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RITTER BLAUBART - Badisches Staatstheater - Karlsruhe

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verfallen, in für den Zuhörer gut fasslichen<br />

Couplet- oder Liedformen verfasst. Eine<br />

ganze Welt an bewegten und bewegenden<br />

Tanzrhythmen, die das Pariser Nachtleben<br />

des zweiten Kaiserreiches auferstehen<br />

lassen, eröffnet sich dem Zuhörer.<br />

Das musikalische Zitat ist Aushängeschild<br />

für Offenbachs Musik. Nicht um einfaches<br />

Einflechten oder Nachäffen bekannter<br />

Melodien, sondern das Erschaffen von<br />

musikalischen Assoziationen, welche<br />

die musiktheatralischen Gegebenheiten<br />

seiner Zeit karikieren, hinterfragen oder in<br />

ein neues Licht rücken, handelt es sich.<br />

Die musikalische „Simplizität“ wird dem<br />

Hörer nicht verweigert, sie erschließt<br />

sich, wie Carl Dahlhaus bemerkte, auf dem<br />

Umweg der Verschränkung von, einzeln<br />

betrachtet, einfachen musikalischen Wendungen,<br />

Schemata und Formeln. So kann<br />

seine kompositorische Vielschichtigkeit<br />

einer pointierten musikalischen und politischen<br />

Zeitkritik als auch dem Verlangen<br />

nach Banalem standhalten.<br />

Neben seinen größten Erfolgen wie Orpheus<br />

in der Unterwelt, Die schöne Helena, pariser<br />

Leben oder Die Großherzogin von Gerolstein<br />

hat sich Blaubart, der nach seiner<br />

Premiere einen nur auf Paris beschränkten<br />

Erfolg gefeiert hatte, mit der Zeit im Repertoire<br />

der großen Theater bewährt.<br />

Vom blutrünstigen Frauenmörder, der<br />

seinen Weibern aufgrund ihrer unsagbaren<br />

Neugier die Kehle durchschneidet, bleibt<br />

bei Offenbach nur wenig übrig. Mit seinem<br />

Librettisten-Duo Henri Meilhac und Ludovic<br />

Halévy macht er aus dem Schlächter<br />

Blaubart einen Liebesgott und Mörder aus<br />

Leidenschaft, dem – eines Ritters würdig –<br />

die martialischen Gesänge, Fanfarenstöße,<br />

pathetischen Koloraturen, aufbrausenden<br />

Orchesterklänge und klassischen musikalischen<br />

Gruseleffekte sowie die säuselnden,<br />

gefühlsbetonten Nummern im Stile der<br />

Großen Oper zueigen gemacht werden.<br />

In kürzester Zeit prallen bei Offenbach die<br />

Gegensätze – eines der wirkungsvollsten<br />

Persiflier-Mittel aus seiner Werkzeugkiste –<br />

aufeinander. Abgesehen davon, dass die<br />

ganze Opéra-Bouffe eine Gratwanderung<br />

zwischen Oper und Kabarett, reiner Wahrheit<br />

und Ironie, Ulk und Gefahr, Komödie<br />

und Tragödie ist, steht die Kontrastierung<br />

auf allen Ebenen als wichtiges Mittel der<br />

musikalischen Parodie im Zentrum.<br />

Die Auftrittsnummer Blaubarts, Die<br />

Legende von Blaubart, beginnt mit einem<br />

kurzen moderaten Satz, dessen lange<br />

Haltetöne der Bläser und Streicher einen<br />

pathetisch vor Schmelz triefenden ariosen<br />

Gesang erlaubt, der in einer skurrilen<br />

Koloratur seinen Höhepunkt findet. Ohne<br />

Vorwarnung kippt dieser nach dreizehn<br />

Takten in ein heiteres Allegro-Couplet,<br />

das von einem 2/4 Takt getragen wird, auf<br />

den durchaus ein Cancan getanzt werden<br />

kann.<br />

In dieser musikalischen Führung durch die<br />

elementaren Züge Blaubarts lässt Offenbach<br />

die Stimmungen in Sekundenschnelle<br />

umschlagen und nach dem leidenden,<br />

dann heiteren Blaubart schimmert auch<br />

der Furcht einflößende, aus dem Märchen<br />

Perraults allzu gut bekannte und vom<br />

Orchester mit einem raunenden Wellengang<br />

unterstrichene Bösewicht durch.<br />

Das Couplet endet mit den exzentrischen,<br />

aufgrund des angestiegenes Tempos und<br />

der syllabisch vertonten Sechzehntel<br />

sich beinahe überschlagenden, „Je suis<br />

Barbe-Bleue“- Rufen.<br />

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