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Zweiter Bericht der Bundesrepublik Deutschland - 404 Page not found

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40. Seit dem 17. Jahrhun<strong>der</strong>t stehen sich hochdeutsche Schriftsprache und das Nie-<br />

<strong>der</strong>deutsche in Form von plattdeutschen Varietäten gegenüber. Seither ist das Ver-<br />

hältnis <strong>der</strong> beiden Sprachen von einer spannungsreichen Kontaktgeschichte geprägt.<br />

Bis zur Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts blieb das Nie<strong>der</strong>deutsche die gesprochene Spra-<br />

che <strong>der</strong> breiten Bevölkerungsschichten. Die allgemeine Zweisprachigkeit Nord-<br />

deutschlands hat sich im Verlauf des 19. und 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts allerdings durch den<br />

Prozess <strong>der</strong> Enttraditionalisierung deutlich verän<strong>der</strong>t. Im Zuge von Industrialisierung<br />

und Urbanisierung kommt es erneut zu einem Sprachenwechsel, und zwar im Be-<br />

reich von Mündlichkeit. Unter dem Einfluss eines demokratisierten Schul- und Bil-<br />

dungswesens wechselt vor allem die Bevölkerungsmehrheit in den Städten zum<br />

Hochdeutschen. Damit kehrt sich die Spracherwerbsfolge Plattdeutsch-Hochdeutsch<br />

entwe<strong>der</strong> um o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Wechsel führt zu einer neuen hochdeutschen Einsprachigkeit.<br />

Weil das Nie<strong>der</strong>deutsche aus <strong>der</strong> Öffentlichkeit verdrängt wurde, ist es zu einer priva-<br />

ten, nicht-formellen Nahsprache in <strong>der</strong> Alltagskommunikation geworden. Insbesonde-<br />

re in ländlichen Regionen Norddeutschlands gibt es aber nach wie vor Sprachge-<br />

meinschaften, die im Privat- und Freizeitbereich sowie in einzelnen traditionellen Be-<br />

rufsfel<strong>der</strong>n Plattdeutsch kommunizieren und als Medium kulturaler Praxis einsetzen.<br />

Diese Orte sind von einer mehr o<strong>der</strong> min<strong>der</strong> versteckten Zweisprachigkeit geprägt.<br />

41. Das Verhältnis von Hochdeutsch und Nie<strong>der</strong>deutsch ist vom 17. Jahrhun<strong>der</strong>t bis<br />

hinein in die Gegenwart kontinuierlich von einer Kommentargeschichte begleitet wor-<br />

den. Die Kommentierung bezieht sich in aller Regel auf die jeweils aktuelle Konstella-<br />

tion <strong>der</strong> sprachlichen Varianten und hat – eingebettet in einen umfassenden ökono-<br />

mischen, sozialen und ideologischen Bezugsrahmen – erhebliche Verän<strong>der</strong>ungen in<br />

<strong>der</strong> Sprachpraxis mitbewirkt.<br />

Vor dem Hintergrund des Sprachschwundes bezogen einzelne Dichter immer wie<strong>der</strong><br />

mit plattdeutscher Poesie dagegen Stellung. Sie argumentierten auf diese Weise ge-<br />

gen die Gefährdung einer sprachlich manifesten kulturellen Identität. Als mit <strong>der</strong> poli-<br />

tischen Romantik des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts Sprache und Volksgeist in eins gesetzt wer-<br />

den, entwickelte sich die Vorstellung, die plattdeutsche Muttersprache sei bei <strong>der</strong><br />

Ausbildung von Identität von beson<strong>der</strong>em Wert. Die literarische Neuverschriftung des<br />

Plattdeutschen Mitte des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts markiert deswegen eine wichtige Zäsur.<br />

Ihr Impuls wirkt bis in die Gegenwart hinein. Auf dieser Grundlage entwickelte sich<br />

eine neunie<strong>der</strong>deutsche Literatur, die sich durch Kontinuität, Quantität und Differen-<br />

ziertheit auszeichnet. Mit seiner Medialisierung hat sich das Plattdeutsche in <strong>der</strong> ers-<br />

ten Hälfte des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts dann auch in an<strong>der</strong>en Kultursegmenten entfalten<br />

können: im Theater, in <strong>der</strong> Kirche, im Rundfunk. Ein institutionelles Netzwerk aus

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