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syndicom magazin Nr. 17

Das syndicom-Magazin bietet Informationen aus Gewerkschaft und Politik: Die Zeitschrift beleuchtet Hintergründe, ordnet ein und hat auch Platz für Kultur und Unterhaltendes. Das Magazin pflegt den Dialog über Social Media und informiert über die wichtigsten Dienstleistungen, Veranstaltungen und Bildungsangebote der Gewerkschaft und nahestehender Organisationen.

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<strong>syndicom</strong><br />

<strong>Nr</strong>. <strong>17</strong> Juni–Juli 2020<br />

<strong>magazin</strong><br />

Lernende<br />

in Zeiten<br />

der Krise


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Inhalt<br />

4 Teamporträt<br />

5 Kurz und bündig<br />

6 Die andere Seite<br />

7 Gastautor<br />

8 Dossier: Die Lehrlinge<br />

des Corona-Jahrgangs<br />

Liebe Leserinnen und Leser<br />

16 Arbeitswelt<br />

18 Gute Regeln verhandeln<br />

für Arbeit von zu Hause<br />

22 Politik<br />

25 Recht so!<br />

26 Freizeit<br />

27 1000 Worte<br />

28 Bisch im Bild<br />

30 Aus dem Leben von ...<br />

31 Kreuzworträtsel<br />

32 Inter-aktiv<br />

Wir lernen viel in dieser Pandemie.<br />

Zuerst mussten wir lernen, mit der Angst umzugehen.<br />

Angst um die Gesundheit, die eigene<br />

oder diejenige unserer Liebsten. Die Schmerzen<br />

über den (drohenden) Verlust aushalten. Gleichzeitig<br />

richten wir uns mit neuen Regeln bei der<br />

Arbeit ein: Teils mühsame, aber lebensrettende<br />

Hygienemassnahmen im Büro, in der Werkhalle,<br />

im Laden, auf der Baustelle; die Abgrenzung<br />

beim Homeoffice, das ständige Organisieren für<br />

die Betreuung der Kinder.<br />

Was die Pandemie uns auch lehrt: Auf die Gewerkschaften<br />

ist gerade in der Krise Verlass.<br />

Mit unserem Dachverband, dem Schweizerischen<br />

Gewerkschaftsbund, sind wir die treibende<br />

Kraft, welche die Stützungsmassnahmen für<br />

die arbeitende Bevölkerung voranbringt: Ausweitung<br />

der Kurzarbeit, Ausbau des Erwerbsersatzes<br />

für direkt und indirekt betroffene<br />

Arbeitnehmer*innen und Selbständige, strenge<br />

Sicherheitsmassnahmen am Arbeitsplatz.<br />

Jetzt geht es in die nächsten Phasen. Wir<br />

müssen Gesundheitsschutz und Sicherheit am<br />

Arbeitsplatz verinnerlichen und kontrollieren,<br />

die Arbeitsplätze gegen Abbau verteidigen, unsere<br />

Sozialwerke sichern, die untersten Löhne<br />

anheben, die Kaufkraft aller Arbeitnehmenden<br />

sichern, in den klimaschonenden Umbau<br />

unserer Wirtschaft investieren.<br />

Dank und mit euch Mitgliedern hat die Gewerkschaft<br />

die Power, die prägendste Akteurin<br />

in der Arbeits- und Wirtschaftswelt zu sein.<br />

4<br />

8<br />

22<br />

Stephanie Vonarburg<br />

Vizepräsidentin <strong>syndicom</strong>


4<br />

Teamporträt<br />

«Die Unterschriften sammeln sich<br />

praktisch von alleine»<br />

Mujo Mujagic (34) lebt erst seit drei<br />

Jahren in der Schweiz, wo er über<br />

einen Personalvermittler bei der Post<br />

landete – auch dank seinem guten<br />

Deutsch. Seit gut einem Jahr ist er<br />

fest angestellter Paketzusteller.<br />

Davide Ramundo (29 Jahre) schloss<br />

seine Lehre als Logistiker bei der Post<br />

in Bülach ab und wechselte dann nach<br />

Oerlikon, wo er als Paketzusteller arbeitet.<br />

Er gilt in der Gruppe als das<br />

«Zugpferd». In seiner Freizeit spielt er<br />

mit Mujo und Andreas in einer Hobbymannschaft<br />

Fussball.<br />

Andreas Käser (28) stieg als Zwischenschritt<br />

in die Paketzustellung ein, fand<br />

heraus, dass ihm dieser Job gefällt und<br />

blieb dann bei der Post «hängen».<br />

In seiner Freizeit tüftelt er an seinem<br />

Mitsubishi Lancer.<br />

Marwan Ismail (34) fand nach einer<br />

Büro lehre zur Post und stieg 2007 bei<br />

Swisskurier ein. Lange Mittagspausen<br />

füllte er mit Lieferdiensten für Unternehmen.<br />

Als die Jobs weniger wurden,<br />

wechselte er 2012 zum Paketdienst.<br />

Text: Philippe Wenger<br />

Bild: Tom Kawara<br />

Gewisse Sachen<br />

müssen aufhören,<br />

deshalb unsere<br />

Petition<br />

Es begann damit, dass Davide eigentlich<br />

aus <strong>syndicom</strong> austreten wollte.<br />

Bei uns in der PostLogistics-Distributionsbasis<br />

in Oerlikon läuft dermassen<br />

viel schief, und von der Gewerkschaft<br />

kam unserer Meinung nach<br />

zu wenig Einsatz. Unsere Regionalsekretäre<br />

Senol Kilic und Dominik<br />

Dietrich überzeugten Davide aber davon,<br />

dass wir jetzt aktiv werden sollten.<br />

Wir haben uns dann in kürzester<br />

Zeit zusammengeschlossen, zehn<br />

neue Mitglieder geworben und uns<br />

dafür eingesetzt, dass endlich eine<br />

Personalkommission (PeKo) gewählt<br />

wird. Diese Forderung haben wir bei<br />

unserem Basisleiter deponiert.<br />

Das Problem ist: In unserer Distributionsbasis<br />

spüren wir den Preisund<br />

Margendruck besonders. Bei<br />

den Löhnen, bei der Arbeitszeiterfassung,<br />

und wir sollen ein immer grösseres<br />

Arbeitsvolumen mit gleichen<br />

Ressourcen bewältigen. Und während<br />

der Corona-Krise wurden vermehrt<br />

zentrale Postdienstleistungen<br />

an Private ausgelagert. Bei diesen ist<br />

die Qualität tiefer – das sieht man an<br />

der höheren Reklama tionsquote –<br />

und die Arbeitsbedingungen sind<br />

wesentlich schlechter, weil sie keinem<br />

GAV oder einem schlechteren<br />

als bei der Post unterstehen. Damit<br />

unterläuft die Distributionsbasis<br />

Oerlikon den Post-GAV. Das ging so<br />

weit, dass Kolleg*innen, die zur Risikogruppe<br />

gehören und darum zu<br />

Hause bleiben müssen, befürchten<br />

mussten, dass ihre Tour an jemand<br />

anders vergeben wird. Solche Sachen<br />

müssen aufhören! Wir möchten das<br />

gute Image der Post schützen und<br />

weiter unsere Arbeit bestmöglich erledigen<br />

– aber dafür verlangen wir<br />

gute Arbeitsbedingungen und Anerkennung.<br />

Darum haben wir nun eine Petition<br />

lanciert. Wir fordern die sofortige<br />

Einsetzung der PeKo, das Stoppen<br />

der Auslagerung der Zustelltouren an<br />

Dritte unter Missachtung des GAV,<br />

die Erhöhung des Personal bestands,<br />

damit die ausgelagerten Touren zurückgeholt<br />

werden können, und einen<br />

respektvollen Umgang. Die Unterschriften<br />

sammeln sich praktisch<br />

von alleine, so froh sind die Leute darüber,<br />

dass wir vier Multi-Kulti-Jungs<br />

und <strong>syndicom</strong> der Basis eine starke<br />

Stimme geben.


Kurz und<br />

bündig<br />

Entlassen trotz Krankheit \ Unterschriftensammlung AHV x 13<br />

kann weitergehen! \ Konzernverantwortung kommt an die Urne \<br />

Internationale Solidarität der Gewerkschaften \ Corona-Opfer in<br />

der Westschweizer Presse \ Überbrückungsfonds gefordert<br />

5<br />

Entlassung trotz Krankheit<br />

Der Corriere del Ticino hat einen krankgeschriebenen<br />

Journalisten trotz ärztlichem<br />

Zeugnis und Gutachten der Versicherung<br />

entlassen. Nach 25 Jahren im<br />

Unternehmen hat der Redaktor (59 Jahre,<br />

zwei Söhne in Ausbildung, gewerkschaftlicher<br />

Vertrauensmann und Leiter<br />

des Sektors Presse von <strong>syndicom</strong> Ticino)<br />

die Kündigung per E-Mail erhalten,<br />

exakt nach Ablauf des 180-tägigen Kündigungsschutzes.<br />

<strong>syndicom</strong> wird alle<br />

nötigen Schritte unternehmen, um die<br />

Missbräuchlichkeit nachzuweisen, und<br />

sich für den Journalisten zur Wehr setzen,<br />

dessen «Schuld» darin besteht, einen<br />

dem Verleger nicht genehmen Text<br />

veröffentlicht zu haben (s. Magazin 16).<br />

AHV x 13: Die Unterschriftensammlung<br />

geht weiter<br />

Nach dem Unterbruch wegen der Pandemie<br />

geht die Unterschriftensammlung<br />

für die Initiative für eine 13. AHV-Rente<br />

jetzt weiter. Sie war im vergangenen<br />

November vom Schweizerischen Gewerkschaftsbund<br />

(SGB) lanciert worden.<br />

Informationen: ahvx13.ch<br />

Initiative Konzernverantwortung<br />

kommt an die Urne<br />

Die Konzernverantwortungs-Initiative<br />

fordert, dass Konzerne mit Sitz in der<br />

Schweiz gesetzlich verpflichtet werden,<br />

Menschenrechte und Umwelt weltweit –<br />

in allen ihren Tochtergesellschaften –<br />

zu respektieren. Für die 120 Gewerkschaften<br />

(darunter <strong>syndicom</strong>), Hilfswerke,<br />

kirchlichen und Menschenrechts-<br />

sowie Umweltorganisationen,<br />

die die Initiative unterstützen, ist der<br />

Gegenvorschlag ungenügend. Bei diesem<br />

kämen Multis wie Glencore und<br />

Syngenta mit der Publikation einer<br />

simplen Broschüre einmal jährlich<br />

davon. Aus diesem Grund wird voraussichtlich<br />

im November darüber abgestimmt.<br />

konzern-initiative.ch<br />

Internationale Solidarität der<br />

Schweizer Gewerkschaften<br />

Die Auswirkungen der Pandemie zeigen<br />

sich in der südasiatischen Textilindustrie<br />

besonders deutlich. Als in den<br />

europäi schen Ländern der Notstand<br />

ausgerufen und die Geschäfte geschlossen<br />

wurden, standen in Süd asien<br />

von einem Tag auf den anderen<br />

Millionen Textilarbei terinnen ohne Einkommen<br />

auf der Strasse. Als internationaler<br />

Solidaritätsfonds der Schweizer<br />

Gewerkschaften unterstützt der Solifonds<br />

in Ländern des Südens Gewerkschaften<br />

und Basisbewegungen, die<br />

Arbeitnehmenden ihre Hilfe anbieten.<br />

solifonds.ch<br />

Micro und Le Régional<br />

Opfer der Krise geworden<br />

Die Corona-Krise fordert Opfer in der<br />

Westschweizer Presse. Nach Le Régional<br />

verschwindet mit Micro ein zweiter<br />

Titel. Bei L’Illustré werden acht Stellen<br />

gestrichen. Mit der Schliessung öffentlicher<br />

Gebäude und den Empfehlungen<br />

der Bundesbehörden über von Kunden<br />

gemeinsam benutzte Gegenstände<br />

geriet Micro in Schwierigkeiten. Am<br />

30. Mai erschien der Titel zum letzten<br />

Mal. Für <strong>syndicom</strong> «braucht es dringend<br />

neue Empfehlungen, die dazu<br />

einladen, die Hygienemassnahmen<br />

beim Zeitung lesen einzuhalten, statt<br />

von deren Vorhalten in Cafés abzuraten».<br />

Für L’Illustré müssen Alternativen<br />

und ein Sozialplan gefunden werden.<br />

Überbrückungsfonds für<br />

prekäre Arbeitnehmende<br />

Die Unia und rund zwei Dutzend unterstützende<br />

Organisationen, darunter<br />

<strong>syndicom</strong>, fordern Bund und Kantone<br />

auf, die notwendigen Mittel für einen<br />

Covid-19-Überbrückungsfonds bereitzustellen.<br />

Er soll Arbeitnehmenden, die<br />

von den bisherigen Unterstützungsmassnahmen<br />

ausgeschlossen sind,<br />

sozialen und wirtschaftlichen Schutz<br />

gewährleisten.<br />

Agenda<br />

Juli<br />

4. Juli bis 26. September<br />

Kunst in der Stadt Solothurn<br />

Im Rahmen des Jubiläums 2000 Jahre<br />

Solothurn organisieren der Kunstverein<br />

Solothurn und das Haus der Kunst St.<br />

Josef die Ausstellung «Zart»: Bei einem<br />

Spaziergang in und um die Stadt Solothurn<br />

können wir Kunst und unbekannte<br />

Orte entdecken. www.zart2020.ch<br />

Verlängert bis 6. 9.<br />

Jenseits von Lachen<br />

und Weinen<br />

Die Ausstellung im Zentrum Paul Klee<br />

in Bern stellt das Werk von Klee den<br />

Filmen Charlie Chaplins gegenüber –<br />

und beleuchtet zugleich den Austausch<br />

zwischen Klee und seinem<br />

Freund Jacques Ernst Sonderegger,<br />

einem Schweizer Künstler und Karikaturisten.<br />

August<br />

Bis 23. Oktober<br />

factORfake<br />

Wahrheit oder Lüge – tägliche Herausforderungen.<br />

Das Thema «Fact or Fake»<br />

wird in dieser Sonderausstellung aus<br />

verschiedenen Blickwinkeln präsentiert<br />

und beleuchtet. Rorschach, Museum<br />

im Kornhaus.<br />

September<br />

24. September bis 4. Oktober<br />

Zurich Film Festival<br />

Das Zurich Film Festival zeichnet den<br />

grossen Schweizer Regisseur Rolf<br />

Lyssy für sein Lebenswerk aus und<br />

widmet seinem Œuvre eine Retrospektive.<br />

Lyssys neuer Film «Eden für jeden»<br />

wird als Weltpremiere gezeigt.<br />

Bis 4. Oktober<br />

The Incredible World<br />

of Photography<br />

Das Kunstmuseum Basel zeigt Hunderte<br />

Werke aus der Sammlung Herzog,<br />

die über 500 000 Fotografien umfasst.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/agenda


6 Die andere<br />

Reto Graf (36, M.A. HSG) ist Chief Financial Officer und<br />

Seite<br />

Mitglied der Geschäftsleitung der notime AG, also der grün<br />

leuchtenden Velokuriere, die das Bild von etlichen Schweizer<br />

Städten prägen. Dahinter steht ein 2014 gegründetes Startup,<br />

das mittlerweile der Schweizerischen Post gehört.<br />

1<br />

Ab Oktober 2020 gilt der neue Firmen-<br />

GAV der notime AG. Welche Vorteile<br />

ziehen Ihre Angestellten daraus?<br />

Der neue GAV bietet insbesondere<br />

den Teilzeitmitarbeitenden zusätzliche<br />

Sicherheit: Dank dem neuen GAV<br />

haben die Mitarbeitenden neu einen<br />

Anspruch auf garantierte Arbeitsstunden,<br />

sofern sie während sechs Monaten<br />

ein durchschnittliches Arbeitspensum<br />

von mindestens 40 Prozent<br />

erreicht haben. Zudem gewährt notime<br />

nebst weiteren Vorteilen einen<br />

Zuschlag von 5 % für regelmässige<br />

Sonntagsarbeit.<br />

2<br />

Ist ein GAV für Sie eine Chance oder<br />

sehen Sie sich primär eingeschränkt?<br />

Ein GAV ist eine Chance für alle Beteiligten:<br />

die Mitarbeitenden von<br />

notime sind das Fundament für eine<br />

erfolgreiche Zukunft. Der GAV ist ein<br />

weiteres Bekenntnis von notime zu<br />

nachhaltig fairen Arbeitsbedingungen.<br />

3<br />

Eineinhalb Jahre nach Abschluss des<br />

Branchen-GAV der Velokurierfirmen<br />

kommt ein Firmen-GAV mit notime<br />

hinzu. Welche Effekte erwarten Sie<br />

für Ihre Firma und für die Branche?<br />

notime nimmt aufgrund ihrer Grös se<br />

eine wichtige Rolle in der Branche<br />

wahr. Der GAV ist für notime ein zusätzliches<br />

Qualitätssiegel und hilft<br />

uns, im Markt als noch attraktivere<br />

Arbeitgeberin aufzutreten.<br />

4<br />

Welche Veränderungen brachte<br />

der Corona-Lockdown für die<br />

Fahrer*innen?<br />

Unsere Fahrerinnen und Fahrer<br />

machen einen hervorragenden Job<br />

in dieser anspruchsvollen Zeit. Die<br />

schnelle Umsetzung von Sicherheitskonzepten<br />

(Social Distancing, Contact<br />

less Delivery) in Kombination mit<br />

häufiger Kommunikation hat uns geholfen,<br />

gemeinsam den Lockdown zu<br />

meistern.<br />

Text: Matthias Loosli<br />

Bild: Alexander Egger<br />

5<br />

In nur wenigen Jahren ist notime<br />

in allen grösseren Städten präsent,<br />

was ist Ihr Erfolgsrezept?<br />

notime hat sich als Technologie- und<br />

Logistikunternehmen erfolgreich in<br />

einer Nische platziert. Der Einsatz<br />

von Technologie erlaubt es notime,<br />

die Gleichtagszustellung von Paketen<br />

und Mahlzeiten im urbanen Raum<br />

besonders effizient abzuwickeln und<br />

damit ein einmaliges Kundenerlebnis<br />

zu schaffen.<br />

6<br />

Wie wird sich der Kuriermarkt in<br />

Zukunft entwickeln und wie wollen<br />

Sie bestehen neben UberEats?<br />

Sowohl im Bereich der Mahlzeiten als<br />

auch der Pakete befinden wir uns in<br />

einem Wachstumsmarkt. Konkurrenz<br />

belebt das Geschäft, zu unseren Mitbewerbern<br />

äussern wir uns jedoch<br />

nicht. Meiner Meinung nach sollten<br />

aber alle gleich lange Spiesse haben.<br />

Es kann nicht sein, dass regionale<br />

Anbieter wie notime benachteiligt<br />

werden, wenn die Konkurrenz nicht<br />

dieselben Standards erfüllen muss.


Gastautor<br />

Technologischer Solutionismus:<br />

in Pandemiezeiten eine Versuchung für jeden<br />

Verantwortungsträger. Es ist die Überzeugung,<br />

dass alle Probleme dank der neuen Technologien<br />

einfach und schnell gelöst werden können.<br />

Wie Evgeny Morozov jedoch in seinem Buch<br />

To Save Everything, Click Here gezeigt hat, kann<br />

keine App alle gesellschaftlichen Fragen oder<br />

auch nur unsere individuellen Probleme<br />

lösen. Die Tracking-Apps sind ein Beweis dafür.<br />

Zu was wären wir nicht noch bereit, um einen<br />

erneuten Lockdown zu vermeiden?<br />

Die Behörden wissen das nur zu genau. Damit<br />

aber mit der App überhaupt ein Ergebnis erzielt<br />

werden kann, müssen mehr als 60 % der Bürger<br />

und Bürgerinnen sie auch installieren, was eine<br />

echte Heraus forderung ist. Der Bundesrat wird<br />

deshalb 1'950 000 Schweizer Franken in die Ausstrahlung<br />

und Veröffentlichung von Inseraten,<br />

Fernsehspots und elektronischen Bannern investieren,<br />

um auch die Widerspenstigen unter<br />

uns zu überzeugen.<br />

Aus Datenschutzsicht wurden verschiedene<br />

Schutzmassnahmen ergriffen. Es wurde eine<br />

ausdrückliche und formelle gesetzliche Grundlage<br />

vorgesehen (Änderung des Bundesgesetzes<br />

über die Kontrolle übertragbarer Krankheiten<br />

des Menschen), die dem Parlament in der Juni-<br />

Session vorgelegt wurde. In der Botschaft zur<br />

Änderung sind die getroffenen Datenschutzund<br />

Sicherheitsmassnahmen aufgelistet, die<br />

ein angemessenes Schutzniveau gewährleisten<br />

sollen. Das Problem ist, dass den Experten, die<br />

uns dies garantieren, andere Experten widersprechen,<br />

die an derselben Eidgenössischen<br />

Technischen Hochschule tätig sind und international<br />

einen guten Ruf haben. Wem soll man<br />

glauben? Im Zweifelsfall habe ich mich in Anwendung<br />

des Vorsorgeprinzips dafür entschieden,<br />

keine App zu installieren, die obendrein<br />

von Apple und Google abhängig ist. Die erfassten<br />

Daten sind zu wertvoll, um auch nur das<br />

geringste Risiko einzugehen.<br />

Tracking für das<br />

öffentliche Wohl?<br />

Sébastien Fanti ist ein auf Hochtechnologie-<br />

und Wirtschaftsrecht spezialisierter<br />

Fachanwalt. Er wurde zum<br />

kantonalen Datenschutz- und Transparenzbeauftragten<br />

des Wallis gewählt.<br />

Als solcher ist er Garant für die Einhaltung<br />

der kantonalen Vorschriften und<br />

berät die Behörden oder spricht bei<br />

nachgewiesenen Regelverstössen<br />

Empfehlungen aus.<br />

7


Der


Abgesagte Prüfungen und unklarer Wert der Zeugnisse<br />

Druckindustrie: Schwierig, geeignete Lehrlinge zu finden<br />

Krise bei Swisscom als Chance, kreativ zu sein<br />

Europa: doppelte Bestrafung für Berufsanfänger*innen<br />

Dossier 9<br />

Corona-<br />

Jahrgang


10 Dossier<br />

Schwere Zeiten für die Lernenden<br />

Von Lernenden, Ausbildenden und Betrieben,<br />

die Video-Konferenzen kreativ nutzen,<br />

an der Isolation leiden oder Home-Schooling<br />

begrüssen: Corona hat auf die Berufsbildung<br />

höchst individuelle Auswirkungen.<br />

Text: Philippe Wenger<br />

Bilder: Sandro Mahler<br />

Die Wissenschaft hat bereits begonnen, sich mit den Auswirkungen<br />

der Pandemie auf den Berufsbildungsmarkt<br />

der Schweiz zu befassen. Das grösste Aufhebens erzeugte<br />

wahrscheinlich eine Studie von Samuel Lüthi und Stefan<br />

Wolter von der Schweizerischen Koordinationsstelle für<br />

Bildungsforschung: Basierend auf den offiziellen Konjunkturzahlen<br />

prognostizieren die beiden Ökonomen,<br />

dass es bis 2025 dauern wird, bis sich die Auswirkungen<br />

der Wirtschaftsflaute auf den Lehrstellenmarkt ausgeglichen<br />

haben. Im schlimmsten Fall heisst das: Bis zu 20 000<br />

Lehrstellen könnten weniger geschaffen werden, als wenn<br />

es Covid-19 nicht gegeben hätte.<br />

Zwar ist diese Zahl von sehr vielen Faktoren abhängig,<br />

aber dass es zu einem Einbruch bei der Anzahl der vorhandenen<br />

Lehrstellen kommen wird, bestätigt auch eine andere<br />

Untersuchung: Eine Gruppe Forscherinnen und Forscher<br />

von der Konjunkturforschungsstelle KOF der ETHZ<br />

mit der Online-Lehrstellenplattform Yousty befragt zurzeit<br />

Tausende Unternehmen aller Grössen, in allen Landesteilen<br />

und in allen Branchen danach, wie sich Corona<br />

auf die betriebliche Ausbildung auswirkt. Es zeichnet sich<br />

ab, dass ein kleiner Prozentsatz der Lehrstellen verloren<br />

gehen wird – entweder weil die betroffenen Unternehmen<br />

schlicht die Mittel nicht mehr haben oder weil die Unsicherheit,<br />

wie sich die Pandemie entwickeln wird, keine<br />

zuverlässige Planung zulässt. Ein anderer Befund lautet:<br />

Die betriebliche Ausbildung im Shutdown war für fast einen<br />

Drittel der Lernenden stark eingeschränkt: Sie erhielten<br />

bloss Hausaufgaben oder gar keine Ausbildung.<br />

Unter dem Namen «Task Force Perspektive Berufslehre<br />

2020» hat der Bund ausserdem die Sozialpartner, die<br />

Bundesverwaltung und die Kantone an einem Tisch versammelt,<br />

um die Auswirkungen der Corona-Krise zu untersuchen<br />

und Massnahmen zu planen, damit möglichst<br />

viele Jugendliche per Anfang August 2020 eine Lehrstelle<br />

finden – <strong>syndicom</strong> ist über den Gewerkschaftsbund dabei.<br />

Erste Ergebnisse dieser Taskforce wurden für die Zeit<br />

nach Redaktionsschluss angekündigt, sollten bei Erscheinen<br />

dieser Magazin-Ausgabe aber vorliegen.<br />

Unsicherheit über den Wert des Abschlusses<br />

Das Wort Unsicherheit fällt im Gespräch mit Zoe Sutter<br />

mehrmals. Die junge Frau wird diesen Sommer ihre Lehre<br />

als Buchhändlerin abschliessen: Ohne betriebliche und<br />

ohne schulische Abschlussprüfung. Die schulische Abschlussprüfung<br />

wurde für alle Berufslehren in der Schweiz<br />

dieses Jahr gestrichen, die betriebliche Prüfung fällt in<br />

manchen Branchen weg. In anderen werden betriebliche<br />

Prüfungen in digitaler Form abgehalten, und manche<br />

prüfen wie immer. «Ich habe Angst vor negativen langfristigen<br />

Konsequenzen. Was, wenn ich in zwei Jahren in einem<br />

Bewerbungsverfahren gegen jemanden antreten<br />

muss, der einen ‹normalen› Abschluss mit Prüfung hat?<br />

Ist es dann ein Nachteil, keine Prüfung abgelegt zu haben?»,<br />

sagt Sutter.<br />

Diese Befürchtung scheint unter jungen Berufsleuten<br />

verbreitet zu sein. Jarina Renz, die diesen Sommer als<br />

Poly grafin ihren Abschluss machen wird, sagt: «Einige<br />

Kolleginnen und Kollegen haben behauptet, das Streichen<br />

der Abschlussprüfungen sei unfair gegenüber jenen,<br />

die im vergangenen Jahr abgeschlossen haben.» Renz betont<br />

aber, dass die Prüfung keine Aussagekraft darüber<br />

habe, wie gut sie arbeitet: «Diese Leute vergessen, dass ich<br />

die ganzen drei Jahre Lehre gemacht habe.»<br />

Für die Buchhändlerin Sutter ist der Wert ihres<br />

Abschlusses nicht das einzige Unangenehme in dieser<br />

Situa tion: «Ich empfand den Shutdown als psychisch belastend.<br />

Ich hatte zwar viel Zeit, um für meine Aufnahmeprüfung<br />

für die Berufsmatura zu lernen, aber ansonsten<br />

wenig zu tun – das minderte meinen Ansporn, von mir aus<br />

etwas zu unternehmen. Dann bin ich im April auch noch<br />

von zu Hause ausgezogen, was nicht unbedingt der beste<br />

Zeitpunkt war. Als wir den Buchladen wieder öffnen konnten,<br />

habe ich mich auf die Arbeit gefreut. Aber es ist verstörend,<br />

wie wenig sich die Leute im Zug und die Kund*innen<br />

im Geschäft um die Abstandsregeln kümmern.»<br />

Sutter konnte die Krise aber auch nutzen und ihre Vorgesetzten<br />

nach einiger Zeit überzeugen, einen Social-Media-<br />

Account für ihre Buchhandlung zu starten, den sie gleich<br />

selbst umsetzte.<br />

Der unter Home-Schooling bekannte Begriff hat auch<br />

viele Fürsprecher*innen unter den Lernenden gewonnen.<br />

Gerade wenn man sich bei Lernenden in den Abschlussjahrgängen<br />

oder bei Studierenden erkundigt, fällt häufig<br />

ein Satz im Sinne von «ich könnte mir gut vorstellen, dass<br />

das so weitergeht». Einige betonen aber, es hänge sehr von<br />

der Persönlichkeit ab, wie gut man damit umgehen kann,<br />

und es gebe auch Unterrichtseinheiten, bei denen<br />

Präsenz unterricht weiterhin effektiver ist.<br />

«Wir haben zu wenige Fachleute»<br />

Druckereien kämpfen seit Jahren mit schwindenden Umsätzen,<br />

und viele Arbeitsstellen gelten als unsicher. Die<br />

Corona-Krise führte zu einem zusätzlichen Einbruch an<br />

Aufträgen, wie etwa bei der mittelständischen Druckerei<br />

Kromer Print AG im Kanton Aargau, deren Aufträge um<br />

rund die Hälfte eingebrochen sind. Was die Anzahl neuer<br />

Lehrverträge angeht, hat das aber noch keinen Einfluss:<br />

«Wenn wir genug geeignete Kandidaten finden, werden<br />

wir gleich viele Lernende anstellen wie im letzten Jahr»,<br />

Bis zu 20 000<br />

Lehrstellen<br />

könnten<br />

verschwinden


sagt Geschäftsleiter Andy Amrein. Bis Redaktionsschluss<br />

waren noch vier Lehrstellen offen. Bei deren Besetzung<br />

sieht Amrein die Probleme weniger in den aktuellen Auftragseinbrüchen,<br />

sondern mehr darin, dass es schwierig<br />

sei, für die «harten» Jobs (bei Kromer zum Beispiel Printmedienpraktiker<br />

oder Medientechnologin) geeignete<br />

Kandidierende zu finden. Auch was die Übernahme von<br />

Lernenden angeht, die dieses Jahr abschliessen, habe<br />

Corona keinen Einfluss – es werden mehrere sein. «Wir<br />

bilden unsere Fachleute aus, von denen wir zu wenige<br />

haben», sagt Amrein.<br />

Betriebsinterne Solidarität gesucht<br />

Unter anderen Voraussetzungen arbeitet Michel Haueter,<br />

stellvertretender Leiter Berufsbildung bei Swisscom. Sein<br />

Unternehmen hat erst kürzlich den Geschäftsgang für das<br />

erste Quartal 2020 kommuniziert und dabei keine Zahl gefunden,<br />

mit der sich ein «Corona-Effekt» beschreiben<br />

liesse. Somit stand auch nie in Frage, dass zum 3. August<br />

das vor einem Jahr festgelegte Kontingent bestehen bleibt<br />

und 278 Lernende ihre Berufsausbildung bei Swisscom<br />

starten werden.<br />

Das Ausbildungsmodell bei Swisscom stützt sich auf<br />

Projekte, auf die sich die insgesamt rund 900 Lernenden<br />

selber bewerben müssen. Lediglich dem ersten Projekt<br />

werden die neuen Lernenden zugeteilt: «Wir sind aktuell<br />

stark damit beschäftigt, Projekte für den Lehrbeginn zu<br />

finden. Wir schalten Intranet-News, die Lernenden drehen<br />

Videos zum Thema und wir appellieren an die Solidarität<br />

der Mitarbeitenden. Es ist jedes Jahr nicht ganz einfach,<br />

genügend Projekte zu finden, aber dieses Jahr ist es<br />

besonders anspruchsvoll», so Haueter.<br />

«Als der Shutdown kam, haben wir alle Lernenden abgezogen<br />

und ins Homeoffice geschickt. Dann kam die Frage:<br />

Was nun?», so schildert Haueter die ersten Tage nach<br />

Beginn der ausserordentlichen Lage: «Viele Lernende,<br />

insbesondere jene in den ICT-Projekten, konnten von zu<br />

Hause weiterarbeiten. Den anderen wollten wir aber nicht<br />

bloss Beschäftigungstherapie anbieten, sondern sie an<br />

ihre Stärken erinnern und sie anregen, die Krise als Möglichkeit<br />

zur Kreativität zu nutzen.» Ein Resultat davon waren<br />

Homeoffice-Livestreams, in denen die Lernenden<br />

über ihren Tagesablauf berichteten oder ihre Interessen<br />

und Stärken präsentierten. «Das entwickelte sich zum<br />

Selbstläufer», sagt Haueter, und es habe auch geholfen,<br />

den Zuhause-Koller abzuschwächen. «Grundsätzlich geht<br />

es den Lernenden gut, aber natürlich gibt es Unterschiede.<br />

Wir haben Lernende, die nun neun Wochen lang mit<br />

den Eltern und Geschwistern auf engstem Raum gelebt<br />

haben. Das kann belastend sein.»<br />

Insgesamt stellt Haueter bei den Gesprächen mit den<br />

Lernenden fest, dass sie gut auf die Herausforderung reagieren:<br />

«In der IT-Welt ist stets davon die Rede, dass man<br />

‹agil› auf gesellschaftliche Veränderungen reagieren müsse.<br />

Dass die Veränderung nun auf diese Weise kommt, haben<br />

wir zwar nicht erwartet, aber die Lernenden haben die<br />

Herausforderung angenommen.» Das hat auch damit zu<br />

tun, dass die meisten Lernenden bei Swisscom eine Ausbildung<br />

absolvieren, die auf dem Stellenmarkt sehr gefragt<br />

ist.<br />

Keine zusätzliche Corona-Baisse im Journalismus<br />

Weniger gefragt sind zurzeit Journalistinnen und Journalisten:<br />

Mit der Druckbranche eng verknüpft, liest man von<br />

den grossen Redaktionen von NZZ, TX Group (ehemals Tamedia),<br />

Ringier und CH Media meist im Zusammenhang<br />

von Abbau und Sparmassnahmen. Die Ausbildung ist davon<br />

ebenfalls betroffen: So hat der Tages-Anzeiger erst<br />

2019 eine von zwei Volontariatsstellen gestrichen – immerhin<br />

bleibt diese eine trotz Corona bestehen. Generell


12<br />

Dossier<br />

«Wird es zum Nachteil,<br />

dass wir keine<br />

Abschlussprüfung<br />

abgelegt haben?<br />

Manche finden das<br />

jetzt schon unfair.»<br />

scheint die Corona-Krise aber noch zu keinem direkten<br />

Abbau bei den journalistischen Ausbildungsplätzen<br />

geführt zu haben. So erhielt man in den vergangenen Wochen<br />

den Eindruck, Redaktions-Praktika seien noch die<br />

einzigen Stellen, die auf der einschlägigen Stellenplattform<br />

ausgeschrieben waren. Bei der NZZ sagt der für die<br />

Ausbildung zuständige stellvertretende Chefredaktor<br />

Daniel Wechlin, die Corona-Krise hätte keinen Einfluss<br />

auf die laufende Rekrutierung neuer Volontär*innen:<br />

«Wie viele Volontariatsplätze wir letztlich vergeben werden,<br />

hängt nur von der Qualität der Bewerberinnen und<br />

Bewerber ab.»<br />

Auf die Frage, wie die Corona-Krise die Ausbildung beeinflusst,<br />

muss immer die Frage nach der Branche und<br />

der Firma folgen. Während die Lernenden in der Paketzustellung<br />

der Post Überstunden leisten und an manchen<br />

Orten von der Schule dispensiert werden, müssen andere<br />

im Gegenteil mit dem Arbeitsrückgang zurechtkommen.<br />

Die ersten Ergebnisse der erwähnten Studie auf Panorama.ch:<br />

Bit.ly/36SpeZn<br />

Dieselbe Arbeit von zu Hause aus<br />

Die Corona-Krise überraschte den Tessiner Filippo Giumelli<br />

(Mediamatiker im 4. Lehrjahr bei Swisscom) in Lausanne,<br />

wo er an einem Projekt arbeitete. Am 10. März kehrte er zu<br />

seinen Eltern zurück. Filippo hat jedoch diese schwierige<br />

Zeit genutzt und in eine Chance verwandelt. Er hat ein Video<br />

gedreht, in dem er erklärt, wie seine Schule und seine<br />

Klassenkameraden mit dem Online-Unterricht und den<br />

Online-Projekten zurechtkommen. Auch wenn es nun keine<br />

Abschluss prüfung geben wird, wird er seinem Ausbilder<br />

dieses Video vorlegen.<br />

Bei PostLogistics finden, wenn auch in reduzierter Form,<br />

die praktischen Prüfungen statt. Auch hier hat sich viel geändert:<br />

«Früher haben wir vormittags gearbeitet», berichtet<br />

Tanja Delbiaggio, die eine Logistik-Ausbildung im Paketzentrum<br />

Cadenazzo absolviert, «von 6 bis 15 Uhr machte ich<br />

mit einem Kollegen die Tour mit dem Lieferwagen. Jetzt ist<br />

das nicht mehr möglich – und das vermisse ich. Nach einer<br />

internen Schulung arbeite ich nun von 13 bis 20 Uhr in der<br />

Paketsortierung: Das war eine Herausforderung, und zwar für<br />

das gesamte Team.» Nicht zuletzt auch, weil die Menge der<br />

Pakete Rekordwerte erreicht hat: <strong>17</strong> Millionen (zwei Millionen<br />

mehr als in der Vorweihnachtszeit), noch dazu sehr grosse.<br />

Der schulische Teil wird als Online-Unterricht durchgeführt,<br />

mit Video-Lektionen (von Lehrern aufgezeichnet oder live)<br />

und Hausaufgaben, die eigenständig bearbeitet werden<br />

müssen.<br />

So war es auch bei Marco Foresti, einem Informatik-<br />

Lehrling im 3. Jahr. Anstatt in die Firma zu gehen, machte er<br />

dieselbe Arbeit von zu Hause aus. So ersparte er sich die<br />

langen Fahrten mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Es ist zu<br />

hoffen, dass auch die Ausbildungsprogramme von dieser<br />

Erfahrung profitieren werden. Giovanni Valerio


Dossier<br />

Europas Jugend bezahlt für<br />

die Wirtschaftskrise<br />

13<br />

Schon vor Coronavirus und Weltwirtschaftskrise<br />

war die Jugendarbeitslosigkeit das<br />

schlimmste Problem Europas. Jetzt explodiert<br />

sie. Mehr noch: Der Crash der Berufsbildung<br />

raubt den Jungen ihre Zukunft.<br />

Text: Oliver Fahrni<br />

Bilder: Sandro Mahler<br />

OM, der Stadtklub Olympique Marseille, ist ihr Ding. Sie<br />

trägt Weiss-Himmelblau. Ihre andere Passion sind Container.<br />

Vor allem die kleineren 1-TEU-Container, 20 Fuss<br />

lang (6,1 Meter), mit denen sie ihre Neujahrswünsche<br />

2020 geschmückt hat. Manchmal, wenn sie sich am<br />

Frachthafen herumtreibt, versucht sie zu schätzen, wie<br />

viele TEU sie in den Kahn da draussen packen könnte.<br />

Nadia, <strong>17</strong>, wäre gerne Logistikerin geworden.<br />

Übrigens, sagt sie, «in ein paar Minuten läuft in<br />

Fos-Marseille die Atlantic West ein, die unter liberianischer<br />

Flagge aus La Spezia kommt.» Das weiss sie von<br />

der Internetseite Live Map auf Marinetraffic.com. Doch<br />

Nadias Traum ist zerbrochen. Sie kann sich nicht mehr<br />

vorstellen, was aus ihr werden soll. Die Corona-Epidemie<br />

hat sie aus der Bahn geworfen.<br />

Die Schiffe fahren weiter, viele Schiffe. Und nein, angesteckt<br />

hat sie sich nicht. Aber für die Ausbildung zur<br />

Logistikerin bräuchte sie zuerst das «Bac», die Matura.<br />

Dann zwei Jahre technische Uni. Schliesslich 18 Monate<br />

Ausbildung unter Lehrvertrag in einer Firma.<br />

Nun wird sie die Matura im Juni kaum mehr schaffen.<br />

Seit Mitte März ist ihr Gymnasium geschlossen. Zuerst hat<br />

sie sich noch in den Fernunterricht reingehängt. Doch<br />

dann brauchten der Vater und die Mutter, die mit ihren<br />

Löhnen die 5-köpfige Familie gerade so durchbringen,<br />

Nadias Laptop für die Tele-Heimarbeit. Er war der einzige<br />

Computer im Haus. Als der Französischlehrer per Mail<br />

42 Seiten Unterrichtsmaterial zum Ausdrucken schickte,<br />

beendete Nadia den Versuch, dem Unterricht über iPhone<br />

zu folgen.<br />

Jetzt fehlt ihr die «Präsenz»-Note, der Extrabonus für<br />

alle, die sich regelmässig zugeschaltet haben. In ihrer<br />

Klasse haben das 6 von <strong>17</strong> geschafft. So oder so: Die<br />

Uni-Anmeldung war ohnehin gelaufen. Dafür hätte sie<br />

stundenlang auf einer Internet-Plattform verbringen,<br />

zehn Fakultäten aussuchen und zehn Bewerbungsdossiers<br />

ausfüllen müssen. Und hätte sie es doch getan, wäre<br />

es vielleicht vergebens gewesen: Parcoursup, die Plattform,<br />

hat bis Mitte Mai 272 000 Bewerbende ohne Bescheid<br />

hängen lassen.<br />

In knapp drei Monaten Quarantäne hat das französische<br />

Erziehungssystem einen Fünftel bis einen Viertel der<br />

Auszubildenden aus dem Blick verloren. Sie sind schlicht<br />

vom Radar verschwunden. Manche nur vorübergehend,<br />

andere, wie Nadia, wohl endgültig. Bald dürfte sie die<br />

Masse der arbeitslosen Jungen mehren. Ein Desaster.<br />

Der Erziehungsminister versucht, dies kleinzureden.<br />

Die Wahrheit ist: Da tickt und wächst eine soziale Zeitbombe.<br />

Die meisten Abgehängten kommen aus der unteren<br />

Hälfte der Gesellschaft, dort wo Computer, Drucker<br />

und schnelle Internetabos nicht selbstverständlich sind.<br />

Digitale Spaltung nennen das die Soziologen. Früher<br />

rühmte sich das französische Ausbildungs- und Berufsbildungssystem,<br />

die Chancengleichheit zu fördern. Die<br />

neoliberale Demontage des Service public hat es zu einer<br />

Generation<br />

Covid<br />

Maschine gemacht, die Diskriminierung produziert. Heute<br />

raubt das Coronavirus diesen Jungen die letzten Chancen,<br />

ihre Leben selbständig zu gestalten. Der Groll wächst.<br />

Notfallpsychiatrie und der Inlandsgeheimdienst schlagen<br />

Alarm.<br />

Was für Frankreich gilt, spielt sich in den meisten Ländern<br />

Europas ab. Die Generation Covid ist das erste Opfer<br />

der Pandemie. Millionen junge Menschen, die im kommenden<br />

Herbst auf den Arbeitsmärkt drängen, sind doppelt<br />

gestraft: Ihr Menschenrecht auf Ausbildung wurde<br />

gekappt. Und schaffen sie ihre Qualifizierung dennoch,<br />

finden sie kaum noch den Berufseinstieg. Eine Wirtschaft,<br />

die gerade massenweise entlässt, stellt keine Arbeitenden<br />

ohne Erfahrung ein.<br />

Schon vor dem Virus waren in der EU gemäss Eurostat<br />

3,21 Millionen Menschen unter 25 Jahre auf der Suche<br />

nach einem Brotjob. In Italien: 31,4 Prozent. In Spanien<br />

jede und jeder Dritte. Fast 40 Prozent in Griechenland. In<br />

Frankreich, Portugal, Belgien, Schweden, Finnland um<br />

die 20 Prozent. Nur Deutschland (5,3 Prozent), Tschechien<br />

und die Niederlande standen besser da.<br />

Das Problem ist alt. 2009 schrieb die EU-Kommission:<br />

«Die Zukunft Europas hängt von seiner Jugend ab. Die<br />

Zukunftsaussichten vieler Jugendlicher sind jedoch getrübt.»


14<br />

Dossier<br />

Allein in Deutschland werden laut einer Studie fast<br />

100 000 Lehrstellen verloren gehen<br />

Nun explodiert diese Not. Aktuelle Zahlen stehen noch<br />

aus, aber die ersten Indikatoren lassen den Schluss zu,<br />

dass auf die Pandemie eine weit schlimmere Seuche folgt:<br />

eine Epidemie der Jugendarbeitslosigkeit.<br />

Weil sie wissen, wie gefährlich das ist, wenn man den<br />

Jungen die Zukunft stiehlt, haben zahlreiche Regierungen<br />

im vergangenen Jahrzehnt versucht, ihre Berufsbildungssysteme<br />

zu reformieren. Jedes Land hat seine eigenen<br />

Praktiken, oft sogar für jede Branche ein eigenes System,<br />

und wer in diesem Wildwuchs den Durchblick sucht,<br />

scheitert schnell.<br />

In der Mehrzahl der EU-Länder lernen die jungen Menschen<br />

ihren Beruf, auch die handwerklichen Berufe, an einer<br />

Schule. In Frankreich kommen 77 Prozent jener, die<br />

ihre Ausbildung schaffen, mit einer Matura aus der Schule,<br />

einer «allgemeinen Matura» oder einer berufsorientierten.<br />

Schwedens Junge lernen ihre Metiers in «berufsbildenden<br />

Programmen» ebenfalls in der Schule. Dasselbe<br />

in Italien. Dort konnte man seine Fertigkeiten auch in einer<br />

Lehre im Betrieb erwerben, aber das «apprendistato»<br />

brachte bis vor kurzem keine offiziell anerkannten Qualifizierungen<br />

und Abschlüsse hervor. Deshalb bleibt diese<br />

Form der Ausbildung bis heute minoritär. Und das italienische<br />

Berufsbildungssystem ist, wie fast in allen europäischen<br />

Ländern, im Dauerumbau.<br />

Dieser Umbau segelt unter dem Namen «Kopenhagen-<br />

Prozess». 2002 hatte die EU begonnen, nach einem besseren<br />

Berufsbildungssystem zu suchen. Fündig wurde sie in<br />

der Schweiz. Duale Ausbildung mit Lehre im Betrieb und<br />

in der Schule gilt seither als bestes Modell.<br />

Mass dafür war die hohe Vermittelbarkeit der Jugendlichen<br />

auf dem Arbeitsmarkt, wie sie Länder mit dualen<br />

Ausbildungssystemen wie die Schweiz oder Deutschland<br />

ausweisen. Zwar sorgen sie dafür, dass die Berufseinsteiger<br />

sofort produktiv sind und schon während der Lehre<br />

billige Arbeitskräfte abgeben. Ihr Problem bleiben aber<br />

Mängel in der breiteren Bildung. Das ist in Zeiten wie der<br />

Digitalen Revolution ein Handicap.<br />

Auf das duale Modell bauend, jagen sich seither von<br />

Portugal bis ans Nordkap die Berufsbildungsreformen.<br />

Nun hat die Weltwirtschaftskrise diesen Trend scharf beschleunigt.<br />

Mit Milliarden-Aufwand wird in eiligst gezimmerten<br />

Programmen die Lehre forciert. Und die Schulund<br />

Ausbildungsabschlüsse werden auf Rabatt und in<br />

Fernprüfungen vergeben. In Italien fordern Eltern und<br />

Lehrer in Grossdemonstrationen zwar, die höheren Schulen<br />

noch vor den Sommerferien zu öffnen. Doch wie in<br />

Frankreich hat ihnen die Regierung bisher nur eine kurze<br />

mündliche Prüfung zugesagt.<br />

Reformeifer in der EU:<br />

die duale Lehre<br />

schafft schnell<br />

billige Arbeitskräfte,<br />

also her damit<br />

So verschieden diese Rettungspakete auch ausfallen,<br />

gemeinsam ist ihnen eine doppelte Last. Die schweren<br />

Trends der Krise, Digitalisierung, Bankrott vieler KMU<br />

und Abbau sozialer Errungenschaften durch die Arbeitgeber<br />

machen die Anstrengungen zunichte. Und Lehrstellen<br />

werden rarer: Allein in Deutschland sollen gemäss einer<br />

Studie des Bundesinstitutes für Berufsbildung fast<br />

100 000 Lehrstellen verloren gehen.<br />

Fotoreportage<br />

Für diese Reportage hat der Luganeser Fotograf Sandro<br />

Mahler drei Lernende an ihrem Arbeitsplatz (unter anderem<br />

im PostLogistics-Zentrum Cadenazzo) und an ihrem Lernort<br />

– im Lockdown war das meist ihr Zuhause – begleitet.<br />

«Die Jungen haben diese Situation erlebt und sich über die<br />

Zeit gut an das Homeoffice gewöhnt. Sie litten aber auch<br />

unter den fehlenden sozialen Kontakten: Kolleginnen und<br />

Kollegen treffen, zur Schule gehen, am Morgen aufstehen<br />

und aus dem Haus gehen und am Abend wieder zurückkehren<br />

– das war alles nicht möglich. Einige konnten an ihren Projekten<br />

weiterarbeiten oder neue beginnen. Alle aber blieben<br />

aktiv. Ich hoffe, dass ihre Bemühungen und ihre Anpassungsfähigkeit<br />

künftig Anerkennung erhalten.»<br />

Neben seiner Tätigkeit als Berufsfotograf, die er seit 1994<br />

ausübt, unterrichtet Sandro Mahler in Lugano lernende Fotografinnen<br />

und Fotografen. Den Fernunterricht hat er mit<br />

seinen Schülerinnen und Schülern also selbst erlebt.<br />

Sandros Webseite: fotomiller.ch


Berufsbildung in Zeiten der Seuche:<br />

bis 20 000 Lehrstellen<br />

weniger<br />

Der Zustand einer Gesellschaft und einer Volkswirtschaft misst<br />

sich unter anderem an der Frage, ob die Jugend eine berufliche<br />

Zukunft hat – und ob sie Möglichkeiten sieht, konkret etwas für<br />

diese eigene Zukunft zu tun. Indikatoren dafür sind zum einen die<br />

Arbeitslosigkeit der unter 25-Jährigen, und zum anderen die Zahl<br />

der Ausbildungsplätze. Wenn in der gerade angelaufenen grossen<br />

Weltwirtschaftskrise die Jugendarbeitslosigkeit in unseren<br />

Nachbarländern auf 20 Prozent ansteigt und mancherorts, wie<br />

etwa in Italien, bald die 35-Prozent-Marke erreichen dürfte, hat<br />

dies extreme soziale und politische Folgen.<br />

Wie liegen die Verhältnisse in der Schweiz? Die Faktenlage ist<br />

nicht einfach zu ergründen, weil die Statistiken ungefähr einen<br />

Monat hinterherhinken. Dies ist in Zeiten von Corona ein Nachteil,<br />

weil sich die Krise sehr schnell entwickelt. Und weil kaum jemand<br />

vernünftige Prognosen über ihren Ausgang wagen kann.<br />

Ein Beispiel: Wenn der «LehrstellenPuls», der auf dieser Seite<br />

abgebildet wird, Anfang Mai ausweist, dass 92 % der für den<br />

Herbst angebotenen Lehrstellen weiterhin bestehen, ist das mit<br />

hoher Unsicherheit behaftet. Brechen, wie Ökonomen vermuten,<br />

Zehntausende von KMU weg, ist diese Zahl nichts mehr wert.<br />

Die grossen Trends<br />

Die Berufsbildung steht<br />

unter Druck<br />

+ 61,3 %<br />

Jugendarbeitslosigkeit<br />

im April<br />

(Vergleich zum<br />

Vorjahresmonat)<br />

–20 000<br />

Durch die Krise<br />

gefährdete<br />

Lehrstellen<br />

(bis 2025)<br />

Nachfrage nach<br />

Lehrstellen<br />

in den nächsten<br />

5 Jahren<br />

Quellen: Seco/ Studie<br />

Uni Bern, Uni Zürich<br />

Besetzte Lehrstellen für Herbst 2020<br />

81 % der Lehrstellen, die im August starten, sind bereits besetzt.<br />

Das sagt nichts darüber aus, ob diese Lehren tatsächlich auch<br />

stattfinden können.<br />

Gastgewerbe, Hotellerie<br />

Verkauf, Einkauf<br />

Gebäudetechnik<br />

Verkehr, Logistik, Sicherheit<br />

Gesundheit<br />

Bildung, Soziales<br />

Elektrotechnik<br />

Bau<br />

Metall, Maschinen, Uhren<br />

Holz, Innenausbau<br />

Informatik<br />

0 % 50 %<br />

100 %<br />

Quelle: LehrstellenPuls, ETH Zürich<br />

Weiterbeschäftigung der Lehrabgänger*innen<br />

Unterm Strich, so schätzt die ETH, könnte 2020 die Zahl der<br />

Berufseinsteiger*innen, die nicht in ihrem Lehrbetrieb bleiben können,<br />

um 18 % steigen.<br />

14<br />

21<br />

4<br />

%<br />

2<br />

59<br />

Wir behalten gleich viele<br />

Lernende<br />

Das hängt vom Geschäftsgang<br />

ab<br />

Wir behalten wie immer<br />

keine Lernenden<br />

Wir behalten weniger<br />

Lernende<br />

Wir behalten mehr<br />

Lernende<br />

Quelle: LehrstellenPuls, ETH Zürich<br />

221 000 75 000 2,8 %<br />

Jugendliche standen 2019 in einer beruflichen<br />

Grundausbildung<br />

5,5 %<br />

Die Situation der Lernenden im Containment<br />

April-Umfrage der ETH Zürich<br />

Lehrlinge sollten in diesem Sommer<br />

ihre Lehrabschlussprüfung machen<br />

der Lehrstellen werden wahrscheinlich<br />

verloren gehen, sagten die Lehrbetriebe<br />

Ende April<br />

der Lehrstellen sind für 2020<br />

bereits definitiv verloren gegangen<br />

Normale Arbeit mit<br />

Schutzmassnahmen<br />

Begrenzter Einsatz<br />

(z.B. in anderer<br />

Abteilung)<br />

Tele-Heimarbeit<br />

Keine betriebliche<br />

Ausbildung<br />

Gastgewerbe, Hotellerie<br />

Verkauf, Einkauf<br />

Gebäudetechnik<br />

Verkehr, Logistik, Sicherheit<br />

Gesundheit<br />

Bildung, Soziales<br />

Elektrotechnik<br />

Bau<br />

Metall, Maschinen, Uhren<br />

Holz, Innenausbau<br />

Informatik<br />

59 % 12 % 11 % 20 %<br />

72 % 59 % <strong>17</strong> % 18 %<br />

91 % 4 % 12 % 16 %<br />

80 % 12 % 4 % 14 %<br />

85 % 34 % 11 % 13 %<br />

90 % 10 % 5 % 9 %<br />

53 % 40 % 37 % 10 %<br />

76 % 28 % 14 % 8 %<br />

80 % 27 % 15 % 7 %<br />

96 % 5 % 2 % 2 %<br />

24 % 18 % 87 % 1 %<br />

Quelle: LehrstellenPuls, ETH Zürich


16<br />

Eine bessere<br />

Arbeitswelt<br />

Die grundsätzlichen<br />

Probleme angehen<br />

Die Resonanz auf unsere Umfrage zu<br />

den Erwerbsausfällen bei den Freischaffenden<br />

und selbständig Erwerbenden<br />

war immens, die Rückmeldungen<br />

auf unsere Telefonate waren<br />

beeindruckend und oft berührend.<br />

Alle waren froh, telefonisch kontaktiert<br />

zu werden und mit jemandem<br />

über ihre Situation sprechen zu können.<br />

Auch waren sie erleichtert, dass<br />

sie mit ihren Problemen nicht allein<br />

waren. Die Probleme liegen jedoch<br />

entsprechend tief: Eine Kollegin aus<br />

der visuellen Kommunikation formuliert<br />

es treffend: «Die Probleme bestanden<br />

vor Corona, sie verschärften<br />

sich während Corona und sie bleiben<br />

nach Corona bestehen. Es kann nicht<br />

sein, dass wir keinen Zugang zur Arbeitslosenversicherung<br />

haben und<br />

dass wir im Alter um unsere Existenz<br />

bangen müssen.»<br />

Die Kontakte, die wir mit dieser<br />

Umfrage knüpfen konnten, werden<br />

uns unglaublich stärken und uns die<br />

Basis verleihen, soziale Absicherung<br />

auch für diese Kolleginnen und Kollegen<br />

zu erkämpfen. Elisabeth Fannin<br />

Nur 15 % der von <strong>syndicom</strong> befragten Selbständigen finden die Bundeshilfe ausreichend. (© Burst)<br />

Wegleitung und Infopaket:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/corona/selbstaendige<br />

5G: Wissenschaftliche<br />

Erkenntnisse statt<br />

Verschwörungstheorie<br />

Franz Schori, Zentralsekretär ICT<br />

Um 1850 glaubten viele Leute, dass<br />

man in Zügen erstickt, weil der Sauerstoff<br />

her ausgedrückt werde. Heute lachen<br />

wir darüber. Anders lief es mit<br />

der Atom ener gie: Wirtschaft und Politik<br />

predigten, man habe alles im Griff.<br />

Tscher no byl und Fukushima belehrten<br />

uns eines Besseren. Kein Wunder,<br />

fürchten sich viele vor dem Fortschritt.<br />

Politik und Wirtschaft haben lange<br />

die Dynamik der Angst vor der Mobilfunk-Technologie<br />

unterschätzt. Ende<br />

2019 erschien ein Bericht im Auftrag<br />

des Bundesrats, der erstmals eine umfassende<br />

Zusammenstellung aller<br />

Fakten präsentiert – auch zu allfälligen<br />

gesundheitlichen Auswirkungen.<br />

Auf dieser Basis hat der Bundesrat im<br />

April entschieden, dass das Monitoring<br />

der Strahlen belastung weiterentwickelt<br />

werden soll. Auch wird eine<br />

neue umwelt medizinische Beratungsstelle<br />

geschaffen, die Forschung wird<br />

intensiviert und die Bevölkerung besser<br />

informiert.<br />

Der Bund hat an der Versteigerung<br />

der 5G-Mobilfunk-Lizenzen 380 Millionen<br />

Franken verdient. Genug Geld,<br />

um dies – und mehr – umzusetzen.<br />

Wie wichtig die Netzinfrastruktur ist,<br />

haben wir besonders im Lockdown erlebt.<br />

Doch für den forcierten Netzausbau<br />

ist das Vertrauen der Bevölkerung<br />

notwendig. Fehlt es, folgt Blockade<br />

auf Blockade. Das könnte teurer zu<br />

stehen kommen als die Einnahmen<br />

aus der Lizenz-Versteigerung.<br />

Franz Schori<br />

Infos des BAFU zu Mobilfunk und 5G:<br />

Bit.ly/2TLsdgP


«Die Nothilfe für die Medien ist absolut notwendig, eine<br />

schnelle Unterstützung auch für die Onlinemedien wäre aber<br />

angezeigt gewesen.» Stephanie Vonarburg<br />

<strong>17</strong><br />

Endlich finanzielle Corona-Hilfe<br />

für die Medien<br />

Das Parlament will mit einer Überbrückungshilfe die Medien<br />

während der Corona-Krise unterstützen und geht damit<br />

auf die Hauptforderungen von <strong>syndicom</strong> ein. Wichtig wird aber<br />

vor allem die angestrebte langfristige Medienförderung sein.<br />

Werbeeinnahmen brechen teilweise<br />

um bis zu 80 Prozent ein. Grosse Verlage<br />

wie TX Group (vormals Tamedia),<br />

CH Media oder NZZ beantragen Kurzarbeit.<br />

Die Waadtländer Lokalzeitung<br />

Le Régional geht in Konkurs. Es ist<br />

deutlich: Die Corona-Krise macht den<br />

Medien, die sich ohnehin schon seit<br />

Jahren in einer Krise befinden, zusätzlich<br />

zu schaffen. Auch wenn die Nachfrage<br />

mit Beginn der Pandemie massiv<br />

gestiegen ist, so fehlen auf einmal<br />

wichtige Einnahmen.<br />

Dieses Problem hat auch die Politik<br />

erkannt: Der Nationalrat und der<br />

Ständerat sind sich einig, dass es für<br />

die Medien ein finanzielles Hilfspaket<br />

braucht. Mit grosser Mehrheit haben<br />

die Räte Anfang Mai zwei Motionen<br />

der Kommissionen für Verkehr und<br />

Fernmeldewesen (KVF) angenommen.<br />

Konkret fordert das Parlament,<br />

dass der Bund mit 35 Millionen Franken<br />

die Kosten für die Nachrichtenagentur<br />

Keystone-SDA und für die<br />

Zustellung gedruckter Zeitungen<br />

übernimmt, sowie mit 30 Millionen<br />

Franken private Radios und TV-Stationen<br />

unterstützt.<br />

Parlament nimmt gewerkschaftliche<br />

Forderungen auf<br />

Damit folgen die Räte drei von vier<br />

Forderungen, die <strong>syndicom</strong> zusammen<br />

mit sieben weiteren Branchenorganisationen<br />

eingereicht hatte. Auf<br />

die vierte Forderung eines Notfallfonds<br />

zur Unterstützung der journalistischen<br />

Berichterstattung ist der<br />

Stände rat nicht eingetreten. Dennoch<br />

zieht Stephanie Vonarburg, Vizepräsidentin<br />

<strong>syndicom</strong> und Leiterin des Sektors<br />

Medien, eine positive Bilanz:<br />

«Dieses Hilfspaket ist notwendig,<br />

denn die Corona-Krise hat gezeigt,<br />

was für eine wichtige Rolle die Medien<br />

spielen und welche Glaubwürdigkeit<br />

sie geniessen.»<br />

Anders sieht dies der Publizist<br />

und Medienwissenschaftler Matthias<br />

Zehnder. Er kritisiert das Hilfspaket:<br />

«Das Parlament unterstützt mit vergünstigten<br />

Posttarifen eine Industrie<br />

der Vergangenheit.» Die Tendenz gehe<br />

klar von Printzeitungen zu Online-Medien,<br />

diese würden aber im Hilfspaket<br />

nicht berücksichtigt. Statt die Distribution<br />

oder bestimmte Geschäftsmodelle<br />

zu finanzieren, sollten viel eher<br />

die Medienschaffenden selbst gefördert<br />

werden – denn zu einem Zeitpunkt,<br />

in dem sich die Medien in einem<br />

Strukturwandel befinden, seien<br />

die Menschen die einzige Konstante.<br />

Dass Online-Medien leer ausgehen,<br />

kritisiert auch Stephanie Vonarburg:<br />

«Das ist sicher nicht zeitgemäss.<br />

Aber immerhin werden die Online-Medien<br />

durch die kostenlosen Agenturmeldungen<br />

etwas entlastet. Und wenn<br />

die Verlage finanziell unterstützt werden,<br />

kommt das schlussendlich auch<br />

vielen journalistischen Arbeitsplätzen<br />

zugute.»<br />

«Die gedruckte Zeitung wird nicht<br />

sterben»<br />

Das Abfedern der Kosten der Postzustellung<br />

sei auch deshalb wichtig, weil<br />

längst nicht alle Menschen nur noch<br />

online Nachrichten lesen würden.<br />

«Die gedruckte Zeitung wird nicht<br />

sterben», sagt Vonarburg. Weiter fehlen<br />

bislang die Instrumente für die<br />

Förderung von Onlinemedien: «Bei<br />

Radio und Fernsehen hingegen haben<br />

wir die gesetzliche Grundlage für die<br />

finanzielle Nothilfe, basierend auf der<br />

Schwankungsreserve der RTVG-Abgaben,<br />

deshalb war dies einfacher.»<br />

Lindert diese Überbrückungshilfe<br />

die Not einiger Medien zumindest<br />

kurzfristig, so wird sie die allgemeine<br />

Medienkrise allerdings nicht lösen,<br />

das sehen sowohl Vonarburg als auch<br />

Zehnder so. Die geplante Neuorganisation<br />

der Medienförderung mittels<br />

eines grossen, langfristig ausgelegten<br />

Massnahmenpakets wird deshalb entscheidend<br />

sein.<br />

Der Bundesrat hat Ende April seinen<br />

Vorschlag für eine Weiterentwicklung<br />

der Medienförderung vorgelegt.<br />

In diesem Massnahmenpaket sind<br />

unter anderem erstmals auch Subventionen<br />

für Online-Medien explizit erwähnt.<br />

Die Vorlage sollte das Parlament<br />

in der Juni-Session diskutiert<br />

haben. «Da diese Massnahmen aber<br />

eine Gesetzesänderung benötigen,<br />

werden sie frühestens Anfang nächstes<br />

Jahr in Kraft treten. Deshalb ist die<br />

jetzige Überbrückungshilfe von hoher<br />

Bedeutung», so Vonarburg.<br />

Eva Hirschi<br />

Das geplante umfassendere bundesrätliche Medienförderungs-Paket erwähnt zum ersten Mal auch<br />

Subventionen für Online-Medien – es benötigt jedoch eine Gesetzesänderung. (© Matthew Henry, Burst)<br />

Stephanie Vonarburg über Medien als<br />

Service public: Bit.ly/3f2rgZw


18 Arbeitswelt<br />

«Die Rahmenbedingungen dürfen nicht allein von den<br />

Arbeitgebern diktiert werden.» Christian Capacoel<br />

Sozialpartnerschaftliche Regeln<br />

auch für das Homeoffice<br />

Fast 90 % der Schweizer Angestellten sind der Meinung, dass<br />

Homeoffice die Arbeit im Unternehmen ergänzen sollte.<br />

Im Auftrag von <strong>syndicom</strong> führte das<br />

Forschungsinstitut gfs.bern während<br />

des Lockdowns eine repräsentative<br />

Umfrage zum Thema «Homeoffice»<br />

durch. Befragt wurden Einwohnerinnen<br />

und Einwohner der Schweiz ab 18<br />

Jahren, die im März/April mindestens<br />

einen Tag pro Woche im Homeoffice<br />

gearbeitet haben.<br />

Die Resultate zeigen, dass Homeoffice<br />

vor dem Durchbruch steht. Viel<br />

wird davon abhängen, ob die Unternehmen<br />

gute Rahmenbedingungen<br />

unter Einbezug der Arbeitnehmenden<br />

schaffen.<br />

Rund 90 % der Befragten wünschen<br />

sich Homeoffice als Ergänzung zur Arbeit<br />

vor Ort. Für die Mehrheit der<br />

Arbeit nehmenden führt mehr Homeoffice<br />

zu mehr Lebensqualität. Dazu<br />

gehört der eingesparte Arbeitsweg,<br />

den 78 % privat und 68 % beruflich<br />

sinnvoll nutzen können. Und für 61 %<br />

führt Homeoffice zu einer gesteigerten<br />

Vereinbarkeit von Privat- und Berufsleben<br />

insgesamt. Unternehmen<br />

sind also gefordert, für zeitgemässe<br />

Homeoffice-Regelungen zu sorgen.<br />

Für <strong>syndicom</strong> heisst das, dass sie als<br />

Sozialpartnerin für die Mitbestimmung<br />

des Personals sorgen muss. Die<br />

Rahmenbedingungen dürfen nicht<br />

von den Arbeitgebern diktiert werden.<br />

Sozialpartnerschaftliche Lösungen<br />

müssen besonders bei der Frage der<br />

Finanzierung des Arbeitsplatzes gefunden<br />

werden, ebenso beim Gesundheitsschutz<br />

im Homeoffice, bei der<br />

Arbeits zeit sowie in Bezug auf eine<br />

drohende Entgrenzung der Arbeit.<br />

Knapp zwei Drittel der Befragten<br />

wünschen eine Kostenbeteiligung der<br />

Arbeitgeber an das Homeoffice. Zurzeit<br />

handhaben das die Unternehmen<br />

sehr unterschiedlich. 45 % der Unternehmen<br />

übernehmen gar keine Kosten,<br />

und nur 9 % der Unternehmen<br />

übernehmen die gesamten Kosten.<br />

Eine weitere Schattenseite zeigt<br />

sich bei den fehlenden informellen<br />

Kontakten, die 71 % der Befragten beklagen.<br />

Beim Gesundheitsschutz ist es<br />

die Hälfte der Befragten, die eine mangelhafte<br />

Ergonomie ausmachen. Weil<br />

die informellen Kontakte für den Zusammenhalt<br />

sorgen und die Arbeitgeber<br />

für gute ergonomische Arbeitsplätze<br />

sowie Arbeitssicherheit in der<br />

Verantwortung stehen, kann es nicht<br />

im Interesse der Unternehmen sein,<br />

dauerhaft vollumfänglich Homeoffice<br />

anzuordnen, um Kosten einzusparen.<br />

Sondern gefragt ist ein gesunder Mix,<br />

dessen Rahmenbedingungen sozialpartnerschaftlich<br />

vereinbart werden<br />

müssen. Den Anfang machen wir nun<br />

bei Swisscom, wo wir in Kürze Verhandlungen<br />

über die Homeoffice-Regelungen<br />

aufnehmen werden.<br />

Christian Capacoel<br />

Die informellen Kontakte unter Kolleg*innen vermissen 71 % der Umfrage-Teilnehmenden. (© Burst)<br />

Die Resultate im Detail:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/homeofficebarometer<br />

60 % sind besorgt<br />

um die Zukunft des<br />

Buchhandels<br />

Mit der Schliessung der Buchhandlungen<br />

waren die Buchhändlerinnen<br />

eine der am direktesten betroffenen<br />

Berufsgruppen in den Branchen von<br />

<strong>syndicom</strong>. Eine spezifisch auf die Situation<br />

der Buchhändlerinnen zugeschnittene<br />

Umfrage von <strong>syndicom</strong> bestätigte<br />

das Bild: 81 % der Befragten<br />

gaben an, dass für sie momentan<br />

Kurzarbeit gilt. Für ganze 50 % galt die<br />

Kurzarbeit sogar komplett, sie konnten<br />

während dem Lockdown also tatsächlich<br />

überhaupt nicht mehr arbeiten<br />

und mussten zu Hause bleiben.<br />

36 % bekamen von ihrer Arbeitgeberin<br />

andere Arbeit zugewiesen, und<br />

21 % hatten sogar Überstunden zu bewältigen.<br />

Homeoffice war nur für 27 %<br />

der Antwortenden möglich. Die Hygienevorschriften<br />

des Seco konnten nur<br />

bei 4 % der Antwortenden nicht eingehalten<br />

werden, während 87 % angaben,<br />

dass diese eingehalten werden<br />

konnten.<br />

Zu denken gibt, dass sich ganze<br />

61 % der befragten Buchhändlerinnen<br />

Sorgen um die Zukunft des Buchhandels<br />

machen. Immerhin 33 % sind<br />

nach wie vor zuversichtlich.<br />

Eine erste Analyse des Marktforschers<br />

GfK im Auftrag des Schweizer<br />

Buchhändler- und Verleger-Verbandes<br />

SBVV zeigt für die Lockdownphase<br />

einen Umsatzrückgang von 28 % auf,<br />

wobei das Ausmass des Schadens je<br />

nach Buchhandlung aber von praktisch<br />

stabil bis zu minus 2/3 reicht.<br />

Seit dem 11. Mai sind die Buchhandlungen<br />

nun wieder geöffnet und<br />

die ersten Reaktionen sind positiv. Die<br />

nächsten Wochen werden jedoch essenziell<br />

für die Zukunft der Branche<br />

sein. Die laufenden Verhandlungen<br />

über den Gesamtarbeitsvertrag wurden<br />

in beiderseitigem Einverständnis<br />

bis zum Herbst pausiert.<br />

Michael Moser


«Ein wichtiger Schritt zur Gleichstellung aller<br />

Chauffeur*innen von Postautos.» Sheila Winkler<br />

19<br />

AZG-Vereinbarung: Wer ein<br />

Postauto fährt, erhält 500 Fr.<br />

Zum ersten Mal profitieren alle Chauffeur*innen von der Sozialpartnerschaft<br />

– auch Stundenlöhner und Transportpartner.<br />

Das Arbeitszeitgesetz (AZG) lässt Flexibilisierungen<br />

zu, die zwingend mit<br />

dem Personal vereinbart werden<br />

müssen. Bei PostAuto wurde diese<br />

Flexibilität der Mitarbeitenden in der<br />

Vergangenheit selten einvernehmlich<br />

vereinbart und kaum entschädigt. Um<br />

die Fahrerinnen und Fahrer auf ihre<br />

Rechte aufmerksam zu machen, lancierten<br />

wir eine <strong>syndicom</strong>-AZG- Vereinbarung.<br />

Diese sieht für die Fahrerinnen<br />

und Fahrer bei jeder Flexibilisierung<br />

eine Entschädigung in Form von Zeit<br />

vor. Damit sollten zusätzliche Ausgleichstage<br />

und folglich zusätzliche<br />

Freizeit generiert werden.<br />

In der Folge weigerten sich die<br />

Personal kommissionen von 30 Standorten<br />

in der ganzen Schweiz, die von<br />

PostAuto vorgelegte AZG-Vereinbarung<br />

zu unterzeichnen. Kurz vor Fahrplanwechsel,<br />

im Dezember 2018, einigten<br />

wir uns mit PostAuto über<br />

Verhandlungen zur AZG-Vereinbarung.<br />

Für das Fahrplanjahr 2019 erreichten<br />

wir eine Entschädigung für<br />

das Fahrpersonal im Geltungsbereich<br />

des Gesamtarbeitsvertrags bzw. des<br />

Reglements PU-P. Ohne den kollektiven<br />

Widerstand der 30 Standorte wäre<br />

dies nicht möglich gewesen.<br />

Im Rahmen der GAV-Verhandlungen<br />

werden die AZG-Verhandlungen<br />

heute weitergeführt. Ziel ist es, im<br />

GAV schweizweit gültige Entschädigungen<br />

für AZG-Flexibilisierungen<br />

festzuhalten, welche die Personalkommissionen<br />

an den Standorten<br />

mittels Vereinbarung annehmen oder<br />

ablehnen können.<br />

Für das Fahrplanjahr 2020 haben<br />

wir uns mit PostAuto auf eine Einmalzahlung<br />

von 500 Franken, abhängig<br />

vom Beschäftigungsgrad, geeinigt.<br />

Die Auszahlung erfolgt beim Fahrpersonal<br />

der Regie mit dem Juni-Lohn,<br />

bei den Postautounternehmen (PU)<br />

etwas später.<br />

Es ist das erste Mal, dass sämtliche<br />

Postauto-Fahrer*innen der PU von einem<br />

sozialpartnerschaftlichen Verhandlungsergebnis<br />

profitieren. Denn<br />

das Fahrpersonal der sogenannten<br />

PU-E und Transportpartner sowie alle<br />

Stundenlöhner*innen der PU-P stehen<br />

ausserhalb des Geltungsbereichs<br />

des Reglements und haben bis anhin<br />

weder von den jährlichen Lohnverhandlungen<br />

noch von den vielen anderen<br />

Vorteilen der Sozialpartnerschaft<br />

profitiert.<br />

Kurz: Wer ein Postauto fährt, erhält<br />

bis zu 500 Fr., unabhängig vom<br />

Anstellungsverhältnis und vom Arbeitgeber.<br />

Das ist ein wichtiger Schritt<br />

zur Gleichstellung der PostAuto-<br />

Chauffeur*innen und ein Zeichen der<br />

Wertschätzung ihrer Arbeit. Die Verhandlungen<br />

zur Erneuerung von GAV<br />

PostAuto und PU-Reglement 2021<br />

sind noch im Gange. Erste Gespräche<br />

über einen GAV für die Postautounternehmen<br />

wurden mit dem Arbeitgeberverband<br />

BUS CH aufgenommen.<br />

Sheila Winkler<br />

Mehr zu der Geschichte auf unserer Webseite<br />

Bit.ly/302kOOc<br />

Die Vereinbarung über die Einmalzahlung für alle ist auch ein Zeichen der Wertschätzung. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

Tag der Arbeit in Zeiten<br />

der Pandemie<br />

Das erste Mal – seit 130 Jahren. Das<br />

erste Mal, dass die Arbeitnehmenden<br />

am 1. Mai nicht in Massen auf die<br />

Stras sen stürmen konnten. Das<br />

Corona virus hat das gesellschaftliche<br />

Leben sowie die Arbeitswelt auf den<br />

Kopf gestellt, und damit auch den Tag<br />

der Arbeit. Der diesjährige 1. Mai fand<br />

dennoch statt. Nur etwas anders. Und<br />

vor allem digital. Gewerkschaften und<br />

linke Parteien haben gemeinsam ein<br />

nationales Programm in Form von Online-Diskussionsrunden<br />

zusammengestellt<br />

– mit einem Klick in der Kundgebung.<br />

<strong>syndicom</strong> hat den Tag<br />

genutzt, um zentralen Anliegen aus<br />

einzelnen Branchen eine Plattform zu<br />

geben. Wir haben über Velo- und<br />

Food kurier*innen in der Schweiz gesprochen,<br />

die Plattformökonomie<br />

und den ersten Gesamtarbeitsvertrag<br />

für Kurier*innen in Europa. Über Sozialpartnerschaft<br />

in Krisenzeiten beziehungsweise<br />

über Personalpolitik und<br />

Mitwirkung bei Swisscom. Und über<br />

die Situation der Selbständigen und<br />

Freischaffenden während, vor und<br />

nach der Krise.<br />

Mit dabei waren Vertreter der Arbeitgeber<br />

und engagierte Mitglieder<br />

aus den Branchen. Der Live-Chat, in<br />

dem alle Zuschauenden Fragen an die<br />

Referent*innen richten konnten, verlieh<br />

den Veranstaltungen den partizipativen<br />

Charakter. Im Schnitt haben<br />

130 Personen an den einzelnen Veranstaltungen<br />

teilgenommen. Ein spannender<br />

1. Mai im Zeichen der Solidarität.<br />

Aber eines ist klar: Der gesellige<br />

Aspekt, das Zusammenstehen und<br />

-sein können durch diese Form der<br />

Veranstaltungen nicht ersetzt werden.<br />

Deshalb nächstes Jahr, hoffentlich,<br />

alle wieder raus zum 1. Mai.<br />

Lena Allenspach<br />

Die Debatten auf Youtube:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/themen/1mai2020


20 Arbeitswelt<br />

«Nun werden die jurassischen Chauffeure ihre Kolleg*innen<br />

im Wallis unterstützen, das steht fest.» Christian Capacoel<br />

Sieg auf der ganzen Linie<br />

Das Warten hat sich gelohnt, denn im Jura bekommt PostAuto<br />

den Zuschlag für sämtliche konzessionierten Buslinien.<br />

Den Entscheid konnten interessierte<br />

Kolleg*innen am 4. Mai gleichzeitig<br />

mit den anwesenden Chauffeuren live<br />

auf unserem Facebookkanal verfolgen.<br />

Sie sahen die Erleichterung und<br />

die Freude der Kolleg*innen im Jura.<br />

Sie und ihre Familien können wieder<br />

mit Zuversicht in die Zukunft blicken.<br />

Ihre Arbeitsplätze und ihre guten,<br />

durch den GAV PostAuto abgesicherten<br />

Arbeitsbedingungen sind gerettet.<br />

Doch nachdem sich die erste<br />

Euphorie gelegt hatte, kamen auch<br />

Wehmut und Ärger auf. Zwar hatten die<br />

Chauffeure einen Sieg errungen, aber<br />

die Auseinandersetzung mit der Regierung<br />

hatte gezeigt, woran das System<br />

krankt. Die Systemfehler bleiben bestehen,<br />

und wir denken an die Kolleg*innen<br />

im Wallis, denen das gleiche<br />

Schicksal mit ungewissem Ausgang<br />

droht. Der Kanton Wallis schreibt seine<br />

Buslinien im Herbst neu aus.<br />

Es waren insbesondere zwei Erfahrungen,<br />

die die Freude trübten. Die<br />

Chauffeure hatten von der Regierung<br />

Garantien für ihre Arbeitsplätze und<br />

Arbeitsbedingungen verlangt. «Es will<br />

mir nicht in den Kopf, dass bei einem<br />

Wechsel der Linien zu einem neuen<br />

Unternehmen dieses zwar die Fahrzeuge<br />

übernehmen muss, aber das<br />

Fahrpersonal diesen Schutz nicht geniesst»,<br />

so ein anwesender Chauffeur.<br />

Fast drei Jahre existenzielle Angst, gewerkschaftlicher Kampf und öffentliche Auseinandersetzungen<br />

mit der jurassischen Regierung sind diesem Sieg vorausgegangen. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

Andererseits hatten die Chauffeure<br />

Anhörung verlangt. Sie wollten als<br />

Betroffene direkt beim zuständigen<br />

Minister ihre Interessen vertreten.<br />

Auch hier wurden sie vom jurassischen<br />

Parlament unterstützt, das eine<br />

dringliche Motion angenommen hatte,<br />

die die Anhörung der Gewerkschaft<br />

verlangte. Beide Anliegen wischte die<br />

Regierung mit dem Hinweis zur Seite,<br />

dass das gegen Bundesvorgaben verstosse.<br />

Bei der Anhörung verstieg sich<br />

der Verkehrsminister David Eray sogar<br />

zur Aussage, dass eine Anhörung<br />

illegal sei.<br />

Man könnte meinen, nun, nachdem<br />

sich die Anspannung gelöst hat,<br />

mache sich Müdigkeit breit. Doch<br />

ganz im Gegenteil: Beim Apéro zur<br />

Feier des Sieges planen die Chauffeure<br />

schon die nächsten Schritte. Fest<br />

steht für sie schon jetzt, dass sie die<br />

Kolleg*innen im Wallis unterstützen<br />

werden. Sie sprechen darüber, wie sie<br />

eine Delegation bilden wollen, die die<br />

Kolleg*innen im Wallis besucht und<br />

berät. Und für alle steht fest, dass sie<br />

ins Wallis reisen werden, wenn es zu<br />

Demonstrationen oder Aktionen<br />

kommt. «Ohne den gewerkschaftlichen<br />

Kampf, ohne unsere Mobilisierungen<br />

wäre der Entscheid anders<br />

ausgefallen. Da bin ich mir sicher», so<br />

ein weiterer Chauffeur. Doch um das<br />

System zu ändern, muss <strong>syndicom</strong> auf<br />

der politischen Ebene aktiv werden.<br />

Bis dahin verteidigen wir die Kolleg*innen<br />

mit gewerkschaftlichen<br />

Mitteln. Wie wir es im Jura erfolgreich<br />

getan haben.<br />

Christian Capacoel<br />

Die ganze Geschichte:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/stopdumping<br />

Es braucht politische<br />

Garantien für<br />

«Die Post von morgen»<br />

Matteo Antonini ist Leiter des Sektors Logistik und<br />

Mitglied der <strong>syndicom</strong>-Geschäftsleitung<br />

In den vergangenen Wochen wurde<br />

die Konzernstrategie des neuen Post-<br />

CEO Roberto Cirillo vorgestellt: «Die<br />

Post von morgen». Es handelt sich<br />

nicht um eine Revolution, sondern<br />

eher um eine Wette.<br />

Das gilt insbesondere für die Post-<br />

Netz AG, die an Unabhängigkeit gewinnt,<br />

indem sie sich über die traditionellen<br />

Dienstleistungen der Post<br />

hin aus öffnet. Der Wett-Charakter<br />

birgt Risiken für die verbleibenden<br />

800 Poststellen, deshalb sind politische<br />

Garantien erforderlich.<br />

Die Fusion zwischen PostMail<br />

(PM) und PostLogistics (PL) lag in der<br />

Luft und folgt einer logischen Entwicklung.<br />

Um eine Abwärtsspirale zu<br />

vermeiden, wird es wichtig werden,<br />

die Arbeitsbedingungen der beiden<br />

Einheiten zu harmonisieren.<br />

Die neue Zusammensetzung der<br />

Konzernleitung – mit den durch diese<br />

Reform entstandenen Leerstellen –<br />

kann auch als Hinweis auf die Linie<br />

und die Unternehmenskultur verstanden<br />

werden, die der Gelbe Riese annehmen<br />

wird. Mit der Zusammenlegung<br />

aller Leitungsfunktionen von<br />

PM und PL wird jedenfalls nicht nur<br />

eine Phase der Überlegungen und der<br />

Unsicherheit eingeleitet – unmittelbar<br />

wird auch ein erstes Signal für die<br />

1000 betroffenen Personen gesetzt.<br />

Matteo Antonini<br />

Das erwartet <strong>syndicom</strong> nun von der Post:<br />

Bit.ly/3cxU2Qo


«Selbständige mit niedrigen Einkommen müssen sich teils<br />

mit 1.60 Franken pro Tag begnügen.» Lena Allenspach<br />

21<br />

Soziale Sicherheit endlich auch<br />

für Selbständige<br />

Der Anspruch auf Ergänzungsleistungen nach Erwerbsersatzordnung<br />

ist nur ein Etappensieg.<br />

Am <strong>17</strong>. März veränderte sich das Leben<br />

in der Schweiz schlagartig. Während<br />

einige Erwerbstätige durch die<br />

Massnahmen des Bundesrates quasi<br />

ein Berufsverbot erhielten, lag bei anderen<br />

das Geschäft brach. So bei den<br />

Selbständigen und Freien in den Kreativbranchen.<br />

Steht das Leben still, gibt<br />

es auch kaum Aufträge mehr.<br />

Finanziell ergeben sich dadurch<br />

dieselben Konsequenzen wie bei einem<br />

faktischen Berufsverbot. Doch<br />

bei den Unterstützungsmassnahmen<br />

des Bundes fielen die Selbständigen<br />

und Freischaffenden lange Zeit durch<br />

die Maschen. Nach einem Monat des<br />

gewerkschaftspolitischen Kampfes<br />

auf verschiedenen Ebenen dann endlich<br />

die erlösende Mitteilung: Die Unterstützungsmassnahmen<br />

werden auf<br />

alle Selbständigerwerbenden ausgeweitet.<br />

Damit erhalten alle Selbständigen<br />

mit einem AHV-pflichtigen Erwerbseinkommen<br />

zwischen 10 000 und<br />

90 000 Franken immerhin Zugang zu<br />

Ergänzungsleistungen via Erwerbsersatzordnung<br />

(EO). Ein wichtiger<br />

Etappensieg. Aber eben nur ein Etappensieg.<br />

Konstruktionsfehler<br />

Die Unterstützungsmassnahmen gehen<br />

jedoch weiterhin an den Realitäten<br />

der Betroffenen vorbei. Was im Militär<br />

normaler Bestandteil der EO ist,<br />

wird bei diesen Massnahmen explizit<br />

weggelassen: Ein Mindestsatz für den<br />

Erwerbsersatz. Die Folgen dieser Entscheidung<br />

sind frappant: Wer im vergangenen<br />

Jahr ein tiefes steuerbares<br />

Einkommen hatte, muss sich teilweise<br />

sogar mit einem Tagessatz von 1.60<br />

Franken begnügen. Selbständigerwerbende<br />

mit einem steuerbaren Einkommen<br />

zwischen 10 000 und 30 000<br />

Franken pro Jahr sind keine Seltenheit,<br />

da alle Kosten von den Einnahmen<br />

abgezogen werden können. Der<br />

Bundesrat hat so die weitere Prekarisierung<br />

einer gesamten Berufsgruppe<br />

institutionalisiert. Ein Mindestsatz<br />

von 98 Franken pro Tag muss dringend<br />

her – auch wenn damit nur kurzfristige<br />

Verbesserungen gegeben sind.<br />

Krise zeigt jahrelange Missstände auf<br />

Die momentane Situation der Selbständigerwerbenden<br />

und Freischaffenden<br />

in der Schweiz zeigt auf, wie<br />

schlecht diese vor Erwerbsausfall geschützt<br />

sind. Es braucht jetzt eine<br />

Überarbeitung des Sozialversicherungsstatus<br />

der Selbständigen mit<br />

dem Ziel, dass – analog zur Absicherung<br />

von Angestellten – auch die Selbständigen<br />

gegen Erwerbs ausfall und<br />

für das Alter besser abgesichert sind.<br />

Gemeinsam mit ihren Mitgliedern<br />

wird <strong>syndicom</strong> sich weiterhin für<br />

nachhaltige Verbesserungen in der<br />

Branche einsetzen – vor, während und<br />

nach der Krise.<br />

Lena Allenspach<br />

Der Sozialversicherungsstatus der Selbständigen und Freiberufler muss überarbeitet werden,<br />

um sie endlich besser zu schützen. (© Sarah Pflug, Burst)<br />

Unser Corona-Infopaket für Freie:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/corona/selbstaendige<br />

Der GAV Post wird<br />

violetter<br />

Über eine halbe Million Menschen<br />

nahmen am Frauen*streik vom 14.<br />

Juni 2019 teil – an der grössten Kundgebung,<br />

die die Schweiz je gesehen<br />

hat. Die Schalterangestellten trugen<br />

unsere violetten <strong>syndicom</strong>-Schals und<br />

wir zeigten in einer Wanderausstellung<br />

mit der Post die Meilensteine der<br />

Gleichstellung in der Schweiz. Diese<br />

Energie schlug sich auch in unseren<br />

Forderungen zum neuen Post-GAV<br />

nieder: Die Post erklärt es nun ausdrücklich<br />

zu ihrem Ziel, keine nicht<br />

erklärbaren Lohnunterschiede zwischen<br />

den Geschlechtern zuzulassen,<br />

sie wird regelmässig Analysen durchführen<br />

und stellt eine neutrale Meldestelle<br />

für die Überprüfung von Lohnunterschieden<br />

zur Verfügung. Und sie<br />

sorgt bei Stellenaus schreibungen für<br />

Lohntransparenz.<br />

Neben dem bezahlten Mutterschaftsurlaub<br />

(MU) von 18 Wochen<br />

gibt es einen unbezahlten MU von 6<br />

Wochen. Der Vaterschaftsurlaub von<br />

4 Wochen wird mit zusätzlichen 4 Wochen<br />

unbezahlt ergänzt. Arbeiten beide<br />

Eltern bei der Post, gibt es Anspruch<br />

auf einen Betreuungsurlaub,<br />

und zwar bezahlt mindestens 14 Wochen<br />

für die Mutter und mindestens<br />

2 Wochen für das andere Elternteil,<br />

dazu kommen 6 Wochen, die die Eltern<br />

frei untereinander aufteilen können.<br />

Eine Ausweitung auf andere Unternehmen<br />

wird diskutiert. Weitere<br />

Fortschritte erzielt wurden bei der<br />

Rückkehrgarantie nach Urlaub, bei<br />

Lohnfestlegung, Angehörigenpflege,<br />

Weiterbildung sowie bei Bestimmungen<br />

betreffend sexuelle Belästigung.<br />

Patrizia Mordini,<br />

Leiterin Gleichstellung,<br />

Mitglied der Geschäftsleitung<br />

Mehr zu den besseren Arbeitsbedingungen:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/gavpost


22 Politik<br />

GAV Post: modern und<br />

familienfreundlich<br />

Die Schweizerische Post,<br />

<strong>syndicom</strong> und transfair<br />

haben den neuen Dach-<br />

Gesamtarbeitsvertrag und<br />

den Firmen-GAV für die<br />

Post CH AG erfolgreich ausgehandelt.<br />

Ein Überblick<br />

über die neuen Bestimmungen,<br />

die am 1. Januar 2021<br />

in Kraft treten.<br />

Text: Matteo Antonini<br />

Bild: <strong>syndicom</strong><br />

Als Ergebnis einer 18-monatigen<br />

Vorbereitung (von der ersten Umfrage<br />

bis zum letzten Verhandlungstermin)<br />

ist der neue Gesamtarbeitsvertrag<br />

der Post endlich fertig. Er<br />

wurde Ende April 2020 von den Gremien<br />

von <strong>syndicom</strong> ratifiziert und<br />

tritt am 1. Januar 2021 in Kraft. In<br />

der Zwischenzeit wurden die Welt<br />

und die Schweizerische Post vom<br />

Covid-19-Notstand heimgesucht,<br />

und der Gelbe Riese kündigte Mitte<br />

Mai eine umfassende Reform seiner<br />

Organisation an.<br />

Der neue Arbeitsvertrag gilt<br />

vollumfänglich auch für die neuen<br />

Konzerneinheiten Post CH AG, Post-<br />

Netz AG, Logistik-Services und Kommunikations-Services.<br />

Zur neuen<br />

Vertragsstruktur gehört auch ein<br />

gemeinsames Dach für die grossen<br />

Konzernbereiche wie PostAuto oder<br />

PostFinance. Dieser Teil des GAV regelt<br />

den Zugang der Gewerkschaften<br />

zu den Arbeitsplätzen, die Beziehungen<br />

zwischen den Sozialpartnern<br />

und den Grad der Mitwirkung<br />

von <strong>syndicom</strong> bei den Konzerneinheiten.<br />

Die Aufstockung der Treueprämien ist eine der Forderungen, die im neuen GAV erfüllt worden sind.<br />

Ein wichtiger Teil des Gesamtarbeitsvertrags,<br />

der separat ausgehandelt<br />

wurde, ist der Sozialplan:<br />

Er sieht einen neuen Bereich für die<br />

berufliche Orientierung und Bildung<br />

vor und bewahrt die siebenjährige<br />

Beschäftigungsgarantie, mit<br />

einer Übergangsklausel für die<br />

«Baby boomer» im Fall einer Umstrukturierung.<br />

Die Pensionierung<br />

erfolgt nun freiwillig und nicht<br />

mehr zwangsweise. Die Investitionsausgaben<br />

zur Stützung der Übergangsrente<br />

werden auf einem hohen<br />

Niveau gehalten, ebenso wie<br />

etwaige Ausgleichsfinanzierungen.<br />

Der Gesamtarbeitsvertrag der<br />

Schweizerischen Post, seine Überdachung<br />

und der Sozialplan bilden<br />

die Grundlage für die Verhandlungen<br />

über die Gesamtarbeitsverträge<br />

von PostFinance (siehe auch den<br />

Kasten rechts) und PostAuto.<br />

Partizipative Methode<br />

Neben dem Gesamtergebnis, das<br />

sich voraussichtlich nicht verschlechtern<br />

wird, sind wir besonders<br />

stolz auf den Prozess der Ratifizierung.<br />

Die grosse Mehrheit, die<br />

erreicht wurde, belohnt uns mit<br />

dem Endergebnis. In diesem Zusammenhang<br />

möchte ich den<br />

Vertretern bei der Verhandlungsdelegation<br />

danken, die sich vor und<br />

während der Verhandlungen sehr<br />

engagiert zeigten. Ich bin auch sehr<br />

zufrieden mit der Teilnahme der<br />

Kollegen an den Arbeitsplätzen,<br />

die es uns während der ganzen Zeit<br />

mit ihren Antworten auf unsere<br />

Umfragen ermöglicht haben, die<br />

Verhandlungen zu steuern. Diese<br />

partizipative Methode markiert<br />

einen Wendepunkt und wird sich<br />

durchsetzen. Die Beteiligung bei der<br />

beratenden Ratifizierung lag leider<br />

unter den Erwartungen.<br />

Doch was sind nun die Ergebnisse,<br />

die ihr ab dem 1. Januar vorfinden<br />

werdet, was wird sich hauptsächlich<br />

ändern? Hier ein schneller<br />

Überblick.<br />

Oft zu Unrecht als flexibles Personal<br />

eingesetzt, erhalten Teilzeitbeschäftigte<br />

(unter 90 %) mehr


Der vierwöchige Vaterschaftsurlaub und der Urlaub zur Pflege von Angehörigen sind soziale Fortschritte,<br />

die Vorbildcharakter für andere Sektoren haben. Weitere Verbesserungen betreffen den<br />

Schutz von Teilzeitbeschäftigten und Arbeitnehmern, die sich für die Kolleg*innen engagieren,<br />

und die Vergütung von Überstunden. Zum ersten Mal gilt der GAV auch für Zeitarbeitende und<br />

Subunternehmen.<br />

23<br />

Rechte und fixe freie Wochentage,<br />

wenn sie dies wünschen. Das neue<br />

Modell wird zu einer Arbeitsplanung<br />

führen, die verstärkt auf Beteiligung<br />

und Ausgleich setzt und<br />

den unterschiedlichen Bedürfnissen<br />

der Mitarbeitenden und des Unternehmens<br />

Rechnung trägt.<br />

Alle Mitarbeiter, unabhängig<br />

vom Beschäftigungsgrad, werden<br />

dank der Einführung von zwei Zeitmarken<br />

im Jahr für die Begleichung<br />

von Überstunden in der Lage sein,<br />

den Ausgleich von 50 % dieser Stunden<br />

einfacher zu planen. Kurz gesagt:<br />

Flexibilität wird auch vom Unternehmen<br />

erwartet und nicht mehr<br />

nur von den Beschäftigten. Ein weiterer<br />

wichtiger Anspruch, den wir<br />

durchsetzen konnten, ist die Wertschätzung<br />

der Arbeit der Angestellten<br />

durch die Verdoppelung der<br />

Treueprämien nach 20 Dienstjahren.<br />

Mit dem neuen Gesamtarbeitsvertrag<br />

wird das Recht auf Beteiligung<br />

am Unternehmen eindeutig<br />

als Säule der Beziehung zwischen<br />

Arbeitgeber und Arbeitnehmenden<br />

platziert.<br />

Diese Fortschritte enthalten<br />

eine wichtige zusätzliche Komponente,<br />

nämlich den Schutz vor Entlassung<br />

aus wirtschaftlichen Gründen.<br />

Dieses Recht ist jetzt nicht nur<br />

für Mitglieder der Betriebsausschüsse,<br />

sondern auch für die Mitglieder<br />

der Basisorgane von <strong>syndicom</strong> auf<br />

nationaler Ebene verankert, wodurch<br />

diejenigen geschützt werden,<br />

die sich im Interesse des Gemeinwohls<br />

exponieren.<br />

Flexibler Elternurlaub<br />

Die Trennung von Berufs- und Privatleben<br />

ist im neuen Gesamtarbeitsvertrag<br />

festgeschrieben. Dieser<br />

Bestandteil betrifft vor allem (aber<br />

nicht nur) Personen, die im Büro<br />

oder an Projekten arbeiten und die<br />

nun das Recht auf Trennung vom<br />

Netz haben. Für junge Mitarbeiter*innen<br />

machen der austauschbare<br />

Mutterschafts- und Vaterschaftsurlaub<br />

sowie der flexible<br />

Elternurlaub die Post zu einer modernen<br />

Arbeitgeberin. In diesem<br />

Zusammen hang wurden auch alle<br />

Fragen der Gleichheit und Nichtdiskriminierung<br />

völlig neu formuliert<br />

(lest hierzu den Kommentar von Patrizia<br />

Mordini auf Seite 21) und finden<br />

im Vertrag ihren eigenen Platz.<br />

Auch für Temporäre und<br />

Subunternehmen<br />

Die Kosten der Krankenkassenprämien<br />

sollen endlich als ein grundlegendes<br />

Element für Lohnverhandlungen<br />

berücksichtigt werden. Und<br />

schliesslich gilt der neue Gesamtarbeitsvertrag<br />

nicht nur für die Mitarbeitenden<br />

der Post, sondern auch<br />

für Temporärkräfte und Subunternehmen.<br />

Mit dem neuen Vertrag<br />

haben Arbeitnehmer, die von Drittfirmen<br />

ausgeliehen werden, tatsächlich<br />

mehr Rechte und Sicherheiten,<br />

was ihre berufliche Zukunft betrifft.<br />

Erstmals wird die Post Mindestlöhne<br />

für die Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeiter von Subunternehmen<br />

festlegen und auch auf dieser Ebene<br />

ihre Verantwortung wahrnehmen.<br />

Ich möchte diesen kurzen<br />

Überblick, der nicht erschöpfend<br />

ist, mit dem Hinweis abschliessen,<br />

dass sich der Solidaritätsbeitrag zukünftig<br />

anteilig zum Gehalt bemisst<br />

und somit solidarischer sein wird.<br />

Es ist unsere Aufgabe, diese Vertragsverlängerung<br />

zu nutzen, um<br />

die Gewerkschaft bei der Post zu<br />

stärken und die neuen vertraglichen<br />

Möglichkeiten zu nutzen, um mehr<br />

berufliche Bildung (mit den Movendo-Kursen)<br />

anzubieten und ihre<br />

Umsetzung zu verbessern. Dies ist<br />

die nächste grosse Herausforderung.<br />

Die Tatsache, dass wir euch<br />

den neuen Vertrag persönlich am<br />

Arbeitsplatz und/oder in eigenen<br />

Kursen vorstellen können, motiviert<br />

uns für den weiteren Verlauf des<br />

Jahres.<br />

Mehr zu den Verbesserungen:<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/gavpost<br />

<strong>syndicom</strong><br />

redet mit bei<br />

PostFinance<br />

Kaum waren die Verhandlungen<br />

zum GAV Post CH beendet, begannen<br />

auch schon die nächsten<br />

Verhandlungen. Dabei ist wichtig<br />

zu betonen, dass die Anliegen der<br />

PostFinance-Angestellten bereits<br />

in die Verhandlungen des GAV<br />

Post CH eingeflossen sind. Ein<br />

Beispiel: In keinem Bereich des<br />

Postkonzerns ist die ständige<br />

Erreichbarkeit als so belastend<br />

beurteilt worden wie von den<br />

Angestellten der PostFinance.<br />

Die Verankerung des Rechts auf<br />

Nichterreichbarkeit floss auch in<br />

die Verhandlungen über den GAV<br />

Post CH ein. Denn von Beginn<br />

weg war klar, dass sich diese beiden<br />

Gesamtarbeitsverträge parallel<br />

entwickeln werden. Und so<br />

können auch Mitarbeitende von<br />

PostFinance von den zahlreichen<br />

Verbesserungen profitieren.<br />

PostFinance will u. a. das<br />

System für Leistungsorientierte<br />

Entlöhnung im Verkauf (LEVER<br />

GAV) überarbeiten. Wir haben<br />

vereinbart, dass <strong>syndicom</strong> bei der<br />

Überarbeitung von LEVER angehört<br />

wird und vor der Einführung<br />

darüber befinden kann. Wir werden<br />

den Betroffenen unter euch<br />

die Möglichkeit geben, sich an<br />

dieser Entscheidung zu beteiligen.<br />

Mitarbeitende in der Funktions<br />

stufe 10 haben neu die Möglichkeit,<br />

wieder unter dem GAV<br />

zu arbeiten. Sie werden im Jahr<br />

2021 ein entsprechendes Angebot<br />

erhalten.<br />

In der Konsultativabstimmung<br />

bei den Mitgliedern hat die<br />

überwältigende Mehrheit dem<br />

Verhandlungsergebnis zugestimmt,<br />

worauf auch die Delegierten<br />

das Resultat einstimmig<br />

genehmigten. Am 15. Mai hat<br />

auch der Verwaltungsrat von<br />

PostFinance sein Einverständnis<br />

gegeben. Damit tritt der GAV ab<br />

1. Januar 2021 in Kraft.<br />

David Roth


24<br />

Frauen*streik – ein Jahr danach:<br />

Wir appellieren an die Politik<br />

Ein Bündnis von knapp<br />

70 Frauenorganisationen<br />

hat ein Jahr nach dem<br />

Frauen*streik einen Appell<br />

an die Politik gemacht. Wir<br />

möchten am Verhandlungstisch<br />

mitbestimmen. Hier<br />

sind unsere Forderungen.<br />

Text: Patrizia Mordini, Leiterin<br />

Gleichstellung, Mitglied der GL<br />

Bild: <strong>syndicom</strong><br />

Genau vor einem Jahr kämpften wir<br />

mit bunten Plakaten, violetten<br />

Kleidern, Pins und Schals und gemeinsam<br />

mit einer halben Million<br />

Frauen* und solidarischen Männern<br />

für Frauenrechte und die<br />

Gleichstellung. Für unsere <strong>syndicom</strong>-Forderungen:<br />

Lohngleichheit<br />

und faire Löhne für alle, gute Kinderbetreuungsregelungen,<br />

einen<br />

ausgebauten Vaterschaftsurlaub sowie<br />

klare Nulltoleranz-Bestimmungen<br />

betreffend sexuelle Übergriffe<br />

am Arbeitsplatz! Der 14. Juni 2019<br />

ging in die Geschichte ein als grösste<br />

Kundgebung der Schweiz.<br />

Nun jährt sich dieses Datum,<br />

und die Welt hat sich völlig verändert.<br />

Grosse Kundgebungen sind<br />

unmöglich. Und gerade Frauen*<br />

spielen in der Corona-Krise eine<br />

zentrale Rolle. Denn sie halten das<br />

System mehr denn je am Laufen. Sie<br />

sind «systemrelevant», wie es Neudeutsch<br />

heisst. Wussten wir das<br />

nicht schon immer? Kinder- und<br />

Angehörigenbetreuung, Homeschooling,<br />

Hausarbeit und Erwerbstätigkeit<br />

im Homeoffice prägen eine<br />

neue, erweiterte Form der bereits<br />

bekannten Mehrfachbelastung der<br />

Frauen*. Frauen* vor Ort in Kitas<br />

und Schulen, Spitälern und im Verkauf,<br />

in Briefzentren und am Postschalter<br />

hielten und halten die<br />

Grundversorgung in Gang.<br />

Trotzdem drohen die Anliegen<br />

ein Jahr nach dem Frauen*streik ins<br />

Hintertreffen zu geraten. Aus früheren<br />

Krisen und Rezessionen wissen<br />

wir, dass häufig Leistungen im Service<br />

public, so im Gesundheitswesen,<br />

in der Bildung sowie der Kinder-<br />

und Altenbetreuung, abgebaut<br />

werden und grosse Rückschritte –<br />

der sogenannte «Backlash» – in der<br />

Gleichstellung erfolgten. Sprich: die<br />

Finanzierung solcher Krisen fand<br />

auf dem Buckel der Frauen* statt.<br />

«Bundesrat und Parlament, vergesst<br />

die Frauen* nicht!»<br />

Damit sich Geschichte nicht wiederholt,<br />

tat sich ein breites Bündnis<br />

von Frauen*organisationen zusammen<br />

und formulierte einen dringenden<br />

Appell, der den gemeinsamen<br />

Nenner der unterschiedlichsten Organisationen<br />

bildet. Die Initiantinnen<br />

sind die SP-Frauen, Frauendachorganisationen<br />

wie Alliance F,<br />

der Katholische Frauenbund, diverse<br />

Frauen*streik-Kollektive, der Verband<br />

Business & Professional Women<br />

(BPW) – und <strong>syndicom</strong>.<br />

Dieses Bündnis umfasst mittlerweile<br />

knapp 70 Organisationen<br />

und vertritt Millionen von Frauen*!<br />

Der dringende Appell richtet sich an<br />

den Bundesrat und das Parlament<br />

und wurde ihnen am 30. Mai übergeben.<br />

Denn sie entscheiden über<br />

die finanzielle Unterstützung in der<br />

Corona-Krise.<br />

Die Forderungen lauten:<br />

1. Wir bestimmen mit am Verhandlungstisch!<br />

2. Massnahmen zum wirtschaftlichen<br />

Aufschwung müssen die reale<br />

Lebenssituation aller Frauen* in der<br />

Schweiz berücksichtigen (u. a. mittels<br />

Gender Budgeting und Lohngleichheit).<br />

3. Die Vereinbarkeit von Beruf und<br />

Familie muss erreicht werden –<br />

durch Etablierung einer zeitgemässen<br />

Familienpolitik.<br />

4. Die Arbeitsbedingungen in den<br />

systemrelevanten Berufen müssen<br />

verbessert werden (u. a. Lohner höhungen<br />

in Pflege, Kita, Verkauf).<br />

5. Massnahmen gegen Gewalt an<br />

Frauen* (u. a. Ausbau Beratungsstellen,<br />

Frauen*häuser).<br />

6. Es braucht spezifische Unterstützung<br />

für Migrantinnen*, denn sie<br />

tragen die Kosten der Krise doppelt<br />

stark.<br />

7. Die Finanzierung der Krise darf<br />

nicht auf dem Rücken der Frauen*<br />

geschehen (u. a. kein Abbau im<br />

Service public).<br />

Wie gehts nun weiter? Das Bündnis<br />

wird weiter an der Kampagne sowie<br />

an der Verbreitung des Appells arbeiten<br />

und diesen online bekannter<br />

machen. Damit die Stimmen des<br />

Appells unüberhörbar sind für die<br />

Entscheide in Bundesbern!<br />

Der gesamte Appell ist zu finden auf<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/frauen


Recht so!<br />

25<br />

Hallo Rechtsdienst<br />

Ich werde in einem Medienhaus zur Polygrafin<br />

EFZ ausgebildet und schliesse im<br />

Sommer meine Ausbildung ab. Aufgrund<br />

des Coronavirus gestaltete sich in den<br />

letzten Wochen die Arbeit etwas schwierig.<br />

Ich musste zu Beginn der Pandemie teilweise<br />

meine Arbeit im Homeoffice erledigen.<br />

Nun hatten wir teils keine Arbeit mehr<br />

und es wurde Kurzarbeit angemeldet, auch<br />

für die Auszubildenden. Ich fürchte, dass<br />

die Ausbildungsqualität darunter leidet und<br />

ich die Abschlussprüfung vielleicht nicht<br />

bestehe.<br />

Antwort des <strong>syndicom</strong>-Rechtsdienstes<br />

Der Lehrvertrag ist aus arbeitsrechtlicher Sicht ein Einzelarbeitsvertrag<br />

mit einigen Besonderheiten. Eine dieser<br />

Besonderheiten ist, dass als Gegenleistung nicht der<br />

Lohn im Vordergrund steht, sondern die fachgemässe<br />

Ausbildung. Auch in Zeiten der Pandemie hat die Arbeitgeberin<br />

ihren vertraglichen Pflichten nachzukommen.<br />

Sie hat alles Zumutbare zu unternehmen, damit sie ihrer<br />

Pflicht zur fachgemässen Ausbildung der Auszubildenden<br />

nachkommt. Sie hat demnach Unterstützungsmassnahmen<br />

zu ergreifen. Sprich mit deiner Ausbildungsverantwortlichen,<br />

sodass die Ausbildungslücken mit praktischen<br />

Übungsarbeiten geschlossen werden können.<br />

In Bezug auf die anstehenden Prüfungen<br />

wird zurzeit viel geredet und ich bin<br />

unsicher. In welchen Bereichen muss ich<br />

eine Prüfungsarbeit machen und wo nicht?<br />

Was gilt dann?<br />

Habe ich nach Abschluss der Ausbildung<br />

Anspruch auf ein Arbeitszeugnis und darf<br />

darin ein Vermerk enthalten sein, dass ich<br />

im Jahr der Corona-Pandemie die<br />

Ausbildung abgeschlossen habe?<br />

Die praktische Prüfungsarbeit für das Berufsbild Polygrafin<br />

EFZ fällt schweizweit aus. Die praktische Qualifikation<br />

wird ersetzt durch ein schweizweit einheitliches, berufsspezifisches<br />

und durch den Ausbildungsbetrieb ausgefülltes<br />

Bewertungsraster. Der theoretische Prüfungsteil,<br />

die Berufskenntnisprüfung, ist gestrichen. Anstelle dieser<br />

Prüfungsnote gelten die bis zum Ende des ersten Semesters<br />

2019/20 erzielten Semesterzeugnis-Noten und<br />

fliessen in die Gesamtbeurteilung ein. Auch die Prüfungen<br />

der Allgemeinbildungsfächer finden nicht statt.<br />

Auch hier gelten die bis zum Ende des ersten Semesters<br />

2019/20 erzielten ABU-Semesterzeugnis-Noten. Die Vertiefungsarbeit<br />

wird grundsätzlich abgeschlossen. Die<br />

Note für den allgemeinbildenden Unterricht wird zu 50 %<br />

aus der Vertiefungsarbeit und zu 50 % aus der Erfahrungsnote<br />

(1.–7. Semester) gebildet.<br />

Der Ausbildungsbetrieb muss nach Abschluss der Grundausbildung<br />

ein Arbeitszeugnis oder eine Arbeitsbestätigung<br />

ausstellen. Die Arbeitsbestätigung enthält nur Angaben<br />

zur Anstellungsdauer und zur Funktion, weshalb ein<br />

Arbeitszeugnis besser ist. Das ausführliche Arbeitszeugnis<br />

muss enthalten: Personalien der Arbeitnehmerin,<br />

Name und Adresse des Betriebs, Dauer der Anstellung,<br />

eine vollständige Beschreibung der Aufgaben und Pflichten<br />

wie auch die Beurteilung der Fähigkeiten, der Arbeitsleistungen,<br />

das Verhalten im Team und gegenüber Vorgesetzten.<br />

Die Arbeitgeberin ist verpflichtet, das Zeugnis<br />

wahrheitsgemäss, aber wohlwollend zu verfassen. Das<br />

Zeugnis darf keine versteckten Botschaften oder Angaben<br />

zu Gesundheit, Absenzen und Privatleben enthalten.<br />

Folglich auch keine Hinweise auf die Pandemie. Wenn du<br />

mit dem Zeugnis nicht einverstanden bist, kannst du eine<br />

Korrektur verlangen. <strong>syndicom</strong> unterstützt dich gerne<br />

dabei.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/rechtso


26 Freizeit<br />

Tipps<br />

© FFDUL<br />

Weiterbildung geht weiter:<br />

Movendo führt seit 8. Juni<br />

wieder Kurse durch<br />

Seit Mitte März konnte das gewerkschaftliche<br />

Bildungsinstitut Movendo<br />

aufgrund der Corona-Massnahmen<br />

keine Präsenzveranstaltungen<br />

durchführen. Die letzten Wochen<br />

waren geprägt von Stornierungen<br />

und Verschiebungen. Jetzt freuen<br />

wir uns, am 8. Juni unser Programm<br />

wieder aufnehmen zu können. Wir<br />

werden uns dabei konsequent an<br />

die Hygiene- und Distanzregeln gemäss<br />

Schutzkonzept des Dachverbandes<br />

für Weiterbildung (SVEB)<br />

halten.<br />

Während des Lockdowns konnten<br />

wir kurzfristig einige Kurse<br />

online organisieren. Viele Kolleginnen<br />

und Kollegen mussten jedoch<br />

auf ihren bereits gebuchten Movendo-Kurs<br />

verzichten. Wir wollen möglichst<br />

vielen von Euch einen guten<br />

Ersatz anbieten können und organisieren<br />

zusätzliche Kurse in diesem<br />

und im nächsten Jahr. Die Teilnehmerinnen<br />

und Teilnehmer werden<br />

so bald als möglich kontaktiert.<br />

Weiterhin kann man sich für alle<br />

weiteren ausgeschriebenen Kurse<br />

2020 anmelden. Wir freuen uns auf<br />

Euch!<br />

Michael Herzka und<br />

Emiliana Della Torre,<br />

Institutsleitung<br />

Info und Anmeldung:<br />

Movendo.ch<br />

Wir – Fotografinnen am<br />

Frauen*streik<br />

Am Frauenstreiktag vom 14. Juni<br />

2019 demonstrierten mehr als eine<br />

halbe Million Menschen in der<br />

Schweiz für die Gleichstellung von<br />

Frauen. Die Berner Fotografin<br />

Yoshiko Kusano hatte die Idee, zusammen<br />

mit ihren Berufskolleginnen<br />

diesen Tag umfassend zu dokumentieren.<br />

Rasch schlossen sich<br />

landesweit 31 Fotografinnen und<br />

eine Fotografix zu einem Kollektiv<br />

zusammen, um den Medien ihre<br />

Bilder gemeinsam über die Nachrichtenagentur<br />

Freshfocus.swiss<br />

anzubie ten. Leider wurden aber nur<br />

wenige der Fotos veröffentlicht. Ein<br />

Fotobuch macht nun die Erinnerung<br />

an diesen Tag zugänglich.<br />

Das Buch zeugt von Dutzenden unkonventionellen<br />

und fantasie vollen<br />

Aktionen im ganzen Land, von<br />

Momenten des Zusammenhalts und<br />

der solidarischen Entschlossenheit.<br />

Der Band Wir – Fotografinnen am<br />

Frauen*streik zeigt denkwürdige<br />

Szenen, etwa die beiden älteren<br />

Frauen in einem kleinen Zürcher<br />

Oberländer Dorf mit dem Transparent<br />

«Gleichberechtigung. Punkt.<br />

Amen.» Der Band enthält 83 Bilder<br />

vom Tag des Streiks und erinnert an<br />

die Forderungen, die mit der heutigen<br />

Situation noch wichtiger geworden<br />

sind: mehr Geld für die Pflege<br />

und die Kinderbetreuung, mehr Anerkennung<br />

der von Frauen geleisteten<br />

Arbeit und weniger Ungleichheit<br />

in Arbeitswelt und Gesellschaft. Die<br />

Mobilisierungskraft der Streikenden,<br />

die im Fotobuch zum Ausdruck<br />

kommt, hat dafür gesorgt, dass dieser<br />

14. Juni als historisches Datum<br />

in die Geschichte der Schweiz eingehen<br />

wird. Unter dem Titel Nous erscheint<br />

das Buch im Eigenverlag des<br />

Kollektivs Frauen*streikfotografinnen<br />

ebenfalls auf Französisch.<br />

140 Seiten, 126 Abb., 34 Fr., erschienen im Juni<br />

2020 im Christoph Merian Verlag<br />

© Christoph Merian Verlag<br />

Filmfestival Locarno online<br />

Die Corona-Krise ist ein riesiges<br />

wirtschaftliches und soziales Experimentierfeld<br />

geworden. Auch die<br />

Filmfestivals mussten sich neu erfinden.<br />

Das Festival Locarno 2020<br />

geht online über die Bühne. Im<br />

Wettbewerb stehen Filme, deren<br />

Reali sierung von der Pandemie –<br />

die viele Berufstätige der Branche in<br />

eine schwierige Lage gebracht hat –<br />

unterbrochen wurde.<br />

Nach dem Sommer (und hoffentlich<br />

auch nach Corona) wird vom<br />

14. bis 18. Oktober das Filmfestival<br />

Diritti Umani Lugano (FFDUL, Filmfestival<br />

für Menschenrechte) durchgeführt.<br />

Es werden Filme der letzten<br />

Ausgabe des Internationalen Filmfestivals<br />

und Forums für Menschenrechte<br />

in Genf, FIFDH, zu sehen<br />

sein, die aus aktuellem Anlass nur<br />

online gezeigt worden waren. Das<br />

FFDUL, mit dem <strong>syndicom</strong> seit Jahren<br />

zusammenarbeitet, war zudem<br />

Protagonist einer gemeinnützigen<br />

Initiative: In den letzten Monaten<br />

hat das FFDUL mit mehreren Filmverleihern<br />

einige der in früheren<br />

Ausgaben selektionierten (und – wie<br />

Eldorado im Bild – prämierten) Filme<br />

zum Streaming verfügbar gemacht.<br />

Eine Möglichkeit, weiterhin<br />

über Themen zu sprechen, die dem<br />

Festival am Herzen liegen. Gleichzeitig<br />

wird konkrete Unterstützung<br />

für benachteiligte Menschen geleistet,<br />

denn die Mittel gehen an das<br />

Casa Astra, eine Notunterkunft für<br />

Obdachlose in Mendrisio. GioVi<br />

Pardo.ch (Locarno), FIFDH.org und<br />

Festivaldirittiumani.ch (FFDUL)


1000 Worte<br />

Ruedi Widmer<br />

27


28 Bisch im Bild Im Mai 2020 war <strong>syndicom</strong> aktiv<br />

mit den Teilnehmenden der Online-Debatten vom 1. Mai, mit Transparenten oder<br />

zur Unterstützung der Demonstrierenden, mit den Chauffeur*innen von Winkel<br />

und Embrach und online mit dem Vorstand von Ticino e Moesano.<br />

2<br />

1<br />

3<br />

4<br />

5


1. An der 1.-Mai-Debatte über die Selbständigen nahmen teil: der<br />

frei schaffende Fotograf Markus Forte, Michael Moser, Zentralsekretär<br />

<strong>syndicom</strong>, die selbständige Illustratorin Rina Jost, und Lena Allenspach,<br />

Stellvertretende Leiterin Kommunikation <strong>syndicom</strong>, die auch<br />

moderierte. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

2. Über die Personalpolitik der Swisscom und die Mitwirkungsrechte<br />

diskutierten Giorgio Pardini, Leiter Sektor ICT, und Hans Werner, CPO<br />

Swisscom. Die Diskussion wurde geleitet von Miriam Berger, Zentralsekretärin<br />

<strong>syndicom</strong>. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

3. Die Hausangestellten forderten am 1. Mai in Genf anständige Löhne.<br />

(© Eric Roset)<br />

4. In Luzern demonstrierten am 1. Mai kleine Gruppen im gebotenen<br />

Abstand, so auch diese Mitglieder einer christlichen Gruppe. (© Urs Häner)<br />

5. In Genf forderten Transparente den Schutz der Arbeitnehmenden<br />

gegen das Coronavirus. (© Demir Sönmez)<br />

6. Die PostAuto-Chauffeur*innen von Winkel und Embrach lancierten<br />

eine Petition, die die Bezahlung der geschuldeten Gelder verlangt.<br />

(© <strong>syndicom</strong>)<br />

7. In der dritten Online-Debatte ging es um die Velokurier*innen. Dabei<br />

waren David Roth, Zentralsekretär <strong>syndicom</strong>, Gilles Rosset, Co-Präsident<br />

des Branchenvorstands Kuriere, und Lena Allenspach. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

8. Auf dem Bundesplatz forderte der Gewerkschaftsbund des Kantons<br />

Bern mehr Solidarität. (© GSB)<br />

9. Die Sitzung des Vorstands Ticino e Moesano vom 6. Mai wurde online<br />

abgehalten. (© <strong>syndicom</strong>)<br />

29<br />

6<br />

7<br />

8<br />

9


30<br />

Aus dem<br />

Leben von ...<br />

Martin Beu: Vernetzung ist das A und O<br />

erfolgreicher Gewerkschaftsarbeit<br />

Martin Beu ist 1969 in Rüti ZH geboren<br />

und aufgewachsen. Nach seiner Lehre<br />

zum uniformierten Postbeamten, während<br />

der er u. a. an der Langstrasse in<br />

Zürich zustellte, absolvierte er eine<br />

Lehre als Elektromonteur. Mehrere<br />

Sprachaufenthalte, der Besuch der<br />

Handelsschule und Weiterbildungen in<br />

Finanz- und Rechnungswesen folgten.<br />

Martin lebt heute mit seiner Partnerin<br />

Sandra und ihren zwei Hunden und<br />

zwei Katzen in Hinwil.<br />

Neben seiner Arbeit als Zeitungsverträger<br />

bei Presto ist er hauptberuflich<br />

in der Finanzbuchhaltung eines<br />

japani schen Konzerns mit Sitz in Zürich<br />

tätig. Seit 10 Jahren ist er <strong>syndicom</strong>-<br />

Mitglied, Präsident der Personalkommission<br />

und Co-Präsident des Firmenvorstandes<br />

Presto.<br />

Text: Sheila Winkler<br />

Bild: Alexander Egger<br />

«Die Zeit, die das<br />

kostet, nehme ich mir<br />

sehr gerne»<br />

Ich bin ein humorvoller, offenherziger<br />

und hilfsbereiter Mensch, der<br />

seine Mitmenschen nimmt, wie sie<br />

sind. Deshalb ist es für mich selbstverständlich,<br />

mich für gewerkschaftliche<br />

Anliegen einzusetzen. Als Präsident<br />

der Personalkommission des<br />

Presto-Standortes Wetzikon engagiere<br />

ich mich gerne für meine Kolleginnen<br />

und Kollegen.<br />

Dabei ist die Vernetzung das<br />

A und O, was bei Presto nicht so einfach<br />

ist: Wir Verträger*innen sind<br />

nämlich nie an unserem Standort.<br />

Wir holen die Zeitungen und Zeitschriften<br />

frühmorgens direkt an den<br />

Depotstellen ab, von denen es Hunderte<br />

gibt. So ist es fast unmöglich,<br />

mit den Kolleginnen und Kollegen<br />

anderer Depotstellen in Kontakt zu<br />

treten.<br />

Zu Beginn war es schwierig. Ein<br />

paar Kontakte konnte ich dank meinen<br />

Engagements in diversen Vereinen<br />

und Institutionen im Privaten<br />

knüpfen. Da mein Bruder und seine<br />

Partnerin ebenfalls Zeitungsverträger*innen<br />

sind, konnte ich meine<br />

Kontakte stetig erweitern. Auch meine<br />

Partnerin unterstützt mich sehr,<br />

indem sie in ihrem Bekanntenkreis<br />

offen über mein gewerkschaftliches<br />

Engagement spricht. So kommt sie<br />

immer mal wieder mit neuen Telefonnummern<br />

nach Hause, mit der<br />

Bitte um Kontaktaufnahme. Dank<br />

den Lotto-Brunches, die wir zusammen<br />

mit <strong>syndicom</strong> organisieren, ist<br />

es mir gelungen, mich mit vielen Kolleginnen<br />

und Kollegen zu vernetzen.<br />

Mit Beharrlichkeit habe ich in<br />

den letzten Jahren meine Kontakte<br />

aufgebaut und gepflegt. Heute kann<br />

ich sagen, dass ich nicht nur an<br />

meinem Standort über ein breites<br />

Kontakt netz verfüge, sondern auch<br />

Verträger*innen von allen sechs<br />

Presto-Standorten kenne. Mit allen<br />

Personalkommissionen stehe ich so<br />

in regelmässigem Austausch.<br />

Mittels Whatsapp und einer<br />

selbst gegründeten, geschlossenen<br />

Facebook-Gruppe für Presto-Leute<br />

fördere ich den Informations- und<br />

Erfahrungsaustausch sowohl unter<br />

den Verträger*innen als auch zwischen<br />

den Standorten. Momentan<br />

bin ich dabei, eine Webseite für die<br />

Personalkommissionen aufzubauen,<br />

damit unsere Arbeitskolleg*innen<br />

jederzeit unsere Kontaktdaten in<br />

Griffnähe haben.<br />

Das alles kostet Zeit, die ich mir<br />

sehr gerne nehme. Für die Verhandlungen<br />

zur Erneuerung des GAV<br />

Presto habe ich Ferien und Überstundenguthaben<br />

meines Hauptberufes<br />

ein gesetzt. Das war für mich<br />

selbstverständlich. Deshalb möchte<br />

ich mich abschliessend bei meiner<br />

Partnerin Sandra bedanken. Dass sie<br />

das Ganze mitträgt und tatkräftig<br />

mithilft, ist nämlich nicht selbstverständlich.<br />

Danke, Schatz!<br />

Zugang zur Facebook-Gruppe Zeitungsverträger<br />

Presto Schweiz? Melde dich unter<br />

logistik@<strong>syndicom</strong>.ch


Impressum<br />

Redaktion: Sylvie Fischer, Giovanni Valerio<br />

Tel. 058 8<strong>17</strong> 18 18, redaktion@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Freie Mitarbeit: Rieke Krüger<br />

Porträts, Zeichnungen: Katja Leudolph<br />

Fotos ohne ©Copyright-Vermerk: zVg<br />

Layout und Druck: Stämpfli AG, Wölflistrasse 1,<br />

3001 Bern<br />

Adressänderungen: <strong>syndicom</strong>, Adressverwaltung,<br />

Monbijoustrasse 33, Postfach, 3001 Bern<br />

Tel. 058 8<strong>17</strong> 18 18, Fax 058 8<strong>17</strong> 18 <strong>17</strong><br />

Inserate: priska.zuercher@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abobestellung: info@<strong>syndicom</strong>.ch<br />

Abopreis ist im Mitgliederbeitrag inbegriffen. Für<br />

Nichtmitglieder: Fr. 50.– (Inland), Fr. 70.– (Ausland)<br />

Verlegerin: <strong>syndicom</strong> – Gewerkschaft<br />

Medien und Kommunikation, Monbijoustr. 33,<br />

Postfach, 3001 Bern<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Magazin erscheint sechsmal im Jahr.<br />

Ausgabe <strong>Nr</strong>. 18 erscheint am 4. September 2020<br />

Redaktionsschluss: 27. Juli 2020.<br />

31<br />

Das <strong>syndicom</strong>-Kreuzworträtsel<br />

Kleiner Zustupf für die Haushaltskasse:<br />

Zu gewinnen gibt es einen Einkaufsgutschein<br />

im Wert von 40 Franken, gespendet<br />

von unserer Dienstleistungspartnerin<br />

Coop. Das Lösungswort wird in der<br />

nächsten Ausgabe zusammen mit dem<br />

Namen der Gewinnerin oder des Gewinners<br />

veröffentlicht.<br />

Lösungswort und Absender auf einer<br />

A6-Postkarte senden an: <strong>syndicom</strong>-<br />

Magazin, Monbijoustrasse 33, Postfach,<br />

3001 Bern. Einsendeschluss: 27. Juli.<br />

Die Gewinnerin<br />

Die Lösung des Kreuzwort rätsels aus<br />

dem <strong>syndicom</strong>-Magazin <strong>Nr</strong>. 16 lautet:<br />

MINDESTLOHN.<br />

Gewonnen hat Helen Ebert aus Zürich.<br />

Die Hotelcard unserer Partnerin<br />

Hotelcard ist unterwegs.<br />

Wir gratulieren herzlich!<br />

Anzeige<br />

Unterstützen Sie uns:<br />

Jetzt kostenlos<br />

eine Fahne bestellen!<br />

Die Konzernverantwortungsinitiative fordert<br />

eine Selbstverständlichkeit: Wenn Konzerne<br />

wie Glencore Flüsse vergiften oder ganze Landstriche<br />

zerstören, dann sollen sie auch dafür<br />

geradestehen!<br />

www.konzern-initiative.ch/fahne


32 Inter-aktiv<br />

<strong>syndicom</strong> social<br />

Corona-Welle beim Medienkonsum15.05.20<br />

Im März verzeichneten Onlinemedien<br />

historisch hohe Zugriffszahlen.<br />

Doch schon im April ist der Medienkonsum<br />

wieder gesunken, im Schnitt um rund 20 %.<br />

WOZ, Annabelle, Glückspost und SI legten auch im April<br />

noch mal zu.<br />

Quelle: net-metrix.ch/sites/default/files/<br />

NMP_2020-1_Medienmitteilung_DE_1.pdf<br />

1.-Mai-Livestreams von <strong>syndicom</strong><br />

sehr gut besucht 01.05.20<br />

Die drei Gesprächsrunden, die <strong>syndicom</strong><br />

auf Youtube und Facebook live<br />

übertragen hat, wurden eifrig geschaut und kommentiert.<br />

Zu Spitzenzeiten haben bis zu <strong>17</strong>0 Leute gleichzeitig<br />

reingeschaut, im Schnitt über alle drei Talks waren es über<br />

100. Gesamthaft wurden via Facebook, Youtube und<br />

<strong>syndicom</strong>.ch fast 5000 Leute erreicht.<br />

Quelle: youtube.com/user/<strong>syndicom</strong>CH<br />

Übernimmt KI bald unsere Arbeit? 30.04.20<br />

Laut einer neuen Mercer-Studie gehen 34 Prozent<br />

der Angestellten davon aus, dass ihr Job<br />

innerhalb der nächsten drei Jahre durch Künstliche<br />

Intelligenz und Automatisierung ersetzt<br />

wird. Immerhin sind 61 Prozent der Meinung,<br />

dass ihre Arbeitgeber sie gut auf die Zukunft<br />

der Arbeit vorbereiten, 55 Prozent vertrauen<br />

darauf, dass ihr Unternehmen sie weiterbildet,<br />

wenn ihr Berufsbild sich verändern sollte.<br />

Quelle: mercer.com/our-thinking/career/<br />

global-talent-hr-trends.html<br />

Schweizer lieben das Homeoffice26.05.20<br />

Eine von <strong>syndicom</strong> in Auftrag gegebene gfs-Studie zeigt,<br />

dass die allermeisten Schweizer gern im Homeoffice<br />

arbeiten. 60 % geben an, dass es den Stress am Arbeitsplatz<br />

reduziere. Aber die Arbeitsergonomie sei mangelhaft,<br />

findet die Hälfte (49 %) der Befragten. 41 Prozent<br />

gaben zudem an, dass Homeoffice nicht mit der Kinderbetreuung<br />

vereinbar sei. Es gibt also Handlungsbedarf –<br />

verbindliche Rahmenbedingungen für Homeoffice-Arbeit<br />

müssen jetzt geschaffen werden.<br />

<strong>syndicom</strong>.ch/homeofficebarometer<br />

Zu den bundesrätlichen Hilfspaketen<br />

im Mai 2020<br />

Franziska Ruth Hulliger auf Facebook: Da<br />

kommt noch etwas Anderes auf uns zu. Die<br />

Schere tut sich nicht nur zwischen Arm und Reich weiter<br />

auf, sondern auch zwischen den kleineren und grösseren<br />

Unternehmen. Die grossen Unternehmen werden unterstützt<br />

und die kleineren können schauen, wo sie bleiben<br />

und (werden) auf das Minimum beschränkt. Das ist eine<br />

Sauerei. Wenn, dann sollten alle gleich behandelt werden.<br />

Ob grosses oder kleines Unternehmen. Währen die grösse<br />

ren Unternehmen unterstützt werden und ihre Bonis<br />

und Dividenden munter weiter verteilen, schauen die kleineren<br />

Unternehmen in die Röhre. Das muss aufhören.<br />

Rina Jost, selbständige Illustratorin01.05.20<br />

«Ich wünsche mir, dass die Solidarität im<br />

künstlerischen Bereich auch nach der Krise<br />

anhält.» (Am 1.-Mai-Gespräch zum Thema<br />

Freischaffende in der Krise)<br />

Zur 500-Franken-Einmalzahlung<br />

für alle PostAuto-Fahrer*innen20.05.20<br />

René Hänggi auf Facebook: Da sieht<br />

man wieder mal, wie wichtig die Gewerkschaft<br />

für uns Fahrer ist. Für die<br />

Chauffeure, die noch nicht dabei sind,<br />

wird es Zeit beizutreten.<br />

«Soziale Intelligenz»<br />

Die Fähigkeit, in einer menschlichen Gruppe<br />

angemessen zu (re-)agieren, etwa eine Stimmungslage<br />

zu erkennen oder konstruktiv zu<br />

beeinflussen, z. B. den Teamgeist.<br />

Auf diesem Gebiet kann die Maschine bislang<br />

nichts leisten.<br />

Das ist einer von 52 Begriffen aus unserem<br />

KI-Lexikon: <strong>syndicom</strong>.ch/themen/dossiers/<br />

kuenstliche- intelligenz-ki/ki-lexikon<br />

Markus Forte,<br />

freischaffender Fotograf:01.05.20<br />

«In der Krise hat sich gezeigt, was die Gewerkschaften<br />

und die Interessensverbände wirklich<br />

leisten. Das freut mich.» (Am 1.-Mai-Gespräch<br />

zum Thema Freischaffende in der Krise)

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