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1 SFMM-Information No. 105 Waldhäusern, im März 2009

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<strong>SFMM</strong>-<strong>Information</strong> <strong>No</strong>. <strong>105</strong> <strong>Waldhäusern</strong>, <strong>im</strong> <strong>März</strong> <strong>2009</strong><br />

Liebe Mitglieder<br />

Ich möchte dieses Mal keine Worte über den<br />

vergangenen Winter verlieren. Für die einen war er<br />

zu lang und zu kalt, für die anderen war es wieder<br />

einmal ein richtiger Winter.<br />

Schauen wir doch lieber vorwärts in die hoffentlich<br />

wärmeren Jahreszeiten:<br />

Was erwartet uns diesen Sommer? Am wichtigsten<br />

dürfte wohl die Generalversammlung vom 6. Juni<br />

<strong>2009</strong> sein, welche zum 30-jährigen Jubiläum des<br />

<strong>SFMM</strong> wieder in Lichtensteig stattfindet. Am 7. Juni<br />

findet dann zum Glück wieder das Drehorgeltreffen<br />

in Lichtensteig statt. Am 18. und 19. Juli dieses<br />

Jahres wird auch wieder das grosse internationale<br />

Drehorgeltreffen in Thun durchgeführt, ebenso das<br />

alle zwei Jahre stattfindende Karussellorgeltreffen in<br />

Winterthur, nämlich vom 17. bis 19. September.<br />

Das Datum der Vereinsreise musste aus organisatorischen<br />

Gründen auf den 27. September <strong>2009</strong><br />

verschoben werden. Da <strong>im</strong> Sommer dieses Jahres<br />

ausnahmsweise kein Heft erscheint (siehe weiter<br />

unten), liegt bereits dieser Ausgabe der Anmeldetalon<br />

bei. Weitere Infos zur Reise findet man auch in<br />

diesem Heft.<br />

Wie einige von Ihnen wissen, werden wir per Mitte<br />

<strong>2009</strong> unseren Wohnsitz in <strong>Waldhäusern</strong> <strong>im</strong> Aargau<br />

nach 27 Jahren verlassen und nach Ungarn an<br />

den Plattensee verlegen. Ich lasse mich vorzeitig<br />

pensionieren und hoffe, dass ich dann mehr Zeit für<br />

die mechanische Musik finde. Dies bedeutet nicht,<br />

dass unser Verein ab diesem Zeitpunkt führungslos<br />

dasteht. Ich werde mein Amt, zumindest bis auf<br />

weiteres, mit Ihrer Unterstützung auch von Ungarn<br />

aus wahrnehmen. Ich denke, mit den heutigen<br />

Kommunikationsmöglichkeiten dürften damit keine<br />

grösseren Probleme entstehen. Es ist also auch<br />

nicht so, dass sich jeweils der ganze Vorstand zu<br />

den Vorstandssitzungen nach Ungarn bemühen muss<br />

(aber er darf natürlich), ebenso wenig die Mitglieder<br />

zu den Generalversammlungen. Wir werden ohnehin<br />

mehrmals <strong>im</strong> Jahr in die Schweiz reisen, die Distanzen<br />

sind kürzer und einfacher geworden.<br />

1<br />

Meine Frau Irina wird auch weiterhin die Redaktion<br />

des Vereinsheftes betreuen. Auch dies ist,<br />

abgesehen von ein paar logistischen Änderungen,<br />

ohne weiteres von Ungarn aus möglich.<br />

Unsere bescheidene Sammlung nehmen wir so weit<br />

als möglich mit und hoffen, dass sich das in Aussicht<br />

gestellte öffentliche Museum in den Räumen des<br />

schönen Barockschlosses Keszthely verwirklichen<br />

lässt. In unserem Haus, zentrumsnah und doch<br />

absolut ruhig gelegen, mit schöner Aussicht auf<br />

den Plattensee, stehen auch Gästez<strong>im</strong>mer zur<br />

Verfügung. Wir würden uns natürlich sehr freuen,<br />

wenn wir zahlreiche Vereinsmitglieder beherbergen<br />

und bewirten dürften. In der näheren und weiteren<br />

Umgebung findet man zahlreiche Sehenswürdigkeiten<br />

und Unterhaltungsmöglichkeiten. Weitere <strong>Information</strong>en<br />

geben wir selbstverständlich bekannt, sobald<br />

es soweit ist. Ich werde mich auch an der<br />

Generalversammlung noch dazu äussern.<br />

In diesem Zusammenhang gibt es bezüglich unserem<br />

Heft in diesem Jahr eine Änderung. Da wir genau<br />

um den Redaktionsschluss vom 15. Juni <strong>2009</strong> herum<br />

umziehen, was kein leichtes Unterfangen ist mit der<br />

ganzen Sammlung, und über eine gewisse Zeit keine<br />

Telefon- und Internetanschlüsse bestehen, werden<br />

wir die Sommerausgabe mit der Weihnachtsausgabe<br />

zusammenlegen, dafür wird diese dann etwa einen<br />

Monat früher erscheinen. Auch den Redaktionsschluss<br />

müssen wir aus diesem Grunde auf den 15.<br />

Oktober <strong>2009</strong> vorverlegen. Ich bitte Sie alle um<br />

Verständnis für diese unumgängliche Massnahme.<br />

Ab 2010 wird wieder alles be<strong>im</strong> Alten sein. Wir hoffen<br />

natürlich trotzdem auf die Zusendung zahlreicher<br />

interessanter Artikel.<br />

Ein gutes Beispiel dafür gibt unser Mitglied Raphael<br />

Lüthi bereits in diesem Heft. Er hat aufwendige<br />

Recherchen zur Geschichte der Firma Mermod<br />

Frères getätigt und einen interessanten Bericht dazu<br />

verfasst, welchen wir nun veröffentlichen.<br />

Allen Mitgliedern wünsche ich eine angenehme und<br />

abwechslungsreiche Frühjahrs- und Sommerzeit mit<br />

viel Musik.<br />

Hansjörg Surber


In eigener Sache: «Braucht unser<br />

Verein noch mehr Mitglieder?»<br />

Mit ca. 350 Mitgliedern hat unser Verein eine<br />

stattliche Grösse erreicht. Vergleicht man diese<br />

Zahl mit der Mitgliederzahl des GSM <strong>im</strong> sehr<br />

aktiven Deutschland, stellt man fest, dass wir<br />

etwa halb so viele Mitglieder haben, obschon<br />

unser Nachbarland über 10 Mal mehr Einwohner<br />

zählt als die Schweiz.<br />

Wir können uns also nicht beklagen. Der Verein<br />

hat sich regelmässig vergrössert. Daher musste<br />

der Mitgliederbeitrag fast 30 Jahre lang nicht<br />

erhöht werden, obschon in dieser Zeit eine<br />

Geldentwertung von über 100 % zu beklagen ist.<br />

Die Überalterung ist ein Problem, mit dem jeder<br />

Verein zu kämpfen hat in einer Zeit, in der Moden<br />

kommen und gehen, fast wie die Jahreszeiten.<br />

Bei unserem Verein scheint die Lage noch nicht<br />

dramatisch. Es muss jedoch festgestellt werden,<br />

dass es doch wenig junge Leute sind, die sich für<br />

unser Hobby interessieren. Dies hängt sicher mit<br />

der schnelllebigen Zeit zusammen, aber auch mit<br />

der Tatsache, dass <strong>im</strong> Moment alte Werte nicht<br />

viel zählen, was z.B. bei den Möbeln dramatische<br />

Formen angenommen hat.<br />

Der Vorstand ist der Meinung, dass man nicht<br />

eine ungeliebte Entwicklung abwarten soll,<br />

um dann zu reagieren. Vielmehr sollte man <strong>im</strong><br />

Voraus die Weichen richtig stellen. Unser Ziel<br />

Impressum<br />

Schweizerischer Verein der Freunde mechanischer Musik, <strong>SFMM</strong><br />

Postadresse: Hansjörg Surber Redaktion: Irina Selivanova Surber<br />

Unterdorfstrasse 4 Druck: Druckerei Huber, Boswil<br />

CH-5624 <strong>Waldhäusern</strong><br />

Ab. 1.8.<strong>2009</strong> Hunyadi köz 28<br />

HU-8315 Gyenesdiàs<br />

Ungarn<br />

E-Mail: info@sfmm.ch Adressverwaltung: Markus Bürgler<br />

Internet: www.sfmm.ch Redaktionsschluss: 15.3.; dieses Jahr nur 15.10.<br />

Bankverbindung: Postcheckkonto: 85-667192-3<br />

IBAN:CH28 0900 0000 8566 7192 3<br />

BIC: POFICHBEXXX<br />

Jährliche Mitgliederbeiträge:<br />

Einzelmitglieder CHF 60.–<br />

Vorstand: E-Mail: info@sfmm.ch Doppelmitglieder CHF 80.–<br />

Präsident: Hansjörg Surber Aufnahmebeitrag CHF 50.–/60.–<br />

Vizepräsident: André Ginesta<br />

Aktuar: Hans Kunz Inserate:<br />

Kassiererin: Barbara Bürgler Privatinserate<br />

Internet: Markus Bürgler für Mitglieder: gratis<br />

1. Beisitzer: Max Gautschi Geschäftsinserate: 1 Seite CHF 180.–<br />

2. Beisitzer: René Weiss 1 /2 Seite CHF 100.–<br />

Revisoren: Liselotte Frei, Max Heller 1 /4 Seite CHF 60.–<br />

1 Beilage CHF 180.–<br />

2<br />

muss sein, jüngere Mitglieder für unseren Verein<br />

zu gewinnen! Diese werden in Zukunft die<br />

Geschicke des Vereins best<strong>im</strong>men.<br />

Aber wie gewinnt man solche Mitglieder? Nun,<br />

als Erstes muss man die Öffentlichkeit wissen<br />

lassen, dass es uns gibt! Daher hat sich der<br />

Vorstand entschlossen, einen Werbeprospekt zu<br />

realisieren, der möglichst sinnvoll an Personen<br />

abgegeben werden kann, die sich für unser<br />

Hobby interessieren.<br />

Inzwischen ist dieser Prospekt geboren und wir<br />

fügen dem Mitteilungsblatt je 3 Exemplare bei mit<br />

der Bitte an Sie, diesen Prospekt bei Gelegenheit<br />

solchen Personen abzugeben, die sich für<br />

einen Beitritt interessieren könnten. (Weitere<br />

Exemplare können Sie jederzeit bestellen bei<br />

Ginesta Immobilien, Oberwachtstrasse 2, 8700<br />

Küsnacht (Telefon 044 910 77 33, Frau Amstad).<br />

Eine grössere Anzahl Prospekte werden wir an<br />

Museen, Händler, Restauratoren, usw. zustellen,<br />

mit der Bitte, diese für ihre Besucher aufzulegen,<br />

resp. diesen abzugeben. Natürlich möchten wir<br />

den Prospekt auch an den Mann oder an die Frau<br />

bringen bei Drehorgeltreffen, Ausstellungen,<br />

Auktionen, usw. Wenn Sie hier Möglichkeiten<br />

sehen, rufen Sie mich an! (André Ginesta, P: 044<br />

920 38 57, G: 044 910 77 33)


Der Vorstand hofft natürlich, dass Ihnen der<br />

Prospekt gefällt. Wir haben versucht, mit dem<br />

kleinstmöglichen Aufwand ein erstklassiges<br />

Resultat zu erreichen. So haben wir darauf<br />

verzichtet, Profi-Fotos einzukaufen oder erstellen<br />

zu lassen. Betonen möchten wir aber auch, dass<br />

der Prospekt nicht für uns «Fachleute» erstellt<br />

Ausstellung <strong>im</strong> Ortsmuseum Meilen<br />

Im Ortsmuseum Meilen wird vom Samstag, 23.<br />

Mai bis Sonntag, 28. Juni <strong>2009</strong> eine Ausstellung<br />

von Peter Burgherr, Meilen über sein «Mechanisches<br />

Musikkabinett» stattfinden. Am Freitag,<br />

22. Mai ab 19 Uhr ist Vernissage. Peter Burgherr<br />

macht nach Absprache auch persönliche Führungen<br />

durch die Ausstellung. Ansonsten ist die<br />

Ausstellung jeden Samstag und Sonntag jeweils<br />

von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Andere Zeiten, Gruppenführungen<br />

etc. nach Absprache mit Herrn<br />

Peter Burgherr, Telefon 044 793 23 36 oder Frau<br />

B. Neururer-Kohler, Telefon 044 923 51 77.<br />

Im «mechanischen Musikkabinett», sind Grammophone<br />

und Phonographen, Schellackplatten<br />

und weitere Tonträger aus der Sammlung von<br />

Peter Burgherr, Meilen, zu besichtigen. Grammophon<br />

und Phonographen sind akustisch-mechanische<br />

Tonträger. Der Begriff bezeichnet eine<br />

1877 von Thomas Alva Edison erfundene Sprechmaschine,<br />

deren Klangwalzen ursprünglich aus<br />

Wachs bestanden. Weitere Erfinder verbesserten<br />

die Geräte. Es war jedoch ein weiter Weg bis zur<br />

Herstellung der heutigen Rekorder. «Da ich von<br />

3<br />

wurde, sondern Menschen mit Interesse und<br />

Freude an der mechanischen Musik neugierig<br />

machen und zum Beitritt an<strong>im</strong>ieren soll. Wenn es<br />

uns gemeinsam gelingt, dieses Ziel zu erreichen,<br />

profitieren wir alle und können dem Verein eine<br />

tolle Zukunft sichern.<br />

Ihr André Ginesta<br />

diesen Tonträgern fasziniert war, ist es nicht zu<br />

verwundern, dass ich von leidenschaftlichem<br />

Forschungs- und Sammeleifer angesteckt wurde.<br />

Dabei habe ich eine erstaunliche Sammlung<br />

solcher Klangschreiber angelegt. Auf meinen<br />

Erkundungszügen und auch über das Internet<br />

lernte ich Leute kennen mit denen ich die gleiche<br />

Leidenschaft teile. Ein reger und fröhlicher<br />

Erfahrungsaustausch konnte beginnen. Auch<br />

erhielt ich Zugang zu kostbaren Raritäten, die<br />

heute zu meiner Sammlung zählen. Sie umfasst<br />

die verschiedensten Arten und Typen von mechanischen<br />

Grammophonen, Phono-graphen, und<br />

alten Spieldosen. Auch eine schöne alte Orgel<br />

deren Musik über Lochkarten erklingt. Meine<br />

grosse Schellack-Plattensammlung geht von<br />

Schlager, Volkstümlicher Musik über Klassik bis<br />

Jazz und Rock’n Roll. Musik und Technik haben<br />

mich schon <strong>im</strong>mer fasziniert. Bei meinem Hobby<br />

habe ich beides in einem gefunden.»<br />

Unter seiner Homepage findet man noch mehr<br />

Infos: www.burg<strong>im</strong>eilen.ch<br />

B. Neururer-Kohler<br />

Jubiläums-GV, 30 Jahre <strong>SFMM</strong>, am Samstag,<br />

6. Juni <strong>2009</strong> in der Krone Lichtensteig<br />

Wir möchten diese GV unter das Motto «eine<br />

GV wie anno dazumal» stellen. Die Gründungsversammlung<br />

fand am 9.6.1979 in dieser Lokalität<br />

statt. Später dann wurde die GV über viele Jahre<br />

in der Traube in Ebnat-Kappel abgehalten.<br />

Nach dem Nachtessen gab es in der Regel ein<br />

Dessertbuffet, welches der Verein bezahlte, zu<br />

geniessen. Anschliessend spielten verschiedene<br />

Drehorgeln auf der Bühne zur Unterhaltung.<br />

Einmal wurde sogar eine Decap von Fredy Künzle<br />

in die Traube gezügelt! Doch so weit möchten<br />

wir nicht gehen, wir wollen uns nicht noch<br />

Rückenschäden holen <strong>im</strong> fortgeschrittenen Alter.<br />

Hingegen die Preise sollten etwa wie damals<br />

sein. Jedes Mitglied bezahlt Fr. 20.– inbegriffen<br />

sind Apéro und Unterhaltung (Nichtmitglieder<br />

Fr. 30.–). Am Sonntag und auch bereits am<br />

Samstag findet das traditionelle Drehorgeltreffen<br />

kombiniert mit dem Warenmarkt statt. Es<br />

werden einige Drehorgelspieler aus Berlin<br />

anwesend sein und wir nehmen an, dass sie<br />

an unserem Nachtessen teilnehmen. Wer ein<br />

Z<strong>im</strong>mer bestellen möchte n<strong>im</strong>mt am besten mit<br />

Ueli Temperli vom O.K. Drehorgeltreffen den<br />

Kontakt auf, siehe Anmeldeschein. Da praktisch<br />

keine Z<strong>im</strong>mer in Lichtensteig vorhanden sind,<br />

muss das O.K. auf Wattwil ausweichen. Wir<br />

sind bestrebt zu fortgeschrittener Nachtstunde<br />

einen Transport von Lichtensteig nach Wattwil<br />

durchzuführen, damit die 0.5 Promille auch leicht<br />

überschritten werden können. Auch besteht jede<br />

halbe Stunde eine Busverbindung von Wattwil<br />

nach Lichtensteig und eine Bahnverbindung ist<br />

auch noch vorhanden! Bitte die Anmeldefrist<br />

vom 15. Mai <strong>2009</strong> nicht vergessen!<br />

Der Vorstand


Hinzen’s Orgeltage in Roermond/Swalmen NL<br />

Vom 6. bis 8. <strong>März</strong> <strong>2009</strong> fand in Swalmen<br />

<strong>im</strong> Businesspark am Heydweg, in den<br />

firmeneigenen Hallen der Schaustellerfamilie<br />

Hinzen, ein Orgelevent der Superlative statt.<br />

Viele Orgelfreunde aus den Niederlanden,<br />

Deutschland und England waren angereist und<br />

auch die Schweiz war mit knapp einem Dutzend<br />

<strong>SFMM</strong> – Mitglieder vertreten. Verteilt auf<br />

zwei Hallen spielten insgesamt 25 Grossorgeln<br />

auf. In der Mitte der in blau-weiss dekorierten<br />

Räumlichkeiten standen viele liebevoll<br />

geschmückte Tische und genügend Stühle zum<br />

gemütlichen verweilen und Geniessen der<br />

musikalischen Köstlichkeiten.<br />

Auch für das leibliche Wohl war ausreichend<br />

gesorgt. Der KDV war am Anlass ebenfalls<br />

vertreten und unterhielt einen Stand, an welchem<br />

viele verschiedene Orgel CD’s, Kalender, Bücher,<br />

etc. angeboten wurden.<br />

Die Sammlung, insbesondere von Ruth Orgeln,<br />

der Familie Hinzen ist beachtlich, sind doch alle<br />

3 Generationen vom Orgelvirus befallen. Eine<br />

der musikalischen «Perlen» dieses Anlasses<br />

war die neueste Errungenschaft der Familie<br />

Hinzen, die perfekt spielende 35-er Ruth Orgel,<br />

deren Vorbesitzer der Schausteller Keller aus<br />

Aschaffenburg war. Das Instrument wurde 1921<br />

erbaut, ausgestattet mit 66 Ton- und Schaltstufen.<br />

4<br />

Von links nach rechts: Johan Hinzen, Minus,<br />

Johan Hinzen sen., Mareike Hinzen, klein Agnes<br />

und Mutter Agnes Hinzen<br />

Mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit<br />

wurden wenige Jahre nach der Fertigstellung der<br />

Orgel, die äusseren Seitenteile der Fassade, sowie<br />

das Metallophon, von der Firma Ruth ergänzt<br />

bzw. eingebaut. Als die Familie Hinzen das<br />

Instrument erwarb, befand es sich in einem guten<br />

Zustand, so dass es nur einer Teilrestauration<br />

bedurfte. Mit dieser Aufgabe betrauten die<br />

Hinzen’s die Waldkircher Orgelbaufirma Paul<br />

Fleck Söhne, welche schon verschiedentlich


andere Restaurierungsarbeiten für sie ausgeführt<br />

hat. Gleichzeitig erneuerten die Hinzen’s<br />

in Eigenregie die Fassadenbeleuchtung und<br />

bauten die Orgel in einen neuen Wagen ein.<br />

Erwähnenswert sind auch die Originalnoten<br />

von Gustav Bruder, die er zur Zeit seines<br />

Wirkens bei der Firma Gebrüder Bruder, in<br />

deren Namen arrangiert und gezeichnet hat.<br />

Aus dem Familienbesitz waren noch weitere<br />

schöne Instrumente, unter anderem eine 33-er,<br />

34-er, weitere 35-er, 36-er und 38-er Ruth und<br />

Sohn, sowie eine 68-er L<strong>im</strong>onaire Frères und<br />

eine von Franz Göckel erbaute Orgel, zu hören<br />

und zu bestaunen. Optisch und musikalisch ein<br />

Prunkstück ist auch Hinzen’s 38-er Ruth mit 96<br />

Ton- und Schaltstufen und einer wunderschönen<br />

Barockfassade.<br />

Das Instrument befindet sich schon lange in<br />

Familienbesitz. Neben den vielen Instrumenten<br />

die Eigentum der Familie Hinzen sind, waren<br />

auch einige Gastorgeln zugegen.<br />

Peter <strong>No</strong>lte und Thomas Biedermann scheuten<br />

die zweitägige Anfahrt mit ihren Lanz Bulldog’s<br />

nicht, um die Gebr. Bruder, Mod. 107 und die<br />

79-er WBS, die in schön restaurierten alten<br />

Täferwagen mit Vollgummibereifung eingebaut<br />

sind, nach Swalmen zu überführen.<br />

Vor den Hallen spielte die, von J. Verbeeck<br />

erbaute, Victory mit 118 Claves, Besitzer W.M.<br />

Kelders, auf. Ebenfalls anwesend war Frans van<br />

Rekken mit seiner sehr gut spielenden Wrede<br />

Orgel, die seit 31 Jahren in seinem Besitz ist<br />

und die er in einen Opel Blitz, Jahrgang 1964,<br />

5<br />

eingebaut hat. Die Schaustellerfamilie Korten<br />

präsentierte ihre hervorragend spielende 35er<br />

Ruth und gegenüber konnte man eine 79-er<br />

Richter Orgel bestaunen. Eine weitere schöne<br />

35-er Ruth Orgel hatte der Schausteller Toni<br />

Gigengack mitgebracht. Kilometermässig wohl<br />

den weitesten Weg hatte die 45-er Alfred Bruder<br />

Orgel, von der Waldkircher Orgelstiftung, unter<br />

die Räder genommen. Als eines der kleinsten<br />

anwesenden Instrumente bewies sie, dass auch<br />

kleine Orgeln, die von Grund auf restauriert<br />

sind, den Grossen in Präzision und Klangfülle in<br />

nichts nachstehen. Stolzer Besitzer der einzigen<br />

anwesenden und korrekt spielenden Wellershaus<br />

Orgel ist Henning Ballmann. Auch die 38-er<br />

Ruth Orgel, deren Besitzer der Schausteller Willi<br />

Bruch aus Düsseldorf ist, zog die Besucher in<br />

ihren Bann und die prunkvolle Jugendstil Fassade<br />

wurde unzählige Male fotografiert.<br />

Es würde den Rahmen dieses Berichts sprengen,<br />

wenn man auf jede der 25 Orgeln näher eingehen<br />

würde.<br />

Ein grosses Kompl<strong>im</strong>ent für den ausgezeichnet<br />

organisierten Anlass und ein herzliches<br />

Dankeschön an die Familie Hinzen, die keine<br />

Mühe und Aufwand gescheut hat, um den Kirmes-<br />

und Konzertorgelliebhabern ein unvergessliches<br />

Wochenende zu bescheren.<br />

Im <strong>März</strong> <strong>2009</strong> René und Anita Weiss


Zu verkaufen:<br />

weil ich wegen der Tonhöhe nicht dazu singen kann:<br />

1 Roller Organ<br />

laut Fachmann eines der ältesten Modelle, (ca. 1885) in sehr gutem Zustand, mit Holzkoffer,<br />

der Platz für 25 Holzstiftwalzen hat. Dazu habe ich 23 Walzen, 20 gekaufte, mit guten Melodien<br />

(nicht nur Psalmen) wie «Nehmt Abschied Brüder» und 3 selber hergestellte, nach Arrangement<br />

von Martin Wyss (z.B. Sabinchen, Waldeslust). Fotos und Beschreibung auf meiner Website<br />

www.baenkelsaenger.ch unter «Meine Instrumente» – VP Fr. 2900.– (Preis wie vor 25 Jahren)<br />

verschiedene<br />

Metallplatten zu Intona und Amorette grosse Auswahl, Fr. 15.– das Stück plus<br />

Porto Peter Hunziker, 3400 Burgdorf, Telefon und Fax 034 422 64 14, oder am besten<br />

über peter@baenkelsaenger.ch<br />

Drehorgel Stüber Berlin<br />

31 Tonstufen, 2 Register, 25 Rollen.<br />

Massiver Wagen mit Schublade.<br />

Top Zustand. Preis Fr. 10’000.–.<br />

W. Bürgi, Telefon 062 849 16 64<br />

Walzendrehorgel verm. Franz Kolb & Söhne, Orgelbau-Anstalt,<br />

Beckengrund, Mähren, ca. 1890, 30 Tonstufen, sehr feines Violinregister,<br />

7 Melodien nach Originalmelodienverzeichnis. Die Orgel wurde vor etwa<br />

15 Jahren restauriert und seither nicht viel gebraucht. Guter Zustand.<br />

Preis Fr. 9800.–. Weitere Auskunft Hansjörg Surber, Telefon 056 666 19 03<br />

6


Der Musikdosenhersteller<br />

Mermod Frères aus Ste.-Croix<br />

Vielen Lesern ist Ste-Croix <strong>im</strong> Kanton Waadt als<br />

«He<strong>im</strong>at der Spieldose» ein Begriff. Obwohl Ste.-<br />

Croix dieses Prädikat mit der Stadt Genf teilt, wo<br />

die Spieldose 1796 durch den Uhrmacher Antoine<br />

Favre erfunden worden ist, dürften die Werke<br />

aus dem Jura insgesamt deutlich in der Überzahl<br />

sein. Seit 1808 war die Spieldosenproduktion in<br />

Ste.-Croix he<strong>im</strong>isch und nach 1830 löste sie nach<br />

und nach die Spitzenklöppelei ab, die bis dahin<br />

in dieser Gegend nebst der Uhrmacherei ein<br />

wichtiger Erwerbszweig war. Nebst unzähligen<br />

kleineren Betrieben waren hauptsächlich die drei<br />

Musikdosen-Fabriken Hermann Thorens, C. bzw.<br />

E. Paillard & Cie., sowie Mermod Frères um die<br />

Weiterentwicklung und Verbesserung der großen<br />

Cartels bemüht. Sie lieferten sich ein hartes Kopfan-Kopfrennen<br />

um die besten Konstruktionen<br />

und um neue, verbesserte Klangeigenschaften<br />

ihrer Musikwerke. Eine Firma scheint mir dabei<br />

die Nase <strong>im</strong>mer besonders weit vorne gehabt zu<br />

haben...<br />

Kleine Firmengeschichte<br />

Die Firma Mermod Frères nennt manchmal<br />

1816 als Gründungsjahr und manchmal 1840.<br />

Das zweite Datum st<strong>im</strong>mt, wenn man von<br />

der eigentlichen Firmengründung ausgehen<br />

will. Dennoch, Begründer des ursprünglichen<br />

Familienbetriebes war Louis Mermod,<br />

Ortsrat, dann Ortsvorsteher von Ste.-Croix,<br />

Friedensrichter, hauptsächlich aber Uhrmacher,<br />

besonnener Händler für Spitzenklöppelei<br />

und Musikdosen; ein Mann voller Weitsicht<br />

und Dynamik. Mit seinem vielfältigen<br />

Betätigungsfeld war Louis Mermod die perfekte<br />

Synthese der regionalen Ökonomie in Person<br />

und schaffte sich damit einen respektablen –<br />

und respektierten – Platz in der Gemeinde. Er<br />

war durch seine zahlreichen Kontakte ebenfalls<br />

in der Lage, seinen vier Söhnen eine exzellente<br />

Ausbildung in Handwerk und Handel zu<br />

ermöglichen. Ab 1831 hatte Sohn Francois die<br />

offizielle Leitung des väterlichen Unternehmens<br />

übernommen und firmierte als «Kaufmann und<br />

Musikwerkehändler». Zusammen mit seinen<br />

Brüdern Georges und Jules, die in Genf die<br />

Uhrmacherei von der Pike auf gelernt hatten,<br />

sowie Bruder Philipp gründete er 1840 die<br />

Firma «Mermod Frères», die sich «speziell mit<br />

der Fabrikation von goldenen Präzisionsuhren,<br />

mit oder ohne Schlagwerk, beschäftigt». Das<br />

Geschäft mit der Spitzenklöppelei wurde<br />

zunehmend durch den Handel mit Musikdosen<br />

abgelöst, währenddem das Hauptgeschäft der<br />

ersten 30 Jahre die Uhrenfabrikation darstellte.<br />

An Ausstellungen 1848, 1851, 1855, 1857,<br />

1873 und zuletzt in La Chaux-de-Fonds 1881<br />

7<br />

beteiligten sich die Gebrüder Mermod – als<br />

Uhrenfabrikanten – stets mit grossem Erfolg.<br />

Die Krise in der Uhrmacherei in den 1860er –<br />

Jahren wurde in Ste-Croix durch die Musikdose<br />

kompensiert, was auch für die Gebrüder Mermod<br />

eine Perspektive darstellte. Sie entschlossen sich,<br />

wohl etwa 1865, die Musikdosenfabrikation<br />

selbst aufzunehmen, ohne sich jedoch ganz von<br />

der Uhrmacherei abzuwenden.<br />

Im Jahre 1867 in Paris n<strong>im</strong>mt die Fa. Mermod<br />

Frères zum ersten Mal mit mässigem Erfolg als<br />

Spieldosenfabrikant an einer Ausstellung teil.<br />

Im gleichen Jahr findet ein Generationenwechsel<br />

in der Leitung des ansonsten erfolgreichen<br />

Unternehmens statt. Charles, Edouard, Gustave,<br />

Louis-Philippe, Edmond, Alfred und Léon<br />

Mermod teilen die verschiedenen Aktivitäten wie<br />

Konstruktion, Fabrikation und Verkauf in Europa,<br />

Asien, <strong>im</strong> Orient und in den USA unter sich auf.<br />

Wie <strong>im</strong> Sektor der Uhrmacherei widmete<br />

sich «Mermod Frères» fortan auch bei der<br />

Musikdosenproduktion in der Hauptsache<br />

den grossen, anspruchsvollen Werken, den<br />

sogenannten «Cartels». Im Gegensatz zu fast<br />

allen Mitbewerbern war die Produktion kleiner<br />

Spielwerke für Souvenirs, Tabatières und<br />

«Phantasiegegenstände» nie Hauptaugenmerk<br />

dieser Firma und meist nur eine kurzzeitige<br />

Reaktion auf aktuelle Marktströmungen.<br />

Internationale Handelsbeziehungen<br />

Die bereits langjährige Erfahrung der Familie<br />

Mermod <strong>im</strong> internationalen Handel, einschliesslich<br />

der Verbindungen, die <strong>im</strong> Zusammenhang mit<br />

den anderen Tätigkeiten in den vorangegangenen<br />

50 Jahren geknüpft worden waren, öffneten<br />

hervorragende Perspektiven für den Export<br />

von Musikwerken. Darüber hinaus verstand<br />

man es, Partner zu finden, welche die Firma in<br />

zahlreichen Teilen der Welt vertraten. Durch die<br />

alten Verbindungen zu Kaufleuten in Couvet und<br />

Fleurier konnte sogar der Chinesische Markt<br />

bedient werden, der in einer Flaute die Produktion<br />

durch eine ansehnliche Stückzahl von Tabatières<br />

mit chinesischer Musik aufrecht erhalten konnte.<br />

Einen ersten Vertreter für Zentral- und Osteuropa<br />

fand die Fa. Mermod in Person von Jules Jaques,<br />

Vater des Komponisten Jaques-Dalcroze. Jaques<br />

hatte sich in Wien niedergelassen und verfügte<br />

über beste Beziehungen zu den Europäischen<br />

Fürstenhöfen und zum Adel. Potenzielle<br />

Kundschaft also für aufwändige Werke in<br />

gediegenen Möbeln. Den Vertrieb für <strong>No</strong>rd- und<br />

Osteuropa übernahm später auch die Fa. Julius


Heinrich Z<strong>im</strong>mermann, mit Niederlassungen in<br />

Leipzig und St. Petersburg.<br />

In den Vereinigten Staaten von Amerika waren es<br />

anfangs Emile L. Cuendet und C.H. Jacot, die den<br />

Alleinvertrieb der Mermod-Produkte innehatten<br />

und diese an die Musik- und Juweliergeschäfte<br />

in den meisten Städten der USA verkauften. Die<br />

daraus hervorgegangene «Jacot Music Box Co.,<br />

37 Maiden Lane (später 39 Union Square), NEW<br />

YORK» wurde schliesslich zum wichtigsten<br />

Handelspartner für die Fa. Mermod Frères<br />

überhaupt.<br />

Die Firma Mermod Frères nahm mit ihren<br />

Musikdosen ebenfalls und mit grösstem Erfolg an<br />

Ausstellungen in Zürich 1883 (Diplom), Antwerpen<br />

1885 (Goldmedaille), Chicago 1893 (Grosse<br />

Medaille), Yverdon 1894 (Verdienstmedaille),<br />

Amsterdam 1895 (Goldmedaille), Genf 1896<br />

(Goldmedaille), 1900 Paris (ausser Konkurrenz, da<br />

Mitglied der Jury), St.Louis 1904 (Goldmedaille)<br />

und Mailand 1906 (Grosser Preis) teil.<br />

Auszeichnungen als Chromographie <strong>im</strong> Deckel<br />

einer Mira - Musikdose (Slg. H.J.Surber)<br />

Doch nichts kommt von Ungefähr: Die Firma<br />

Mermod Frères baute als erster Betrieb dieser<br />

Branche ein technisches Büro auf, dessen<br />

Aufgabe es war, die technisch-konstruktiven wie<br />

auch die klanglich-musikalischen Eigenschaften<br />

der Musikdosen aus diesem Hause stetig zu<br />

verbessern. Die Herren Mermod umgaben sich<br />

mit den besten Konstrukteuren, Technikern und<br />

Arrangeuren jener Zeit, um ihre Produkte stetig<br />

zu verbessern und bedienungsfreundlicher zu<br />

gestalten. Im Jahre 1885 errichtete man ein erstes<br />

viergeschossiges Fabrikgebäude an der Avenue<br />

des Alpes, um eine rationellere Fertigung zu<br />

ermöglichen. Dieses Fabrikgebäude, welches<br />

übrigens noch heute steht, wurde 1893 und<br />

1898 nochmals erheblich erweitert. Die vierte<br />

Generation hielt mit Adrien und Marc Mermod<br />

1896 in die Firmenleitung einzug. Die fünfte<br />

Generation folgte 1911 mit William und Gustave-<br />

Alfred Mermod. 1910 wurde das Unternehmen<br />

in eine Aktiengesellschaft umgewandelt. Der<br />

Verwaltungsrat setzte sich aus Louis- Philippe,<br />

Gustave – Alfred und Léon Mermod, sowie<br />

Constant Jaccard- Addor und Jules Diserens<br />

zusammen. Nach verschiedenen geschäftlichen<br />

Turbulenzen in den frühen 1920er Jahren<br />

wird ein Grossteil der Firma Mermod frères<br />

8<br />

SA schliesslich am 1.2.1925 durch die Firma<br />

Hermann Thorens übernommen. Herstellung<br />

und Vertrieb der Flüssigseife «Liso» und der<br />

«Lisodis» Seifenspender übern<strong>im</strong>mt eine gewisse<br />

«SA Le Lisodis» ab dem 9.Mai 1925. Die Firma<br />

Mermod frères SA wird am 24. Mai 1927 aus<br />

dem regionalen Handelsregister gestrichen.<br />

Firmengrösse und Produktionszahlen<br />

Die Firma Mermod Frères gibt <strong>im</strong> Jahr 1901/02<br />

eine Anzahl von 110 Mitarbeitern für die<br />

Herstellung von Musikdosen an. Damit ist sie in<br />

dieser Zeit nach E. Paillard & Cie. die zweitgrösste<br />

Fabrik für Musikdosen in der Region.<br />

Über die Produktionszahlen lässt sich aus den<br />

Fabrikationsnummern nur die vage Vermutung<br />

ableiten, dass die Firma Mermod wohl etwa<br />

<strong>105</strong>000 Walzenspieldosen hergestellt hat,<br />

da auch jede Extrawalze über eine eigene<br />

Fabrikationsnummer verfügt.<br />

Hier die ungefähre Nachzeichnung der Produktionsnummern<br />

als grobe Hilfe bei der<br />

Datierung von Walzenspieldosen:<br />

Beginn der Produktion (<strong>No</strong>.1) ca.1865<br />

10000 ca.1880<br />

20000 ca.1885<br />

40000 ca.1889<br />

70000 ca.1894<br />

95000 ca.1897<br />

115000 ca.1902<br />

125000 ca.1908<br />

Die Plattenspieldosen haben eigene Nummerierungen<br />

nach einem anderen, bislang noch nicht<br />

wirklich geklärten Schema.<br />

Die erste Generation von Mermod-<br />

Musikdosen, ca. 1865 bis 1880<br />

Zu Anfang scheinen die Gebrüder Mermod, wie<br />

die meisten Spieldosen-«Fabrikanten» dieser Zeit,<br />

ihre Instrumente nach dem sog. «Verlagsprinzip»<br />

hergestellt zu haben. Das heisst: Das jeweilige<br />

Rohwerk (Platine, unbestiftete Walze,<br />

Mechanik, und teilweise sogar der vorbereitete<br />

Stahlkamm) wurden von Zulieferbetrieben<br />

bezogen. Anschließend wurden die Einzelteile<br />

an zahlreiche spezialisierte He<strong>im</strong>arbeiter in der<br />

ganzen Region zur weiteren Bearbeitung und<br />

Montage weitergegeben. Der Einbau in das vom<br />

ortsansässigen Schreiner hergestellte Gehäuse<br />

und der Versand erfolgte dann in den eigenen<br />

Geschäftsräumen. Dies erklärt auch, weshalb die<br />

meisten nicht signierten Musikdosen aus dieser<br />

Zeit selbst von Fachleuten kaum eindeutig einem<br />

«Hersteller» zugeordnet werden können.<br />

Eine Zuordnungsmöglichkeit ergibt sich durch<br />

das Musikstückverzeichnis <strong>im</strong> Deckel der<br />

Musikdose (sofern es denn noch vorhanden ist).<br />

Die meisten Fabrikanten hatten ihre eigenen, oft<br />

kunstvoll gestalteten Stückverzeichnisse, auf


welchen nebst den Angaben zu den gespielten<br />

Musikstücken manchmal (aber nicht <strong>im</strong>mer) ein<br />

Firmensignet oder weitere Erkennungsmerkmale<br />

wie Initialen oder dergleichen zu finden sind.<br />

Die Firma Mermod Frères hatte ihre eigene Reihe<br />

von 3 verschiedenen, wunderschön gestalteten,<br />

fünffarbig gedruckten Stückverzeichnissen (für<br />

verschiedene Grössen), die alle über dieselben<br />

eindeutigen Insignien verfügten und deshalb für<br />

das geübte Auge sofort zu erkennen sind:<br />

– Eine Musikkapelle mit Engeln<br />

– Schriftzug: …Airs PROGRAMME… Pouces<br />

– Das Wappenförmige Firmensignet mit der<br />

Jahreszahl der Gründung 1816 oder 1840 (!),<br />

den Initialen MF und dem Wappenzeichen von<br />

Ste.-Croix, einem goldenen Kreuz, das von<br />

einem S umschlungen wird.<br />

– Das Schweizerwappen (wurde auch von<br />

anderen Firmen verwendet)<br />

Musikstückverzeichnis der Fa. Mermod Frères,<br />

Ste.-Croix<br />

Nebst dem Erkennungsmerkmal «Stückverzeichnis»<br />

lassen sich die ersten Musikdosen der Firma<br />

Mermod Frères also für den Laien wohl kaum<br />

von denen anderer Hersteller aus Ste.-Croix<br />

unterscheiden.<br />

Übergang zur Industriellen Fertigung:<br />

Die zweite Generation von Mermod-<br />

Musikdosen 1880 bis 1887<br />

Mermod Frères - Ouvertüren - Musikdose,<br />

Fabr.- Nr. 10625, ca. 1881<br />

9<br />

Als erstes Geschäft läutete 1872 die Fa. Paillard<br />

ein neues Zeitalter der industriellen Fertigung von<br />

Musikdosen in Ste.-Croix ein. Ein Teil der bislang<br />

in He<strong>im</strong>arbeit ausgeführten Tätigkeiten konnte<br />

so in einer modern eingerichteten Werkstatt<br />

wesentlich rationeller und präziser ausgeführt<br />

werden. Ausserdem war man bei Bedarf von<br />

den Rohwerkelieferanten unabhängig, da man<br />

sämtliche Herstellungsabläufe auch <strong>im</strong> eigenen<br />

Haus ausführen konnte. Bereits vor der Eröffnung<br />

der ersten eigentlichen «Fabrik» bei Mermod<br />

Frères 1885 sind aber Bestrebungen zu erkennen,<br />

an den Zulieferteilen <strong>im</strong> Bereich der Rohwerke<br />

Verbesserungen vorzunehmen. Teilweise wurden<br />

nur noch einzelne Teile zugekauft und die<br />

restlichen in Eigenregie, oder durch anderweitige<br />

Fremdvergabe beschafft, um konstruktive<br />

Änderungen durchführen zu können.<br />

MF 10625; Musikwerk mit doppeltem Federhaus<br />

und extra dicker Walze<br />

Die obigen Bilder zeigen ein typisches Werk<br />

aus dieser Schaffensperiode der Fa. Mermod.<br />

Der St<strong>im</strong>mkamm mit 123 Zähnen stammt<br />

aus der Produktion des bekannten Rohwerke-<br />

Herstellers SBI (Societé Billon et Isaac,<br />

Genève). Andere Werksteile, wie zum Beispiel<br />

die Walze mit gerippten, überstehenden Flanken<br />

und der Regulator mit weit ausladendem,<br />

geschwungenem Lagerbügel stammen ziemlich<br />

sicher nicht von SBI und sind eher typisch für<br />

in Ste.- Croix hergestellte Werke dieser Epoche.<br />

Diese Teile könnten auch bereits durch die Fa.<br />

Mermod in Eigenregie gefertigt worden sein.<br />

Zumindest weist der besonders schön geformte<br />

Lagerbügel an gut sichtbarer Stelle eine Punze<br />

mit dem Mermod-Firmensignet auf.<br />

Mit Eröffnung der ersten Fabrik 1885 war<br />

wohl auch das Ziel verbunden, die Musikwerke<br />

vollständig in Eigenregie herstellen zu können.<br />

Dadurch war man in der Umsetzung von<br />

technischen Neuerungen freier, da man selbst<br />

entwickelte Verbesserungen unmittelbar in die<br />

Tat umsetzen konnte und nicht an die Vorarbeiten<br />

eines oder mehrerer Rohwerke- Hersteller<br />

gebunden war.<br />

Im Jahre 1887 gibt die Fa. Mermod einen reich<br />

illustrierten Katalog mit der gesamten Palette<br />

ihrer Musikwerke heraus. Alleine 96 Modelle<br />

Cartels verschiedener Größe in 18 Varianten,


mit verschiedenen Dispositionen («Mandoline»,<br />

«Subl<strong>im</strong>e Harmonie», «Quatuor»…) und<br />

Zusatzinstrumenten wie Glocken, Trommeln,<br />

Castagnetten, Harmoniumst<strong>im</strong>men, etc. werden<br />

darin angeboten. Hinzu kommen 13 Musikdosen-<br />

Typen mit auswechselbaren Stiftwalzen<br />

«Rechanges interchangeables» und kleine<br />

Souvenirs, Schmuck- und Schnupftabakdöschen.<br />

Als wichtigste Neuheit wird das PARACHUTE,<br />

eine Sicherheitseinrichtung für Spielwerke,<br />

vorgestellt. Diese Einrichtung soll bei einer<br />

Beschädigung des Regulators ein Abrutschen<br />

der Walze und Durchdrehen derselben mit hoher<br />

Geschwindigkeit verhindern. Dadurch wird<br />

das Musikwerk vor Zerstörung (abbrechen der<br />

St<strong>im</strong>mzähne, verbiegen der Walzenstifte) bewahrt.<br />

Entwickelt und Patentiert wurde das System<br />

durch den amerikanischen Vertreter C.H. Jacot.<br />

Die Einrichtung erhielt deshalb auch den Namen<br />

«Jacot›s Patented Safety Check». Die Einrichtung<br />

ist sehr typisch für die späten, grossen Mermod -<br />

Walzenspieldosen und ist, durch eine sich während<br />

dem Spiel langsam Auf- und Abbewegende,<br />

vernickelte Tafel ein richtiger «Hingucker».<br />

Die verbesserten Werke der dritten<br />

Generation (ab 1888)<br />

Die Entwicklung der Lochplatten-Spieldose<br />

1886 in Leipzig durch Paul Lochmann ist auch<br />

für die Musikdosenhersteller in Ste.-Croix von<br />

entscheidender Bedeutung. Durch die Vorteile<br />

dieses neuen Systems wie z. B. Industrielle- und<br />

daher billigere Herstellung und größeres Musik-<br />

Repertoire sahen sich die Schweizer Hersteller<br />

nach kurzer Zeit einem erheblichen Einbruch des<br />

Absatzes in Europa gegenüber. Viele Hersteller<br />

hielten vorerst der Walzenspieldose aus<br />

qualitativen Gründen die Treue. In dieser Phase<br />

(ab 1888) hatte Mermod Frères mit einer radikalen<br />

Umgestaltung ihrer Modellpalette begonnen.<br />

Gleichzeitig wurde die Konstruktion der Werke<br />

entscheidend verändert und vereinfacht. Dadurch<br />

war möglich geworden, bei gleichbleibend hoher<br />

Qualität und verbessertem Bedienungskomfort<br />

preisgünstiger zu produzieren.<br />

Werk einer «Idéal»-Musikdose für auswechselbare<br />

Walzen, ca. 1888<br />

10<br />

Das vorangehende Bild zeigt ein solches<br />

verbessertes Musikwerk. Auffällig ist die<br />

Anordnung von Walze und Federgehäuse in einer<br />

Linie, ohne Zwischengetriebe und die horizontale<br />

Anordnung des Windflügels. Ausserdem wurden<br />

ab dieser Zeit die Musikkämme aller Musikdosen<br />

mit der Firmenpunze, einem von einem S<br />

umschlungenen Kreuz, versehen. Die neue<br />

Konstruktion bietet bei den grösseren Werken<br />

folgende Vorteile:<br />

– Musikstückanzeige<br />

– Musikstückwähler<br />

– Parachute<br />

(für die grösseren Werke serienmässig)<br />

– Temporegulator (bei den grösseren Werken)<br />

– Kurbelaufzug<br />

Besonders die Instrumente mit auswechselbaren<br />

Walzen waren eine veritable Alternative zu den<br />

deutschen Plattenspielwerken. Die Fa. Mermod<br />

bot diese Werke unter den Namen «Peerless» und<br />

«Idéal» an.<br />

«Peerless»-Musikdosen<br />

Diese verhältnismässig preiswerten Instrumente<br />

wurden in zwei verschiedenen Grössen mit<br />

19 bzw. 22,5cm langen Walzen mit jeweils<br />

6 Musikstücken hergestellt. Die Peerless-<br />

Musikdosen hatten ein vernickeltes Werk,<br />

Musikstückanzeige, Musikstückwähler,<br />

Parachute und - für die Werke mit 22,5cm Walze<br />

- Zither. Die Stiftwalzen waren durch wenige<br />

Handgriffe besonders leicht auszuwechseln;<br />

solche mit anderen Titeln konnten jederzeit<br />

nachbestellt werden.<br />

«Idéal»-Musikdosen<br />

Die Instrumente der Idéal-Reihe gehören wohl<br />

zu den musikalisch schönsten Stiftwalzen-<br />

Musikdosen überhaupt. Der kräftige, volle Klang<br />

und die excellenten musikalischen Arrangements<br />

bieten besonders bei den grösseren Modellen ein<br />

aussergewöhnliches Hörerlebnis.<br />

Idéal Zither-Musikdose Nr. 38468 mit einfachem<br />

Gehäuse


Diese Instrumente für höhere Ansprüche wurden<br />

in verschiedenen Grössen und zahlreichen<br />

Gehäusevarianten hergestellt. Alle hatten<br />

ein vernickeltes Werk, Musikstückanzeige,<br />

Musikstückwähler, Tempo - Regulator, Parachute<br />

und Zither serienmässig. Die Walzen waren<br />

durch wenige Handgriffe leicht austauschbar.<br />

Der Aufzug erfolgte durch eine abnehmbare<br />

Handkurbel von der rechten Seite. Nach etwa<br />

1895 wurde der Sperrklinkenmechanismus<br />

verändert, wodurch das Aufziehen deutlich leiser<br />

wurde.<br />

Für einen besseren Überblick hier die gängigsten<br />

«Idéal»-Werkstypen, welche natürlich in<br />

verschiedene Gehäuse eingebaut werden<br />

konnten. Werke aus dieser Serie wurden auch<br />

für Automaten mit Münzeinwurf (z.B. mit der<br />

Bezeichnung «Fidelio») verwendet:<br />

– Idéal Excelsior<br />

6 Melodien 22,5 cm-Walzen 62 Zähne<br />

– Idéal Zither<br />

8 Melodien 28 cm-Walzen 62 Zähne<br />

– Idéal Guitare<br />

6 Melodien 28 cm-Walzen 78 Zähne<br />

– Idéal Piccolo<br />

6 Melodien 28 cm-Walzen 78 Zähne<br />

– Idéal Subl<strong>im</strong>e Harmonie<br />

6 Melodien 28 cm-Walzen 78 Zähne<br />

– Idéal Soprano<br />

6 Melodien 37cm-Walzen 102 Zähne<br />

– Idéal Subl<strong>im</strong>e Harmonie Piccolo<br />

6 Melodien 45cm-Walzen ca. 128 Zähne<br />

– Idéal (Quatuor) Soprano<br />

6 Melodien 50 cm-Walzen ca. 144 Zähne<br />

– Idéal Subl<strong>im</strong>e Harmonie Piccolo<br />

6 Melodien 62 cm-Walzen ca. 179 Zähne<br />

– Idéal Subl<strong>im</strong>e Harmonie, Glocken,<br />

Trommel und Kastagnetten<br />

6 Melodien 37 cm-Walzen ?<br />

– Idéal Orchestra<br />

? ? mit Harmoniumst<strong>im</strong>men<br />

Original-Musikbuch für eine «Idéal Soprano»-<br />

Musikdose<br />

Mit einer Vielzahl von Patenten schützte die Fa.<br />

Mermod die Innovationen ihrer Konstrukteure.<br />

Besonders in den USA konnte sich Mermod Frères<br />

u.a. dank dieser neuen Modelle von anderen<br />

Herstellern abheben und sich grosse Marktanteile<br />

sichern. Zudem hat man schon ab etwa 1885<br />

11<br />

damit begonnen, viele der Gehäuse, vor allen<br />

Dingen für die größeren Instrumente, nicht mehr<br />

selbst herzustellen. Während die Musikwerke an<br />

der Avenue des Alpes in Ste.-Croix produziert<br />

wurden, stammten viele Gehäuse aus den<br />

jeweiligen Zielländern. Damit konnte man dem<br />

jeweiligen Kundengeschmack wesentlich besser<br />

entsprechen. Für den amerikanischen Markt<br />

beispielsweise typisch sind Gehäuse in massiver<br />

Eiche oder Mahagoni, je nach Ausstattung mehr<br />

oder weniger reich geschnitzt und profiliert.<br />

Idéal Soprano-Musikdose Nr.<strong>105</strong>760 mit<br />

Mahagoni-Gehäuse für den amerikanischen<br />

Markt<br />

Plattenspieldose «Stella»<br />

Nachdem durch führende Mitarbeiter der grossen<br />

Firma Polyphon/Leipzig nach 1890 der Aufbau<br />

einer leistungsfähigen Fertigungsstätte für<br />

Lochplattenspieldosen in den USA (Regina Music<br />

box Co.) initiiert worden war, schwand auch dort<br />

zusehends der Absatz für Walzenspieldosen. Dies<br />

machte besonders der auf dem amerikanischen<br />

Markt sehr aktiven Firma Mermod zu schaffen,<br />

die mit Regina dort einen ernstzunehmenden<br />

Konkurrenten bekam. Dies wiederum zwang<br />

Mermod Frères dazu, ihre Produktpalette um<br />

den Sektor Plattenspieldosen zu erweitern.<br />

1896 stellte die Firma an der Schweizerischen<br />

Landesausstellung in Genf ihre Plattenspieldose<br />

«Stella» vor. Im Gegensatz zu allen<br />

ausländischen Fabrikaten arbeitet die «Stella»<br />

mit flachen, gelochten Stahlnotenscheiben ohne<br />

Haken auf der Rückseite. Der entsprechende<br />

Abtastmechanismus ist dadurch etwas<br />

aufwändiger. Allerdings sind die <strong>No</strong>tenscheiben<br />

bei guter Behandlung unverwüstlich und lassen<br />

sich sehr platzsparend lagern und auch stapeln.<br />

Der Stella-Mechanismus wurde durch das<br />

Schweizer Patent 11848 vom 31. <strong>März</strong> 1896<br />

geschützt. An der Entwicklung dieser besonderen<br />

Plattenspieldose soll der Konstrukteur Alexandre<br />

Vernaz massgeblich beteiligt gewesen sein. Ein<br />

ähnliches Patent meldete bereits ein halbes Jahr<br />

früher André Junod für die Fa. Harmonia aus<br />

l’Auberson an.


Plattenspieldose «Stella <strong>No</strong>.80» mit Doppelkamm<br />

und 24,3cm-Stahlnotenscheiben für den<br />

amerikanischen Markt (Slg. H.J. Surber)<br />

Bei einem Versuch unter notarieller Aufsicht <strong>im</strong><br />

Jahre 1898 wurde das Stück «Angel’s Serenade»<br />

32000 mal auf derselben Stella-Musikdose<br />

abgespielt. Sowohl Instrument wie <strong>No</strong>tenscheibe<br />

wiesen nach dem Versuch keine nennenswerten<br />

Abnutzungserscheinungen auf und waren<br />

einwandfrei.<br />

In Amerika hatte man mit dem Instrument recht<br />

großen Erfolg, währenddem die Instrumente<br />

in Europa aufgrund der Vormachtsstellung<br />

der deutschen Fabrikate eher selten sind.<br />

Dennoch findet sich auch eine ganze Anzahl<br />

von Instrumenten mit europäischen Kästen in<br />

Nussbaum mit Intarsienarbeiten auf dem Deckel.<br />

12<br />

Stella <strong>No</strong>. 150 «Concert» mit Doppelkamm und<br />

39,5cm-Stahlnotenscheiben<br />

Als Besonderheit hatten alle Stella-Instrumente<br />

einen Moderator, mit dessen Hilfe das Spieltempo<br />

durch einen Handhebel bequem reguliert werden<br />

konnte. Diese Einrichtung wirkte direkt auf einen<br />

Fliehkraftregler, der ebenfalls eine Neuerung <strong>im</strong><br />

Bereich des Spieldosenbaues darstellte. Durch<br />

diese Einrichtungen verfügte die Stella über ein<br />

ausgereiftes Getriebe, das ein sehr regelmässiges<br />

Spieltempo ermöglichte.<br />

Fliehkraftregler mit Moderator einer Stella-<br />

Musikdose (Slg. H.J.Surber)<br />

Die Stella-Instrumente wurden in folgenden<br />

Größen angeboten:<br />

– <strong>No</strong>. 40 24,3 cm-Platten 40 Zähne<br />

– <strong>No</strong>. 80 24,3 cm-Platten 2 x 40 Zähne<br />

– <strong>No</strong>. 63 35,5 cm-Platten 54 Zähne<br />

– <strong>No</strong>. 126 35,5 cm-Platten 2 x 54 Zähne<br />

– <strong>No</strong>. 150 39,5 cm-Platten 2 x 62 Zähne<br />

«Stella Concert»<br />

– <strong>No</strong>. 84 44 cm-Platten 83 Zähne<br />

– <strong>No</strong>. 168 44 cm - Platten 2 x 83 Zähne<br />

«Stella Grand»<br />

– <strong>No</strong>. 268 44 cm-Platten 2 x 83 Zähne<br />

«Stella Grand Cabinet» Konsolenmodell<br />

– <strong>No</strong>. 200 65 cm-Platten 2x 101 Zähne<br />

«Stella Orchestral Grand» Konsole<br />

– <strong>No</strong>. 202 65 cm-Platten 2 x 101 Zähne<br />

«StellaOrchestral Grand» Standmodell<br />

– <strong>No</strong>. 203 65 cm-Platten 2 x 101 Zähne<br />

Standmodell mit Münzeinwurf


Die Abtasteinrichtung für die Platten der<br />

«Stella» war – wie gesagt – recht aufwändig und<br />

verhältnismässig kompliziert. Manipulationen<br />

Unbedarfter haben oft zu starker Beeinträchtigung<br />

der Klangeigenschaften, manchmal gar zur<br />

Zerstörung der Kämme geführt. Die Lochscheiben<br />

müssen sehr schön plan sein und schon kleine<br />

Knicke können Fehltöne verursachen. Nach der<br />

originalen Gebrauchsanweisung sollte deshalb<br />

auch die Unterseite der Platten vor jedem Spielen<br />

mit einem leichten Ölfilm versehen werden.<br />

Dieser Ölfilm soll ein Gleiten der Lochscheibe<br />

auf den gegen Federkraft niedergedrückten<br />

Sternrädern erleichtern.<br />

Diese doch recht «heikle» Bedienungsvorschrift<br />

(wer möchte denn be<strong>im</strong> Musik hören <strong>im</strong> gepflegten<br />

Salon gerne mit öligen Lappen hantieren?) und<br />

die Empfindlichkeit bei Knicken in den Platten<br />

führte nicht gerade zur Popularitätssteigerung<br />

dieser Instrumente. Die Stella gehört deshalb<br />

bis heute nicht gerade zu den beliebtesten<br />

Spieldosentypen, obwohl klanglich durchaus<br />

überzeugend und technisch sehr reizvoll.<br />

Vermutlich aus diesen Gründen fühlte sich<br />

Mermod Frères schliesslich veranlasst, auch über<br />

die Alternative einer «normalen» Lochplatten -<br />

Spieldose nach deutschem Vorbild nachzudenken.<br />

Die Plattenspieldose «Mira»<br />

Unter der Leitung des genialen Konstrukteurs<br />

Alfred Keller entwickelt, war die «Mira» die<br />

letzte Entwicklungsstufe der Spieldose <strong>im</strong> Hause<br />

Mermod. Diese Musikdose mit traditionellen<br />

<strong>No</strong>tenscheiben (mit den charakteristischen<br />

«Parmesan-Reibe»-Haken auf der Unterseite)<br />

kam <strong>im</strong> Jahre 1902 heraus und war ein letzter<br />

grosser Verkaufsschlager in den USA. Die<br />

Mira-Spieldosen haben ansonsten alle Vorzüge<br />

der Stella-Produktlinie, einschliesslich der<br />

Temporegulierung mit Fliehkraftregler, sind aber<br />

klanglich etwas weicher und voller. Die Form der<br />

Anreisshaken unter den Platten ist <strong>im</strong> Gegensatz<br />

zu vielen deutschen Fabrikaten sehr robust und<br />

ein Verbiegen fast unmöglich. Unübertrefflich<br />

sind die durchwegs hervorragenden Musikarrangements,<br />

besonders für die größeren Modelle.<br />

Kämme der «Mira Grand». Gut zu erkennen die<br />

24 extra breiten Zähne für die Bässe und die<br />

Zither-Schieber.<br />

13<br />

«Mira»-Musikdose, Fabr.-Nr. 70256 für 23,5 cm-<br />

Platten in europäischem Jugendstil-Gehäuse<br />

«Mira Grand»-Musikdose, Fabr. Nr. 7965 für<br />

47cm-Platten in europäischem Gehäuse (Slg.<br />

H.J.Surber)<br />

«Mira Grand Parlor»-Musikdose, Fabr. Nr. 8871<br />

für 47cm-Platten <strong>im</strong> amerikanischen Art déco<br />

Gehäuse.


Antriebsmechanik unter der Abdeckung der<br />

«Mira Grand», mit grossem Federhaus und<br />

Fliehkraftregler.<br />

Die Mira-Musikdosen wurden in Amerika durch<br />

den Händler Lyon & Healey auch in grossen<br />

Stückzahlen unter dem Namen «Empress»<br />

verkauft. Alle Mira-Modelle konnten gegen<br />

Aufpreis auch mit Zither-Einrichtung geliefert<br />

werden.<br />

Soweit mir bekannt, wurden Mira-Werke in<br />

folgenden Grössen hergestellt:<br />

– 18cm-Platten 33 Zähne<br />

– 23,5 cm-Platten 41 Zähne<br />

– 23,5 cm-Platten 2 x 41 Zähne Doppelkamm<br />

– 30,5 cm-Platten 62 Zähne<br />

– 30,5 cm-Platten 2 x 62 Zähne Doppelkamm<br />

– 39,5 cm-Platten 78 Zähne<br />

– 39,5 cm-Platten 2 x 78 Zähne Doppelkamm<br />

– 47 cm-Platten 24 doppelt breite Basszähne<br />

+ 2 x 68 Zähne Doppelkamm<br />

Die <strong>No</strong>tenscheiben der Modelle mit 18 bis 30,5<br />

cm Plattendurchmesser werden Zentrumsnah<br />

durch zwei Mitnehmerstifte angetrieben.<br />

Die größeren Modelle mit 39,5 und 47 cm -<br />

Platten haben Aussenantrieb. Die Modelle<br />

mit 47 cm Plattendurchmesser wurden auch<br />

in Konsolenform mit Plattenfach gebaut.<br />

Standmodelle (mit vertikaler <strong>No</strong>tenscheibe) sind<br />

mir von Mira bisher nicht bekannt.<br />

Die grössten Mira-Plattenspieldosen, mit 47cm-<br />

<strong>No</strong>tenscheiben, werden von den Sammlern<br />

weltweit als besonders gelungene Konstruktion<br />

mit unübertrefflichem Klang hoch geschätzt.<br />

Diese Geräte gehören zweifellos zu den Besten<br />

je produzierten Plattenspieldosen überhaupt.<br />

Miraphone und Duo-Empress<br />

1903 brachte die Firma Mermod Frères unter<br />

dem Namen «Miraphone» Kombinationsgeräte<br />

14<br />

mit Pathé-Grammophon und einer grösseren<br />

Mira-Musikdose (ab 30,5cm) heraus. Diese<br />

waren sowohl als Tischmodelle, wie auch<br />

in Konsolenform lieferbar und ebenfalls<br />

vornehmlich für den amerikanischen Markt<br />

best<strong>im</strong>mt. Der Händler Lyon & Healey verkaufte<br />

die Geräte entsprechend als «Duo-Empress».<br />

In der Folge wurden aber auch Grammophone<br />

ohne Musikdosen produziert und unter dem<br />

Markennamen «Miraphone» verkauft.<br />

Sirion und New Century<br />

Einige Plattenspieldosen der Marken «Sirion»<br />

und «New Century» basieren auf einem<br />

Patent des Mermod-Konstrukteurs Alfred<br />

Keller. Danach können die Instrumente durch<br />

Verschiebung des Lochscheiben-Zentrums über<br />

mehrere Umdrehungen längere Musikstücke<br />

wiedergeben. Inwieweit die Fa. Mermod diese<br />

Konstruktion auch selbst umgesetzt hat, ob die<br />

beiden oben genannten Marken von Mermod<br />

Frères oder in Lizenz von anderen Firmen<br />

produziert worden sind, entzieht sich meiner<br />

derzeitigen Kenntnis. Sicher wäre es interessant,<br />

in diese Richtung weiter zu forschen...<br />

Diversifizierung<br />

Nachdem der Absatz in der Musikdosenindustrie<br />

zunehmend kleiner wurde, versuchte nach<br />

Paillard auch die Fa. Mermod Frères ab 1904<br />

die langsam entstehende Lücke mit anderen<br />

Produkten zu schliessen. Ab 1904 wurden nebst<br />

den Uhren, Spieldosen und Grammophonen<br />

elektrische Bogenlampen produziert, bald<br />

gefolgt von Flüssigseifen-Spendern, die den<br />

klingenden Namen «Lisodis» trugen. Damit,<br />

und mit feinmechanischen Produkten aller Art<br />

versuchte man sich in dieser schwierigen Zeit<br />

über Wasser zu halten.<br />

Schlussbetrachtung, Quellenangabe<br />

und Dank<br />

Seit ich mich näher mit Musikdosen befasst habe,<br />

übten die Instrumente der Fa. Mermod stets eine<br />

besondere Faszination auf mich aus. Best<strong>im</strong>mt<br />

wissen andere Mitglieder wesentlich mehr<br />

über diese sehr interessante Firma und deren<br />

Produkte. Ich würde mich über Rückmeldungen<br />

und Anregungen freuen! Besonders <strong>im</strong> Bereich<br />

der Firmengeschichte habe ich stellenweise<br />

das empfehlenswerte Buch «Les faiseurs des<br />

musiques» von Jean-Claude Piguet zitiert. Daten<br />

zu Seriennummern und Datierung entstammen<br />

dem Buch «Cylinder musical box technology»<br />

von H.A.V. Bulleid, welches besonders<br />

interessante technische Details enthält. Herzlich<br />

danken möchte ich Hansjörg Surber, der mir seine<br />

Instrumente zum fotografieren und forschen zur<br />

Verfügung stellte.<br />

Im <strong>März</strong> <strong>2009</strong> Raphael Lüthi


Herbstreise am Sonntag, 27.9.<strong>2009</strong><br />

Anlässlich unserer Reise nach Mirecourt habe<br />

ich verkündet, dass wir das letzte grenznahe<br />

Museum besuchen. Ich habe mich aber getäuscht.<br />

In Wangen <strong>im</strong> Allgäu waren wir noch nie. In<br />

diesem malerischen Städtchen ist der zweite<br />

Teil der Kalina Sammlung ausgestellt. Der erste<br />

Teil befindet sich in Lindau, welchem wir vor<br />

einigen Jahren unseren Besuch abstatteten. Auf<br />

dem He<strong>im</strong>weg von Wangen machen wir Halt in<br />

der Halle 1 unseres Mitgliedes und Schaustellers<br />

Im Jubiläumsjahr glauben wir, ist die richtige Zeit<br />

etwas zurückzublenden. Da die Reisetätigkeit<br />

ein wichtiger Faktor ist in unserem Vereinsleben,<br />

hat unser früheres Vorstandsmitglied, Walter<br />

Reisen <strong>SFMM</strong><br />

15<br />

Fritz Müller. Dies wird der eigentliche Höhepunkt<br />

unserer Reise sein (nebst dem Mittagessen !).<br />

Fritz Müller hat parallel zu seiner Sammlung von<br />

Karussellorgeln eine umfangreiche Fotogalerie<br />

über diverse Grossorgeln. Er weiss fast alles über<br />

die Geschichte der vielen Exponate welche wir <strong>im</strong><br />

In- und Ausland schon gehört und gesehen haben.<br />

Die Reise werden wir mit dem Car unternehmen.<br />

Genauere Angaben und Anmeldeformular<br />

erhalten Sie mit separater Post. Hans Kunz<br />

30 Jahre Reisetätigkeit <strong>SFMM</strong><br />

1979 Gründungsjahr, keine Reise<br />

Murbach, seinerzeit eine Zusammenfassung<br />

unserer Reisen geschrieben. Wir haben diese<br />

Arbeit vervollständigt und möchten damit eure<br />

Erinnerungen auffrischen. Der Vorstand<br />

6. / 7.9.1980 Jura, Fredy Baud, Michel Bertrand, Claude Marchal<br />

19.9.1981 Retonio Auktion Eggerstanden<br />

18. / 19.9.1982 Schwarzwald, Uhrenmuseum Furtwangen, Schwarzwaldmuseum<br />

Triberg, Waldkirch, Führung Otto Wernet, He<strong>im</strong>atmuseum,<br />

Stadtrundgang<br />

17. / 18.9.1983 Klaus Fischer in Gross-Gerau, Siegfried Wendel in Rüdeshe<strong>im</strong><br />

20. / 21.10.1984 Schlumpf Museum in Mülhausen, Sammlung René Kreutter in<br />

Steinsoultz, Sammlung Hch.Weiss in Seewen<br />

15. / 16.11.1985 Musee des Beaux Arts in Neuenburg, Fredy Baud, CIMA Ste.<br />

Croix mit Führung durch Anthony Chaberlot, Café Fribourgoise<br />

(Weber Solea) in Bulle, Brocante in Payerne, Chateau in Salavaux<br />

(Glockenspiel)<br />

4.10.1986 Orgelbaufirma Späth in Rapperswil, Sammlung Gallus Oberholzer<br />

in Uznach, Zaubermuseum und Magic Casino in Degershe<strong>im</strong><br />

19. / 20.9.1987 Sammlung und Werkstatt Ferdinand Schlenker in Sexau, Sammlung<br />

Gert Bartmann in Ladenburg, Schloss Bruchsal<br />

17. / 18.9.1988 Sammlung Hannes Scherrer in Rüschlikon, Sammlung Michael<br />

Funk in Zollikon, Welte-Orgel in Meggenhorn, Gletschergarten,<br />

Spiegelsaal, Löwendenkmal und Bourbaki-Panorama in Luzern<br />

16. / 17.9.1989 Sammlung Walter Dahler und Radiomuseum Frei in Brugg,<br />

Sammlung Karl Klaus, Rest. Rössli in Bülach, Sammlung und<br />

Werkstatt Fritz Brunner in Embrach


15. / 16.9.1990 Bahnreise nach Linz a. Rhein, Sammlung Klaus Fischer <strong>im</strong> Schloss<br />

Linz am Rhein<br />

14.9.1991 Bodensee, Schifffahrt nach Ueberlingen zu Drehorgelbau Raffin<br />

19. / 20.9.1992 Italien, Sammlung Marino Marini<br />

2.10.1993 Sammlung Werner Straub in Niederwangen, Sammlung Heinz Ryser<br />

in Bollodingen<br />

8.–10.4.1994 Holland: Assen, Utrecht, Helmond, St. Job-in`t-Goor<br />

(Johnny Verbeeck), Haarlem<br />

28.8.1994 Zusatzreise nach Schloss Bruchsal (Drehorgel Spezialausstellung)<br />

22. / 23.9.1995 Firma Reuge, CIMA, Junot Automates in Ste. Croix, Fredy Baud<br />

in Auberson, Sammlung Claude Marchal in Bullet<br />

14.9.1996 Sammlung und Werkstatt von Hans Götz in Bodman am Bodensee,<br />

Schloss Salem<br />

9. / 10.8.1997 Technikmuseum Speyer, Siegfried Wendel in Rüdeshe<strong>im</strong>,<br />

Museum Bruchsal<br />

4.10.1998 Bahnreise nach Roche in das Orgelmuseum<br />

16. / 17.10.1999 Uhrenmuseum Furtwangen, Schwarzwaldmuseum Triberg,<br />

Uhrenmuseum Kloster St. Märgen, Elztalmuseum und Friedhof<br />

in Waldkirch, Sammlung Roland Renner bei Freiburg<br />

15.10.2000 Harmoniummuseum Liestal, Sammlung Hch. Weiss Landesmuseum<br />

Seewen<br />

15.16 / 16.9.2001 Museum Denis Bouchet und Automatenmuseum v. Roger et Gallet<br />

in Les Gets, Konzert auf Wurlitzer Orgel in Genf<br />

14.9.2002 Bodensee, Schifffahrt nach Lindau, Automobilmuseum Rorschach,<br />

Kalinasammlung in Lindau<br />

3. / 5.10.2003 Salzburg: Salzburger Stier, Schloss Hellbrunn,<br />

Sammlung Familie Fichtinger<br />

16. / 17.10.2004 Café Fribourgoise in Bulle, Orgelbau Füglister in Gr<strong>im</strong>isuat bei Sion,<br />

Museum Jean Furrer in Botyre oberh. Sion<br />

17. / 18.9.2005 Augustiner Museum (Sonderausstelung Welte) in Freiburg,<br />

Technikmuseum Speyer, Technikmuseum Sinshe<strong>im</strong><br />

14. / 15.10.2006 Sammlung Hans Götz in Bodman, Uhrenmuseum Schwenningen,<br />

Orgelbauersaal Waldkirch<br />

15. / 16.9.2007 Maison de la Musique Mécanique in Mirecourt, Brasserie Les<br />

Varietes in Le Thillot (unrestaurierte Violina), Musikdosensammlung<br />

L`Epée oder Peugeotmuseum in Montbéliard<br />

25. / 26.4.2008 Firma Jobin in Brienz, Schloss Hünegg (Roger Rieker), Sammlung<br />

Werner Straub in Niederwangen<br />

4.10.2008 Herbstanlass: Sonderausstellung Phonographen und Grammophone<br />

und Konzert auf der Britannic Orgel in Seewen<br />

16


Portrait<br />

Er weiss Bescheid über Organetten jeder Art,<br />

Geschichte, Konstruktionsdetails, er baut selbst<br />

schöne Ariston, renoviert und repariert auch. Er<br />

hat viele Ideen aber nicht so viel Zeit und Platz,<br />

um diese Ideen zu verwirklichen.<br />

Die Rede ist von René Spinnler. Wir trafen ihn<br />

bei ihm zuhause und er erklärte sich bereit,<br />

meine Fragen zu beantworten. Die Fassung des<br />

Interviews wurde von Hansjörg gemacht, weil<br />

das Gespräch auf Schwyzerdütsch geführt wurde.<br />

Wann und wie wurde Dein Interesse für die<br />

mechanische Musik geweckt? Gibt es eine<br />

ungewöhnliche Geschichte über das erste<br />

Musikinstrument?<br />

Mein erstes Ariston habe ich 1976 gekauft,<br />

bei Gebhard Kälin an der Basler Herbstmesse.<br />

Es war eine Ruine und ich habe meine ersten<br />

Versuche unternommen, diese zu restaurieren.<br />

Später hat mir Gebhard Kälin zwei weitere<br />

Ariston zum Restaurieren gegeben und dann<br />

auch andere Instrumente. Am Anfang haben wir<br />

<strong>im</strong>mer getauscht, später hat er mich dann für<br />

meine Arbeit bezahlt.<br />

Ich habe dann auch begonnen, Aristonplatten zu<br />

restaurieren, alles in Handarbeit. Ich habe bald<br />

gemerkt, dass es einfacher ist, defekte Platten zu<br />

kopieren statt zu restaurieren. Meine erste Stanze<br />

habe ich aus Alteisen hergestellt, sie existiert<br />

<strong>im</strong>mer noch. Nach und nach habe ich dann auch<br />

andere Platten kopiert, z.B. Herophon.<br />

Die Platten haben sich damals sehr gut verkauft,<br />

heute ist es schwieriger geworden, meiner Meinung<br />

nach, weil schon alle mit Platten eingedeckt sind<br />

und es zu wenig gute Instrumente gibt.<br />

20<br />

Wie hast Du dieses Handwerk gelernt? Hast<br />

Du eine Ausbildung gemacht oder Kurse<br />

besucht? Wann hast Du deine erste Organette<br />

gebaut? Wie viele sind es inzwischen und wie<br />

viele hast Du <strong>im</strong> Sinn zu bauen?<br />

Ich habe alles autodidaktisch gelernt, vieles<br />

aus der Literatur, z.B. aus der ausführlichen<br />

Abhandlung über Ariston von Jürgen Hocker.<br />

Mein erstes Ariston habe ich 1985 selbst<br />

gebaut. Mittlerweile sind es über 80 Stück.<br />

Instrumente stelle ich heute nur noch <strong>im</strong> Auftrag<br />

her. Vorwiegend beschäftige ich mich aber mit<br />

Restaurierungen. Viele Teile stelle ich selber<br />

her, dies kommt günstiger als zu reparieren. Vor<br />

allem sind dies natürlich bewegliche Teile wie<br />

Scharniere und Schneckenräder.<br />

Hast Du eine Sammlung von mechanischen<br />

Musikinstrumenten? Gibt es ein Lieblingsstück<br />

in deiner Sammlung?<br />

Ja, zur Hauptsache Organetten, aber auch<br />

einige Drehorgeln, allerdings unrestaurierte.<br />

«Lieblingsstück» ist eigentlich meine Ehrlich-<br />

Sammlung. Ich möchte möglichst alle jemals<br />

hergestellten Ehrlich-Modelle zusammentragen.<br />

Interessant sind die seltenen Instrumente, z.B.<br />

das Empire mit zwei Umdrehungen pro Platte<br />

oder das Excelsior mit Bändern. Am meisten<br />

Freude macht mir aber das Restaurieren, die<br />

Arbeit. Ebenso interessieren mich die Geschichte<br />

der Firma Ehrlich und der Ariston Organetten.<br />

Das erste Ariston wurde <strong>im</strong> Mai 1882 gebaut,<br />

zwischen 1883 und 1885 wurden bereits 100’000<br />

Stück hergestellt. Bis zum Konkurs 1907 wurde


etwa 500’000 Stück produziert. Die Platten,<br />

vor allem die vorgedruckten, wurden meist in<br />

He<strong>im</strong>arbeit hergestellt. Es existierten keine<br />

automatischen Stanzmaschinen, alles musste<br />

von Hand gestanzt werden. Meine Sammlung<br />

umfasst etwa 2000 Platten.<br />

Der Preis für ein 24-er Ariston betrug etwa 20<br />

Mark, was 30 Franken entsprach. Die Platten<br />

waren verhältnismässig teuer (wie das bis heute<br />

ist) und kosteten zwischen 0,80 und 1,20 Mark.<br />

Was wolltest Du als Kind werden? Haben sich<br />

Deine Kindheitsträume verwirklicht?<br />

Lokomotivführer.<br />

Welcher Eigenschaften soll sich ein Sammler<br />

erfreuen? Wie kannst Du den «typischen<br />

Freund mechanischer Musik» beschreiben…<br />

Aus einer Ruine etwas Schönes entstehen zu<br />

lassen. Sammeln als Passion, nicht nur wegen<br />

des Wertes.<br />

Hörst Du mechanische Musikinstrumente<br />

nur weil sie laufen müssen oder auch zum<br />

Vergnügen?<br />

Ich höre die Musik gerne zum Vergnügen. Meine<br />

Lieblingsmusik ist die Musik für das Volk,<br />

die populäre Musik. Diese widerspiegelt den<br />

Geschmack der Leute aus der damaligen Zeit.<br />

Der grösste Erfolg Deines Lebens?<br />

Das ist schwer zu sagen.<br />

Thementage zur Mechanischen Musik<br />

Im Freundeskreis kam der Grundgedanke auf, <strong>im</strong><br />

Rhythmus von je zwei Jahren einen Thementag<br />

zur Mechanischen Musik als GSM-Veranstaltung<br />

zu organisieren. Dabei sollte es einen möglichst<br />

festliegenden Termin geben. Der Thementag<br />

sollte jedoch an unterschiedlichen Orten zu<br />

unterschiedlichen Themen – also durchaus nicht<br />

nur zum Thema Drehorgel! – stattfinden. Die<br />

Sorge, es könnten uns die Themen ausgehen,<br />

teilen wir nicht. Die Themenvielfalt ist groß. Die<br />

21<br />

Gab es einen komischen Vorfall in Deinem<br />

Leben?<br />

Es gab zahlreiche komische Vorfälle in meinem<br />

Leben. Amüsant ist für mich <strong>im</strong>mer, wenn<br />

gewisse Leute behaupten, etwas wissenschaftlich<br />

untersucht zu haben und sich dann herausstellt,<br />

dass es in Wirklichkeit ganz anders war.<br />

Macht es Dir Freude, mit Kollegen zu verkehren?<br />

Ja.<br />

Was würdest Du niemals in deinem Leben<br />

wieder machen?<br />

Ich habe jahrelang ein Haus renoviert statt<br />

mich dem Restaurieren von mechanischen<br />

Musikinstrumenten zu widmen. Und das in einer<br />

Zeit, als die Geschäfte noch gut gingen. So was<br />

würde ich nie wieder machen.<br />

Gibt es Leute, die Du um Verzeihung gebeten<br />

hättest?<br />

Ja.<br />

Hast du einen Lieblingsspruch, den du öfter<br />

als andere zitierst?<br />

Nein.<br />

Welche Art Erholung bevorzugst Du?<br />

Meine grösste Erholung ist es, Sammlungen zu<br />

besichtigen, fachs<strong>im</strong>peln, Instrumente vorführen.<br />

Dann der Besuch von Sammlerbörsen wie<br />

Rüdeshe<strong>im</strong> oder Schafishe<strong>im</strong>.<br />

Wo möchtest Du noch hinfahren, wo Du noch<br />

nicht warst?<br />

Nach Indien. Dies ist ein sehr interessantes Land.<br />

Über wen möchtest Du in der Rubrik «Portrait»<br />

lesen? Welche Fragen würdest Du stellen?<br />

Das muss ich Dir überlassen.<br />

Deine Wünsche für unseren Verein…<br />

Möglichst viele junge Mitglieder, die sich<br />

einsetzen.<br />

Irina Selivanova Surber<br />

Musica Mechanica hat ja geradezu unendlich<br />

viele, höchst interessante und oft auch noch nicht<br />

erforschte Aspekte.<br />

Nach Rücksprache mit dem Vorstand haben wir<br />

nun für einen ersten Versuch den 19. September<br />

<strong>2009</strong> ausgewählt. Es ist dasselbe Wochenende,<br />

an dem <strong>im</strong> Jahr 2008 in der Schweiz und in<br />

Waldkirch der Tag der Großorgeln stattfand. Der<br />

Termin kollidierte nicht mit anderen und wird<br />

sich nach derzeitiger Wahrnehmung auch <strong>2009</strong>


nicht mit anderen Veranstaltungen, die unsere<br />

Passion betreffen, überlappen.<br />

Veranstaltungsort soll das Drehorgelmuseum in<br />

Marienheide-Kempershöhe sein.<br />

Thematisch soll es um den Franz Hartung<br />

in Halle und seine Instrumente gehen. Dass<br />

die Nachfrage nach diesem lange zu wenig<br />

beachtetem Orgelbauer lohnt, dafür dürfte der<br />

obige Artikel «Auf den Spuren des Orgelbauers<br />

Franz Hartung» von Roland Wolf Hinweis<br />

genug sein. Durch mich bzw. mein Instrument<br />

aus Hartungs Werkstatt ist in den vergangenen<br />

Jahren das Interesse an diesem Meister und<br />

seinen Werken erheblich gewachsen. Roland<br />

Wolf hat ca. 20 Eigentümer von Hartung-Orgeln<br />

ausfindig gemacht und sich auf biografische<br />

Spurensuche begeben. Stefan Fleck und Raphael<br />

Lüthi haben als Restauratoren Instrumente von<br />

Hartung in der Werkstatt gehabt.<br />

Zielgruppe des Thementages sollen Eigentümer<br />

von Hartung-Orgeln und interessierte wie<br />

sachkundige GSM-Mitglieder sein. Mitglieder<br />

der Familie Hartung haben bereits ihre<br />

Teilnahmeabsicht bekundet.<br />

Anfangs Februar bin ich wieder einmal für eine<br />

Woche in Moskau gewesen. Da ich <strong>im</strong>mer wieder<br />

Anfragen von Mitgliedern bekomme, habe<br />

ich mich nach dem Stand der Bauarbeiten des<br />

angekündigten Museums für Mechanische Musik<br />

von David Jakobaschwili erkundigt, respektive<br />

die Örtlichkeiten aufgesucht. Den aktuellen<br />

Stand können Sie anhand der untenstehenden<br />

Fotos erkennen. Bauarbeiten und irgendwelche<br />

Tätigkeiten waren auf dem Areal nicht<br />

auszumachen. In absehbarer Zeit dürfte also eine<br />

Besichtigung der Sammlung nicht möglich sein.<br />

22<br />

Wer nun ein solches Instrument oder auch eines,<br />

dessen Herkunft aus der Werkstatt in Halle<br />

strittig ist, besitzt wird geben, es am Thementag<br />

mitzubringen und vorzustellen. Von Interesse<br />

dürften auch die Arrangements auf den Walzen<br />

sein. Weiter werden wir versuchen, unser<br />

biografisches Wissen zu erweitern. Wer z. B. war<br />

Rudolf Hartung in Halle, der 1919 für Stiller in<br />

Halle die Walze einer Karussellorgel stiftete? Wer<br />

Robert Hartung, den das Leipziger Adressbuch<br />

1924 in Gohlis als Harmoniumfabrikanten<br />

aufführt? Und <strong>im</strong> Ganzen wird es, so hoffen wir,<br />

ein anregender Tag mit guten Begegnungen und<br />

weiterführenden Ergebnissen.<br />

Ein genaues Programm werden wir nach<br />

Eingang von Anmeldungen erstellen, wobei wir<br />

darum bitten, bei der Anmeldung entsprechende<br />

Anregungen mitzuteilen.<br />

Die Anmeldungen bitte bis zum 15. Mai <strong>2009</strong><br />

per e-mail oder Post an:<br />

Dr. Ullrich W<strong>im</strong>mer, Kapellenweg 2-4<br />

D-51709 Marienheide<br />

leierkastenheiterkeit@t-online.de<br />

Museum von David Jakobaschwili in Moskau<br />

Aber, ich habe mich auf die Suche nach andern<br />

einschlägigen Museen gemacht und bin auch<br />

fündig geworden:<br />

Polytechnisches Museum –<br />

Fundgrube der Technik<br />

Das Polytechnische Museum Moskau wurde<br />

1872 unter Zar Alexander II. gebaut und befindet<br />

sich in einem <strong>im</strong>posanten Gebäude aus der Mitte<br />

des 19. Jahrhunderts. Es wurde vom berühmten<br />

Moskauer Architekten Ippolito Antonowitsch<br />

Monighetti in neo-altrussichem Stil erbaut und<br />

ist eines der größten und ältesten technischwissenschaftlichen<br />

Museen der Welt.


Im Innern des Hauses gibt es hingegen nicht<br />

nur Altmodisches zu bewundern. Neben alten<br />

Uhren, Kameras und Autos beherbergt es<br />

sogar Raumkapseln. Die zahlreichen Exponate<br />

vermitteln einen guten Eindruck von der<br />

Entwicklung der russischen Wissenschaft und<br />

Technik des 19. und 20. Jahrhunderts.<br />

Für Sie, liebe Mitglieder, wäre wahrscheinlich die<br />

Ausstellung der mechanischen Musikinstrumente<br />

sowie der ansehnlichen Sammlung von<br />

Grammophonen, Radio- und Fernsehgeräten aus<br />

der für Westeuropäer weitgehend unbekannten<br />

sowjetischen Frühzeit sehr interessant. Da<br />

Fotografieren <strong>im</strong> Museum verboten ist, habe<br />

ich mit der «versteckten Kamera» ein paar<br />

Aufnahmen gemacht, die ich Ihnen nicht<br />

vorenthalten möchte.<br />

23<br />

Nebst diesem Museum gibt es in Moskau<br />

äusserst interessante Trödelmärkte von teils<br />

gigantischem Ausmass, sowie Antikmärkte für<br />

den gehobenen Standard zu besichtigen. Ich<br />

werde auch versuchen, die Möglichkeit einer<br />

Besichtigung einer anderen privaten Sammlung<br />

ausfindig zu machen. Mein Ziel ist es, auch ohne<br />

David Jakobaschwili eine interessante Reise<br />

nach Moskau gestalten zu können, welche nebst<br />

der mechanischen Musik auch noch andere<br />

Bedürfnisse befriedigt. Der Fundus an Kunst<br />

und Kultur ist unerschöpflich in dieser Stadt. Ich<br />

hoffe, dass wir Ihnen bis <strong>im</strong> Frühjahr 2010 etwas<br />

Interessantes anbieten können.<br />

Irina Selivanova Surber


Termine<br />

4. April Sammelbörse in Rüdeshe<strong>im</strong><br />

26. April Frühlings-Drehorgeltreffen in Gossau (ZH)<br />

2. Mai Drehorgelfestival anlässlich der LUGA in Luzern<br />

6. Juni Generalversammlung des <strong>SFMM</strong> in Lichtensteig<br />

7. Juni <strong>No</strong>stalgisches Drehorgeltreffen in Lichtensteig<br />

14. Juni GMS: Drehorgelmatinée der Basler Drehorgel-Freunde<br />

4./5. Juli Kaktus-Chilbi, Schafishe<strong>im</strong><br />

4./5. Juli Drehorgeltreffen auf dem Seelisberg<br />

18./19. Juli Internationales Drehorgeltreffen in Thun<br />

25./26. Juli Drehorgeltreffen in Brunnen<br />

26. Juli GMS: Jazz-Matinée mit Odin-Konzertorgel. E. Meyre & Peter Moritz<br />

Jazz-Band, Paris<br />

8. August Drehorgeltreffen Zürich-Oerlikon<br />

23. August Drehorgeltreffen in Einsiedeln<br />

24. August Drehorgeltreffen in Basel<br />

28./29. August Drehorgeltreffen in Zurzach mit Kirchenkonzert am Freitag<br />

6. September Drehorgelmatinée in Lachen<br />

17./19. September 12. Internationales Karussell- und Drehorgelfestival in Winterthur<br />

(Drehorgeln nur am Samstag)<br />

27. September Reise des <strong>SFMM</strong> nach Wangen <strong>im</strong> Allgäu<br />

11. Oktober Drehorgeltreffen anlässlich der HELA in Laufenburg<br />

Wiederholende Anlässe<br />

Jeden Donnerstag und Freitag, ab 17.00 Uhr. Mittwoch, 09.00 – 11.00 Uhr,<br />

Kl<strong>im</strong>perkasten, Besenbeiz mit Ambiente.<br />

Herzlich willkommen bei Regula und Barbara Wieser, 8471 Berg Dägerlen<br />

Immer am letzten Sonntag <strong>im</strong> Monat um 17.00 Uhr bei Kurt und Ursula Matter.<br />

Leichte Klassik am Sonntagnachmittag. Im Osthaus Wichterheer, Oberhofen.<br />

Eintritt frei. Kollekte.<br />

Drehorgel-Stamm<br />

Jeden 2. Donnerstag <strong>im</strong> Monat.Stamm der IG Basel und Region 19.30 Uhr,<br />

Restaurant zur Mühle, Baslerstrasse 54, 4102 Binningen.<br />

Info: Nelly Rosebrock, Telefon 061 631 15 40. Gäste sind jederzeit herzlich willkommen.<br />

Jeden 4. Donnerstag <strong>im</strong> Monat<br />

Hogg der Basler Drehorgelfreunde um 19.45 Uhr <strong>im</strong> Restaurant Ysebähnli, Utengasse 22, 4058 Basel.<br />

Wir freuen uns auf Gäste, die sich unter Tel. (+41) 61 681 71 24; Mob. Tel. (+41) 78 683 48 95 an melden.<br />

19./20. September <strong>2009</strong><br />

Thementage mechanische Musik der GSM <strong>im</strong> Drehorgelmuseum Marienheide-Kempershöhe (D).<br />

Thema: Der Orgelbauer Franz Hartung aus Halle. Fachvorträge und geschichtliche Hintergründe.<br />

Nähere Info und Anmeldung: leierkastenheiterkeit@t-online.de.<br />

24

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