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Militaer_2_2020

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0 5 0 s c h l u s s p u n k t<br />

china + ruSSland<br />

= StrategiSche allianz?<br />

Russland liefert Öl und Gas und nun sogar modernste Waffensysteme nach China,<br />

Peking wiederum forciert die Zusammenarbeit beim Megaprojekt Neue Seidenstraße und unterstützt<br />

Moskau beim Aufbau seiner Technologie-Infrastruktur. Was ist von dieser immer intensiver<br />

werdenden Zusammenarbeit zu halten? Beobachten wir gerade das Entstehen einer neuen<br />

strategischen Allianz? Eine Analyse von Sicherheitspolitik-Experte Brigadier a. D. Walter Feichtinger.<br />

schon 1996 beschlossen Moskau und<br />

peking eine strategische partnerschaft<br />

und 2001 unterzeichneten die<br />

beiden länder einen neuen Freundschaftsvertrag.<br />

die Absichtserklärungen blieben<br />

aber meist formal und gewinnen erst seit<br />

einigen Jahren zunehmend an substanz –<br />

und das vor allem in den Bereichen Geopolitik,<br />

in den handelsbeziehungen sowie<br />

der sicherheits- und Verteidigungspolitik.<br />

dabei eint Moskau und peking ein gemeinsames,<br />

übergordnetes Ziel: den einfluss<br />

– aus ihrer sicht dominanz – des Westens<br />

zu reduzieren. russland und china<br />

sind strikte Verfechter von nationaler souveränität,<br />

lehnen eine einmischung in innere<br />

Angelegenheiten kategorisch ab und<br />

vertreten die idee einer mulitpolaren Weltordnung<br />

mit unterschiedlichen Wertesystemen.<br />

Mit den Absichten der usA ist das<br />

nur schwer unter einen hut zu bringen,<br />

weshalb der einfluss Washingtons in<br />

europa, in Zentralasien und im Westpazifik<br />

weiter zurückgedrängt werden soll. und<br />

auch bei der erschließung der Arktis wollen<br />

Moskau und peking ein Gegengewicht<br />

zum Westen bilden.<br />

einen enormen schub für die bilateralen<br />

Beziehungen bedeuteten vor allem die<br />

Annexion der krim durch russland 2014<br />

und die folgenden sanktionen des Westens.<br />

china vermied eine Verurteilung<br />

Moskaus und stieg dadurch im kreml<br />

nolens volens über nacht zum „partner<br />

erster Wahl“ auf. in der Folge stieg das<br />

bilaterale handelsvolumen Jahr für Jahr,<br />

zuletzt 2018 um 25 prozent – erstmals<br />

konnte damit die Grenze von 100 Milliarden<br />

us-dollar (rund 89 Milliarden euro)<br />

überschritten werden. die Zahlen für 2019<br />

sind zwar noch nicht veröffentlicht, alles<br />

andere als ein weiterer deutlicher Antstieg<br />

wäre aber eine Überraschung. russlands<br />

exportschlager sind Öl und Gas. im Gegenzug<br />

ersetzt china vielfach europäische<br />

„trotz allem bestehen<br />

zweifel an der<br />

tragfähigkeit der<br />

strategischen<br />

Partnerschaft.“<br />

technologielieferanten, huawei baut in<br />

russland beispielsweise gerade das 5Gnetz<br />

auf. Vor allem aber gibt es kredite<br />

und darlehen für Moskau, peking investiert<br />

zudem massiv in Flüssiggasprojekte in<br />

der Arktis. russland wiederum will china<br />

beim Aufbau eines Frühwarnsystems zur<br />

raketenabwehr unterstützen und liefert<br />

seit 2018 modernste Militärtechologie wie<br />

das S-400-luftabwehrsystem oder den<br />

kampfjet Su35 an die chinesische Volksarmee.<br />

Mittlerweile gibt es sogar gemeinsame<br />

Militärmanöver zu land, zur see und<br />

in der luft. noch <strong>2020</strong> möchte man ein<br />

rechtliches rahmenwerk für sämtliche<br />

Militärkooperationen verabschieden.<br />

sicherheitspolitisch gab und gibt es zwar<br />

von beiden seiten Bedenken vor einer<br />

noch engeren Zusammenarbeit, doch die<br />

krim-krise hat auch hier für entspannung<br />

gesorgt. Man kooperiert in regionalen<br />

Foren wie der shanghaier organisation für<br />

Zusammenarbeit, stimmt die positionen<br />

gegenüber nordkoreas Atomwaffenprogramm<br />

ab und arrangiert sich beim seidenstraßenprojekt<br />

und in un-Gremien.<br />

trotz allem bestehen aber Zweifel an der<br />

tragfähigkeit der strategischen partnerschaft.<br />

denn russland ist de facto nur<br />

Juniorpartner, während chinas einfluss<br />

zunimmt. Mittel- und langfristig könnten<br />

auch die politische konkurrenz in Zentralasien<br />

oder der wirtschaftliche Wettkampf<br />

auf dem rüstungsmarkt für spannungen<br />

sorgen. chinesische Beobachter zweifeln<br />

außerdem an der Zuverlässigkeit Moskaus<br />

– in krisen könnte es sich für europa und<br />

den Westen entscheiden. solange daher<br />

die Auseinandersetzung mit dem „gemeinsamen<br />

Feind usA“ das politische Geschehen<br />

in peking und Moskau bestimmt,<br />

werden china und russland ihre kooperation<br />

zwar ausbauen, aber keine dauerhafte<br />

Allianz bilden. das würde ihren strategischen<br />

Freiraum zu sehr einschränken.<br />

Brigadier a. D. Walter Feichtinger ist<br />

Präsident des Center for Strategic<br />

Analysis (CSA). Davor war er Leiter<br />

des Instituts für Friedenssicherung<br />

und Konfliktmanagement (IFK) an<br />

der Landesverteidigungsakademie.<br />

Foto s : p i c t u r e d e s k , B u n d e s h e e r / M i n i c h<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L

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