Militaer_2_2020
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CORONA<br />
SPEZIAL<br />
GSVPIM FOKUS<br />
Neue Militär Aktuell-Serie: Generalmajor Johann Frank berichtet ab sofort in jeder Ausgabe über<br />
Neuheiten und Entwicklungen rund um die Gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP)<br />
der Europäischen Union. Dieses Mal im Fokus: Wird die Coronakrise langfristig zu einem Katalysator<br />
für mehr militärische Zusammenarbeit? Oder wirkt sie vielmehr als Zentrifugalkraft?<br />
Foto : Kas p e r l p o st / CC BY- sa ( h t t p s : / / C r e at i v e Co m m o n s .o r g / l i C e n s e s / BY- sa / 4 .0 )<br />
trump, putin und BreXit haben dazu<br />
geführt, dass die gemeinsame sicherheits-<br />
und verteidigungspolitik<br />
(gsvp) der eU seit 2016 an Dynamik<br />
gewonnen hat. Wichtige neue verteidigungsinitiativen<br />
waren seither die erstellung<br />
einer neuen globalstrategie, die einrichtung<br />
einer permanenten strukturierten<br />
Kooperation (pesCo) zur entwicklung<br />
neuer militärischer Fähigkeiten, die schaffung<br />
neuer Finanzierungsmechanismen<br />
etwa in Form des europäischen verteidigungsfonds<br />
(eDF) und institutionelle<br />
neuerungen wie die schaffung eines militärischen<br />
planungselements (mpCC) zur<br />
selbstständigen Führung nicht-exekutiver<br />
einsätze wie beispielsweise trainingsmissionen<br />
in afrika. Die zugrunde liegende<br />
politische ambition ist, dass die eU an strategischer<br />
autonomie gewinnen und mehr<br />
verantwortung für die eigene sicherheit<br />
übernehmen möchte.<br />
mitten in diesen an sich positiven entwicklungstrend<br />
brach nunmehr die Covid-Krise<br />
herein, die auch für die gsvp zu einem<br />
definierenden Faktor geworden ist. aus<br />
heutiger sicht ist es entwicklungsoffen,<br />
ob die pandemie zu einem Katalysator für<br />
eine engere militärische Zusammenarbeit<br />
wird oder ob sie sich als Zentrifugalkraft<br />
auswirken wird.<br />
in der ersten phase der Krisenbewältigung<br />
wurden die streitkräfte fast aller eU-staaten<br />
als strategische handlungsreserve und<br />
als vielfältig verwendbare Krisenreaktionskräfte<br />
entweder zur humanitären assistenz<br />
oder als ordnungskräfte etwa im grenzmanagement<br />
eingesetzt. gleichzeitig ist<br />
es gelungen, das internationale engagement<br />
der eU, also die aktuell 17 missionen<br />
und operationen, unter punktuellen anpassungen<br />
der einsatzführung weiterzu-<br />
GENERALMAJOR<br />
JOHANN FRANK<br />
ist Leiter des Instituts für<br />
Friedenssicherung und<br />
Konfliktmanagement<br />
(IFK). Von 2014 bis <strong>2020</strong><br />
Verteidigungspolitischer<br />
Direktor und Mitglied<br />
des Nationalen<br />
Sicherheitsrats.<br />
„Für die längerfristige Weiterentwicklung<br />
der GSVP wird entscheidend sein, welche Lehren<br />
aus der Coronakrise man auf konzeptioneller,<br />
finanzieller und fähigkeitenbezogener<br />
Ebene zieht.“<br />
führen. mit der mittelmeermission „irini“<br />
zur Überwachung des Waffenembargos<br />
in libyen wurde sogar ein neuer einsatz<br />
beschlossen.<br />
Beim letzten virtuellen treffen am 12. mai<br />
stand die Frage der auswirkungen von<br />
Covid auf die weitere gsvp-entwicklung<br />
bereits auf der agenda der eU-verteidigungsminister.<br />
Die minister waren sich<br />
einig, dass die Krise gezeigt hat, dass man<br />
die herausbildung einer strategischen autonomie<br />
der eU in allen ihren Dimensionen<br />
einschließlich der militärischen, zügig<br />
vorantreiben müsse und dass die europäischen<br />
und nationalen verteidigungsbudgets<br />
auch angesichts der Wirtschaftskrise<br />
nicht reduziert werden dürften. es brauche<br />
angesichts der neuen risiken mehr und<br />
nicht weniger europäische Zusammenarbeit<br />
und die schon beschlossenen neuen<br />
verteidigungsinitiativen sollen zügig und<br />
konsequent implementiert werden.<br />
Für die längerfristige Weiterentwicklung<br />
der gsvp wird entscheidend sein, welche<br />
lehren man auf konzeptioneller, finanzieller<br />
und fähigkeitenbezogener ebene zieht.<br />
Konzeptionell geht es um die Frage, ob<br />
über das internationale Krisenmanagement<br />
hinaus zukünftig auch verstärkt der<br />
einsatz von militär innerhalb der eU berücksichtigt<br />
werden soll. Finanziell geht es<br />
um die Frage, ob die mitgliedstaaten den<br />
Budgetvorschlag der eU-Kommission in<br />
der höhe von insgesamt 10,6 milliarden<br />
euro für den eDF und die militärische<br />
mobilität für den Zeitraum 2021 bis 2027<br />
zustimmen werden und wie vermieden<br />
werden kann, dass die nationalen verteidigungsbudgets<br />
nicht wie bei der Finanzkrise<br />
im Jahr 2008 um rund 20 prozent<br />
reduziert werden. Und auf der ebene<br />
der Kapazitäten stellt sich die Frage, in<br />
welchen Fähigkeitsbereichen prioritär<br />
investiert werden soll.<br />
Zur Klärung dieser Fragen haben die eUverteidigungsminister<br />
die erarbeitung<br />
eines „strategischen Kompasses“, eine art<br />
Weißbuch der verteidigung, in auftrag<br />
gegeben. ausgangspunkt für diesen prozess,<br />
der unter der deutschen eU-präsidentschaft<br />
<strong>2020</strong> gestartet wird, soll eine<br />
umfassende risikoanalyse sein. Darüber<br />
dann mehr in der nächsten ausgabe.<br />
M I L I T Ä R A K T U E L L