CRESCENDO 1/19 Januar-März 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.
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H Ö R E N & S E H E N<br />
4 Wheel Drive<br />
Top-Quartett mit<br />
Pop-Klassikern<br />
4 Wheel Dri ve heißt das ers te Album eines neu en<br />
Quar tetts euro päi scher Jazz-Grö ßen, die ein an der<br />
lan ge ken nen und schon in ver schie de nen For ma tionen<br />
mit ein an der gear bei tet haben: Ange trie ben von<br />
den fet zi gen Soli des schwe di schen Posau nen-Cracks<br />
Nils Land gren, ver zah nen sich Micha el Woll ny (Pia no),<br />
Lars Dani els son (Bass) und Wolf gang Haff ner (Per kussi<br />
on) zu einem musi ka li schen Hoch leis tungs mo tor, der<br />
in vier vir tuo sen Eigen kom po si tio nen und acht klas sischen<br />
Popsongs von Sting, Phil Col lins, Bil ly Joel und<br />
Paul McCart ney die se Ohr wür mer kraft voll neu aufbe<br />
rei tet, wobei Land gren in sechs bal la des ken Titeln<br />
mit rau chig-sanf ter Stim me auch den Vokal part übernimmt.<br />
Ein über wei te Stre cken über ra schend ruhi ges,<br />
besinn lich-inti mes Album ver eint vier star ke Pro fi le in<br />
traum wand le ri scher Homo ge ni tät und bestechen der<br />
Dich te und scheint wie geschaffen für beschau li che<br />
Win ter aben de. Zwi schen drin aber geben die vier auch<br />
wie der mäch tig Gas und las sen ihre Funk- und Rock-<br />
Gene auf blit zen, so in einer kna cki gen 7/8-Ver si on von<br />
Lady Madon na. Ist es womöglich<br />
die Geburt einer neu en<br />
Super-Group? AC<br />
Nils Landgren, Michael Wollny, Lars<br />
Danielsson, Wolfgang Haffner:<br />
„4 Wheel Drive“ (ACT)<br />
JAZZ<br />
FOTO: STEPHEN FREIHEIT<br />
John Cranko<br />
Unerfüllte Liebe<br />
und Leidenschaft<br />
Die Erfolgs ge schich te des Stutt gar ter Bal letts ist<br />
eng mit John Cran ko ver knüpft. In den zwölf Jahren<br />
sei ner Amts zeit als Direk tor von <strong>19</strong>61 bis<br />
<strong>19</strong>73 avan cier te es zu den welt bes ten Com pagni<br />
en. Grund war auch die Cho reo gra fie des<br />
Hand lungs bal letts One gin. Mit ihr über setz te<br />
Cran ko den Vers ro man von Alex an der Pusch kin<br />
in getanz te Bewe gun gen von vier Solis ten und<br />
einem gro ßen Corps de bal let. In drei Akten<br />
erzäh len sie zu Tschai kow sky-Klän gen von unerfüll<br />
ter Lie be und Lei den schaft. Auch 52 Jah re<br />
nach der Urauffüh rung über zeugt die Qua li tät des<br />
Klas si kers bei jeder prä zi sen Pirou et te, jedem virtuo<br />
sen Pas de deux, jedem kraft vol len Sprung. In<br />
ästhe ti schen Kos tü men und dem Büh nen bild von<br />
Jür gen Rose tau chen Ali cia Ama triain als Tat ja na<br />
und Frie de mann Vogel als One gin ein ins Russ land<br />
des <strong>19</strong>. Jahr hun derts. Beson der heit der Aufführung<br />
ist Bal lettlegen de Mar cia Hay dée als Tat ja nas<br />
Kin der mäd chen. Die Bonus-DVD ent hält ein ausgie<br />
bi ges Inter view mit ihr, Jür gen Rose und Reid<br />
Ander son, der das Stutt garter<br />
Bal lett bis Som mer 2018<br />
lei te te. ASK<br />
„The Stuttgart Ballet in John Cranko’s<br />
Onegin“, Stuttgart Ballet, State<br />
Orchestra Stuttgart, James Truggle<br />
(Cmajor)<br />
TANZ<br />
Till Fellner<br />
Eleganz und Ruhe<br />
SOLO<br />
In einer Zeit von gehyp ten, PR-Agen turgestrie<br />
gel ten Instru men ta lis ten sticht Till<br />
Fell ner – ob sei ner zumin dest schein ba ren<br />
Zurück hal tung – eben nicht her aus. Als<br />
Alfred-Bren del-Lieb ling zwar durch aus<br />
mit Vor schuss lor bee ren auf den Solis tenpar<br />
cours ent las sen, scheint sich sei ne Karrie<br />
re etwas ver hal ten ent wi ckelt zu haben<br />
und Fell ner sel ber per ma nent unterschätzt<br />
zu wer den. Da erfreut die se Neuerschei<br />
nung, auch wenn die Ein spie lun gen<br />
schon 16 (Liszts ers tes Buch der Années<br />
de pèle ri na ge) bzw. zehn (Beet ho vens Opus<br />
111) Jah re alt sind. Fell ner ist kein Liszt-<br />
Prüg ler: Sein Liszt ist betö rend, mode rat,<br />
sub til. Sein gla mourfrei er Ansatz, sein feines<br />
Spiel und sein gera de in Val lée d’Obermann<br />
fri scher Zug nach vorn, machen Lust<br />
auf mehr und Neu es von Fell ner. Der<br />
Beet ho ven – eine abtrün ni ge Note zum<br />
Ende des Alle gro con brio sowie Applaus<br />
ver ra ten die Live-Natur der Auf nah me –<br />
besticht durch Ele ganz und Ruhe. JFL<br />
Beet ho ven: „Sona ta<br />
No. 32 op. 111“, Franz<br />
Liszt: „Années de<br />
pèle ri na ge“ u. a.,<br />
Till Fell ner (ECM)<br />
Karim Said<br />
Klangliche<br />
Korrespondenzen<br />
Zwei Stü cke von Wil liam Byrd bil den den Rah men<br />
für das unge wöhn li che Pro gramm die ser Aufnah<br />
me, in dem sich eng li sche Kom po nis ten der<br />
Renais sance neben Ver tre tern der Zwei ten Wiener<br />
Schu le wie der fin den. Die Ers te ren sind allesamt<br />
Schü ler oder Nach fol ger Byrds; das ande re<br />
Ende des Spek trums bil den Arnold Schön berg und<br />
sein Schü ler Anton Webern. Für Karim Said steht<br />
im Zen trum die ser Ver bin dung Johan nes Brahms’<br />
Zwei te Kla vier so na te. Die ses Werk zeich net sich<br />
durch diver se Ver wei se auf den Stil illus trer Kol legen<br />
und Vor bil der aus. Es bil det damit das Programm<br />
die ses Albums im Klei nen ab und ist<br />
gleich zei tig des sen Dreh- und Angel punkt. So<br />
prägt die Sona te auch Saids Inter pre ta ti on der<br />
älte ren und neue ren Wer ke. Der jor da ni sche Pianist<br />
bün delt die se so unter schied li chen Stü cke in<br />
eine homo ge ne Inter pre ta ti on, die Puris ten der<br />
Alten oder Neu en Musik Tole ranz abver langt.<br />
Lässt man sich dar auf ein, erkennt man intui tiv<br />
struk tu rel le und klang li che Kor re spon den zen, und<br />
die Wer ke grup pie ren sich zu einer gro ßen Sui te.<br />
Saids Ver dienst ist es auch, durch die kon tras tieren<br />
de Anord nung der Stü cke deren jewei li ge<br />
Beson der hei ten offen bar<br />
wer den zu las sen. LXR<br />
Byrd, Mor ley, Webern,<br />
Schoe n berg, Brahms u. a.:<br />
„Lega cy“, Karim Said (Rubicon)<br />
36 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>19</strong>