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13.06.2020 Aufrufe

1150 Jahre Stift Meschede Eine Begegnung in der Krypta der St. Walburga-Kirche Sabina Butz Jürgen Eckert Haus des Gebetes und der Gottesbegegnung wurde die Stiftskirche gegründet und genau „Als das ist sie bis heute geblieben: unsere Kirche St. Walburga im Herzen von Meschede. Darauf können wir stolz sein!“ So lautet die klare Aussage des Pfarrers von St. Walburga und Leiter des Pastoralen Raumes Meschede Bestwig, Michael Schmitt. Anlässlich des 1150-jährigen Stiftsjubiläums empfängt er uns in der Krypta der Stiftskirche. „Sein ist die Zeit“ – unter diesem Leitwort steht das Jubiläum des ehemaligen Stifts, allerdings haben sich die Zeiten geändert. Vor 1150 Jahren begann alles mit: Emhildis Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei Emhildis, der Gründerin des Mescheder Stiftes, um die Witwe des hiesigen Grafen Hermann. Das Stift Meschede diente Emhildis als Ort des Gebetes für die Verstorbenen, der Verkündigung des Glaubens, der Bildung. Und als Witwensitz, also ihrer und der weiteren Stiftsdamen persönliche Lebensversorgung. Ein Stift ist eine religiöse Lebensgemeinschaft, die in einer klosterähnlichen Anlage lebt. Anfänglich wurden ausschließlich adelige Damen ins Stift aufgenommen. Ewige Gelübde mussten sie nicht ablegen, sie durften ihren eigenen Besitz verwalten und konnten jederzeit das Stift wieder verlassen. Die Äbtissin eines Stiftes verfügte über großen Einfluss und wirtschaftliche Machtkompetenzen in einer Größenordnung, die selbst für adelige Damen mehr als ungewöhnlich war. Emhil- Der Kirchturm ist die älteste Ein-Turm-Anlage nördlich der Alpen. 108 - WOLL Sommer 2020

Emhildis gehört zu den bedeutendsten Frauen ihrer Zeit. dis war eine mächtige, mutige, gelehrte und sehr fromme Frau, wie schon ihr Bau der ersten Stiftskirche beweist. Die erste Stiftskirche Pfarrer Schmitt ist in seinem Element. Neben den historischen Fakten brennt er auch für die architektonischen Gegebenheiten: „Der Bau der Stiftskirche wurde um 880 von Osten nach Westen begonnen. Sie war ursprünglich der Gottesmuttter Maria geweiht. Die spätkarolingische Umgangskrypta mit dem großen Kultgrab erhielt erst eine Generation später Reliquien der Heiligen Walburga aus Eichstätt.“ Ein kleines Zahlenrätsel gehört ebenfalls ins Repertoire des begeisterten und begeisternden Kirchenmannes: „Der Kirchturm wurde etwas später errichtet und ist die älteste Ein-Turm-Anlage nördlich der Alpen. Die Buchstaben der Turm-Inschrift „WALBURGIS ORA PRO NOBIS“ (Walburga, bitte für uns) ergeben in der oberen Reihe neun und in der unteren elf, also die Zahl und das Jahr 911, das sich genau mit den archäologischen Ergebnissen deckt. Es handelt sich also um das Weihedatum der Kirche. Solche Zahlenspiele waren beliebt; leider erschließt sich uns heute nicht immer ihr Sinn, viel zu oft bleiben sie einfach unentdeckt.“ heute - ein Zentrum ihrer Verehrung. Die Anfang des 8. Jahrhunderts in England geborene Walburga übernahm 761 das von ihrem Bruder gegründete Männerkloster Heidenheim und fügte ein Frauenkloster hinzu. Sie gehört zu den bedeutendsten Frauen ihrer Zeit. Walburga gilt als die Schutzpatronin gegen Augenkrankheiten, worauf auch das Walburgisöl hinweist. Sie ist die Schutzpatronin der Seeleute, Bauern und Wöchnerinnen. Auch bei Krankheiten, Seuchen, Hungersnot, Missernten und Tollwut wird sie von den Gläubigen um Fürsprache angerufen. Pfarrer Schmitt weist auf den Reliquienschrein, der in der Krypta ausgestellt ist und viel besucht wird: „Die ersten Reliquien wurden in einem besonderen Schrein in der Ringkrypta an demselben Ort verwahrt Die Krypta. (Foto: Ulrich Hengesbach) Die Walburga Lichtsäule des Bad Fredeburger Künstlers Walter Schneider. Insgesamt orientiert sich der karolingische Bau am berühmten St.-Galler-Klosterplan und deckt sich in dem Verhältnis Länge und Breite (3:1), genau mit der Jerusalemer Grabeskirche und dem dortigen salomonischen Tempel. Unsere Stiftskirche war also damals auf der Höhe der Zeit und stand in der großen biblischen, jüdisch-christlichen Tradition. Die Heilige Walburga Die Reliquien der Heiligen Walburga wurden wahrscheinlich von König Konrad I zwischen 911 und 918 nach Meschede überführt. Seitdem ist Meschede - bis

1150 Jahre<br />

Stift Meschede<br />

Eine Begegnung in der Krypta<br />

der St. Walburga-Kirche<br />

Sabina Butz<br />

Jürgen Eckert<br />

Haus des Gebetes und der Gottesbegegnung<br />

wurde die Stiftskirche gegründet und genau<br />

„Als<br />

das ist sie bis heute geblieben: unsere Kirche<br />

St. Walburga im Herzen von Meschede. Darauf können<br />

wir stolz sein!“ So lautet die klare Aussage des Pfarrers von<br />

St. Walburga und Leiter des Pastoralen Raumes Meschede<br />

Bestwig, Michael Schmitt. Anlässlich des 1150-jährigen<br />

Stiftsjubiläums empfängt er uns in der Krypta der Stiftskirche.<br />

„Sein ist die Zeit“ – unter diesem Leitwort steht das Jubiläum<br />

des ehemaligen Stifts, allerdings haben sich die Zeiten geändert.<br />

Vor 1150 Jahren begann alles mit:<br />

Emhildis<br />

Sehr wahrscheinlich handelt es sich bei Emhildis, der Gründerin<br />

des Mescheder Stiftes, um die Witwe des hiesigen<br />

Grafen Hermann. Das Stift Meschede diente Emhildis als<br />

Ort des Gebetes <strong>für</strong> die Verstorbenen, der Verkündigung des<br />

Glaubens, der Bildung. Und als Witwensitz, also ihrer und der<br />

weiteren Stiftsdamen persönliche Lebensversorgung.<br />

Ein Stift ist eine religiöse Lebensgemeinschaft, die in einer<br />

klosterähnlichen Anlage lebt. Anfänglich wurden ausschließlich<br />

adelige Damen ins Stift aufgenommen. Ewige Gelübde<br />

mussten sie nicht ablegen, sie durften ihren eigenen Besitz<br />

verwalten und konnten jederzeit das Stift wieder verlassen. Die<br />

Äbtissin eines Stiftes verfügte über großen Einfluss und wirtschaftliche<br />

Machtkompetenzen in einer Größenordnung, die<br />

selbst <strong>für</strong> adelige Damen mehr als ungewöhnlich war. Emhil-<br />

Der Kirchturm ist die älteste Ein-Turm-Anlage nördlich der Alpen.<br />

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