CRESCENDO 1/19 Januar-März 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Diana Damrau, Max Richter und Wilfried Hiller. Mit Special zum Bauhaus-Jubiläum.
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H Ö R E N & S E H E N<br />
FOTO: NANCY HOROWITZ<br />
Mozarteumorchester<br />
Fragment im Fiebertraum<br />
ORCHES-<br />
TER<br />
Dieser (Uraufführungs-)Mitschnitt aus dem Salzburger<br />
Mozarte um von 2005 ist doppelt spannend. Erstens, weil<br />
Mozarts Requiem ohne jede Ergänzung erklingt und somit<br />
radikal ein Torso bleibt. Das fokussiert das Hörerlebnis<br />
auf das Wesentliche, also das, was Mozart ursprünglich<br />
nie dergeschrieben hat: den vierstimmigen<br />
Vokalsatz. Zweitens, weil Georg Friedrich Haas<br />
in die Leerstellen sie ben Klangräume setzt und<br />
mit seinem Auftragswerk expressiv auf Mozart<br />
reagiert – in der Anmutung, wir würden in die<br />
Fieberträu me des Sterbenden hineinlauschen.<br />
Nach dem Lacrimosa bedeutet das geräuschhafte<br />
Kargheit, ansonsten bildet ein Brieftext von 1791<br />
die Grundlage: jenes in star rem Bürokratendeutsch abgefass<br />
te Schreiben, in dem Mozart eine unbezahlte Stelle<br />
am Stephansdom zugesprochen bekommt. Im Gan zen<br />
klingt das nicht nur historisch und zeitgenössisch informiert,<br />
son dern auch beklem mend, tröst lich<br />
und erha ben zugleich. WW<br />
Mozart: „Requi em KV 626“, Georg Haas: „Sie ben<br />
Klang räu me“, Salz bur ger Bach chor, Mozarteumorchester<br />
Salzburg, Ivor Bol on (Belvedere)<br />
Sabine Devieilhe und Lea Desandre<br />
Liebe in allen<br />
Facetten<br />
GESANG<br />
Als Georg Fried rich Hän del 1707 nach Rom kam, waren Opern auffüh run gen ver boten.<br />
Nach einem Erd be ben hat te der Papst sie für über flüs si gen Luxus erklärt. Doch<br />
welt li che Kan ta ten, kur ze dra ma ti sche Sze nen in klei ner Beset zung waren davon<br />
nicht betroffen. Also kom po nier te Hän del kur zer hand in die ser Form. Sei ne Kan taten<br />
han deln von den ganz gro ßen Gefüh len: Lie be in allen tra gi schen, dra ma ti schen<br />
und glück li chen Facet ten. Drei wun der ba re Künst le rin nen haben sich in die se Wer ke<br />
ver tieft: die Sän ge rin nen Sabi ne Devi eil he und Lea Desand re und die Cem ba lis tin und<br />
Diri gen tin Emma nu el le Haïm mit ihrem Barock ensem ble Le Con cert d’Astrée.<br />
Gemein sam ist ihnen eine Ein spie lung gelun gen, die den Hörer sofort in den Bann<br />
der über 300 Jah re alten Musik zieht. Desand re zeigt beson ders in der tra gi schen<br />
Rol le der Lucre zia eine fas zi nie ren de Kraft und Fle xi bi li tät ihrer Stim me. Devi eil he,<br />
als die von ihrem Gelieb ten Rinal do ver las se ne Zau be rin Armi da, ist aus drucks stark<br />
suchend, seh nend. SK<br />
Hän del: „Ita li an Can ta tas“, Sabi ne Devi eil he, Lea Desand re, Le Con cert d’Astrée,<br />
Emma nu el le Haïm (War ner)<br />
32 w w w . c r e s c e n d o . d e — Februar – <strong>März</strong> 20<strong>19</strong>