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CRESCENDO 1/19 Januar-März 2019

CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.

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Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.

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MUSIK FÜR ALLE<br />

Michael Francis übernimmt mit Beginn der Jubiläumssaison 20<strong>19</strong>/2020 die Leitung<br />

der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz.<br />

VON RUTH RENÉE REIF<br />

„Es ist ein wunderbarer Beruf “, schwärmt Michael Francis. Erlebt man<br />

ihn bei der Arbeit am Pult, ist man versucht, von Berufung zu sprechen.<br />

Francis besitzt jene Gabe, die das Dirigieren immer wieder so<br />

geheimnisvoll erscheinen lässt und die doch wenig mit Magie und viel<br />

mit Empathie zu tun hat. Er vermag es, akribische Partituranalyse,<br />

vollendete Dirigiertechnik und psychologisches Verstehen in beglückende<br />

Dimensionen musikalischen Ausdrucks umzusetzen. Im<br />

Dezember 2018 unterschrieb er einen Fünfjahresvertrag als neuer<br />

Chefdirigent der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz. „Mit<br />

Francis ist es gelungen, einen herausragenden und weltweit gefragten<br />

Dirigenten zu gewinnen“, freut sich Intendant Beat Fehlmann. Francis<br />

war der Wunschkandidat des Orchesters. Als er 2016 zum ersten Mal<br />

vor ihm stand, spürte man sogleich die besondere Beziehung, die sich<br />

zwischen ihm und den Musikern einstellte.<br />

Seine Laufbahn begann Francis als Kontrabassist wie sein<br />

Vater, der auch sein erster Lehrer wurde. Als sich im Alter von 17,<br />

18 Jahren sein Wunsch zu dirigieren festigte, entschied er sich für<br />

eine breit angelegte Vorbereitung. An der Universität Cardiff absolvierte<br />

er ein Studium der Musikgeschichte. Anschließend studierte<br />

er an der Royal Academy of Music Kontrabass. Dieses Instrument<br />

eignete sich seiner Einschätzung nach am besten, um dem Dirigieren<br />

auf den Grund zu kommen. Da die Aufgabe des Bassisten hauptsächlich<br />

darin bestehe zu begleiten, sei er gezwungen, den anderen<br />

zuzuhören, und befinde sich „auf dem Boden der Harmonie“. Er<br />

habe alles über Musik erfahren und danach eine Musikerstelle im<br />

besten Orchester bekommen wollen, erläutert Francis seinen Plan.<br />

Tatsächlich erhielt er eine Anstellung beim London Symphony<br />

Orchestra. Zehn Jahre arbeitete er als Orchestermusiker. Auch im<br />

Rückblick sieht er es als den besten Weg an, ein Orchester dirigieren<br />

zu lernen, ihm anzugehören. Es eröffnete ihm die Möglichkeit, verschiedene<br />

Dirigenten zu erleben und ein Gefühl für die psychologischen<br />

Vorgänge im Inneren eines Orchesterapparates zu<br />

entwickeln.<br />

Eine erste Chance, sich als Dirigent zu beweisen, erhielt er 2007.<br />

Valery Gergiev musste krankheitsbedingt eine Probe absagen. Auf<br />

dem Programm standen Dmitri<br />

Schostakowitsch und Sofia Gubaidulina.<br />

Francis übernahm die Probe und<br />

dirigierte erfolgreich die Aufführung.<br />

Einzuspringen für John Adams und<br />

André Previn, waren weitere Meilensteine<br />

auf seinem Weg zum international<br />

gefragten Dirigenten. Von 2012 bis<br />

2016 war Francis Chefdirigent des<br />

Norrköping Symphony Orchestra.<br />

Zudem gastierte er bei zahlreichen<br />

Orchestern in Europa, Asien sowie<br />

den USA und arbeitete mit Solisten<br />

DEUTSCHE STAATSPHILHARMONIE<br />

RHEINLAND-PFALZ, MICHAEL FRANCIS<br />

Informationen und Kartenservice:<br />

Worms, 1.2., Ludwigshafen, 2.2., Neustadt, 7.3.,<br />

Wörth am Rhein, 8.3., Mannheim, 9.3.<br />

Konzerte mit dem Dirigenten und Violinisten<br />

Pinchas Zukerman: Wörth am Rhein, 17.4., Pirmasens,<br />

18.4., Heidelberg, 20.4., Karlsruhe, 21.4.<br />

Konzerte mit Pinchas Zukerman und<br />

Michael Francis am Pult: Ludwigshafen, 25.4.,<br />

Kaiserslautern, 26.4., Worms, 27.4., Mainz, 28.4.<br />

www.staatsphilharmonie.de<br />

wie Ian Bostridge, Lang Lang, Daniel Müller-Schott, Itzhak Perlman,<br />

Christian Tetzlaff und Arcadi Volodos zusammen. Seit 2015<br />

ist er künstlerischer Leiter des Mostly Mozart Festivals in San Diego<br />

sowie Chefdirigent des Florida Orchestra.<br />

Seine Position als Chefdirigent in Ludwigshafen tritt er am<br />

1. September 20<strong>19</strong> zu Beginn der Saison an, in der die Deutsche<br />

Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz ihr 100-jähriges Bestehen feiert.<br />

In mehreren deutschen Städten fanden nach dem Ersten Weltkrieg<br />

Orchestergründungen statt. Die Auflösung der Militärkapellen hatte<br />

viele Musiker ihrer Existenzgrundlage beraubt. Sie versuchten, sich<br />

neue Spielmöglichkeiten zu schaffen. Dieses rege musikalische Leben<br />

veranlasste einige pfälzische Städte, Musikvereine und Mäzene, sich<br />

zu einem Orchesterverein zusammenzuschließen, der <strong>19</strong><strong>19</strong> in Landau<br />

das Landes-Sinfonie-Orchester für Pfalz und Saarland ins Leben<br />

rief. Mehrfach änderte der Klangkörper in der Folge seinen Namen,<br />

bewältigte Krisen und wuchs an Erfolgen. <strong>19</strong>83 wurde Leif Segerstam<br />

zum Leiter berufen, der die Orchesterkultur durch die Aufführung<br />

Neuer Musik nachhaltig bereicherte. Seit 2014 bringt die<br />

Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz unter dem Titel<br />

„Modern Times“ beim Label Capriccio Porträts von Komponistinnen<br />

des 20. Jahrhunderts heraus. Gleich für die erste Veröffentlichung<br />

„Bernd Alois Zimmermann“ wurde sie als „Orchester des Jahres“<br />

mit dem Echo Klassik 2015 ausgezeichnet. 2018 erhielt sie für ihre<br />

Einspielung „George Antheil“ den Opus Klassik. Aktuell fördert<br />

auch die Bundeskulturstiftung das Orchester im Rahmen des Programms<br />

„360° – Fonds für Kulturen der neuen Stadtgesellschaft“.<br />

Francis zeigt sich beeindruckt von dem hohen Stellenwert, den<br />

das Orchester innerhalb der Gesellschaft einnimmt. Als Privileg<br />

empfinde er es, dass die Staatsphilharmonie auch nach 100 zurückliegenden<br />

Spielzeiten die Musik zu den Menschen in Rheinland-Pfalz<br />

bringe, um sie für alle zugänglich zu machen, und er an diesem<br />

Auftrag mitwirken dürfe. Bereits in der aktuellen Saison ist er mit<br />

dem Orchester zu erleben. Das Repertoire bereichert er mit Kompositionen<br />

aus seinem Geburtsland. So setzt er das wundervoll<br />

romantische Violinkonzert h-Moll von Edward Elgar sowie die Ritual<br />

Dances aus Michael Tippetts Oper<br />

Mittsommerhochzeit aufs Programm.<br />

Er bringt die sinfonische Totenmesse<br />

Sinfonia da Requiem, die Benjamin<br />

Britten <strong>19</strong>40 zum Gedenken an seinen<br />

im Ersten Weltkrieg getöteten Vater<br />

schrieb, und er dirigiert die London<br />

Symphony, in der Ralph Vaughan Williams<br />

mit den Glocken von Westminster<br />

und den Melodien der Straßenausrufer<br />

von Bloomsbury ein musikalisches<br />

Porträt der Stadt an der Themse<br />

entwirft.<br />

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