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Militaer_2_2020

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0 4 8 S I C H E R H E I T & W I R T S C H A F T<br />

IM RAMPENLICHT China zeigte bei seiner letzten<br />

großen Militärparade in Peking gleich mehrere Stück<br />

des neuen Hyperschallgleiters DF-17 HGV.<br />

innewohnenden Potenzial müssen<br />

dazu neue Systeme und Verfahren<br />

untersucht und entwickelt werden.<br />

Dies schließt bei entsprechenden<br />

Forschungsprojekten den Einsatz<br />

von Automatisierung und künstlicher<br />

Intelligenz, zum Beispiel zur Berechnung<br />

von Abfangmöglichkeiten<br />

und -zeitpunkten, mit ein.<br />

Zurück zu Wladimir Putin, der sich<br />

in seiner Wahrnehmung des russischen<br />

Entwicklungsstatus wohl vor<br />

allem auf die Systeme Avangard<br />

(Gleiter auf Raketenstufe, Projekt<br />

4202/Yu-74) und 3M22 Tsirkon (seegestützt)<br />

bezog, die angeblich bereits<br />

mehrfach erfolgreich getestet aber<br />

noch nicht öffentlich gezeigt wurden.<br />

Bereits zu sehen war die aus der<br />

ballistischen Boden-Boden-Rakete<br />

SRBM Iskander entwickelte luftgestützte<br />

Kh-47M2 Kinschal, die 2019<br />

unter zwei MiG-31BM über den<br />

Roten Platz geflogen wurde und mittlerweile<br />

in mehreren Militärbezirken<br />

stationiert sein soll. Was Putin außer<br />

Acht ließ: Die Fortschritte, die China<br />

zuletzt auf diesem Gebiet gemacht<br />

hat. Im vergangenen Jahr konnte das<br />

Publikum bei der großen Pekinger<br />

Parade gleich mehrere Stück des neuen<br />

Hyperschallgleiters DF-17 HGV<br />

bestaunen, weitere Systeme sind in<br />

Entwicklung. Viele Experten sehen<br />

China im Hyperschall-Wettlauf mit<br />

Russland mittlerweile gleichauf.<br />

Und die USA? Die scheinen im<br />

Vergleich zu Moskau und Peking<br />

vorerst im Hintertreffen zu sein. Vor<br />

einigen Jahren erreichte das USAF-<br />

Projekt X-51 Waverider nach Ausklinken<br />

von einer B-52 zwar mehrmals<br />

Mach-5, eine einsatzfähige<br />

Waffe wurde aber nicht daraus.<br />

Nun treiben die USA gleich mehrere<br />

Projekte parallel voran, die meisten<br />

in sogenannten „Black Programs“,<br />

von denen kaum etwas nach außen<br />

dringt. In einer Tabelle des Defense<br />

Departments wurden zuletzt sieben<br />

verschiedene Hypersonic-Missiles,<br />

-Weapons und -Glider aufgelistet,<br />

beziffert mit einem Budgetvolumen<br />

von knapp acht Milliarden Euro bis<br />

2024. Im Februar wurde ein erfolgreicher<br />

Test eines Common Hypersonic<br />

Glide Body (C-HGB) von<br />

Kauai/Hawaii vermeldet. Ein anderes<br />

Projekt mit bis zu Mach 20 trägt<br />

die Bezeichnung AGM-183A Advanced<br />

Rapid Response Weapon (Arrow),<br />

Tragetests an B-52 sind fotografisch<br />

festgehalten und wurden von Entwickler<br />

Lockheed Martin umfangreich<br />

illustriert.<br />

Abseits der „großen Drei“ haben auch<br />

Japan (Anti-Schiffs-Hyperschall-<br />

Marschflugkörper), Indien (HSTDV<br />

auf Agni-1) und Großbritannien (SA-<br />

BRE von Reaction Engines) Studien,<br />

Pläne und Forschungen zu Hyperschallwaffen<br />

laufen. Mit Ausnahme<br />

eines ersten Fehlschlags in Indien<br />

wurden in diesen Ländern aber noch<br />

keine realen Objekte außerhalb von<br />

Windkanälen getestet und so liegt der<br />

Fokus der meisten Militärs dort wie<br />

anderswo momentan vor allem auf<br />

Überlegungen zur Abwehr von Hyperschall-Offensivwaffen.<br />

Aufgrund der<br />

erwähnten Eigenschaften und dem<br />

Fazit: Wie aktuell das Thema mittlerweile<br />

ist, zeigte sich Ende 2019 bei<br />

einer Fachtagung am German Institute<br />

for Defence and Strategic Studies<br />

(GIDS) in Hamburg. Das GIDS und<br />

die Fakultät Luftwaffe der Führungsakademie<br />

der Bundeswehr hatten<br />

zum Thema „Auswirkungen und Bedrohungen<br />

durch Hyperschallwaffen<br />

auf die bestehende Luftverteidigungsarchitektur“<br />

geladen und dabei trieb<br />

die versammelten Experten vor allem<br />

eine Frage um: Wird die neue Technologie<br />

zum „Game Changer“? Haben<br />

Hyperschallwaffen also das Potenzial<br />

– wie zuvor das Schießpulver, Panzer<br />

oder Cyber-Technologien –, das strategische<br />

Denken und Handeln von<br />

Militärs auf den Kopf zu stellen?<br />

Müssen damit alle geltenden Spielregeln<br />

neu geschrieben werden? Die<br />

Antwort lautet: Ja. Hält die Technologie,<br />

was sie verspricht, sind die bestehenden<br />

Konzepte der Luft- und<br />

Raketenabwehr von einem Tag auf<br />

den nächsten überholt. Hyperschall-<br />

Flugkörper sind nicht nur schnell,<br />

sondern lassen sich auch steuern –<br />

anders als ballistische Interkontinentalraketen<br />

folgen sie keiner vorhersehbaren<br />

Flugbahn. Dazu kommt: Sie<br />

können deutlich niedriger als ballistische<br />

Systeme fliegen, was sie aufgrund<br />

der Erdkrümmung für Radarsysteme<br />

erst spät erkennbar macht.<br />

Eine Abwehr wird damit für einzelne<br />

Staaten schwierig bis unmöglich.<br />

Erfolg versprechender scheinen<br />

Abwehrlösungen im Verbund oder<br />

innerhalb eines Bündnisses wie der<br />

NATO zu sein, womit Hyperschallwaffen<br />

die internationale Sicherheitsarchitektur<br />

nachhaltig beeinflussen<br />

dürften.<br />

FOTO : C H I N A M I L<br />

M I L I T Ä R A K T U E L L

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