CRESCENDO 1/19 Januar-März 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.
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E R L E B E N<br />
„HEUTE SCHREIBE ICH<br />
FÜR HEUTE“<br />
Die international gefeierte Weill-Interpretin Ute Lemper ist Artist-in-Residence des<br />
27. Kurt Weill Fests vom 1. bis 17. <strong>März</strong> in Dessau und Umgebung.<br />
VON RUTH RENÉE REIF<br />
Berühmte Künstler aus aller<br />
Welt bereichern das Fest: Die<br />
Chansonsängerin Ute Lemper<br />
und der Trompeter Frank London<br />
kommen aus New York<br />
FOTOS: ADRIAN BUCKMASTER; ADRIAN BUCKMASTER<br />
„Wir müssen mit dem Musiktheater Weills<br />
im Dialog bleiben“, forderte Luciano Berio<br />
<strong>19</strong>99. Er sah in ihm „eines der wichtigsten<br />
Phänomene des 20. Jahrhunderts“. Das<br />
Kurt Weill Fest hält diesen Dialog aufrecht<br />
und verleiht ihm immer wieder neue<br />
Impulse. 48 Veranstaltungen mit bedeutsamen<br />
Künstlern wie den Schauspielerinnen<br />
Katja Riemann und Katharina Thalbach,<br />
der Sängerin Helen Schneider, dem<br />
Trompeter Frank London, dem Posaunisten<br />
Nils Landgren und dem Dirigenten<br />
Karl-Heinz Steffens feiern den Komponisten,<br />
der sich wünschte, nur Musik zu sein.<br />
Zur Eröffnung gastieren die Sopra nistin<br />
Dagmar Pecková und der Tenor Jiří Hájek<br />
mit ihrer Revue Wanted im Anhaltischen<br />
Theater. Songs wie die Zuhälterballade aus<br />
der Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht in<br />
Berlin, Der Abschiedsbrief, den Weill im<br />
September <strong>19</strong>33 nach einem Text von Erich<br />
Kästner in Paris komponierte, und Buddy<br />
on the Nightshift aus den Songs for the War<br />
Effort, die <strong>19</strong>42 im New Yorker Exil entstanden,<br />
lassen Stationen aus dem Leben<br />
Weills Revue passieren. Die Dreigroschenoper,<br />
der unvergessliche Klassiker, der aus<br />
Weills Zusammenarbeit mit Brecht hervorging,<br />
steht in der Inszenierung von Ezio<br />
Toffolutti und mit Markus L. Frank am Pult erneut auf dem Spielplan<br />
des Anhaltischen Theaters Dessau.<br />
Artist-in-Residence ist Ute Lemper, eine der vielseitigsten<br />
Künstlerinnen des Musiktheaters. Seit Beginn ihrer Karriere, als<br />
sie in Berlin mit Nicole Heesters und Ingrid Caven in einer Kurt-<br />
Weill-Revue auftrat, ist sie eine herausragende, international gefeierte<br />
Weill-Interpretin. In einem Galakonzert mit der Anhaltischen<br />
Philharmonie Dessau singt sie Songs wie Surabaya Johnny aus dem<br />
Songspiel Happy End oder den Tango Youkali aus der Operette Marie<br />
galante nach Jacques Devals gleichnamigem Roman, die Weill<br />
bereits auf der Flucht in Frankreich schrieb. Das<br />
Orchester unter Markus L. Frank spielt die Suite<br />
aus der Musiquette Silbersee, Weills letztes in<br />
Deutschland komponiertes Werk, das <strong>19</strong>32/33<br />
KURT WEILL FEST<br />
Informationen und Kartenservice:<br />
www.kurt-weill-fest.de<br />
aus der Zusammenarbeit mit dem Dramatiker<br />
Georg Kaiser entstand. Über ihr<br />
bewegtes Leben auf zwei Kontinenten, ihre<br />
Arbeit und ihre Liebe zu Weill unterhält<br />
sich Ute Lemper mit Intendant Gerhard<br />
Kämpfe im Festivalcafé. Als „eine zweite<br />
Marlene Dietrich“ wurde Ute Lemper<br />
gefeiert, und „von der Wurzel her“ sieht sie<br />
sich auch von ihr und ihrer Zeit inspiriert.<br />
In der Show Rendezvous mit Marlene<br />
erzählt sie die Geschichte Marlene Dietrichs<br />
und trägt ihre Lieder vor, von den<br />
Berliner Kabarettjahren bis zur Zusammenarbeit<br />
mit Kurt Weill und anderen<br />
Komponisten. „Am Broadway geht’s härter<br />
zu als am Kurfürstendamm“, musste Weill<br />
der Dietrich <strong>19</strong>42 erklären.<br />
„Mut zur Erneuerung“ lautet das<br />
Motto des Festes. Weills Streben war es,<br />
ein neues Genre des Musiktheaters zu<br />
schaffen, das „die völlig veränderten<br />
Lebensäußerungen unserer Zeit in einer<br />
entsprechenden Form“ behandle. „Man<br />
komme mir nicht mit der Nachwelt“, erwiderte<br />
er auf die Frage nach den Zukunftsaussichten<br />
seiner Musik, „heute schreibe<br />
ich für heute“. Zugleich spiegelt sich in dem<br />
Motto die vor 100 Jahren geborene Idee des<br />
Bauhauses, die Welt neu zu denken. Im<br />
Jubiläumsjahr des Bauhauses greift die neue Reihe „Neues Hören<br />
durch Sehen“ das Bauhaus-Ziel der „Sammlung alles künstlerischen<br />
Schaffens zur Einheit“ auf. Im nächtlichen Kammerkonzert des<br />
Perkussionisten Andreas Hepp und des Lichtdesigners Björn Schneider<br />
finden musikalische Handlungsfäden, die sich in Klangfarbe,<br />
Tempo, Rhythmus und Melodie unterscheiden, mit Lichtgestaltung<br />
und der architektonischen Umgebung zu einem großen Gesamterlebnis<br />
zusammen. Kunst und Technik vereint die Konzertsuite<br />
Trains Bound for Glory. Sie enthält populäre Nummern aus der Show<br />
Railroads in Parade, die Weill für den Eisenbahnpavillon der New<br />
Yorker Weltausstellung <strong>19</strong>39–<strong>19</strong>40 schrieb.<br />
Markus L. Frank leitet im DB-Werk die Anhaltische<br />
Philharmonie Dessau bei ihrer deutschen<br />
Erstaufführung.<br />
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54 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>19</strong>