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Sonderheft "Bring Women Back to Work"

Ein Sonderheft von m&k - Das Magazin für Marketing und Kommunikation und Salesforce.

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extra<br />

m&k<br />

6-7/2020<br />

1<br />

Kickstart für<br />

die Zweitkarriere<br />

Eine Salesforce-Initiative bringt Frauen zurück ins Berufsleben > S. 4<br />

Unternehmerin Sunnie<br />

Groeneveld im Interview<br />

> S. 10<br />

Mehr Home als Office:<br />

Corona und Equality<br />

> S. 16<br />

«Schlimmer als Dating»:<br />

Jobsuche als junge Mutter<br />

> S. 22


EDITORIAL<br />

3<br />

INHALT<br />

I<br />

m März hat Salesforce in<br />

der Schweiz die Initiative<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work<br />

lanciert. Sie soll Frauen, die<br />

aufgrund ihrer Familienplanung<br />

oder anderer Fak<strong>to</strong>ren eine<br />

berufliche Pause eingelegt<br />

haben, den Weg zurück in die<br />

Karriere ebnen. Und nicht nur das: Die Initiative soll<br />

auch die Hemmschwellen abbauen, die Frauen bis<br />

heute vor dem Einstieg in die Tech- und Digitalbranche<br />

zurückschrecken lassen. In diesem <strong>Sonderheft</strong> erzählen<br />

wir Ihnen alles Wichtige über <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong><br />

Work. Wir sprechen aber auch mit einer Unternehmerin<br />

und der Zürcher Gleichstellungsbeauftragten darüber,<br />

wie Frauen in der Schweiz Karriere machen können und<br />

mit welchen Problemen sie dabei konfrontiert sind.<br />

Ausserdem kommen einige der starken Partner der<br />

Salesforce-Initiative zu Wort. Unsere Hoffnung bei all<br />

dem: Dass nach der Lektüre zahlreiche Firmen ihr<br />

Bewusstsein dafür schärfen, dass Frauen auch mit einer<br />

persönlich bedingten «Lücke im Lebenslauf» unheimlich<br />

viel zum Unternehmenserfolg beitragen können.<br />

Vanessa Gentile<br />

Alliances & Channel Lead Switzerland, Salesforce<br />

Gründerin <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work<br />

Johannes Hapig<br />

Redak<strong>to</strong>r<br />

4 Zweite Chance<br />

Salesforce sagt: «<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong><br />

<strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work». Und die Initiative<br />

nimmt Fahrt auf.<br />

7 Frauen braucht das Land<br />

Ein kritischer Kommentar<br />

von Unternehmerin Carolina<br />

Müller-Möhl.<br />

8 Kind und Karriere<br />

Vanessa Gentile wollte zurück in<br />

ihren alten Job, doch ihr Arbeitgeber<br />

hatte andere Pläne.<br />

10 Weibliche Vorbilder …<br />

… sind laut Digital-Star Sunnie<br />

Groeneveld ein viel zu rares Gut.<br />

Das grosse Interview.<br />

14 Noch viel zu tun<br />

Florence Micol von Accenture<br />

über Mutterschaft und Jobaussichten.<br />

15 Ode an die Mama<br />

Jessica Schild von Parx über<br />

Mütter als Multitasking-Genies.<br />

16 Mehr Home als Office<br />

Die Gleichstellungsbeauftragte<br />

der Stadt Zürich sagt: «Corona<br />

belastet die Frauen doppelt.»<br />

22 Schlimmer als Dating<br />

Gail Junoy Tonkin von Isobar<br />

über die lange Suche nach<br />

einem neuen Job.<br />

23 Vertrauen lohnt sich<br />

Delphine Arvengas von ec4u<br />

über Firmen, die Mut beweisen.<br />

IMPRESSUM<br />

Eine Beilage der Magazine M&K Marketing & Kommunikation und Werbewoche<br />

Titelbild: Anne-Marie Pappas für m&k Herausgeber: Galledia Fachmedien AG, Buckhauserstr. 24, 8048 Zürich, T +41 58 344 98 98 Redaktion: Johannes<br />

Hapig (Projektleitung), Anna Kohler (Publizistische Leitung), Thomas Häusermann, Sarah Willi, Buckhauserstrasse 24, 8048 Zürich, T +41 58 344 98 81,<br />

redaktion@m-k.ch, m-k.ch Abonnenten-Service Galledia Fachmedien AG, Burgauerstrasse 50, 9230 Flawil, T +41 58 344 95 66, F +41 58 344 97 83,<br />

werbewoche.ch/p/abonnieren, abo.mk@galledia.ch, Satz/Druck Galledia Print AG<br />

m&k 6-7/2020


4 INITIATIVE<br />

Die zweite<br />

Chance<br />

Weil viele Frauen nach einer Karrierepause Mühe haben,<br />

wieder einen Job zu finden, lanciert Salesforce die Initiative<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> To Work. Mit dabei: renommierte<br />

Partner und familienfreundliche Stellen.<br />

Von Johannes Hapig<br />

Die Schweiz ist – zumindest<br />

auf dem Papier – ein Land,<br />

in dem Gleichberechtigung<br />

herrscht: Seit 1981 ist die<br />

Gleichstellung der Geschlechter<br />

in der Bundesverfassung<br />

verankert, 1996 trat zusätzlich das<br />

Gleichstellungsgesetz in Kraft. Die<br />

Grundlage dafür, dass hier niemand ob<br />

seiner biologischen Beschaffenheit benachteiligt<br />

wird, existiert also.<br />

Doch in der Realität zeigt sich, dass<br />

Männer und Frauen wohl noch längst<br />

nicht gleichberechtigt sind; insbesondere,<br />

wenn es um die Vereinbarkeit von<br />

Familie und Karriere geht. Ja, auch hier<br />

möchte die Politik unterstützen, führt gar<br />

ein eigenes Ressort für die Thematik.<br />

Aber das bringt zu wenig, wenn die Gesellschaft<br />

als Ganzes und die Wirtschaft<br />

sich nicht für mehr Fairness einsetzen.<br />

Ungerechtigkeit ist heute subtiler<br />

Denn bestehende Ungerechtigkeit zeigt<br />

sich nicht in grossen, offenen Differenzen,<br />

die sich mit staatlicher Regulation<br />

und Sanktionen aus der Welt schaffen<br />

liessen. Sie ist subtiler. «Wie wir aus Studien<br />

wissen, identifizieren sich heutige<br />

Frauen zwischen 20 und 30 sehr stark<br />

über ihren Beruf. Werden sie Mutter, geraten<br />

sie in eine klassische Zwickmühle»,<br />

sagt die Basler Gender-Forscherin Andrea<br />

Zimmermann in einem Interview<br />

mit der Fachzeitschrift wireltern.<br />

Das Bild von der modernen, erfolgreichen<br />

Frau werde dann auf einmal<br />

kontrastiert von der Idee der «aufopferungsvollen<br />

Mutter», die laut Zimmermann<br />

noch aus dem 18. Jahrhundert<br />

stammt. Ein «Konflikt der Selbstwahrnehmung»<br />

entstehe. Es ist jener Konflikt, der<br />

viele Frauen dazu bringt, ihre beruflichen<br />

Ambitionen aufzugeben. Und jene, welche<br />

sich mutig am Spagat zwischen Baby<br />

und Beruf versuchen, geraten manchmal<br />

in beinahe absurde Situationen: Solche<br />

etwa, wo der Arbeitgeber nach der Mutterschaft<br />

zwar auf dem Papier zu ihnen<br />

hält, sie aber «kaltstellt» – ihnen also Verantwortung<br />

entzieht, bis sie von selbst<br />

nach einer neuen Aufgabe suchen.<br />

So ging es beispielsweise Vanessa<br />

Gentile, die heute als Alliances & Channel<br />

«Die Idee der<br />

‹guten› Mutter,<br />

die sich selbst<br />

aufgibt, stammt<br />

noch aus dem<br />

18. Jahrhundert.<br />

Und hält sich.»<br />

Lead Switzerland bei Salesforce tätig ist.<br />

Nach der Geburt ihres zweiten Sohnes<br />

vor einigen Jahren freute sie sich, zu ihrem<br />

damaligen Arbeitgeber, ihrem Team<br />

und den Kunden zurückzukehren. «Ich<br />

hatte immer Tag und Nacht gearbeitet<br />

– sehr gerne gearbeitet», berichtet sie.<br />

«Und ich hatte mich auf den Wiedereinstieg<br />

vorbereitet.»<br />

Plötzlich keine Aufgaben mehr<br />

Eine Nanny und ihre Mutter waren organisiert,<br />

um die beiden Kinder zu betreuen;<br />

Gentile war auch während ihrer<br />

Abwesenheit immer «up <strong>to</strong> date» über<br />

laufende Projekte geblieben und fühlte<br />

sich bereit, loszulegen. Aber als sie zum<br />

ersten Mal wieder ins Büro kam, war alles<br />

anders: «Man sagte mir, dass jemand<br />

anderes nun meine Aufgaben übernommen<br />

hat», erinnert sie sich. «Für mich<br />

würde man schon etwas finden.» All die<br />

interne Reputation, die sich die junge<br />

Frau aufgebaut hatte, all die Talentprogramme<br />

und Awards schienen nicht<br />

mehr zu zählen. «Ich blieb dann weitere<br />

vier Monate zu Hause», so Gentile, «und<br />

letztendlich, nach einem Jahr, verliess<br />

ich die Firma.»<br />

Firma mit Sendungsbewusstsein<br />

Über eine Zwischenstation gelangte<br />

Vanessa Gentile zu Salesforce, einem<br />

Unternehmen aus Kalifornien, das in den<br />

m&k 6-7/2020


5<br />

Illustration: Anne-Marie Pappas<br />

«Willkommen zurück»: So sieht unsere Illustra<strong>to</strong>rin die Teilnehmerinnen der Initiative.<br />

vergangenen Jahren zum Weltmarktführer<br />

für CRM-Lösungen wurde. An der<br />

Spitze von Salesforce steht mit Marc Benioff<br />

ein Mensch, der seit den Anfangstagen<br />

seiner Firma auf Wohltätigkeit und<br />

Aktivismus setzt: Die Verdienste um die<br />

LGBTQ-Community in den USA und international,<br />

die Hilfe für Menschen in<br />

Armut oder – um ein Schweizer Beispiel<br />

zu nennen – das Sponsoring von Kulturveranstaltungen<br />

wie der Zürcher Street<br />

Parade sind typisch für den CRM-Giganten.<br />

Salesforce arbeitet in einem Partnermodell,<br />

was bedeutet, dass die Firma<br />

nicht nur Lizenzen ihrer Tools verkauft,<br />

sondern den Kunden auch beibringt,<br />

diese zu benutzen – und Vanessa Gentile<br />

bekam den Job, das Salesforce Partner-<br />

Ökosystem in der Schweiz aufzubauen.<br />

Idee für eine Initiative<br />

Hier kam alles zusammen: die Philosophie<br />

von Salesforce, sich als «corporate<br />

citizen» zu engagieren; die Erfahrungen,<br />

die Gentile als junge Mutter hatte machen<br />

müssen; die Berichte der Partner,<br />

MITMACHEN<br />

Die Initiative:<br />

Das müssen Sie<br />

wissen<br />

1<br />

Wer steht Pate?<br />

Federführend bei<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong><br />

<strong>to</strong> Work ist der<br />

CRM-Riese Salesforce.<br />

2<br />

Wer macht mit?<br />

Insgesamt vierzehn<br />

Firmen in der ganzen<br />

Schweiz, mal Weltkonzern,<br />

mal KMU.<br />

Tendenz steigend.<br />

3<br />

Was bekommt<br />

man?<br />

Die Teilnehmerinnen<br />

erhalten die Chance<br />

auf einen neuen,<br />

spannenden Job, auf<br />

Networking und den<br />

Kickstart ihrer<br />

Zweitkarriere. Parallel<br />

werden sie zwölf<br />

Monate gecoacht.<br />

4<br />

Wer wird gesucht?<br />

Frauen, die eine<br />

Job-Pause machen<br />

mussten. Etwa, weil<br />

sie ein Kind bekommen<br />

haben.<br />

5<br />

Was braucht man?<br />

Keine Vorerfahrung,<br />

was das Business der<br />

Partner angeht. Aber<br />

Kommunikations-<br />

Skills, Neugierde und<br />

Interesse für Tech-,<br />

Digital- und IT-Business<br />

oder Beratung.<br />

m&k 6-7/2020


6<br />

Der Mensch zählt: Die Initiative <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> To Work will Diversität fördern.<br />

dass insbesondere im Bereich Technologie<br />

und Digital zu wenig weibliche<br />

Bewerberinnen gefunden würden. «Das<br />

war der Moment, als ich <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong><br />

<strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work gründen wollte», erinnert<br />

sie sich.<br />

Die Idee: Die Initiative soll «zwei Fliegen<br />

mit einer Klappe» schlagen. Frauen,<br />

die aus familiären Gründen eine Karrierepause<br />

machen mussten, sollen leichter<br />

den Wiedereinstieg in den Job schaffen<br />

– und gleichzeitig für eine<br />

Rolle innerhalb von eher<br />

männlich dominierten Berufsfeldern<br />

interessiert werden.<br />

Dies, indem die Unternehmen,<br />

die sich an<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work<br />

beteiligen, in jenen Feldern<br />

wirklich attraktive Jobs<br />

schaffen. «Das sind nicht<br />

irgendwelche Bürostellen,<br />

wo man nichts bewegen<br />

kann», erklärt Vanessa<br />

Gentile. «Sondern <strong>to</strong>lle Jobs, in denen<br />

Frauen ihr Potenzial entfalten können.»<br />

Und dies, während die Stellen mit Pensen<br />

zwischen sechzig und achtzig Prozent<br />

ausgeschrieben werden.Damit sind<br />

sie prädestiniert für Frauen, die trotz<br />

einer beruflichen Challenge flexibel im<br />

«Das sind nicht<br />

irgendwelche<br />

Bürostellen,<br />

wo man nichts<br />

bewegen<br />

kann. Das sind<br />

durchweg<br />

<strong>to</strong>lle Jobs!»<br />

Familienleben und in ihren privaten Verpflichtungen<br />

bleiben wollen.<br />

Namhafte Partner und Training<br />

An der Initiative beteiligen sich schweizweit<br />

bis da<strong>to</strong> vierzehn Firmen verschiedener<br />

Grösse, einige davon mit sehr<br />

populären Namen: Deloitte etwa, pwc,<br />

accenture oder Capgemini. Über die<br />

Webseite der Initiative können Frauen<br />

ihren Lebenslauf einreichen – Salesforce<br />

sammelt die CVs, qualifiziert<br />

sie zusammen mit K2<br />

University und verteilt sie<br />

an passende Partnerfirmen.<br />

Dort erhalten die Bewerberinnen,<br />

falls es für beide<br />

Parteien passt, nicht nur<br />

einen neuen Job, sie bekommen<br />

auch ein zwölfmonatiges<br />

Training. Denn das<br />

Besondere an <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong><br />

<strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work ist, dass<br />

Frauen keine Vorkenntnisse<br />

in dem Bereich haben müssen, in dem<br />

sie bei den Partnerfirmen tätig sein können.<br />

Das Mot<strong>to</strong>: «Hire for attitude and<br />

train for skills», frei übersetzt also: «<strong>Bring</strong><br />

die richtige Einstellung mit, das Handwerk<br />

lernst du von uns.» So zählt der<br />

Mensch, nicht nur dessen berufliche<br />

Biografie. Und obwohl der offizielle<br />

Launch der Initiative im März von der<br />

Corona-Pandemie überschattet wurde,<br />

bewarben sich bereits über einhundert<br />

Frauen. Mehr als ein Drittel davon ist zum<br />

Zeitpunkt dieser Publikation in Gesprächen<br />

mit den Partnerunternehmen.<br />

Erst der Anfang<br />

Hier gibt es weitere<br />

Informationen<br />

Salesforce hat ein Online-<br />

Portal eingerichtet, auf dem<br />

alle Informationen zur<br />

Initiative <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong><br />

To Work zusammengefasst<br />

sind. Sie finden es hier:<br />

«Und das ist erst der Anfang», sagt die<br />

Gründerin von <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong><br />

Work, Vanessa Gentile. «Wir hoffen, dass<br />

sich in den kommenden Wochen und<br />

Monaten noch viel mehr <strong>to</strong>lle Frauen bei<br />

uns melden. Ich freue mich auf jeden<br />

einzelnen Lebenslauf, der uns geschickt<br />

wird.»<br />

Illustration: Adobe S<strong>to</strong>ck<br />

m&k 6-7/2020


KOMMENTAR<br />

7<br />

Mehr Frauen in<br />

Führungspositionen<br />

Sind bei uns genügend Frauen in den Entscheidungspositionen<br />

in Politik, Gesellschaft oder Wirtschaft vertreten?<br />

Ich offenbare Ihnen nichts Neues, wenn ich sage:<br />

Leider nein!<br />

Wiedereinstieg nach der Familienpause<br />

ist äusserst anspruchsvoll. Und wenn die<br />

Frauen nicht wieder Fuss im Arbeitsmarkt<br />

fassen, dann nimmt die Gesellschaft dabei<br />

viel in Kauf: zum einen die Entwertung<br />

der Ausbildungen der Frauen und<br />

die Entwertung unserer Investitionen in<br />

sie. Und zum anderen sind die Frauen<br />

erhöhten gesundheitlichen Risiken ausgesetzt<br />

und eine Lücke in ihrer Altersvorsorge<br />

macht sie zu idealen Kandidatinnen<br />

für künftige Altersarmut.<br />

Illustration: Shutters<strong>to</strong>ck.<br />

Von Carolina Müller-Möhl<br />

Die schlechte Vertretung<br />

von<br />

Frauen insbesondere<br />

im Top-<br />

Management hat viele<br />

Gründe, einige davon sind<br />

im System verankert.<br />

Sie führen dazu, dass<br />

Frauen in der Schweiz auch<br />

heute oft den Lebensweg<br />

ihrer Mütter gehen. Frau<br />

Schweizerin – nennen wir<br />

sie Cristina – profitiert von<br />

einer hoch subventionierten<br />

Schulbildung, gefolgt von<br />

einer kostspieligen akademischen<br />

Ausbildung. Cristina<br />

macht anschliessend erste<br />

Berufserfahrungen, heiratet<br />

und bekommt das erste Kind.<br />

Die junge Familie erhält jährlich<br />

ihren gemeinsamen Steuerbescheid,<br />

der sich übersetzt wie folgt liest:<br />

«Liebe Familie, schön, dass ihr euren<br />

Beitrag an die demografischen Verhältnisse<br />

der Schweiz leistet. Wir freuen uns<br />

auch über all die gut ausgebildeten<br />

Frauen in unserem Land. Aber für die<br />

Teilzeit arbeitende Zweitverdienerin in<br />

eurem Haushalt lohnt sich das Arbeiten<br />

nicht. Ihr Einkommen wird durch die gemeinsame<br />

Besteuerung erheblich reduziert.<br />

Und der Rest wird künftig von den<br />

Kosten für die externe Kinderbetreuung<br />

gebraucht. Von daher, liebe Cristina, tun<br />

Sie sich einen Gefallen: Bleiben Sie zu<br />

Hause.»<br />

Oft keine Rückkehr in den Job<br />

Oft treten Frauen in der Schweiz auch<br />

nach der Kinderbetreuungszeit nicht<br />

mehr in den Arbeitsmarkt ein. Denn der<br />

Die Au<strong>to</strong>rin<br />

Carolina Müller-Möhl ist<br />

eine Schweizer Inves<strong>to</strong>rin<br />

und Philanthropin. Sie ist<br />

Gründerin und Präsidentin<br />

der Müller-Möhl Group und<br />

der Müller-Möhl Foundation,<br />

Verwaltungsrätin der<br />

Orascom Development<br />

Holding AG und der AG für<br />

die Neue Zürcher Zeitung<br />

sowie Aufsichtsrätin der<br />

Fielmann AG.<br />

Negative Erwerbsanreize<br />

Unser heutiges Steuersystem<br />

setzt im grossen Stil negative<br />

Erwerbsanreize. Das ist weder<br />

schlau noch nachhaltig. Trotz<br />

Fachkräftemangels verlieren wir<br />

gut und teuer ausgebildete<br />

Frauen aus dem Arbeitsmarkt.<br />

Ein Grund, weshalb in weiten<br />

Teilen Europas die Individualbesteuerung<br />

eingeführt wurde.<br />

Denn diese Form der Besteuerung<br />

setzt Erwerbsanreize und<br />

belohnt Frauen, die während<br />

oder nach der Elternzeit wieder<br />

arbeiten wollen.<br />

Arbeit muss sich lohnen<br />

Viele Frauen würden gerne<br />

mehr arbeiten, können diesen<br />

berechtigten Wunsch aber leider<br />

nicht realisieren, weil eine<br />

Mehrarbeit nicht vereinbar ist<br />

oder es sich für sie und ihre Familien nicht<br />

lohnt. Wenn Frauen kontinuierlich berufstätig<br />

sind, fällt der emotional oft sehr<br />

schwierige und zudem kostspielige berufliche<br />

Wiedereinstieg und Neuanfang<br />

weg. Zudem sind berufstätige Frauen<br />

finanziell bessergestellt und können<br />

leichter bis ins hohe Alter finanziell selbstbestimmt,<br />

gesund und erfüllt leben. Wir<br />

brauchen unsere Frauen, nicht nur weil<br />

wir in sie investiert haben. Sie helfen der<br />

Schweiz, die Produktivität zu steigern,<br />

den Fachkräftemangel zu entschärfen,<br />

und steigern die Wirtschaftsleistung zum<br />

Wohle aller. Am Ende des Steuerbescheides<br />

von Cristinas Familie sollte es heissen:<br />

«Wir stehen mit Ihnen für ein modernes,<br />

gelebtes Familienbild ein!»<br />

Dieser Text erschien zuerst in der Zeitschrift<br />

«<strong>Women</strong> in Business».<br />

m&k 6-7/2020


8<br />

HINTERGRUND<br />

Wenn plötzlich<br />

alles anders ist<br />

Vanessa Gentile hat <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work ins Leben<br />

gerufen. Der Grund dafür: unter anderem eine Erfahrung,<br />

die sie anderen Frauen ersparen will.<br />

Von Johannes Hapig<br />

Fo<strong>to</strong> Chris Reist<br />

m&k Wie kam Ihnen die Idee zur Initiative<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> To Work?<br />

VANESSA GENTILE In meiner Karriere habe<br />

ich eine Situation erlebt, die mich sehr<br />

geprägt hat. Ich bin nach der Geburt<br />

meines zweiten Sohnes aus dem<br />

Mutterschaftsurlaub zurückgekehrt<br />

und hatte plötzlich «keinen Job» mehr.<br />

Der Arbeitgeber hat mich zwar, wie<br />

vereinbart, weiterbeschäftigt – aber nur<br />

auf dem Papier. Mein Verantwortungsbereich<br />

war jemand<br />

anderem übertragen worden. Meine<br />

Projekte, meine Seniorität, das war<br />

alles weg.<br />

Wie hat sich das angefühlt?<br />

Das war frustrierend. Ich hatte mich ja<br />

vorbereitet, eine Nanny engagiert,<br />

meine Mutter eingespannt. Ich habe<br />

mich darauf gefreut, zu meinem Team<br />

zurückzukommen. Und dann war alles<br />

anders.<br />

Haben Sie das Gespräch mit dem<br />

Arbeitgeber gesucht?<br />

Ja. Und es hiess: «Wir finden etwas für<br />

dich.» Nach weiteren vier Monaten zu<br />

Hause, in denen ich bewusst nicht<br />

jeden Vorschlag der Firma annahm –<br />

ich wollte mir keinen Knick in der<br />

Karriere machen – bekam ich eine<br />

Rolle im Partner-Business. Die Herausforderung<br />

hat mich gereizt, aber es<br />

war trotzdem wie ein Bruch. Es fühlte<br />

sich nicht wie ein Neubeginn an. Dann<br />

bekam ich ein Angebot eines anderen<br />

Unternehmens und habe gewechselt.<br />

Und schliesslich bin ich zu Salesforce<br />

gekommen.<br />

Was hat Sie bei Salesforce gereizt?<br />

Wir sind in einem Wachstumsmarkt<br />

tätig. Nicht nur unsere eigene Firma,<br />

sondern auch unsere Partner müssen<br />

sich enorm schnell an Veränderungen<br />

anpassen. Im Gespräch habe ich von<br />

den Partnern immer wieder gehört,<br />

dass ihnen für die digitale Transformation<br />

gutes Personal fehlt. Und dass sie<br />

zu wenig Frauen auf dem Arbeitsmarkt<br />

finden, die in diesem Bereich bei ihnen<br />

anfangen möchten. Und dann habe ich<br />

gesagt: Ich kreiere jetzt ein Programm,<br />

das Frauen beim Wiedereinstieg in<br />

den Job hilft. Und das gleichzeitig die<br />

Digital- und Tech-Branche als attraktive<br />

Möglichkeit zeigt, eine Zweitkarriere zu<br />

starten.<br />

Was genau sind heute Ihre Ziele bei<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> To Work?<br />

Wir haben ganz viele Ziele. (lacht)<br />

Wir sagen: «We hire for attitude and<br />

train the skills» – die Einstellung ist<br />

uns wichtig, nicht das, was man vorher<br />

ge macht hat. Die Partnerunternehmen<br />

der Initiative suchen nach Frauen, die<br />

unverbraucht und offen in die digitalen<br />

Ökosysteme eintreten. Dafür ist es viel<br />

entscheidender, was für Menschen sie<br />

Zur Person<br />

Vanessa Gentile ist Alliances<br />

& Channel Lead Switzerland<br />

bei Salesforce. Vorher<br />

war sie unter anderem bei<br />

Oracle und Microsoft tätig.<br />

Mit ihren Kindern - Kammermann-Gentile<br />

hat zwei<br />

Söhne - lebt sie in der Nähe<br />

von Zürich.<br />

sind. Und nicht, welchen Uni-Abschluss<br />

sie haben.<br />

Wie war es, als Sie auf die Partner<br />

zugegangen sind?<br />

Zuerst habe ich bei Accenture angefragt,<br />

die - ohne zu zögern - als Executive<br />

Sponsor zugesagt haben. Dann<br />

habe ich einen Roundtable veranstaltet,<br />

unsere Partner eingeladen – und<br />

ein Neurowissenschaftler hat uns<br />

erzählt, wie förderlich Diversität für<br />

Unternehmen ist. Nach seinem Vortrag<br />

habe ich in die Runde geschaut und<br />

gesagt: «Wir möchten <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong><br />

<strong>Back</strong> To Work starten.» Alle waren<br />

sofort Feuer und Flamme und sind<br />

nach wie vor sehr engagiert.<br />

Und was ist Ihr Outlook?<br />

Es liegt mir sehr am Herzen, dass die<br />

Initiative weitergeht und wir immer<br />

mehr Frauen für Arbeit in IT, Tech- und<br />

Digitalbranche begeistern können.<br />

m&k 6-7/2020


m&k 6-7/2020<br />

9


10<br />

INTERVIEW<br />

Wo sind die<br />

Vorbilder?<br />

Sie zählt zu den «Top 100 <strong>Women</strong> in Business» und ist unter<br />

den «Top 50 Who is Who in Digital Switzerland». Im Interview<br />

spricht Unternehmerin Sunnie J. Groeneveld über Karriere<br />

und fehlende weibliche Vorbilder.<br />

Von Anna Kohler<br />

m&k Sie sind eine Vorzeige-Karrierefrau.<br />

Schauen wir zehn Jahre zurück. Hatten<br />

Sie mit 21 diesen Masterplan oder hat<br />

das Leben den Weg gezeichnet?<br />

SUNNIE J. GROENEVELD Nein, geplant habe<br />

ich das nicht. Während meines Studiums<br />

in den USA arbeitete ich bei<br />

einem Technologie-Start-up in Kalifornien<br />

und merkte, wie sehr mir das<br />

unternehmerische Berufsbild entsprach.<br />

Zwei Jahre später gründete ich<br />

die Unternehmensberatung Inspire<br />

925, welche ich bis heute als Managing<br />

Partner leite.<br />

Ihr Wirtschaftsstudium in Yale hat Sie<br />

geprägt. Werte und Purpose sind<br />

Ihnen ebenso wichtig wie die Ökonomie.<br />

Wie leben Sie diese Werte als<br />

Führungskraft in Ihrem Business-Alltag?<br />

Der offene und <strong>to</strong>lerante Spirit auf<br />

dem Yale Campus hat mich sicherlich<br />

dahingehend geprägt, dass ich unabhängig<br />

von Geschlecht, Ethnie, Religion,<br />

Nationalität stets versuche, mit<br />

jenen zusammenzuarbeiten, die<br />

dieselbe Ambition hegen und genauso<br />

danach streben, einen möglichst<br />

guten Job zu machen.<br />

Wie würden Sie Ihre Karriere zusammenfassen?<br />

Ich übernehme gerne Verantwortung<br />

und packe gerade auch grosse Her-<br />

ausforderungen mit viel Engagement<br />

und Ausdauer an.<br />

Frauen sind immer noch unterrepräsentiert<br />

auf der Weltbusiness-Bühne.<br />

Woran liegt das Ihrer Meinung nach?<br />

Es liegt an verschiedenen his<strong>to</strong>rischen,<br />

kulturellen, gesellschaftlichen und politischen<br />

Fak<strong>to</strong>ren. Lassen Sie mich auf<br />

zwei Aspekte näher eingehen. Erstens<br />

fehlen weltweit die weiblichen Vorbilder<br />

von Business-Mogulen. Wenn die<br />

nächste Generation von Geschäftsleuten<br />

nach inspirierenden Biografien<br />

sucht, lesen sie vielleicht die von Elon<br />

Musk, Jeff Bezos oder Warren Buffet.<br />

Nennen Sie mir aus dem Stand drei<br />

Biografien von weiblichen Äquivalenten.<br />

Vermutlich haben Sie Mühe – ich<br />

auch. Das muss sich ändern, wenn wir<br />

unsere Töchter inspirieren wollen, die<br />

Business-Welt mitzugestalten.<br />

Und zweitens?<br />

Zweitens fehlen aktuell eine Reihe<br />

politischer Rahmenbedingungen für<br />

mehr Vereinbarkeit von Familie und<br />

Beruf, wie beispielsweise Tagesschulen,<br />

günstigere Krippenplätze, Elternstatt<br />

Mutterschaftsurlaub usw. Damit<br />

diese Anliegen politisch Gehör finden,<br />

braucht es mehr Politikerinnen. Dem<br />

seit jeher männerdominierten Parlament<br />

in der Schweiz ist es bedauerlicherweise<br />

bis heute nicht gelungen,<br />

solche Massnahmen auf den Boden zu<br />

bringen. Vielleicht, weil das Vereinbar-<br />

Sunnie J. Groeneveld<br />

Sie ist Gründerin und<br />

Managing Partner der<br />

Beratungsfirma Inspire 925<br />

sowie Verwaltungsrätin von<br />

fünf mittelgrossen Schweizer<br />

Unternehmen, Studiengangsleiterin<br />

des Executive<br />

MBA Digital Leadership an<br />

der HWZ Hochschule für<br />

Wirtschaft Zürich.<br />

keitsthema für sie von den Frauen<br />

übernommen wurde, zulasten ihrer<br />

Karriere. Initiativen für mehr Frauen in<br />

der Politik wie beispielsweise «Helvetia<br />

ruft» finde ich deshalb sehr wichtig für<br />

unsere Demokratie.<br />

Gerade in der IT-Branche tummeln<br />

sich weit weniger Frauen. Ist das<br />

Interesse beim weiblichen Geschlecht<br />

geringer, oder wo sehen Sie die<br />

Gründe?<br />

Jungs bekommen von den Eltern Lego<br />

und Roboter geschenkt, Mädchen eher<br />

nicht. Wenn sie dann in die Schule<br />

kommen, gibt es auf Ebene Primarund<br />

Sekundarschule viel zu wenige<br />

Initiativen, die sich wirklich darauf<br />

fokussieren, Mädchen an die Themen<br />

IT und Coding mit Begeisterung<br />

heranzuführen. Auch die Geschichte<br />

der technischen Berufe wird in unserer<br />

Gesellschaft überwiegend als Männergeschichte<br />

erzählt. Erst in den vergan-<br />

Fo<strong>to</strong>: Jonas Weibel für Leader-Magazin der Schweizer Kader Organisation SKO<br />

m&k 6-7/2020


m&k 6-7/2020<br />

11


12<br />

genen Jahren rückten Frauen, die an<br />

wesentlichen Entwicklungen beteiligt<br />

waren, etwas mehr in den Vordergrund,<br />

zum Beispiel im Film «Hidden<br />

Figures». Schliesslich sind auch in der<br />

heutigen Tech-Welt die grosse Mehrheit<br />

der Führungskräfte wie auch der<br />

visiblen Idole – Steve Jobs, Bill Gates,<br />

Jack Ma und so weiter – alle männlich,<br />

das heisst, es fehlen die weiblichen<br />

Vorbilder. Gender-Diversität ist aber<br />

enorm wichtig für die Branche, denn<br />

die Technologien sollen ja für die<br />

Gesamtbevölkerung entwickelt werden,<br />

welche zur Hälfte weiblich ist. Ein<br />

Projekt, das ich deshalb als Jurymitglied<br />

unterstütze, ist der FemBiz Swiss<br />

Award, der Frauen sichtbar machen<br />

will, die mit innovativen Projekten die<br />

Digitalwirtschaft vorantreiben. Bewerbungsschluss<br />

ist der 17. Juni.<br />

Frauen haben oft nicht die gleiche<br />

Lobby wie Männer. Wie nehmen Sie<br />

die Seilschaften wahr, die vielmals<br />

den Boden für Karrieren ebnen?<br />

Für meinen Karriereweg haben<br />

Seilschaften bisher keine Rolle gespielt.<br />

Das Netzwerk, das ich mir seit<br />

der Gründung von Inspire 925 im Jahr<br />

2013 erarbeitet habe, hingegen schon.<br />

«Lobbies» finde ich in diesem Themenfeld<br />

dann am sinnvollsten, wenn<br />

sie nach dem Prinzip «He for She»<br />

funktionieren; also Netzwerke, wo<br />

beide Geschlechter gemeinsam für<br />

Gender-Diversity einstehen, um<br />

Fortschritt in der Gender-Diversity-<br />

Debatte zu erzielen. In der Schweiz<br />

gibt es beispielsweise WE/MEN, eine<br />

Gruppe von Männern und Frauen, die<br />

sich für mehr Frauen im öffentlichen<br />

Diskurs einsetzen.<br />

Sie haben selbst verschiedene Unternehmen<br />

mitgegründet. Wie handhaben<br />

Sie die Themen Babypause,<br />

Teilzeit, Home office und Doppelbelastung<br />

Ihrer Mitarbeiterinnen?<br />

Wir bieten Teilzeitstellen an, flexible<br />

Arbeitszeiten, Homeoffice und richten<br />

uns bei der Babypause an die gesetzlichen<br />

Richtlinien, wobei wir im Dialog<br />

mit der jeweiligen Mitarbeiterin<br />

schauen, was für beide Seiten am<br />

besten passt, damit der Wiedereinstieg<br />

möglichst gut gelingt.<br />

Wenn Sie in Ihren Frauenbekanntenkreis<br />

schauen – wie ist die Stimmung<br />

im Bezug auf Karriere und deren<br />

Unterbrüche?<br />

Gedrückt. Fünf Freundinnen von mir<br />

sind in den letzten 18 Monaten Mutter<br />

geworden. Eine davon schloss kürzlich<br />

ihren PhD in Biologie ab und findet<br />

seit Monaten keine Stelle. Eine andere<br />

hat von ihrem Arbeitgeber bei der<br />

Rückkehr ein dermassen schlechtes<br />

Angebot erhalten, sodass sie aktuell<br />

nach einer neuen Teilzeitstelle im<br />

<strong>Back</strong>office sucht. Eine dritte erlitt nach<br />

einer Restrukturierung und zehn<br />

Jahren Corporate-Karriere ein Burnout,<br />

wurde wenig später Mutter und entschloss<br />

sich, die Karriere vorerst<br />

aufzugeben. Die vierte hat sich nach<br />

der Geburt von Zwillingen als Coach<br />

selbstständig gemacht, weil ihre<br />

«Initiativen,<br />

wie jene von<br />

Salesforce, sind<br />

ein wichtiges<br />

Zeichen vom<br />

Privatsek<strong>to</strong>r.»<br />

Erlären Sie das bitte.<br />

Wenn wir über digitale Transformation<br />

sprechen, beinhaltet das Prozessau<strong>to</strong>matisierungen,<br />

digitale Kundenerlebnisse,<br />

disruptive digitale Technologien<br />

wie KI, Blockchain, Augmented Reality<br />

und so weiter. Dies alles geht einher<br />

mit der zunehmenden Vernetzung.<br />

Diese hat auch zu komplett neuen<br />

Businessmodellen geführt wie etwa<br />

AirBnB oder Uber. Um jeden dieser<br />

Aspekte ist es in der Schweiz unterschiedlich<br />

bestellt. Was sicher eine<br />

grosse Rolle spielt: Bei Forschung und<br />

Entwicklung von neuen Technologien<br />

ist die Schweiz führend, dank ihren<br />

ausgezeichneten Bildungs- und<br />

Forschungseinrichtungen wie ETH,<br />

CERN oder EPFL. Dass schon in den<br />

1960er-Jahren eine Firma wie IBM<br />

ihren Forschungsstandort nach<br />

Rüschlikon verlagert hat, ist aus dieser<br />

Sicht zu beurteilen. Auch andere<br />

Weltkonzerne wie Disney oder Google<br />

betreiben heute ihre grössten Forschungszentren<br />

ausserhalb der USA in<br />

Zürich. Zudem hat ebenfalls der<br />

chinesische Telekommunikationsausrüster<br />

Huawei vergangenes Jahr<br />

angekündigt, dass sie Forschungszenbisherige<br />

Business-Development-Rolle<br />

mit zu viel Reisetätigkeit verbunden<br />

war und die Krippenplätze für Zwillinge<br />

doppelt teuer sind. Der fünften<br />

Freundin ist der Wiedereinstieg bei<br />

ihrem alten Arbeitgeber geglückt. Sie<br />

sehen, es ist nicht ganz einfach. Und<br />

falls jemand eine Stelle für eine hochtalentierte<br />

Biologin oder eine engagierte<br />

<strong>Back</strong>office-Mitarbeiterin hat,<br />

gerne bei mir melden, und ich vermittle<br />

weiter.<br />

Nochmal zu Ihrer Karriere: Sie sind die<br />

erste Geschäftsführerin von Digitalswitzerland<br />

gewesen – der grössten<br />

industrieübergreifenden Standortinitia<br />

tive zur digitalen Transformation<br />

in der Schweiz. Wie steht die Schweiz<br />

Weiterbildung<br />

Sunnie J. Groeneveld<br />

ist Studiengangsleiterin des<br />

Executive MBA – Digital<br />

Leadership an der HWZ.<br />

Dieser Studiengang bietet<br />

visionären Führungskräften<br />

mit digitalen Ambitionen<br />

ein kompaktes 16-monatiges,<br />

berufsbegleitendes<br />

Executive-Programm an.<br />

im Bereich digitale Transformation<br />

Ihrer Meinung nach da?<br />

Auf dem sogenannten IMD World<br />

Digital Competitiveness Ranking liegt<br />

die Schweiz derzeit auf dem fünften<br />

Platz. «Digitale Transformation» umfasst<br />

inzwischen aber sehr viele Aspekte<br />

und Megatrends, nicht mehr<br />

allein nur den Gegensatz «analog<br />

versus digital».<br />

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13<br />

Fo<strong>to</strong>: Jonas Weibel für Leader-Magazin der Schweizer Kader Organisation SKO<br />

tren in Zürich und Lausanne mit über<br />

1000 Arbeitsplätzen schaffen wollen,<br />

weil der Forschungsstandort Schweiz<br />

gerade bei Innovationsthemen sehr<br />

stark ist.<br />

Wo kann sich die Schweiz noch verbessern,<br />

Ihrer Meinung nach?<br />

Nachholbedarf besteht beim digitalen<br />

Kundenerlebnis. Gerade in der<br />

COVID-19-Krise haben ja viele Firmen,<br />

vor allem KMU, gemerkt, dass sie ihre<br />

digitale Sichtbarkeit und auch den<br />

Verkauf über Online-Kanäle massgeblich<br />

verbessern müssen.<br />

Sie sind Verwaltungsrätin des Ingenieurunternehmens<br />

HHM Gruppe, der<br />

IT-Firma emineo sowie des Medienunternehmens<br />

Galledia Group und der<br />

Werbeagentur Jung von Matt/Limmat.<br />

Sie wurden 2018 als damals 29-Jährige<br />

in Ihre erste Verwaltungsratsposition<br />

gewählt. Wie erleben Sie seither die<br />

Strukturen in Verwaltungsräten – ist<br />

«jung» und «Frau» überhaupt ein<br />

Thema?<br />

In den Gremien, in denen ich Einsitz<br />

habe, wurde ich gewählt, weil explizit<br />

Tipps<br />

für Menschen<br />

im Business<br />

1<br />

Wenn Sie eine Idee haben<br />

und unsicher sind: Einfach<br />

mal jeden Tag einen Schritt<br />

vorwärts machen, es könnte<br />

ja gut werden.<br />

2<br />

Wenn Sie mehr Opportunitäten<br />

erhalten möchten:<br />

Investieren Sie Zeit in den<br />

Aufbau Ihres Netzwerks und<br />

in Ihre digitale Sichtbarkeit,<br />

zum Beispiel auf LinkedIn.<br />

3<br />

Wenn Sie ein spannendes<br />

Berufsleben möchten:<br />

Folgen Sie Ihrer Neugierde<br />

und bilden Sie sich ein<br />

Leben lang weiter.<br />

jemand gesucht wurde, der den<br />

Verwaltungsrat in strategischer Fragestellung<br />

zur digitalen Transformation,<br />

Innovation und der Entwicklung neuer<br />

Geschäftsmodelle ergänzt. Dass ich<br />

eine Frau und im Vergleich zu anderen<br />

Mitgliedern jung bin, ist in diesen<br />

Gremien sekundär. Wenn Sie mich<br />

aber ganz allgemein fragen, dann ist<br />

es durchaus so, dass die Gender- wie<br />

auch die Altersdiversität in Verwaltungsratsgremien<br />

in der Schweiz zu<br />

gering ist. Dabei würden gerade die<br />

Verwaltungsräte als oberstes strategisches<br />

Gremium besonders davon<br />

profitieren, diverse Perspektiven<br />

miteinzubeziehen.<br />

Die Initiative von Salesforce, Frauen<br />

nach Unterbrüchen zurück in die<br />

Arbeit zu bringen, stösst auf positive<br />

Resonanz. Viele Unternehmen beteiligen<br />

sich aktiv und bieten Frauen den<br />

Boden, sich nach einem Break wieder<br />

auf die Karriereleiter zu begeben. Wie<br />

sehen Sie das?<br />

Ich finde das hervorragend, und ich<br />

hoffe, dass möglichst viele Unternehmen<br />

aus allen Branchen mitmachen.<br />

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14 PARTNER<br />

Es gibt<br />

noch viel zu tun<br />

Die Au<strong>to</strong>rin hat in einer Männerdomäne Karriere gemacht.<br />

Zusammen mit ihrem Arbeitgeber Accenture denkt sie nun<br />

darüber nach, wie die Berufswelt gerechter wird.<br />

Von vorne: Ich bin auf dem<br />

Land in Frankreich aufgewachsen.<br />

Meine Eltern unterstützten<br />

mich und eröffneten mir die Welt der<br />

Technologie. Damals war das eine ausgesprochene<br />

Männerdomäne, in der ich<br />

mich zurechtfinden musste.<br />

Vor Kurzem habe ich bei Accenture<br />

die Leitung von Inclusion & Diversity in<br />

der Schweiz übernommen. Das führte<br />

dazu, dass ich mich nun intensiver mit<br />

der Geschichte und Kultur der Frauen<br />

hierzulande auseinandergesetzt habe.<br />

Und deshalb stösst das <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong><br />

<strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work-Programm bei mir auf eine<br />

starke Resonanz.<br />

Ich wusste beispielsweise früher nicht,<br />

dass Frauen in der Schweiz erst 1971 das<br />

Wahlrecht erhielten und dass einige<br />

Frauen sogar bis 1991 warten mussten.<br />

Das ist eine lange Zeit. Und die Gleichstellung<br />

der Geschlechter wurde erst<br />

1981 in die Schweizer Verfassung aufgenommen.<br />

Das sind kaum vier Jahrzehnte<br />

– und so verwundert es nicht, dass<br />

noch eine Menge Arbeit vor uns liegt.<br />

Beweise? Im Jahr 2014 verdienten<br />

Frauen in der Schweiz durchschnittlich<br />

20 Prozent weniger als Männer in der<br />

selben Position, das Mutterschaftsgesetz<br />

wurde erst 2005 eingeführt – und heute<br />

kehren viele Frauen nach ihrem Mutterschaftsurlaub<br />

gar nicht mehr in den Beruf<br />

zurück. Freilich: All das ist nur die<br />

Spitze des Eisbergs.<br />

Von Florence Micol<br />

Ich dachte immer: «All<br />

in!». In meiner beruflichen<br />

Laufbahn hatte<br />

ich stets das Gefühl,<br />

dass ich weit mehr als andere<br />

leisten musste, um mich zu<br />

beweisen. Dieses Gefühl<br />

formte meinen Charakter,<br />

prägte mich wesentlich und<br />

hat mich schliesslich zu dem<br />

gemacht und gebracht, was<br />

ich heute bin. Die philosophischen<br />

Fragen bleiben: Ist<br />

die Gesellschaft fair? Hat<br />

Fairness mit Gleichberechtigung<br />

zu tun, und wenn ja,<br />

was ist mein Beitrag?<br />

Kein einfacher Weg<br />

Zur Person<br />

Florence Micol ist Leiterin<br />

der Accenture-Salesforce-<br />

Business-Group in der<br />

Schweiz und leitet gleichzeitig<br />

den Bereich Inclusion<br />

and Diversity ihres Unternehmens.<br />

Für Accenture ist<br />

sie seit mehr als 14 Jahren<br />

tätig und war vor ihrem Job<br />

in der Schweiz unter<br />

anderem in Frankreich und<br />

Australien im Einsatz.<br />

Equality steigert Einnahmen<br />

Aber wussten Sie auch, dass<br />

Unternehmen mit vielfältigeren<br />

Managementteams 19 Prozent<br />

höhere Einnahmen haben? Die<br />

Gleichstellung bei Accenture ist<br />

keine Kür, sondern Pflicht. Sie ist<br />

ein Mo<strong>to</strong>r für Innovation. Wir<br />

wissen heute, dass Menschen<br />

einen Arbeitsplatz haben müssen,<br />

an dem sie sich selbst<br />

einbringen und entfalten können,<br />

um sowohl beruflich als<br />

auch persönlich ihr Bestes geben<br />

zu können.<br />

Die Initiative<br />

Als Vanessa Gentile mit dem<br />

<strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> To Work-<br />

Konzept an mich herantrat,<br />

dachte ich wie zu Beginn meiner<br />

Karriere: «All in!». Das Programm<br />

soll engagierten und ambitionierten<br />

Frauen die Möglichkeit geben,<br />

ihr Selbstvertrauen zurückzugewinnen<br />

und an einem Arbeitsplatz tätig zu sein,<br />

an dem ihre Talente gewinnbringend<br />

eingesetzt werden können. Das war für<br />

mich und für Accenture der Ausschlaggeber,<br />

uns als Partner an der Initiative zu<br />

beteiligen. Wir folgen deren Grundsätzen<br />

auch selbst: In unserem Schweizer<br />

Accenture-Salesforce-Team sind heute<br />

zehn Prozent der Mitarbeitenden Frauen,<br />

die vier bis zwölf Monate in Mutterschaftsurlaub<br />

waren – und dann in ihren<br />

Job zurückgekehrt sind.<br />

Auch ich selbst werde in wenigen<br />

Wochen in Mutterschaftsurlaub gehen,<br />

um dann nach vier Monaten wiederzukommen.<br />

Ich weiss, dass es einige Herausforderungen<br />

geben wird, damit das<br />

funktioniert – aber ich weiss auch: Ich bin<br />

am richtigen Ort.<br />

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PARTNER<br />

15<br />

Eine Ode<br />

an meine<br />

Mama<br />

Auch wenn die Au<strong>to</strong>rin selbst<br />

(noch) keine Kinder hat, macht sie<br />

sich Gedanken über die Vereinbarkeit<br />

von Beruf und Familie – und<br />

über ihre Mutter.<br />

Von Jessica Schild<br />

Obwohl ich (noch) keine eigenen Kinder<br />

habe, habe ich einiges zum Thema des<br />

Balance-Akts zwischen Arbeit und Familienleben<br />

zu sagen. Ich möchte diesen<br />

Artikel meinen Eltern widmen, insbesondere<br />

meiner Mutter, die ein absolutes Allroundtalent<br />

ist. Würde man eine Liste all der «Jobs» anfertigen,<br />

die sie in ihrem Leben gemacht hat, dann<br />

stünde da wohl: Zuhörerin, Köchin, Pflegerin,<br />

Vermittlerin, Kämpferin, Event-Managerin, Organisationsleiterin,<br />

Lehrerin, CEO, Buchhalterin,<br />

Leitung Wäscherei, Office-Managerin, Mitarbeiterin<br />

Procurement, Unternehmerin, Chauffeurin,<br />

«Tätschmeischteri»... und diese Liste zeigt nur<br />

einen Ausschnitt all der Dinge, die sie wie selbstverständlich<br />

für unsere Familie und ihre Arbeit<br />

getan hat.<br />

Zwei Welten – und eine Kluft dazwischen<br />

Obwohl man – wie ich finde – sehr leicht erkennen<br />

kann, wie viele Fähigkeiten eine Frau besitzen<br />

muss, um die Rolle einer Mutter auszuüben,<br />

scheint es immer noch zwei nebeneinander existierende<br />

Welten zu geben. Welten, die von einer<br />

tiefen Kluft getrennt sind.<br />

In der idealen Welt würden nämlich auch die<br />

Schweizer Arbeitgeber Mütter so sehen, wie ich<br />

meine Mama sehe. Sie würden verstehen, wie<br />

viel Potenzial und Können in einer Mitarbeiterin,<br />

die zugleich Mutter ist und die von ihrer beruflichen<br />

Auszeit zurück in die Berufswelt treten<br />

möchte, stecken. Zumal diese Frau die Wochen,<br />

Monate oder Jahre zuvor sozusagen über Nacht<br />

mehrere Jobs auf einmal angetreten hat.<br />

Zur Person<br />

Jessica Schild<br />

ist HR Specialist mit<br />

mehrjähriger<br />

Recruiting-Erfahrung<br />

bei der Parx<br />

Werk AG. Das<br />

Unternehmen berät<br />

Firmen in sämtlichen<br />

Fragen um die<br />

Implementierung<br />

von Salesforce-<br />

Anwendungen und<br />

ist einer der<br />

profiliertesten<br />

Platinum-Partner des<br />

CRM-Giganten.<br />

Dies, ohne jemals etwas Vergleichbares mit derselben<br />

Menge an Verantwortung gemacht zu<br />

haben. Einfach so, ins kalte Wasser geschmissen.<br />

Und, nach dem Mot<strong>to</strong> «learning by doing», meisterte<br />

sie diese Herausforderung. 24 Stunden am<br />

Tag, sieben Tage die Woche, ganz ohne Entgelt.<br />

Wenn das mal keine Wunschqualitäten von künftigen<br />

Mitarbeitenden eines Unternehmens sind!<br />

(Eine Anmerkung: Das gilt selbstverständlich auch<br />

für Väter!).<br />

Zu wenige Chancen<br />

In der Realität ist es leider häufig der Fall, dass<br />

Frauen auf der Suche nach dem beruflichen Wiedereinstieg<br />

viel zu selten eine Chance bekommen.<br />

Eine «Lücke» im Lebenslauf gilt als «red<br />

flag», nicht als Chance. Ich wünsche mir deshalb<br />

mehr Flexibilität in der Arbeitswelt, um es Müttern<br />

zu ermöglichen, einer für sie spannenden Arbeit<br />

nachzugehen. Mit der Initiative <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong><br />

<strong>Back</strong> To Work versucht Salesforce, dabei zu helfen.<br />

Als Platinum-Partner von Salesforce unterstützen<br />

wir bei Parx dieses Vorhaben. Viele unserer<br />

Mitarbeitenden haben Familie und müssen<br />

«auf mehreren Hochzeiten tanzen». Wir verstehen<br />

deren Bedürfnisse - und freuen uns immer<br />

über Bewerberinnen, die selbst Mütter sind und<br />

bei uns ihren Traumjob finden.<br />

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16<br />

ROLLENMUSTER<br />

Mehr Home<br />

als Office<br />

Obwohl während der Corona-Zeit oft beide Elternteile<br />

im Homeoffice waren, kam den Müttern ein Grossteil der<br />

Betreuungsarbeit zu. Was hat die Pandemie mit der<br />

Gleichstellung gemacht?<br />

Die Gleichstellungsbeauftragte<br />

Anja Derungs ist Leiterin der<br />

Fachstelle für Gleichstellung<br />

der Stadt Zürich. Sie teilt sich<br />

mit ihrem Partner Haus-,<br />

Familien- und Erwerbsarbeit.<br />

Davor war sie Leiterin der<br />

Fachstelle Personalentwicklung<br />

und Co-Leiterin der<br />

Berufsbildung von Caritas<br />

Schweiz in Luzern sowie<br />

Gleichstellungsbeauftragte<br />

des Hilfswerks.<br />

Interview Ann-Kathrin Kübler<br />

Fo<strong>to</strong> Chris Reist<br />

m&k Frau Derungs, Sie haben ein Kind<br />

im Kita- und ein Kind im Schulalter und<br />

bekleiden ausserdem eine Führungsposition.<br />

Wie ist es Ihnen seit dem<br />

Lockdown ergangen?<br />

ANJA DERUNGS Ich habe die Zeit der<br />

Schulschliessung als belastend empfunden<br />

– auch jetzt die Organisation<br />

des Alltags mit den Halbklassen im<br />

Kan<strong>to</strong>n Zürich. Neben der Betreuung<br />

der Kinder und dem Home-Schooling<br />

zu arbeiten ist anstrengend.<br />

Wie haben Sie die berufliche und<br />

familiäre Arbeit mit Ihrem Partner<br />

aufgeteilt?<br />

Wir haben uns mit einer Nachbarsfamilie,<br />

die Kinder im gleichen Alter hat,<br />

zusammengetan. So waren wir vier<br />

Erwachsene und konnten die Wochentage<br />

gleichmässig untereinander<br />

aufteilen. Das brauchte natürlich<br />

zuverlässige Beteiligte und klare<br />

Absprachen.<br />

In den Medien kursiert aktuell eine<br />

Diskussion, ob die Gleichstellung von<br />

Mann und Frau durch Corona um<br />

Jahrzehnte zurückgeworfen wird.<br />

Studien gibt es dazu in der Schweiz<br />

zwar noch keine, aber was ist Ihre<br />

persönliche Beobachtung?<br />

Ob Corona zu einer Retraditionalisie-<br />

rung führen wird, ist aktuell noch<br />

schwierig zu sagen. Heute ist die<br />

Situation allerdings eine ganz andere<br />

als in den 50er-Jahren und es ist<br />

selbstverständlich, dass Frauen erwerbstätig<br />

bleiben, wenn die Kinder<br />

da sind. Das wird auch Corona nicht<br />

ändern. Allerdings sind die Zuständigkeiten<br />

innerhalb der Familie mehr oder<br />

weniger die gleichen geblieben. Das<br />

macht sich auch in der Pandemie-Zeit<br />

bemerkbar. Ich habe den Eindruck,<br />

dass im Moment viele Frauen zuständig<br />

sind für Kinder, Haushalt, Home-<br />

Schooling und daneben schauen<br />

müssen, wie sie noch zum Arbeiten<br />

kommen, während es sich einige<br />

Männer recht gut im Homeoffice<br />

eingerichtet haben mit dem, was sie<br />

immer machen, nämlich ihrer Erwerbsarbeit<br />

nachgehen. Das ist ein grosser<br />

Druck, der auf den Frauen lastet, alles<br />

zu schaffen. Es ist jetzt auch an den<br />

Frauen, darauf zu pochen, dass Männer<br />

daheim mehr anpacken.<br />

Auch die amerikanische Au<strong>to</strong>rin<br />

Gemma Hartley schreibt in ihrem Buch<br />

«Es reicht», dass «emotionale Arbeit»<br />

(Anm.: meint die Organisation des<br />

Alltags, damit alle in der Familie<br />

zufrieden sind) in Familien nach wie<br />

vor zu einem Grossteil von Frauen<br />

geleistet wird, auch krisenzeitenunabhängig.<br />

Eine aktuelle Studie der<br />

deutschen Hans-Böckler-Stiftung<br />

m&k 6-7/2020


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18<br />

unterstreicht das. Woran liegt das Ihrer<br />

Meinung nach, dass berufstätige<br />

Mütter mehr Familienarbeit leisten als<br />

berufstätige Väter?<br />

Ich glaube, dass Frauen gesellschaftlich<br />

noch immer darauf konditioniert<br />

werden, die Erwerbsarbeit um die<br />

Familienarbeit herumzubasteln.<br />

Was müsste sich Ihrer Meinung nach<br />

ändern, damit Frauen und Männer<br />

die Heim- und Familienarbeit gleichberechtigter<br />

aufteilen?<br />

Man muss jungen Vätern die faire<br />

Chance geben, von Beginn an in die<br />

Familienarbeit einzusteigen. Mit einem<br />

Vaterschaftsurlaub könnte man früh<br />

die Weichen stellen, damit sich auch<br />

die Männer in der Familienarbeit<br />

beheimatet fühlen und sich stärker<br />

vom Beruf abgrenzen können, weil die<br />

Familie sie braucht. Als Mutter ist man<br />

im Mutterschaftsurlaub und kennt<br />

alles, weiss, wann das Kind hungrig ist,<br />

wie man die Windeln wechseln muss,<br />

geht zur Mütter- und Väterberatung.<br />

Ich finde, dort kommen Männer schnell<br />

ungewollt ins Hintertreffen und werden<br />

zum Zudiener.<br />

Beim Vaterschaftsurlaub, über den am<br />

27. September abgestimmt wird, geht<br />

es aber nur um zwei Wochen. Finden<br />

Sie, das reicht?<br />

Nein. Aber die Abstimmung ist ein<br />

erster Gradmesser und ein Signal, dass<br />

Väter von Anfang an ganz wichtig sind.<br />

Wichtig wären darüber hinaus schweizweit<br />

genügend qualitativ hochwertige<br />

und erschwingliche familienergänzende<br />

Betreuungsangebote, sodass<br />

sich die Erwerbsarbeit von beiden<br />

Eltern auch finanziell lohnt. Dass<br />

Betreuungsstrukturen systemrelevant<br />

sind, wurde während Corona offensichtlich.<br />

In der Corona-Krise war zeitweise<br />

keine externe Betreuung möglich,<br />

auch nicht durch die Grosseltern. Es<br />

gibt auch Eltern kleiner Kinder, die<br />

krisenunabhängig bewusst auf externe<br />

Betreuung verzichten und das<br />

Kind beispielsweise die ersten drei<br />

Jahre zu Hause betreuen möchten.<br />

Wäre hierfür auch eine Elternzeit, die<br />

vom Staat subventioniert wird, eine<br />

Option?<br />

Ja, es bräuchte einen Elternurlaub, den<br />

sich Vater und Mutter gleichberechtigt<br />

aufteilen können. Familienergänzende<br />

Betreuungsangebote bleiben dennoch<br />

wichtig für die Vereinbarkeit.<br />

Immer wieder wird auch diskutiert,<br />

welche Möglichkeiten Firmen bieten<br />

können, damit sich Karriere und Kind<br />

besser vereinbaren lassen. Homeoffice<br />

wird oft als ein Modell angeführt.<br />

Aber wer Kinder hat, weiss: Kinderbetreuung<br />

und Arbeit lassen sich<br />

schlecht vereinen, schliesslich brauchen<br />

die Kinder Aufmerksamkeit.<br />

Ich teile Ihre Einschätzung. Das hat<br />

während Corona viele Familien an die<br />

Belastungsgrenzen gebracht, im<br />

Homeoffice zu arbeiten, während<br />

gleichzeitig die Kinder da sind. Das<br />

geht auf Dauer nicht. Homeoffice kann<br />

einen Beitrag zur Vereinbarkeit leisten,<br />

beispielsweise wenn die Kinder im<br />

schulpflichtigen Alter sind. Wenn das<br />

Kind von 8 Uhr bis 15.30 Uhr in der<br />

Schule ist und mittags eine Stunde<br />

«Die<br />

Bevölkerung<br />

hat erkannt,<br />

wie fordernd<br />

Kinderbetreuung<br />

ist und wie viel<br />

von Frauen<br />

geleistet<br />

wird.»<br />

heimkommt, ist das ein geeigneter<br />

Homeoffice-Tag. Ich muss keinen<br />

Arbeitsweg auf mich nehmen, kann mit<br />

den Kindern zu Mittag essen und<br />

meiner Arbeit nachgehen, wenn die<br />

Kinder in der Schule sind. In Firmen<br />

findet aktuell ein Umdenken statt, weil<br />

sich zeigt: Mitarbeitende sind sehr<br />

wohl fähig, eigenverantwortlich im<br />

Homeoffice zu arbeiten. Ein Mix aus<br />

Büro und Homeoffice finde ich etwas<br />

sehr Gutes.<br />

Welche Lösungen bräuchte es ausserdem<br />

von Unternehmen für mehr<br />

Gleichberechtigung zwischen berufstätigen<br />

Müttern und Vätern?<br />

Im Bereich Jobsharing oder sogar<br />

Topsharing ist die Schweiz noch zu<br />

wenig weit. Ich bin immer wieder<br />

überrascht, dass die Skepsis so gross<br />

ist, dass Verantwortung teilbar ist.<br />

Jede Krise birgt auch Chancen:<br />

Was erhoffen Sie sich punk<strong>to</strong> Gleichstellung?<br />

Ich glaube, die Bevölkerung hat erkannt,<br />

wie fordernd Kinderbetreuung<br />

ist und wie viel von Frauen geleistet<br />

wird – und zwar im ganzen Sorgesek<strong>to</strong>r,<br />

auch im Gesundheitsbereich.<br />

Meine Hoffnung ist, dass die Forderungen<br />

des Frauenstreiks vom 14. Juni<br />

2019 wieder lauter werden. Da war viel<br />

Elan, Energie und Kraft spürbar. Dort<br />

ging es mit dem Slogan «Lohn. Zeit.<br />

Respekt» unter anderem um bezahlbare<br />

Kita-Plätze, die Aufwertung der<br />

Betreuungs- und Sorgearbeit, sichere<br />

Renten und die Aufteilung von bezahlter<br />

und unbezahlter Arbeit. Auf uns<br />

wird eine wirtschaftliche Krise zukommen.<br />

Wer sagt: «Jetzt in der Krise sind<br />

Gleichstellung und Diversität keine<br />

prioritären Themen, wir verschieben<br />

das auf später», vergisst, dass sich das<br />

früher oder später rächen wird.<br />

Inwiefern?<br />

Ein gemeinsam verantwortetes Arbeits-<br />

und Familienleben von Männern<br />

und Frauen ist nicht nur eine Frage der<br />

Gerechtigkeit, sondern eine volkswirtschaftliche<br />

Notwendigkeit.<br />

m&k 6-7/2020


19<br />

Kinderbetreuung und Homeoffice: Viele Eltern erleben die Corona-Krise als sehr belastend.<br />

STUDIE<br />

Erwerbstätige Mütter tragen Hauptlast in Corona-Krise<br />

Fo<strong>to</strong>: Adobe S<strong>to</strong>ck.<br />

In der Schweiz gibt es noch keine Studie<br />

zu dem Thema, aber im Nachbarland<br />

Deutschland hat die Hans-Böckler-Stiftung<br />

die Rollenaufteilung in der Corona-<br />

Krise untersucht. Die im April durchgeführte<br />

repräsentative Online-Befragung<br />

unter 7677 Erwerbstätigen kommt zum<br />

Schluss: Bestehende Ungleichheiten<br />

zwischen den Geschlechtern nehmen<br />

zu Zeiten der Corona-Krise zu und Fortschritte<br />

bei der Aufteilung von Erwerbsund<br />

unbezahlter Sorgearbeit werden in<br />

vielen Familien zumindest zeitweilig<br />

zurückgenommen. Frauen sind überproportional<br />

belastet.<br />

Belastung Kinderbetreuung<br />

Insgesamt erleben Erwerbstätige ihre<br />

Lage angesichts der Pandemie noch<br />

deutlich häufiger als belastend, wenn<br />

sie Kinder unter 14 Jahren haben. 48<br />

Prozent der Eltern in Paarbeziehungen<br />

bewerten ihre Gesamtsituation als «äusserst»<br />

oder «sehr belastend». Unter den<br />

Alleinerziehenden sind es knapp 52<br />

Prozent – gegenüber knapp 39 Prozent<br />

unter den Befragten ohne Kinder bis<br />

maximal 14 Jahre. Wenn Eltern in Zeiten<br />

geschlossener Kitas und Schulen einspringen<br />

müssen, tragen Mütter die<br />

Hauptlast: Der Auswertung zufolge<br />

haben in Haushalten mit mindestens<br />

einem Kind unter 14 Jahren 27 Prozent<br />

der Frauen, aber nur 16 Prozent der Männer<br />

ihre Arbeitszeit reduziert, um die<br />

Kinderbetreuung zu gewährleisten – also<br />

ein Unterschied von 11 Prozentpunkten.<br />

Traditionelle Rollenteilung<br />

Bei der Arbeitsteilung innerhalb von<br />

Partnerschaften kommt es oft zu einer<br />

Retraditionalisierung. Es wird deutlich,<br />

dass die zusätzlich anfallende Sorgearbeit<br />

auch in Familien mit einer vormals<br />

gleichberechtigten Verteilung unbezahlter<br />

Arbeit nun vor allem die Frauen<br />

übernehmen. Nur rund 60 Prozent derjenigen<br />

Paare mit Kindern unter 14 Jahren,<br />

die sich die Sorgearbeit vor der<br />

Corona-Krise fair geteilt haben, tun dies<br />

auch während der Krise. Bei den übrigen<br />

übernehmen in knapp 30 Prozent<br />

der Fälle die Frauen und in gut 10 Prozent<br />

der Fälle die Männer den Hauptteil<br />

der Sorgearbeit.<br />

Gefahr stärkerer Ungleichheit<br />

Bei Haushalten mit geringerem oder<br />

mittlerem Einkommen fällt die Diskrepanz<br />

grösser aus als bei Haushalten mit<br />

hohem Einkommen. Das spreche dafür,<br />

dass finanzielle Überlegungen bei der<br />

Entscheidung, wer von den Eltern Arbeitszeit<br />

reduziert, eine wesentliche<br />

Rolle spielen, erklären die Sozialwissenschaftlerinnen<br />

Bettina Kohlrausch und<br />

Aline Zucco, die die Studie ausgewertet<br />

haben. Familien mit wenig Geld könnten<br />

es sich häufig nicht leisten, auf das –<br />

meist höhere – Gehalt des Mannes zu<br />

verzichten. Als Fazit halten Kohlrausch<br />

und Zucco fest, dass die zusätzlich anfallende<br />

Sorgearbeit durch die Schliessung<br />

von Kitas und Schulen Familien<br />

enorm unter Druck setzte und die Gefahr<br />

besteht, dass sich dabei Ungleichheiten<br />

zwischen den Geschlechtern<br />

verfestigten.<br />

m&k 6-7/2020


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22 PARTNER<br />

Schlimmer<br />

als Dating<br />

Die Au<strong>to</strong>rin vergleicht die<br />

Jobsuche mit einem Blind-Date-<br />

Marathon: ein schwieriges Unterfangen<br />

mit ungewissem Ausgang,<br />

insbesondere als Mutter.<br />

Von Gail Junoy<br />

D<br />

ie Arbeitssuche nach dem Mutterschaftsurlaub<br />

ist so unangenehm,<br />

kontraintuitiv und unvorhersehbar<br />

wie Blind Dating. Ich persönlich bin<br />

nie viel ausgegangen, habe sogar<br />

meinen besten Freund geheiratet. Als ich also<br />

2018 nach einer zweijährigen «Mutterschaftspause»<br />

mit der Arbeitssuche begann, war ich<br />

schockiert, mich in einer Art verzerrter Dating-<br />

Realität wiederzufinden.<br />

Wie bei Katze und Maus<br />

Die Suche nach einem Job ist wie ein Katz-und<br />

Maus-Spiel, denn man muss offen für Neues wirken,<br />

ohne den Anschein von Verzweiflung zu<br />

erwecken. Das eigene Netzwerk, das Netzwerk<br />

dieses Netzwerks und die schier endlosen<br />

Tools von LinkedIn soll man voll ausnutzen. Das<br />

gipfelt in einer ermüdenden Jagd nach dem<br />

richtigen Zeitpunkt, dem idealen Ort, dem perfekten<br />

Moment. «Eine Mutter im Urlaub» rangiert<br />

auf dem Barometer für attraktive Jobkandidaten<br />

ziemlich weit unten. Und wenn man als solche<br />

endlich ein Vorstellungsgespräch bekommt, dann<br />

ist es tabu, von sich aus über die eigenen Kinder<br />

zu sprechen, während man gleichzeitig ausgefragt<br />

wird, ob man denn «noch weiteren Nachwuchs»<br />

plane.<br />

Initiative ergreifen<br />

Man sagt ja, es dauert sechs bis neun Monate,<br />

bis man in der Schweiz eine Stelle findet. Bei mir<br />

hat es nach der beruflichen Auszeit, sogar länger<br />

gedauert. «Gefunkt» hat es, als ich eine Spontanbewerbung<br />

an Isobar Schweiz schickte. Innerhalb<br />

von drei Tagen hatte ich ein Vorstellungsgespräch<br />

und zwei Monate später hatte ich meinen ersten<br />

Tag als Leiterin für Marketing und Kommunikation.<br />

Hier kommt wieder die Dating-Metapher<br />

zum Einsatz: Ich änderte meinen beruflichen<br />

Zur Person<br />

Gail Junoy ist Head<br />

of Marketing &<br />

Communications bei<br />

der Digitalagentur<br />

Isobar. Vorher war sie<br />

unter anderem als<br />

Global Marketing<br />

Direc<strong>to</strong>r bei Coty<br />

oder in verschiedenen<br />

leitenden<br />

Funktionen fast zehn<br />

Jahre bei Procter &<br />

Gamble. Junoy<br />

ist verheiratet und<br />

hat ein Kind. Sie lebt<br />

in Genf.<br />

Status auf «In einer Beziehung» und erhielt direkt<br />

danach mehrere Stellenangebote von höchster<br />

Qualität. Ich lehnte sie jedoch alle ab; ich war<br />

glücklich, wo ich war. Vom ersten Tag an hat mir<br />

die Agentur Isobar die Flexibilität gegeben, die<br />

ich als Mutter brauche, damit ich nie zwischen<br />

Arbeit und Familie wählen muss. Seit einem Jahr<br />

bin ich nun dabei und immer wieder berührt<br />

davon, wie geduldig und grosszügig meine Kolleginnen<br />

und Kollegen ihr Wissen mit mir teilen.<br />

Das Engagement der Leute zusammen etwas<br />

aussergewöhnliches zu bewirken, macht die Arbeit<br />

zu einem echten Vergnügen.<br />

Isobar als Partner – Salesforce als Familie<br />

Wenn Isobar mein neuer Partner ist, dann ist Salesforce<br />

so etwas wie meine neue Schwiegerfamilie.<br />

Als Vanessa Gentile von Salesforce mir von<br />

der Idee erzählte, den Wiedereinstieg von Müttern<br />

in die Karriere und deren Sprung in die digitale<br />

Welt zu unterstützen, war ich deshalb sofort<br />

dabei. Einen Job zu finden ist nicht einfach, einen<br />

Job nach einer verlängerten Mutterschaft zu finden<br />

ist noch schwieriger. Und gleichzeitig das<br />

Feld zu wechseln, in dem man vorher tätig war<br />

- nun, sagen wir einfach, dass kein Dating-App-<br />

Algorithmus das möglich machen könnte. Deshalb<br />

gibt es <strong>Bring</strong> <strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work. Nach<br />

meiner Auszeit war ich im Ungewissen, wie es<br />

weitergeht. Heute werde ich beruflich auf eine<br />

Weise erfüllt, die ich mir nie erhofft hätte. Also,<br />

meine Damen: Seien Sie mutig, gehen Sie raus<br />

und holen Sie sich, was Sie sich wünschen.<br />

m&k 6-7/2020


PARTNER<br />

23<br />

«Mein Potenzial<br />

wurde erkannt»<br />

Noch während sie im Mutterschaftsurlaub war,<br />

bot ihr Arbeitgeber unserer Au<strong>to</strong>rin eine Beförderung an.<br />

Ein Vertrauensbeweis, den sie nie vergessen wird.<br />

Von Delphine Arvengas<br />

Vor drei Jahren war<br />

ich als Unternehmensberaterin<br />

bei<br />

ec4u, einer Consulting-Firma,<br />

tätig. Zusammen<br />

mit meinem Team habe<br />

ich einen Top-Kunden betreut,<br />

war bestens integriert.<br />

Als junge, nicht deutschstämmige<br />

Frau hatte ec4u<br />

mir die Chance gegeben,<br />

mich weiterzuentwickeln.<br />

Und ich war ganz bestimmt<br />

auf dem richtigen Weg.<br />

Dann wurde ich Mutter.<br />

Und mehr noch, ich nahm<br />

sogar die Chance wahr, ein<br />

Jahr Mutterschaftsurlaub<br />

anzutreten. Weil mir klar<br />

wurde, dass diese besondere<br />

Zeit mit meinem Baby<br />

nie wiederkommen würde und ich jetzt<br />

das Beste daraus machen musste. An<br />

dieser Überzeugung konnte mich nicht<br />

einmal die Aussicht auf eine <strong>to</strong>lle Karriere<br />

zweifeln lassen.<br />

Keine grossen Erwartungen<br />

Ich hatte keine grossen Erwartungen für<br />

meine Rückkehr an den Arbeitsplatz – ich<br />

hatte erwartet, vielleicht die gleiche Position<br />

zu übernehmen, die ich bis dahin<br />

innegehabt hatte. Aber mein Arbeitgeber<br />

sah das anders: Noch während meines<br />

Mutterschaftsurlaubs bot mir ec4u<br />

an, mehr Verantwortung zu übernehmen<br />

und Direk<strong>to</strong>rin zu werden. Leistung und<br />

Potenzial zählten mehr als die Situation,<br />

in der ich mich gerade befand, hiess es.<br />

Ich beschloss, die Chance zu ergreifen,<br />

und nahm die Herausforderung an. Es<br />

war nicht leicht, aber es hat funktioniert,<br />

Zur Person<br />

Delphine Arvengas ist<br />

Direc<strong>to</strong>r Marketing Cloud<br />

bei ec4u. In ihrer Position<br />

ist sie für circa sechzig<br />

Mitarbeitende zuständig.<br />

Insgesamt ist sie seit<br />

acht Jahren für das Unternehmen<br />

tätig und hielt mit<br />

steigender Seniorität<br />

in dieser Zeit verschiedene<br />

Positionen. Sie ist Mutter<br />

eines Kindes und lebt<br />

in München.<br />

und ich bin sehr dankbar dafür. Ich wünsche<br />

mir, dass viele Frauen die gleiche<br />

Erfahrung machen können, die ich bei<br />

ec4u gemacht habe.<br />

Hartnäckige Vorurteile<br />

Aus irgendwelchen Gründen existiert<br />

immer noch das Vorurteil, dass man jungen<br />

Müttern, die wieder ins Berufsleben<br />

zurückkehren, keine Verantwortung übertragen<br />

könne. Man glaubt, es mangele<br />

ihnen an Leistungsfähigkeit und<br />

Engagement. Ich finde, dass<br />

Unternehmen dieses Vorurteil<br />

bekämpfen sollten. Ich bin<br />

überzeugt, dass neue Mütter<br />

genauso effizient und motiviert<br />

sind wie zuvor, und vielleicht<br />

sogar noch mehr, weil sie Kinder<br />

haben, mit denen sie Zeit<br />

verbringen wollen, und wissen,<br />

was es bedeutet, Verantwortung<br />

zu übernehmen. Auch<br />

wenn in den letzten Jahren viele<br />

Fortschritte erzielt wurden, gibt<br />

es immer noch viel, was getan<br />

werden kann.<br />

Forum für Frauen<br />

Salesforce und Vanessa Gentile<br />

haben mit der Initiative <strong>Bring</strong><br />

<strong>Women</strong> <strong>Back</strong> <strong>to</strong> Work ein entscheidendes<br />

Forum geschaffen,<br />

um Müttern nach einer Pause<br />

den Wiedereinstieg in den Job<br />

zu ermöglichen – und die<br />

Gleichberechtigung allgemein zu verbessern.<br />

Ich bin s<strong>to</strong>lz darauf, im Namen<br />

von ec4u an der Initiative teilzunehmen.<br />

Salesforce ist eine jener Firmen, die Diversität<br />

nicht nur als Mot<strong>to</strong> haben, sondern<br />

diese als festen Bestandteil ihrer<br />

Kultur etablieren konnten. Der Erfolg gibt<br />

ihnen recht.<br />

Equality als Gewinn<br />

Unternehmen können nur durch Vielfalt<br />

gewinnen. Und Frauen sollten keine<br />

Kompromisse zwischen Karriere und Familie<br />

eingehen müssen. Da ec4u mir<br />

meine Chance gegeben hat, wünsche<br />

ich mir, dass ich dazu beitragen kann,<br />

dass auch andere Frauen ihre Chance<br />

bekommen und nutzen können.<br />

m&k 6-7/2020

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