Europarecht FÜM 1 - ausgearbeitete Altklausuren
Selbst bearbeitet. Betreten auf eigene Gefahr
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c. 12. Frage (3P): Ein italienischer Staatsangehöriger, der in Tarvis (Italien) wohnt, kommt
nicht in die engere Auswahl für eine Position im Sekretariat der Kärntner Landesregierung
(Österreich), da in der Jobausschreibung steht, dass man als Bewerber seinen Wohnsitz
auch in Kärnten haben muss. Welche Art von Diskriminierung liegt hier vor? Welche Arten
von Rechtfertigungsgründen sind zulässig? (3 P)
Hintergrund: Der Anwendungsbereich der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach art. 45 ff ist eröffnet, da es
sich um eine Position im Sekretariat der Kärtner Landesregierung handelt (unselbstständige und
dauerhafte Tätigkeit). Es liegt eine staatliche Maßnahme (Job-Auswahlverfahren der
Landesregierung) und ein grenzüberschreitender Bezug (Italien, Österreich) vor. Die
Bereichsausnahme „Beschäftigung in der öffentlichen Verwaltung“ gem. Art 45 Abs 4 AEUV wird
autonom und eng ausgelegt.
So ist nur in Kernbereichen staatlicher Gewaltausübung einschlägig. Die staatliche Gewaltausübung
setzt eine besondere Verbundenheit des Stelleninhabers zum Staat voraus (Richter, Staatsanwälte,
aber nicht Posten als Sekretär)
Fragebeantwortung: Hier liegt eine indirekte Diskriminierung vor, da an das Kriterium des
Wohnsitzes angeknüpft wird (scheinbares neutrales Kriterium, das sich aber faktisch hauptsächlich f.
Ausländer oder ausländische SV benachteiligend auswirkt). (1P)
Daher könnte man sich auf die ausdrücklich geschriebene Rechtfertigungsgründe nach Art. 45 Abs. 3
AEUV (öffentliche Ordnung, Gesundheit, Sicherheit) (1P) sowie die in der EuGH-Rsp entwickelten
ungeschriebenen Rechtfertigungsgründe, die sog. Zwingenden Erfordernisse, die im
Allgemeininteresse liegen, berufen. (1P) (=zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses)
Daran wprde eine Verhältnismäßigkeitsprüfung anschließen.
3. Frage (4P):
Der Rat der EU ist ein zentrales Lenkungs- & Entscheidungsorgan der EU.
a. Mit welchen zwei anderen Organen erlässt der Rat der EU Rechtsakte in einem
ordentlichen Gesetzgebungsverfahren? Beschreiben Sie deren Rolle in kurzen Worten! (2P)
Gemeinsam mit dem Europäischen Parlament erlässt er auf Vorschlag der Kommission RL, VO und
Beschlüsse. Das ordentliche Gesetzgebungsverfahren geht durch 3 Lesungen.
Die Kommission hat das Initiativmonopol. Ein Gesetzgebungsakt kann nur auf Vorschlag der K
erlassen werden – wenn nichts anderes in den Verträgen festgekegt ist. Nach Art. 17 Abs 2 EUV
Dem Parlament kommt gemeinsam mit dem Rat eine gleichberechtigte Gesetzgebungsfunktion zu.
Ein Rechtsakt kommt nur durch die Zusammenarbeit des EP und dem Rat zustande. Im ordentlichen
Gesetzgebungsverfahren ist er befugt, den Vorschlag der EK zu billigen, ändern oder ihn abzulehnen.
In der ersten Lesung kommt es zur Festlegung der Standpunkte von Parlament und Rat und ggf.
umfasst es auch einen Beschluss von Abänderungen.
zweite Lesung: weichen die Standpunkte voneinander aus, kommt es zur zweiten Lesung, hier
hat das EP drei M Zeit, zum Ratsstandpunkt Stellung zu nehmen indem er ihn billigt oder die Frist
bloß verstreichen lässt. Dann gilt der Rechtsakt als erlassen und das Gesetzgebungsverfahren ist
beendet. Falls EP eine abweichende Erklärung abgibt, geht der Text zurück an den Rat.
Dazwischen gibt es ein Vermittlungsverfahren.
Dritte Lesung: gemeinsamer Entwurf muss formal angenommen werden durch Rat und EP