Lesekompetenz und Lesekultur in der Klasse

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Kommunikative Rituale • Geschichtenhefte als ritualisierter Schreibanlass – Diktieren in VSK und Anfang Klasse 1: Lehrkraft als ‚Sekretärin‘: Du hast die Geschichte … gehört. Schreibe auf, was du gehört hast und was du denkst! Ich schreibe es für dich. • Kommunikation über Texte – Vorlesen der individuellen Lese- und Hörerfahrungen – Bericht von Hörerfahrungen – Planung gemeinsamer Hörsituationen Petra Hüttis-Graff Einführungsvortrag 22 Strobl/Österreich 9.5.2011 Prof. Dr. Petra Hüttis-Graff 27 Dieser Baustein setzt also weder auf Viellesen als quantitativem Ansatz noch auf methodisch kontrollierte Teams von guten und schwachen Lesern, um geringe Leseerfahrungen und fehlende Leseroutinen (methodisch) zu kompensieren und durch eine hohe Lesemenge das Leseselbstkonzept zu stabilisieren (Rosebrock; Graf; Möller/Schiefele). Vielmehr geht es mir darum, den Kindern Lektüre als Ziel des Lesens in der Schule als bedeutsam und als machbar erfahrbar zu machen – auch durch kommunikativ eingebettetes Vorlesen und das gemeinsame Hören von Hörmedien –, damit eine Neugier auf Texte entsteht, die außerschulisches Lesen anregt. 4.3 I. Lese-Schreib-Gesprächs-Kultur in der Klasse Wie entsteht Neugier auf Texte, nachhaltige Motivation zum Lesen? Beides ist nicht systematisch anleitbar, kann jedoch in der Schule in einer alltäglichen Lesekultur befördert werden. Auch hier möchte ich einen Akzent herausgreifen: die vom Vorlesen ausgehende Lese-Schreib-Gesprächs-Kultur. Im Mittelpunkt dieses Bausteins stehen qualitative, emotional bedeutsame Bucherfahrungen im sozialen Kontext der Klasse: einen Lesestoff (auch in seiner erstmaligen Fremdheit) sich gemeinsam zu eigen zu machen, Lesekommunikation auszubilden und zu sichern, Motivation durch individuelle Zugänge zu Literatur zu schaffen und durch die Verständigung geteilte Bedeutungen zu konstruieren. Entscheidend ist also die Art der Lesekommunikation – dafür sprechen Befunde von Wieler zu Vorlesesituationen mit

Petra Hüttis-Graff Einführungsvortrag 23 Strobl/Österreich 9.5.2011 Vierjährigen: entscheidend ist nicht die Tatsache, dass gemeinsam gelesen wird, sondern wie: ob dabei geteilte Bedeutungen entstehen und jedes Kind in seiner Teilhabe an Lesekultur. Unterstützt wird. Die Lese-Schreib-Gesprächs-Kultur schafft mit allen Kindern gemeinsam individuell bedeutsame Zugänge zu Lektüre als Grundlage für die Habitualisierung selbständiger Lektüre innerhalb und außerhalb der Schule auch bei jenen Kindern, die sie bisher noch nicht entwickelt haben. Es sind dann nicht „die anderen“ sozialen Schichten, die lesen und lesen können (Rosebrock/Pieper), sondern jeder Schüler gehört dann selbst zu den Lesern. Schüler sollen Interesse an Büchern finden, denn dann lohnt es sich für sie, die Anstrengung des Lesenlernens und –übens zu überwinden, dann lesen sie auch selbst und auch außerhalb der Schule – und das ist mehr Übung, als die Schule ihnen aufgeben kann. Es geht bei diesem Baustein darum, auch zunächst fremde Texte in den Interessenshorizont von Kindern zu rücken – ihnen Anknüpfungspunkte für identitätsbildende Prozesse zu bieten: Wie sollten manche Schüler ohne solche faszinierenden Leseerfahrungen sie interessierende Bücher selbst auswählen können? Unterricht sollte durch das Kennenlernen neuer Welten und Sichtweisen im Buch ihr mentales Leseengagement, ihre Involvierung in das Lesen anstoßen. Und es geht um die Teilhabe an ko-konstruktiven Formaten der Lesekommunikation, wie sie für Zugänge zu Bildung grundlegend sind, nicht nur in der Schule. Lesen kann nicht nur durch Selberlesen befördert werden, sondern auch dadurch, dass die Lehrkraft in der Klasse vorliest. Dies belegte kürzlich besonders eindrücklich die Studie von Jürgen Belgrad (2010), in der Achtklässlern ein halbes Jahr lang 3-4mal pro Woche 10-15 Minuten vorgelesen wurde. Vom regelmäßigen Vorlesen profitierten nicht nur für ihre Lesemotivation, sondern auch für ihre Lesekompetenz. Untersucht wurde in dieser Studie zusätzlich, ob sich die „Lesesteigerung“ durch folgende Variablen verändert: • durch die kommunikative Form des Vorlesens: monologisch vs. dialogisch (= nur Vorlesen vs. Vorlesen und über den Text reden) • �durch die Gestaltung des Vorlesens: neutral vs. theatral (= gutes Betonen usw. vs. eher wie Schauspieler Theater spielen) • durch die Textsorte: Jugendbuch vs. Kurzgeschichte • �durch die Kompetenz des Vorlesers: geschult vs. ungeschult • �durch die Aktivitätsform: bloßes Zuhören vs. Zuhören und Mitlesen.

Kommunikative Rituale<br />

• Geschichtenhefte als ritualisierter Schreibanlass<br />

– Diktieren <strong>in</strong> VSK <strong>und</strong> Anfang <strong>Klasse</strong> 1: Lehrkraft als<br />

‚Sekretär<strong>in</strong>‘: Du hast die Geschichte … gehört.<br />

Schreibe auf, was du gehört hast <strong>und</strong> was du denkst!<br />

Ich schreibe es für dich.<br />

• Kommunikation über Texte<br />

– Vorlesen <strong>der</strong> <strong>in</strong>dividuellen Lese- <strong>und</strong> Hörerfahrungen<br />

– Bericht von Hörerfahrungen<br />

– Planung geme<strong>in</strong>samer Hörsituationen<br />

Petra Hüttis-Graff<br />

E<strong>in</strong>führungsvortrag<br />

22 Strobl/Österreich 9.5.2011<br />

Prof. Dr. Petra Hüttis-Graff 27<br />

Dieser Bauste<strong>in</strong> setzt also we<strong>der</strong> auf Viellesen als quantitativem Ansatz noch auf methodisch<br />

kontrollierte Teams von guten <strong>und</strong> schwachen Lesern, um ger<strong>in</strong>ge Leseerfahrungen <strong>und</strong><br />

fehlende Leserout<strong>in</strong>en (methodisch) zu kompensieren <strong>und</strong> durch e<strong>in</strong>e hohe Lesemenge das<br />

Leseselbstkonzept zu stabilisieren (Rosebrock; Graf; Möller/Schiefele). Vielmehr geht es mir<br />

darum, den K<strong>in</strong><strong>der</strong>n Lektüre als Ziel des Lesens <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule als bedeutsam <strong>und</strong> als machbar<br />

erfahrbar zu machen – auch durch kommunikativ e<strong>in</strong>gebettetes Vorlesen <strong>und</strong> das geme<strong>in</strong>same<br />

Hören von Hörmedien –, damit e<strong>in</strong>e Neugier auf Texte entsteht, die außerschulisches Lesen<br />

anregt.<br />

4.3 I. Lese-Schreib-Gesprächs-Kultur <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Klasse</strong><br />

Wie entsteht Neugier auf Texte, nachhaltige Motivation zum Lesen? Beides ist nicht<br />

systematisch anleitbar, kann jedoch <strong>in</strong> <strong>der</strong> Schule <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er alltäglichen <strong>Lesekultur</strong> beför<strong>der</strong>t<br />

werden. Auch hier möchte ich e<strong>in</strong>en Akzent herausgreifen: die vom Vorlesen ausgehende<br />

Lese-Schreib-Gesprächs-Kultur.<br />

Im Mittelpunkt dieses Bauste<strong>in</strong>s stehen qualitative, emotional bedeutsame<br />

Bucherfahrungen im sozialen Kontext <strong>der</strong> <strong>Klasse</strong>: e<strong>in</strong>en Lesestoff (auch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er<br />

erstmaligen Fremdheit) sich geme<strong>in</strong>sam zu eigen zu machen, Lesekommunikation<br />

auszubilden <strong>und</strong> zu sichern, Motivation durch <strong>in</strong>dividuelle Zugänge zu Literatur zu schaffen<br />

<strong>und</strong> durch die Verständigung geteilte Bedeutungen zu konstruieren. Entscheidend ist also die<br />

Art <strong>der</strong> Lesekommunikation – dafür sprechen Bef<strong>und</strong>e von Wieler zu Vorlesesituationen mit

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