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Gra

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Zwei von Steffi <strong>Gra</strong>f gespielte Schläger<br />

kommentiert von Siegfried Kuebler


© Copyright 2020<br />

by<br />

Siegfried Kuebler<br />

Zur Grundel 18<br />

D 88662 Überlingen


Steffi <strong>Gra</strong>f Racket Dunlop Max 200 G Pro und Wilson<br />

Pro Staff 7,5 si <strong>Gra</strong>phite 85 SQ. IN.<br />

Wer hat von Steffi <strong>Gra</strong>f noch nicht gehört? 1969 in Mannheim<br />

geboren, ist sie mit 22 gewonnenen <strong>Gra</strong>nd-Slam-Turnieren<br />

und dem Rekord von 377 Wochen an der Spitze der<br />

Weltrangliste die erfolgreichste Tennisspielerin. 1988 siegte<br />

sie sogar bei allen vier <strong>Gra</strong>nd-Slam-Turnieren sowie den<br />

Olympischen Spielen und gewann so als erste und einzige<br />

aller Tennisspieler den ‚Golden Slam‘.<br />

Ich hatte das Glück, sie als 13-jähriges Mädchen bei einem<br />

Turnier beim TC Radolfzell hautnah zu erleben. Sie<br />

hatte 1982 gerade die Deutsche Jugendmeisterschaft der<br />

Achtzehnjährigen gewonnen. Der damalige Bundestrainer<br />

Klaus Hofsäss erklärte, <strong>Gra</strong>f sei das größte Talent, das es in<br />

Deutschland je gegeben habe. In ihrer Altersklasse sei sie<br />

weltweit ohne Konkurrenz.<br />

Der TC Radolfzell hatte schon immer eine starke Damenmannschaft<br />

gehabt. Damals schon war das Ehepaar Ernst<br />

Auer mit ihren sechs Töchtern maßgeblich für den Erfolg<br />

verantwortlich. Sie hätten mit ihrer Mutter zusammen eine<br />

eigene Damenmannschaft gründen können. Eines der Mädchen,<br />

Sabine Auer, stieg kurzeitig in die Weltklasse auf, als<br />

sie allerdings später im Jahr 1988 die Nummer sieben der<br />

Weltrangliste Hana Mandiklova bei einem internationalen<br />

Turnier in Key Biscayne besiegen konnte. Mit diesem Hintergrund<br />

des Clubs fanden immer wieder bedeutende<br />

Ranglistenturniere in Radolfzell statt. Jetzt sogar konnten<br />

sie für das anstehende Jugendturnier Steffi <strong>Gra</strong>f gewinnen,<br />

die sich in jungen Jahren bereits einen Namen gemacht<br />

hatte. Um genügend Zuschauer musste man sich da<br />

keine Gedanken machen.<br />

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Erge 1982 (abgeleiteter Name von ‚ergonomisch‘)<br />

Die Gegnerin von Steffi war eine hochgewachsene junge<br />

Schwedin, die einen ungewöhnlichen Schläger schwang.<br />

Kann man mit so einem Teil überhaupt spielen? Aufschlagen<br />

unmöglich? Mit dem abgewinkelten Griff? Ein Schwede<br />

hatte ihn erfunden. Benny Kiraly, Künstler und Designer.<br />

Professor Wredmark vom Karoneinska Institut in<br />

Stockholm kommentierte: „Der Schlag wird nicht vom Arm<br />

abgefangen, sondern geht in die Drehung über, die den<br />

Arm in keiner Weise belastet.“<br />

Die Schwedin konnte aber damit spielen und Steffi verlor<br />

den ersten Satz. Im zweiten lag sie auch schon hinten.<br />

Dann kam ihr Kampfeswille auf, der ihr in späteren Jahren<br />

schon manchmal zum Sieg verholfen hatte. Man sah es an<br />

ihrem Gesicht, das ausdrücken wollte:<br />

„Das kann ich nicht zulassen, gegen sie zu verlieren und<br />

schon gar nicht gegen jemanden, der mit einer solchen<br />

krummen Gurke spielt.“ Fred, mein Freund, der mich begleitet<br />

hatte, sagte:<br />

„Sie hat jetzt ihren Biss angebracht. Ihre Gegnerin ist<br />

jetzt nicht mehr zu retten. Sieh nur, wie sich bewegt. Wie<br />

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ein Wildkatze. Blitzschnell am Ball. Die Schwedin hingegen<br />

mit Ihrer Länge wirkt schlaksig und langsam. Vielleicht<br />

auch schon etwas müde.“<br />

Er hatte recht. Sie drehte das Spiel um und die Schwedin<br />

gewann kein Spiel mehr. Auf Bildern aus der damaligen<br />

Zeit kann man erkennen, dass sie damals schon den<br />

Dunlop 200G benutzte. In noch jüngeren Jahren, mit vier<br />

oder fünf, spielte sie offensichtlich mit einem Dunlop Holzschläger,<br />

der etwas kürzer als die Standardschläger war.<br />

Jedenfalls war der 200G bzw. die Fortentwicklung 200g<br />

Pro (sofern dies überhaupt eine Fortentwicklung war) dann<br />

ihr Werkzeug bis etwa 1995, als sie zu einem Wilsonschläger<br />

wechselte. –<br />

Der auf der Umschlagsseite gezeigte Schläger wurde von<br />

Steffi <strong>Gra</strong>f im Jahr 1988 gespielt. Sie schenkte ihn, als eine<br />

Saite gerissen war, ihrem langjährigen Bespanner Siegfried<br />

Schwank und signierte ihn auf beiden Seiten am Schaft.<br />

Der Schläger wurde im Jahr 1999 dann Siegfried Schwank<br />

von mir zu einem Freundschaftspreis abgekauft. Der Schläger<br />

ist aus Nylon, das mit kurzen <strong>Gra</strong>phitfasern zu etwa<br />

30 % versetzt ist (<strong>Gra</strong>fil), nach einem Dunlop Patent im<br />

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Spritzgussverfahren hergestellt (injection moulded). Trotz<br />

der hochwertigen und steifen <strong>Gra</strong>phitfasern ist das Racket<br />

sehr weich geworden, sogar weicher als ein normaler laminierter<br />

Holzschläger aus dieser Zeit wie etwa der Dunlop<br />

Maxply. Die kurzen, im Millimeterbereich liegenden<br />

<strong>Gra</strong>phitfasern (das Spritzverfahren lässt keine langen <strong>Gra</strong>fitfasern<br />

zu) und das relativ weiche Nylon sind schuld daran.<br />

Als das erste Modell 1980 auf dem Markt erschien, das<br />

Patent hierzu wurde von Dunlop 1977 angemeldet, glaubte<br />

niemand der Tennisschläger Entwicklungsgurus an einen<br />

Erfolg. Böse Zungen behaupteten sogar, er sei leichter<br />

mit einem ‚Kuhschwanz‘ zu spielen als mit diesem Wackelpeter.<br />

Dazu kommt, dass die Herstellung aufwändig ist. Ein<br />

Kern aus einer niedrigschmelzenden Zinnlegierung muss<br />

in die Spritzform eingelegt und nach dem eigentlichen<br />

Spritzgussvorgang wieder ausgeschmolzen werden. Das<br />

Resultat: zu weich, zu starke Schwingungen beim Ballkontakt.<br />

Falsch eingeschätzt! Die Kritiker wurden eines Besseren<br />

belehrt. Das Racket wurde zu einem der meist hergestellten<br />

der Tennisgeschichte. 1989 wurde der millionste verkauft!<br />

Nicht zuletzt, weil Steffi <strong>Gra</strong>f viele ihrer Welterfolge<br />

mit diesem Schläger einfuhr, aber nicht nur sie, sondern<br />

auch John McEnroe. Mit dem Dunlop Max 200G. Er beendete<br />

seine Karriere 1992 mit diesem Racket.<br />

Als die Firma Wilson versuchte, Steffi <strong>Gra</strong>f zu gewinnen,<br />

hatten die damaligen Entwicklungsingenieure bei Wilson,<br />

Frank Garret und Po Jen, die ich beide gut als Lizenzgeber<br />

für Wilson kannte und die mich zum Gedankenaustauch<br />

und Ausbildung öfter in Überlingen besuchten, größte<br />

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Pro Staff 7,5 si<br />

Schwierigkeiten aus ihrem reichhaltigen Sortiment ein<br />

Racket zu finden, das weich genug für Steffi war, vergleichbar<br />

mit dem 200G. Schließlich konnten sie sich mit Steffi<br />

auf den Wilson Pro Staff 7,5 si einigen, der allerdings wesentlich<br />

härter war.<br />

Ich versuche im Nachhinein herauszufinden, was Steffi<br />

und McEnroe bewog, den Max 200G zu spielen. Ich vermute,<br />

dass die heftigen Schwingungen und auch das Ausschwingen<br />

nach dem Ballkontakt, Informationen an das<br />

Gehirn der Spieler liefert, die in dieser extremen Weise bei<br />

härteren Schlägern, die mehr Power und weniger Schwingungen<br />

erzeugen, nicht entstehen. Eine Erklärung?<br />

Das Gewicht des gezeigten Schlägers von Steffi beträgt<br />

einschließlich der Bespannung 363 <strong>Gra</strong>mm und der Balancepunkt<br />

vom Griffende gemessen ist 32 cm (grifflastig). Die<br />

Länge 69 cm. Werte, die damals für Holzschläger üblich<br />

waren. Die Schlagfläche ist 540 cm², im Vergleich zu einem<br />

Maxply mit 440 cm² etwa 20% größer, also Midsize. Er besitzt<br />

18 Längssaiten und 20 Quersaiten<br />

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Die Abschürfung am Rahmenkopf (oberes Bild) zeigt,<br />

dass sie mit der Rückhand durchaus auch den Boden<br />

berühren konnte. Das mittlere Bild nennt das Spritzmaterial<br />

mit ‚<strong>Gra</strong>fil‘und zeigt ihre Signatur (schlecht lesbar).<br />

Das untere Bild das S.G. für ihren Namen.<br />

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Vor- und Rückseite von Steffi signiert mit ihrer unverwechselbarer<br />

Unterschrift<br />

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Auch der Wilsonschläger auf der Rückseite dieser Ausarbeitung<br />

gezeigt, ist von Steffi 1995 gespielt worden. Es ist<br />

von dem Jahr, in dem sie vom Max 200G Pro zum Pro Staff<br />

7,5 si wechselte. Ich erhielt ihn von Siegfried Schwank als<br />

Geschenk, der zeitweise alle ihre Schläger bespannte. 29 kg<br />

längs und 28 kg quer. Darmsaite 1,3 bis 1,35 mm im Durchmesser.<br />

Interessant ist festzustellen, dass die technischen<br />

Daten, die für den Max 200G weiter oben angeführt sind,<br />

wie Schlagfläche, Anzahl der Längs-und Quersaiten, Gewicht<br />

und Balance auch für ihren neuen Schläger gelten.<br />

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In manchen Berichten steht, dass Steffi mit dem Pro Staff<br />

7,5 si Lite gespielt haben soll. Auf diesem von ihr 1995<br />

gespielten Schläger ist kein Hinweis auf Lite zu finden.<br />

Die Abschürfungen am Schlägerkopf zeigen an, dass sie<br />

Rechtshänderin ist.<br />

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