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Von Walzenstühlen, Dezibel und der Identität als Hafenstadt

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53°6'0.65"N<br />

8°46'20.52"E<br />

72<br />

Ulrike Bendrat<br />

<strong>Von</strong> <strong>Walzenstühlen</strong>, <strong>Dezibel</strong> <strong>und</strong> <strong>der</strong> <strong>Identität</strong> <strong>als</strong><br />

<strong>Hafenstadt</strong><br />

Im Herzen <strong>der</strong> Mühle<br />

Sie sehen aus wie dicke, grüne Klei<strong>der</strong>schränke. Und sie wackeln mit lautem<br />

Getöse hin <strong>und</strong> her <strong>und</strong> im Kreis herum. Hier oben in einem <strong>der</strong> vielen Stockwerke<br />

<strong>der</strong> Industriemühle dröhnen die ›Plansichter‹. Diese Maschinen, die um ihre<br />

Senkrechtachse rotieren <strong>und</strong> dabei einen Wind machen, dass die Hosenbeine flattern,<br />

sind – stark vereinfacht gesprochen – elektrisch betriebene Siebemaschinen,<br />

die das gemahlene Korn nach Größe in Schrote, Grieß, Keimling <strong>und</strong> Mehl sortieren.<br />

Wer zum ersten Mal zwischen den zahllosen wackelnden Plansichtern hindurch<br />

läuft, hofft inständig, dass sie gut verankert sind. Das Getöse hier oben auf<br />

dem Boden ist ohrenbetäubend.<br />

Ähnlich geräuschvoll geht es auf dem ›Walzenboden‹ <strong>der</strong> Rolandmühle<br />

zu, auch hier ist nicht zu überhören, dass Maschinen in Betrieb sind. Das<br />

war nicht an<strong>der</strong>s zu erwarten. Denn schon neben <strong>der</strong> Stahltür, die zu diesem<br />

Boden führt, verlangt ein Schild Gehörschutz. Ähnlich aufgereiht wie die Plansichter<br />

stehen in diesem großen Raum zig rote, jeweils mit einem etwa zehn<br />

Zentimeter breiten Riemen angetriebene ›Walzenstühle‹, die mit ihren Walzen<br />

Weizen <strong>und</strong> Roggen zu Schrot <strong>und</strong> Mehl vermahlen.<br />

Zusammen mit dem Plansichterboden ist <strong>der</strong> Walzenboden das<br />

Herzstück <strong>der</strong> Mühle. Denn Getreide wird in zwei – je nach Bedarf zu wie<strong>der</strong>holenden<br />

– Schritten gemahlen: das Zerkleinern <strong>und</strong> das Sieben, zusammengenommen<br />

eine ›Passage‹. Tagein, tagaus durchlaufen Tonnen von Getreide aus<br />

Deutschland, den Ostsee-Anrainerstaaten <strong>und</strong> aus England solche Passagen, bis<br />

zu 400 000 Tonnen im Jahr. Die Rolandmühle versorgt mit ihrem Mehl viele<br />

Bäckereien <strong>und</strong> Brotfabriken, vor allem in Norddeutschland, aber auch in vielen<br />

Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Welt.<br />

Aus <strong>der</strong> Mühle direkt aufs Schiff<br />

Wenn Berend Jürgen Erling <strong>und</strong> sein Vetter Hans-Christoph Erling, die sich die<br />

Geschäftsführung <strong>der</strong> Bremer Rolandmühle teilen, auf dem Boden im obersten<br />

Stockwerk des Mehlsilos stehen, lagern unter ihren Füßen ungefähr 17 000 Tonnen<br />

Mehl. Beim An- <strong>und</strong> Abtransport solcher Mengen von Weizen <strong>und</strong> Roggen,


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Mehl <strong>und</strong> Schrot kommt dem Betrieb seine beson<strong>der</strong>e Lage zugute: Die Rolandmühle<br />

ist Deutschlands einzige Seehafenmühle. Sie liegt direkt am Holz- <strong>und</strong><br />

Fabrikenhafen in <strong>der</strong> Bremer Überseestadt. Gleich neben <strong>der</strong> Mühle ist das Hafenbecken<br />

10,50 Meter tief – »Das ist sensationell!«, sagt Berend Erling –, sodass hier<br />

Schiffe mit bis zu 12 000 Tonnen liegen <strong>und</strong> abgefertigt werden können. »Da<br />

kommt nicht einmal Hamburg mit«, weiß <strong>der</strong> Mühlenchef. Seine sonst sachlich<br />

klingende Stimme kann seinen Stolz nicht ganz verhehlen.<br />

Die ›trimodale Anbindung‹ <strong>der</strong> Mühle – sie ist per Schiff, per Zug<br />

<strong>und</strong> per Lkw zu erreichen – bietet gute Möglichkeiten, das Getreide jeweils da zu<br />

kaufen, wo es gerade am besten ist. Das kann Schleswig-Holstein o<strong>der</strong> Mecklenburg-Vorpommern<br />

sein o<strong>der</strong> auch Polen, Litauen, Lettland, Estland, Russland,<br />

Finnland, Schweden o<strong>der</strong> Dänemark. Per Binnenschiff wird Getreide aus Nie<strong>der</strong>sachsen<br />

<strong>und</strong> Sachsen-Anhalt geliefert. Auch aus England erreicht Getreide die Bremer<br />

Rolandmühle.<br />

Mehl ist nicht gleich Mehl<br />

Es steckt nicht nur im Brot, son<strong>der</strong>n auch in Smarties <strong>und</strong> in Tütensuppen: »Als<br />

wir beide angefangen haben, uns mit Mehl zu beschäftigen, da war für uns Mehl<br />

gleich Mehl«, erinnert sich Berend Erling. »Es gibt da aber sehr große Unterschiede«,<br />

erklärt er. »Sie können sich vielleicht vorstellen, dass man für einen Keks<br />

ein an<strong>der</strong>es Mehl braucht <strong>als</strong> für ein Croissant, denn ein Keks soll sich gerade nicht<br />

aufblasen, <strong>der</strong> soll schön flach bleiben. Wenn ein Croissant dagegen flach bleibt,<br />

sieht das nicht gut aus.« Und dafür müssen Mehlsorten unterschiedliche Eigenschaften<br />

haben. Dem Betriebswirt <strong>und</strong> gelernten Müller Erling macht die Arbeit in<br />

dieser Branche Spaß: »Es ist ein schönes Produkt <strong>und</strong> wir gehen jedes Jahr wie<strong>der</strong><br />

mit <strong>der</strong> Natur um, mit dem, was Petrus uns beschert.«<br />

<strong>Von</strong> den Wallanlagen in den Hafen<br />

Sich jedes Jahr neu auf die verschiedene Getreidequalität einstellen zu müssen,<br />

das hat Berend Erling mit seinen Vorfahren gemeinsam. Ansonsten hat sich seit<br />

Beginn <strong>der</strong> Mühlen-Zeiten einiges geän<strong>der</strong>t. Seit dem Jahr 1811 leitete die Mühlenbauer-Familie<br />

Erling in Bremen eine Mühle. 1832 erbaute Berend Erling Senior<br />

seine erste eigene, bis heute in den Wallanlagen <strong>der</strong> Hansestadt stehende Windmühle,<br />

in <strong>der</strong> jetzt ein Café beheimatet ist. Aber bereits im Jahr 1897 reichten <strong>der</strong>en<br />

Kapazitäten nicht mehr aus, ein Umzug stand an. Im Fabrikenhafen entstand ein<br />

Backsteinbau mit einer Dampfmühle: Das war <strong>der</strong> Beginn <strong>der</strong> heutigen Rolandmühle,<br />

die bereits die stolze Leistung von 100 Tonnen pro Tag hatte. Der Weizen<br />

kam auch dam<strong>als</strong> aus aller Welt <strong>und</strong> das Mehl wurde mit Binnenschiffen innerhalb<br />

Deutschlands abgesetzt. Den Export nach Übersee gab es ebenfalls schon.<br />

Starke Wurzeln<br />

Berend Jürgen <strong>und</strong> Hans-Christoph Erling führen die Rolandmühle heute in<br />

sechster Generation. Aber Berend Erling empfindet die Familientradition nicht <strong>als</strong><br />

›schweres Erbe‹, im Gegenteil: Es tut ihm gut, solche starken Wurzeln zu haben.<br />

Die Väter <strong>der</strong> beiden heutigen Mühlenchefs haben dam<strong>als</strong> bewusst Beruf <strong>und</strong><br />

Familie getrennt, um ihre Kin<strong>der</strong> nicht frühzeitig in etwas hineinzupressen, dass


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sie vielleicht nicht wollten. Entsprechend haben auch beide <strong>als</strong> junge Männer ihre<br />

Ausbildung in an<strong>der</strong>en Betrieben gemacht. Im Laufe <strong>der</strong> Ausbildung konnte ihr<br />

Interesse an <strong>der</strong> Rolandmühle wachsen, zumal beide auch Geschwister haben,<br />

sodass es nicht den Druck gab, dass ›Du o<strong>der</strong> keiner‹, den Betrieb übernehmen<br />

musste. Heute empfinden es die beiden Vettern »<strong>als</strong> großes Geschenk, so eine Tradition<br />

weiterführen zu können«.<br />

Die große Explosion<br />

Dazu wäre es beinahe nicht gekommen: Im Februar 1979 erschüttert ein großes<br />

Unglück die Mühle. Ausgelöst durch einen Kabelbrand, <strong>der</strong> schließlich ein Silo<br />

erreichte, kam es zu einer gewaltigen Mehlstaubexplosion. »Ich war an<strong>der</strong>thalb<br />

St<strong>und</strong>en vorher noch dort <strong>und</strong> habe meinen Vater abgeholt«, erinnert sich Erling.<br />

Dam<strong>als</strong> war er 14 Jahre alt. Ihnen sei seine Mutter entgegen gekommen <strong>und</strong> habe<br />

gesagt: »Die Mühle brennt.« Für den Jugendlichen war das jenseits seines Vorstellungsvermögens,<br />

»das gab es einfach nicht! Mein Vater ist sofort wie<strong>der</strong> in die<br />

Mühle gefahren. Den haben wir die ganze Nacht nicht gesehen«, erinnert sich <strong>der</strong><br />

heutige Chef. Als er am nächsten Morgen bei <strong>der</strong> Mühle angekommen sei, »war <strong>der</strong><br />

halbe Betrieb zerstört«. »Die Hauptexplosion im Mehlspeicher war so stark, die hat<br />

den ersten Stock vom Verwaltungsgebäude einfach rausgeschossen, <strong>der</strong> Rest des<br />

Gebäudes ist darüber zusammengefallen. Eine Mühle war komplett zerstört. Es<br />

gab 14 Tote.«<br />

Brandgeruch von trocknenden Geschäftsunterlagen<br />

Der Wie<strong>der</strong>aufbau war für die dam<strong>als</strong> im Unternehmen Beschäftigten ein Kraftakt<br />

<strong>und</strong> eine große Leistung: Mitten in einem eisigen Winter mit minus 20 Grad<br />

Celsius <strong>und</strong> dicken Löschwassereiszapfen mussten irgendwie Geschäftsunterlagen<br />

aus den Trümmerbergen herausgeholt werden. Der heute 45-Jährige erinnert sich:<br />

»Die Unterlagen waren bei uns zu Hause ausgebreitet, <strong>der</strong> Brandgeruch war im<br />

ganzen Haus. Es musste ja alles getrocknet werden, um auch die Buchhaltung wie<strong>der</strong><br />

in Gang zu kriegen.« Dass <strong>der</strong> Bremer Betrieb dam<strong>als</strong> nicht sang- <strong>und</strong> klanglos<br />

vom Markt verschwand, lag daran, dass zufällig ein Mühlengebäude stehen<br />

geblieben war. »Sonst wären wir vielleicht überhaupt nicht mehr in Gang gekommen«,<br />

schätzt Berend Erling. Während noch ein riesiger Trümmerhaufen auf dem<br />

Gelände lag, arbeitete die Mühle schon wie<strong>der</strong> »mit 1000 Provisorien, das war eine<br />

wilde Zeit.« Für Erlings Vater <strong>und</strong> seinen Bru<strong>der</strong> war es vor allem ein angespannte<br />

Zeit, in <strong>der</strong> in kürzester Zeit das Aufräumen des Betriebes geleistet, die Provisorien<br />

organisiert, die Explosionsursachen erforscht <strong>und</strong> aus allen Erkenntnissen ein<br />

Zukunftskonzept für den Wie<strong>der</strong>aufbau entwickelt werden musste, wie sich sein<br />

Sohn erinnert – »eine großartige Leistung«.<br />

Sicherheit<br />

Einen positiven Effekt, wenn man davon im Zusammenhang mit einem solchen<br />

Unglück überhaupt sprechen mag, hatte die Explosion: Es war klar geworden, dass<br />

völlig neue Sicherheitsstandards notwendig waren, »damit so etwas nie wie<strong>der</strong><br />

passiert«. Berend Erling weiß natürlich: »100-prozentige Sicherheit gibt es nicht.«<br />

Aber seit <strong>der</strong> Explosion hat in <strong>der</strong> gesamten Branche ein Umdenken stattgefun-


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den. Es sind Sicherheitsregelungen hinzugekommen, die es vorher nicht gab, denn<br />

niemand hatte sich vorher so einen schweren Unfall vorstellen können. Bei <strong>der</strong><br />

Rolandmühle »haben wir alles umgesetzt, was an Sicherheitsvorkehrungen getroffen<br />

werden kann«, auch über heute geltende Vorschriften hinaus. Viele von ihnen<br />

stammten übrigens aus jener Zeit, sagt Erling.<br />

Aus dem Überseehafen…<br />

Gut 20 Jahre später sah sich die Mühle – <strong>und</strong> mit ihr viele an<strong>der</strong>e Hafenbetriebe –<br />

mit einer ganz an<strong>der</strong>en Herausfor<strong>der</strong>ung konfrontiert: Es ging darum, den Überseehafen<br />

zuzuschütten <strong>und</strong> das Großprojekt Überseestadt zu beginnen. »Hafentechnisch<br />

betrachtet war es richtig, den Überseehafen zuzuschütten«, hat Mühlenchef<br />

Erling eine klare Position. Die jüngste Sanierung <strong>der</strong> Kaje im Europahafen<br />

habe circa 70 Millionen Euro gekostet, im Überseehafen hätte man wahrscheinlich<br />

mindestens noch einmal die gleiche Summe veranschlagen müssen. Hier folgte die<br />

Entscheidung gegen das Hafenbecken den finanziellen Erwägungen.<br />

… wird die Überseestadt. Die Ausrichtung<br />

»Wir haben darauf hingewiesen, dass Bremen sich überlegen muss, was es will.<br />

Als Hafenstandort sind wir hier einzigartig, <strong>als</strong> ›Platz auf <strong>der</strong> grünen Wiese‹ nicht,<br />

das kann Bielefeld auch«, erinnert sich Berend Erling an die anfänglichen Diskussionen<br />

um die Ausrichtung <strong>der</strong> neuen Überseestadt. »Dass die Fläche entwickelt<br />

werden musste, war klar.« Da waren sich die alteingesessene Hafenindustrie, die<br />

Stadt Bremen <strong>und</strong> die neuen Projektentwickler einig. Er erinnert sich: »Wir hier<br />

von den Hafenbetrieben hätten uns erhofft, dass Bremen mehr Akquise im Bereich<br />

hafenaffiner Betriebe gemacht hätte. Ob das passiert ist, wissen wir nicht. Es ist ja<br />

<strong>der</strong> große Hype, in ehemaligen Häfen hafenfremde Nutzung anzusiedeln.«<br />

»Wir machen es wie die Musketiere«<br />

Für Erling <strong>und</strong> die an<strong>der</strong>en Vertreter <strong>der</strong> Hafenindustrie – alles pragmatische Kaufleute<br />

– war dann aber auch klar: »Als Bremen sich entschieden hat, in <strong>der</strong> Überseestadt<br />

etwas an<strong>der</strong>es <strong>als</strong> Hafennutzung voranzubringen, bestand unsere Aufgabe<br />

darin sicherzustellen, dass Alt <strong>und</strong> Neu verträglich nebeneinan<strong>der</strong> geregelt wird.«<br />

Und das ist schließlich auch gelungen.<br />

Im Jahr 2003 hatten sich über 40 mittelständische Unternehmen <strong>der</strong><br />

Hafenindustrie zur ›Interessengemeinschaft Stadtbremische Häfen‹ (ISH) zusammengeschlossen.<br />

Den Namen ISH kennt zwar kaum jemand, aber wer mit offenen<br />

Augen durch die Überseestadt spaziert o<strong>der</strong> fährt, wird dem Logo <strong>der</strong> ISH immer<br />

wie<strong>der</strong> begegnen: dem grünen Anker im auf <strong>der</strong> Spitze stehenden Quadrat. Anlass<br />

<strong>der</strong> ISH-Gründung war die Sorge <strong>der</strong> Mitglie<strong>der</strong>, dass bei <strong>der</strong> Gesamtplanung <strong>der</strong><br />

Überseestadt ihre Arbeitsbedingungen übersehen werden könnten: »Wir haben<br />

beschlossen, wir machen es wie die Musketiere: Wenn einer ein Problem hat, ist<br />

das das Problem von allen«, erinnert sich Mühlenchef Erling. »Je mehr die Planer<br />

weggeguckt haben, desto mehr haben wir den Finger in die W<strong>und</strong>e gelegt.«<br />

Im Endeffekt habe die Gründung <strong>der</strong> Interessengemeinschaft dazu<br />

geführt, dass zum einen die Stadt Bremen einen klar definierten Ansprechpartner<br />

für die Belange <strong>der</strong> Industrie hatte. Zum an<strong>der</strong>en sei schließlich nach langem, hart-


15 53°6'17.06"N 8°45'51.77"E<br />

121 53°5'5.48"N 8°46'45.02"E<br />

76<br />

55 53°6'5.36"N 8°46'16.60"E<br />

23 53°6'6.27"N 8°45'43.76"E<br />

124 53°5'2.08"N 8°46'55.06"E<br />

näckigen Verhandeln zwischen <strong>der</strong> Hafenindustrie <strong>und</strong> den Projektentwicklern,<br />

die auch Dienstleister ansiedeln <strong>und</strong> Wohnungen bauen wollten, eine Vereinbarung<br />

getroffen worden, die für alle Beteiligten klare Bedingungen sichert.<br />

Bremens <strong>Identität</strong> <strong>als</strong> <strong>Hafenstadt</strong><br />

Die eigentlichen Hafenaktivitäten hätten sich aus <strong>der</strong> Stadt heraus verlagert, <strong>der</strong><br />

Hafen sei darum für die Bevölkerung <strong>und</strong> für Besucher <strong>der</strong> Stadt nicht mehr sichtbar.<br />

»Für die <strong>Identität</strong> einer <strong>Hafenstadt</strong> ist aber wichtig, dass ein Teil des Hafens<br />

noch erlebbar bleibt«, sagt Erling. Das fällt in Bremen schwer. Diesen Vergleich<br />

gewinnt Hamburg ohne Probleme: Wer etwa mit dem Auto von Süden nach<br />

Hamburg hinein fährt, sieht die »ganze Pracht des Hafens«, so Erling. Wer mit dem<br />

Auto nach Bremen kommt, sieht nichts von den bremischen Hafenaktivitäten.<br />

Als umso wichtiger erachtet es <strong>der</strong> Chef <strong>der</strong> Rolandmühle, den<br />

Bremer Bürgern ihren Hafen zu zeigen <strong>und</strong> zu erklären, warum <strong>der</strong> Hafen wichtig<br />

ist. Wobei es ihm um zwei Faktoren geht: um die <strong>Identität</strong> Bremens <strong>als</strong> <strong>Hafenstadt</strong><br />

<strong>und</strong> um die Arbeitsplätze, die <strong>der</strong> Bremer Hafen nach wie vor bietet.<br />

Ein Parcours durch den Hafen<br />

Den Bremerinnen <strong>und</strong> Bremern einerseits <strong>und</strong> den Besuchern <strong>der</strong> Stadt an<strong>der</strong>erseits<br />

den Hafen näherzubringen, das will das Projekt ›Hafenparcours‹ von Studierenden<br />

des Fachbereichs Kunst <strong>und</strong> Design an <strong>der</strong> benachbarten Hochschule für<br />

Künste unter Anleitung ihres Professors Roland Lambrette. Berend Erling sieht bei<br />

diesem Projekt gleich zwei Vorteile für alle Seiten: Zum einen för<strong>der</strong>e es das gute<br />

Verhältnis zwischen alteingesessener Industrie <strong>und</strong> dem relativ neuen Nachbarn,<br />

<strong>der</strong> Hochschule für Künste im Speicher XI. Schon <strong>als</strong> Willkommensgruß für ›die<br />

Neuen‹ hatte die Rolandmühle dam<strong>als</strong> einen Wettbewerb für die Gestaltung <strong>der</strong><br />

zugemauerten Fenster eines alten Wasserspeichers ausgeschrieben.<br />

Zum an<strong>der</strong>en sollen im ersten Schritt sieben geplante Stationen des<br />

Parcours den Hafenbesuchern die Welt <strong>der</strong> heute noch im Hafen tätigen Unternehmen<br />

erschließen. Die Informationscontainer an den sieben Stationen sollen<br />

zeigen, wo die Besucher den Hafen in <strong>der</strong> Überseestadt finden <strong>und</strong> was die dort<br />

ansässigen Betriebe mit ihrem Alltag zu tun haben.<br />

Erling: »Wir müssen den Leuten erklären, was wir hier tun <strong>und</strong><br />

warum es sie betrifft. Deshalb holen wir die Verbraucher bei ihren Interessen ab:<br />

Der Container von Diersch <strong>und</strong> Schrö<strong>der</strong> beschäftigt sich mit Energieverbrauch<br />

<strong>und</strong> berichtet über Mineralöl, das Unternehmen J. Müller Weser wird von Fischmehl<br />

<strong>und</strong> Kaffee erzählen, die sie umschlagen. Steinbrügge + Berninghausen werden<br />

etwas über den Holzhandel <strong>und</strong> Ströver Schellack über Schellack erzählen.<br />

Damit werden heutzutage übrigens Südfrüchte überzogen, um sie zu schützen.<br />

Auch Kellogg’s wird beim Hafenparcours dabei sein.«<br />

Und die Rolandmühle? Der Container war schon im Frühjahr 2010<br />

fertig <strong>und</strong> steigt mit <strong>der</strong> Frage ein: Wie ernähren wir uns? Und da beginnt die<br />

Geschichte <strong>der</strong> Mühle von Neuem: Im Container wird berichtet vom Getreide, das<br />

per Schiff aus Schleswig-Holstein, Finnland, Polen o<strong>der</strong> Sachsen-Anhalt kommt,<br />

von ratternden <strong>Walzenstühlen</strong> <strong>und</strong> wackelnden Plansichtern, die Passage für Passage<br />

aus Weizen <strong>und</strong> Roggen Mehle für Kekse o<strong>der</strong> Croissants machen.

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