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Europarecht FÜM 1 - ausgearbeitete Altklausuren

Selbst bearbeitet. Betreten auf eigene Gefahr

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12. Frage (3P): Ein italienischer Staatsangehöriger, der in Tarvis (Italien) wohnt, kommt nicht in die

engere Auswahl für eine Position im Sekretariat der Kärntner Landesregierung (Österreich), da in

der Jobausschreibung steht, dass man als Bewerber seinen Wohnsitz auch in Kärnten haben muss.

Welche Art von Diskriminierung liegt hier vor? Welche Arten von Rechtfertigungsgründen sind

zulässig?

Es handelt sich hier um eine Diskriminierung nach Art. 18 AEUV. Diskriminierung ist die

Ungleichbehandlung zweier Gleicher aufgrund der Staatsangehörigkeit. Man unterscheidet die

direkte und indirekte Diskriminierung.

Bei einer direkten Diskriminierung, wird wesentlich Gleiches formal unterschiedlich behandelt bzw.

sie knüpfen offen an die Staatsangehörigkeit an.

Es kommt zu einer indirekten Diskriminierung, wenn wesentlich Gleiches anscheinend formal

unterschiedlos behandelt wird, die Behandlung sich aber unterschiedlich auswrkt bzw. sie orientieren

sich an andere Merkmale, die überwiegend von Ausländern nicht erfüllt sind oder erfüllt werden

kann. (Wohnsitz)

Hier liegt daher eine indirekte Diskriminierung vor. Damit der italienische Staatsangehörige als

Sekretär in der Kärnter Landesregierung arbeiten kann, muss er in Kärtnen wohnen und somit kommt

es zu einer indirekten Diskriminierung. Er wird zwar nicht wegen seiner Staatsangehörigkeit

diskriminiert, aber wegen einem Merkmal der de facto dem gleich kommt.

Rechtfertiungsgrunde:

Die direkten Diskriminierung ist nur rechtfertigbar, wenn einer der Gründe vorliegen, die im

Unionsrecht ausdrücklich vorgesehen sind (Art. 35, 35 Abs 2, 52 AEUV)

Verhältnismäßigkeitsprüfung: geeignet, erforderlich, angemessen

Hier handelt es sich um eine Diskriminierung in der Arbeitnehmerfreizügigkeit nach Art. 45ff. AEUV.

Dafür gibt es Sekundärrecht wie die UnionsbürgerRL, KoordinierungsVO, BerufsqualifikationsRL. Im

persönlichen Schutzbereich umfasst sie alle Staatsangehörige der MS und auch gleichgestellte

Familienbürger (uU Drittstaatsangehörige)

Im sachlichen Schutzbereich beschützt sie Arbeitnehmer, die ein Recht zu einem

grenzüberschreitendem Bezug haben. Sie schützen sie bei der Aufnahme & Ausübung der

unselbstständigen Beschäftigung. Verpflichtete sind grds die MS. (Bereichsausnahme öffentlicher

Dienst)

Ein Eingriff liegt vor bei einer indirekten oder direkten Diskriminierung oder bei einer Beschränkung.

Hier liegt eine indirekte Diskriminierung aufgrund des Wohnsitzes statt.

Rechtfertigungsgründe ergeben sich aus Art. 45 Abs 3 AEUV (öffentliche Ordnung, Sicherheit oder

Gesundheit) und bei indirekt diskrim.: auch aus zwingenden Erfordernissen des Allgemeininteresses.

Schließlich ist dann eine Verhältnismäßigkeitsprüfung: geeignet, erforderlich, angemessen; gegeben

sein.

FYI: ! Diskriminierung ≠ Beschränkung: Beschränkungen sind Normen, die die Ausübung einer

Grundfreiheit behindert oder sie unattraktiv macht. Bei der indirekten Diskriminierung kann es

neben den im UR ausdrücklich genannten Gründen auch aus sachlichen Gründen des

Allgemeininteresses geben, die den SV gerechtfertigt. Wichtig ist aber, damit eine Diskriminierung

gerechtfertigt ist, muss sie verhältnismäßig sein.

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