CRESCENDO 1/19 Januar-März 2019

CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum. CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.

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25.05.2020 Aufrufe

L E B E N S A R T Soeben erschien die 19. Folge, „Madrigale und Hochzeitsmusiken“. In der Dreikönigskirche nahe dem Albertplatz liegen die Wurzeln des sich über fast 15 Jahre erstreckenden Projekts: „Über ihr arbeitete mein Schwiegervater im Kirchlichen Kunstdienst Sachsen. Das ist, neben vielen Konzerten, ein weiterer Grund für meine Verbundenheit zu ihr. Dort dirigierte ich zum ersten Mal Schütz’ Schwanengesang und wagte erstmals ein Konzert nur mit Schütz- Werken. Beim Wiederaufbau in der DDR wurde das Kirchenschiff verkürzt – sicher nicht zum Vorteil der Kirchenakustik.“ Mit dem Dresdner Kammerchor und dessen umfangreicher Diskografie setzt sich Rademann für Werke aller Epochen und Uraufführungen ein. Besonders intensiv für den „Kirchen-Compositeur“ Jan Dismas Zelenka und Johann David Heinichen. Er kennt aus eigener Konzerterfahrung weitaus mehr Dresdner Kirchen und Säle als die Dirigenten und Musiker der Staatskapelle und der Dresdner Philharmonie. Eine eigene Konzertreihe veranstaltet Rademann zum Beispiel mit Studierenden im barocken Festsaal des Marcolini-Palais auf dem Gelände des Städtischen Klinikums. Ein Ort, der mit maximal 140 Plätzen ein absoluter Geheimtipp für Kulturreisende ist! Leider mischt sich während dieses Kulturspaziergangs eine weitere Koordinate ins Gespräch: die Zeit. Inzwischen versucht Hans-Christoph Rademann, den Zugang zur Schlosskapelle zwischen Schlosskirche und Fürstenzug für uns zu erfragen. Leider vergeblich – die Bausanierung ist gerade in der entscheidenden Phase. „Sie ist deshalb so interessant, weil die Dresdner Hofkapelle neben der von Versailles die wichtigste hinsichtlich europäischer Besetzungen und weltoffener Interaktionen war“, merkt er an. Bleibt aber, bevor die Wege sich wieder trennen, noch eine entscheidende Frage, nämlich welche der Dresdner Kirchen denn Stadtfest vor der kirchenreichen Silhouette Dresdens FOTO: WWW.DRESDEN.DE die beste Akustik hat? Die Frauenkirche? Natürlich lässt sie sich nicht mit einem Satz beantworten. „Sie eignet sich mehr für Neue Musik und Werke mit Raumwirkungen, weniger für strukturelle Musik wie die von Bach.“ Und was ist mit der Kreuzkirche? „Barocke Werke in großer Besetzung und romantische Oratorien passen ideal in das große Kuppelschiff mit 3.000 Plätzen. Die allerbeste Akustik für Barockmusik aber hat die Annenkirche“, gerät Rademann ins Schwärmen. Wir verzichten also auf den Gang zum Kulturpalast und schlagen einen kleinen Bogen zu der klassizistisch umgestalteten Renaissancekirche zwischen Fußgängerzone und dem Kraftwerk Mitte mit den Spielstätten Staatsoperette und Theater der jungen Generation. „Der Klang der Annenkirche ist von sagenhafter Rundung und Transparenz. Das schätzen nicht nur wir, sondern zum Beispiel auch das tschechische Collegium 1704.“ Der Spaziergang muss hier leider schon enden – bald beginnt der Unterricht. Zwei Stunden waren zu kurz, Hans-Christoph Rademann würde gern noch zu den musikalischen Orten jenseits der Stadtgrenze aufbrechen: Hinter Radebeul, wo die Landesbühnen Sachsen einen anspruchsvollen Spielplan kultivieren, liegen das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth, die Villa Teresa in Coswig, Schloss Moritzburg. Allesamt Orte der Musik. Schließlich geht es noch einmal um die wichtigste Säule im musikalischen Kosmos Rademanns: „Ich bin überzeugt, dass Schütz in seiner Motette ‚Ich bin ein rechter Weinstock‘ die Terrassenstrukturen der Radebeuler Weinberge musikalisch abgebildet hat.“ Insofern ist nicht nur Richard Wagner, der seine Inspirationsquellen um Schloss Pillnitz wortreich dokumentierte, ein Maler für die Ohren, sondern auch Heinrich Schütz, der im nordwestlich von Dresden gelegenen Renaissance-Juwel Torgau die erste, leider nicht erhaltene deutsche Oper Dafne komponierte. ■ Musik & Kunst Dresdner Musikfestspiele 2019 „Visionen“ vom 16. Mai bis 10. Juni 2019: www.musikfestspiele.com | Konzerte im Marcolini-Palais (Geheimtipp, hier logierten Napoleon und Wagner): www.klinikum-dresden.de | Dresdner Kammerchor: www.dresdnerkammerchor.de | Landesbühnen Sachsen mit der legendären Felsenbühne Rathen: www.landesbuehnen-sachsen.de | Tipps, Infos & Adressen Reiseinformationen rund um Ihren Besuch in Dresden. Essen & Trinken Sächsische Spezialitäten, unverwechselbare regionale Weine und Sekt in der Idylle des Elbtals: www.schloss-wackerbarth.de | Traditionswirtschaft im Stadtteil Weißer Hirsch mit 140 Jahren Tradition: www.hubertusgarten.de | Schwarzmarkt-Café an der Neustädter Markthalle gegenüber der Dreikönigskirche mit Kuchen- und Torten-Spezialitäten: www.cafe-eisold.de/schwarzmarkt-cafe.html Übernachten Dresden bietet in verschiedenen Preiskategorien Übernachtungen in historischen Schmuckstücken, z. B. Hotel Schloss Eckberg mit Park auf dem Höhenzug der Elbschlösser: www.schloss-eckberg.de | Das Taschenbergpalais direkt neben dem Schloss, vis-à-vis von Zwinger und Semperoper: www.kempinski.com/de/ dresden/hotel-taschenbergpalais FOTOS: ALEXANDRA WELLENSIEK; WWW.SCHLOSS-WACKERBARTH.DE; WWW.SCHLOSS-ECKBERG.DE 80 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – März 2019

Termine FÜR GLOBETROTTER Spanien FOTOS: MERCE RIAL; ANTONI BOFILL; PIXABAY Barcelona Die Sopranistin Nuria Rial entführt ins 16. Jahrhundert. Nach ihrer Ausbildung in Barcelona und an der Musikhochschule Basel spezialisierte sie sich auf Barockmusik. Ihr Auftritt in Barcelona bietet Gelegenheit, sie in ihrer spanischen Heimat mit spanischer Musik zu erleben. Mit dem Ensemble Accademia del Piacere, geleitet von dem Gambisten Fahmi Alqhai, stellt sie den Komponisten Sebastián Durón vor und singt Arien und Kantaten aus wiederentdeckten und rekonstruierten Kompositionen von ihm. Durón kam 1660 in der zentralspanischen Provinz Guadalajara zur Welt. Seine Bühnenstücke, die er neben geistlichen Werken als Mitglied der Capilla Real in Madrid schuf, markieren jene zeitliche Schwelle, ab der spanische Komponisten sich dem italienischen Opernstil öffneten. Duróns Zarzuellas, typische spanische Stücke im Stil einer Operette, die vom unerschöpflichen Thema der Liebe erzählen, zeigen in ihrer Musiksprache bereits die Einflüsse italienischer Barockmeister. Barcelona, 7.2., L’Auditori, www.auditori.cat Madrid Raquel García-Tomás ist eine der bekanntesten Komponistinnen Spaniens. In Madrid kommt ihre neue Opera buffa zur Uraufführung: Je suis narcissiste, ein Stück von schwarzem Humor, dessen Libretto Helena Tornero verfasste. Im Mittelpunkt steht eine Eventmanagerin aus dem Kulturbetrieb, für die jeder Tag zu einem Hindernislauf zwischen ihr und ihrem Glück wird. Die Events überfluten sie, bis all die Künstler und Bosse, die auf sie einstürmen und die lieber reden als zuhören, sie in einem Gefühl großer Einsamkeit zurücklassen. Als sie schließlich den kompletten emotionalen Zusammenbruch erleidet, landet sie in der Praxis eines Psychiaters, der ihr alle möglichen Theorien, so skurril wie er selbst, unterbreitet. In Szene gesetzt wird die Oper von Marta Pazos. Die musikalische Leitung hat Vinicius Kattah. Zu den Mitwirkenden gehören Elena Copons, Toni Marsol, Maria Hinojosa und Joan Ribalta. Das Teatro Real gastiert mit der Inszenierung im Teatro Español. Madrid, Teatro Español, 7. bis 10.3., www.teatro-real.com Barcelona Die Werke des spanischen Komponisten Benet Casablancas Domingo werden auf der ganzen Welt gespielt. Nach seinem Studium bei Friedrich Cerha in Wien fand er zu einer Musiksprache, die sich durch radikale ästhetische Unabhängigkeit auszeichnet. Im prachtvollen Gran Teatre del Liceu von Barcelona, das dieses Jahr den zehnten Jahrestag seines Wiederaufbaus feiern kann, findet die Weltpremiere seiner ersten Opernkomposition statt. L’enigma di Lea (Leas Geheimnis), zu der der Schriftsteller und Dichter Rafael Argullol Murgadas das Libretto schreibt, setzt sich mit der letzten romantischen Utopie auseinander: der Berührung des Absoluten. Lea, verkörpert von Allison Cook, ein Geschöpf göttlicher Lust in einem Raum ohne Zeit, darf ihr Geheimnis nicht lüften. Als Trägerin der Unsterblichkeit steht sie unter der Bewachung zweier monströser Wesen, die Moral statt individueller Freiheit gewähren. Regie führt Carme Portaceli, und die musikalische Leitung übernimmt Josep Pons. Barcelona, Gran Teatre del Liceu, 9. (Premiere), 10., 12. und 13.2., www.liceubarcelona.cat 81 81

L E B E N S A R T<br />

Soeben erschien die <strong>19</strong>. Folge, „Madrigale<br />

und Hochzeitsmusiken“. In der Dreikönigskirche<br />

nahe dem Albertplatz liegen die<br />

Wurzeln des sich über fast 15 Jahre erstreckenden<br />

Projekts: „Über ihr arbeitete mein<br />

Schwiegervater im Kirchlichen Kunstdienst<br />

Sachsen. Das ist, neben vielen Konzerten,<br />

ein weiterer Grund für meine Verbundenheit<br />

zu ihr. Dort dirigierte ich zum<br />

ersten Mal Schütz’ Schwanengesang und<br />

wagte erstmals ein Konzert nur mit Schütz-<br />

Werken. Beim Wiederaufbau in der DDR<br />

wurde das Kirchenschiff verkürzt – sicher<br />

nicht zum Vorteil der Kirchenakustik.“<br />

Mit dem Dresdner Kammerchor und dessen umfangreicher<br />

Diskografie setzt sich Rademann für Werke aller Epochen und<br />

Uraufführungen ein. Besonders intensiv für den „Kirchen-Compositeur“<br />

Jan Dismas Zelenka und Johann David Heinichen. Er<br />

kennt aus eigener Konzerterfahrung weitaus mehr Dresdner Kirchen<br />

und Säle als die Dirigenten und Musiker der Staatskapelle<br />

und der Dresdner Philharmonie. Eine eigene Konzertreihe veranstaltet<br />

Rademann zum Beispiel mit Studierenden im barocken<br />

Festsaal des Marcolini-Palais auf dem Gelände des Städtischen<br />

Klinikums. Ein Ort, der mit maximal 140 Plätzen ein absoluter<br />

Geheimtipp für Kulturreisende ist!<br />

Leider mischt sich während dieses Kulturspaziergangs eine<br />

weitere Koordinate ins Gespräch: die Zeit. Inzwischen versucht<br />

Hans-Christoph Rademann, den Zugang zur Schlosskapelle zwischen<br />

Schlosskirche und Fürstenzug für uns zu erfragen. Leider<br />

vergeblich – die Bausanierung ist gerade in der entscheidenden<br />

Phase. „Sie ist deshalb so interessant, weil die Dresdner Hofkapelle<br />

neben der von Versailles die wichtigste hinsichtlich europäischer<br />

Besetzungen und weltoffener Interaktionen war“, merkt er an.<br />

Bleibt aber, bevor die Wege sich wieder trennen, noch eine<br />

entscheidende Frage, nämlich welche der Dresdner Kirchen denn<br />

Stadtfest vor der kirchenreichen<br />

Silhouette Dresdens<br />

FOTO: WWW.DRESDEN.DE<br />

die beste Akustik hat? Die Frauenkirche?<br />

Natürlich lässt sie sich nicht mit einem Satz<br />

beantworten. „Sie eignet sich mehr für<br />

Neue Musik und Werke mit Raumwirkungen,<br />

weniger für strukturelle Musik wie die<br />

von Bach.“ Und was ist mit der Kreuzkirche?<br />

„Barocke Werke in großer Besetzung<br />

und romantische Oratorien passen ideal in<br />

das große Kuppelschiff mit 3.000 Plätzen.<br />

Die allerbeste Akustik für Barockmusik<br />

aber hat die Annenkirche“, gerät Rademann<br />

ins Schwärmen. Wir verzichten also<br />

auf den Gang zum Kulturpalast und schlagen<br />

einen kleinen Bogen zu der klassizistisch umgestalteten<br />

Renaissancekirche zwischen Fußgängerzone und dem Kraftwerk<br />

Mitte mit den Spielstätten Staatsoperette und Theater der jungen<br />

Generation. „Der Klang der Annenkirche ist von sagenhafter Rundung<br />

und Transparenz. Das schätzen nicht nur wir, sondern zum<br />

Beispiel auch das tschechische Collegium 1704.“<br />

Der Spaziergang muss hier leider schon enden – bald beginnt<br />

der Unterricht. Zwei Stunden waren zu kurz, Hans-Christoph<br />

Rademann würde gern noch zu den musikalischen Orten jenseits<br />

der Stadtgrenze aufbrechen: Hinter Radebeul, wo die Landesbühnen<br />

Sachsen einen anspruchsvollen Spielplan kultivieren, liegen<br />

das Sächsische Staatsweingut Schloss Wackerbarth, die Villa<br />

Teresa in Coswig, Schloss Moritzburg. Allesamt Orte der Musik.<br />

Schließlich geht es noch einmal um die wichtigste Säule im musikalischen<br />

Kosmos Rademanns: „Ich bin überzeugt, dass Schütz in<br />

seiner Motette ‚Ich bin ein rechter Weinstock‘ die Terrassenstrukturen<br />

der Radebeuler Weinberge musikalisch abgebildet hat.“<br />

Insofern ist nicht nur Richard Wagner, der seine Inspirationsquellen<br />

um Schloss Pillnitz wortreich dokumentierte, ein Maler für die<br />

Ohren, sondern auch Heinrich Schütz, der im nordwestlich von<br />

Dresden gelegenen Renaissance-Juwel Torgau die erste, leider nicht<br />

erhaltene deutsche Oper Dafne komponierte.<br />

■<br />

Musik & Kunst<br />

Dresdner Musikfestspiele 20<strong>19</strong> „Visionen“<br />

vom 16. Mai bis 10. Juni 20<strong>19</strong>: www.musikfestspiele.com<br />

| Konzerte im Marcolini-Palais<br />

(Geheimtipp, hier logierten Napoleon<br />

und Wagner): www.klinikum-dresden.de |<br />

Dresdner Kammerchor: www.dresdnerkammerchor.de<br />

| Landesbühnen Sachsen<br />

mit der legendären Felsenbühne Rathen:<br />

www.landesbuehnen-sachsen.de |<br />

Tipps, Infos & Adressen<br />

Reiseinformationen rund um Ihren Besuch in Dresden.<br />

Essen & Trinken<br />

Sächsische Spezialitäten, unverwechselbare regionale<br />

Weine und Sekt in der Idylle des Elbtals:<br />

www.schloss-wackerbarth.de | Traditionswirtschaft<br />

im Stadtteil Weißer Hirsch mit 140<br />

Jahren Tradition: www.hubertusgarten.de |<br />

Schwarzmarkt-Café an der Neustädter Markthalle<br />

gegenüber der Dreikönigskirche mit<br />

Kuchen- und Torten-Spezialitäten:<br />

www.cafe-eisold.de/schwarzmarkt-cafe.html<br />

Übernachten<br />

Dresden bietet in verschiedenen Preiskategorien<br />

Übernachtungen in historischen<br />

Schmuckstücken, z. B. Hotel Schloss Eckberg<br />

mit Park auf dem Höhenzug der Elbschlösser:<br />

www.schloss-eckberg.de |<br />

Das Taschenbergpalais direkt neben dem<br />

Schloss, vis-à-vis von Zwinger und Semperoper:<br />

www.kempinski.com/de/<br />

dresden/hotel-taschenbergpalais<br />

FOTOS: ALEXANDRA WELLENSIEK; WWW.SCHLOSS-WACKERBARTH.DE; WWW.SCHLOSS-ECKBERG.DE<br />

80 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>19</strong>

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