Europarecht FÜM 1 - ausgearbeitete Altklausuren

Selbst bearbeitet. Betreten auf eigene Gefahr Selbst bearbeitet. Betreten auf eigene Gefahr

09.06.2020 Aufrufe

5. Frage (7P): Angelika Maier betreibt eine Apotheke im Burgenland. Um ihren Umsatz zu steigern,möchte sie ihre Medikamente in Zukunft auch über einen Onlinehandel unter anderem in Ungarnanbieten. Die ungarischen Behörden untersagen Frau Maier allerdings den Vertrieb ihrer Produkte,da der Onlinehandel mit Medikamenten in Ungarn allgemein verboten ist.a) Welche Grundfreiheit könnte hier betroffen sein?Warenverkehrsfreiheit nach Art. 34 AEUV: verbietet einem einem Mitgliedstaat, die Einfuhr vonWaren mengenmäßig zu beschränken, Maßnahmen gleicher Wirkung zu setzen sowie Waren ausanderen Mitgliedstaaten zu diskriminierenWare iSd UR: ein Erzeugnis, das Geldwert hat und somit Gegenstand von Handelsgeschäften seinkann (Art. 28 Abs 2 AEUV)Pers.: Träger sind alle aus MS stammende Waren, in einem MS rechtmäßig in den freien Verkehrgebrachte Waren; also alle Gegenstände mit Geldwert (auch Strom etc.Sachlicher Schutzbereich:- grenzüberschreitender: Warenverbringung- geschützte Verhaltensweisen: Einfuhr / Ausfuhr von Waren- Bereichsnausnahme?: bestehen hier nichtEingriff:- Verbotene Maßnahme:o mengenmäßige Beschränkungo Maß nahmen gleicher Wirkung wie mengenmäßige Beschränkungen u. o alle Formennur potenzieller Beschränkungen („DassonvilleFormel“)- Staatlich zurechenbar?Rechtfertigungsmöglichkeit:Geschriebenen: Art. 36 AEUV oder die ungeschriebenen zwingende Erfordernisse desAllgemeininteresses (Verbraucherschutz, Lauterkeit, allg. Umweltschutz, Steuerkontrolle,Medienwirksamkeit)b) Ist Art 34 AEUV hier einschlägig? Begründen Sie unter Heranziehung eines Grundsatzurteils desEuGH! (2P)Ja, nach dem Urteil DocMorris.Es handelt sich um eine staatliche Maßnahme gleicher Wirkung.Nach der Keck Rechtsprechung erfasst der Anwendungsbereich des Art. 28 EGV nicht sogenannteVerkaufmodalitäten, die ohne Unterschied für Inland und Importware gelten. Das bedeutet, dasssolche Regelungen erstens für alle betroffenen Wirtschaftsteilnehmer gelten müssen, die ihreTätigkeit im Inland ausüben und dass sie zweitens den Absatz der inländischen Erzeugnisse und derErzeugnisse aus anderen Mitgliedstaaten rechtlich wie tatsächlich in gleicher Weise berührenmüssen.Das Versandhandelverbot gilt für alle betroffenen inländischen oder ausländischenWirtschaftsteilnehmer, so dass die erste Voraussetzung erfüllt ist.c) Handelt es sich hierbei um eine Diskriminierung? Begründen Sie! (1P)Es stellt eine Beschränkung der Warenverkehrsfreiheit dar, da es eine Möglichkeit darstellt, durch dieFrau M ihre Waren verkaufen kann. Das Verbot würde sie schwerer treffen, als den innerstaatlichen

Apotheken, da sie vor Ort ein Geschäft haben. Frau M kann nur durch das Internet ihre Warenanbieten.d) Wie wird Ungarn das Verbot des Onlinehandels argumentieren? Erläutern Sie die verschiedenenMöglichkeiten unter Heranziehung von Vertragsbestimmungen, wenn notwendig! (3P)Rechtfertigungsgründe nach Art.36 oder den zwingenden Erfodernissen des Allgemeininteresses.Prüfung der Verhältnismäßigkeit: geeignet, erforderlich angemessen?6. Frage (6P): Als Teil der Maßnahmen, die die EU in Reaktion auf die Finanzkrise einleitete, wurdedie Richtlinie 2010/76/EU verabschiedet. Eines ihrer Ziele ist es, Banken und Wertpapierfirmen zueiner soliden Vergütungspolitik zu verpflichten, um auf diese Weise absurde Gehaltsanreize zubeseitigen. Einen Tag nach Veröffentlichung im Amtsblatt erfährt eine österreichische Bank vonder Richtlinie. Sie ist der Ansicht, dass diese Richtlinie nicht im Einklang mit dem EU Primärrechtist.a) Wie und unter welchen Voraussetzungen könnte eine österreichische Bank gegen diesenRechtsakt im EU- Rechtsschutzsystem vorgehen? (2P)Sie kann eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 erheben bei der EuGH.Zulässigkeitsvoraussetzung dieser Klage:- Einbringung der Klage beim zuständigen Gericht EuGH- Aktivlegitimiert sind auch Einzelpersonen, sowie juristische Personen- Passivlegitmiert sind EU-Organe- Klage muss sich gegen eine rechtlich bindende Handlung des Organs richten- Rechtsschutzinteresse muss hier bewiesen werden- Klagefristen von 2 Monaten müssen eingehalten werden- Die allgemeinen Formvoraussetzungen sind einzuhaltenb) Welche Folgen hat eine erfolgreiche Klage? Welche Bindungswirkung entfaltet dieseEntscheidung? (2P)Folgen ist ein Feststellungsurteil, wird EX NUNC aufgehoben und hat ERGA OMNES Wirkungc) Die Bank wird vom Gerichtshof der EU für nicht aktivlegitimiert befunden. Da Italien dieRichtlinie 2010/76/EU nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht vollständig umgesetzt hat,beschließt die Europäische Kommission Klage beim EuGH einzureichen. Können in dem Verfahrenvor dem EuGH sofort Geldbußen verhängt werden? (1P)Nein. MS muss die Verpflichtung zur Beendigung und Unterlassung des festgestellten Urteilsverletzen bzw sie nicht befolgen, damit die Kommission ihr in einem späteren Verfahren Geldbußenauferlegen kann.

Apotheken, da sie vor Ort ein Geschäft haben. Frau M kann nur durch das Internet ihre Waren

anbieten.

d) Wie wird Ungarn das Verbot des Onlinehandels argumentieren? Erläutern Sie die verschiedenen

Möglichkeiten unter Heranziehung von Vertragsbestimmungen, wenn notwendig! (3P)

Rechtfertigungsgründe nach Art.36 oder den zwingenden Erfodernissen des Allgemeininteresses.

Prüfung der Verhältnismäßigkeit: geeignet, erforderlich angemessen?

6. Frage (6P): Als Teil der Maßnahmen, die die EU in Reaktion auf die Finanzkrise einleitete, wurde

die Richtlinie 2010/76/EU verabschiedet. Eines ihrer Ziele ist es, Banken und Wertpapierfirmen zu

einer soliden Vergütungspolitik zu verpflichten, um auf diese Weise absurde Gehaltsanreize zu

beseitigen. Einen Tag nach Veröffentlichung im Amtsblatt erfährt eine österreichische Bank von

der Richtlinie. Sie ist der Ansicht, dass diese Richtlinie nicht im Einklang mit dem EU Primärrecht

ist.

a) Wie und unter welchen Voraussetzungen könnte eine österreichische Bank gegen diesen

Rechtsakt im EU- Rechtsschutzsystem vorgehen? (2P)

Sie kann eine Nichtigkeitsklage nach Art. 263 erheben bei der EuGH.

Zulässigkeitsvoraussetzung dieser Klage:

- Einbringung der Klage beim zuständigen Gericht EuGH

- Aktivlegitimiert sind auch Einzelpersonen, sowie juristische Personen

- Passivlegitmiert sind EU-Organe

- Klage muss sich gegen eine rechtlich bindende Handlung des Organs richten

- Rechtsschutzinteresse muss hier bewiesen werden

- Klagefristen von 2 Monaten müssen eingehalten werden

- Die allgemeinen Formvoraussetzungen sind einzuhalten

b) Welche Folgen hat eine erfolgreiche Klage? Welche Bindungswirkung entfaltet diese

Entscheidung? (2P)

Folgen ist ein Feststellungsurteil, wird EX NUNC aufgehoben und hat ERGA OMNES Wirkung

c) Die Bank wird vom Gerichtshof der EU für nicht aktivlegitimiert befunden. Da Italien die

Richtlinie 2010/76/EU nach Ablauf der Umsetzungsfrist noch nicht vollständig umgesetzt hat,

beschließt die Europäische Kommission Klage beim EuGH einzureichen. Können in dem Verfahren

vor dem EuGH sofort Geldbußen verhängt werden? (1P)

Nein. MS muss die Verpflichtung zur Beendigung und Unterlassung des festgestellten Urteils

verletzen bzw sie nicht befolgen, damit die Kommission ihr in einem späteren Verfahren Geldbußen

auferlegen kann.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!