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Militaer_2_2020

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F R A U E N I M K R I E G<br />

VON DER<br />

FRIEDENS-BERTHA<br />

FLINTEN-USCHI<br />

BIS ZUR<br />

Das Buch Frauen.Medien.Krieg. blickt auf die weiblichen Seiten des Krieges<br />

und spannt den Bogen von Kriegskrankenschwestern über Soldatinnen bis zur<br />

Anwendung sexueller Gewalt als Teil der Kriegsführung etwa von Boko Haram<br />

und dem Islamischen Staat.<br />

Text: MORITZ KOLAR<br />

FOTO S : M AU R I T I U S I M AG E S , B E I G E ST E L LT<br />

as „starke Geschlecht“<br />

D<br />

im Fokus: Wird über<br />

Kriege berichtet, dann<br />

geht es in den Texten<br />

und Reportagen<br />

meist um Männer.<br />

Um Männer, die zur Waffe greifen.<br />

Männer, die in Schützengräben hocken.<br />

Männer, die unter Feuer auf feindliche<br />

Stellungen zustürmen, Kriegsverbrechen<br />

begehen und die auf großen<br />

Landkarten Divisionen verschieben.<br />

Frauen sind der vorherrschenden<br />

Kriegsliteratur hingegen kaum eine<br />

Zeile wert und während unzählige<br />

Kriegerdenkmäler an gefallene Soldaten<br />

erinnern, sucht man Gedenksteine<br />

für Frauen, die an der oder durch die<br />

Front ihr Leben ließen, meist vergebens.<br />

Zu Unrecht, sagt Bettina Biron: „Es<br />

wird größtenteils ausgeblendet, dass<br />

auch Frauen aktiv und passiv an<br />

Kampfhandlungen teilnehmen und<br />

in Kriegen ebenso Opfer bringen<br />

wie Männer. Beispiele wie die österreichische<br />

Soldatin Viktoria Savs<br />

zeigen, dass Frauen sogar schon im<br />

Ersten Weltkrieg an der Front<br />

kämpften. Sie spielten dann auch im<br />

Zweiten Weltkrieg etwa als Kriegskrankenschwestern<br />

oder Wiederstandskämpferinnen<br />

unter Einsatz<br />

ihres Lebens wichtige Rollen. Die<br />

später als Unternehmerin erfolgreiche<br />

Deutsche Beate Uhse überführte<br />

beispielsweise im Range eines Hauptmanns<br />

für die Luftwaffe Flugzeuge<br />

an die Front. In der Berichterstattung<br />

ist das trotzdem nur ein Randthema<br />

– wenn überhaupt.“ Um das<br />

zu ändern hat die Konfliktforscherin<br />

gemeinsam mit Kommunikationswissenschaftler<br />

Wolfgang Duchkowitsch<br />

sowie dem ehemaligen<br />

SOLDATINNEN In vielen Armeen versehen Frauen heute ganz selbstverständlich Dienst. In der Berichterstattung<br />

über Kämpfe und Kriege übernehmen aber immer noch beinahe ausschließlich Männer die Rolle der Helden.<br />

Kriegsberichterstatter Wolfgang<br />

Lamprecht das Buch Frauen.Medien.<br />

Krieg. (<strong>2020</strong>, LIT Verlag) herausgegeben.<br />

Forscher unterschiedlicher<br />

Disziplinen (unter anderen Heinz<br />

Gärtner und Christa Hämmerle)<br />

lenken darin den Blick auf aktive<br />

und passive weibliche Protagonisstinnen<br />

von Kriegen der vergangenen<br />

rund hundert Jahre. Auf Opfer<br />

und Täterinnen, von der „Friedens-<br />

Bertha“ bis zur „Flinten-Uschi“, von<br />

der Kriegskrankenschwester bis zur<br />

systematischen Anwendung sexueller<br />

Gewalt als Teil der Kriegsführung<br />

von Terrorgruppen wie Boko Haram<br />

und dem Islamischen Staat.<br />

„Uns war natürlich bewusst, dass wir<br />

bei den Recherchen auf jede Menge<br />

Klischees von der Frau als leidendes<br />

Opfer und dem Mann als Held oder<br />

Täter stoßen werden. Wie stark diese<br />

Klischees ausgeprägt und präsent<br />

sind, hat uns dann aber doch überrascht“,<br />

sagt Bettina Biron. „Überraschend<br />

war zudem, dass sich daran<br />

über die vergangenen Jahre trotz der<br />

erhöhten Präsenz von Frauen in vielen<br />

Streitkräften – der Frauenanteil<br />

in der US-Armee liegt beispielsweise<br />

mittlerweile bei rund 15 Prozent –<br />

wenig geändert hat. In Medien, Filmen,<br />

der Kriegspropaganda und der<br />

öffentlichen Wahrnehmung spielen<br />

fast immer ausschließlich Männer<br />

die Rolle des Helden. Frauen sind<br />

meist weiterhin bestenfalls Statisten.“<br />

NEUERSCHEINUNG<br />

Frauen.Medien.Krieg<br />

von Bettina Biron,<br />

Wolfgang Duchkowitsch<br />

und Wolfgang Lamprecht,<br />

erschienen <strong>2020</strong> im<br />

LIT Verlag.<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L

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