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Europarecht FÜM 1 - ausgearbeitete Altklausuren

Selbst bearbeitet. Betreten auf eigene Gefahr

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5. Frage (6P):

Herr Rasmussen wurde 2012 aus dem dänischen Bildungsministerium entlassen. Grundsätzlich

hätte er Anspruch auf eine Entlassungsabfindung gem. AngG Da er bei seinem Ausscheiden jedoch

das 60. Lebensjahr vollendet und Anspruch auf eine Altersrente hatte, wurde ihm mit Berufung auf

eine sehr weit gehaltene Ausnahmebestimmung des AngG die Entlassungsabfindung in den

Unterinstanzen verweigert. Der zuständige Berichterstatterer am dänischen OGH, Dr. Andersen,

sieht eine Diskrepanz mit RL 2000/78, die Vorbild für die Ausnahmebestimmung war. Er findet

auch kein passendes EU-Leiturteil.

a) Wie könnte Dr. Andersen nachprüfen, ob der dänische Oberste Gerichtshof den EuGH

anrufen muss? Zu welchem Ergebnis wird Dr. Andersen kommen? Argumentieren Sie

anhand einer Leitentscheidung! (4P)

→Vorabentscheidungsverfahren;

letztinstanzliche Gerichte sind solche, deren Entscheidung selbst keiner Überprüfung im

Rechtsmittelweg mehr unterliegen. Das OGH ist ein letztinstanzliches Gericht. Für sie wird aber eine

generelle Vorlagepflicht normiert: Sie haben Fragen der Auslegung oder Gültigkeit von UR, die in den

von ihnen behandelten Fällen aufgeworfen werden, dem EuGH zur Vorabentscheidung vorzulegen.

Ausnahmen dieser Vorlagepflicht: CILFIT – Doktrin:

- ACTE ÉCLAIRE I: dieselbe Frage bereits in einem ähnlichen Fall beantwortet

- A. ÉCLAIRE II: Rechtsfrage in einer ständigen Rechtsprechung des GH gelöst

- A. ÉCLAIRE III: richtige Antwort offenkundig, daher keine Zweifel

Dr. Andersen wird zu dem Ergebnis kommen, das es keine Vorlagepflicht besteht, da hier eine

Ausnahme aus der CILFIT-Doktrin besteht nach ACTE ÉCLAIRE II. Die Rechtsfrage wurde bereits in

einer ständigen Rechtssprechung des Gerichtshofs gelöst, hier RL 2000/78.

Leitentscheidung: CILFIT-Doktrin

b) Ein Richterkollege erzählt ihm, dass angesichts der weit gehaltenen Ausnahmebestimmung

der Schlüssel in der richtlinienkonformen Interpretation liegt. Dr. Andersen hat noch nie

davon gehört. Was wird im Rahmen der richtlinienkonformen Interpretation ausgelegt?

Wo sind ihre Grenzen? (2P) siehe Urteil Kolpinghuis Nijmegen S.118

die richtlinienkonforme Interpetation: ist die Verpflichtung jedes nationalen Gerichts, das

innerstaatliche Recht so weit wie möglich anhand des Wortlauts und des Zwecks unionsrechtlicher

Vorgaben auszulegen.

→ Grundlage der unionsrechtskonformen Interpretation: Loyalitätsgebot Art. 4 Abs 3 EUV und das

Gebot der Bereitstellung effektiver Rechtsbehelfe Art. 288 AEUV

→ Umsetzungspflicht: betrifft alle Träger öffentlicher Gewalt (Gerichte)

→ Methode der I gibt das jeweilige Recht vor (daher wichtig: fragliche Rechtsgebiet)

→ methodische Grenze: liegt dort wo die nationalen Methoden die Grenze der zulässigen

Rechtsauslegung ansetzen

Im Rahem der richtlinienkonformen Interpretation wird das innerstaatliche Recht so weit wie möglich

anhand des Wortlauts & Zwecks unionsrechtlicher Vorgaben ausgelegt.

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