MOIN_03_2020_ePaper
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10 JAHRE DAS BUNTE INSEL-MAGAZIN NR. 3 // 2020 SCHUTZGEBÜHR = C 3,00
CHINAKACHER
DIE GROSSE
STORY DER
WINDSURFER
DIE BUNTE SHOW
DER INSEL-
MASKERADE
SCHIFFSPARADE
WEGEN DER
CORONA-KRISE
Wie das Land, so das Jever.
COVERFOTO: ANTJE POLLEX
EINATMEN 003
MASKERADE
Ja, ja, die Gesichtsmasken. Sie sind seit
Wochen auf der Insel ein Thema. Mundschutz.
Nasenschutz. Vorteile. Nachteile.
Weil man darunter nur mäßig Luft bekommt.
Aber die Gefahr, es könnten am
Ende mehr Menschen unter den Masken ersticken
als an Corona besteht nicht. So die
Meinung der vielen »Maskierten«, die von
der MOIN fotografiert wurden.
MOIN VON
WANGEROOGE!
INSELTEICHE
Teiche im Garten sind auch auf Wangerooge
in Mode gekommen. Auch die MOIN-
Fotografinnen Evelyn Genuit und Renate
Zerhusen können stolz sein auf ihre Biotope,
in denen sich viele Gäste wohlfühlen. Frösche,
Fische – die Auswahl ist groß. Dazu
die Blumenpracht. Motto: Bunt ist unsere
Lieblingsfarbe.
FRÜHLINGSPUTZ
Keine Krise ohne Gewinner. Wir bleiben
zu Hause – ein Slogan, der in den vergangenen
Wochen auch für zahlreiche Insulaner
galt. Sie nutzten die Pause wegen Corona
aus, um ihre Lokale oder Bars für die erwarteten
Gäste herzurichten. Wie zum Beispiel
Biggi Post, die als »Trümmerfrau« im Treibsand
selbst Hand anlegte und auf viele Besucher
hofft und Abstand hält …
Nach dem Spiel ist vor dem Spiel. Nach der Krise ist vor der Krise.
Aber – wann wird »nach« sein? Ob bei vielen Paaren auf der Insel das
mit dem Schutz geklappt hat, wird sich erst in neun Monaten, also
vielleicht zu Weihnachten herausstellen. Christkinder dank Corona?
Abwarten. Nun, mittlerweile kann jeder die Corona-Maßnahmen im
Schlaf aufsagen: 1,5 Meter Abstand, Hände waschen, Schutzmaske
tragen. Doch was, wenn man keine Schutzmasken kaufen kann
oder sie nicht mag? Not macht erfinderisch. Stefanies Ehemann,
einer der Insel-Tüftler, scheint dafür eine neue Lösung gefunden zu
haben: Er »baute« Face Shields für seine Frau, die in einem der vielen
Wangerooger Klamottenläden Mützen und Socken verkauft. Aber
ob die durchsichtigen Masken ausreichenden Schutz bieten, wird
von den Sicherheitsexperten bezweifelt. Ich persönlich habe mehrere
Mundschutzversuche gestartet. Problematisch war das Installieren
des Schutzes, der mit zwei Bändern hinter dem Kopf verknotet
werden muss. Habe das Vorhaben aber nach einer Viertelstunde,
50 ausgerissenen Haaren und einem schmerzhaften Krampf in den
Unterarmen entnervt aufgegeben.
Seitdem gehe ich nur noch mit einem einfachen OP-Mundschutz
in die Läden, Lokale und Strandbars, die mir die höfliche
Fleischverkäuferin im Inselmarkt geschenkt hat. Bis auf die
Volksbankangestellte (»Nehmen Sie bitte die Maske ab!«) waren auch
bisher alle MOIN-Sager mit meinem Anblick zufrieden. Ja, es läuft
bei mir. Ich war Mitte Mai in fünf Gastronomiebetrieben. Und jede
Kellnerin wollte meine Adresse und Telefonnummer.
Mein Krisen-Zwischenfazit fällt positiv aus. Wangerooge
funktioniert trotz Sparflamme. Das denkt auch Robert Rother, der auf
dem Cover zu sehen ist. Ein Insulaner, der sieben Jahre und sieben
Monate im finsteren China-Knast überlebt hat und über Corona
nur müde lächeln kann. An einem sonnigen Vormittag hat mir der
37-jährige Finanzexperte, dessen Buch auf Anhieb an die Spitze der
Bestsellerliste kletterte und die Aufmerksamkeit der Fernsehsender auf
sich zog, seine sensationelle Geschichte erzählt. Viel Spaß beim Lesen!
MANFRED OSENBERG
004 STERNENKLAR
SCHNUPPERKURSE
Die MOIN-Leserinnen und Leser kennen
das: In der dunklen Stille am Meer oder
durch Bäume in den Parkanlagen hindurch
nach oben schauen. Der Nachthimmel
ist voller Bewegung. Ist das ein Flugzeug
oder ein Meteor, der quer durchs
Sichtfeld zieht? Rund 3000 Sterne können
wir mit bloßem Auge von einem
Standpunkt aus erkennen. Übrigens: Kinder
haben es besser: Sie erkennen mehr
Sterne, weil ihre Pupillen größer sind.
FOTO: EVELYN GENUIT
006 DÜNENSAND
STRANDARBEITEN
Auf Wangerooge findet das bewährte
Schutzkonzept Anwendung: Bekanntlich
hatten die Sturmfluten des vergangenen
Winters das vorgelagerte Sanddepot im
Bereich der Nordostdünen auf Höhe des
Strandübergangs Bootsweg in großen Teilen
abgetragen. Es muss zum Schutz des
eigentlichen Dünenkörpers wiederaufgebaut
werden. Zuletzt war dies im Jahr
2018 geschehen. Lies: Einbau von rund
30.000 Kubikmetern Sand auf einer Länger
von ca. 600 Metern, die im Osten der
Insel gewonnen werden. Ergänzt werden
sollen die umfangreichen Aufspülungsvorhaben
auf der Insel durch Sandfangmaßnahmen
am Dünenfuß: Diese werden
mit Buschzäunen als naturnahe Maßnahme
umgesetzt. Ziel ist es, den vom Wind
transportierten Sand einzufangen und
um so erodierte Bereiche des Dünenfußes
wieder aufzubauen. Auf diese Weise
entsteht ein zusätzliches Sandpolster zum
Schutz der eigentlichen Dünen.
FOTO: EVELYN GENUIT
008 POETISCH
EINFACH EINFACH SEIN
Einfach leben, gar nicht so leicht
Einfach ist tief und nicht seicht und vielleicht
Ist es am schwersten, es wieder zu sein
Einfach, einfach sein
Mach den Versuch, wieder einfach zu sein
Ein Tisch, ein Stuhl, ein Kerzenschein
Ein Blatt Papier, zwei Herzen, ein Reim
Einfach, einfach sein
Einfach sein, auch wenn es schwierig ist
Auch, wenn die Gier noch so gierig ist
Das zu entdecken hinter dem Dunst
Einfach sein ist die Kunst
Wie das Programm ist der Fernseher flach
Warum ist am Waldrand mein WLAN so schwach
Und jeden Tag wird er trüber mein Blick
Ich geh’ wieder auf Los zurück
Augen zu haben für’s Abendrot
Und gute Freunde in der Not
Ja das klinkt einfach, ist aber wahr
Einfach und bitter wahr
Die Keller, die Wohnung, alles voll Zeugs
Ich steh’ davor und beäug’s
Ist das der Wohlstand, den ich unbedingt brauch’?
Fragst Du Dich sowas auch?
Wir fliegen zum Mars, so als ob sich das lohnt
Und leben ein Leben hintern’m Mond
Sägen mit Eifer am eigenen Mast
Und eigentlich sind wir nur zu Gast
Wann sind wir einfach mal nur zufrieden
Und hören endlich auf uns zu bekriegen
Denn wenn ein Frieden für immer hält
Wie viel schöner wär’ sie, diese Welt
Unser Planet hier bietet uns an
Dass man nach dem aus- auch noch einatmen kann
Ganz einfach, ganz simpel zum Leben gemacht
Für jeden ein Platz – Tag und Nacht
Leg deine Maske in einen Fluss
Gib einer wildfremden Oma ein’ Kuss
Lache mal laut in den Spiegel hinein
Beschließ’ einfach, glücklich zu sein
Einfach einfach sein – ein wunderschönes
Lied von Willi Astor, der vor 30 Jahren in der
Wangerooger Dünenhalle auftrat und viel
Beifall bekam. Gar nicht so toll fanden es die
Insel-Oberen, als der bayerische Künstler die
Dünenhalle mit einem »Haus mit dem Charme
eines türkischen Freudenhauses« verglich …
FOTO: EVELYN GENUIT
0 10 GEISTERLICH
ALLE NEUNE
Prima. Die personelle Notlage bei der Freiwilligen Feuerwehr
Wangerooge hat sich entspannt. Doch in Zeiten der Maskenpflicht
ist kaum Zeit, durchzuatmen. Auch mit Atemschutzmasken
– wenn es nötig ist. Aber – was sind das eigentlich für Masken?
Nein, die trägt man nicht, um sich vor COVID 19 zu schützen. Die
Masken dürfen bei der Feuerwehr nur ausgebildete Atemschützer
tragen. Nur sie dürfen bei Gefahr ins Gebäude! Denn das eigentlich
Wichtige ist nicht die Maske, sondern die Sauerstoffflaschen
auf dem Rücken. Sie versorgen den Träger mit Sauerstoff.
Aber der ist begrenzt, das heißt nach circa 20 Minuten muss der
Trupp aus dem Gebäude raus. Einen solchen Trupp nennt man
bei der Feuerwehr Angriffstrupp. Man kann sagen, der wichtigste
Trupp bei der Feuerwehr! Aber man darf nicht vergessen: Ein
Trupp ist nur so stark wie die gesamte Gruppe. Jeder ist wichtig!
TEXT UND FOTO: NICK MÜLLER
0 12 CORONISTEN
Masken überall. So, jetzt muss ich aber aufhören, weil
mir beim Schreiben immer die Haare ins Gesicht fallen
und ich die Tastatur nicht mehr sehen kann. Nächste
Woche gehe ich mal direkt zum Friseur, wenn der wieder
aufmachen darf. Mit Maske, versteht sich.
TEXT: MANFRED OSENBERG
FOTOS: ANTJE POLLEX & MANFRED OSENBERG
MASKERADE
Anna war die erste »Serviererin«, die von der »Essen
to Go-Aktion« Gebrauch machte und drei leckere
Schollen über die Behelfstheke in der »Buhne«
schob. Andere Lokale auf der ZE und die Inselmärkte
zogen während der Corona-Krise nach und sorgten dafür,
dass die Inselbewohner nicht hungern mussten.
Bei den selbstgenähten Schutzmasken handelt es
sich immer nur um sogenannte »Behelfs-Mund-Nasen-
Masken«. Solche Masken Marke Eigenbau schützen die
Trägerin oder den Träger explizit nicht vor einer Ansteckung
mit dem Coronavirus. Allerdings verringern sie
die Gefahr, dass die Erreger beim Atmen, Husten oder
Niesen weitergetragen werden. Die derzeit geltenden
Hygiene- und Abstandsregelungen können solche Masken
aber natürlich nicht ersetzen.
Das wissen auch Anna und die vielen anderen guten
Geister auf der Insel, denen beim »Maskenball« immer
wieder die Haare ins Gesicht fielen, weil die Frisörinnen
nicht arbeiten durften.
Da auch die Sportschau inzwischen gemerkt hat,
dass das WM-Finale Deutschland gegen Argentinien
auch bei der dritten Wiederholung zur besten Sendezeit
jedes Mal 1:0 ausgeht, will sie heute im Mai erstmals
wieder eine Liveübertragung anbieten. Natürlich unter
Wahrung aller Sicherheitsauflagen und Hygienestandards:
Deshalb boxt Henry Maske zu Hause im Fitnesskeller
gegen einen Sandsack.
CORONISTEN 0 13
MARKE EIGENBAU
Es war schon grotesk, welche Ideen die Coronisten der Insel in Sachen
Mund- und Nasenschutz zu bieten hatten. Der kahl geschorene Radek (links),
der nun doch in seinem Broadway bleiben will, sorgte mit seinem kombinierten
Ohren- und Mundhörer für Aufmerksamkeit. Stark auch der vielfach verwendbare
Rundumschutz vom Chefkoch des Friesenjung, Florian Ritter. Hauptsache,
der freche, gezwirbelte Schnauzbart, war zu sehen. Für Ritter war Anfang Mai
Renovieren statt Kochen angesagt.
TEXT & FOTOS: MANFRED OSENBERG
Ihr Maler vor Ort
Jan Haack
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oder Putz!
0 14 BRIDGE
QUARANTÄNE
IM PARADIES
Das 23. Wangerooger Bridgeturnier, das eigentlich im Juni
stattfinden sollte, muss auf den Oktober verschoben werden. Wenn
es die Corona-Situation zulässt, werden die Bridge-Freunde vom
25. bis 30.10.2020 gegeneinander antreten. Susanne Neumann, die
das Turnier auf Wangerooge verantwortet, hat durch die Corona-
Krise derweil schon ganz besondere Zeiten erlebt: Sie verbrachte
vier Wochen in Quarantäne; nicht zu Hause, sondern auf einem der
schönsten Kreuzfahrtschiffe, der MS Astor.
v
ier Wochen lang musste die
Nordbremerin als »Corona-
Kreuzfahrtopfer« auf dem
Kreuzer ausharren, bevor es
endlich nach Hause ging. Grund war, dass
sie sehr kurzfristig nach Australien fliegen
musste, weil ein SOS von der Wiesbadener
Bridgeschule kam: Das Bridge-Ehepaar an
Bord konnte wegen einer OP nicht antreten.
Zu diesem Zeitpunkt wurde das Virus erst
in China nachgewiesen. Aber Moment mal…
Bridge auf der MS Astor? Klar, das beliebte
Spiel ist auf dem Kreuzer Pflichtprogramm.
1994 absolvierte Neumann ihre Ausbildung
zur Übungsleiterin beim Deutschen Bridgeverband
und hat 1998 den Bridge-Club
Bremen gegründet. Seit mittlerweile 20
Jahren ist sie außerdem regelmäßig an Bord
der MS Astor, um den Passagieren das Spiel
beizubringen.
Doch wie erlebte sie diese ganz besonderen
Wochen auf dem Schiff? »Ich hab immer
an das Lied von SANTIANO gedacht: Wasser,
Wasser überall, doch wir haben nichts
zu trinken … Wobei wir wirklich tolles Essen
und Trinken hatten«, so Neumann. Auf
ihrer »Reise« lernte Susanne Neumann interessante
Menschen kennen. Zum Beispiel
war da die Sängerin Suzanne, die auf Mauritius
zustieg und eine Woche bis Durban bleiben
wollte und dann bis Bremerhaven vier
Wochen später mitfuhr. Und der Passagier,
der auf Reunion wegen einer Blinddarm-
OP von Bord musste und in Kapstadt wieder
zusteigen wollte. Seine Frau fuhr dann
alleine bis Bremerhaven mit. Vier Wochen
Der Osterhase war da! Für die
Ausschiffung gab es eine Spucktüte mit
Mundschutz und Handschuhen
BRIDGE 0 15
haben die Passagiere (bis auf zwei Tankstopps
in Durban und Lissabon, wo sie nur
sehnsüchtig über die Reling blicken konnten)
nur Delfine und fliegende Fische gesehen.
Kaum ein anderes Schiff, geschweige
denn »Land in Sicht«. Es war »vollkommen
surreal«, zumal Internet eine Glücksfrage
war und die Tagesschau bis Höhe Teneriffa
nur in »Schleife« mit 48 Stunden Verspätung
lief. Kein TV, nur Videofilme. »Da wird
man schon mal hippelig, wie es denn wohl
daheim aussieht bei diesen Horrormeldungen«,
schildert Neumann ihre Erfahrungen.
Mit der Corona-Situation geht Susanne
Neumann trotz dieser Erfahrung recht gelassen
um. Im Mai ist sie 60 Jahre alt geworden,
jedoch mussten alle ihre Pläne gecancelt
werden. »Aber es geht ja nicht nur
mir so. Wenn ich dann jedoch lese, dass unsere
Insel Wangerooge den Strand um 20
Uhr dicht macht, dann bin ich doch etwas
verstört … Das wird hoffentlich nicht klappen.
Irgendwo ist auch mal Schluss mit den
Sanktionen. Andere Inseln sind da deutlich
lockerer.«
FOTOS: PRIVAT
Susanne Neumann mit der Bridge-Anfängergruppe
auf der MS Astor und mit Maske auf Wangerooge
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0 16 HERZ FÜR ALTE
125 OSTERKÖRBCHEN
… wurden vom engagierten Wangerooger Seniorenbeirat per Handkarren
zu den älteren Damen und Herren gebracht. Klar, dass diese sich über
die Gabe mächtig freuten. »Der Inhalt der bunten Körbchen hat uns die
Feiertage versüßt«, freuten sich die auch durch Corona verunsicherten Über-
Fünfundsiebziger. Die willkommene Aktion war durch Spenden vom Lionsclub,
Bürgerverein und dem auch bei den Senioren gern gelesene Inselmagazin
MOIN ermöglicht worden.
FOTOS: RENATE ZERHUSEN
Gute Laune verbreitete auch mal wieder Curt Hanken (unten links), der im Mai mit seiner Drehorgel von Straße zu Straße zog.
Motto: Der Mai ist gekommen.
0 18 FEIERLICH
ISRAEL, WANGEROOGE
UND DAS KREUZ
IN DEN DÜNEN
ALS KRIEGS-MAHNMAL
Nach Wangerooge reisen die Touristen, wenn
sie sich am Osterfeuer wärmen oder sich auf der
ZE mit Ostereiern von den Volkstänzerinnen
beschenken lassen wollen. Nach Compostela
pilgern Christen, um sich selbst zu finden, nach
Jerusalem um Jesus willen.
e
inige Wangerooger reisten kurz vor Ostern mit Pastor
Egbert Schlotmann nach Israel (MOIN berichtete). Und
mit der Grabeskirche besuchten sie auch den Ort, wo
Jesus gestorben und auferstanden ist.
Was ist Mythos an diesem Ort, was Realität? MOIN-Autor Manfred
Osenberg stellte sich bei seinem Jerusalem-Besuch und nach dem
Gang durch die Via Dolerosa diese Fragen. Die Wahl der Grabstätte
könnte indirekt mit der Entwicklung der Stadt Jerusalem zu tun
haben. Ein reicher Mann namens Josef aus Arimathäa stellte sein
eigenes Grab für Jesus Leichnam zur Verfügung – so beschreibt es
das Matthäus-Evangelium. Mit der Lage seines Grabes war er wohl
nicht mehr zufrieden. Jerusalem war stark gewachsen, die Hinrichtungsstätte
immer mehr an den Rand der Stadt verlegt und befand
sich nun unmittelbar neben seinem Grab. Vielleicht auch ein Grund,
dass er es Jesus überließ?
Im Jahr 135 ließ Kaiser Hadrian einen Venustempel über der
Grabstätte bauen. Ob er den Ort bewusst oder unbewusst wählte,
ist unklar. Knapp 200 Jahre später veranlasste Kaiser Konstantin,
der erste christliche Herrscher des Römischen Reiches, den Tempel
abzureißen. Dort entstand nun die erste Grabeskirche, sie schloss
die Kreuzigungsstätte mit ein und wurde am 13. September des Jahres
335 geweiht. Im Jahr 614 brannte sie ab. Auch folgende Bauten
fielen immer wieder Feuer zum Opfer, wurden von den Eroberern
Jerusalems zerstört und wieder aufgebaut. Der heutige Bau geht auf
das Jahr 1149 zurück, also auf die Zeit der Kreuzzüge. Doch auch danach
gab es noch Zerstörungen, Neuaufbau und Umbauten, zuletzt
nach einem großen Brand im Jahr 1808 und einem Erdbeben 1927.
Lange waren Forscher unsicher, ob die Kirche am historischen
Ort steht, aber seit einigen Jahren gilt als archäologisch belegt, dass
die Kreuzigung genau hier stattfand. Das biblische Golgatha, der
»Schädelfelsen«, lag in einem stillgelegten Steinbruch, in den Felskanten
befanden sich Grabhöhlen. Felskanten wie Höhlen sind noch
heute unter der Grabeskirche …
ÜBERSCHWEMMUNGEN IM NORDEN
208,8 Meter unter dem Meeresspiegel: Am See Genezareth markiert
die Marke den Punkt, wo man ebensolche am Ufer bekommt.
Bei diesem Pegelstand erreicht der tiefstgelegene Süßwassersee der
Erde seine maximale Kapazität – das Wasser beginnt großflächig
über die Ufer zu treten. Das letzte Mal war das Anfang der 90er Jahre
des vergangenen Jahrhunderts der Fall. Nun fehlt nicht mehr viel
dazu. Es sei ein Pegel von 208,9 Metern unter dem Meeresspiegel
gemessen worden, teilte die israelische Wasserbehörde Anfang Mai
2020 mit.
Bereits jetzt standen an manchen Uferbereichen Wiesen und
Bäume unter Wasser. Seit Wochen war der Wasserstand in dem See,
der zugleich eine der wichtigsten Wasserquellen Israels darstellt, gestiegen.
Dafür sorgten ungewöhnlich starke Regenfälle, die in den
vergangenen Monaten über dem Land niedergingen. Dazu kam zuletzt
Schmelzwasser, das von den besetzten Golanhöhen talwärts
floss.
FOTO: EVELYN GENUIT
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AN DER SCHULSTRASSE
AN DER SCHULSTRASSE
0 22 TITELSTORY
ROBERT ROTHERS
DRACHENJAHRE
Keiner konnte ahnen, dass der kleine, schmächtige Junge, der im Sand am Wangerooger Hauptstrand
spielte, einmal ein berühmt-berüchtigter Mann werden könnte. Keiner kannte den jungen Mann mit
dem markanten Lächeln, der Ostern 2019 am Rande des traditionellen Wangerooger Osterfeuers für
die Freiwillige Feuerwehr Bratwürstchen verkaufte. Kaum einer seiner alten Kumpel von der Insel
weiß, welch abenteuerliche Geschichten dieser Robert Rother (37) in China erlebt hat, lange nachdem
er mit seiner Mutter im Haus Graf und später im »Feuerstein« seine Ferien verbracht hat.
TITELSTORY 0 23
a
uch ich selbst brauchte lange Zeit, um das alles zu realisieren,
was ich in den vergangenen zehn Jahren erlebt
habe«, sagt mir der junge Mann mit dem Dreitagebart,
der neben mir auf der Bank auf dem Platz am Meer auf
Wangerooge sitzt. Mit eineinhalb Metern Abstand, versteht sich.
Corona ist aber bei unserem Treffen im April 2020 kein Thema.
Vielmehr die unglaublichen Erlebnisse des auf der Insel wohnenden
Robert Rother, die er in seinem Bestseller »DRACHENJAHRE«
beschrieben hat. In China. Er fuhr zwei Ferraris, jettete um die Welt,
sponserte ein Rennteam in der Le-Mans-Serie, feierte rauschende
Partys.
»Als Jugendlicher habe ich auch auf Wangerooge mit meinen
Kumpels viel gefeiert«, grinst Robert, »auch auf dem Spielplatz hat
uns das Jever geschmeckt. Aber das war natürlich nicht zu vergleichen
mit den Orgien in China.«
Asien – das war Leben pur. Robert Rother, geboren in Dortmund,
Fan von Borussia Dortmund und von Wangerooge. Plötzlich
Millionär. Doch so rasant, wie Robert Rother aufgestiegen war, war
er auch wieder ganz unten: im Gefängnis. Sieben Jahre und sieben
Monate. »Das war die Hölle«. Das Besondere und Einmalige dieser
klassischen Geschichte vom Absturz eines gefeierten Helden:
Sie spielt in China – einem Land, in dessen Gefängnissen laut Amnesty
International systematische Folter noch immer an der Tagesordnung
steht, einem Land, in dem die Todesstrafe jedes Jahr tausendfach
verhängt wird und die Hinrichtungen bisweilen öffentlich
vollzogen werden.
RIECHER FÜR GESCHÄFTE
Wir gehen hinunter zur unteren Strandpromenade, schauen auf die
ruhige Nordsee. Robert erzählt dass er schon immer einen Riecher
fürs Geschäft hatte. So gut war der, dass er bereits mit 14 Jahren
sein erstes Aktiendepot eröffnet, in der 13. Klasse die Schule verlässt,
um sich dem Business zu widmen, und mit 18 Jahren Teilhaber einer
Investmentfirma wird. 2004 geht Rother nach China, wo sich sehr
schnell sehr viel Geld verdienen lässt, steigt in die High Society auf
und bewegt sich im exklusiven Club der Superreichen.
ROBERTS FRAUEN
Dabei spielen auch die Frauen eine Rolle. Wie heute auf der kleinen
Insel, auf der seine Mutter im »Haus Germania« den Ton angibt.
Elfie Rother, 63 Jahre alt, eine gepflegte Erscheinung. Ihr Ehemann,
Roberts Vater, war früh verstorben. Als Robert noch ein Kind war.
Heute lebt sie mit einem Ruheständler und Ex-Handballer aus dem
Sauerland zusammen.
HAUS GERMANIA
Auf dem Weg zum Haus Germania und zu ihr hatte mir Robert
schon gesagt, dass er seiner Mom viel zu verdanken habe: »Ohne
ihre Hilfe wäre ich sicherlich noch länger im Knast geblieben.« Aber
sieben Jahre und sieben Monate sind auch mehr als genug ...
Das Leben eines Millionärs in seinem so geliebten China. Gemeinsam
mit Sissi. Doch eine Klage bringt ihn und seine Partnerin,
eine Chinesin namens Angelina, in Untersuchungshaft. Seine
0 24 TITELSTORY
Robert Rother im Gespräch
mit MOIN-Herausgeber
Manfred Osenberg (links) am
Wangerooger Strand
»Ja, mein Absturz war gigantisch. Ich habe in
Saus und Braus gelebt, tummelte mich als einer
der wenigen Ausländer in der High Society und
erlebte die perversen Seiten der chinesischen
Geschäftswelt. Geld steht dort über allem.«
Robert Rother
Geschäfte hart am Rande der Legalität waren den Mächtigen ein
Dorn im Auge. 2770 Tage wird Robert unter unvorstellbaren Bedingungen
in Gefängnissen Südchinas verbringen, die ersten drei Jahre
in einer Zelle mit 14 Mithäftlingen.
»Wofür brauchst du denn einen Anwalt, wenn du unschuldig
bist?«, fragt ihn ein Polizist zynisch. Ein anderer droht ihm mit der
Todesstrafe. Im Gefängnis sieht er Zwangsarbeit, Demütigungen,
Isolationshaft und Folter. Er wird Zeuge, wie aufsässigen Häftlingen
Elektroschocker gegen die Schläfe gehalten werden. »Das Gehirn
frittieren«, nennen sie es. Jahrelang muss Robert in einer Fabrik
Draht auf Spulen wickeln – Tag für Tag. Er überlebt nur dank
seiner außergewöhnlichen Willenskraft und extremen Anpassungsfähigkeit.
Dass er im Dezember 2018 das Gefängnis verlassen darf
und jetzt seine Geschichte erzählen kann, verdankt er vermutlich allein
der Tatsache, dass er Deutscher ist – ein Glück, das längst nicht
alle Häftlinge haben.
Kein Wunder, dass seine Partnerin Angelina bis heute im Knast
sitzt, mit geringen Aussichten, jemals frei zu kommen. »Ich bete für
sie, dass sie nicht zu sehr zu leiden hat«, seufzt Robert, der in seinem
Buch »Drachenjahre – Wie ich 7 Jahre und 7 Monate im chinesischen
Gefängnis überlebte« offen und ehrlich den Horrortrip
schildert. Es ist der erste Augenzeugenbericht eines Europäers über
die Haftbedingungen in chinesischen Gefängnissen – eine persönliche,
eine verstörende Geschichte, packend wie ein Thriller und politisch
ebenso hochaktuell wie brisant. Ein Buch über ein Land, das
längst schon Weltmacht geworden ist und in dem Menschenrechte
mit Füßen getreten werden.
GESTERN UND HEUTE
Robert Rother führt heute auf Wangerooge ein fast bürgerliches
Leben, bewohnt mit seiner bei der Gemeinde Wangerooge
angestellten Freundin Anja eine Wohnung in einem Neubau, in dem
früher die Metzgerei Drees für Wurst und Fleisch gesorgt hat. Und er
vermisst in Zeiten Coronas die Lokale, in denen er gemütlich sitzen
und sich bedienen lassen kann. Er weiß, was Leben bedeutet. Denn
einer wie er hat durchlitten und überlebt, was viele sich nicht einmal
ansatzweise vorstellen können. Sieben Jahre und sieben Monate
unter unmenschlichen Bedingungen im Gefängnis Dongguan im
Süden Chinas, er erlebte Folter und war ständig der Willkür einer
Diktatur ausgesetzt.
Doch – was hat ihn bewogen, seine ungewöhnliche Geschichte
der ganzen Welt zu erzählen? »Ich bin es denen schuldig, die immer
noch in der Hölle von Dongguan sitzen, Tag für Tag gefoltert und
gedemütigt werden. Ich fühlte mich meinen Freunden im Gefängnis
gegenüber verpflichtet, die Wahrheit ans Licht zu bringen, sodass
keiner mehr behaupten kann, nicht gewusst zu haben, was in chinesischen
Haftanstalten los ist.
Das gilt auch für die deutsche Regierung. Es reicht nicht, an
China zu appellieren, Menschenrechte einzuhalten. Die deutsche
Wirtschaft muss sich überlegen, wo sie produzieren lässt. Von
unserer Regierung und Wirtschaft sind leider nur Sonntagsreden zu
hören. Wir verkaufen unsere Werte und verraten unser Grundgesetz,
die Menschenwürde zu achten. Das ist traurig.«
VOM MILLIONÄR ZUR HÖLLE
Die Sicht von der Strandpromenade aus ist heute besonders gut.
Am Horizont sehen wir vier, fünf Schiffe, die auf Reede liegen.
Robert erzählt mir von seinem Total-Absturz: »Ja, mein Absturz
war gigantisch. Ich habe in Saus und Braus gelebt, tummelte mich
als einer der wenigen Ausländer in der High Society und erlebte
die perversen Seiten der chinesischen Geschäftswelt. Geld steht
dort über allem. Man muss und will seinen Reichtum zeigen. Die
Regierung in Peking macht auf kommunistisch, ist aber in Wahrheit
turbokapitalistisch.«
Robert rückt seine Brille zurecht. Ich bin neugierig. Wie kam
er vom Himmel in die Hölle? »Die Staatsanwaltschaft warf mir
vor, mich als Mitglied der Familie Rothschild – schön wär’s –
ausgegeben und Anleger mit einer »Untergrundbank« um ihr Geld
gebracht zu haben. Als Schadenssumme wurden 360 Million Yuan
angegeben, also knapp 50 Millionen Euro. In Wahrheit brach mein
Geschäft zusammen, als ein Taiwanese 16 Millionen Dollar, die er
bei mir und meiner Geschäftspartnerin angelegt hatte, entgegen der
Vereinbarung auf einen Schlag zurück haben wollte. Ad hoc konnten
wir nur die Hälfte aufbringen, den Rest des Geldes hatten wir fest
angelegt.«
Okay, aber warum ist Robert Rother trotzdem verurteilt worden?
»Ich will mich nicht heilig sprechen. Das war schon heftig, was wir
gemacht haben. Aber wir haben niemanden betrogen. Die angeblichen
Opfer gehörten zu den Superreichen unter den Reichen in China,
die uns ihr Geld überlassen haben, um möglichst noch reicher zu
werden. Wir haben bei unseren Geschäften Grauzonen und Gesetzeslücken
ausgenutzt, wie es jeder in China tut. Zum Beispiel haben
wir Geld zu hohen Zinsen an Regierungsbeamte verliehen, die damit
Ackerland kauften, das ein paar Wochen später ganz zufällig in Bauland
umgewandelt wurde und danach das Tausendfache wert war.
Das Genick hat mir vor allem meine Website gebrochen, auf
der jeder Interessierte in englischer Sprache nachlesen konnte, wo
sich in China Investments lohnen – noch bevor sich das Land für
ausländische Investoren öffnete. Ein Freund deutete einen Monat
vor meiner Verhaftung an, dass das in Peking nicht gut ankommt.
Ich habe die Warnung fatalerweise ignoriert, anscheinend fühlte
ich mich unverwundbar. Das grenzte schon ein bisschen an
Größenwahn, muss ich im Nachhinein sagen, aber wer wollte es mir
verdenken, bei dem Erfolg, den wir mit unserem Vorgehen hatten?«
HINTER GITTERN
Kurz vor Weihnachten 2018 kam Robert raus aus dem Knast, feierte
mit der Familie in Dortmund eine Hochzeit. Kann er heute das
Gefühl beschreiben, wie es ist, wenn sich die Gefängnistüren hinter
einem schließen – und man nicht weiß, ob und wann sie sich jemals
wieder öffnen? Robert holt tief Luft und erzählt: »Das Ganze war
surreal. Die ersten Tage in U-Haft fühlten sich an wie ein schlechter
Traum. Denn ich wusste ja gar nicht, was genau man mir vorwirft
und was mich erwartet. Ich glaube – übrigens auch heute noch – immer
zuerst an das Gute im Menschen. Und auch Chinesen können
sich irren. Ich habe noch bis zu Beginn meines Prozesses – da saß
ich schon drei Jahre im Bau – geglaubt, der Spuk werde bald enden.
Aber ich wurde eines Besseren belehrt.«
Wie kann man sich den Alltag in einem chinesischen Knast vorstellen?
Robert überlegt nicht lange: »Als Vorgeschmack auf die
Hölle. Die Haftbedingungen sind furchtbar und haben nichts mit
Menschenwürde zu tun. Das Essen war eine Katastrophe, das Trinkwasser
war eigentlich untrinkbar. Permanent wird man mit kommunistischer
Propaganda berieselt, man vegetiert in völlig überfüllten
Zellen dahin. Man hat keine Rechte und wird als Arbeitskraft und
nicht als Mensch gesehen. Ein Polizist trat mich einmal von hinten
in den Rücken, weil ich zu langsam marschiert bin. Das Schlimmste
aber war, jeden Tag Folteropfer zu erleben. Laut Amnesty International
ist in chinesischen Gefängnissen systematische Folter an der
Tagesordnung.«
Und welches Erlebnis ist ihm besonders in Erinnerung geblieben?
»Menschen zu erleben, die keine mehr sind, die nach Folter
wahnsinnig wurden. Und dazu das Gefühl der eigenen Ohnmacht,
nichts tun zu können. Mitgefühl muss man unterdrücken und verdrängen,
um nicht selbst durchzudrehen.«
Die ersten drei Jahre seiner Haft hat er in einer Zelle mit 14 anderen
Häftlingen verbracht. Da blieb kein Platz für Privatsphäre.
EIN BUCH
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DAS RICHTIGE
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WANGEROOGE –
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0 26 TITELSTORY
Robert Rother mit
seiner Mutter vor dem
Gästehaus Germania
an der Wangerooger
Strandpromenade
»Ich habe versucht, jeden Menschen so zu
behandeln, wie ich selbst gerne behandelt
werden möchte. Das fängt damit an,
nicht zu richten und einfach nur zuzuhören,
was den Anderen bewegt.«
Robert Rother
Was macht das mit einem? Robert: »Im Prinzip ging das die ganzen
sieben Jahre und sieben Monate so. Ich traf ständig auf neue
Leute. Das Wort Privatsphäre bekommt eine ganz neue Bedeutung,
denn es gibt keine. Wir waren immer mindestens ein Dutzend Leute
in einer Zelle, die permanent kontrolliert wurden. Man muss sehr
schnell lernen, auf sich selbst aufzupassen und andere Menschen zu
übersehen. Es ist ein Geben und Nehmen in der Zelle. Man selbst
macht immer Fehler oder eckt mit »komischen« Verhaltensweisen
an. Gerade in einer Zelle mit Menschen aus verschiedenen Kulturen
und Religionen. Das ist ein Pulverfass.«
Hatte er Angst vor Mitgefangenen oder gab es auch Menschen,
die ihn gestärkt und ihm Kraft gegeben haben? »Ich habe brenzlige
Situationen erlebt. Einmal wollte mir ein Mongole an den Kragen.
Aber Angst hatte ich nicht. Das Gefühl war dahingehend eher diffus,
weil man immer auf der Hut und sehr vorsichtig sein musste.
Ich war umgeben von Drogendealern, Mördern, Vergewaltigern und
korrupten Beamten. Aber ich habe gelernt, dass auch diese Leute
Menschen sind und freundlich sein können. Ich traf auf Mitgefangene,
die mich sehr gestärkt haben und von denen ich gelernt habe. Ich
habe versucht, jeden Menschen so zu behandeln, wie ich selbst gerne
behandelt werden möchte. Das fängt damit an, nicht zu richten und
einfach nur zuzuhören, was den Anderen bewegt. Es gab nette Aufseher,
aber auch jede Menge Arschlöcher – wie überall im Leben.«
ROBERTS GLAUBE
Auf Wangerooge fallen einige traditionelle Osterfeiern diesmal wegen
der Corona-Pandemie aus. Du erinnerst dich noch besonders
gerne an die Osterfeuer und das Aufstellen des Maibaums. Ostern
hat auch viel mit Glauben zu tun. Hast du im Knast zum Glauben
gefunden? Wie kann man sich den Glauben vorstellen? »Glaube ist
sehr wichtig, denn er ist die letzte Hoffnung, an die man sich krallen
kann. Denn sonst hat man nichts. Glaube erhält dir deine letzte
Würde. Glaube ist etwas, das dir von keinem Menschen genommen
werden kann. Ich habe während der Haft die Bibel und den Koran
gelesen, mich auch mit anderen Religionen beschäftigt, möchte den
Glauben aber nicht auf eine bestimmte Konfession beschränken. Ich
bin kein Esoteriker, glaube aber, dass es eine höhere Macht im Universum
gibt, die Kraft spendet und Wunder bewirken kann. Aber
Glaube bedeutet auch, an sich selbst zu glauben.«
In seinem Buch schreibt Robert, dass seine auf Wangerooge lebende
Mutter knapp acht Jahre um ihn gekämpft, gelitten und viel
Geld für Besuche und den Anwalt ausgegeben hat. Wie regelmäßig
hatte er während seiner Haft Kontakt zu ihr und wie ist sein Verhältnis
heute? »Heute ist unser Verhältnis sehr gut. Wir sind beide nicht
mehr die gleichen Personen wie vor meiner Verhaftung.
Im Prinzip kann man von einer Neugeburt des Familiengeistes
sprechen. Ich bin sehr dankbar dafür, was meine Familie und insbesondere
meine Mutter für mich getan hat – und jetzt fängt das Leben
für uns alle als Gemeinschaft neu an. Der Kontakt im Gefängnis
war nur sehr schwer möglich, da jegliche Kommunikation von den
Chinesen unterbunden wird. In den letzten fünf Jahren wurden mir
nur hin und wieder fünf Minuten Telefonzeit pro Monat gewährt.
Ich wurde systematisch abgeschottet von der Außenwelt. Ich habe
auf den Kontakt auch bewusst verzichtet, weil ich diese Almosen
nicht haben wollte und Angst vor den Gefühlen hatte, die die Besuche
meiner Mutter bei mir ausgelöst haben.«
Und wie kam es zu seiner Entlassung? »Meine Haftzeit, das
heißt meine Strafe, betrug eben acht Jahre. Aufgrund einer Zahlung
von 180.000 Euro und »guter« Führung wurde ich fünf Monate früher
entlassen. Ich kam mir vor wie ein Soldat, der von der Front zurückkehrt
und ahnt, viele seiner Kameraden nie wieder zu sehen.«
In Hongkong protestieren derzeit Tausende gegen das kommunistische
Regime Chinas, weil sie Angst vor einer zunehmenden
Einflussnahme Pekings und dem Verlust ihrer Freiheit haben. Wie
schätzt Robert die aktuelle Lage in Fernost ein? Glaubt er, dass sein
Buch zur Aufklärung über die Unrechtsverhältnisse in China beitra-
gen kann? »In China weiß jeder, wie es um das Land steht. Nur traut
sich keiner, es zu sagen. Die Diktatur mit ihrem Überwachungsstaat
funktioniert bestens. Die Leute in Hongkong wehren sich tapfer dagegen,
dass sie diese Diktatur komplett übergestülpt bekommen. Sie
kämpfen um ihr Überleben. Es steht zu befürchten, dass die Chinesen
den Aufstand brutal niederschlagen und die Anführer auslöschen
– und wir nur zuschauen werden, Hauptsache die Geschäfte
laufen. In China selbst wird mein Buch nichts bewirken. Aber mich
freut der Gedanke, dass die Chinesen vor Wut kochen, weil es erschienen
ist. Ich verstehe es vor allem als Weckruf, als Appell, den
Chinesen nichts durchgehen zu lassen. Aber es richtet sich auch an
die Konsumenten, ganz besonders hier in Deutschland. Wir müssen
uns klar machen, dass wir mit unserem Konsumverhalten das
Regime unterstützen. Wir müssen uns bewusst machen, dass wir
uns durch unseren Konsum von »billig« und »günstig«, egal wo die
Sachen herkommen, belügen. Wir sind doch die, die Chinas Wirtschaftsmacht
stärken. Ich bin für fairen Handel mit China. Aber
China muss fair zu den Menschen sein.«
WANGEROOGE, HAMBURG, BRATISLAVA
Robert Rother wohnt auf Wangerooge mit seiner Freundin Anja, hat
aber Büros in Hamburg und in Bratislava. Seine Firmen kann er online
führen. »Ich habe acht Mitarbeiter.« Er macht mir gegenüber
keinen Hehl daraus, dass er sich wohlfühlt, aber auch einiges vermisst.
Zum Beispiel den Fußball. »Ich war immer Fan von Borussia
Dortmund, habe mir sogar mal einen Ferrari in gelb-schwarzen
Farben geleistet.« Robert grinst bei dem Gedanken, mal wieder auf
deutschen Autobahnen Gas geben zu können.
»Nun«, sagt Robert, »das Ganze benötigt seine Zeit. Man muss
sich an alles wieder gewöhnen. Speziell Entscheidungen zu treffen,
so banal sie auch sein mögen, zum Beispiel was man im Supermarkt
kaufen oder morgens anziehen will. Der Knast ist absolute Monotonie
und Entmündigung.«
Hat er ihn verändert? Ist er ein anderer Mensch geworden? »Ja,
definitiv. Ich habe heute ganz andere Sichtweisen auf das Leben und
einen ganz anderen Blick auf die Welt und die Gesellschaft. Das, was
Menschen in Deutschland Probleme nennen, ist für mich zum größten
Teil nicht existent. Was ich nie wieder tun werde, ist, dem Geld
hinterherzujagen. Das war irre und kostet unnötig Lebenszeit. Das
Leben ist etwas anderes als Geldscheffeln oder materielle Werte anhäufen.«
In seinem Buch hat er den Frauen ein Kapitel gewidmet. Seine
Mutter Elfie, seine ehemalige Freundin Sissi, seine Partnerin Angelina,
die für lebenslangen Knast in China verurteilt wurde. Weiß
Robert, wie es ihr heute geht? Nein, dazu möchte und kann er sich
derzeit nicht äußern: »Ich würde die Lage von Angelina dadurch im
Zweifelsfall eher verschlimmern. Ich kann nur sagen: Ich würde alles
dafür geben, dass sie aus dem Knast kommt.«
Hat er denn Furcht vor möglichen Reaktionen auf sein Buch, vielleicht
sogar auch vor Verfolgung und Denunziation? Was wünscht er
sich persönlich für sich und sein Buch »Drachenjahre«?
Aus seinem Mund kommt ein klares »Nein«. »Wenn sowas passieren
sollte, dann macht mich das eher stolz! Dann wüsste ich, das
Richtige getan zu haben. Denn das war meine Absicht:
Mitten in das Wespennest zu stechen! Und
genau deshalb wünsche ich mir auch, dass das
Buch möglichst viele Menschen lesen.«
An der Uhr der Strandpromenade verabschieden
wir uns. Mach es gut, Robert!
TEXT: MANFRED OSENBERG / FOTOS: ANTJE POLLEX & PRIVAT
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0 28 BUNTES
BLUMEN, PFLANZEN
UND BÄUME
Wangerooge ohne Maibaum – das darf
nicht sein. Zwar stand ein offizielles Aufstellungsevent
nicht auf dem Programm.
Doch einige Inselfrauen und die Freiwillige
Feuerwehr stellten – mit Abstand – ein Ersatzbäumchen
auf. »Das musste sein«, erklärte
Ihna Siemens. Ihre Mit-Trommlerin
Antje Pollex fand am Tag zuvor ein tolles
Fotomotiv an einem der Eisteiche mit einem
Baum voller Blüten. Und in einem der
schönsten privaten Gärten der Insel fand die
MOIN ein Blütenmeer mit toll dekoriertem
Teich. Kaum zu glauben, dass so ein Idyll an
der Friedrich-August-Straße mit Königskerzen,
rotem Goldlack und vielen anderen blühenden
Blumen am ersten Tag des Wonnemonats
Mai zu sehen war.
Im Wonnemonat blühten auch am Alten
Deich nicht nur die Frühlingsblumen. Der
alte Kapitän passte auch auf seine Fische
auf, die sich im sorgsam gepflegten Teich
vor den wachen Augen des Fischreihers versteckten.
FOTOS: EVELYN GENUIT, ANTJE POLLEX
UND MANFRED OSENBERG
BUNTES 0 29
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0 30 THEMA
»TRÜMMERFRAUEN«
Reno-Vieren statt Corona-Viren! »Komm
rein, zu uns Trümmerfrauen«, ruft Biggi
Post dem Reporter entgegen. Die Gastronomin
nutzt, wie viele andere Wangerooger,
die Krise um das beliebte Café Treibsand ein
wenig sommerfrisch zu machen. Mit ihren
Mitarbeiterinnen griff die gebürtige Dortmunderin
selbst zur Werkzeugkiste und sogar
zu schwerem Geschütz. »Wir Trümmerfrauen
haben mit einem Presslufthammer
ein ganzes Podest aus dem Laden entfernt«,
erzählt sie. 2,5 Tonnen Schutt wurden
Schubkarre um Schubkarre aus dem Laden
gefahren.
Falls Corona es zulässt, öffnet das Treibsand
bald wieder für seine Gäste. Von früh
am Morgen bis in die Nacht hinein. »Wir
haben 365 Tage im Jahr auf«, erzählt Biggi,
die es vor 33 Jahren auf die Insel verschlug.
»Meine Tochter Chantal und ich kamen für
eine Mutter-Kind-Kur auf die Insel und
wohnten sogar hier im Haus Fresena, das zu
der Zeit noch ein Kurheim war. Dass ich hier
irgendwann mal meinen eigenen Laden haben
würde, damals unvorstellbar«, erzählt
Biggi. Doch sie verliebte sich in die Insel –
und blieb. 1991 öffnete das Café Treibsand,
angebaut an die ehemaligen Räumlichkeiten
des großen Fresena-Tanzsaales.
Ende der 1970er Jahre ging die große
Zeit des Hotels Fresena zu Ende. Aus dem
großen Tanzsaal, den man nur in gesellschaftsfähiger
Kleidung betreten durfte,
wurden das gern frequentierte Café Treibsand
und diverse Geschäfts-Lokale. Damit
die Erinnerung wach bleibt, hat der ehemalige
Eigentümer des Hauses, Professor Hermann-Josef
Bunte, eine Zeitschrift erstellt,
die reizvolle Einblicke in die Geschichte von
Hotel und Insel gibt. Und die MOIN wird in
ihrer Serie in der Sommer-Ausgabe das alte
Fresena näher beleuchten.
FOTOS: ANTJE POLLEX
KLICK 031
FOTOWETTBEWERB
2 0 2 0
MOIN-FOTOWETTBEWERB 2020
Sonnenuntergänge gehören zu den häufigsten und liebsten
Motiven der Hobby-Fotografen auf Wangerooge. Aber es
gibt auch viele andere Motive und Standorte. Das beweisen
letztlich die Produkte der heimischen »MOIN-Fotogräfinnen«
und der Inselgäste, die ihre »Ergebnisse« für den MOIN-
Fotowettbewerb einsenden. Bis zum 11.11.2020 können Sie Ihre
Inselfotos einschicken an osenbergpresse@t-online.de
FOTO: ANTJE POLLEX
0 32 FRAUEN AM MEER
INSELMALERINNEN
Es ist kein Geheimnis, dass es auf Wangerooge viele Künstler und
Fotografen gibt, die ihre Leidenschaft zur Insel zum Beruf gemacht
haben. Malen, fotografieren, basteln oder andere schöne Dinge tun.
Der Beweis: Wangerooge inspiriert alle.
i
m Winter lebt sie im Süden. Aber
ihre Heimat heißt Wangerooge. Monika
Ploghöft ist schon gefühlt »ein
ganzes Leben lang« freischaffende
Künstlerin. Sie hat sich in ihrem Haus an
der Charlottenstraße auf Wangerooge die
Galerie »Collage« eingerichtet, in der man
nette kleine Präsente, Bilder, Figuren und
viele andere Dinge finden kann.
Talke Annemarie Heinken (unten links)
ist schon seit vielen Jahren an der Oberen
Strandpromenade nicht mehr weg zu denken.
In ihrem Malstudio »Palette« bietet sie
eine Vielzahl an Kursen an. Auch in diesem
»verkorksten« Jahr will sie auf Wangerooge
noch Seminare anbieten.
Sabeth Rieland ist eine Künstlerin
und malt typische Inselmerkmale wie die
Leuchttürme, die ehemalige Ostbake und
natürlich die Wangerooger Silhouette. Ausgestellt
sind ihre kleinen Kunstwerke im Restaurant
Strandlust.
FOTOS: KLAUS SCHULTES & MANFRED OSENBERG
DIE EIS- UND CRÊPES-MANUFAKTUR
Im Bistro am Strand, der Eis- und Crêpes-Manufaktur auf Wangerooge,
wird seit fast 40 Jahren in der 2. Generation auf der Insel Eis
produziert. Die staatlich geprüften Speiseeishersteller pasteurisieren
und produzieren als einzige Eisdiele auf Wangerooge direkt vor Ort.
•
GROSSE AUSWAHL AN SPEISEEIS
AUS EIGENER HERSTELLUNG,
DIREKT AM PUDDINGRAND
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CRÊPES-MANUFAKTUR
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•
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*Die Öffnungszeiten können sich witterungsbedingt verändern. Zitat Wilko Fokkena:
»Wenn das Fenster auf ist, gibt's was – wenn das Fenster zu ist, gibt's nichts!«
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0 34 SPIELERISCH
WIE GEMALT …
Auch Miss Germany 2014 Vivien Konca
ist glückliche Besitzerin des MOIN-
Buches »Wangerooge und der Rest der
Welt«, das auch in der Inselbuchhandlung
an der Zedeliusstraße erhältlich
ist. Die am 14. April 1994 in Geilenkirchen
geborene Schönheit, die Deutsch, Englisch,
Italienisch, Polnisch und Französisch
spricht, liest gerne ein gutes Buch, trifft am
liebsten Freunde, reist und tanzt gerne. Der
schönen Miss Wangerooge und den anderen
Teilnehmerinnen an der Insel-Wahlen las
sie am Strand aus dem Buch vor.
FOTO: KLAUS SCHULTES
OHNE RETTUNGSSCHWIMMER
Eigentlich wollten sie Mitte Mai im »Diggers« ihr Jever trinken. Mit Blick auf die Nordsee, die viele Jahre ihre »nasse Heimat« war. Doch
wegen Corona mussten die ehemaligen Rettungsschwimmer diesmal auf ihr Treffen auf Wangerooge verzichten. »Dann eben ein anderes
Mal«, schrieb der Bremer Axel Stuppy und schickte uns diese eindrucksvollen Maskenbilder. Es waren herrliche Zeiten ohne Furcht und Tadel,
als die Beachboys auf ihrem Sandhaufen den Mädels den Kopf verdrehten …
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0 36 BEWEGUNG
NORDIC WALKING
UND NORDISCH LAUFEN
Wer auf Wangerooge nicht nur im Strandkorb sitzen und sich in Form bringen möchte, findet in
Nordic Walking ein gesundes Ausdauertraining. Mit der skandinavischen Allround-Sportart kräftigen
Anfänger, Bewegungsbegeisterte und Profis nicht nur ihre Beinmuskulatur, sondern beanspruchen
durch das Schwingen der Laufstöcke zusätzlich Arme, Brust, Rücken und Schultern – die richtige
Technik vorausgesetzt.
v
on den Sporttreibenden werden
gewisse koordinative Fähigkeiten
gefordert. Bevor Anfänger
durchstarten, sollten sie daher
zuerst die Praxis schrittweise erlernen. Auf
Wangerooge gibt Sabine Eims die richtigen
Tipps, bevor sie mit ihren Walking-Gruppen
über die Insel wandert.
Keine Frage: Gehen und Laufen sind gesund.
Aber was heißt das schon? Vom Bewegungsmuffel
zum überzeugten Jogger bleibt
es ein beschwerlicher Weg. Laufen ist Willenssache,
beginnt also im Kopf. Es reicht
völlig, mit Spazierengehen oder flottem Gehen
anzufangen. Beim regelmäßigen Walking
lernt man, seinem Körper etwas abzuverlangen,
ohne an die Grenzen zu gehen.
Walking kann eine Durchgangsstation zum
Laufen sein oder auch die Sportart fürs Leben
bleiben.
Wer nach guten Gründen für Ausdauertraining
sucht, wird schnell fündig. Laufen
stärkt unser Herz-Kreislauf-System.
Das Herzvolumen nimmt zu, Ruhepuls und
Blutdruck sinken. Folge: Das Herz kann
ökonomischer arbeiten, weil es nicht mehr
so oft schlagen muss.
Für viele das Wichtigste: Laufen lässt
die Pfunde purzeln. Wer Gewicht verlieren
will, muss Muskeln aufbauen. Beim Joggen
sind rund 70 Prozent der Muskulatur
im Einsatz, es können also viele Kalorien
verbrannt werden. Der Anteil der Fettver-
BEWEGUNG 0 37
brennung ist bei langsamem Lauftempo am
höchsten. Je höher das Lauftempo, umso
mehr Kohlenhydrate werden verbrannt.
Sportmediziner sind sich einig: Drei Dauerläufe
von jeweils 30 bis 40 Minuten Länge
pro Woche reichen für die Gesundheit aus.
Wer sich noch mehr bewegt, wird zwar fitter,
aber nicht unbedingt gesünder.
WER LÄUFT IST KLARER IM KOPF
Viele Freizeitsportler machen den Fehler, zu
schnell zu laufen. Es ist ein weit verbreitetes
Missverständnis, dass nur flottes Laufen
Ausdauerfitness bringt. Das Gegenteil
ist richtig: Langsames Laufen auf längeren
Strecken führt zum Ziel. Wer beim Laufen
ständig außer Puste ist, überfordert seinen
Körper. Wer noch sprechen, aber nicht mehr
singen kann, ist mit dem richtigen Tempo
unterwegs. Laufen verbessert die Denkfähigkeit.
Wenn wir unseren Körper belasten,
nimmt die Blutzufuhr und damit auch die
Sauerstoffversorgung im Gehirn um bis zu
25 Prozent zu.
Wie positiv sich das auswirkt, wissen
Läufer. Sie sind wacher, aufnahmefähiger,
klarer im Kopf. Während eines Trainingslaufs
lässt es sich besser denken. Laufen verbessert
noch im hohen Alter Gedächtnis,
Lernvermögen und Kreativität, weil beim
Joggen neben der erhöhten Sauerstoffzufuhr
auch der Anteil des Stimmungshormons
Serotonin im Gehirn steigt.
Laufen stabilisiert das Immunsystem.
Wenn der Stoffwechsel intakt ist, weiß sich
der Körper besser zu wehren und ist weniger
anfällig für Infektionskrankheiten. Laufen
schützt also vor Erkältungen. Es kommt
aber auf die richtige Dosis an. Mäßiges Ausdauertraining
stimuliert die Immunabwehr,
zu viel Training schwächt die Abwehrkräfte.
Wer zu oft und zu lange rennt, kann seinem
Körper schaden. Schmerzen im Rücken
oder an den Knien sind als Überlastungsbeschwerden
nicht selten. Ebenso Probleme
mit der Achillessehne.
Laufen ist gut für die Seele. Die Lebensfreude
steigt, ebenso das Selbstwertgefühl.
Nach dem Laufen fühlt man sich
meist froh und ausgeglichen, der Stress und
die Anspannung des Alltags verschwinden.
Der Wohlfühl-Effekt wird zum ständigen
Begleiter.
FOTO: ANTJE POLLEX
EWE-LAUF ABGESAGT
Auch Wangerooge war beim traditionellen
EWE-Nordseelauf als Etappenziel
eingeplant. Doch nach 19 Jahren wurde
der Lauf zum ersten Mal abgesagt. Die Organisatoren
haben wegen der Corona-Krise
den Lauf auf 2021 verschoben. Aber auf dem
Deich darf Uschi joggen.
WIE WIRD DER SOMMER?
Diese Frage stellt sich auch Curt Hanken
(81). Der vielseitige Hotelier macht sich
Sorgen wegen der Corona-Folgen. Viele
Wangerooger hoffen nach dem heißen
April auf traumhaftes Sommerwetter
mit vielen Touristen.
Die Sommeraus gabe der MOIN erscheint
Ende Juli 2020.
FOTO: MANFRED OSENBERG
0 38 TIERISCH
TIERISCH 0 39
Es ist Mai im Jahr der Coronaviren. Die
Natur auf Wangerooge ist längst erwacht.
Die vielen Vögel geben Extra-Konzerte. In
den Parks, am Watt, am Strand. Im Westen
hat Bodo Hundorf vom Gepäckdienst zwei
Löffler entdeckt, die nach der kurzen Rast
davonfliegen.
Wangerooge-Fan Birgit Wilde-Reisdorf
hat die Möwen beobachtet, die sich auf den
Buhnen niedergelassen haben. Evelyn Genuit
fotografierte Gänse, die am Deich nach
Futter suchen. Und, und, und …
Während die Fauna das Leben bestimmt,
sind derzeit Veranstaltungsbesuche
noch kein Thema. Wangerooge wartet
darauf, dass der Shutdown weiter gelockert
werden kann. Auch die Nationalpark-Häuser,
Wattführer/innen und andere Anbieter
von Information und Umweltbildung im Nationalpark
mussten nämlich den Veranstaltungsbetrieb
vorläufig einstellen.
WANGEROOGER PIEPSHOW
0 40 DIE INSELSTORY
Volker Teichmann und Otto
Oldenburg schleppten 1976 ihre
schwere Ausrüstung zum Wasser
und probierten, wie dieses Gerät
wohl zu handhaben sei.
SURFIN’
IS THE
ONLY
WAY …
WIE DAS WINDSURFEN
NACH WANGEROOGE KAM
DIE INSELSTORY 0 41
Der Wind nimmt beständig an Stärke zu, die Brandung tobt zunehmend ungestüm und bis
zum Horizont bedecken Schaumkronen das Meer. Das ist die Stunde der Kitesurfer, die ihre
Bretter an die Wasserkante tragen, um sich von ihren Drachen durch die tosende Brandung
ziehen zu lassen, steile Wellen abreiten und mit spektakulären Manövern bei manchem
Zuschauer den Atem stocken lassen. Es scheint in diesen Momenten, als hätte es solch
sensationelle Bilder auf Wangerooge schon immer gegeben.
0 42 DIE INSELSTORY
Die Surf- und Segelschule von
Detlef Engelmeyer, 1978.
d
abei begann diese Entwicklung
erst in den 1960er Jahren in
den USA. Newman Darby
entwickelte ein Segelbrett,
das das Erlebnis des Wellenreitens mit der
Bequemlichkeit einer Segeljolle kombinieren
sollte. Das Patent darauf wurde 1970
Jim Drake verliehen, der zu dem Stehsegler
einen beweglichen Gabelbaum konstruiert
hatte. Hoyle Schweitzer entwickelte das
Windsurfen in den USA während der kommenden
Jahre immer weiter zu einer echten
Trendsportart.
In Deutschland produzierte Fred Ostermann
mit dem Windglider ein Board, das
zeitweise die Weltmärkte beherrschte und
sogar bei der Olympiade 1984 zum Einsatz
kam.
Aber soweit war es noch lange nicht, als
auf Wangerooge 1976 das erste »Stehsegler-Brett«
auftauchte. Bei den Rettungsschwimmern
Otto Oldenburg und Volker
Teichmann entfachte dieses Gerät große
Neugier und sportlichen Ehrgeiz. Wie bloß
soll das funktionieren? Es gab damals überhaupt
noch keine Anleitung, wie man dieses
rätselhafte Brett handhaben muss. Und
das Internet? Wir schreiben das Jahr 1976,
und ans Internet dachte noch lange Zeit niemand.
»Falk aus der Tenne hatte ein solches
Ten-Cate-Brett, das Volker und ich ausprobieren
durften. Und Schwimmerkollege
Frank lieh uns gegen die kalte Nordsee seine
Taucherjacke«, erinnert sich Otto Oldenburg.
»Der Surf-Bazillus hatte uns gepackt
und es wurde geübt und geübt und geübt. Irgendwie,
da waren wir uns ganz sicher, muss
das funktionieren! Wir bestiegen Dutzen-
»Unserer Insel hat ein so wunderschönes Medium noch gefehlt,
Alle Zeitschriften und Zeitungen werden bei uns entsorgt,
aber die MOIN sammeln wir!“
Kantor, Organist und Pädagoge Wolfgang Henseleit
Jahres-Abo:
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»MOIN, Am alten Deich 12/4, 26486 Wangerooge«
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DIE INSELSTORY 0 43
de von Malen das Brett, versuchten das Segel
hochzuziehen und fielen Dutzende Male
ins Wasser. Und eines Tages endlich klappte
es dann doch.« Nur der kleine Trick, beim
Start den Mast ein wenig nach vorne zu kippen,
bedeutete den Unterschied zwischen
Sturz und rasanter Fahrt. Den ganzen Sommer
über perfektionierten Oldenburg und
Teichmann ihre Fahrkünste.
Otto konnte dann ein eigenes Brett erwerben,
das ein völlig frustrierter Kurgast
entnervt auf der Insel gelassen hatte. Volker
brachte zur nächsten Saison sein neues
Windglider-Board nach Wangerooge.
Volker Teichmann auf seinem Windglider
Vom Priel aus ging es dann
endlich raus in die Welle –
und das mit den schwierig
zu manövrierenden Brettern,
den damals so ungünstig
geschnittenen Segeln
und einem 3,60m
langen bleischweren Holzgabelbaum.
Aber die
durchtrainierten Athleten
hatten einen Heidenspaß
daran, mit dem Wind in
den Händen über Wasser
und Wellen zu gleiten.
Diesen Spaß teilten
sich überall an der Nordseeküste
zahlreiche Wassersportler. Auf Sylt
entstand um die dortigen Rettungsschwimmer
herum eine begeisterte Windsurf-Gemeinde,
ebenso auf Norderney. Und auch
aus dem Binnenland tauchten an der Küste
vermehrt junge Leute mit ihren unhandlichen
Brettern auf, die sich in den Nordseewellen
ausprobieren wollten.
Die ersten Steh- und Fahrversuche beobachtete
von der Promenade aus sehr interessiert
Detlef Engelmeier, der damalige
Wirt des »Ahoi« und selber Segler. Er fand
das alles ganz spannend und hatte die Idee
zu einer Surfschule auf Wangerooge. Während
er im Winter mit der Kurverwaltung
die Konditionen aushandelte, erwarb Otto
am Starnberger See seine Lizenz als Windsurf-Instruktor.
Schon 1978 eröffnete Engelmeier mit
fünf Surfboards, viel Segeljollen und zwei
Strandseglern die »Surf- und Segelschule
Wangerooge«.
Es war ein riskanter Einstieg, denn ob dieser
neue Trendsport auch auf Wangerooge
angenommen werden sollte, war damals
noch höchst ungewiss. Nur ein bescheidener
Kiosk bildete anfänglich das Windsurf-Zentrum.
Jan-Holgar Borm als Segellehrer und
vor allem Otto Oldenburg und Volker Teichmann
als Surf-Instruktoren vermittelten
den meist jungen Gästen die Grundlagen
des Windsurfens und damit verbunden auch
ein bisschen das kalifornische Lebensgefühl
von Freiheit und Unbeschwertheit. Surf, sun
and fun war nun auch auf Wangerooge angekommen!
»Den Theorieunterricht hielten wir im
Strandkorbschuppen ab und den praktischen
Unterricht im Priel zwischen dem
damaligen West- und dem Hauptbad. Bei
»Hack«, also bei Starkwind, zogen wir die
Boards auf Strandkorbwagen ins Watt beim
Deichschart. Das war immer wie eine kleine
Prozession.« Da Otto und Volker bei
Inhaber Frank Eden …
… nennt zwei Gründe, weshalb das
Fahrradfahren auf der Insel besonders
den Kindern großen Spaß macht und
die Nerven der Eltern schont:
1.
2 .
Bis auf die Elektro-Karren sind
keine Autos unterwegs.
Auf der Insel existieren keine
Berge, die das Treten
anstrengend machen.
A
D
V
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I
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0 44 DIE INSELSTORY
Flut ihren Job als Rettungsschwimmer
am Strand ausüben mussten, der Surfunterricht
aber hauptsächlich bei Ebbe stattfand,
konnte sie ihre beiden Jobs perfekt aufeinander
abstimmen.
EINE GUTE WELLE
Lief bei wenig Wind eine gute Welle, ließen
sich auch die ersten Wellenreiter in der
Brandung entdecken, ebenso Bodysurfer,
die sich nur von ihrem Körper oder mit Hilfe
eines Boogieboards von der Welle bis an den
Strand schieben ließen. Die ersten Hobie-
Cat-Segelboote tauchten auf, die dem Segeln
eine ganz neue Dimension verliehen. Bei
Die Bretter wurden immer kleiner und wendiger, wie 1984 mit Axel Stuppy
Die 1983 wohl versiertesten
Brandungssurfer Wangerooges: Frank
»Floppi« Tophoven, Axel Stuppy und
Volker Teichmann
Niedrigwasser schossen die Strandsegler
über den harten Sand gen Osten. Am Wangerooger
Strand gab es reichlich Segelaktivität
zu bestaunen!
Die Entwicklung des Windsurfens
schritt rasant voran. Die Bretter wurden
kleiner und wendiger, und damit besser geeignet
für schnelle Manöver in der harten
Nordseebrandung. Nun konnten die Experten
mit handgefertigten Brettern schon die
Wellen für hohe Sprünge nutzen. Die Begeisterung
für diesen neuen Sport wuchs
stetig. Lutz Lenze und Hajo Albrecht wurden
als erste Insulaner vom »Surfvirus« infiziert
und entwickelten sich zu ausgezeichneten
Könnern. Auf diesem Weg sollten
ihnen in den nächsten Jahren noch viele andere
Wangerooger folgen.
Tagsüber hielten sich die Surfer und
Surferinnen am Weststrand unterhalb der
Strandkorbschuppen auf, damals schon am
gleichen Platz wie heutzutage. Tipps wurden
ausgetauscht, es wurde geschäkert und
gefachsimpelt, und gewiss türmte sich bei
den Erzählungen die eine oder andere Welle
viel steiler auf als sie tatsächlich gewesen
war. Alle Surffreunde waren hier willkommen,
ob Anfänger oder »Crack«, ob Mann
oder Frau, ob jung oder älter, es war eine
Gemeinschaft, lediglich geprägt durch die
Freude am Windsurfen.
IM TSCHAKO ODER AHOI…
Abends traf sich die ganze Szene in den angesagten
Kneipen wieder, im Tschako, im
Ahoi und natürlich im Hard-Rock-Café.
Dort feierten die jungen Leute ihren grandiosen
Strand- und Surftag, die höchste Welle,
den gewaltigsten Sprung und den spektakulärsten
Wellenritt. Und nicht zuletzt das so
unbeschwerte Leben, das sie auf Wangerooge
führen konnten.
Wenn am östlichen Horizont zaghaft der
neue Tag dämmerte, blieben das Donnern
der Brandung und das Rauschen des Windes
weiter in den Träumen der Surfer lebendig.
Bis zum nächsten Vormittag jedenfalls,
dann führte sie ihr Weg wieder vorbei am
Café Pudding, über die Promenade und hinunter
zum Surfstrand, einem weiteren fabelhaften
Inseltag entgegen.
TEXT: AXEL STUPPY
FOTOS: AXEL STUPPY UND PRIVAT
Auch am Strand wurde gesegelt, wie hier
auf dem Bild Helmuth Schmidt
DIE GRÖSSTE WELLE
Garrett ‚GMAC‘ McNamara wurde 1967
in Pittsfield, Massachusetts geboren, verbrachte
aber die meiste Zeit seiner Kindheit
beim Surfen auf Hawaii. Er und sein
jüngerer Bruder Liam waren dafür bekannt,
sich furchtlos den riesigen Wellen
gegenüberzustellen und hart im Nehmen
zu sein. Dabei gestand er einmal, sich vor
Pferden zu fürchten. Im Jahr 2011 surfte
er in Nazaré in Portugal die mit 24 Metern
bislang größten Welle, die jemals
nachweislich gesurft wurde, und 2007
ritt er als erster überhaupt auf Gletscher-
Wellen, die in Alaska durch einen abbrechenden
Eis-Gletscher ausgelöst wurden.
Seit 2017 ist McNamara Botschafter der
‚Laureus Sport for Good Foundation‘.
WIR SURFEN WEITER!
Das Surfbrett war immer dabei. Traumurlaub in Südafrika. Oder
im Winter auf Fuerteventura. Der waschechte Wangerooger
Windsurfer Stefan Kruse war immer unterwegs. Doch die Zeiten
als Wellenreiter sind vorbei. Der junge Mann vom „Diggers“ mixt
nicht nur Caipis, sondern mischt auch tüchtig im Familienleben
mit. Vom Junggesellen zum Familienvater. Stefan Kruse scheint
den Sprung geschafft zu haben. Lotte ist der ganze Stolz von
Stefan und seiner großen Liebe Mariel Dreyer.
Die gute Adresse auf der Strandpromenade. Lassen Sie sich verwöhnen!
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0 46 DAMALS UND HEUTE
VOR 50 JAHREN
Vor 50 Jahren: Cobi-Golf
auf Wangerooge mit Curt
Hanken, Willi Boberg
und dem ehemaligen
Bürgermeister Dr.
Siemens sowie Wilhelm
Petrus. Dessen Sohn
Friedrich Wilhelm
stellte der MOIN das alte
Foto zur Verfügung.
… wurde auf Wangerooge Cobi-Golf gespielt.
Es folgte die Minigolfanlage an der
Oberen Strandpromenade. Heute steht dort
das Aparthotel »Ana Düne«. Golf wird woanders
gespielt, nämlich auf der Neun-Loch-
Anlage auf und neben dem Flugplatz. Allerdings
war der Golfplatz Anfang Mai wegen
der Corona-Krise immer noch gesperrt. Abstand
halten? Kein Wunder, dass die engagierten
Golfer für diese These kein Verständnis
aufbringen und der Vorstand des
Deutschen Golfverbandes Protest einlegte.
FRAUENTYPEN
Dieses Trio ließ so manches Frauenherz schneller schlagen.
Damit die Urlauber und vor allem die Urlauberinnen 1981 gefahrlos
in den Wellen baden konnten, versahen Ulrich Kossack, Volker
Teichmann und Jochen Zipf als Rettungsschwimmer am Wangerooger
Strand ihren Dienst. Hier machten sie am Strand einen kleinen
Jokus, den sie bei ihrem Treffen exakt 36 Jahre später wiederholten.
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0 48 INSELFAMILIEN
HILFE,
HIER WIRD SCHARF
GESCHOSSEN…?
Sie zählt zu den »Eisernen Ladys« der Insel. Gisela Manott macht
nämlich seit 60 Jahren mit ihrem Hajo gemeinsame Sache und feierte
mit ihm und der Familie die »Eiserne Hochzeit«. 84 Jahre alt
ist die rüstige Dame, die beim Inselfasching schon mal zur Waffe
greift, aber meist im Schatten ihres umtriebigen und auf der Insel
recht bekannten Mannes Hajo (Foto unten, mitte) steht, der nicht
nur in den Raucherkneipen seinen Hit vom Wangerooger Leben zum
Besten gab:
Im Wangerooger Leben trieb ich mich einst umher,
ein ganz verweg’ner Bursche, hab’ keine Heimat mehr.
Des Nachts spiel ich Verbrecher, am Tag spiel ich Baron
und dieses Räuberleben führ’ ich seit Jahren schon.
Ich will’s noch einmal wagen, den ganzen großen Streich,
will’s allen Verbrechern sagen: Wir werden noch mal reich.
Und mit der Blendlaterne der Einbruch mir gelang,
doch plötzlich der Besitzer vor seiner Kasse stand.
Da gab es kein zurück mehr, ich zog mein Messer blank,
und stach es dem Besitzer, dass er zu Boden sank.
Alarm, Alarm-Polente, es ist ein Mord gescheh’n,
Alarm, Alarm-Polente, auf Nimmerwiederseh’n.
Mit Messer, Pfeil und Bogen geht es dem Zuchthaus zu,
Ade, mein Wangerooge, jetzt hast du endlich Ruh.
Ade, mein Wangerooge, jetzt hast du endlich Ruh.
DIE NÄCHSTE VORFÜHRUNG DES FILMS »WANGEROOGER LEBEN« WAR FÜR DEN 7. JUNI
2020 VORGESEHEN.
DIPDIP – TAMTAM
Erinnern Sie sich noch? Ende April wurde auch auf Wangerooge
die Maskenpflicht eingeführt. Schon vorher wurde auch zu Hause
fleißig genäht. Die Nähmaschinen ratterten.
Bei Ihna Siemens (Foto), Vortrommlerin bei den Wangoo Diptams,
waren die Masken in Handarbeit schon Wochen vorher in Produktion.
Die Allrounderin verteilte diese dann an die Apotheke,
Arztpraxis oder Rettungsstation, wo diese dann gegen eine Spende
erworben werden konnten. Der Erlös daraus geht an einen
guten Zweck, in diesem Fall an die »Quad-Engel Ostfriesland
e.V.«, die es kranken und benachteiligten Kindern ermöglicht,
Quad zu fahren, um ihnen so ein Lächeln ins
Gesicht zu zaubern.
Auch andere Insulaner produzieren Masken aus
100% Baumwolle. Mit entsprechender Einlage ein
ebenso wirkungsvoller Schutz. Der Beweis dafür, dass
die Bewohner von Wangerooge immer kreativ und produktiv
sind. Auch – oder besonders – in Krisenzeiten.
Die Traditions-Trommlerinnen trommeln noch im
Homeoffice, in der Hoffnung, doch noch das eine oder
andere Konzert in diesem Jahr spielen zu können.
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KLIMAWANDEL 0 51
Wir erleben außergewöhnliche Zeiten: Der Klimawandel ist
hautnah spürbar und direkt vor unserer Haustür. Jugendliche,
die freitags für eine umweltverträgliche Transformation unserer
Gesellschaft auf die Straße gehen. Die Sorge um unsere Zukunft
wirbelt die Parteienlandschaft durcheinander und spaltet
Generationen. Auch auf Wangerooge.
e
s ist vor allem für Jüngere
nicht nachvollziehbar, warum
viele Menschen durch einen
wenig nachhaltigen Lebensstil
ihre und unsere Zukunft aufs Spiel setzen.
Verrückte, fassungslos machende Zeiten:
Trotz kollabierender Klimaprozesse purzeln
SUV-Verkaufsrekorde und es herrscht ungezügelte
Flugreise-Lust.
Die nun zur Klimarettung diskutierten
Konzepte sind nicht wirklich neu, schon vor
über 35 Jahren wurde für eine nachhaltige
Zukunft eingetreten. Wer weiß beispielsweise
noch, dass mal »Tempo 100 gegen Waldsterben«
Thema war. Heute kriegen wir
ja nicht mal Tempo 130 hin und der Wald
stirbt ungebremst.
Zu lange haben wir die Anzeichen der bedrohlichen
Veränderungen ignoriert. Was
sagen wir unseren Kindern, wenn sie fragen,
warum wir die letzten vier Jahrzehnte
umweltmäßig sehenden Auges verschlafen
haben? Dass wir viel zu langsam und unentschlossen
handelten? Wir stehen seit Jahren
vor gewaltigen Versäumnissen beim Energie-,
Verkehrs- und Agrarsektor. Wir hatten
sehr viel Zeit, einen langsamen Wandel
einzuleiten und jetzt staunen wir, dass uns
die Zeit davon gelaufen und der Klimawandel
nicht mehr fiktiv ist, sondern wir selbst
mittendrin stecken. Ist die Zeit des Zögerns
endlich vorbei?
Die Transformation aller Lebensbereiche
in den nächsten Jahren ist eine enorme
Gesellschaftsaufgabe mit großen Chancen
für mehr Lebensqualität vor allem in unseren
Städten. Weniger Lärm und Abgase,
Erholung direkt vor der Haustür in üppig
durchgrünten Straßen, artenreiche Landschaften
mit naturnah produzierten Lebensmitteln
umgeben uns, Fahrradtrassen
und attraktiver ÖPNV bringen uns voran,
nachhaltige Stadtentwicklung ohne Neuversiegelung
und mit ökologischem Rückbau
frei werdender Flächen, Bürgerprojekte zur
Stärkung des Zusammenhalts der Gesellschaft
und generationsübergreifende Wohnprojekte
werden umgesetzt.
Transformation ist alternativlos und
bei einfühlsamer Umsetzung sozial ausgewogen.
Menschen mit geringem Ressourcenverbrauch
haben einen geringen
ökologischen Fußabdruck und profitieren
besonders von Transformationsgewinnen.
Nehmen wir die Ängstlichen und Zögerlichen
an die Hand. Denn: Außergewöhnliche
Jahre liegen vor uns.
FOTO: EVELYN GENUIT
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0 52 NATUR PUR
ENDLICH WEG MIT
DEN KARTOFFELROSEN
Auch in diesem Sommer kommen wieder zahlreiche junge Naturliebhaber, um auf Wangerooge
tätig zu werden. Ehrenamtlich, versteht sich. Ein Teil der Jungen und Mädchen werden im OJE am
Sportplatz untergebracht.
i
m Rahmen des Programms gibt es
auch eine Maßnahme zur Wiederherstellung
der Wangerooger Küstenheide.
Im Rahmen des Inselschutzes
erneuert das Wasser-und Schifffahrtsamt
Wilhelmshaven (WSA) das Deckwerk auf
Wangerooge. Dabei werden auch Dünenareale
überbaut oder beeinträchtigt. Für
diesen Eingriff in die Natur führt das WSA
schon seit dem vergangenen November Ausgleichsmaßnahmen
in den Dünen westlich
des Dorfes auf Wangerooge durch. Das Ziel
der Maßnahme ist die weitere Entwicklung
der Heide auf Wangerooge. Die Maßnahme
ist mit der Nationalparkverwaltung
abgestimmt und wird von dieser fachlich
begleitet.Die Heide auf Wangerooge ist das
größte zusammenhängende Küstendünen-
Heide-Gebiet mit Besenheide auf den
Ostfriesischen Inseln und im Rahmen
des Europäischen Schutzgebiets-Netzes
Natura 2000 besonders geschützt. Sie
hat sich westlich des Dorfes seit Ende des
19. Jahrhunderts entwickelt und ist auf
Wangerooge landschaftsprägend. Durch die
Festlegung der Dünen fehlt eine natürliche
Dynamik. Deshalb ist diese Küstendünen-
Heide zunehmend durch Verbuschung
und Ausbreitung von gebietsfremden
Gehölzen wie Kartoffelrose, Spätblühende
Traubenkirsche, Apfelbeere und Schwedische
Mehlbeere gefährdet.Bereits 2011
wurden erste Maßnahmen zur Verjüngung
und Entwicklung der Heide durch die
Schaffung von offenen, vegetationsfreien
Rohbodenflächen auf Wangerooge durchgeführt.
Dazu wurden zusammenhängende
Kartoffelrosenbestände samt Wurzeln
abgeschält und der anschließenden natürlichen
Wiederbesiedlung durch Heide und
Graudünen-Grasfluren überlassen. Die
2011 durchgeführten Maßnahmen waren
erfolgreich. In den Folgejahren hat sich
wieder Heide angesiedelt, so dass nun jüngere
und ältere Heide-Bestände benachbart
liegen und eine Verjüngung stattgefunden
hat. Neben der Heide haben sich wertvolle
Borstgras-Bestände entwickelt und gefährdete
Pionierarten der feuchten Dünentäler
wie der Zwerglein und der Sumpfbärlapp
angesiedelt.Zur Fortsetzung dieser erfolgreichen
Maßnahmen von 2011 wird das
WSA nun weitere 0,5 ha Kartoffelrosen in
der Heide beseitigen, um Rohbodenflächen
für eine Heideregeneration zu gewinnen.
Die Maßnahmenflächen liegen benachbart
zu den Flächen, die 2011 bearbeitet wurden.
Auf Dauer soll die Kartoffelrose aus der
Wangerooger Heide verdrängt werden, um
den für die Insel Wangerooge so typischen
Landschaftseindruck der Heide, der als etwas
Besonderes und Einmaliges zu betrachten
ist, zu erhalten und zu entwickeln.Das
oberirdische Abschälen der Kartoffelrosen
und das vollständige Herauskämmen der
Wurzeln wird ca. 2 Wochen in Anspruch
nehmen.Wie bei den Arbeiten 2011 werden
Nachpflegearbeiten über einige Jahre erforderlich
sein.
Die Freiwilligen-Gruppen der IJGD und
der Bethel-Stiftung werden sich auch in naher
Zukunft tatkräftig daran beteiligen. Die
Entwicklung der bearbeiteten Flächen wird
wissenschaftlich begleitet.
FOTO: EVELYN GENUIT
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0 54 GÄSTEBUCH
EIN HAUPTMANN
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In diesem Jahr nahmen sieben Soldaten des Taktischen
Luftwaffengeschwaders 71 »Richthofen« an der Verlegung auf die
Insel Wangerooge teil. Für acht Tage unterstützten die Mannen
aus Wittmund unter Leitung von Hauptmann Erwin Bremer auf
dem Nordsee-Eiland verschiendene Projekte. Hauptmann Bremer
übernahm zum 20. Mal die Leitung – sein persönliches Jubiläum.
z
ur Geschichte: Seit 1975 verbringt
eine Gruppe Soldaten vom Standort
Wittmund jährlich ein paar
Tage auf der Insel Wangerooge,
natürlich im Rahmen ihrer Freizeitgestaltung.
Im Laufe der Jahre verfestigte sich
die Freundschaft mit den Wangeroogern
und speziell mit der Gemeindeverwaltung,
sodass am 25.08.1995 eine offizielle Patenschaft
zwischen der Gemeinde Nordseeheilbad
Wangerooge und der damaligen
Fliegerhorstgruppe des Jagdgeschwaders
71 »Richthofen« geschlossen wurde. Trotz
der vielen Veränderungen und somit auch
verschiedener Umstrukturierungen am
Standort Wittmund wurde diese Patenschaft
stets offiziell erneuert und gilt somit auch
für das Taktische Luftwaffengeschwader 71
»Richthofen«.
Nach und nach wurden stets verschiedene
gemeinnützige Projekte für die Insel Wangerooge
entwickelt, die die jeweiligen Soldatenteams
tatkräftig unterstützten. So wurden
zum Beispiel verschiedene Kinderspielplätze
auf Stand gebracht, der Ehrenfriedhof vom
Wildwuchs befreit und die Freiwillige Feuerwehr
Wangerooge bei ihrem Umzug ins neue
Gebäude unterstützt. Auch in diesem Jahr
gab es Initiativen: So wurde etwa für die Barrierefreiheit
am Dünenspielplatz gesorgt und
in Zusammenarbeit mit den Gemeindemitarbeitern
ein Holzsteg aufgebaut.
Neben dieser Aufgaben hat das Soldatenteam
gleichzeitig zum dritten Mal das Sommerfest
der Gemeindemitarbeit ausgerichtet
und den Service durchgeführt. Es wurde erneut
eine Mottoparty mit dem Thema »Flower
Power« organisiert. Nicht nur das Serviceteam
der Soldaten hatte sich entsprechend
gekleidet, sondern auch viele Teilnehmer
folgten der Aufforderung zur Teilnahme und
dem Dresscode.
Das 25-jährige Bestehen der Patenschaft
wird – solange es die Anti-Corona-Maßnahmen
erlauben – am 05. September 2020 mit
einer großen öffentlichen Veranstaltung in
der Strandkorbhalle der Gemeinde Wangerooge
gefeiert. Erste entsprechende Planungen
und Vorbereitungen wurden bereits besprochen.
Auch auf der Insel
Immobilienverwaltung
Wangerooge
Die Immobilienverwaltung auf Wangerooge stellt besondere Herausforderungen, die weit über
die normalen Anforderungen an eine Immobilienverwaltung auf dem Festland hinausgehen.
Sei es die gute Zusammenarbeit mit den örtlichen Dienstleistern,
sei es der erhöhte Aufwand, vor Ort Termine
wahrzunehmen oder auch die seltene Präsenz der Ferienwohnungs-Eigentümer
vor Ort.
Um diese Herausforderungen zu meistern, bieten wir die
optimale Immobilienverwaltung auf Wangerooge an.
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0 56 WANGEROOGES WAHRZEICHEN
VOR 165 JAHREN: NEUJAHRSFLUT ZERRISS DEN WESTTURM
Ein Wahrzeichen Wangerooges ist neben
dem Alten Leuchtturm und dem »Pudding«
der 56 Meter hohe Westturm. Ein
markantes Bauwerk, das Besucher schon von
Weitem sehen. Ein erster Turm, der von 1597
bis 1601 errichtet wurde, diente als See- und
Landmarke sowie Kirche. Er stand inmitten
des alten Inseldorfes, bis die Neujahrsflut
1855 die Insel in drei Teile zerriss. Das
Dorf musste aufgegeben werden, doch der
Turm stand noch bis 1914 am Weststrand.
Zu Beginn des Ersten Weltkriegs ließ ihn die
Marine sprengen, da sie befürchtete, feindliche
Schiffe könnten sich an ihm orientieren.
1932 wurde etwa 800 Meter südlich ein neuer
Turm nach historischem Vorbild gebaut.
Seit seiner Einweihung 1933 wird er als Jugendherberge
genutzt, die inzwischen über
einen modernen Anbau verfügt. Ein toller
Ausblick ist hier garantiert. Am schnellsten
erreichen Besucher den Westturm mit der
Inselbahn – zu Fuß dauert es vom Zentrum
rund 45 Minuten.
FOTO: EVELYN GENUIT
NEUERÖFFNUNG
WANGEROOGE · PETERSTRASSE 17
Wir führen auch Weine von Winzern,
die wir persönlich kennen.
Schauen Sie selbst: Für jeden Geschmack ist etwas dabei!
Auch alkoholfreie Weine.
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Auf der Insel kann endlich wieder getippt werden!
INSELHEIME 0 59
IM JULI
GEHT ES LOOOS…?
Denkste! Es ist schon Mai, und die Inselheime stehen wegen Corona
immer noch leer. Auch die Macher der Jugendherberge stehen auf dem
Schlauch. Wann dürfen wieder Gäste kommen?
r
ückdrehe. Wenn im März eines Jahres
die ersten Schulklassen mit den
mitgereisten Lehrern und helfenden
Eltern die Fähre am Wangerooger
Anleger verlassen und den Fußmarsch vorbei
an Dünen und Salzwiesen in aufkommender
Vorfreude hinter sich gelassen haben,
werden sie sich im Westen der Insel eine
Woche lang erholen. So ist es in »normalen«
Zeiten.
Gegenwart. Mitte Mai 2020 sind am Bünder
Schullandheim der ostfriesischen Insel keine
Spuren der enormen Umbauarbeiten ausfindig
zu machen, die hier monatelang stattgefunden
haben.
Die großen Mulden auf dem Vorplatz des
Heims sind verschwunden, die Schuhschleuse
und alle Gänge wurden penibel während
der »Arbeitskur« des Vereins Bünder Schullandheims
von Beton- und Fliesenresten gereinigt
und der Mädchentrakt wird auch von
den Lehrern, die das Glück haben, regelmäßig
Schulklassen auf die Insel begleiten zu
dürfen, nicht mehr wieder zu erkennen sein.
Besonders der Mädchentrakt profitierte
von den Umbauarbeiten. Das gesamte
Erd- und Obergeschoss hat einen neuen Bodenbelag
erhalten: Alte Tapeten wurden in
den gesamten Zimmern entfernt, die Wände
geputzt, armiert und gestrichen. Die
0 60 INSELHEIME
Tür zargen wurden ausgewechselt und
gestrichen. Interessant: Die Betten wurden
abgebaut nach Bünde geschafft, abgeschliffen,
neu lackiert und wieder auf die Insel
transportiert und aufgebaut. Auf den Zimmern
wurden neue Waschbecken und große,
moderne Spiegel angebracht. Es wurden
neue Wasserleitungen verlegt, neue Elektronik
installiert. Folge: Jedes Bett verfügt
nun über eine eigene Steckdose und einen
USB-Anschluss. Die Duschräume wurden
neu verfließt, neue Duschen wurden montiert
und mit Trennvorrichtungen versehen.
Der gesamte Bereich ist farblich abgestimmt
und wirkt äußerst modern und zeitgemäß, so
dass sich die Schüler in einer äußerst attraktiven
Umgebung wiederfinden werden.
Bielefelder Haus gerüstet
Oje – Wir sind fast fertig!
Das bunte Gutenbergheim
NEUE KÜHLHÄUSER
Neben dem Mädchentrakt wurde auch noch
das Lehrerzimmer neu gestrichen und zwei
neue Kühlhäuser in der Küche eingebaut.
Die ‚Aktion Kühlhaus’ wurde zu einem
schwierigen Unterfangen. So mussten – aus
Gründen der Statik – drei Wände weichen
und mehrere Stahlträger verbaut werden,
womit nach der Planung noch niemand gerechnet
hatte. Weil das alte Kühlhaus von
1975 nicht mehr funktionsfähig war, sollte
dieses zwei moderneren Kühlhäusern weichen.
Dafür wurden Wände mit Riesenwinkelschleifer
in ihre Einzelteile zerlegt und
herausgetragen, vom Keller wurde das Ganze
abgestützt. Nebenan entstand direkt noch
ein Trockenlager. Da die einzelnen Räume
unterschiedliche Höhen hatten, musste als
Ausgleich ein neuer Estrich verlegt werden.
Die Statik wurde nun so geplant, dass sich
das Ganze in den nächsten Jahren noch erweitern
lässt.
Übrigens: Der gesamte Umbau wurde
nicht von heimischen Unternehmen, sondern
von Firmen aus Bünde und Umgebung
unter Regie des technischen Leiters Jens
Kröger durchgeführt. Der stellvertretende
Vereinsgeschäftsführer Grefe hebt zudem
das Engagement der ehrenamtliche Helfer
hervor, die bei den notwendigen Abbrucharbeiten
mit Hand anlegten: »Die Summe dieser
ehrenamtlichen geleisteten Arbeiten hilft
dem Verein, das Haus in gutem, attraktiven
Zustand zu erhalten und den Kindern einen
günstigen Schullandheim- oder Ferienaufenthalt
zu ermöglichen.«
Der Verein Bünder Schullandheim bietet
in den Sommerferien vom 11. bis 25. Juli eine
Freizeit für Kinder zwischen 10 und 15 Jahren
an. Ob sie stattfinden wird? Ob auch die
anderen Inselheime bald loslegen können?
Abwarten …
FOTOS: EVELYN GENUIT
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0 62 SEENOTRETTER
SCHIFFE VOR WANGEROOGE
Auch im Mai herrschte vor der Insel reger Schiffsverkehr. Auch einige dicke Pötte und
Umweltverschmutzer lagen vor Reede, konnten vom Wangerooger Strand gut beobachtet werden.
d
ie Seenotretter bekamen viel
Arbeit. Einen niederländischen
Fischkutter, der manövrierunfähig
im Fahrwasser nordwestlich
von Wangerooge trieb, haben die
Seenotretter der Deutschen Gesellschaft zur
Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS) am 12.
Mai gerettet. Das 22 Meter lange Fischereifahrzeug
(Heimathafen Oudeschild/Texel)
hatte am frühen Morgen Maschinenschaden
erlitten.
Für den um kurz nach 6 Uhr alarmierten
Seenotrettungskreuzer »Bernhard Gruben«
der DGzRS waren zunächst 16 Seemeilen
(ca. 30 Kilometer) bis zum Havaristen zurückzulegen,
aber bereits eine Stunde nach
der Alarmierung konnten sie den Havaristen
auf den Haken nehmen. Ein Schlepper,
der mit anderem Auftrag unterwegs war,
war bis zum Eintreffen des Seenotrettungskreuzers
sicherheitshalber in der Nähe geblieben.
Während der Schleppreise untersuchten
die Fischer trotz schweren Seegangs
den Schaden und organisierten bereits Ersatzteile,
die zum Hafen Hooksiel gebracht
wurden.
Emotionale Tage und Wochen liegen
hinter den Seenotrettern. Ein neuer Rettungskreuzer
SK 40, die künftige HAM-
BURG, ist auf Borkum angekommen. Die
Insel-Feuerwehr bereitete den Seenotrettern
mit Martinshorn und Wasserfontänen
einen unvergesslichen Empfang. Gleichzeitig
hieß es Abschied nehmen: Der Vorgänger
Alfried Krupp verließ nach 32 bewegten
Einsatzjahren die Station Borkum.
Kaum lag der neue Seenotrettungskreuzer
SK 40 im Schutzhafen, musste er sich
auch schon in seinem ersten Einsatz bewähren:
Im Offshore-Windpark »Borkum
Riffgrund 1« war ein Schiff mit einer Windkraftanlage
kollidiert. Dabei wurden drei
Besatzungsmitglieder verletzt. Der Havarist
schlug leck, Wasser drang ein.
Wann SK 40 und sein Tochterboot TB
44 ihre endgültigen Namen erhalten, steht
noch nicht fest. Die für den 19. April an der
Elbphilharmonie in Hamburg geplante Taufe
konnte Corona-bedingt nicht stattfinden.
Wangerooge bekam bereits vor zwei Jahren sein neues Rettungsboot –
die »Fritz Thieme«. Evelyn Genuit besuchte und fotografierte den Seenotretter.
Das Foto von Stefan Erdmann zeigt das
alte Wangerooger Rettungsboot »Wilma
Sikoski« auf dem neuen Liegeplatz
in Norddeich. Dieses Schiff soll bald gegen
einen Neubau ausgetauscht werden.
Vorher war die Sikoski bekanntlich viele
Jahre auf Wangerooge stationiert.
WENN SEELEUTE …
… mit ihrem Schiff in eine bedrohliche Situation geraten, dann
fügen sie sich nicht ihrem Schicksal – vielmehr suchen sie
schnell nach einer praktikablen Lösung, um den vorgesehenen
Kurs beibehalten und das Ziel erreichen zu können.
Die derzeitige Ausnahmesituation hat viele traditionelle Segelschiffe
und deren Buchungsbüros kalt erwischt. Maritime Großveranstaltungen
wurden abgesagt, die Schiffe können nicht auslaufen,
und inwieweit geplante Segeltörns in der Sommersaison überhaupt
stattfinden, ist derzeit nicht absehbar.
Traditionssegler und Buchungsagenturen haben sich deshalb in der
bisher einzigartigen Solidaritäts-Aktion »Schiffsrettung 2020« zusammengeschlossen
und bitten Sie um Ihre Unterstützung: Mit dem
Kauf eines virtuellen Tickets für die Windjammerparade zur Kieler
Woche 2020 (die nicht stattfinden wird) nehmen Sie an einer
großen Verlosung teil. Insgesamt mehrere Hundert Preise, darunter
Mehrtages- und Tagestörns in 2021, Reisegutscheine, Strandkorbübernachtung,
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DAS BUNTE INSEL-MAGAZIN NR. 2 // 2018
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0 64 KREUZFAHRTEN
BODOS SCHNAPPSCHUSS
Zur richtigen Zeit am richtigen Ort war
Bodo Hundorf, als er an einem Tag im April
2020 die Gepäckfahrpause zu einem
Gang zum Strand nutzte und die »Iona«
auf dem Weg nach Bremerhaven vor die
Linse bekam. Bei schönstem Frühlingswetter
konnte man den 50. Kreuzfahrer der Papenburger
Meyer-Werft auf dem Weg nach
Bremerhaven von Wangerooge aus gut in
Augenschein nehmen.
Der auf Wangerooge bestens bekannte
Bodo passte den Augenblick ab, als der 344
Meter lange Neubau genau zwischen die
Leuchttürme Roter Sand (links) und Alte
Weser »passte«. Die Türme liegen rund 1,7
Seemeilen voneinander entfernt.
Der Strand von Wangerooge ist vom Fahrwasser
der Neuen Weser, das die »Iona« hier
passiert, rund sieben Seemeilen entfernt.
Die Fertigstellung des Kreuzfahrtschiffs, das
nun in Bremerhaven liegt, verzögert sich indes.
Um die Gesundheit der Mitarbeiter zu
gewährleisten und aufgrund steigender und
sich täglich ändernder Restriktionen und
Auflagen der Behörden hat die Meyer-Geschäftsleitung
die Zahl der Personen an Bord
der »Iona« auf ein Minimum zu reduzieren.
Übrigens: An Bord des neuen Kreuzfahrtschiffs
wird nur eine stark verkleinerte
Mannschaft sein, die zum Betrieb und
zur Sicherheit nötig ist. Der Innenausbau
und die Erprobung auf See werden zunächst
ausgesetzt, berichtet das Fachblatt »Schiffsjournal«.
VOR WANGEROOGE
Ende April wurde vor der Insel ein weiteres
Kreuzfahrtschiff der Reederei TUI-Cruises,
die knapp 300 Meter lange MEIN SCHIFF 6
auf die Reede vor Wangerooge genommen.
Anfang April hatte die MEIN SCHIFF 4 hier
bereits Position bezogen, nachdem sie vorübergehend
in Bremerhaven fest gemacht
hatte, um einen Teil der Crew von Bord gehen
zu lassen. Nach unbestätigten Informationen
sind aber etwa 800 Mitarbeiterinnen
und Mitarbeiter weiterhin an Bord.
FOTO: BODO HUNDORF
MEINE MEINUNG
Seit Anfang April 2020 ist Dr. Annick
Goltz (Foto mit Bürgermeister Marcel
Fangohr) als neue Insel-Ärztin auf Wangerooge.
Ihre Meinung zur anstehenden
Sommersaison: »Ich kann das von Seiten
des Tourismus natürlich absolut nachvollziehen,
dass die Saison nicht abgesagt wird.
Aus ärztlicher Sicht halte ich das aber für
sehr schwierig zu bewältigen. Wenn wir eine
Vielzahl von Touristen auf die Insel bekommen
und gleichzeitig Patienten mit Covid-19
wird das mit zwei Hausärzten auf der Insel
schwer zu handhaben sein.«
Hintergrund: Kleine Inseln wie Wangerooge
verfügen nicht über ausreichend
medizinische Kapazitäten, um einen Corona-Ausbruch
bekämpfen zu können. Patienten,
die intensivmedizinisch betreut werden
müssen, müssten per Helikopter ausgeflogen
werden.
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0 66 INSELKICK
ALS AUF DER INSEL NOCH
FUSSBALL GESPIELT WURDE …
Die Inselkicker gehen in der 4.Kreisklasse Jade-Weser-Hunte Staffel 1 auf Rekordjagd. Eigentlich sollte
am 6.6.2020 gegen die zweite Mannschaft des SV Gödens auf der Arena am Flugplatz die Saison zu
Ende gehen, obwohl für TuS Wangerooge eigentlich die Saison 19/20 noch gar nicht richtig begonnen
hat. Denn seit sage und schreibe acht Monaten gab es für die Inselkicker kein Punktspiel mehr.
e
s gab Absagen aus verschiedenen
Gründen, dann kamen die
Stürme und dann Corona«,
erklärte Marco van Koten die
Gründe. Van Koten gehört zu den Allround-
Sportlern der Insel. Hauptberuflich ist er
Schwimmmeister in der Oase, dann erster
Vorsitzender des TuS, Spielertrainer der
Fußballer und – schoss auch noch die beiden
letzten Treffer. Am 20. Oktober 2019 sorgte
er mit seinen Toren für Ergebniskosmetik.
Mich Rieger hatte den TuS zwar mit
zwei Toren in Folge ausgeglichen. Doch am
Ende stand eine 4:8-Schlappe im letzten
Hinrunden-Match in Gödens. Eben gegen
jene Truppe, die am 6.6. nach Wangerooge
kommen sollte.
Fröhliche Inselkicker. Marco van Koten (unten 4. von links) ist jetzt der neue TuS-
Allrounder. Der Schwimmmeister führt den Klub als erster Vorsitzender und als
Spielertrainer die Mannschaft.
LETZTES HEIMSPIEL IM OKTOBER
Es gibt Ab-, Zu- und andere Stimmungen.
Stimmt eigentlich noch alles im Fußball?
Stimmt überhaupt noch etwas in Zeiten
von Corona? Der ominöse Virus ist derzeit
das allumfassende Thema und hat auch den
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INSELKICK 0 67
Schoss im Oktober 2019 das letzte Tor
für den TuS auf dem Rasen am Flugplatz:
Dominik Alarich.
Sport fest im Griff. »Nichts geht mehr.« In
allen Sportarten wurden Großevents abgesagt,
Spielzeiten erst unter-, dann abgebrochen.
Seit Wochen wird nach Lösungen
gesucht, wie die Saison 2019/20 gewertet
werden könnte.
Die Profis sind schon am Zug, sollen am
zweiten Mai-Wochenende wieder ran. Geisterspiele.
Fernsehspiele. Profis aus anderen
Sportarten kritisieren das Vorpreschen.
Viele vergessen, dass auch dem Amateur-
Fußball, der just zu dem Moment seinen
Spielbetrieb wieder aufnahm, als Covid-19
zuschlug, machte die Pandemie einen dicken
Strich durch die Rechnung.
Doch was tun mit der angebrochenen
Saison? Abbruch und werten, wie es gerade
steht? Die meisten Klubs könnten damit
leben, wie die ersten Abstimmungen zeigen.
Abbruch und Annullierung? Jede der Szenarien
hätten eines zur Folge: Klagen der
betroffenen Vereine, die entweder nicht aufsteigen
könnten oder absteigen müssten. Bis
da das letzte Urteil gefällt wäre, das könnte
lange dauern.
Es ist ein schwaches Argument, die
Saison könne bis zum Frühjahr 2021 dauern.
Sollte dies nämlich der Fall sein, dann
würde wohl die Spielzeit 2020/21 ersatzlos
gestrichen und es ginge mit der Saison
2021/22 weiter. Würde man jetzt abbrechen,
im Herbst die neue Saison beginnen
wollen und das Coronavirus hätte immer
noch vieles im Griff oder käme mit einer
zweiten Welle wieder, würden wohl zwei
Spielzeiten in die Wupper bzw. in die Nordsee
gehen.
Im letzten Heimspiel konnten die Jungs
von der Insel übrigens einen 2:1-Sieg verbuchen.
Dominik Alarich wurde als Joker in
der 90. Spielminute mit seinem Siegtreffer
als Mann des Tages gefeiert. Steven Müller
erzielte den Ausgleichstreffer zum 1:1-Pausenstand.
Das war am ersten Sonntag im Oktober.
Seitdem sind der schmucke Rasen und die
sehenswerte VIP-Lounge verwaist.
TEXT & FOTOS: MANFRED OSENBERG
AUCH MIT MASKE …
… wird Nick Müller (unten) an der Inselmarktkasse
von allen Kunden und
Kundinnen erkannt. Denn der 21-Jährige
zählt zu den jungen Allroundern, die auf
mehren Hochzeiten tanzen. Beispiele gefällig?
Hauptberuflich sitzt er bei seinem
Lieblingschef Ralf Lammers an der Kasse.
Nebenbei sitzt er neben Beisitzerkollege
und Golfclub-Präsident Volker Nannizzi im
CDU-Vorstand, ist Kassierer beim TuS Wangerooge
und bei der Freiwilligen Feuerwehr.
Und weil der junge Mann noch nicht ausgelastet
ist, sucht er auf der Insel nach Fotomotiven
für die MOIN.
0 68 SERIE VII
KENNEN SIE NOCH DEN
CITY GRILL?
Gäbe es einen Preis für den wohl unpassendsten Namen eines gastronomischen
Betriebes auf Wangerooge – Günther Kraft mit seinem »City Grill« wäre sicherlich
einer der aussichtsreichsten Kandidaten dafür gewesen.
n
un, urbane Atmosphäre hätte man gewiss vergeblich
gesucht beim Betreten des »City Grill« in der Charlottenstraße.
Und auch ein kosmopolitisches Publikum
sollte man nicht erwartet haben, wenn man erst einmal
die sieben Stufen zum Eingang des Imbiss erklommen hatte.
Auf der Suche nach einem ausgesprochen leckeren Grillhähnchen
jedoch wurde man in diesem Lokal fündig. Wie auch nach einer
Currypommes oder einem Schaschlik mit doppelt Sauce. Nein,
es war nicht die haute cuisine, die hier gesucht oder serviert wurde.
Es war die eher schnelle und einfache Küche, mit der kein Gast vor
Kollegen prahlte, an der aber hin und wieder kein Weg vorbei ging.
Der »City Grill« war gewiss keine angesagte Location, an dem Coolness,
erotische Anbandlung oder intellektueller Austausch im Vordergrund
standen.
Betrieben wurde der City-Grill von Günther und seiner Frau
Hannelore Kraft. Nicht nur der Grillimbiss wurde von ihnen bedient,
Günther Kraft war Schlachter und belieferte aus seiner Fleischerei
auch viele der Kinderheime der Insel mit Schnitzel, Goulasch,
Würstchen und Schweinebraten. Im Souterrain des Lokals
befand sich der unerwartet große Arbeitsraum, die den Bedarf des
Imbisses bei Weitem übertraf. Es war Günthers Reich, in dem seine
Filets abhingen, er seine Würstchen fabrizierte, in Fleischerdingen
wirbelte und mit seinem Helfer Jükie allerlei, zumindest für
Außenstehende, Geheimnisvolles vollzog. »Mir geht es gut, ich hab’
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Kraft auf den Teller …
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’ne Schaschlikbud« sagt der Volksmund, und als Günther Kraft das
Haus Kiessing in der Zedeliusstraße erwarb, wunderte sich so mancher
Insulaner, wie man mit Würstchen ein solches Wohlstandsniveau
erreichen könne.
»’Ne Rund knobeln?« war wohl die Zauberformel zum Zugang
des inneren Kreises der City-Griller, der Stammgäste dieses Lokals.
Wenn Maggi, der Wirt des Tschako, sagte, er müsse sich eben mal
um die Bestellung für den Abend kümmern, dann traf man ihn kurze
Zeit später mit ziemlicher Gewissheit am Tresen des City-Grills
an, einen Knobelbecher in der rechten, seine Bestellung in der linken
Hand. Im City-Grill saß er dann gemeinsam mit anderen Insulanern,
die dem gleichen Hobby nachgingen wie er. Nach Feierabend
trudelten sie täglich ein, die Maler und Klempner, die Maurer und
Elektriker der Insel. Und selbst in alten Wangerooger Mythen, wie
beispielsweise über die Entstehung der karibischen Reggae-Musik,
spielt der City-Grill eine unerwartet tragende Rolle. Aber das ist ja
wieder eine ganz andere Überlieferung.
Die Fritteuse des City-Grills ist schon längst erkaltet und die
Knobelbecher auf dem Tresen sind schon so lange verschwunden wie
der Grillimbiss selbst. Nur wenig Menschen erinnern sich noch an
dieses Lokal mit dem für eine Insel doch recht merkwürdigen Namen.
Das ist äußerst bedauerlich, denn es war ein nicht unbedeutender
Teil des Wangerooger Lebens der 1970er und 1980er Jahre. Und
sein sympathischer Wirt ist völlig zu Unrecht vergessen. Für alle, die
sich jedoch noch an ihn erinnern, war er ein richtig netter Kerl.
TEXT & FOTO: AXEL STUPPY
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WANGEROOGE
UND DER REST
DER WELT
0 70 INSELANGEBOTE
STRANDLEBEN
Himmelfahrt. Vatertag. Herrliches Wetter an der Nordsee.
Insulaner, Zweitwohnungsbesitzer. Urlaubsgäste waren in proppenvollen
Fliegern und relativ gut gefüllten Fähren auf die Insel
gekommen. Wenig Betrieb auf der ZE. Aber viele sonnenhungrige
und badefreudige Erwachsene und Kinder in und am Wasser.
d
as
»neue« Leben am Wangerooger
Hauptstrand. Wegen
der Abstandsregelungen kann
die Kurverwaltung nicht die
gleiche Anzahl an Strandkörben stellen wie
üblich. Es ist sinnvoll, den Strandkorb vorab
online zu reservieren. Die Strandkorbvermietung
vor Ort ist auch an bestimmte
Bedingungen geknüpft. Bei der Anmietung
eines Strandkorbes müssen die vollständigen
Kontaktdaten hinterlegt werden, um
eine Nachverfolgung von Infektionsketten
zu gewährleisten. Weiterhin soll bei jedem
Gästewechsel eine Flächendesinfektion des
Strandkorbes vorgenommen werden. Für
die tägliche Desinfektion und Reinigung ist
der Gast selbst verantwortlich. Desinfektionsmittel
werden zur Verfügung gestellt.
Solange die Kontaktbeschränkungen und
Abstandsregelungen landesweit gelten,
müssen auch am Strand bestimmte Mietbedingungen
beachtet werden. Der Strand ist
nur tagsüber von 09.00 bis 20.00 Uhr geöffnet.
Es müssen die vorgegebenen Laufwege
genutzt und der Mindestabstand von
1,50 Meter zu den Strandkorbnachbarn
eingehalten werden. Es ist nicht gestattet,
Strandkörbe zusammenzustellen oder zu
verrücken. Die Strandkörbe sind so positioniert,
dass der Mindestabstand eingehalten
wird. Eine Runde mit mehreren Strandkörben
ist aufgrund der geltenden Kontaktbeschränkungen
nicht zulässig. Übrigens: Das
Burgenbauen um den Strandkorb herum sowie
das Aufbauen von Strandmuscheln ist
in diesem Jahr ebenfalls untersagt.
FOTO: EVELYN GENUIT
FUNDSACHEN
Wie kommt der Westturm nach Wuppertal? Die Ehefrau von MOIN-
Mitarbeiter Kurt Keil bekam die Kaffeesahne-Dose in einer Elberfelder Klinik
zum Tee. Im »Bethesda« lag der schwer erkrankte Fotograf, der am 12. Juni
2020 im Kreis seiner Familie seinen 80. Geburtstag feiern möchte. Übrigens
hat er den Westturm auf Wangerooge für das Inselmagazin und die MOIN-
Bücher schon über 100 mal abgelichtet.
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Das Kleingedruckte.
0 72 DIES & DAS
MAASS UND ABSTAND HALTEN..
Wangerooge und die Großfamilien Maass – die große Story in
der April-Ausgabe hat es verdient, »nachzukarten«. Leider ist einer
der Protagonisten inzwischen verstorben. Wolfgang Maaß (75),
auf dem Foto links mit seinen Freunden beim letzten Besuch im
Hamburger Hafen, wurde von seinem schweren Krebsleiden erlöst.
Der bekannte Naturmaler Harro Maass hat natürlich auch auf
Wangerooge Verwandte, die er gern besucht, zum Beispiel den auf
der Insel bestens bekannten Wilhelm Maaß, den alle nur »Queller«
nennen. Harro und Wilhelm haben gemeinsame Großeltern und
sind stolz auf die gemeinsamen Wurzeln, die auch im Buch »Wangerooge
und der Rest der Welt« näher beschrieben werden.
DIES & DAS 0 73
EX-INSELARZT
SCHWER ERKRANKT
Dr. Frank Kortenhorn (Foto) ist zwar
mit der Situation während der Corona-Krise
auf Wangerooge zufrieden
(bis zum Redaktionsschluss keine
Infizierten), warnt aber vor einem
»zu lockeren Umgang« mit den Sicherheitsbestimmungen.
In Quarantäne
musste sich nur ein Ehepaar aus NRW
begeben. Andere begaben sich in eine freiwillige
Selbstisolation von zwei Wochen.
Inzwischen hat sich auch die neue
Inselärztin Dr. Annick Goltz – wie sie
selbst sagt – gut eingelebt. Sie hat bekanntlich
den Platz von Dr. Hoppe eingenommen.
Er ist schwer erkrankt,
leidet sehr an den Folgen eines Schlaganfalls,
kann kaum noch sprechen
und lebt jetzt bei seiner Ex-Frau in
Wolfenbüttel. Die MOIN wünscht
Dr. Hoppe und auch allen anderen
Kranken gute Besserung!
FOTO: EVELYN GENUIT
LETZTE MELDUNGEN
Das 46. Wangerooger TENNISTURNIER soll nun doch stattfinden,
wie Daniel Greulich der MOIN Mitte Mai 2020 mitteilte:
»Die Vorbereitungen laufen auf Hochtouren und sollen vom 27. bis
31. Juli 2020 auf der Anlage in den Dünen stattfinden.« Angeboten
wird auch diesmal ein buntes Rahmenprogramm, u.a. mit Livemusik,
Playersparty in der Düne 17, Grillen im Parkhotel. Greulich:
»Selbstverständlich müssen wir uns an die Auflagen der Landesregierung
wie Hygiene und Abstandsregelungen halten.«
Auch die Planungen für das traditionelle SCHACHTURNIER
sind fast abgeschlossen. Möglich, dass es aber diesmal nicht an der
Strandpromenade, sondern aus Sicherheitsgründen in anderen Räumen
stattfinden wird. Hauptsponsor wird wieder das Hannoveraner
Unternehmen »Haus & Grundeigentum« sein.
FOTO: EVELYN GENUIT
WECHSELSPIELE: ANKE UND
CHRISTOPH FÜRS GOLDSTÜCK
Einige Geschäfte und Betriebe auf Wangerooge haben
die Besitzer gewechselt. Dazu gehört zum Beispiel auch die
Pizzabäckerei neben dem Pudding. Das »Goldstück« (Foto unten)
ist weg und hat mit dem bisherigen Pächter Andre Platz gemacht
für Anke und Christoph, die jetzt die Pizzabäckerei neben der
Strandpromenade führen. Der neue Name »Aloha« ist Programm.
Ab und zu hat das Paar aber auch noch Zeit zum Verschnaufen am
nahen Hauptstrand.
WWW.ALOHA-NUI-LOA.DE
0 74 AUSATMEN
Auf Wiedersehen bis im Hochsommer!
FOTO: EVELYN GENUIT
ANGLER
Frühmorgens um 5 Uhr. In Höhe der Saline angelt ein älterer
Mann. Wolfsbarsche sind gefragt. Aber ein vorbeikommender
Polizeibeamter scheint dagegen zu sein. »Guter Mann«, sagt er,
»wussten sie eigentlich, dass sie hier nur mit einer Lizenz fischen
dürfen?«. Der Angler staunt, scheint etwas verwirrt, hat aber
doch eine Antwort parat: »Danke für den Hinweis. Ich habe es
bisher nur immer mit Würmern versucht.«
SEX
Abendbrot bei Hempels. Die Ehefrau serviert. Ihr Mann schaut
erst aufs Essen, dann zum Fernseher. Er dreht sich um und fragt:
»Acht Wochen Corona. Wie ist es mal wieder mit Sex?« Sofort
kommt die Reaktion der Frau: »Nix da. Du Bleibst zuhause!«
FOTO: RENATE ZERHUSEN
Die schönste Toilette
der Insel kann im
Klock-Haus bewundert
(und natürlich
auch) benutzt werden.
Das runderneuerte,
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Liebe neu gestaltete
Gemeindehaus neben
der Evangelischen Kirche
ist besonders bei
den älteren Wangeroogern
beliebt. Bestens
besucht sind die Seniorennachmittage.
Fraglich,
ob das nächste,
für den 19. Juni 2020
geplante Treffen stattfinden
kann. Corona …
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Herausgeber
OSInsel-Verlag Wangerooge
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Chefredaktion
Manfred Osenberg
Tel. 0171-6803540
osenbergpresse@t-online.de
Fotos
Evelyn Genuit
Kurt E. Keil
Burkhard Rüdiger
Manfred Osenberg
Peter Tigges
Antje Pollex
Klaus Schultes
Axel Stuppy
Renate Zerhusen
Reportagen
Axel Stuppy
Friedemann W. Bräuer
Druck
Häuser KG, Köln
Anzeigenpreisliste
Nr. 2 Februar 2019
Achtung! Die von uns
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