumilch im Alpenraum<br />

und hat hier sicher auch seine emotionalen<br />

Wurzeln – auch in der Wahrnehmung der<br />

Verbraucher, auf die es ja letztlich vor allem<br />

ankommt. Aber inzwischen interessieren<br />

sich auch Landwirte und Verarbeiter aus<br />

Frankreich, Norddeutschland oder den<br />

Niederlanden für diese Produktionsform.<br />

Entscheidend ist die kompromisslose Einhaltung<br />

unserer hohen Standards und der<br />

Qualität. Denn daran werden wir im Markt<br />

gemessen.“<br />

GUTE NACHFRAGE<br />

Ausdruck dieser Richtlinien ist dabei nicht<br />

nur das Heumilch-Markenlogo, sondern<br />

primär die strengen Kontrollen der Landwirte<br />

und Verarbeiter durch zertifizierte<br />

Kontrollstellen. Ein Höhepunkt für die<br />

Organisation war 2<strong>01</strong>6 die Verleihung<br />

des EU-Gütesiegels „g.t.S. – garantiert<br />

traditionelle Spezialität“, welches eine<br />

Steilvorlage für das ARGE-Marketing darstellt.<br />

„Wichtig ist unserer Organisation, die<br />

Kommunikation und Öffentlichkeitsarbeit<br />

professionell umzusetzen. Die Mittel setzen<br />

sich aus Eigenmitteln der Heumilchbauern<br />

(0,3 ct/kg Milch) und Verarbeiter (0,2 ct/<br />

kg Milch) sowie aus Mitteln der ländlichen<br />

Entwicklung zusammen“, erläutert der<br />

Obmann. Dazu unterstreicht er weiter: „Personell<br />

sind wir in der ARGE extrem schlank<br />

aufgestellt, sodass fast das gesamte Budget<br />

effektiv für Marktbearbeitung ausgegeben<br />

wird. Und zweitens ist Heumilch kein Marketing-Schmäh,<br />

wie man in Österreich sagt,<br />

sondern es lebt von der Überzeugungskraft<br />

dessen, was in der Praxis geleistet wird. Das<br />

erleben viele Verbraucher, wenn sie hier im<br />

Land Urlaub machen, und unsere Betriebe<br />

sind immer offen, um Heumilch erlebbar<br />

zu machen. Dies spricht für sich selbst und<br />

stärkt die Glaubwürdigkeit. Großen Wert<br />

legen wir zum Beispiel auf die direkte Betreuung<br />

des Lebensmittel-Einzelhandels.“<br />

Sehr positiv stimmt Karl Neuhofer die Erkenntnis,<br />

dass gerade der Einzelhandel den<br />

gegenwärtigen Verbrauchertrend zu Regionalität<br />

und Spezialität aufgreift und so auch<br />

kleine Marktteilnehmer wie die Heumilch<br />

Einzug in die Läden halten können. Sorge vor<br />

einer Verwässerung durch Großmolkereien<br />

hat Karl Neuhofer nicht. „Die Zielgruppe der<br />

Käufer von Premiumprodukten, wie etwa<br />

Heumilch, unterscheidet hier schon sehr<br />

klar. Und wenn der Heumilch-Anteil steigt,<br />

hilft das generell der Landwirtschaft.“ «<br />

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