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The Red Bulletin Juni/Juli 2020

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DEUTSCHLAND<br />

JUNI / JULI <strong>2020</strong>, € 2,50<br />

ABSEITS DES ALLTÄGLICHEN<br />

THE POWER OF<br />

LIFE<br />

100 SEHR PERSÖNLICHE<br />

BOTSCHAFTEN,<br />

DIE MUT MACHEN<br />

Mit Beiträgen von<br />

JULIAN NAGELSMANN<br />

NEYMAR JR<br />

LINDSEY VONN<br />

MAX VERSTAPPEN<br />

BRIAN ENO<br />

THOMAS DRESSEN<br />

MARC WALLERT<br />

RACHEL ATHERTON<br />

REWINSIDE<br />

ZUNA<br />

und 90 weiteren<br />

Helden von heute<br />

JETZT ABONNIEREN: GETREDBULLETIN.COM


Copyright © <strong>2020</strong> MNA, Inc. All rights reserved.<br />

OFTEN, THE MOST IMPORTANT MOMENTS<br />

HAPPEN WHEN WE’RE STANDING STILL.<br />

WHAT ARE YOU BUILDING FOR?<br />

150 years of engineering progress. Check it out at www.BFGoodrichTires.com/150years .


E D I T O R I A L<br />

WILLKOMMEN<br />

Wir feiern<br />

die Schönheit<br />

des Lebens<br />

BEN THOUARD (COVER), THE LEGO GROUP FARGO CIRCLE STUDIO/TOBY LEIGH<br />

ANRUF<br />

IM WELTALL<br />

Für diese Ausgabe<br />

haben wir zahlreiche<br />

Video-Calls geführt,<br />

den ungewöhnlichsten<br />

erlebte sicher Tahira<br />

Mirza. Unsere Fotoredakteurin<br />

sprach<br />

mit den Astronauten<br />

auf der inter nationalen<br />

Raumstation ISS.<br />

Seite 48<br />

Es liegt in unserer Natur als Menschen, dass wir Probleme nicht<br />

nur lösen, sondern imstande sind, sie als motivierendes Element<br />

unserer Entwicklung zu nutzen. In Phasen höchster Bedrängnis<br />

gelingt es uns seit hunderttausenden Jahren, die Beschränkungen<br />

urbiologischer Reaktionsmuster zu überwinden und jenen Freiraum<br />

in unseren Köpfen zu schaffen, der uns zwei<br />

wesentliche Fähigkeiten eröffnet: Wir können bedrohliche<br />

Situationen aus völlig neuen Perspektiven<br />

betrachten und daher eine Vielzahl möglicher<br />

Maßnahmen erdenken.<br />

Diese menschliche Kernqualität ließ uns Hunger,<br />

Kälte und Krankheiten besiegen. Sie belegt sich in<br />

zahllosen Beispielen technischer, ökonomischer,<br />

sozialer, künstlerischer oder philosophischer Natur<br />

und begründet das Niveau, auf dem wir existieren.<br />

Das Wichtigste an diesem Gruß aus unserer Geschichte ist: Jeder<br />

von uns trägt die Fähigkeit in sich, eine Haltung einzunehmen,<br />

die diesen Schatz der Menschheit entfaltet. 100 Menschen, die<br />

diese Qualität in Vollendung beherrschen, teilen daher in dieser<br />

Ausgabe von <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> sehr persönliche Erfahrungen.<br />

In Bildern, Zitaten, Interviews, Texten und Zeichnungen erzählen<br />

sie uns, wie sie es zuwege brachten, in scheinbar ausweglosen<br />

Situationen Chancen zu erkennen und diese aktiv zu nutzen.<br />

100 Beiträge von Athleten, Spitzensportlerinnen, Musikerinnen,<br />

Literaten, Innovatoren, Tänzern und Fotografinnen aus der<br />

ganzen Welt fügen sich in diesem Heft zu einem Bild zusammen,<br />

das uns ermutigen, ermächtigen und daran erinnern soll, wozu<br />

wir als Individuen und als Gemeinschaft fähig sind.<br />

Wir stehen zusammen, wir wachsen über uns<br />

hinaus, wir feiern die Schönheit des<br />

Lebens. Auch jetzt. Gerade jetzt.<br />

Die <strong>Red</strong>aktion<br />

ZU HAUSE<br />

DER GRÖSSTE<br />

Psychologe Adam<br />

Yearsley erklärt,<br />

was Homeoffice<br />

mit Reisen ins All<br />

zu tun hat und<br />

wie wir an dieser<br />

Herausforderung<br />

wachsen. Seite 38<br />

SO CHILLEN<br />

RENNFAHRER<br />

Wie Le-Mans-<br />

Sieger Sébastien<br />

Buemi mit seinen<br />

Kindern und einem<br />

Lego-Porsche richtig<br />

entschleunigt.<br />

Seite 60<br />

THE RED BULLETIN 3


ALPHATAURI.COM


INHALT<br />

<strong>The</strong> Power of Life Issue<br />

MICHAEL MULLER, DAN WILTON, MARCUS COOPER/WARNER MUSIC, FORMULA 1, @DIESERBOBBY, GETTY IMAGES, STEPHANIE WOLFF, HADRIEN<br />

PICARD/RED BULL CONTENT POOL, ENNO KAPITZA, DANE JACKSON/REDBULL US ATHLETE, PHILIPPE JACOB/RED BULL CONTENT POOL, GETTY<br />

IMAGES, WARNER MUSIC, SEBAS ROMERO/RED BULL CONTENT POOL, SHAMIL TANNER, SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL<br />

22<br />

Lindsey<br />

Vonn<br />

1 BEN THOUARD<br />

2 CHRIS SAUNDERS<br />

3 NORMAN KONRAD<br />

4 DAN KRAUSS<br />

5 TYRONE BRADLEY<br />

6 JIM KRANTZ<br />

7 JANE STOCKDALE<br />

8 PETER RIGAUD<br />

9 KRYSTLE WRIGHT<br />

10 MICHAEL MULLER<br />

11 ALEX DE MORA<br />

12 CAITLIN HUGHES<br />

13 KONSTANTIN REYER<br />

14 TOMASZ GUDZOWATY<br />

15 PIP HARE<br />

16 JULIAN NAGELSMANN<br />

17 CORINNA SCHWIEGERSHAUSEN<br />

18 FANNY SMITH<br />

19 J. K. ROWLING<br />

20 DANITSA<br />

21 P. K. SUBBAN<br />

22 LINDSEY VONN<br />

23 CRISTAL RAMIREZ<br />

24 ALISA RAMIREZ<br />

25 KATIE HENDERSON<br />

26 McKENNA PETTY<br />

27 ADAM YEARSLEY<br />

28 DAN ATHERTON<br />

29 GEE ATHERTON<br />

30 RACHEL ATHERTON<br />

31 BILL McKIBBEN<br />

32 SÉBASTIEN THIBAULT<br />

28–30<br />

Rachel, Dan &<br />

Gee Atherton<br />

34<br />

Charli<br />

XCX<br />

Die Startnummern unserer 100 Heroes dieser Ausgabe<br />

50<br />

Zuna<br />

46<br />

Marc<br />

Wallert<br />

68<br />

Max<br />

Verstappen<br />

16<br />

<strong>Juli</strong>an<br />

Nagelsmann<br />

33 DOMINIC THIEM<br />

34 CHARLI XCX<br />

35 HILARY KNIGHT<br />

36 NEYMAR JR<br />

37 ANDREW MORGAN<br />

38 JESSICA MEIR<br />

39 CHRIS CASSIDY<br />

40 ED O’BRIEN<br />

41 REWINSIDE<br />

42 WILL CLAYE<br />

43 THOMAS ULRICH<br />

44 ADRIAN MATTERN<br />

45 THOMAS DRESSEN<br />

46 MARC WALLERT<br />

47 CYRIL DESPRES<br />

48 MIKE HORN<br />

49 GÉRALDINE FASNACHT<br />

50 ZUNA<br />

51 HILAREE NELSON<br />

52 SÉBASTIEN BUEMI<br />

53 PHILIPP VENETZ<br />

54 MICHÈLE IMHASLY<br />

55 DOMINIK IMHOF<br />

56 STEPHAN DREESEN<br />

57 PASQUALE ROTELLA<br />

58 WOLFGANG ZAC<br />

59 MARCO WALTENSPIEL<br />

60 FELIX SEIFERT<br />

61 MARCO FÜRST<br />

62 MAX MANOW<br />

63 TRENT ALEXANDER-ARNOLD<br />

64 RYAN PESSOA<br />

65 RYAN SHECKLER<br />

66 YVON CHOUINARD<br />

67 MAVI PHOENIX<br />

68 MAX VERSTAPPEN<br />

EDITORIAL SEITE 3<br />

100 HEROES SEITEN 6–94<br />

69 BEN STOKES<br />

70 CEDAR ANDERSON<br />

71 JAMES SPITHILL<br />

72 DAVID HUNT<br />

73 MICHAEL STRASSER<br />

74 PAROV STELAR<br />

75 PÉTER GULÁSCI<br />

76 MARCEL HALSTENBERG<br />

77 NORDI MUKIELE<br />

78 LUKAS KLOSTERMANN<br />

79 DAYOT UPAMECANO<br />

80 MARCEL SABITZER<br />

81 DIEGO DEMME<br />

82 KONRAD LAIMER<br />

83 TIMO WERNER<br />

84 YUSSUF POULSEN<br />

85 EMIL FORSBERG<br />

86 MATTHIAS WALKNER<br />

87 ANGY EITER<br />

88 MIKE McCASTLE<br />

89 TITOUAN BERNICOT<br />

90 KASTUYA EGUSHI<br />

91 BBOY JUNIOR<br />

92 MARCEL HIRSCHER<br />

93 TOM ÖHLER<br />

94 PINEAPPLECITI<br />

95 VLADIK SCHOLZ<br />

96 BRIAN ENO<br />

97 JOJO<br />

98 MICHAEL KÖHLMEIER<br />

99 IGNAZ SEMMELWEIS<br />

100 ANDREAS BREITFELD<br />

36<br />

Neymar Jr<br />

45 Thomas<br />

Dreßen<br />

44 Adrian<br />

Mattern<br />

48<br />

Mike<br />

Horn<br />

IMPRESSUM SEITE 96<br />

MAKES YOU FLY SEITE 98<br />

19<br />

J. K.<br />

Rowling<br />

97 JoJo<br />

65 Ryan<br />

Sheckler<br />

96<br />

Brian<br />

Eno<br />

41<br />

Rewinside<br />

17 Corinna<br />

Schwiegershausen<br />

THE RED BULLETIN 5


1<br />

Surf-Fotograf, 34, FRA<br />

Der Gewinner von <strong>Red</strong> Bull Illume 2019<br />

schickt uns ein Bild aus der Südsee<br />

als Ausblick auf unbeschwertere Zeiten.<br />

Ben<br />

Thouard<br />

6 THE RED BULLETIN


Licht am Ende<br />

des Tunnels<br />

„Das ist Teahupoo, der berühmte<br />

Surfspot vor Tahiti“, sagt Ben<br />

Thouard, Spezialist für epische<br />

Aufnahmen. „Hier werden 2024<br />

die olympischen Wettbewerbe<br />

im Wellenreiten stattfinden. Dann<br />

wird alles, was uns jetzt Sorgen<br />

macht, nur noch eine vage Er in nerung<br />

sein. Für mich ist das Foto<br />

ein Symbol dafür, dass wieder<br />

schöne Tage vor uns liegen.“<br />

Instagram: @benthouard<br />

benthouard.com<br />

THE RED BULLETIN 7


2<br />

Streetstyle-Fotograf,<br />

36, RSA<br />

Emotionen, hoch verdichtet: Die Energie,<br />

die in dieser Performance steckt, ist<br />

sogar noch auf dem Foto spürbar.<br />

Chris<br />

Saunders<br />

Dieser Tanz<br />

reißt alle mit<br />

„Das ist Manthe Ribane, eine<br />

Musikerin und Künstlerin aus<br />

Südafrika, wie sie auf dem Dach<br />

des Taxistandes in der Bree<br />

Street in Johannesburg tanzt.<br />

Ich arbeite seit Jahren mit ihr<br />

zusammen. Manthe hat die<br />

Gabe, nicht nur die Menschen<br />

um sich herum mitzureißen.<br />

Wer eine ihrer Performances<br />

erlebt, spürt, dass sie sogar ihre<br />

Um gebung mit ihrer Freiheit<br />

und ihrer positiven Art auflädt.“<br />

Instagram: @chrissaundersphoto<br />

chrissaunders.co<br />

8 THE RED BULLETIN


3<br />

Porträt-<br />

und Werbefotograf, 43, GER<br />

Der Berliner, berühmt für seine surreale<br />

Bildsprache, hat eine alte Aufnahme<br />

in einen neuen Kontext gestellt.<br />

Norman<br />

Konrad<br />

Hausübung<br />

„Mit meinen Kompositionen<br />

versuche ich oft, unseren Blick<br />

auf die Normalität infrage zu<br />

stellen“, sagt Norman Konrad.<br />

„Bei dem Foto ging es ursprünglich<br />

um Nachbarschaftshilfe.<br />

Jetzt hat es für mich eine ganz<br />

neue Bedeutung gewonnen:<br />

Kannst du nicht raus, um deine<br />

Liebsten zu sehen, ist es umso<br />

wichtiger, mit ihnen wenigstens<br />

im Gespräch zu bleiben.“<br />

Instagram: @norman.konrad<br />

normankonrad.de<br />

THE RED BULLETIN 9


4<br />

Outdoor-Fotograf,<br />

31, USA<br />

Für Dan sagt dieses Bild: Selbstvertrauen<br />

und Herausforderung bedingen einander.<br />

In welcher Reihenfolge? Entscheidest du.<br />

Dan<br />

Krauss<br />

10 THE RED BULLETIN


Mein Glaube<br />

versetzt Felsen<br />

„Ein Jahr lang habe ich gesucht,<br />

bis ich in Moses Potter einen<br />

Sportler fand, der diesen Felsen<br />

klettern konnte“, erzählt Dan Krauss.<br />

„Die Route ‚Once Upon a Time‘<br />

auf dieses UFO in den San Jacinto<br />

Mountains in Süd kalifornien<br />

ist extrem schwierig. Für mich<br />

erzählt das Bild von der Stärke<br />

und dem Selbstvertrauen,<br />

das ein einzelner Mensch aus<br />

sich heraus entwickeln kann.“<br />

Instagram: @dankrauss<br />

dankraussphoto.com<br />

THE RED BULLETIN 11


5<br />

Action-<br />

und Porträt-Fotograf, 39, RSA<br />

Der Kapstädter, einst BMX-Freerider,<br />

erzählt eine berührende persönliche<br />

Geschichte über die Geburt seiner Tochter.<br />

Tyrone<br />

Bradley<br />

Die Kraft<br />

des Lebens<br />

„Wenn ich darüber nachdenke,<br />

welch positive Kraft in uns<br />

steckt“, meint Tyrone Bradley,<br />

„fällt mir der 24. Dezember 2019<br />

ein, als meine Tochter Lyra zur<br />

Welt kam. Eigentlich hatten wir<br />

eine natürliche Geburt geplant.<br />

Aber die Natur entschied anders.<br />

Dank der Fortschritte, die wir<br />

Menschen auf dem Gebiet der<br />

Medizin erzielt haben, geht es<br />

meiner Familie heute trotzdem<br />

gut. Konkret: dank dem rein<br />

weiblichen Team im Bild, das den<br />

Notkaiserschnitt durchführte.“<br />

Instagram: @tyrone_bradley<br />

tyronebradley.co.za<br />

12 THE RED BULLETIN


THE RED BULLETIN 13


6<br />

Fotograf,<br />

65, USA<br />

Der vielfach preisgekrönte Amerikaner setzt<br />

den Sieg über die globale Bedrohung ins Bild<br />

und vertraut dabei der Kraft des Lebens.<br />

Jim<br />

Krantz<br />

Die Natur<br />

setzt sich<br />

durch<br />

„Den Farn aus meinem Garten<br />

habe ich mit Epoxidharz übergossen,<br />

über ein Bild des Virus<br />

gelegt und fotografiert“, erklärt<br />

Krantz das Konzept des Fotos.<br />

„Farne sind enorm widerstandsfähig.<br />

Vor meinem Arbeitszimmer<br />

schlingt sich einer<br />

um einen Baumstamm. Täglich<br />

beobachte ich Leben, das unter<br />

härtesten Umständen gedeiht.“<br />

Instagram: @jimkrantzphoto<br />

jimkrantz.com<br />

14 THE RED BULLETIN


7 8<br />

Reportage-Fotografin, 37, GBR<br />

Die Darstellung starker Emotionen ist<br />

das Spezialgebiet der Schottin. Hier: Freude<br />

und Erlösung im Moment des Triumphs.<br />

Jane<br />

Stockdale<br />

Porträt-Fotograf, 51, AUT<br />

Der Augenblick, den der Salzburger hier<br />

eingefangen hat, beweist: Ernsthafte<br />

Forschung verträgt einen Schuss Humor.<br />

Peter<br />

Rigaud<br />

Wir haben<br />

gewonnen!<br />

Paris, 15. <strong>Juli</strong> 2018, Finale der<br />

Fußball-WM zwischen Frankreich<br />

und Kroatien. Der junge Stürmer<br />

Kylian Mbappé hat eben das 4:1<br />

für Frankreich geschossen. In<br />

der Nähe des Eiffelturms bringt<br />

das einen jungen Mann zum Ausflippen,<br />

Stockdale drückt auf den<br />

Auslöser: „Für mich ein Moment<br />

voller Emotion und Energie am<br />

Ende eines großen Turniers.“<br />

Instagram: @janestockdale_<br />

janestockdale.co.uk<br />

Klugheit<br />

trifft Humor<br />

Dieses Bild zeigt den Genetiker<br />

Josef Penninger. Der gebürtige<br />

Oberösterreicher forscht derzeit<br />

mit seinem internationalen Team<br />

intensiv an einem Medikament<br />

gegen die Krankheit, die gerade<br />

die Welt in Atem hält. Peter<br />

Rigaud hat ihn 2015 porträtiert.<br />

„Vor und in seinem Büro hingen<br />

überall Bilder von Clowns und<br />

Affen“, erzählt der Fotograf.<br />

„Auch die Interviews, die ich<br />

jetzt von ihm lese, zeichnen<br />

sich durch wissenschaftliche<br />

Seriosität und Humor aus.<br />

Ich finde sein Auftreten und<br />

seine Selbstsicherheit in Zeiten<br />

wie diesen bemerkenswert.“<br />

Instagram: @rigaudpeter<br />

peterrigaud.com<br />

THE RED BULLETIN 15


9<br />

Adventure-Fotografin,<br />

33, AUS<br />

Die Australierin blüht unter extremen<br />

Bedingungen auf: was sie während eines<br />

Schneesturms fürs Leben gelernt hat.<br />

Krystle<br />

Wright<br />

Was der Blizzard<br />

mich lehrte<br />

„Dieses Foto entstand während<br />

einer BASE-Jump-Expedition auf<br />

Baffin Island im äußersten Nordosten<br />

Kanadas“, erzählt Wright. „Blizzards<br />

zwangen uns tagelang in unsere<br />

Zelte. Umso überraschter war ich,<br />

als sich ein Inuk mit seinem Hundegespann<br />

dem Camp näherte. Ich<br />

schaffte es gerade noch, zwei Bilder<br />

zu schießen, ehe ihn der Sturm wie der<br />

verschluckte. Was ich von der Zeit<br />

im Camp mitnehme? Dass wir außergewöhn<br />

liche Fähigkeiten ent wickeln,<br />

sobald uns die Natur zwingt, all un se re<br />

Ablenkungen zu vergessen.“<br />

Instagram: @krystlejwright<br />

krystlewright.com<br />

16 THE RED BULLETIN


THE RED BULLETIN 17


10<br />

Star-Fotograf, 59, USA<br />

Hauptsächlich porträtiert der Kalifornier<br />

Hollywoodstars, zum Ausgleich taucht er<br />

mit Haien. Hier hilft er einem von ihnen.<br />

Michael<br />

Muller<br />

Tun, was getan<br />

werden muss<br />

Nein, Michael Muller hat keine Angst vor Haien,<br />

dazu kennt er sie zu gut. Er wagt sich selbst<br />

in die Nähe der großen Weißen, wie man sieht.<br />

Der Grund dafür verblüfft ihn bis heute: „Von<br />

der rechten Brustflosse hing doch tatsächlich<br />

ein großer Plastik fetzen. Aber das Gute an uns<br />

Menschen ist: Wir können zur Tat schreiten,<br />

wenn es sein muss.“ Mullers Tauchpartner befreite<br />

das Tier von dessen Anhängsel. Und die<br />

Welt war daraufhin ein kleines bisschen besser.<br />

Instagram: @michaelmuller7<br />

mullerphoto.com<br />

18 THE RED BULLETIN


11<br />

Porträt-Fotograf, 38, GBR<br />

Für den Londoner, der vor allem Musiker<br />

ablichtet, ist der Produzent Goldie ein Vorbild<br />

in Sachen angewandte Lebensfreude.<br />

Alex<br />

de Mora<br />

Genießt<br />

den Genuss<br />

„Der britische Musiker Goldie ist<br />

eigentlich Drum ’n’ Bass-Produzent“,<br />

erzählt Alex de Mora, „aber<br />

er hat auch eine Nebenrolle im<br />

James-Bond-Film ‚Die Welt ist<br />

nicht genug‘ gespielt. Außerdem<br />

ist er Mitglied des Ritter ordens<br />

‚Order of the British Empire‘.<br />

Kurz: Dieser Mann inspiriert<br />

mich, das Leben in all seinen<br />

Facetten zu genießen.“<br />

Instagram: @alexdemora<br />

alexdemora.com<br />

THE RED BULLETIN 19


12<br />

CEO der Fotoagentur Magnum, 40, GBR<br />

Sie schickte uns die Bilder von Box-Legende<br />

Muhammad Ali, der aus schwierigen Phasen<br />

stets gestärkt zurückzukommen pflegte.<br />

Caitlin<br />

Hughes<br />

„<strong>The</strong> Greatest<br />

of All Time“: Die<br />

Kontaktabzüge des<br />

Magnum-Foto grafen<br />

Thomas Hoepker<br />

zeigen Box-Weltmeister<br />

Muhammad<br />

Ali im Jahr 1966.<br />

20 THE RED BULLETIN


Thomas Hoepkers<br />

ikonisches<br />

Muhammad-Ali-<br />

Porträt zierte<br />

im Mai 2017 zum<br />

70-Jahr-Jubiläum<br />

der Fotoagentur<br />

Magnum das<br />

<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>-<br />

Cover.<br />

„Wir nutzen unsere<br />

Kraft, um uns<br />

neu zu erfinden“<br />

Seit 1947 dokumentieren die Meister-Fotografen<br />

der Agentur Magnum das Weltgeschehen. Seit<br />

2019 steht Caitlin Hughes als CEO an ihrer Spitze:<br />

„Fotografie ist ein wichtiges Werkzeug in Zeiten<br />

der Unruhe“, sagt die Waliserin. „Sie dokumentiert<br />

Umbrüche und inspiriert Menschen auf der ganzen<br />

Welt. Gerade jetzt zählt, dass wir uns gegenseitig<br />

helfen. Wir können unsere Kraft nutzen, um uns neu<br />

zu erfinden. Genau das taten unsere Gründer, als sie<br />

vor mehr als 70 Jahren Magnum ins Leben riefen.“<br />

Instagram: @magnumphotos<br />

magnumphotos.com<br />

THOMAS HOEPKER<br />

THE RED BULLETIN 21


13<br />

Fotograf, 33, AUT<br />

Ein magischer Moment: Wer sagt, dass<br />

sich nicht auch im bösesten Sturm plötzlich<br />

die ganze Schönheit der Natur entfaltet?<br />

Konstantin<br />

Reyer<br />

Die Schönheit<br />

bricht durch<br />

„Kurz nach meinem 30. Geburtstag reiste ich mit<br />

meiner Freundin auf die Halbinsel Cape Cod südöstlich<br />

von Boston“, erzählt Reyer. „An diesem Tag wütete ein<br />

schweres Gewitter, als ich in der Ferne den Regenbogen<br />

entdeckte. ‚Das gibt es nicht!‘, dachte ich und schoss<br />

dieses Bild. Es begleitet mich seither als Zeichen<br />

für Optimismus und hängt gerahmt in meinem Studio.“<br />

Instagram: @konstantinreyer<br />

konstantinreyer.com<br />

22 THE RED BULLETIN


14<br />

Meister der Schwarzweißfotografie, 48, POL<br />

Für den neunmal mit dem World Press Photo<br />

Award ausgezeichneten Polen steht dieses<br />

Bild für Ausdauer und Widerstandsfähigkeit.<br />

Tomasz<br />

Gudzowaty<br />

Schwerelos<br />

auf dem Weg<br />

Diese Aufnahme eines Shaolin-<br />

Mönchs in China hat Gudzowaty<br />

mit einem Vers aus der Spruchsammlung<br />

des chinesischen<br />

Weisen Laozi betitelt: „Eine tausend<br />

Meilen lange Reise beginnt<br />

mit einem einzigen Schritt“.<br />

Er sagt: „Das Bild symbolisiert<br />

für mich die Ausdauer und Widerstandskraft<br />

des Menschen.“<br />

Instagram: @tomaszgudzowaty<br />

gudzowaty.com<br />

THE RED BULLETIN 23


24


15<br />

Solo-Seglerin, 45, GBR<br />

Im November wird sie als erst achte Frau<br />

bei der legendären Vendée Globe starten,<br />

um allein die Welt zu umsegeln.<br />

Pip<br />

Hare<br />

„Wir unter schätzen,<br />

wozu wir fähig sind“<br />

Pip Hare über Sturzflüge in gigantische<br />

Wellentäler und Ausflüge zur Mastspitze<br />

– mutterseelenallein auf dem Ozean.<br />

Text JESSICA HOLLAND<br />

RICHARD LANGDON/OCEAN IMAGES<br />

Selbst ist die Frau<br />

Pip Hare ist „Einhandseglerin“.<br />

Das bedeutet: Sie ist ganz<br />

allein auf dem Ozean unterwegs.<br />

Sie lernte ihre wahren<br />

Fähigkeiten kennen, weil sie<br />

auf sich selbst gestellt war.


einem meiner ersten Ozean-Törns geriet<br />

ich zwischen den Kanarischen und<br />

den Britischen Inseln in einen entsetzlichen<br />

Sturm. Das Schlimmste war, mit<br />

dem Boot kopfüber, mit dem Mast voran,<br />

die Wellen hinabzustürzen. Und was für<br />

„Bei<br />

Wellen das waren: Wände von zwölf Metern, höher<br />

als mein Mast, inmitten eines Sturms von 70 Knoten<br />

(rund 130 km/h). Wenn du ganz unten im Wellental<br />

ankommst, hält die Welt für einen Augenblick<br />

an, es wird windstill und gespenstisch leise. Dann<br />

steigst du mit der Welle hoch, und alles donnert<br />

und vibriert wie ein Güterzug, der auf dich zurast.<br />

Von einer solchen Welle erfasst zu werden<br />

fühlt sich an wie ein Zusammenstoß mit einem<br />

Elefanten. Du fliegst einfach nur hilf‌los durch die<br />

Gegend. Man kann nicht an Deck bleiben, sonst<br />

wird man über Bord gespült oder bricht sich alle<br />

Knochen. Also verbarrikadierte ich mich während<br />

der sechs schlimmsten Stunden unter Deck. Wenn<br />

es wellenabwärts ging, knallte ich gegen die Decke,<br />

und alles, was nicht festgezurrt war, regnete auf<br />

mich herunter. Als ein paar Chili-Gläser vom Kühlschrank<br />

fielen und zerbrachen, war die ganze Kajüte<br />

voller Splitter und Sauce. Den Geruch habe ich<br />

noch heute, 20 Jahre später, in der Nase.<br />

Als der Sturm endlich abflaute, war von meinem<br />

Boot nicht mehr viel übrig. Aber ich hatte überlebt.<br />

Anderen hätte diese Erfahrung das Segeln für<br />

immer verleidet. Ich habe daraus gelernt. Man ahnt<br />

normalerweise nicht, welche Willenskraft in einem<br />

steckt, wenn man nie in einer solchen Situation<br />

war. Ich hatte zwar Angst, aber ich habe weiter<br />

„Ich weiß jetzt:<br />

in Notsituationen<br />

kann ich mich<br />

auf mich verlassen.“<br />

Pip Hares Erkenntnis nach<br />

Stürmen mit 130-km/h- Böen<br />

und zwölf Meter hohen Wellen<br />

Den Gewalten trotzen<br />

Pip Hare an Bord ihrer Yacht „Superbigou“. Das Boot, mit dem sie<br />

Ende <strong>2020</strong> an der Vendée Globe teilnehmen will, wird derzeit gebaut.<br />

RICHARD LANGDON/OCEAN IMAGES<br />

26


Glänzende<br />

Seglerin<br />

Pip Hare beim Fastnet<br />

Race 2019, einer<br />

legendären Regatta<br />

durch den Ärmelkanal<br />

funktioniert. Darum weiß ich jetzt, dass ich mich<br />

in Notsituationen auf mich selbst verlassen kann.<br />

Was ich noch daraus gelernt habe, ist, dass alles<br />

Schlimme irgendwann vorbeigeht. In einem Sturm<br />

wie diesem musst du deine Machtlosigkeit akzeptieren.<br />

Du kannst nichts weiter tun, als die Segel<br />

zu reffen und abzuwarten – es gibt immer etwas<br />

auf der anderen Seite.<br />

Eine der Leistungen, auf die ich besonders stolz<br />

bin: Ich schaffe es, auf den Mast zu klettern,<br />

selbst wenn ich allein segle. Das erste Mal, dass<br />

ich das machen musste, habe ich in grauenhafter Erinnerung:<br />

Es war bei meinem ersten Einhand segler-<br />

Rennen über den Atlantik nach Brasilien. Ich segelte<br />

in einem dieser kleinen Geschosse: Sie sind nur<br />

knapp sieben Meter lang, haben einen rund zwölf<br />

Meter hohen Mast und können Geschwindigkeiten<br />

von mehr als 20 Knoten (ca. 37 km/h) erreichen.<br />

Kein Satellitentelefon, kein Funkkontakt. Ich war<br />

bereits zirka zwei Wochen unterwegs und körperlich<br />

ziemlich fertig. Ungefähr in der Mitte des Atlantiks<br />

– also an jenem Punkt, wo mögliche Hilfe am<br />

weitesten entfernt war – kam ich in einen bösen<br />

Sturm, in dem sich ein Teil an der Spitze des Mastes<br />

löste. Würde ich das nicht reparieren können, würde<br />

ich in ernsthafte Schwierigkeiten geraten.<br />

Das bedeutete: Ich musste unter vollen Segeln<br />

hinaufklettern. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte ich<br />

Mastklettern nur im Hafen trainiert. Eine der größten<br />

Gefahren beim Klettern in voller Fahrt ist, dass<br />

„Mein Herz schlug<br />

mir bis zum Hals.“<br />

Pip Hare „packte sich selbst am<br />

Kragen“ und kletterte unter vollen<br />

Segeln bis zur Spitze des Masts.<br />

man, an der Sicherungsleine hängend, vom Mast<br />

wegschwingt. Beim Zurückpendeln kann man sich<br />

den Kopf stoßen oder etwas brechen. Im schlimmsten<br />

Fall hängt man dort oben fest, weil es niemanden<br />

gibt, der einem helfen kann. Es ist schwierig, sich<br />

zu verbieten, an all die Dinge zu denken, die schiefgehen<br />

können. Meine Hände zitterten, mein Herz<br />

schlug mir bis zum Hals. Dazu kommt, dass man<br />

während der Kletterei vom Autopiloten abhängig ist.<br />

Wenn dieser Apparat plötzlich den Kurs wechselt<br />

oder sonst ein Problem hat, während du oben bist,<br />

dann gute Nacht.<br />

Andererseits sagte ich mir: ‚Das ist der Sport,<br />

den ich mir ausgesucht habe. In dieser Lage bin<br />

ich völlig freiwillig.‘ Es ist, wie wenn du dich selbst<br />

beim Kragen packst, dich tüchtig schüttelst und dir<br />

sagst: ‚Das ist die Person, die du sein willst.‘<br />

Ab der Hälfte des Mastes habe ich mich nur<br />

noch mit den Armen hochgezogen, und als<br />

ich dann oben war, dachte ich: ‚Wow, ich hätte<br />

nicht gedacht, dass ich das kann.‘ Es ist erstaunlich,<br />

wozu man fähig ist, wenn man Angst hat. Ich reparierte,<br />

was zu reparieren war, und machte mich<br />

dann wieder auf den Weg nach unten. Wenn du so<br />

etwas geschafft hast, steigt dein Selbstvertrauen<br />

ungeheuer: Du hast auf einmal das Gefühl, dass<br />

dualles schaffen kannst, was immer auch da kommen<br />

möge.<br />

Meistens stehen wir uns ja selbst im Weg, weil<br />

wir unterschätzen, wozu wir fähig sind. Meistens<br />

tendieren wir dazu, vorsichtig zu sein. Und bevor<br />

wir ein Risiko eingehen, wollen wir am liebsten<br />

eine Garantie dafür, dass es auch gelingt.<br />

Ganz allein mitten auf dem Ozean musst du<br />

deine eigenen Grenzen überwinden. Klar, es macht<br />

Angst, Herausforderungen zu begegnen, denen du<br />

dich zuvor nie stellen musstest, die du vielleicht<br />

körperlich gar nicht bewältigst. Aber wenn du<br />

auf dich allein gestellt bist, hast du keine Wahl.<br />

Du musst es durchziehen. Dafür ist das Erfolgserlebnis<br />

danach einfach unglaublich.“<br />

MAXIME HORLAVILLE<br />

28 THE RED BULLETIN


Neu


„Verantwortung?<br />

Gut! Sie erhöht<br />

deine Chancen.“<br />

Diese Lektion lernte<br />

<strong>Juli</strong>an Nagelsmann<br />

bereits in jungen Jahren.


16<br />

Fußballtrainer, 32, GER<br />

Seit <strong>Juli</strong> 2019 coacht er Fußball-<br />

Bundesligist RB Leipzig. Seine Karriere<br />

begann mit einem geplatzten Traum.<br />

<strong>Juli</strong>an<br />

Nagelsmann<br />

„Was mir hilft:<br />

Ich treffe mutige<br />

Ent scheidungen“<br />

Verantwortung übernehmen, anpacken –<br />

und welches Wort der Spitzentrainer<br />

bewusst nicht in den Mund nahm.<br />

Interview ALEXANDER NEUMANN-DELBARRE<br />

GETTY IMAGES, AS SYNDICATION/ULLSTEIN BILD/AGENTUR SVEN SIMON<br />

Coach auf Augenhöhe:<br />

Nagelsmann mit<br />

Spieler Marcel Sabitzer<br />

the red bulletin: Herr Nagelsmann,<br />

im Alter von zwanzig Jahren platzte Ihr<br />

Traum von einer Karriere als Profi-Fußballer.<br />

Wie haben Sie das verarbeitet?<br />

julian nagelsmann: Mir hat es immer<br />

geholfen, mutige und klare Entscheidungen<br />

zu treffen. In dieser Zeit habe ich nach<br />

mehreren Verletzungen selbstbestimmt<br />

einen Schlussstrich gezogen – und nicht<br />

etwa gewartet, bis ein Arzt es für mich tut.<br />

Solche Eigeninitiative haben Sie schon<br />

früh bewiesen: Als D-Jugendlicher<br />

fädelten Sie Ihren eigenen Wechsel von<br />

Ihrem Dorfklub zum FC Augsburg ein.<br />

Bei uns sahen ja nie Scouts von größeren<br />

Vereinen zu. Also riefen ein Kumpel und<br />

ich in Augsburg an und fragten, ob wir zum<br />

Probetraining kommen können. Die meinten,<br />

dazu müsse man eigentlich eingeladen werden.<br />

Wir fuhren trotzdem auf eigene Faust<br />

hin – und es hat tatsächlich funktioniert.<br />

Als Nächstes starteten Sie eine Trainerausbildung<br />

und wurden mit 28 jüngster<br />

Trainer der Fußball-Bundesliga. Haben<br />

31


„Dir sollte klar sein: Eine<br />

Ent scheidung ist nichts<br />

Endgültiges. Du kannst<br />

sie stets neu bewerten.“<br />

Nagelsmanns Medizin gegen<br />

riskante „Aufschieberitis“<br />

Sie Ihr Leben schon immer so aktiv<br />

in die Hand genommen?<br />

Mir war früh klar, dass ich die Dinge anpacken<br />

muss, wenn ich etwas erreichen will.<br />

Seit meiner Jugend habe ich Stück für Stück<br />

mehr Verantwortung für mich übernommen.<br />

Sei es, als ich in jungen Jahren allein nach<br />

München zog oder als ich beschloss, mein<br />

BWL-Studium abzubrechen und Sport zu<br />

studieren – oder schließlich zuzupacken,<br />

als sich die Chance bot, früh Bundesliga-<br />

Trainer zu werden.<br />

Sind Ihnen solche Entscheidungen<br />

wirklich nie schwergefallen?<br />

Doch, natürlich. Aber dann hat es mir immer<br />

geholfen, mir klarzumachen: Eine Entscheidung<br />

ist nichts Endgültiges. Außer<br />

vielleicht, du hängst gerade in der Eiger-<br />

Nordwand und es geht um Leben oder Tod.<br />

Aber meistens habe ich die Option, eine<br />

Entscheidung später neu zu bewerten und<br />

neu zu fällen. Wenn ich mich aber aus Angst<br />

gar nicht entscheide, zieht sich alles in die<br />

Länge und wird selten leichter oder besser.<br />

Früher Leader: Mit 28 trainierte <strong>Juli</strong>an Nagelsmann<br />

bereits Bundesligist Hoffenheim.<br />

Sie entscheiden sich immer wieder<br />

gezielt dafür, große Verantwortung<br />

zu über nehmen – nicht nur für sich<br />

selbst, sondern auch für andere.<br />

Was genau reizt Sie daran?<br />

Egal was ich tue, ich möchte einen klaren<br />

Bezug zum Endergebnis haben. In einer<br />

Führungsposition trägst du nicht nur einen<br />

Teil zu etwas bei, sondern bist maßgeblich<br />

am Ganzen und dessen Erfolg oder Misserfolg<br />

beteiligt. Das ist anspruchsvoll, aber<br />

auch sehr reizvoll. Darin, Verantwortung<br />

zu übernehmen, habe ich schon immer eher<br />

eine Chance gesehen als ein Risiko.<br />

Außergewöhnlich viel Verantwortung<br />

bedeutet auch außergewöhnlich viel<br />

Druck. Wie halten Sie den aus?<br />

Indem ich mich gut vorbereite und alles<br />

gebe, dann habe ich mir nichts vorzuwerfen.<br />

Wichtig ist für mich auch, nicht unfehlbar<br />

sein zu wollen und auch mal Fehler offen<br />

zu zugeben. Und mir ist immer bewusst:<br />

Ich habe zwar einen hohen Erfolgsdruck,<br />

aber wenn ich morgen nicht mehr Bun desliga­<br />

Trainer bin, ist mein Leben deshalb<br />

kein grund legend anderes. Schließlich<br />

habe ich gelernt, dass ich immer neue Ziele<br />

an packen kann.<br />

Wie gehen Sie als Führungskraft<br />

mit Krisen um?<br />

Erst mal: analysieren, wie wir da reingeraten<br />

sind. Und dann: an konkreten<br />

Problemen arbeiten, statt sich zu lange<br />

mit der Situation zu befassen. Als ich mit<br />

28 in Hoffenheim übernahm, steckten wir<br />

im Abstiegskampf. Aber ich nahm dieses<br />

Wort nie in den Mund. Stattdessen konzentrierte<br />

ich mich darauf, den Spielern<br />

Dinge an die Hand zu geben, die sie konkret<br />

verbessern können, damit wir da unten<br />

rauskommen. Zum Glück hat’s geklappt.<br />

Und wenn der Druck doch mal zu groß<br />

wird, helfen ein paar Stunden auf dem<br />

Mountainbike oder der Motocross-<br />

Maschine?<br />

Beides mache ich extrem gerne, um den<br />

Kopf freizukriegen. Wenn du 24 Stunden<br />

täglich nur an deinen Job denkst, leidet die<br />

Qualität deiner Arbeit darunter. Dir fehlt<br />

dann die Leidenschaft, das Feuer. Wenn<br />

ich meinen Helm aufhabe, die Geschwindigkeit<br />

spüre, bin ich ganz bei mir, baue ein<br />

bisschen Adrenalin auf und komme trotzdem<br />

danach in die totale Entspannung. Mir<br />

Zeit dafür zu nehmen ist mir sehr wichtig.<br />

REUTERS, IMAGO<br />

32 THE RED BULLETIN


„Egal was passiert: Ich habe<br />

gelernt, dass ich immer<br />

neue Ziele anpacken kann.“<br />

Nagelsmann im Lösungsmodus:<br />

erst die Situation analysieren<br />

und dann volle Konzentration<br />

auf konkrete Optimierung<br />

THE RED BULLETIN 33


17<br />

Drachenfliegerin, 48, GER<br />

Die fünffache Weltmeisterin litt früher<br />

unter Höhenangst. Die Vogel perspektive<br />

hilft ihr auch in anderen Lebenslagen.<br />

Corinna<br />

Schwiegershausen<br />

Warum mich<br />

dieser Blick<br />

stark macht<br />

„Wenn ich beim Drachenfliegen<br />

in eine gefährliche Situation<br />

gerate, lasse ich so wenig Emotionen<br />

wie möglich zu. Was mir<br />

hilft: Fakten ver arbeiten, einen<br />

Plan fassen, ihn ab arbeiten. Ich<br />

habe viele Krisen überstanden:<br />

In Jordanien hat mich ein Kamel<br />

abgeworfen – Hüftbruch. Verletzt<br />

in der Wüste lernt man, um Hilfe<br />

zu bitten: eine Touristin, die Medizinerin<br />

war, später meine Teamärzte.<br />

Hoch oben in der Luft fühle ich mich<br />

wie ein winziger Schmetterling.<br />

Diese Stille auszuhalten und nur<br />

im Hier und Jetzt zu sein, haben<br />

viele verlernt. Dem Fliegen verdanke<br />

ich die schönsten Momente meines<br />

Lebens – und den schlimmsten:<br />

Mein Verlobter ist abgestürzt und<br />

gestorben, kurz bevor ich zu ihm<br />

nach Australien ziehen wollte.<br />

Aber das Leben hat einen Plan B<br />

für dich, und man kann damit<br />

glücklich werden.“<br />

SAMO VIDIC/RED BULL CONTENT POOL, GETTY IMAGES MARC BAUMANN<br />

34 THE RED BULLETIN


18<br />

Fanny<br />

Smith<br />

Skicross-Spezialistin, 27, SUI<br />

Was macht Fanny Smith, wenn sie<br />

zu einer Pause daheim gezwungen ist?<br />

Sie präpariert Ski für Freunde.<br />

19<br />

Bestseller-Autorin, 54, GBR<br />

Sie hat 450 Millionen Harry-Potter-Bücher<br />

verkauft. Davor lebte sie von der Sozialhilfe,<br />

erhielt Absagen von zwölf Verlagen.<br />

J. K.<br />

Rowling<br />

„ICH WAR DREI JAHRE<br />

LANG KOMPLETT<br />

AM BODEN. DARAUS<br />

WURDE DAS<br />

FUNDAMENT, AUF<br />

DEM ICH MEIN LEBEN<br />

AUFBAUTE.“<br />

Rowling verkaufte ihr erstes „Harry Potter“-<br />

Manuskript schließlich an einen Agenten,<br />

der nur zustimmte, weil seiner achtjährigen<br />

Tochter die Geschichte gefallen hatte.<br />

20<br />

Sängerin, 25, FRA/SUI<br />

Danitsa versprüht im Homeoffice funky<br />

Vibes nach Plan (s. u.). Jeden Freitag ein<br />

neuer Song auf Instagram: @danitsa_m<br />

COURTESY OF FANNY SMITH, GETTY IMAGES, STELLA KNUCHEL WOLFGANG WIESER<br />

J.K. ROWLING ZITAT AUS DEM BUCH „VERY GOOD LIVES: THE FRINGE BENEFITS<br />

OF FAILURE AND THE IMPORTANCE OF IMAGINATION“, SPHERE PUBLISHING<br />

Die Arbeit an den Skiern macht Fanny Smith<br />

Spaß: Die Kanten werden nachgeschärft,<br />

die Laufflächen gewachst.<br />

Funny Fanny macht<br />

Freunden Freude<br />

Fanny Smith steht in ihrer Garage und hat gute Laune.<br />

Sie präpariert Ski. Ein Paar nach dem anderen.<br />

Zuerst die Bretter ihrer Familie, dann die ihrer<br />

Freunde. Mehr als 20 Paar hat sie schon geschafft.<br />

Ist das Wetter gut, arbeitet sie im Freien, ist es<br />

schlecht, in der Garage. Sobald ein Paar fertig ist,<br />

kommt es vor die Tür und kann abgeholt werden.<br />

Die 27-jährige Skicrosserin, die im Vorjahr den<br />

Gesamtweltcup gewann und diese Saison Platz 2<br />

belegte, nutzt die Pause, um ihrem Metier möglichst<br />

nah zu bleiben (und natürlich ist ihr Sieger-Service<br />

gratis). Fanny Smith hat sogar einen Hoffnungsschimmer<br />

aufgetragen – nämlich ein Wachs, das die<br />

Laufflächen schützt und das zum Saisonstart sauber<br />

abgezogen wird: „Ein Zeichen, dass ich darauf setze,<br />

dass dann alles wieder ganz normal ist.“<br />

fanny-smith.com<br />

Samstag<br />

Sonntag<br />

Montag<br />

Dienstag<br />

Mittwoch<br />

Donnerstag<br />

Freitag<br />

Danitsa<br />

MEIN WOCHENPLAN<br />

Song Auswählen<br />

Mit dem Produzenten am Remix<br />

arbeiten oder Komponieren<br />

Proben + moodboard für das<br />

musikvideo erstellen<br />

Aufnahme im home studio meines<br />

Bruders + mixing<br />

mini-musikvideo mit meiner<br />

Schwester mit dem iphone filmen<br />

Video Schneiden<br />

mini-musikvideo-Release<br />

THE RED BULLETIN 35


21<br />

P. K.<br />

Subban<br />

Eishockey-Profi, 30, CAN<br />

Das Abwehrbollwerk der New Jersey<br />

Devils gewann 2014 mit dem kanadischen<br />

Nationalteam Olympiagold in Sotschi.<br />

22<br />

Lindsey<br />

Vonn<br />

Ski-alpin-Allzeitgröße, 35, USA<br />

Die Amerikanerin feierte 82 Weltcup siege,<br />

gewann viermal den Gesamtweltcup,<br />

sie ist Olympiasiegerin und Weltmeisterin.<br />

„Der olympische Spirit<br />

wird uns wieder vereinen“<br />

Als das IOC die Verschiebung der Spiele<br />

von Tokio auf 2021 bekannt gegeben hatte,<br />

meldeten sich Lindsey Vonn und P. K.<br />

Subban mit einem Video-Statement voll<br />

Zuversicht und Mitgefühl. Zwei Auszüge:<br />

lindsey: „Der olympische<br />

Gedanke ist etwas Einzigartiges,<br />

etwas Unglaubliches. Er hat die Kraft,<br />

Menschen weltweit zusammenzubringen.<br />

Das wird er auch wieder tun. Er wird uns<br />

wieder vereinen, leider noch nicht diesen<br />

Sommer. Wir freuen uns drauf, die weltbesten<br />

Athleten nächstes Jahr anfeuern<br />

zu können.“<br />

p. k.: „Es ist wahnsinnig hart<br />

für alle Athleten, die vier Jahre auf<br />

dieses Ereignis hintrainiert haben. Doch<br />

jetzt geht es um Wichtigeres: die Gefährdeten<br />

zu schützen, den Kranken zu helfen<br />

und denen, die ihre Arbeit ver loren haben.<br />

Sport ist nicht das Wichtigste: Das wird<br />

uns jetzt in Erinnerung gerufen.“<br />

COURTESY OF LINDSEY VONN NORA O’DONNELL<br />

36 THE RED BULLETIN


23 – 26<br />

<strong>The</strong> Aces<br />

23<br />

Cristal<br />

Ramirez<br />

Lead-Sängerin, 24<br />

Sie gründete ihre erste<br />

Band mit ihrer Schwester<br />

Alisa als gerade einmal<br />

Zehnjährige.<br />

24<br />

Alisa<br />

Ramirez<br />

Drummerin, 22<br />

Sie führte Regie im Musikvideo<br />

für „Daydream“,<br />

die erste Single des<br />

kommenden Albums.<br />

25<br />

Katie<br />

Henderson<br />

Gitarristin, 24<br />

Kam 2008 als Letzte<br />

zur Band. Sie ist zugleich<br />

auch das Tech- und<br />

Studio-Ass der Band.<br />

26<br />

McKenna<br />

Petty<br />

Bassistin, 24<br />

Wie der Rest der Band<br />

wuchs auch sie in Utah<br />

auf. Cristal nennt McKenna<br />

das „Yoga-/Koch-/Social-<br />

Media-Genie“ der Band.<br />

Indie-Pop-Band, USA<br />

Brillantes Debütalbum „When My Heart Felt<br />

Volcanic”. So konzentriert sich Frontfrau<br />

Cristal Ramirez aufs Wesentliche:<br />

Kannst du’s ändern? Ja? Dann tu’s!<br />

Bei ihrem Weg ins Musik-Biz fand<br />

Aces-Frontfrau Cristal Ramirez<br />

Inspiration in einem Rocksong.<br />

„Ich war schon immer ein riesiger<br />

Fan der Rockband Paramore (Bild<br />

rechts) und vor allem von Sängerin<br />

Hayley Williams“, sagt sie. „2013<br />

lief ihr Hit ‚Last Hope‘ bei mir in<br />

Dauerschleife. Ich stand kurz vor<br />

dem Highschool-Abschluss und<br />

hatte mir eine Karriere als Musikerin<br />

in den Kopf gesetzt, aber<br />

natürlich waren da Zweifel, ob ich<br />

das Richtige mache, ob ich eine<br />

Chance habe, das zu schaffen.<br />

Doch der Song ,Last Hope‘ gab<br />

mir dann den letzten Schubs.<br />

Ich liebe den Refrain: ‚Gotta let<br />

it happen, so let it happen‘ – da<br />

steckt so viel Power drin. Auch<br />

wenn nicht alles perfekt läuft,<br />

muss man einfach mal Ruhe bewahren,<br />

und die Dinge werden<br />

dann schon. Konzentriere dich auf<br />

das, was du ändern kannst, und<br />

verschwende keine Energie auf<br />

den Rest – das ist eine so starke<br />

Botschaft. Für mich ist sie zu einer<br />

Art Mantra geworden, das mich<br />

seit Jahren begleitet und mir Zuversicht<br />

in schwierigen Phasen<br />

gibt – zum Beispiel, als wir nach<br />

Los Angeles zogen und noch<br />

keinen Plattenvertrag hatten.“<br />

Das neue Aces-Album „Under<br />

My Influence“ erscheint am<br />

12. <strong>Juni</strong> auf <strong>Red</strong> Bull Records.<br />

theacesofficial.com<br />

Die US-Rockband Paramore<br />

schuf mit „Last Hope“ einen<br />

Motivations-Hit für <strong>The</strong> Aces.<br />

RED BULL RECORDS FLORIAN OBKIRCHER<br />

<strong>The</strong> Aces<br />

(von links):<br />

Cristal, Katie,<br />

Alisa und<br />

McKenna<br />

THE RED BULLETIN 37


27<br />

Psychologe, 48, AUS/GBR<br />

Er ist Mitentwickler des <strong>Red</strong> Bull Wingfinder-Tests<br />

(wingfinder.com), mit dem du<br />

deine beruflichen Stärken analysierst.<br />

Adam<br />

Yearsley<br />

Plötzlich Homeoffice<br />

Jeder Mensch reagiert anders auf Veränderung.<br />

Aber diese Phasen kommen häufig vor.<br />

BEDEUTUNG<br />

„Ich werde etwas<br />

daraus lernen.“<br />

STIMMUNG<br />

LEUGNUNG<br />

„Es wird mich nicht<br />

so sehr betreffen.“<br />

FRUSTRATION<br />

„Es ist schwieriger,<br />

als ich dachte.“<br />

EXPERIMENTIEREN<br />

„Ich werde etwas<br />

Neues ausprobieren.“<br />

SCHOCK<br />

„Ich kann nicht glauben,<br />

dass das passiert.“<br />

WIDERSTAND<br />

„Ich möchte,<br />

dass es vorbei ist“<br />

AKZEPTANZ<br />

„Es ist, was es ist.“<br />

ZEIT<br />

Zu Hause stärker werden<br />

Ein Psychologe erklärt, was Arbeit im Homeoffice<br />

mit Reisen ins Weltall zu tun hat und wie wir unsere<br />

Kollegen dank der Krise in Zukunft besser verstehen.<br />

the red bulletin: Herr Yearsley,<br />

was ist die größte Herausforderung,<br />

wenn man wochenlang<br />

zu Hause arbeitet?<br />

adam yearsley: Interessanterweise<br />

müssen wir bei monatelangem<br />

Homeoffice ähnliche Probleme<br />

lösen wie Astronauten, die<br />

für Langzeit-Raumflüge proben:<br />

Wie kommen wir bei der Arbeit<br />

allein oder mit wenigen Menschen<br />

auf engem Raum zurecht?<br />

Sie haben ein 10-Punkte-Homeoffice-Programm<br />

entwickelt<br />

(s. Fußnote), was raten Sie uns?<br />

Zwei der wichtigsten Punkte:<br />

einen eigenen, abgetrennten<br />

Arbeitsbereich schaffen – auch<br />

wenn er noch so klein ist und Sie<br />

einen Teil des Zimmers abtrennen.<br />

Ebenfalls wichtig: Ziehen Sie sich<br />

morgens für die Arbeit um.<br />

Warum ist das wichtig?<br />

Weil wir Gewohnheitstiere sind.<br />

Gewohnheiten triggern Reaktionen<br />

in unserem Gehirn. Sie<br />

denken anders, wenn Sie Arbeitskleidung<br />

tragen. Wenn Sie im<br />

Pyjama arbeiten, kriegen Sie diese<br />

Denkweise nicht hin.<br />

Ich soll mich also anziehen,<br />

als würde ich ins Büro gehen,<br />

obwohl ich daheim bin?<br />

Genau. Und abends, wenn Sie<br />

fertig sind, wechseln Sie dafür<br />

in Freizeitkleidung. Sie gehen<br />

quasi „mental nach Hause“.<br />

Homeoffice wird generell<br />

immer wichtiger. Nun haben<br />

wir lange geübt. Was können<br />

wir aus dieser Zeit mitnehmen?<br />

Im besten Fall mehr Vertrauen<br />

von den Vorgesetzten. Manager<br />

hingegen sollten sicherstellen,<br />

dass ihre Mitarbeiter immer den<br />

Nutzen ihrer Aufgaben kennen.<br />

Und generell: dass wir uns aufmerksamer<br />

zuhören.<br />

Im Video-Chat oder wenn wir<br />

uns wieder im Büro treffen?<br />

Beides. Ein guter Tipp ist, immer<br />

den Menschen vor das <strong>The</strong>ma zu<br />

setzen: Bevor Sie ein Gespräch<br />

beginnen, nehmen Sie sich eine<br />

Minute Zeit und fragen Sie Ihren<br />

Kollegen oder Ihre Kollegin, wie<br />

es ihm oder ihr gerade geht.<br />

10 Homeoffice-Strategien:<br />

redbulletin.com<br />

SANDRA SCHARTEL/DIE-PHOTOGRAPHIE ANDREAS ROTTENSCHLAGER FARGO CIRCLE STUDIO/TOBY LEIGH<br />

38 THE RED BULLETIN


28<br />

Dan<br />

Atherton<br />

Downhill-Pionier, 38, GBR<br />

Der ältere der beiden Atherton-<br />

Brüder sucht stets nach<br />

herausfordernden Trails.<br />

29<br />

Gee<br />

Atherton<br />

Zweifacher Mountainbike-<br />

Weltmeister, 35, GBR<br />

Der mittlere Atherton versuchte<br />

sich auch als Rallye-Pilot.<br />

30<br />

Rachel<br />

Atherton<br />

Fünffache Downhill-<br />

Weltmeisterin, 32, GBR<br />

Sie ist eine der erfolgreichsten<br />

Athletinnen ihres Sports.<br />

Facebook<br />

ist Silber,<br />

meine Familie<br />

ist Gold<br />

England’s First<br />

Family of Mountainbiking<br />

(von vorn<br />

im Uhrzeiger sinn):<br />

Rachel, Dan und<br />

Gee Atherton<br />

DAN WILTON RUTH MORGAN<br />

Es ist kein Zufall, dass die drei Superstar-<br />

Geschwister der Mountainbike-Szene<br />

in Wales nah beieinander leben, demselben<br />

Rennteam angehören und gemeinsam eine<br />

Bike-Firma gegründet haben. Zu wissen,<br />

dass sie stets füreinander da sind, sagt die<br />

fünf fache Downhill-Weltmeisterin Rachel<br />

Atherton, habe ihr und ihren Brüdern Dan<br />

und Gee geholfen, Herausforderungen zu<br />

stemmen. „Klar gibt es Konkurrenz, wenn<br />

du mit Geschwistern aufwächst, die denselben<br />

Sport betreiben. Aber Dan sagte immer:<br />

‚Du kannst die Beste der Welt werden,<br />

wenn du genug Zeit und Arbeit investierst.‘<br />

Wichtig ist aber auch eine liebende Familie,<br />

gerade wenn du scheiterst. Erst das macht<br />

dich richtig frei. Im Zeit alter von Social<br />

Media bedeutet mir diese reale Verbindung<br />

mehr denn je. Facebook und Instagram?<br />

Sind nicht real. Meine Familie und mein<br />

Team sind die Leute, die sich um mich kümmern.<br />

Egal ob ich gewinne oder verliere.“<br />

THE RED BULLETIN 39


31<br />

Aktivist und Autor, 59, USA<br />

Schreibt für „Harper’s“, „Rolling Stone“ u. a.<br />

Das Magazin „Foreign Policy” zählt ihn zu<br />

den wichtigsten 100 Vordenkern der Welt.<br />

Bill<br />

McKibben<br />

32<br />

Illustrator, 39, CAN<br />

Zeichnet für „Time“, „Wall Street Journal“<br />

oder „<strong>The</strong> Guardian“. Seine Bilder sind<br />

so gesellschaftskritisch wie farbkräftig.<br />

Sébastien<br />

Thibault<br />

Die große Chance<br />

der Wirklichkeit<br />

Vielleicht bringt ein winziger Krankheitserreger die<br />

Menschheit endlich dazu, die Wissenschaft ernst<br />

zu nehmen. Und vielleicht rettet das unseren Planeten.<br />

Text BILL McKIBBEN<br />

Illustrationen SÉBASTIEN THIBAULT<br />

Die kleine, stachelige Mikrobe hat etwas von<br />

einer außerirdischen Invasion: Sie tauchte<br />

aus heiterem Himmel auf, wurde innerhalb<br />

kürzester Zeit zu einer fundamentalen<br />

Be drohung für den gesamten Planeten.<br />

Und weil sie – wie bei Aliens üblich – keinen Unterschied<br />

macht zwischen sozialen Schichten, Rassen<br />

oder Staaten, ist sie ein gemeinsamer Feind der<br />

gesamten Menschheit.<br />

Eigentlich wäre eine solche Situation eine<br />

fantastische Chance für einen globalen Schulterschluss.<br />

Doch so sahen das leider nicht alle: Der<br />

eine oder andere politische Führer suchte Schuldige<br />

in anderen Staaten, und es gab Menschen,<br />

die die Pandemie als Vorwand nutzten, um ihren<br />

Rassismus auszuleben. Man denke nur an den<br />

asia tisch-amerikanischen Arzt, der in Manhattan<br />

in einen Eisenwarenladen ging, um Schutzmasken<br />

für seine Mitarbeiter zu kaufen – und auf dem Parkplatz<br />

von drei Schlägern attackiert wurde, weil sie<br />

meinten, „die Chinesen“ verbreiteten das Virus.<br />

Das andere, das beeindruckende Gesicht des<br />

Homo sapiens zeigte sich zum Glück viel öfter: Ärztinnen<br />

und Ärzte, Pflegerinnen und Pfleger in aller<br />

Welt gingen wie selbstverständlich zur Arbeit, auch<br />

wenn sie nicht ausreichend geschützt waren. Ebenso<br />

wie Kassiererinnen und Kassierer in Supermärkten,<br />

Burschen, die dort die Brotregale füllen, Typen auf<br />

Motorrädern, die Lebensmittel an Leute liefern, die<br />

ihre Wohnung nicht verlassen dürfen. Jeder Einzelne<br />

40 THE RED BULLETIN


THE RED BULLETIN 41


von ihnen wusste vom Risiko, das er eingeht – und<br />

dennoch taten sie alle ihre Arbeit.<br />

Weil sie wussten, was zu tun war.<br />

Weil sie wussten: Es gibt Geschehnisse, auf die<br />

man reagieren muss. Punkt. Kein Rumdiskutieren,<br />

kein Rauszögern, kein Relativieren.<br />

Das ist die große Botschaft dieser Helden im<br />

Kampf gegen Covid-19.<br />

Es ist eine Botschaft, die uns alle retten könnte.<br />

Seit Generationen tun wir so, als würde uns die<br />

Realität eine Wahl lassen. Als wären Fakten nur<br />

unverbindliche Empfehlungen. Obwohl Wissenschaftler<br />

immer verzweifelter vor einer drohenden<br />

„Es gibt Dinge, auf die<br />

man reagieren muss.<br />

Punkt. Kein Rumdiskutieren,<br />

kein Rauszögern.“<br />

Katastrophe für die Menschheit warnten. Obwohl<br />

sie auf einen dramatischen Anstieg der Temperaturen<br />

hinwiesen. Und obwohl Satelliten das Abschmelzen<br />

des arktischen Eises dokumentierten.<br />

Wir hörten alles, sahen alles, verstanden alles.<br />

Aber wir schauten nicht hin. Die Einzigen,<br />

die die Veränderungen ernst nahmen, waren<br />

diejenigen, die die Veränderungen in der Natur<br />

hautnah mitbekamen. Landwirte, deren Ernte verdorrte.<br />

Und Feuerwehrleute, die mit immer gewaltigeren<br />

Bränden zu kämpfen hatten.<br />

Doch was taten wir, die schweigende Mehrheit?<br />

Nichts. Wir ignorierten die Fakten. Wir behandelten<br />

Wissenschaft wie etwas, was mit sich verhandeln<br />

lässt. Wir dachten, die Physik würde uns auf halbem<br />

Weg entgegenkommen. Es ist leicht, sich in eine<br />

Fantasiewelt zurückzuziehen, wenn man die meiste<br />

Zeit auf Facebook und Instagram verbringt.<br />

Das Coronavirus schlug die Tür zu dieser heilen<br />

Fantasiewelt krachend zu. Mit einem Mal zwang<br />

es uns, anzuerkennen, dass Naturwissenschaft<br />

Realität ist. Ein Virus lässt sich nicht bestechen. Es<br />

macht keine Kompromisse. Wir mussten die Fakten<br />

akzeptieren und unser Verhalten ändern, weil es<br />

das bestimmt nicht tun würde. Das Virus zwang<br />

uns, unser Leben auf den Kopf zu stellen. Plötzlich<br />

hatte jeder von uns etwas von dem Abenteurer, der<br />

einen Schlitten durch die Antarktis schleppt oder<br />

mit dem Mountainbike einen schmalen Gebirgsgrat<br />

entlangradelt: Wir waren exponiert. Wir waren<br />

42 THE RED BULLETIN


„Das Coronavirus schlug<br />

die Tür zu einer heilen<br />

Fantasiewelt krachend zu.<br />

Mit einem Mal zwang es<br />

uns, anzuerkennen,<br />

dass Naturwissenschaft<br />

Realität ist.“<br />

verantwortlich für das, was wir taten. Wir wurden<br />

aus unserer Komfortzone, die doch nur Einbildung<br />

war, geworfen. Die reale Welt hatte das Sagen.<br />

Die meisten von uns waren auf eine solche Si tua ­<br />

tion nicht vorbereitet. Wie auch? Aufgewachsen<br />

in einer hoch technisierten Welt, in Städten oder<br />

Vorstädten, die Natur tief unter vielen Schichten<br />

aus Beton und Asphalt versteckt.<br />

Plötzlich gibt die Natur die Regeln vor: einen<br />

Meter Abstand halten, zehnmal am Tag die Hände<br />

waschen, zu Hause bleiben. Wer die Regeln der<br />

Natur bricht, gefährdet sein Leben.<br />

Einer der wichtigsten Faktoren der naturwissenschaftlichen<br />

Realität ist Zeit. Wenn Sie Luft für<br />

drei Stunden in Ihrer Taucherflasche haben,<br />

sollten Sie besser nach 2 Stunden und 45 Minuten<br />

zur Oberfläche zurückkehren. Wenn das Unwetter<br />

auf dem Berg für 16 Uhr vorhergesagt ist, sollten<br />

Sie es bis 15.30 Uhr zum Parkplatz oder zumindest<br />

unter die Baumgrenze geschafft haben.<br />

In der abstrakten Welt der Politik jedoch sieht es<br />

mitunter so aus, als wäre die Zeit abgeschafft: Man<br />

kann ewig dieselbe Debatte führen, von einer Wahl<br />

zur nächsten – ohne den geringsten Fortschritt.<br />

Die Möglichkeit, alles zu zerreden und aufzuschieben,<br />

nach faulen Kompromissen zu suchen,<br />

ist ein Grund dafür, dass Probleme wie der Klimawandel<br />

für die politischen Systeme so schwer zu<br />

bewältigen sind. Weil sie ganz reale Probleme sind,<br />

die ein Handeln erfordern: Tun wir nichts, werden<br />

sie zwar langsam, aber stetig und unwiderruflich<br />

schlimmer. Das Kohlendioxid-Molekül zwingt uns<br />

vielleicht nicht zu so schnellen Reaktionen wie das<br />

Coronavirus. Aber es lässt sich genauso wenig zu<br />

Kompromissen überreden. Physik und Chemie verhandeln<br />

nicht – sie handeln. Wenn man die Menge x<br />

an Kohlendioxid in die Atmosphäre bläst, steigt die<br />

Temperatur um y Grad. Punkt. Das ist berechenbar,<br />

messbar, vorhersehbar. Wenn Neigungswinkel und<br />

Schneelage passen, wird die Lawine abgehen. Egal<br />

ob Ihnen das jetzt passt oder nicht. Sie können sich<br />

lediglich aussuchen, ob Sie ihr im Weg stehen.<br />

Nehmen wir an, wir hätten die Warnungen der<br />

Wissenschaftler vor 30 Jahren ernst genommen,<br />

als sie uns in Wahrheit dasselbe sagten wie heute.<br />

Nehmen wir an, wir hätten damals gehandelt –<br />

nur ein paar kleine Änderungen, und wir hätten<br />

heute das Schlimmste der Klimakrise überstanden.<br />

Damals hätten ein paar Grad Kursänderung genügt.<br />

Aber wir sind stur geradeaus gefahren, und<br />

jetzt stehen wir vor riesigen Schwierigkeiten, vor<br />

einer massiven, nachhaltigen, grundlegenden Veränderung<br />

unseres Lebens.<br />

Wir haben die vergangenen 30 Jahre in einer<br />

Fantasiewelt gelebt, weil es für uns alle bequemer<br />

war, uns nicht zu ändern.<br />

Die Coronavirus-Pandemie zeigt uns, wie sich<br />

die großen Herausforderungen der Natur bewältigen<br />

lassen. Die Länder, die sehr schnell Maßnahmen<br />

ergriffen haben, die Patienten systematisch getestet<br />

und größere Versammlungen rigoros verboten haben,<br />

sind mit einem blauen Auge davongekommen.<br />

Die Länder, die durch Zögern viel Zeit verloren<br />

haben, mussten viel mehr Tote beklagen und haben<br />

ihre Wirtschaft nachhaltig beschädigt.<br />

Man kann der Realität nicht ausweichen. Die<br />

Welt ist nicht das, was wir auf den Bildschirmen<br />

unserer Handys sehen. Die Welt ist das,<br />

was draußen passiert. Wer schlecht ausgerüstet zu<br />

einer Expedition aufbricht, wird verdursten oder<br />

erfrieren. Wer bei einer Skiabfahrt durch eine steile<br />

Felsrinne einen falschen Schwung macht, stürzt ab.<br />

In der wirklichen Welt gibt es kein Schummeln.<br />

Wir sprechen viel über Mut, wenn von Abenteurern<br />

die <strong>Red</strong>e ist und von Extremsportlern, die<br />

ihre Leistungen draußen in der Realität der Natur<br />

erbringen: den Mut, sich seinen Ängsten zu stellen,<br />

den Mut, den Schritt ins Ungewisse zu wagen, den<br />

Mut, sein Leben zu riskieren.<br />

Aber vielleicht besteht der ultimative Mut einfach<br />

darin, sich den Tatsachen zu stellen? Nicht zu<br />

versuchen, sich selbst zu täuschen, sondern einfach<br />

das zu tun, was getan werden muss?<br />

Nein, es gibt nichts Gutes an dieser Pandemie,<br />

die dieses Jahr zerstört und so viele Menschen<br />

getötet hat. Dennoch werden die meisten von uns<br />

nicht sterben – und was uns nicht umbringt, sollte<br />

uns zumindest klüger machen. In diesem Fall<br />

bedeutet klüger: Wir müssen verstehen, dass uns<br />

die Realität keine Wahl lässt.<br />

Und Tapferkeit bedeutet, sich mit der Welt,<br />

in der man lebt, auseinanderzusetzen. Nicht mit<br />

der Welt, in der man gerne leben würde.<br />

THE RED BULLETIN 43


33<br />

Tennis-Profi, 26, AUT<br />

Der laut ATP-Ranking drittbeste Spieler<br />

der Welt erlebt die Höhen und Tiefen<br />

seines Sports schon seit 20 Jahren.<br />

Dominic<br />

Thiem<br />

Der Meister der Kurve<br />

Wie Tennis-Ass Dominic Thiem mit mentalem<br />

Druck umgeht – am Beispiel des Australian-<br />

Open-Finales <strong>2020</strong> gegen Novak Djokovic.<br />

Handshake nach 3:59 Stunden Fight:<br />

Dominic Thiem und Australian-<br />

Open-Sieger Novak Djokovic (re.)<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1<br />

„Der Verlust des ersten<br />

Satzes schmerzt. Gegen<br />

einen großen Spieler<br />

wie Djokovic noch mehr.<br />

Die Satzpause hilft.<br />

Durchatmen, analysieren:<br />

Es war eng, aber<br />

ich bin dran. Und gleich<br />

habe ich Rückenwind.<br />

Äußere Bedin gungen<br />

kann ich nicht ändern.<br />

Aber ich kann solche<br />

Kleinig keiten für mich<br />

nutzen, mich an ihnen<br />

hoch ziehen.“<br />

1<br />

1. Satz 2. Satz 3. Satz 4. Satz 5. Satz danach<br />

2<br />

„Djokovic ist jetzt da,<br />

wo ich ihn haben will:<br />

Er hadert mit sich, spielt<br />

nicht gut. Jetzt muss<br />

ich ruhig bleiben, konzentriert<br />

spielen und<br />

ihn so lange wie möglich<br />

in dieser Situation<br />

halten. Mehr noch als<br />

bei meinen eigenen Fehlern<br />

versuche ich mich<br />

bei seinen so ruhig wie<br />

möglich zu verhalten.<br />

Ich will ihn nicht reizen.“<br />

3<br />

„Seit diesem Satz bin<br />

ich ‚in the zone‘: keine<br />

spürbaren Tiefs, nur<br />

Tennis. Ich mag ein<br />

Game schlecht spielen,<br />

zwei, drei Punkte verhauen<br />

– das macht<br />

mir alles nichts aus.<br />

Ich weiß um meine Stärken,<br />

die mich so weit<br />

gebracht haben. Fehler<br />

sind schnell vergessen.<br />

Ich suche nur meine<br />

Chance, den nächsten<br />

Punkt zu machen.“<br />

4<br />

„Ich stehe schon über<br />

drei Stunden auf dem<br />

Platz. Es ist sehr einsam<br />

hier unten. Zum Glück<br />

habe ich meine Box,<br />

an die ich mich wenden<br />

kann: meinen Coach,<br />

meine Familie. Ich sehe<br />

vertraute Gesichter,<br />

Menschen, die an mich<br />

glauben. Ihre Energie<br />

pusht mich enorm. Je<br />

schlechter es läuft, desto<br />

öfter schaue ich rauf.<br />

Dann geht’s mir besser.“<br />

5<br />

5<br />

„Aus, verloren. Und<br />

jetzt: pure Leere!<br />

Siegerehrung, Presse,<br />

Verpflichtungen. Nicht<br />

angenehm. Fünf Tage<br />

lang fühle ich mich<br />

grässlich. Doch dann<br />

kann ich alles richtig<br />

einordnen: Ich habe<br />

gegen den achtfachen<br />

Sieger des Turniers<br />

unglaublich gespielt.<br />

Und das nächste Duell<br />

kommt bestimmt …“<br />

PHILIPP PLATZER/RED BULL CONTENT POOL, GETTY IMAGES CHRISTIAN EBERLE-ABASOLO<br />

44 THE RED BULLETIN


34<br />

Sängerin, 27, GBR<br />

Begann als MySpace-Star, schreibt Welthits<br />

(„Boom Clap“), lässt sich von Hausarrest<br />

so was von nicht einbremsen.<br />

Charli XCX<br />

35<br />

Eishockey-Spielerin, 30, USA<br />

Die Stürmerin erfüllte sich im Nationalteam<br />

nach Silber 2010 und 2014 im dritten<br />

Anlauf, 2018, den Traum von Olympiagold.<br />

Hilary<br />

Knight<br />

MARCUS COOPER/WARNER MUSIC, CARLO CRUZ/RED BULL CONTENT POOL, ALEX GRYMANIS/RED BULL CONTENT POOL,<br />

GETTY IMAGES(3), RYAN TAYLOR/RED BULL CONTENT POOL, NETFLIX NORA O’DONNELL<br />

„ICH PRODUZIERE<br />

SONGS MIT DINGEN,<br />

DIE BEI MIR DAHEIM<br />

RUMFLIEGEN.<br />

GEIL!<br />

LASST UNS EIN<br />

KRANKES<br />

ALBUM MACHEN!“<br />

Charli XCX ließ via Zoom wissen, dass sie ihr angekündigtes<br />

Album verschieben und stattdessen ein ganz<br />

neues machen wolle. Aufgenommen ausschließlich mit<br />

Dingen aus ihrem Haushalt und im Online-Austausch<br />

mit Fans: „Ich will euch in den gesamten Prozess einbinden.“<br />

Et voilà: „How I’m Feeling Now“ erscheint am<br />

15. Mai. Weitere Infos unter: twitter.com/charli_xcx<br />

Netflix macht mich fit<br />

Eis hockey-Profi Hilary Knight findet:<br />

Binge Watching und Workout passen<br />

gut zusammen.<br />

Die Netflix-Reality- Datingshow „Liebe macht blind“ ist,<br />

wenn wir ehrlich sind, alles andere als Bildungsfernsehen.<br />

Dennoch wurde sie für viele zum heimlichen TV-Laster Nummer<br />

eins. Für die Eishockey-Olympiasiegerin Hilary Knight<br />

und ihre Nationalteam-Kollegin Hannah Brandt war die Show<br />

mit dem ausgeprägten Fremdschäm-Faktor aber auch Anlass,<br />

eine Heim-Workout-Challenge zu erfinden, die so geht:<br />

1. Eine Episode von „Liebe macht blind“ wählen.<br />

2. Krafttraining: Bei jedem „Ich liebe dich“ machst<br />

du zehn Liegestütze oder Sit-ups.<br />

3. Cardiotraining: dazwischen wahlweise Kniebeugen,<br />

Seilspringen oder Hampelmänner.<br />

THE RED BULLETIN 45


36<br />

Fußball-Profi, 28, BRA<br />

Der Superstar von Paris Saint-Germain und der<br />

„Seleção“ ist u. a. Olympia- und Champions-League-<br />

Sieger, spanischer und französischer Meister und<br />

gilt als einer der besten Stürmer der Welt.<br />

Neymar Jr<br />

Inbox: “THE POWER OF LIFE” Issue<br />

Re<br />

To<br />

From<br />

Thoughts in these times<br />

<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

Neymar da Silva Santos Júnior <br />

Friday, 10 April, <strong>2020</strong> at 09:57<br />

E-Mail<br />

von<br />

Neymar Jr<br />

Wie vertragen sich<br />

Ernsthaftigkeit<br />

und brasilianische<br />

Lebensfreude?<br />

Neymar Jr und<br />

eine Nachricht<br />

aus unserer Inbox.<br />

Olá<br />

Se eu pensar só em mim e na minha equipe, o PSG, pergunto a você: Tinha momento mais<br />

inadequado para os campeonatos pararem ?? Mas acho que agora é hora da gente cuidar do<br />

planeta, de salvar vidas. É hora dos especialistas e governantes tomarem as decisões mais<br />

corretas possíveis para salvar o maior número de vidas. Os dirigentes de clubes e federações terão<br />

as respostas adequadas para esta questão. Eu vou continuar treinando, todos os dias, esperando<br />

o retorno aos gramados porque eu sei que o esporte voltará. O esporte é muito importante na<br />

vida de cada ser humano e voltará ainda mais forte, tenho certeza.<br />

Eu passei um bom tempo em reclusão, isolamento em razão das lesões que sofri em 2018 e 2019.<br />

Foram momentos muito difíceis mas que me deram um aprendizado muito grande relacionado<br />

a manter foco, me recompor e recuperar a autoconfiança. Então este momento, individualmente,<br />

eu conheço bem e sei exatamente o que fazer para pra manter a cabeça boa. A grande diferença é<br />

que agora não e uma questão individual. Essa pandemia parou o mundo e não sabemos quando<br />

nem como as coisas ficarão depois que isso tudo passar. Não é só uma questão de “manter o<br />

foco”, mas de preocupação com as nossas famílias, com as pessoas que amamos e com o planeta.<br />

Vamos ficar em casa, cuidando uns dos outros e esperar esse momento passer<br />

São três cães, o Poker, o Flush e o Truco. São meus zagueiros neste período.<br />

Hahahahaha<br />

Eles moram no Brasil e é muito bom passar esse período com eles, sempre gostei muito<br />

de cachorros. E não tem muita técnica pra treinar com eles não, é só jogar à bola e correr q eles<br />

vêm todos juntos pra me desarmar...<br />

E vou te falar, eles dão trabalho pra mim... hahahahaha<br />

Eu que tenho que melhorar pra enfrentá-los. Hahahahahahaha<br />

ÜBERSETZUNG:<br />

Valeu, um abraço,<br />

Neymar Jr<br />

Hallo!<br />

Würde ich nur an mich und mein Team, PSG, denken, würde ich fragen: Gab es je einen<br />

unpassenderen Zeitpunkt, um eine Meisterschaft zu stoppen? Aber ich glaube, jetzt<br />

ist es an der Zeit, uns um unseren Planeten zu kümmern. Es ist die Zeit für Experten und<br />

Regierungen, die möglichst richtigen Entscheidungen zu treffen, um so viele Leben wie<br />

möglich zu retten. Der Klub und die Verbands-Offiziellen werden passende Antworten<br />

finden. Ich trainiere weiter jeden Tag und warte darauf, auf den Platz zurückzukehren,<br />

weil ich weiß, dass der Sport zurückkommen wird. Sport ist wichtig im Leben jedes<br />

Menschen, und ich bin mir sicher, dass der Sport noch stärker zurückkommen wird.<br />

2018/19 war ich verletzt, ich verbrachte lange Zeit in Abgeschiedenheit, in Isolation.<br />

Das war eine schwierige Zeit für mich. Aber ich lernte, wie man fokussiert bleibt und wie<br />

man sein Selbstvertrauen zurückgewinnt. Ich persönlich kenne das, was gerade passiert,<br />

also sehr gut. Und ich weiß, was ich tun muss, damit ich den Faden nicht verliere. Der<br />

große Unterschied ist, dass es sich diesmal nicht um einen Einzelnen dreht. Es ist nicht<br />

meine Pause. Es ist eine Pause der Welt. Diese Pandemie hat die Welt aufgehalten,<br />

und wir wissen nicht, wie die Dinge stehen werden, wenn sie vorbei ist. Wir wissen nicht<br />

einmal, wann sie vorbei sein wird. Es geht nicht nur darum, „fokussiert zu bleiben“,<br />

sondern um die Sorge um unsere Familien, die Menschen, die wir lieben, und den Pla neten.<br />

Bleiben wir daheim, kümmern wir uns um uns, und warten wir, bis alles vorbei ist.<br />

Ich habe drei Hunde: Poker, Flush und Truco. Sie sind momentan meine Trainingspartner,<br />

hahaha.<br />

Sie leben in Brasilien, und es ist großartig, Zeit mit ihnen zu verbringen. Ich hab zwar keine<br />

Ahnung vom Hundetraining, aber ich laufe mit dem Ball los, und sie stürmen hinter mir her,<br />

um ihn mir abzujagen ... Und ich sage euch, ich muss mich ganz schön anstrengen ... hahahaha.<br />

Ich muss besser werden, damit ich eine Chance gegen sie habe. Hahahahahaha!<br />

Viele Grüße – und passt auf euch auf!<br />

Neymar Jr<br />

Neymar Jr mit seinen neuen Teamkameraden<br />

zu Hause nahe Rio de Janeiro<br />

COURTESY OF NEYMAR JR., HADRIEN PICARD/RED BULL CONTENT POOL TOM GUISE<br />

46 THE RED BULLETIN


„Jetzt ist es an<br />

der Zeit, uns um<br />

unseren Planeten<br />

zu kümmern!“<br />

Neymar Jr setzt auf Experten und<br />

Regierungen und darauf, dass<br />

wir alle an einem Strang ziehen.


37 – 39<br />

37<br />

ISS-Crew<br />

Die Internationale Raumstation ist eine<br />

Art Satellit, bewohnt von drei bis sechs<br />

Astronauten. Nach rund sechs Monaten<br />

an Bord dürfen sie zur Erde zurück.<br />

38<br />

39<br />

Andrew<br />

Morgan<br />

NASA-Flugingenieur, 44, USA<br />

Der ehemalige Begleitarzt<br />

des Fallschirmsprung-Teams<br />

der US Army ist seit 2013<br />

Astronaut. Seine jüngste ISS-<br />

Mission dauerte neun Monate.<br />

Jessica<br />

Meir<br />

NASA-Flugingenieurin, 42, USA<br />

Absolvierte am 18. Oktober<br />

2019 mit Kollegin Christina<br />

Koch den ersten rein weiblichen<br />

Raumspaziergang der<br />

Geschichte.<br />

Chris<br />

Cassidy<br />

NASA-Flugingenieur, 50, USA<br />

Ex-Angehöriger der US Army<br />

und der Navy SEALS. Seit<br />

2004 Astronaut. Er ist derzeit<br />

zum zweiten Mal auf der ISS.<br />

-0:45<br />

Jessica Meir (Mitte) mit Kollegen Morgan (li.) und Cassidy beim <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong>-Interview in der ISS.<br />

Videos aus der Raumstation gibt es auf dem NASA-Kanal von YouTube.<br />

Sehr weit weg<br />

und doch ganz nah<br />

Wie steht man Quarantäne durch?<br />

Was kann man in der Einsamkeit lernen?<br />

Ein Video-Call mit den Astronauten<br />

der Internationalen Raumstation.<br />

Interview TAHIRA MIRZA<br />

Text TOM GUISE<br />

Als sich Jessica Meir im April für den Rückflug<br />

von der ISS fertig macht, erwartet sie eine andere<br />

Erde als jene, die sie am 25. September 2019 vom<br />

Kosmodrom Baikonur in Kasachstan aus verlassen<br />

hatte.<br />

Das liegt nicht nur an Corona. Wer die Welt zum<br />

ersten Mal vom All aus sieht, erlebt eine psychologische<br />

Erfahrung namens „Overview-Effekt“.<br />

So nennt man die schlagartige Erkenntnis, dass<br />

unsere Welt nur eine winzige, zerbrechliche Kugel<br />

inmitten unendlicher Leere ist. Ein Ort voller Leben,<br />

den nur eine dünne Haut aus Atmosphäre vor dem<br />

Nichts rundum schützt. Grenzen, menschliche<br />

Konflikte? Bedeutungslos.<br />

Andrew Morgan hat zum Zeitpunkt des Interviews<br />

mit <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> neun Monate auf der<br />

ISS hinter sich. Was kann er uns über Isolation<br />

sagen? „Mein Fachgebiet“, lacht er. „Das Wichtigste<br />

ist ein strikter Tagesablauf. Wir absolvieren sogar<br />

Fitnesstraining, Hygiene und Schlaf genau nach<br />

Plan. Sehr wichtig ist auch der respektvolle Umgang<br />

miteinander – auf der Erde genauso wie hier<br />

oben. Wir sehen uns das ganz genau an, wenn die<br />

Stimmung mal nicht gut ist.“<br />

Meir: „Alltag bedeutet für uns, auf unterschiedliche<br />

Situationen zu reagieren, uns auf sie<br />

einzulassen, mit unerwarteten Problemen fertig<br />

zu werden. Als Astronaut wird man auf so etwas<br />

gezielt vorbereitet. Auch dass man das Positive in<br />

jeder Situation sieht. Die aktuelle Weltlage bringt<br />

alle möglichen schrecklichen Dinge mit sich, aber<br />

ich hoffe, dass sie auch ihre guten Seiten hat.<br />

In der Isolation erkennt man, wie wichtig die Beziehung<br />

zu unseren Liebsten für uns Menschen ist.<br />

Vielleicht können wir uns danach, wenn alles überstanden<br />

ist, daran erinnern, was im Leben wirklich<br />

von Bedeutung ist: einander ein bisschen menschlicher<br />

zu behandeln.“<br />

Alle Videos der ISS- und weiterer Missionen<br />

gibt es unter youtube.com/user/NASAtelevision<br />

NASA<br />

48 THE RED BULLETIN


Meir (von Mit-Astronautin Christina Koch fotografiert) beim Außenbordeinsatz für ein Upgrade<br />

des ISS-Stromversorgungssystems. Unter ihr: der Pazifik vor der neuseeländischen Küste.<br />

Die 109 Meter lange, 73 Meter breite ISS umkreist die Erde alle 90 Minuten in 350 bis 400 Kilometer Höhe.<br />

Dabei erreicht sie ein Tempo von 27.500 km/h und erlebt pro Tag 16 Sonnenauf- und -untergänge.<br />

THE RED BULLETIN 49


40<br />

Musik-Legende, 52, GBR<br />

Radiohead-Gitarrist, prägt unser<br />

Verständnis von Rockmusik. Auch weil er<br />

zwischendurch mal in den Wald geht.<br />

Ed<br />

O’Brien<br />

Ed hat<br />

’ne Meise<br />

aus Liebe<br />

zur Natur<br />

Radiohead-Gitarrist Ed O’Brien<br />

bespielt die größten Bühnen<br />

aller Länder. Kraft tankt er im<br />

größten Opernhaus der Welt.<br />

„1998 war ich ziemlich unglücklich darüber,<br />

wie es mit der Band lief. Wir tourten mit ‚OK<br />

Computer‘ (dem legendären Radiohead-Album;<br />

Anm.), und es wurde einfach zu viel. Ich war erschöpft,<br />

depressiv und trank zu viel. Ich konnte<br />

mit dem plötzlichen Erfolg und dem Medienrummel<br />

nicht umgehen.<br />

Zu Hause kam ich bei langen Spaziergängen<br />

im Grünen wieder runter. In der Natur zu sein<br />

war die beste Art, den Kopf freizukriegen und<br />

auf neue Gedanken zu kommen. Vögel zu beobachten<br />

und sie singen zu hören war ein wichtiger<br />

Teil davon. Mein Großvater hatte das geliebt.<br />

Ich weiß noch, wie er uns Kindern im Urlaub<br />

in Cornwall mit dem Fernglas Vögel gezeigt hat.<br />

Er verehrte und bewunderte sie. Damals begriff<br />

ich das nicht richtig, aber je älter ich werde,<br />

desto mehr verstehe ich seine Faszination.<br />

Einfach in der Natur zu sein, allein mit Bäumen<br />

und Vögeln – es gibt kaum etwas Schöneres.<br />

Es ist unglaublich, wie fantastisch sie trotz<br />

ihrer geringen Körpergröße singen können.<br />

Ihr Stimm umfang ist umwerfend … geborene<br />

Opernsänger. Und sie früh am Morgen zu hören,<br />

in diesem überschwänglichen Buhlen um den<br />

einen Partner, das ist wunderschön. Das hat eine<br />

so lebensbejahende, heitere Anmutung, die uns<br />

Menschen wahnsinnig guttut. Wir merken, dass<br />

wir am Leben sind und welche Schönheit diese<br />

Welt für uns bereithält. Nichts verkörpert Freiheit<br />

so sehr wie Vögel.<br />

Wales (wo O’Brien die Musik für sein gerade<br />

erschienenes Debütalbum „Earth“ schrieb; Anm.)<br />

ist ein Vogelparadies. Die Vielfalt ist enorm –<br />

Buchfinken, Goldspechte, Wintergoldhähnchen,<br />

Eisvögel, Schwalben und jede Menge Arten, die<br />

es nirgendwo sonst gibt. Seggenrohrsänger zum<br />

Beispiel, die liebe ich besonders. Sie sind extrem<br />

seltene, wundervolle Geschöpfe, die fantastisch<br />

singen. Sie zu beobachten erfüllt mich einfach<br />

mit purem Glück.“<br />

Eds Tipp: Birdsong Radio auf rspb.org.uk<br />

UNIVERSAL MUSIC, NATURE PHOTOGRAPHERS LTD/ALAMY MARCEL ANDERS<br />

50 THE RED BULLETIN


41<br />

Rewinside<br />

Gaming-Streamer, 27, GER<br />

Sebastian Meyer alias „Rewinside“ legt<br />

schon mal eine Nachtschicht ein, um<br />

tausende Fans bei guter Laune zu halten.<br />

42<br />

Will<br />

Claye<br />

Leichtathlet, 28, USA<br />

Er gewann Olympiamedaillen im Weit- und<br />

Dreisprung. Jetzt hat er eine Karriere als<br />

Musiker gestartet. Kostprobe? Bitte sehr!<br />

„IM CHAT<br />

ERZÄHLEN MEINE<br />

FANS, WAS SIE<br />

BEWEGT. OFT<br />

HABE ICH FÜR<br />

SIE BIS VIER<br />

UHR MORGENS<br />

GESTREAMT.“<br />

„Hey, hier ist ein<br />

Song für euch!“<br />

Leichtathlet Will Claye hat ein Lied<br />

für alle Sportler geschrieben, die jetzt<br />

auf die Spiele in Tokio warten müssen.<br />

LEO ROSAS/RED BULL CONTENT POOL JOHANNES MITTERER, NORA O’DONNELL<br />

Auf seinem Kanal twitch.tv/rewinside verfolgen Nutzer,<br />

wie Rewinside Games spielt und kommentiert. Im Chat<br />

können sie sich untereinander und mit ihm aus tauschen.<br />

It’s like a million scenarios in my cranium<br />

20/20 vision, all I see is packing the stadium<br />

Pride in my chest, steam in soul, medal round my neck<br />

<strong>The</strong>y gon’ see around the globe<br />

Four years straight my eyes been on the prize<br />

Medal on my neck, see tears in my momma’s eyes<br />

It’s a lesson when dealing with Father Time<br />

I know it’s coming, the dream is never denied<br />

Dreams don’t die, they multiply over time<br />

As long as you keep in mind to never settle your grind<br />

Some see a six, I flip and see a nine,<br />

That’s three more shots in my chamber I get to fire<br />

Tap in with the squad ‘n’ tell ’em don’t get complacent<br />

Get it how you get it, we trappin’ up out the basement<br />

Mamba mentality fuelling the separation<br />

<strong>The</strong> grind beats talent, when talent don’t hit the day shift<br />

Tryna build a spaceship, Elon Musk<br />

Diamonds grow under pressure, we don’t bust<br />

When they hit my line, I’ll be taking it to the sky<br />

Ain’t nothing on site that we gon’ leave untouched<br />

Dreams don’t die, they just multiply<br />

I’m built tough, I can’t stop my grind<br />

Für Will Clayes<br />

Musik video<br />

einfach den QR-<br />

Code scannen!<br />

THE RED BULLETIN 51


43<br />

Abenteurer und Fotograf, 52, SUI<br />

Führt exklusive Expeditionen für kleine<br />

Gruppen an – zum Beispiel zum Nordpol.<br />

Lebt in Beatenberg im Kanton Bern.<br />

Thomas<br />

Ulrich<br />

So überlebte ich<br />

vier Tage auf<br />

einer Eisscholle<br />

Er trieb mutterseelenallein durch<br />

die Arktis und lernte auf die harte<br />

Tour, wie man cool bleibt.<br />

Der Mann, der sich im Bild unten im knallorangen,<br />

wasserdichten Anzug durchs Eismeer kämpft, heißt<br />

Thomas Ulrich. Er ist ein Routinier, wenn es um<br />

arktische Abenteuer geht. Und einer, der verstanden<br />

hat, dass nur aus der Ruhe Kraft erwächst. Genau<br />

deshalb ist er noch am Leben. Die Geschichte, die<br />

ihn bis heute prägt, führt uns ins Jahr 2006. Thomas<br />

Ulrich will im Alleingang die Arktis von Russland<br />

nach Kanada durchqueren. Als er aufbricht, hat er<br />

eine Woche am Kap Arktitscheski verbracht, einem<br />

recht unwirtlichen Ort. „Ich habe die Geduld verloren,<br />

ein Fehler.“ Dazu kommt, dass das Eis in dem<br />

Jahr dünn ist – an manchen Stellen nur 15 Zentimeter.<br />

Schon nach wenigen Kilometern wird die<br />

Tour zum Desaster. Ein Sturm drückt die Eisdecke<br />

gegen das Land. Sie bricht. „Einen Meter neben<br />

meinem Zelt klaffte ein Riss, auf der anderen Seite<br />

öffnete sich der nächste, dann der dritte, der vierte“,<br />

erinnert sich Thomas. Er sitzt vier Tage auf einer<br />

Ganz oben: Verabschiedung von Begleiterin Christine<br />

Kopp am Kap Arktitscheski im Nordpolarmeer – von hier<br />

sind es noch genau 990,7 Kilometer zum Nordpol. Oben:<br />

In diesem Zelt harrte Thomas Ulrich vier Tage aus, bevor<br />

er gerettet wurde. Auf unserem Bild ist das Eis noch heil<br />

– später brach es in kleine Schollen auseinander.<br />

Eisscholle fest. Anfangs ist er panisch, dann schaukelt<br />

ihn das Auf und Ab des Meeres in eine fast<br />

meditative Ruhe. Er erkennt: „Das Leben ist nicht<br />

sicher – aber Veränderungen sind keine Katastrophe.“<br />

Als er von einem Helikopter geborgen wird,<br />

hat er gelernt, sich – buchstäblich – auf dünnem<br />

Eis zu bewegen. „Ich weiß jetzt, wie man in Krisen<br />

ruhig bleibt. Umbrüche machen mich seit damals<br />

nicht mehr panisch.“ thomasulrich.com<br />

THOMAS ULRICH, ULI WIESMEIER WOLFGANG WIESER<br />

52 THE RED BULLETIN


44<br />

Kajak-Ass, 24, GER<br />

Der Heidelberger bezwingt die wildesten<br />

Gewässer. Doch seine härteste Prüfung<br />

bestand er, als er 2018 ausgeraubt wurde.<br />

Adrian<br />

Mattern<br />

45<br />

Ski-Profi, 26, GER<br />

Nach seinem Sensationssieg auf der Streif<br />

kostete ihn ein Sturz die Folgesaison. Am<br />

Tiefpunkt erreichte ihn unerwartete Hilfe.<br />

Thomas<br />

Dreßen<br />

PANTHERMEDIA, DANE JACKSON/REDBULL US ATHLETE , ENNO KAPITZA, GETTY IMAGES (2)<br />

MARC BAUMANN, NICLAS SEYDACK<br />

Dieses Kabel war alles,<br />

was mir blieb<br />

„Für ein Kajak-Abenteuer war ich<br />

in Chile unterwegs, als Diebe mein<br />

Auto ausräumten: Kameras, Laptop,<br />

Smartphone – alles war weg, außer<br />

mein Ladekabel. Als Profisportler<br />

lebe ich von meinen Videos. Ohne<br />

Ausrüstung konnte ich keine mehr<br />

produzieren – eine Katastrophe.<br />

Aber dann sagte ich mir: Schau,<br />

was du schon erreicht hast: aus<br />

Heidelberg zum Kajak-Profi. Dieser<br />

positive Blick zurück machte mir<br />

Mut. Ich hatte früher auf dem Bau<br />

und als Türsteher gearbeitet, also<br />

machte ich das wieder, bis ich mir<br />

neue Sachen kaufen konnte. Wenige<br />

Monate später war ich wieder auf<br />

dem Wasser.“<br />

„DER ZUSPRUCH<br />

MEINER GEGNER<br />

GAB MIR KRAFT<br />

FÜR DAS<br />

COMEBACK.“<br />

Im November 2018 verletzte sich Dreßen<br />

in Beaver Creek, Colorado, bei der zweiten<br />

Weltcup-Abfahrt schwer und musste die<br />

Saison beenden. „Noch im Krankenhaus<br />

schrieben mir viele Konkurrenten“, erzählt<br />

Dreßen. „Zu lesen, wie sie ähn liche<br />

Situationen bewältigt hatten, gab mir<br />

Kraft.“ In der folgenden Saison gewann<br />

er drei Weltcup-Abfahrten und beendete<br />

die Disziplinenwertung Abfahrt als<br />

Gesamtzweiter.<br />

THE RED BULLETIN 53


46<br />

Marc<br />

Wallert<br />

Resilienz-Trainer, 47, GER<br />

2000 wurde Wallert von Terroristen verschleppt,<br />

seine Erfahrung setzt er in der Krisenberatung ein.<br />

So bewältigte<br />

ich 140 Tage<br />

in Geiselhaft<br />

Wie dem Göttinger Tatkraft, Hilfs bereitschaft<br />

und Humor durch die größte<br />

Extremsituation seines Lebens halfen – und<br />

welche Möglichkeiten er in ihr erkannte.<br />

Text PETER PRASCHL<br />

Am Ostersonntag des Jahres 2000 wurde der<br />

damals 27-jährige Marc Wallert zusammen<br />

mit seinen Eltern sowie 18 Touristen und<br />

Angestellten eines Hotels auf der malaysischen<br />

Insel Sipadan entführt und auf eine philippinische<br />

Insel verschleppt. 140 Tage lang war er in<br />

Dschungelcamps einer islamistischen Terrorgruppe<br />

ge fangen: schlechte Ernährung, katastrophale<br />

hygienische Zustände, Todesdrohungen, immer<br />

wieder Beschuss durch die philippinische Armee.<br />

Zwanzig Jahre danach ist Wallert, der als Berater<br />

und Führungskraft in internationalen Unternehmen<br />

tätig war, Resilienz-Trainer und -Berater – er hilft<br />

Menschen und Organisationen, ihre Widerstandskraft<br />

zu stärken. Hier erklärt er, wie er die Extremsituation<br />

im Dschungel meisterte.<br />

1<br />

Ich nahm die Herausforderung an<br />

Als meine Eltern und ich vor zwanzig Jahren<br />

entführt worden sind, war unser erster Gedanke:<br />

„Ach, hätten wir doch nicht auf den Nachttauchgang<br />

verzichtet, dann wären wir wahrscheinlich<br />

immer noch frei.“ So etwas ist eine total verständliche<br />

und menschliche Reaktion – aber keine besonders<br />

hilfreiche. Wenn man in eine schwierige<br />

Lage gerät, ist es wichtig, ihre Existenz zu akzeptieren,<br />

statt mit ihr zu hadern. Es ist, wie es ist.<br />

Man kann die Zeit nicht zurückdrehen und die<br />

Vergangenheit nicht mehr ändern. Aber man kann<br />

versuchen, aus der Situation das Beste zu machen,<br />

und dafür wird man alle Energie brauchen, die<br />

man hat. Man sollte sie nicht vergeuden.<br />

2<br />

Ich bewahrte kühlen Kopf<br />

Angst und Panik sind genauso gefährlich wie<br />

übertriebener Optimismus. Man hat dann entweder<br />

zu viel oder zu wenig Stress. Angst lähmt. Der<br />

Glaube, alles sei nur halb so wild, verführt zu Sorglosigkeit<br />

– und wenn’s dann doch schlimmer kommt,<br />

ist die Enttäuschung umso niederschmetternder.<br />

Nach unserer Entführung ist uns gesagt worden,<br />

STEPHANIE WOLFF, REUTERS<br />

54 THE RED BULLETIN


Marc Wallert mit anderen Geiseln (o. li.), bei seiner kranken Mutter (o. re.), sitzend im Lager (u. li.) und nach der Befreiung (u. re.)<br />

dass das alles in zwei, drei Tagen wieder vorbei<br />

sein wird – es sind dann 140 Tage geworden, bis ich<br />

wieder frei war. Es ist wichtig, sich ganz realistisch<br />

mit den Risiken auseinanderzusetzen, mit denen<br />

man es zu tun hat. Man muss sich mental und auch<br />

ganz faktisch auf eine lange Zeit des Durchhaltens<br />

einstellen, seine Gefühle ebenso einteilen wie zum<br />

Beispiel seine Nahrung, sonst kann man in eine<br />

fürchterliche Enttäuschungsspirale geraten.<br />

3<br />

Ich dachte mir ein Happy End aus<br />

Wenn Leistungssportler in einen Wettkampf<br />

gehen, haben sie sich auch mental vorbereitet:<br />

Manche entwerfen innere Bilder, bei denen sie auf<br />

dem Siegertreppchen stehen oder ihre eigene Bestmarke<br />

übertreffen. Genauso habe ich mich gestärkt:<br />

indem ich den glücklichen Ausgang gedanklich<br />

vorwegnahm. Während meiner Entführung habe<br />

ich mir zum Beispiel immer wieder vorgestellt,<br />

wie ich nach meiner Freilassung in Luxemburg, wo<br />

ich damals gearbeitet habe, in einem Straßencafé<br />

sitzen und mir einen Cappuccino bestellen werde.<br />

Das hat meine emotionale Kondition gestärkt.<br />

„Mein emotionales<br />

Kondi tionstraining:<br />

Ich stellte mir vor, wie ich<br />

in meinem Lieblingscafé<br />

einen Cappuccino bestelle.“<br />

4<br />

Ich flüchtete in Gedanken<br />

Man wird verrückt, wenn man sich pausenlos<br />

mit den Schwierigkeiten beschäftigt, in denen man<br />

steckt. Darum ist es hilfreich, sich gedank liche Auswege<br />

zu gönnen. Man kann lesen. Man kann meditieren.<br />

Man kann seine spirituellen Seiten pflegen<br />

und entwickeln. Auf der Insel, auf der wir gefangen<br />

gehalten wurden, haben wir uns abends erzählt,<br />

was am jeweiligen Tag gut war. Wir haben uns Essen<br />

vorgestellt. Oder einander Geschichten erzählt.<br />

Über die Grenzen der Krise hinauszusehen gibt<br />

einem mehr Kraft, es mit ihr aufzunehmen.<br />

THE RED BULLETIN 55


Ich handelte<br />

5 In Situationen, in denen man zur Passivität<br />

und zum Abwarten gezwungen wird, hilft einem<br />

nichts mehr, als selbst tätig zu werden, so gut es<br />

eben geht. Wir haben uns damals im Dschungel<br />

zum Beispiel Dächer gegen die Regengüsse gebaut.<br />

Oder aufgeschrieben, was uns widerfahren ist.<br />

Sich der Situation zu ergeben macht einen schwächer,<br />

als man durch die Umstände ohnehin schon<br />

ist. Aktivität stärkt.<br />

6<br />

Ich half anderen<br />

Eine schwierige Situation lässt sich allein sicher<br />

schlechter durchstehen als gemeinsam mit anderen.<br />

Deswegen ist es wichtig, sich gut zu vernetzen,<br />

und solange man Telefon und Internet hat, ist das<br />

ja einigermaßen machbar. Sich über Erfahrungen<br />

austauschen, einander Trost spenden, sich Hilfe<br />

anbieten oder einfach nur Spaß miteinander haben:<br />

Das macht die Lage besser erträglich. Außerdem<br />

gibt es einem eine Aufgabe, wenn man anderen<br />

hilft – und in Lagen, die einen zur Passivität verdammen,<br />

ist es immens hilfreich, eine Aufgabe<br />

zu haben. Ich habe mich während der Entführung<br />

vor allem um meine Mutter gekümmert, die gesundheitlich<br />

und emotional recht angeschlagen war.<br />

Das hat mich weniger belastet als zum Durchhalten<br />

motiviert – ich wurde ja gebraucht.<br />

7<br />

Ich nahm’s mit Humor<br />

Wenn nichts mehr geht, hilft Galgenhumor.<br />

Er löst zwar nicht das Problem, aber die innere<br />

Anspannung. Ich habe zum Beispiel auf die durchaus<br />

ernstzunehmenden Enthauptungsdrohungen<br />

unserer Entführer mit dem Spruch „Jetzt bloß<br />

nicht den Kopf verlieren“ reagiert. Allerdings sollte<br />

man solche Witze nur über sich selbst machen und<br />

nicht auf Kosten anderer. Jeder hat seine eigenen<br />

Verletzlichkeiten, die man gerade in einer Krise<br />

besser nicht überstrapazieren sollte.<br />

„Wer bin ich? Was will ich<br />

in meinem Leben noch tun?<br />

Worauf werde ich<br />

gerne verzichten?“<br />

Endlich zurück: Wallert nach dem Ende der Geiselhaft (oben,<br />

2. v. li.); mit seiner Mutter (unten), die vor ihm freikam<br />

8<br />

Ich hielt mich fit<br />

Sport machen, sich bewegen, auf die eigene<br />

Ernährung und Körperhygiene achten: lauter Dinge,<br />

die immer wichtig sind. In Krisen sind sie noch<br />

wichtiger. Nicht nur, weil es die Selbst achtung stärkt<br />

und bei der Bekämpfung von Lagerkoller und Langeweile<br />

hilft. Sondern vor allem, weil es einem die<br />

Kraft gibt, die man zum Durchstehen der Krise<br />

dringend braucht. Wenn wir im Dschungel nicht<br />

penibel auf unsere Körperhygiene geachtet hätten,<br />

hätten wir ebenso gut sterben können.<br />

9<br />

Ich sah Chancen<br />

Jede Krise ist, so seltsam das klingen mag,<br />

auch eine Möglichkeit, sich selbst und sein Leben<br />

neu zu justieren. Hinterher einfach wie ein Stehaufmännchen<br />

genauso weiterzumachen wie davor<br />

bringt einen um diese Chance. Man hat endlich<br />

einmal die Zeit, sich jene Fragen zu stellen, für die<br />

man im Alltag meistens keine Zeit hat: Wer bin ich?<br />

Was will ich in meinem Leben noch tun? Worauf<br />

könnte ich in Zukunft, wenn das alles vorbei ist,<br />

verzichten? In Krisen kann man gut lernen, das<br />

Leben wertzuschätzen.<br />

Im März erschien<br />

Marc Wallerts Buch<br />

„Stark durch Krisen“<br />

im Econ Verlag.<br />

REUTERS, PICTUREDESK.COM<br />

56 THE RED BULLETIN


Das Magazin für<br />

Politik, Wirtschaft<br />

und Kultur<br />

Für alle mit vielen Fragen<br />

und wenig Zeit.<br />

F.A.Z. Woche: Die wichtigen <strong>The</strong>men. Kompakt aufbereitet und eingeordnet.<br />

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47 48<br />

Rennfahrer, 46, FRA<br />

Findet immer einen Weg zum Erfolg.<br />

5-maliger Dakar-Sieger auf dem Motorrad.<br />

Mit dem Auto ist’s nur eine Frage der Zeit.<br />

Cyril<br />

Despres<br />

Profi-Abenteurer, 53, RSA<br />

Äquator, Amazonas, Arktis, Dakar:<br />

Er setzt Projekte um, die sich andere<br />

nicht einmal zu denken trauen.<br />

Mike<br />

Horn<br />

Mike Horn in der Arktis (li.). und<br />

in der Wüste (o. li.) an der Seite<br />

von Cyril Despres. Temperaturunterschied:<br />

56 Grad<br />

Ich wusste: Das ist<br />

ein Fall für Mike<br />

Halb verhungert auf Arktis-Expedition, eine<br />

Woche später in der Wüste Co-Pilot von Cyril<br />

Despres. Unmöglich? Nicht für Mike Horn.<br />

„Ende Oktober hatte ich noch keinen Beifahrer für<br />

die Rallye Dakar, die im Januar in Saudi-Arabien<br />

startete“, erzählt Cyril Despres, die französische<br />

Dakar-Legende. „Ich wusste: Das ist ein Fall für<br />

Mike Horn. Er ist vermutlich der einzige Mensch,<br />

der unvorbereitet zu so etwas in der Lage ist.“<br />

Despres lag mit seiner Einschätzung nicht falsch.<br />

Horn hatte die Erde auf Höhe des Äquators ohne<br />

Motor umrundet, den Amazonas von der Quelle<br />

bis zur Mündung erkundet und sich mehrmals zum<br />

Nordpol begeben.<br />

Despres erreichte Mike Horn telefonisch auf<br />

dem arktischen Eisschild, wo der seit Ende August<br />

mit Ski unterwegs war, auf einer Expedition, die<br />

wegen Schlechtwetters und starker Eisdrift gerade<br />

richtig prickelnd geworden war. Doch Horn sagte<br />

sofort zu, seine Expedition abzubrechen und dem<br />

langjährigen Freund bei der Rallye Dakar als Beifahrer<br />

beizustehen.<br />

Eine Woche bevor er in der Wüste eintraf, wurde<br />

Horn per Helikopter aus der Arktis geborgen. „Man<br />

sah ihm die Strapazen noch an“, erinnert sich Cyril<br />

Despres, „er war abgemagert und aufgedunsen. Die<br />

Sonne hatte er seit vier Monaten nicht gesehen.“<br />

Allein der Temperaturunterschied von minus 26<br />

auf plus 30 Grad hätte viele andere umgehauen.<br />

Doch binnen 48 Stunden hatte sich Horn akklimatisiert.<br />

Mehr noch: Despres schwärmt noch heute<br />

von der „enormen Energie, die von Mike ausging.<br />

Das motivierte mich, ich fuhr noch schneller als<br />

sonst.“ Den beiden gelang sogar ein sensationeller<br />

Etappensieg, ehe ihr Buggy mit Motorproblemen<br />

liegenblieb. Pilot und Co-Pilot wären jedenfalls fit<br />

genug gewesen für mehr.<br />

SEBASTIAN DEVENISH, FLAVIEN DUHAMEL/RED BULL CONTENT POOL, PHILIPPE JACOB/RED BULL MEDIA HOUSE<br />

PATRICIA OUDIT<br />

58 THE RED BULLETIN


49<br />

Freeriderin und Wingsuit-Pilotin, 39, SUI<br />

Eine Frau fürs Extreme mit extrem<br />

viel Geduld: Auf ihren wichtigsten Sieg<br />

wartete sie sechs Jahre.<br />

Géraldine<br />

Fasnacht<br />

50<br />

Zuna<br />

Rapper, 26, GER/LBN<br />

Er flüchtete aus dem Libanon. Heute ist er Teil der<br />

erfolgreichen deutschen Rap-Combo KMN Gang.<br />

Klingeling!<br />

Auf nach Verbier!<br />

Es konnte ihr nie steil genug sein,<br />

schnell gehen musste es sowieso:<br />

Schon mit fünfzehn will Géraldine<br />

Fasnacht am „Verbier Extreme“,<br />

dem verrücktesten Snowboard-<br />

Rennen der Welt, teilnehmen. Doch<br />

der Veranstalter winkt ab: zu jung.<br />

Géraldine ist enttäuscht, bleibt aber<br />

hartnäckig: „Ich habe hart trainiert,<br />

bin viele Rennen gefahren und<br />

habe die meisten gewonnen.“ Im<br />

Herbst 2001, sechs Jahre später,<br />

läutet ihr Handy. Man lädt sie nach<br />

Verbier ein. Géraldine gewinnt. Das<br />

ist ihr Start in das Leben als Snowboard-Profi.<br />

Warten zu können ist<br />

tatsächlich eine Tugend.<br />

50 Cent inspirierte Zuna zu seiner eigenen Karriere.<br />

„Im Rap steckt die Power,<br />

die dich durchhalten lässt“<br />

Im Alter von 15 floh Ghassan<br />

Ramlawi, heute bekannt<br />

als Zuna, mit seiner Familie<br />

aus dem Libanon. Wieder<br />

und wieder wurden sie an<br />

Grenzen abgewiesen. Ihre<br />

Odyssee durch Nordafrika,<br />

Frankreich, Belgien und die<br />

Schweiz endete schließlich<br />

in Dresden, wo die Familie<br />

bleiben durfte.<br />

Was Zuna auf der Flucht<br />

Kraft gegeben hat? „Wann<br />

immer ich konnte, hörte ich<br />

auf meinen Kopfhörern den<br />

Rapper 50 Cent“, erzählt er.<br />

„Dass jemand, der von ganz<br />

unten kam, solchen Erfolg<br />

haben konnte, machte mir<br />

Mut. Ich konnte es kaum<br />

erwarten, mein Leben in<br />

die Hand zu nehmen wie er.“<br />

Kurz nach der Ankunft<br />

in Dresden traf er Granit<br />

Musa und Ali Rihilati, später<br />

Yassine Baybah. Die vier<br />

sind heute als die KMN<br />

Gang bekannt – eine der erfolgreichsten<br />

Rap-Combos<br />

Deutschlands.<br />

Drei Songs, die Zuna während<br />

seiner Flucht Kraft schenkten:<br />

„21 Questions“ – 50 Cent (2003)<br />

„Hate It or Love It“ – <strong>The</strong> Game,<br />

50 Cent (2005)<br />

„Changes“ – 2Pac (1998)<br />

@DIESERBOBBY, UNIVERSAL MUSIC, SÉBASTIEN BARITUSSIO, GETTY PREMIUM<br />

WOLFGANG WIESER, DAVID MAYER, SIMON SCHREYER<br />

Auf dem Board im Tiefschnee:<br />

Géraldine Fasnacht unterwegs in Verbier<br />

51<br />

Extremskifahrerin & Bergsteigerin, 47, USA<br />

Hilaree Nelson ist derzeit Captain des<br />

Athleten-Teams der Firma <strong>The</strong> North Face –<br />

obwohl sie an Höhenangst leidet.<br />

Hilaree<br />

Nelson<br />

„So besiege ich meine Höhenangst“<br />

„Ich spüre, wenn sich ein Anfall von Höhenangst<br />

ankündigt. Das kann in einer steilen, ausgesetzten<br />

Bergflanke verdammt gefährlich werden. Was ich<br />

dann tue? Ich schaue einfach nicht in den Abgrund,<br />

sondern konzentriere mich völlig auf die relevanten<br />

eineinhalb Meter vor mir. Ich setze mir sozusagen<br />

unsichtbare Scheuklappen auf.“<br />

2017 fuhr Nelson vom Peak of Evil im indischen Himalaya und 2018<br />

durch das gefürchtete Couloir (eine von Felsen begrenzte, mit Eis<br />

oder Schnee gefüllte Rinne) des 8516 Meter hohen Lhotse ab.<br />

THE RED BULLETIN 59


52<br />

Rennfahrer, 31, SUI<br />

Der zweifache Le-Mans-Sieger nutzt<br />

die jetzige Zeit intensiv für seine Familie<br />

und genießt Boxenstopps mit den Kids.<br />

Sébastien<br />

Buemi<br />

„Meine<br />

24 Stunden von<br />

Lego-Mans“<br />

„Wenn man nicht aus den eigenen<br />

vier Wänden kann, ist Lego ein<br />

wunderbares Mittel, als Familie<br />

etwas mit den eigenen Händen zu<br />

schaffen“, sagt Buemi. „Man beginnt<br />

mit einem Chaos aus Teilen<br />

und hält zum Schluss ein funktionierendes<br />

Stück Technik in der<br />

Hand – die reine Freude. Jules, der<br />

ältere meiner beiden Söhne, ist vier;<br />

Flottes Spielzeug im Maßstab<br />

1:8 – Porsche 911 RSR,<br />

bestehend aus 1580 Teilen<br />

mir kommt es vor, als bauten wir<br />

24 Stunden am Tag Lego-Fahrzeuge.<br />

Im Moment arbeiten wir an einem<br />

Stunt-Bike mit Truck, als Nächstes<br />

wartet bereits ein Le-Mans-Porsche,<br />

den Jules ausgesucht hat. Drei Tipps<br />

von mir: Seid organisiert und vermischt<br />

die Bausätze nicht. Zweitens:<br />

Achtet darauf, genügend Platz zum<br />

Zusammenbau zu haben. Drittens:<br />

Bindet die Kinder in die Teilesuche<br />

ein. Die kleinen Adleraugen finden<br />

manchmal, was wir Erwachsene<br />

zehnmal übersehen haben!“<br />

THOMAS STÖCKLI/RED BULL CONTENT POOL, THE LEGO GROUP WERNER JESSNER<br />

60 THE RED BULLETIN


53 – 56 53<br />

Air Zermatt<br />

Seit 1968 rettete die Air Zermatt<br />

mehr als 50.000 Menschen und<br />

setzt dabei auf die Kreativität<br />

jedes Teammitglieds.<br />

„Jede Idee<br />

ist ein<br />

Geschenk“<br />

Die Air Zermatt in einem<br />

absolut außergewöhnlichen<br />

Einsatz: wie ein kleines<br />

Mädchen nach 13 Stunden<br />

Kampf gerettet wurde.<br />

Philipp<br />

Venetz<br />

Arzt, 44, SUI<br />

Seit <strong>2020</strong> ärztlicher Leiter<br />

der Air Zermatt: „Das<br />

Mädchen war praktisch<br />

unverletzt.“<br />

55<br />

Dominik<br />

Imhof<br />

Rettungssanitäter, 28, SUI<br />

Für ihn ist dieser Einsatz<br />

unvergesslich: „Es ist mir kalt<br />

über den Rücken gelaufen.“<br />

54<br />

Michèle<br />

Imhasly<br />

Transportsanitäterin, 40, SUI<br />

Sie leitet das Air Zermatt<br />

Training Center und hat<br />

den Einsatz detailliert<br />

dokumentiert.<br />

56<br />

Stephan<br />

Dreesen<br />

Pilot, 47, SUI<br />

Er war mit der Besatzung<br />

seines Helikopters bereits<br />

kurz nach dem Alarm vor Ort.<br />

TERO REPO, PASCAL GERTSCHEN, CHRISTIAN PFAMMATTER WOLFGANG WIESER<br />

Der Spalt im Fels auf der Riederalp<br />

im Kanton Wallis ist nur 20 Zentimeter<br />

breit. Doch an diesem Herbsttag<br />

im Oktober 2017 hat er ein<br />

zweijähriges Mädchen verschluckt,<br />

das beim Spielen gestolpert ist.<br />

Knapp 13 Stunden vergehen, bis<br />

es praktisch unverletzt geborgen<br />

werden kann: „Für alle, die dabei<br />

waren, ein unvergessliches Erlebnis“,<br />

sagt Arzt Philipp Venetz.<br />

Tatsächlich wird in diesen<br />

13 Stunden alles versucht, um<br />

das Mädchen aus sechs bis sieben<br />

Meter Tiefe zu bergen. „Wir haben<br />

jeder Idee eine Chance gegeben“,<br />

sagt Pilot Stephan Dreesen.<br />

Dazu gehört auch der Vorschlag<br />

der erfahrenen Sanitäterin Michèle<br />

Imhasly, die Zweijährige von einem<br />

gesicherten Kind bergen zu lassen.<br />

Der Vorschlag erweist sich als nicht<br />

umsetzbar, weil es im Fels enger<br />

und enger wird. Am Ende graben die<br />

Retter mit Schaufeln, Pickeln und<br />

einem Bagger einen Notausgang.<br />

Schließlich spalten Spezialisten<br />

einen letzten Felsen, der sie vom<br />

Mädchen trennt. Um zwei Uhr früh<br />

ist alles vorbei und die Kleine per<br />

Heli auf dem Weg ins Spital in Bern.<br />

Die Air Zermatt<br />

bei einem ihrer<br />

spektakulären<br />

Einsätze vor der<br />

Kulisse des<br />

Matterhorns<br />

THE RED BULLETIN 61


57<br />

Musik-Promoter, 45, USA<br />

Seine Firma Insomniac ist seit 2007<br />

für einige der größten Electronic-Dance-<br />

Music-Events in den USA verantwortlich.<br />

Pasquale<br />

Rotella<br />

Die größte Party,<br />

die es je gab<br />

Wie ausgerechnet eine Phase der<br />

Heimquarantäne zum Katalysator für<br />

eine Tanzparty mit über 3,6 Millionen<br />

Gästen wurde – den ersten virtuellen<br />

Rave-A-Thon der Welt.<br />

Text LOU BOYD<br />

Fotos WOLFGANG ZAC<br />

Zwei Wochen nach „Beyond Wonderland“ hat der Fotograf Wolfgang Zac diese Bilder bei einem weiteren virtuellen Rave von Insomniac gemacht, direkt vom<br />

Bildschirm seines Computers. „Disinfecto (u. re.) war superbeschäftigt“, sagt er. „Er putzte gerade das Display seines Handys, das war der Shot für mich.“<br />

62 THE RED BULLETIN


Zac: „Es ist verrückt,<br />

per Internet in die Welt<br />

von jemand anderem zu<br />

springen. Ich kann mich<br />

nicht erinnern, wie diese<br />

Frau heißt, aber sie hat<br />

50.000 Follower bei Instagram.<br />

Ich rief sie via Face-<br />

Time an und war sofort<br />

bei ihr daheim. Ein gutes<br />

Foto von ihr zu bekommen<br />

war nicht leicht, weil sie<br />

sehr geübt im Posieren<br />

war. Ich fragte, ob sie<br />

etwas trinken wolle, da<br />

griff sie nach diesem<br />

großen Glas Weißwein.<br />

Das war’s dann.“<br />

THE RED BULLETIN 63


Am Freitag, dem 20. März, hätte das<br />

sehnsüchtig erwartete „Beyond Wonderland“-Festival<br />

in Südkalifornien beginnen<br />

sollen. Daraus wurde nichts: Einen<br />

Tag vorher verhängte Kalifornien den Shutdown.<br />

Aber schon tags darauf feierten 3,5 Millionen<br />

Partysanen die größte Tanzveranstaltung aller Zeiten<br />

– auch wenn keiner von ihnen physisch dabei<br />

war. Pasquale Rotella, der Erfinder von Beyond<br />

Wonderland, hatte in der Krise die Chance gesehen,<br />

etwas ganz Außergewöhnliches auf die Beine zu<br />

stellen: Er machte aus dem Festival den ersten<br />

virtuellen Rave der Welt.<br />

Als Chef der Firma Insomniac hat Rotella schon<br />

viele Events veranstaltet, unter anderem das größte<br />

Electronic Dance Music Festival der USA, den „Electric<br />

Daisy Carnival“. Doch diesmal war die Herausforderung<br />

anders gelagert. „Es war keine große<br />

oder verrückte Idee, aber wir waren die Ersten, die<br />

das in dieser Größenordnung gemacht haben“, erzählt<br />

Rotella. „Es war ganz natürlich: ‚Okay, wir<br />

müssen die Veranstaltung verschieben und machen<br />

stattdessen einen virtuellen Rave-A-Thon.‘ Ich weiß<br />

nicht, warum mir das Wort Rave-A-Thon über die<br />

Lippen gekommen ist, aber mein Team hat keine<br />

Sekunde gezögert. Sie sagten: ‚Klar, wir machen<br />

einen virtuellen Rave.‘“<br />

Der virtuelle Beyond Wonderland Rave-A-Thon<br />

wurde live auf Twitch und YouTube gestreamt, mit<br />

jenen Künstlern, die ursprünglich für das Festival<br />

gebucht waren – sie spielten ihre Sets weit von<br />

den Tänzern entfernt im Insomniac-Büro. Die Teilnehmer<br />

schickten Fotos und Videos von daheim<br />

„auf der Party“. Langsam begann das Ding Fahrt<br />

aufzunehmen: Der Electric Daisy Carnival zieht im<br />

Schnitt 400.000 Teilnehmer an; der Rave-A-Thon<br />

hatte fast neunmal so viel Zuspruch. Wäre es eine<br />

physische Veranstaltung gewesen, hätte die Menge<br />

das Londoner Wembley-Stadion 40-mal gefüllt.<br />

„Ich habe nicht geglaubt, dass es so groß wird“,<br />

sagt Rotella. „Eigentlich war es nur zum Trost für<br />

unsere Community gedacht, die schon Tickets für<br />

das Festival gekauft hatte, aber es wurde sehr viel<br />

mehr. Unser Event war bisher sehr in Kalifornien<br />

verwurzelt; umso aufregender war es, diesmal<br />

Leute aus China, Korea, Australien und von vielen<br />

anderen Orten dieses Planeten dabei zu haben.“<br />

Auf den Bildschirmen waren für Festival-Besucher<br />

vertraute Bilder zu sehen. „Die Leute haben<br />

sich aufgebrezelt, tanzten mit Totems und schwenkten<br />

Knicklichter – es war verrückt“, sagt Rotella<br />

lachend. Partygänger ließen LED-Hula-Hoop-Reifen<br />

um ihre Hüften kreisen und saßen auf den Schultern<br />

ihrer Freunde mit den Armen in der Luft.<br />

„Casey (o. li.) ist die<br />

Freundin von Brian“<br />

(dem Typ mit den<br />

herzförmigen Brillen<br />

auf S. 67), erinnert<br />

sich Zac. „Er tanzte<br />

in seiner Wohnung,<br />

und plötzlich tauchte<br />

sie auf.“ Links: Ducky<br />

nach ihrem Set beim<br />

Rave-A-Thon<br />

64 THE RED BULLETIN


58<br />

Fotograf, 52, AUT<br />

Der in L. A. lebende Zac bezeichnet sich<br />

als „Schöpfer von Schnappschüssen“:<br />

„Ich arbeite nur mit einer Kamera mit Blitz.“<br />

Wolfgang<br />

Zac<br />

„Ich mochte DJ Devault<br />

(li.) sehr“, sagt Zac.<br />

„Sein Musikstil ist Underground,<br />

dunkel, er<br />

klingt anders als die<br />

anderen. Ich wollte die<br />

Musik in meinem Bild<br />

abbilden. Ich bat ihn, im<br />

Insomniac-Büro herumzugehen.<br />

Das Licht war<br />

zufällig – der grüne<br />

Schimmer in seinem<br />

Gesicht kam von einem<br />

Exit-Schild. Für mich<br />

beschreibt das seine<br />

Musik perfekt!“<br />

Meister<br />

des<br />

Screenshots<br />

Wie Wolfgang Zac<br />

die Stimmung des<br />

virtuellen Raves<br />

im Bild festhielt.<br />

Wolfgang Zac wurde vom Shutdown<br />

in Berlin überrascht, er<br />

konnte nicht nach L. A. zurückfliegen.<br />

Claudia, seine Frau und<br />

Kreativpartnerin, hatte dann<br />

die Idee, die virtuelle Party mittels<br />

Screenshots festzu halten.<br />

„Wir dachten: Wie können wir<br />

die Isolation besiegen und<br />

kreativ bleiben?“, sagt Zac.<br />

„Und obwohl ich bei der Arbeit<br />

(u.) manchmal ein wenig seekrank<br />

wurde, war ich doch fasziniert<br />

davon, wie intim diese<br />

Bilder sind, die aus großer<br />

Entfernung entstanden.“<br />

THE RED BULLETIN 65


„Gerhard und Uschi<br />

sind Österreicher, die in<br />

London leben“, erzählt<br />

Zac. „Ich machte diese<br />

Aufnahmen auf ihrer Terrasse.<br />

Ich wunderte mich<br />

über ihre Outfits, weil es<br />

schon früher Morgen war<br />

und ziemlich kalt.“<br />

66 THE RED BULLETIN


„Das Foto von @_sriacha<br />

(u.) ist eines meiner Lieblingsbilder.<br />

Sie war umgeben<br />

von Bierdosen –<br />

eine Art Bier trinkendes<br />

Sternenkind. Pasquale<br />

Rotella (ganz li.) schoss<br />

ich ziemlich am Ende,<br />

bei der Afterparty.“<br />

Ein bisschen ungewohnt waren die in Laserlicht<br />

getauchten Wohnzimmerwände, Kleinkinder, die<br />

verblüfft ihre tanzenden Eltern anstarrten, und<br />

schlafende Hunde auf den Sofas im Hintergrund.<br />

Kurz: die Freiheit eines Festivals, eingefangen<br />

in Millionen von Wohnungen.<br />

Für Rotella und sein Team war es eine einzigartige<br />

Erfahrung: „Zuerst wollten wir die Sache<br />

an einem unserer Veranstaltungsorte durchziehen.<br />

Aber dann dachten wir: Die Leute kennen diese<br />

Orte, dort treffen sie sich normalerweise – wir können<br />

es dort nicht machen. Wir zeigen Social Distancing,<br />

und jeder muss eine Maske und Handschuhe<br />

tragen. So haben wir uns schließlich für unser Büro<br />

entschieden.“ Eine Crew von sieben Leuten verwandelte<br />

die Rezeption in eine Weltklasse-DJ-Bühne<br />

mit Lasern, Animationen und digitalen Effekten.<br />

„Wir hatten eine stinknormale Business-Lobby –<br />

mit Rave-Flyern auf einem Tisch, einem Fernseher,<br />

der unsere Videos zeigte, dazu ein hübsches Wandgemälde<br />

–, und plötzlich wurde eine Fantasiewelt<br />

daraus. Ich fürchte, wir können nie wieder zu<br />

unserer ursprünglichen Lobby zurück.“<br />

Pasquale Rotella saß in sicherer Entfernung zu<br />

den Decks auf einem thronartigen Sessel, er sah aus<br />

wie ein verrückter König, der seine Show genießt.<br />

„Dabei haben wir wahnsinnig aufgepasst, dass wir<br />

nicht die falsche Botschaft aussenden.“ Jeder am<br />

Set musste zu anderen zwei Meter Abstand halten,<br />

die DJs trugen Masken, und zwischen den Sets<br />

tauchte eine geheimnisvolle Gestalt in einem Ganzkörperanzug<br />

auf, die die Decks desinfizierte. „Das<br />

war nicht irgendwer – das war Disinfecto!“, sagt<br />

Rotella. „Die Leute haben von ihm geschwärmt.“<br />

Schilder forderten die Raver zwischendurch auf,<br />

„die desinfizierten Hände in die Luft zu strecken“,<br />

und Headliner Kill the Noise verwendete ein Sample<br />

mit dem Text „stay inside your fucking house“.<br />

„Das Letzte, was wir wollten, war, dass die Leute<br />

dachten, wir schmeißen eine Party, weil wir das<br />

alles nicht ernst nehmen.“<br />

Nach dem Erfolg des ersten virtuellen Rave-A-<br />

Thons will Rotella die Online-Party jede Woche<br />

steigen lassen. „Wir basteln gerade an verschiedenen<br />

Genre-Events, sodass für jeden Geschmack etwas<br />

dabei ist.“<br />

Es ist eine alte Geschichte: Angesichts von<br />

Schwierigkeiten werden Menschen erfinderisch<br />

und passen sich an. Aber es ist schon ein spezieller<br />

Moment, wenn ausgerechnet zu einem Zeitpunkt,<br />

wo alle dazu aufgefordert werden, Abstand zu halten,<br />

etwas geschieht, was Millionen Menschen zu<br />

einer grenzenlosen globalen Party zusammenbringt.<br />

socal.beyondwonderland.com/livestream<br />

THE RED BULLETIN 67


Die vier Athleten vom <strong>Red</strong> Bull Skydive Team<br />

–<br />

eint die Liebe zur Freiheit, zur Ungebundenheit,<br />

59<br />

59 62 zur spontanen Entscheidung. Wie gehen sie<br />

mit erzwungener Passivität um?<br />

<strong>Red</strong> Bull Skydive Team<br />

So verfliegt die Zeit<br />

Marco<br />

Waltenspiel<br />

35, AUT<br />

61<br />

Marco<br />

Fürst<br />

29, AUT<br />

60<br />

Felix<br />

Seifert<br />

27, AUT<br />

62<br />

Max<br />

Manow<br />

31, GER<br />

Ein paar Minuten<br />

Mehrere Stunden<br />

Tage<br />

„Die Küche putzen,<br />

nur um sie nach einem<br />

weiteren Koch experiment<br />

wieder zu putzen.“<br />

Felix Seifert<br />

„Bienen beobachten, dabei<br />

den jämmerlichen Zustand<br />

der Pflanzen entdecken<br />

und sie umtopfen.“<br />

Marco Fürst<br />

„Der Waschmaschine beim<br />

Waschen zuschauen, nur<br />

um zu sehen, ob sie richtig<br />

angeschlossen ist.“<br />

Marco Waltenspiel<br />

„Equipment komplett<br />

durchchecken, wandern<br />

und dabei neue BASE-<br />

Jump-Startpunkte<br />

aus findig machen.“<br />

Max Manow<br />

„Neue Coaching-Strategien<br />

entwickeln und vorbereiten,<br />

um junge Fallschirmspringer<br />

weiterzubilden.“<br />

Marco Fürst<br />

„Meditieren.“<br />

Max Manow<br />

„Betriebsdauer einer<br />

PlayStation testen.“<br />

Felix Seifert<br />

„Sich eine Glatze rasieren<br />

und den Haaren beim<br />

Wachsen zusehen.“<br />

Marco Waltenspiel<br />

„An neuen Projekt-Ideen<br />

und Choreografien tüfteln.“<br />

alle gemeinsam<br />

redbullskydiveteam.com<br />

Okay, Jungs:<br />

Genug gewartet.<br />

Ihr gehört<br />

dringend<br />

wieder raus!<br />

WOLFGANG LIENBACHER, MICHAEL GROESSINGER/RED BULL CONTENT POOL WERNER JESSNER<br />

68 THE RED BULLETIN


Fußball-Profi, 21, ENG<br />

63 64<br />

Der Champions-League-Sieger (FC Liverpool)<br />

ist einer der besten Rechtsverteidiger der Welt.<br />

Trent<br />

Alexander-Arnold<br />

Ryan<br />

Pessoa<br />

eSports-Athlet, 22, GBR<br />

War 2018 Nummer eins bei „FIFA“ (Xbox One)<br />

und spielt für Manchester Citys eSports-Team.<br />

GREG COLEMAN/RED BULL CONTENT POOL, MARK ROE/RED BULL CONTENT POOL TOM GUISE<br />

Digitalanalog-Dialogv<br />

Die Pause der Premier League und die Absage<br />

der eSports-Saison schafft Gelegenheit für<br />

Begegnungen von echter und virtueller Welt.<br />

Ein interdisziplinärer Star-Chat.<br />

eSports-Pro Ryan Pessoa forderte Premier-<br />

League-Superstar Trent Alexander-Arnold<br />

auf der Streaming-Plattform Twitch zum<br />

„FIFA“-Duell. Und stellte dem Shootingstar<br />

abseits des Zocker-Freundschaftsspiels<br />

auch ein paar Fragen.<br />

ryan pessoa: Trent, mal ehrlich:<br />

Dein Liverpool-Kollege Alex Oxlade-<br />

Chamberlain hat bei „FIFA“ eine höhere<br />

„Pace“-Wertung als du. Zu Recht?<br />

Wer ist im wirklichen Leben schneller?<br />

trent alexander-arnold: Na ich!<br />

Aber man muss sagen: Alex war verletzt,<br />

das hat ihn Speed gekostet.<br />

Mit wem verbringst du deine Zeit<br />

in der Isolation?<br />

Mit meiner Mutter – und mit meinen zwei<br />

Hunden, die halten uns auf Trab.<br />

Für mich bedeutet die neue Situation<br />

ja nicht so eine große Umstellung: Ich<br />

hocke ohnehin den ganzen Tag daheim<br />

vor der Konsole. Für dich als Fußball-<br />

Profi aber ist das sicher anders. Du bist<br />

es doch gewohnt, jeden Tag draußen<br />

zu sein …<br />

So sehr hat sich mein Leben gar nicht verändert.<br />

Wenn ich zu Hause bin, chille ich<br />

einfach rum. Das ist für mich die beste<br />

Erholung vom Training und den Spielen.<br />

Und zockst stundenlang „FIFA“?<br />

Ich komme auf vier bis fünf Stunden pro<br />

Woche. Hauptsächlich spiele ich, wenn<br />

ich unterwegs bin, ich verbringe ja zwei<br />

bis drei Nächte pro Woche in Hotels.<br />

Wie gut bist du?<br />

Für einen Amateur nicht schlecht. Ich<br />

kann gut verteidigen, bin sehr geduldig.<br />

Legendär ist deine Corner-Finte beim<br />

Champions League-Halbfinale 2019<br />

gegen Barcelona. Ihr hattet das Hinspiel<br />

0:3 verloren, im Rückspiel lagt ihr 3:0<br />

voran. Alles stand auf dem Spiel. Und<br />

du … komplett lässig! Was ging dir da<br />

durch den Kopf?<br />

Hahaha, dass ich den Ball schnell abspiele,<br />

natürlich! Ich sah, dass die Abwehrspieler<br />

noch nicht fokussiert waren. Ein winziges<br />

Zeitfenster – ich habe es genutzt.<br />

Pessoas Spiele: twitch.tv/ryanpessoa_<br />

THE RED BULLETIN 69


65<br />

Skateboarder, 30, USA<br />

Er unterstützt mit seiner Foundation benach<br />

teiligte Kinder und verletzte Sportler.<br />

Ryan<br />

Sheckler<br />

Freie Fahrt für<br />

Mister Sheckler<br />

Was tut ein Skateboard-Profi wie<br />

Ryan Sheckler in Zeiten wie diesen?<br />

Er baut sein Wohnzimmer zum<br />

Skatepark um.<br />

„Seit der Krise ändert sich mein Training<br />

im Wochenrhythmus – je nachdem,<br />

was die Experten gerade gutheißen.<br />

Zuerst trainierte ich allein<br />

im Fitness-Studio, nachdem ich davor<br />

alle Geräte desinfiziert hatte, dann<br />

machte ich mein Workout daheim,<br />

ging in den Skatepark oder zum Surfen<br />

ans Meer. Aber damit ist Schluss,<br />

seit die Strände gesperrt sind.<br />

Ich bin ehrlich: Am Anfang nützte<br />

ich die Gelegenheit und skatete überall,<br />

wo wir Skater sonst vertrieben<br />

werden. Ich arbeitete meine ganze<br />

Wunschliste ab, von Parkplätzen bis<br />

zu leeren Gebäuden. War ja keiner<br />

da. Aber jetzt halte ich den Ball wirklich<br />

flach und übe mich in Social<br />

Distancing. Die Leute, die ‚an der<br />

Front‘ gegen das Virus kämpfen,<br />

haben echt meinen vollen Respekt.<br />

Was mir im Moment am meisten<br />

Spaß macht: aus meinen Möbeln<br />

Skate Spots zu machen. Auf Instagram<br />

gab es schon eine Push-up-<br />

Challenge und eine Kickflip-Challenge,<br />

warum soll es da nicht auch eine<br />

Skaten-im-Wohnzimmer-Challenge<br />

geben? Unlängst bin ich über meinen<br />

Couchtisch geshreddet. Dafür sieht er<br />

eigentlich noch recht gut aus. Oder<br />

sagen wir: den Umständen entsprechend.<br />

Ich glaube, ich werde da noch<br />

ein paar ähnliche Ideen umsetzen.<br />

Für die ‚Skate for a Cause‘-Tour,<br />

die vergangenes Jahr ihr zehntes<br />

Jubiläum feierte, habe ich ebenfalls<br />

schon massenhaft Ideen. Jetzt, mit<br />

dieser Pandemie, gibt es ja mehr hilfsbedürftige<br />

Menschen denn je.“<br />

SABAS ROMERO/RED BULL CONTENT POOL(2), COURTESY OF RYAN SHECKLER JEN SEE<br />

70 THE RED BULLETIN


66<br />

Kletter-Pionier und Unternehmer, 81, USA<br />

Chouinard schmiedete ab 1957 erste Felshaken<br />

und gründete 1973 die Outdoor-<br />

Marke Patagonia. Er klettert nach wie vor.<br />

Yvon<br />

Chouinard<br />

67<br />

Mavi<br />

Phoenix<br />

Musiker, 24, AUT<br />

Mavi Phoenix hat sich zunächst als<br />

Rapperin einen Namen gemacht. Seit<br />

Herbst 2019 lebt er als Trans-Mann.<br />

MAŠA STANIC, IMAGO/AURORA FOTOS SEBASTIAN FASTHUBER<br />

YVON CHOUINARD ZITAT AUS DEM BUCH „SOME STORIES: LESSONS<br />

FROM THE EDGE OF BUSINESS AND SPORT”, PATAGONIA PUBLISHING<br />

„Es besteht eigentlich<br />

kein Unterschied<br />

zwischen einem<br />

Pessimisten, der sagt:<br />

‚Es ist hoffnungslos,<br />

man kann sowieso<br />

nichts machen‘, und<br />

einem Optimisten, der<br />

sagt: ‚Man braucht gar<br />

nichts zu unter nehmen,<br />

es wird schon alles von<br />

selber gut.‘ Auf beide<br />

Arten passiert nichts.<br />

Die beste Haltung ist,<br />

selbst aktiv zu werden.“<br />

Firmengründer<br />

Yvon Chouinard<br />

als junger Mann an<br />

seinem „Little Giant“-<br />

Schmiedehammer in<br />

Yosemite, Kalifornien.<br />

Die hier produzierten<br />

Felshaken verkaufte<br />

er später aus dem<br />

Kofferraum seines<br />

Autos.<br />

Das gab mir den Mut<br />

zum ersten Schritt<br />

„Ich hätte ein Mann werden sollen, das<br />

weiß ich schon lang. Aber immer war<br />

da der Gedanke: Ich bin eine Frau,<br />

da kann man nichts machen. Den Entschluss,<br />

als Mann zu leben, habe ich<br />

beim Aufnehmen meines Albums gefasst.<br />

In dieser Phase ging alles drunter<br />

und drüber – und ich war voll kreativ.<br />

Mein Umfeld hatte keine Ahnung. Geholfen<br />

haben mir YouTube-Videos von<br />

Trans-Männern. Dass die ganz normal,<br />

gesund, glücklich wirken, hat mir viele<br />

Ängste genommen. Wie es weitergehen<br />

soll, muss ich mir gut überlegen. Eine<br />

Hormonbehandlung verändert das<br />

Aussehen und die Stimme. Dann geht<br />

es ans Eingemachte. Aber ich bin froh,<br />

den ersten Schritt getan zu haben.“<br />

Das lang erwartete Debütalbum von Mavi Phoenix heißt<br />

„Boys Toys“ und ist auf LLT Records erschienen.<br />

THE RED BULLETIN 71


68<br />

Formel-1-Pilot, 22, NED<br />

Der Star von Aston Martin <strong>Red</strong> Bull Racing<br />

und die Fähigkeit, sich von geänderten<br />

Umständen nicht unterkriegen zu lassen.<br />

Max<br />

Verstappen<br />

Keiner stoppt Max<br />

Grand Prix von Australien abgesagt?<br />

Max Verstappen wechselte blitzartig ins<br />

eSports-Cockpit und schrieb Geschichte<br />

– vor mehr als 500.000 Zuschauern.<br />

Text TOM GUISE<br />

Max Verstappen hatte sich so gefreut,<br />

dass es endlich losginge mit<br />

der Formel-1-Saison. Doch dann die<br />

Enttäuschung: Nur einen Tag vor<br />

dem Qualifying wurde der Große<br />

Preis von Australien in Melbourne<br />

abgesagt. Es würde wohl nichts<br />

werden mit dem Rennfahren.<br />

Auf der anderen Seite der Weltkugel,<br />

in England, sah einer das ganz<br />

anders. Darren Cox, ein E-Motorsport-Organisator,<br />

erkannte seine<br />

Chance. Der Plan war, innerhalb<br />

von drei Tagen ein hochkarätiges<br />

eSports-Rennen aus dem Boden zu<br />

stampfen. Und es gibt kaum einen<br />

hochkarätigeren Namen als Verstappen.<br />

„Ich hatte immer einen<br />

Renn-Simulator daheim“, verrät<br />

der Aston Martin <strong>Red</strong> Bull Racing-<br />

Star, „aber als ich in die Formel 1<br />

kam, habe ich damit aufgehört.<br />

Erst vor einem Jahr habe ich wieder<br />

angefangen.“ Und so kam Max<br />

doch noch zu seinem Rennen.<br />

Donnerstag, 12. März, 11.30 Uhr<br />

Eine ehrgeizige Idee<br />

darren cox: Ich wachte auf, sah<br />

die News und wusste: Am Sonntag<br />

wird’s kein Rennen geben.<br />

max verstappen: Als sich Mc­<br />

Laren wegen eines Corona-Falls<br />

zurückzog, sah ich schon schwarz.<br />

Im Lauf des Nachmittags stiegen<br />

auch alle anderen Teams aus.<br />

cox: Ich schloss mich mit meinem<br />

Team kurz und fasste einen Plan.<br />

Wir standen noch ohne Kommentatoren<br />

da, ohne Studio, ohne Fahrer.<br />

Wir wussten auch nicht, mit welchen<br />

Autos wir welche Strecken<br />

fahren wollten. Aber eines war fix:<br />

Wir gehen in 72 Stunden live.<br />

verstappen: Ich teilte mir gerade<br />

meine neu gewonnene Freizeit<br />

ein. Zwischen den Rennen habe<br />

ich fixe Trainingseinheiten am<br />

<strong>Red</strong> Bull-Simulator, daheim verwende<br />

ich meinen eigenen. Er ist<br />

nicht so hochwertig wie der des<br />

Teams, aber für Racing Games<br />

reicht er: ein maßgeschneiderter<br />

Sitz mit extrasteifem Rahmen, ein<br />

Bodnar-SimSteering-Motor, ein<br />

Precision-Sim-Engineering-Lenkrad,<br />

Heusinkveld- und Simtech-<br />

Pedale und vier Monitore.<br />

Freitag, 13. März, 13.00 Uhr<br />

Hektische Planung<br />

cox: Wir brauchten mindestens<br />

zehn Piloten. Wir hatten den Portugiesen<br />

António Félix da Costa,<br />

den Führenden der Formel-E-WM,<br />

und den Holländer Rudy van Buren<br />

(2017 Sieger der ersten Saison von<br />

„World’s Fastest Gamer“, Anm.). Er<br />

war Feuer und Flamme und fragte:<br />

„Gibt’s einen Startplatz für Max?“<br />

verstappen: Ein Freund fragte<br />

mich, ob ich mitmachen wolle.<br />

Das war echt in letzter Minute.<br />

cox: Wir brauchten keine Verhandlungen<br />

mit seinem Management.<br />

Max hat sich selbst angeboten. Die<br />

Frage war nur: Schafft er es rechtzeitig<br />

von Australien heim?<br />

verstappen: Ich musste noch<br />

einen Flug zurück nach Monaco<br />

kriegen. Es war arschknapp.<br />

Samstag, 14. März, 14.50 Uhr<br />

Schwieriger Umstieg<br />

cox: Was die beste Sim-Racing-<br />

Software ist, darüber herrscht<br />

ein Glaubenskrieg: iRacing oder<br />

rFactor. Wir entschieden uns für<br />

rFactor, weil auch Formel-1-Teams<br />

sie schon eingesetzt hatten.<br />

verstappen: Da ich von iRacing<br />

komme, musste ich umlernen.<br />

Kostet Zeit, die ich nicht hatte.<br />

cox: Als Nächstes musste ein Format<br />

her. Wir entschieden uns für<br />

15- minütige Qualifyings und ein<br />

20-minütiges Finale.<br />

verstappen: Damit es fürs Publikum<br />

attraktiver wird, sollten mehr<br />

klassische Rennfahrer dabei sein.<br />

Einige meiner Gegner kannte ich<br />

aus der Formel 1, der Formel 3<br />

und vom Gokart-Fahren.<br />

cox: Ein paar von ihnen hatten<br />

aber null Erfahrung mit rFactor.<br />

Das war ein Problem, denn du<br />

kannst nicht einfach einschalten<br />

und loslegen. Darum stellten wir<br />

einen siebenköpfigen Help Desk zur<br />

Verfügung, der das System erklärte.<br />

verstappen: In jedem der drei<br />

Qualifyings kamen die acht<br />

Schnellsten ins Finale. Die Sim-<br />

Piloten waren so stark, dass man<br />

sie getrennt von uns antreten ließ.<br />

cox: Unsere Angst war: Lassen wir<br />

Sim-Racer und echte Piloten sofort<br />

72 THE RED BULLETIN


cox: Wir reduzierten die Kollisionsschäden<br />

auf 50 Prozent, damit<br />

nicht gleich das ganze Feld nach<br />

einer Runde schon in die Box muss.<br />

Sonntag, 15. März, 13.03 Uhr<br />

Das Rennen beginnt<br />

cox: 72 Stunden nach dem ersten<br />

Anruf schaltete die Ampel auf Grün.<br />

verstappen: Ich gewann meinen<br />

Lauf, hauptsächlich gegen andere<br />

reale Fahrer. Aber die echten<br />

Gegner waren in der anderen<br />

Gruppe. (Max stand im 24-Mann-<br />

Finale auf Startplatz neun; Anm.)<br />

cox: Nach zehn Minuten hatten wir<br />

52.000 Viewer – mehr als jeder andere<br />

Stream zu dem Zeitpunkt. Ich<br />

habe gelesen, dass wir sogar mehr<br />

Zuseher hatten als ein echtes F1-<br />

Rennen auf Sky Sports. Insgesamt<br />

schauten über 500.000 Leute zu.<br />

Sonntag, 15. März, 14.47 Uhr<br />

Das Finale<br />

VERSTAPPEN.NL, RED BULL RACING/GETTY IMAGES<br />

gegeneinander fahren, schaffen es<br />

die realen Stars vielleicht nicht einmal<br />

durch die Qualifikation.<br />

Sonntag, 15. März, 11.00 Uhr<br />

Vom Flieger ins Cockpit<br />

cox: Der Kurs war der Nürburgring.<br />

Das Auto ein F1-Modell von 2012,<br />

für viele Piloten schwer zu fahren.<br />

verstappen: Ich kannte das Auto<br />

nicht, und die Umgewöhnung<br />

war superschwer. Da kannst du<br />

in der Realität noch so ein guter<br />

Fahrer sein, im Simulator bist du<br />

nicht auf Anhieb schnell.<br />

Verstappen am heißen Stuhl:<br />

Dass ihm die Profi-Gamer<br />

den Auspuff zeigten,<br />

wurmt ihn noch jetzt.<br />

„Unter den realen<br />

Fahrern ist Max<br />

wahrscheinlich<br />

der beste.“<br />

Darren Cox<br />

verstappen: Gleich in Runde eins<br />

flog ich von der Strecke und war<br />

Letzter. Mein Rennen war quasi<br />

vorbei, aber ich gab nicht auf. Ich<br />

überholte so viele, wie ich konnte.<br />

(Er kam als Elfter ins Ziel, Rudy<br />

van Buren wurde Dritter; Anm.)<br />

cox: Unter den realen Fahrern<br />

ist Max wahrscheinlich der beste.<br />

Aber er verbringt nicht 12 Stunden<br />

am Tag mit Sim-Racing. Rudy lebt<br />

praktisch in rFactor. Würde sich<br />

Max voll darauf konzentrieren,<br />

könnte er innerhalb von ein paar<br />

Wochen ganz vorne mitfahren.<br />

verstappen: Sim-Racing macht<br />

Spaß, aber echtes Rennfahren gefällt<br />

mir besser. Vielleicht bringe<br />

ich ja künftig beides in meinem<br />

Zeitplan unter.<br />

cox: Binnen 72 Stunden hatten<br />

wir es geschafft, dass sich Leute<br />

in Holland ums Rennen und andere<br />

in England mit ihren Laptops um die<br />

Übertragung kümmern. Wir brachten<br />

46 Fahrer aus aller Welt dazu,<br />

sich einzuloggen. Hätte mir drei<br />

Tage vorher einer erzählt, dass es ein<br />

Racing Game in die Top 20 auf You-<br />

Tube oder Twitch schaffen könnte,<br />

hätte ich ihn für verrückt erklärt.<br />

THE RED BULLETIN 73


69<br />

Ben<br />

Stokes<br />

Cricket-Profi, 28, GBR<br />

Der legendäre Vize-Kapitän des englischen Nationalteams<br />

nutzt die Zwangspause zur Entwicklung frischer Talente.<br />

Käpt’n Ben schlägt<br />

die Börsenglocke<br />

„Es gibt zu jeder Zeit Dinge, die<br />

wichtiger sind als Sport“, sagt Englands<br />

Cricket-Held Ben Stokes über<br />

den bevorstehenden Sommer, den er<br />

– wie viele – anders verbringen wird<br />

als den vorigen. Stokes sicherte sich<br />

im <strong>Juli</strong> 2019 einen Platz in den Cricket-Annalen,<br />

als er sein Team nach<br />

einer dramatischen Verlängerung<br />

gegen Neuseeland erstmals (!) zum<br />

WM-Titel führte. Im Cricket-Jargon<br />

ist er ein All-rounder, ein Spieler,<br />

der mehrere Positionen einnehmen<br />

kann; nun lernt Stokes auch im Alltag<br />

andere Rollen: „Ich bin Sportlehrer<br />

für meine Kinder und fahre<br />

die Formel-1-Saison im Simulator.<br />

Da wurde ich Letzter.“ Auch das<br />

neue Hobby des Allrounders hat<br />

nichts mit Cricket zu tun: „Ich will<br />

alles über Aktien lernen. Die Geschichte<br />

hat gezeigt, dass es nach<br />

jedem Crash wieder bergauf geht.“<br />

GREG COLEMAN/RED BULL CONTENT POOL TOM GUISE<br />

74 THE RED BULLETIN


70<br />

Hobby-Imker, 40, AUS<br />

Keine Kohle? Kein Problem.<br />

Einfallsreichtum, Zusammenhalt<br />

und Ausdauer zählen viel mehr.<br />

Cedar<br />

Anderson<br />

Mr. Bien<br />

Wie ein australischer Bastler<br />

die moderne Bienenzucht auf<br />

den Kopf stellte.<br />

„Was ist der gefährlichste Gedanke der<br />

Welt?“, fragt Cedar Anderson. Und gibt<br />

gleich die Antwort: „Zu glauben, dass sich<br />

jemand anderer darum kümmern wird.“<br />

Der Austra lier löst Probleme lieber selbst.<br />

Mit acht baute er sich ein Gokart für den<br />

Schulweg. Sein aktuelles Auto rüstete er<br />

auf den Betrieb mit recyceltem Pflanzenöl<br />

um – für die Tage, an denen er nicht seinen<br />

selbst gebauten E-Motorgleitschirm nutzt.<br />

„In meiner Familie gab es keinen Fernseher“,<br />

erklärt Anderson. „Man ging in die<br />

Werkstatt und bastelte was.“ In der Nachbarschaft<br />

lebte man naturnah, nachhaltig<br />

und sparsam. „Wir waren ziemlich arm.<br />

Aber das glichen wir mit Einfallsreichtum<br />

aus“, sagt er. „Jeder war gefordert, gute<br />

Ideen in die Gemeinschaft einzubringen.“<br />

Eine der besten kam ihm beim Imkern:<br />

Musste das Honigschleudern wirklich so<br />

eine Patzerei sein, bei der unter Umständen<br />

auch Bienen zerquetscht werden?<br />

Nach zehn Imker-Jahren an der Seite<br />

seines Vaters fand er eine bessere Lösung:<br />

das Flow Hive. In diesem Bienenstock befestigen<br />

die Bienen ihre Waben an einem<br />

patentierten Kunststoffrahmen. Sind die<br />

vertikal angeordneten Waben mit Honig gefüllt,<br />

kann der Rahmen von außen gesplittet<br />

und der Honig per Zapfhahn entnommen<br />

werden. Stress beim Bienenvolk? Null.<br />

Die Erfindung stellte Andersons Leben<br />

auf den Kopf. Eine Crowdfunding-Kampa gne<br />

generierte binnen zweier Stunden eine Million<br />

Dollar. Heute, fünf Jahre später, brummen<br />

75.000 Flow Hives in 130 Ländern,<br />

und tausende Menschen haben mit dem<br />

Imkern begonnen. „Das ist gut für uns alle“,<br />

so Anderson, „denn jedes Bienenvolk kann<br />

pro Tag 50 Millionen Blüten bestäuben.“<br />

An seiner Bescheidenheit hat der Erfolg<br />

nichts geändert. „Viele von uns haben tolle<br />

Ideen“, meint Anderson, „aber nur wenige<br />

setzen sie konsequent um. Man braucht<br />

dafür Ausdauer und ein wenig Starrsinn. Ich<br />

habe beides. Aufgeben ist nicht mein Ding.“<br />

FLOW RACHAEL SIGEE<br />

Das Flow Hive besteht aus nachhaltig angebautem Zedern- und Araukarienholz<br />

und lebensmittelechtem Kunststoff. Rechts: Bienenkönig Anderson mit Untertanen<br />

THE RED BULLETIN 75


71<br />

Segler, 40, AUS<br />

Mit 30 holte er als jüngster Skipper der<br />

America’s-Cup-Geschichte den Sieg beim<br />

prestigeträchtigsten Segelrennen der Welt.<br />

James<br />

Spithill<br />

Spithills Luna-Rossa-Team vor der Küste von Marina di Capitana. Dem Training im rauen Wasser vor Sardinien fällt der Mast<br />

des Einrumpf-Foilers zum Opfer – glücklicherweise ohne Schaden für die Besatzung.<br />

„Jetzt besonders<br />

wichtig: offen<br />

und ehrlich sein“<br />

Echte Champions profitieren von Rückschlägen.<br />

Wie das funktioniert, erklärt<br />

America’s-Cup-Sieger Jimmy Spithill.<br />

„Eines der wichtigsten und wertvollsten Dinge, die<br />

uns der Sport lehrt, ist der Umgang mit schweren<br />

Rückschlägen“, sagt Spithill. „Der America’s Cup<br />

ist da am ehrlichsten. Es gibt keinen zweiten Platz,<br />

kein Podium. Du gewinnst oder du verlierst. Alles<br />

andere als der Sieg ist ein Misserfolg. Das erzeugt<br />

enormen Druck. Druck aufs Team, Druck auf die<br />

Technik, das Design, die Konstruktion. Alles, was<br />

du tust, muss bis an die äußerste Grenze des Machbaren<br />

gehen. Wenn du keine Rückschläge erlebst,<br />

bist du wahrscheinlich nicht weit genug gegangen.<br />

Der America’s Cup ist gnadenlos, genau deswegen<br />

ist er ja so faszinierend. Du erkennst den<br />

wahren Charakter eines Menschen nicht, wenn alles<br />

glattläuft; erst in schwierigen Zeiten siehst du, aus<br />

welchem Holz jemand geschnitzt ist. Du siehst, wer<br />

ehrlich sein kann, zu sich selbst und zu anderen –<br />

und wer wegen ebendieser Ehrlichkeit aus Niederlagen<br />

gestärkt hervorgeht. Das macht einen Leader<br />

aus: Für ihn ist jeder Rückschlag eine Lektion.<br />

Ich habe diese Erfahrung bei jeder meiner<br />

America’s-Cup-Kampagnen gemacht. 2013 in San<br />

Francisco, als wir mit dem Oracle Team USA nach<br />

1:8-Rückstand noch 9:8 gewannen. Oder während<br />

der aktuellen Kampagne im Team Luna Rossa: Konstruktionsfehler<br />

führten zu einem Mastbruch, das<br />

Boot wurde beschädigt. In beiden Fällen haben<br />

uns die harten Rückschläge als Team zusammengeschweißt.<br />

Wir haben gelernt, sind stärker geworden.<br />

Champions profitieren von harten Zeiten.<br />

Im Moment macht der gesamte Planet harte<br />

Zeiten durch. Das Beste, was wir tun können, ist,<br />

vom Sport zu lernen: offen und ehrlich zu sein,<br />

zusammenzustehen als globales Team. Dann gehen<br />

wir stärker und klüger aus der Prüfung hervor.“<br />

lunarossachallenge.com<br />

BRETT HEMMINGS/RED BULL CONTENT POOL, LUNA ROSSA/CARLO BORLENGHI RUTH MORGAN<br />

76 THE RED BULLETIN


72<br />

David<br />

Hunt<br />

Gaming-Streamer, 35, USA<br />

Wie aus dem Reha-Patienten David Hunt die<br />

Gaming-Legende „GrandPOOBear“ wurde.<br />

Achtung, fertig ...<br />

… los! Der Meister verrät: So baust<br />

du deine Online-Community auf.<br />

73<br />

74<br />

Extremradfahrer, 37, AUT<br />

Durchquerte 2018 Amerika in Weltrekordzeit<br />

(Doku: redbull.com/ice2ice) und leitet<br />

Workouts in Wien und auf Instagram.<br />

Michael<br />

Strasser<br />

DJ und Produzent, 45, AUT<br />

Auch der Electroswing-Pionier eroberte<br />

2018 Amerika: Sein Song „<strong>The</strong> Sun“<br />

erklomm Platz 1 der US-Electronic-Charts.<br />

Parov<br />

Stelar<br />

Der inter-stelare<br />

Bike-Messenger<br />

Michael Strasser fuhr mit dem Rad 22.642 Kilometer<br />

von Alaska nach Patagonien – in 84 Tagen und 11 Stunden.<br />

Was ihn selbst bei 100-km/h-Böen in Peru durchhalten<br />

ließ? Ein Messenger-Buddy der besonderen Art.<br />

CAMERON BAIRD, JAN KOHLRUSCH, CRAIG KOLESKY, SAMUEL RENNER JEN SEE, CHRISTIAN EBERLE-ABASOLO<br />

Nach einer Snowboard-<br />

Verletzung brauchte David<br />

„GrandPOOBear“ Hunt<br />

eine Alternative für seinen<br />

Lieblingssport. Er kämpfte<br />

mit den langen Stunden,<br />

die er während der Reha<br />

daheim verbringen musste<br />

– bis ihn eines Tages ein<br />

Freund dazu einlud, ihm<br />

mittels Online-Stream<br />

beim Spielen des Ego-<br />

Shooters „Halo“ zuzusehen.<br />

Hunt war erst skeptisch,<br />

dann begeistert.<br />

Steh zu deinem Hobby<br />

„Online Freunde zu finden<br />

ist ganz einfach. Es spielt<br />

keine Rolle, ob du dich<br />

für Games interessierst,<br />

‚Harry Potter‘-Analysen<br />

oder für pornografische<br />

One-Direction-Fantasygeschichten.<br />

Irgendwo<br />

auf der Welt gibt es immer<br />

fünfzig Leutchen, die<br />

im Internet deine Leidenschaft<br />

teilen.“<br />

Finde Gleichgesinnte<br />

„Angenommen, du stehst<br />

auf ‚Fortnite‘. Jetzt musst<br />

du nur auf Twitch in diese<br />

Kategorie gehen und abchecken,<br />

wen du cool findest.<br />

Frag dich, mit wem<br />

du gern im echten Leben<br />

abhängen würdest. Finde<br />

heraus, mit wem er sich<br />

sonst austauscht. Ich habe<br />

selbst die meisten meiner<br />

Lieblings-Streamer über<br />

meine Freunde gefunden.“<br />

Starte deinen Stream<br />

„Es ist noch kein Meister<br />

vom Himmel gefallen. Am<br />

Anfang ist es echt schwierig,<br />

parallel ein Game zu<br />

spielen und mit 2000 Leuten<br />

zu kommunizieren.<br />

Vergiss nicht: Als Gamer<br />

musst du selbst Teil der<br />

Community sein. Tauch<br />

ein, hab Spaß. Und denk<br />

daran: Die ersten zehn<br />

Viewer zu bekommen ist<br />

am schwierigsten.“<br />

Bleib du selbst<br />

„Bilde dir ja nicht ein,<br />

dass du den Zuschauern<br />

etwas vorspielen musst.<br />

Es ist immer besser, seine<br />

eigene Nische zu finden –<br />

man kann es sowieso<br />

nicht jedem recht machen.<br />

Im Inter net geht es nicht<br />

besonders nett und ra tional<br />

zu. Darum mach einfach<br />

dein ganz persönliches<br />

Ding. Die Chance<br />

steht gut, dass andere<br />

Spaß daran haben, wenn<br />

du Spaß hast.“<br />

Lieber Michael, hier spricht der Marcus. Du<br />

kennst mich wahrscheinlich besser als Parov<br />

Stelar. Wie ich höre, liegen wirklich spannende<br />

und aufregende Zeiten vor dir. Und zuerst einmal<br />

mein tiefster Respekt. Ich finde es großartig,<br />

dass es immer wieder Menschen gibt, die<br />

anderen Menschen zeigen, was alles möglich ist.<br />

Es erinnert mich sehr an meine Anfänge in der<br />

Musik. Da haben mir eigentlich alle Leute immer<br />

erzählt, was alles nicht geht im Musik-Business.<br />

Aber ich denke, du bist genauso ein Kämpfer.<br />

Und das, was man wirklich will, das kann man<br />

erreichen. In diesem Sinne wünsche ich dir<br />

für dein Vorhaben, für dein Abenteuer alles Gute!<br />

Und wenn dich meine Musik noch den einen oder<br />

anderen Kilometer tragen kann, freue ich mich<br />

natürlich umso mehr. Toi, toi, toi!<br />

Danke, Marcus! Diese Worte geben mir nun<br />

schon seit elf Ländern Kraft. Grüße aus Peru!<br />

Und ja, allein „Mambo Rap“ in Dauerschleife<br />

hat mich 2000 Kilometer getragen.<br />

THE RED BULLETIN 77


75 – 85<br />

RB Leipzig<br />

Fußball-Mannschaft, GER<br />

Wie schaffen die Leipziger Aufholjagden? Sie<br />

ziehen Energie aus Emotionen – wie diese Elf<br />

im Auswärtsspiel gegen Borussia Dortmund.<br />

78 THE RED BULLETIN


75<br />

Péter<br />

Gulácsi<br />

30, HUN, Torwart<br />

76<br />

Marcel<br />

Halstenberg<br />

28, GER, Verteidiger<br />

77<br />

Nordi<br />

Mukiele<br />

22, FRA, Verteidiger<br />

78<br />

Lukas<br />

Klostermann<br />

23, GER, Verteidiger<br />

79<br />

Dayot<br />

Upamecano<br />

21, FRA, Verteidiger<br />

80<br />

Marcel<br />

Sabitzer<br />

26, AUT, Mittelfeld<br />

81<br />

Diego<br />

Demme<br />

28, GER, Mittelfeld<br />

82<br />

Konrad<br />

Laimer<br />

22, AUT, Mittelfeld<br />

83<br />

Timo<br />

Werner<br />

24, GER, Stürmer<br />

84<br />

Yussuf<br />

Poulsen<br />

25, DEN, Stürmer<br />

85<br />

Emil<br />

Forsberg<br />

28, SWE, Stürmer<br />

Entscheidende Zweikämpfe:<br />

RB-Stürmer<br />

Yussuf Poulsen springt<br />

höher als Dortmunds<br />

Dan-Axel Zagadou.<br />

„Hier geht<br />

noch was!”<br />

Mit hängenden Köpfen in die Kabine,<br />

mit neuen Emotionen wieder raus.<br />

Torwart Péter Gulácsi, 30, erklärt,<br />

wie sein Team Aufholjagden startet.<br />

IMAGO IMAGES, RB LEIPZIG (11) JOHANNES MITTERER<br />

„Wir lagen in Dortmund 0:2 und 1:3 zurück, in<br />

Mönchengladbach 0:2, doch diese Saison haben<br />

wir uns einige Male aus ziemlich aussichtsloser Lage<br />

befreit. Klar ist man niedergeschlagen, wenn man<br />

nach schlechter erster Hälfte zurückliegt. Dann<br />

kommt es darauf an, über Emotionen Energie aufzuladen.<br />

Auch über die Emotionen einer etwas lautstärkeren<br />

Ansprache unseres Trainers (siehe Seite<br />

30). Wir tragen die neue Energie auf den Platz. Dann<br />

sind besonders Führungsspieler wie Marcel Sabitzer<br />

oder Konrad Laimer gefragt. Oft sind sie es, die mit<br />

kleinen Aktionen, einer Geste, einem Zweikampf,<br />

Zeichen setzen, die allen signalisieren: Hier geht<br />

noch was. Wenn dann das erste Tor fällt, sind wir<br />

kaum aufzuhalten. So haben wir gegen beide Teams<br />

noch den Ausgleich geschafft.“<br />

THE RED BULLETIN 79


86<br />

Rallye-Dakar-Sieger 2018, 33, AUT<br />

Der Ausnahme-Biker achtet auf<br />

unscheinbare Details. Denn die<br />

entscheiden über Sieg und Niederlage.<br />

Matthias<br />

Walkner<br />

Das Zen der<br />

kleinen Dinge<br />

„Vollgas über Dünen springen?<br />

Sieht gefährlich aus, aber das<br />

trainieren wir. Viel riskanter ist,<br />

im Kopf schlampig zu werden,<br />

zum Beispiel die Hände nicht zu<br />

waschen, Streckenanweisungen<br />

im Roadbook zu übersehen und<br />

sich zu verfahren, im Biwak mit<br />

offenem Mund zu duschen und<br />

kontaminiertes Wasser zu schlucken.<br />

Das wirft dich und deinen<br />

Körper aus der Bahn. Es sind die<br />

kleinen, unscheinbaren Dinge, die<br />

das große Ganze scheitern lassen<br />

– oder dir beim Gelingen helfen.“<br />

87<br />

Kletterin, 34, AUT<br />

Die erste Frau, die Schwierigkeitsgrad 9b<br />

meisterte. Davor schloss sie die vermutlich<br />

wichtigste Freundschaft ihres Lebens.<br />

Angy<br />

Eiter<br />

„Wenn mein Körper anruft,<br />

dann heb ich ab!“<br />

Angy 2015 in Griechenland: Diese Route taufte sie<br />

„Gloom of Triumph“, Schwermut des Triumphs.<br />

„Am Anfang meiner Laufbahn<br />

war die Ernährungswissenschaft<br />

noch nicht wirklich Teil<br />

des Trainings. Es hieß, dass<br />

man umso besser klettert, je<br />

leichter man ist. Und ich wollte<br />

unbedingt erfolgreich sein.<br />

Also aß ich immer weniger:<br />

zuerst die Hälfte, dann fast<br />

gar nichts mehr. Ich war in die<br />

Magersucht gerutscht. Als<br />

mein Trainer das mitbekam,<br />

schimpfte er und verbot mir<br />

sogar das Klettern, bis ich<br />

wieder normal esse. Diese Reaktion<br />

war unverständlich für<br />

mich: Da hatte man mir immer<br />

schlanke Vorbilder vor Augen<br />

gehalten, und jetzt sollte ich<br />

futtern. Der Punkt, an dem<br />

sich dieser Knoten für mich<br />

gelöst hat, war die Erkenntnis,<br />

dass ich durch Hungern nicht<br />

besser beim Klettern wurde:<br />

Ich baute nicht die nötige<br />

Muskelmasse auf, um schwere<br />

Kletterzüge bewältigen zu<br />

können. Ich war psychisch<br />

nicht mehr belastbar und<br />

konnte mich nicht so gut<br />

konzentrieren. Als ich dann<br />

wieder ein bisschen zunahm<br />

und merkte, dass ich stärker<br />

wurde, wuchs auch mein<br />

Selbstwertgefühl. Zum Glück<br />

hatte mein Umfeld so früh<br />

auf mein Abnehmen reagiert.<br />

Meine Botschaft ist: Pass<br />

auf! Hör auf die Signale deines<br />

Körpers! Das ist wie ein Telefonanruf<br />

von deinem Körper.<br />

Wenn es läutet, heb ab!“<br />

PHILIPP CARL RIEDL/RED BULL CONTENT POOL, KFOTO-KOCO MONCADA/KTM,<br />

BERNHARD HÖRTNAGL/ASP/RED BULL CONTENT POOL, LUKA FONDA/RED BULL CONTENT POOL<br />

WERNER JESSNER, SIMON SCHREYER<br />

80 THE RED BULLETIN


88<br />

Mike<br />

McCastle<br />

Ausdauersportler und Navy-SEALs-Trainer, 32, USA<br />

Weltrekordhalter für Klimmzüge an einem Tag (es waren<br />

5804), absolviert mit einem 15-Kilo-Rucksack. Für uns<br />

kreierte er ein Workout mit emotionalem Mehrwert.<br />

Stark? Bin ich am<br />

besten für andere :)<br />

Auch der Strongman trainiert daheim. Sein<br />

Trick für die Extraportion Power: Er absolviert<br />

jede Übung für einen bestimmten Menschen.<br />

CAMERON BAIRD, GETTY PREMIUM WERNER JESSNER<br />

„WENN ES HART<br />

WIRD, DENKE ICH<br />

AN JEMANDEN,<br />

FÜR DEN ICH<br />

DIE STRAPAZEN<br />

AUF MICH NEHME.“<br />

Triceps<br />

Extension<br />

Was du brauchst:<br />

Leintuch, Türrahmen<br />

Wie es geht:<br />

Einen Knoten ans Ende<br />

des Leintuchs machen,<br />

in der Tür einklemmen.<br />

Leintuch über Kopf<br />

greifen. Auf die Zehenspitzen<br />

gehen, die Fersen<br />

berühren das Türblatt.<br />

Nun beide Arme hinter<br />

dem Kopf abwinkeln<br />

und wieder strecken.<br />

Wichtig: Der Rücken<br />

bleibt gerade.<br />

Was es bringt:<br />

trainiert Trizeps,<br />

Schultergürtel und<br />

Körperspannung<br />

Wiederholungen:<br />

15 bis 20, mehrere Sets<br />

An wen ich dabei<br />

denke:<br />

An Freiwillige, die LKWs<br />

mit Hilfsgütern entladen<br />

Suitcase<br />

Hammer Curls<br />

Was du brauchst:<br />

Handtuch, Koffer mit Gewicht<br />

(ca. 15 bis 25 Kilo)<br />

Wie es geht:<br />

Handtuch durch den<br />

Koffergriff fädeln, die<br />

Tuchenden von unten<br />

fassen. Mit geradem<br />

Rücken beide Arme bis<br />

auf Brusthöhe anheben<br />

und wieder vollständig<br />

absenken.<br />

Was es bringt:<br />

kräftigt Schultergürtel<br />

und Arme, formt den<br />

Bizeps<br />

Wiederholungen:<br />

15 bis 20, mehrere Sets.<br />

Wer will, steigert das<br />

Gewicht von Set zu Set.<br />

An wen ich dabei<br />

denke:<br />

An Helfer, die rausmüssen,<br />

während wir<br />

das Privileg haben,<br />

drinnen fitter zu werden<br />

Back<br />

Extension<br />

Was du brauchst:<br />

Lehnstuhl, Kissen<br />

Wie es geht:<br />

Das Kissen auf die Lehne<br />

des Stuhls legen. Hüfte<br />

auf die Kante, Füße an<br />

der Wand abstützen.<br />

Arme vor der Brust verschränken.<br />

Langsam<br />

nach vor beugen, bis der<br />

Oberkörper um 45 Grad<br />

geneigt ist, wieder aufrichten,<br />

dabei Gesäß anspannen.<br />

Dabei immer<br />

ruhig weiteratmen!<br />

Was es bringt:<br />

stärkt den unteren<br />

Rücken<br />

Wiederholungen:<br />

mindestens 15,<br />

2 bis 3 Sets<br />

An wen ich dabei<br />

denke:<br />

An meine Mutter, die<br />

bis zum Umfallen im<br />

Krankenhaus arbeitet<br />

THE RED BULLETIN 81


89 90<br />

Taucher und Surfer, 21, FRA<br />

Der Französisch-Polynesier repariert<br />

Korallenriffe und versprüht Zuversicht,<br />

die Tausende inspiriert.<br />

Titouan<br />

Bernicot<br />

Unterwasserpionier: Titouan Bernicot pflegt Korallen.<br />

Klar schaffen wir das<br />

„Es ist einfach“, sagt Titouan Bernicot, „wenn wir nichts<br />

tun, wird nichts passieren. Und dann werden die Riffe<br />

sterben.“ Obwohl er erst 21 Jahre alt ist, weiß kaum<br />

jemand besser als er, was so ein Verlust für die Welt<br />

bedeuten würde. Als Südsee-Franzose von der Insel<br />

Mo’orea ist Bernicot nämlich mit ihnen aufgewachsen.<br />

Er weiß, dass Korallen ein Viertel aller Meeresbewohner<br />

beheimaten, dass sie die Küsten vor zu hohen Wellen<br />

schützen und dass sie die Lungen der Ozeane sind: Wie<br />

Bäume wandeln sie Kohlendioxid in Sauerstoff um.<br />

Doch die Riffe haben Stress: Infolge der Erderwärmung<br />

er höhte Wassertemperaturen, Luftverschmutzung und<br />

Überfischung setzen ihnen derart zu, dass wir in den<br />

letzten 40 Jahren fast die Hälfte von ihnen verloren<br />

haben. Und die Korallenbleiche nimmt in letzter Zeit<br />

derart sprunghaft zu, dass Forscher warnen: Wenn das<br />

so weitergeht, sind die Korallen riffe bis zum Jahr 2050<br />

tot. Bernicot will das nicht zulassen: Der begeisterte<br />

Taucher und Surfer hat 2016 das Projekt „Coral Gardeners“<br />

ins Leben gerufen. Er sammelt dafür Geld (für<br />

25 Euro kann man eine Koralle „adoptieren“) und<br />

versucht, Korallen riffe durch Gärtnern unter Wasser<br />

zu reparieren. „Ich bin zuversichtlich“, sagt er, „dass<br />

wir es schaffen können. Wenn die Welt von morgen<br />

ihren ökologischen Fußabdruck drastisch verkleinert,<br />

bleibt noch Hoffnung für die Riffe.“<br />

coralgardeners.org<br />

Game-Entwickler, 55, JPN<br />

Weil er von seinen Kids getrennt war,<br />

erfand er ein Nintendo-Game – und<br />

landete einen Welt-Bestseller.<br />

Katsuya<br />

Eguchi<br />

Auf meiner Familien-Insel<br />

scheint die Sonne<br />

Die Nachricht schockte am<br />

27. März die Gaming-Welt: Die<br />

Nintendo Switch (eine Hybrid-<br />

Konsole, die „handheld“ oder<br />

mit externem Bildschirm gespielt<br />

wird) ist ausverkauft.<br />

Eine Woche zuvor hatte Nintendo<br />

den neuen Teil seines<br />

Echtzeit-Simulationsspiels<br />

„Animal Crossing: New Horizons“<br />

veröffentlicht, gemeinsam<br />

mit einer limitierten Sonderauflage<br />

der Switch. Diese<br />

war bald nur mehr auf eBay erhältlich<br />

– zum doppelten Preis.<br />

Schuld am weltweiten Konsolen-Engpass<br />

war also auch<br />

das neue Game. In „Animal<br />

Crossing: New Horizons“<br />

schlüpft der Spieler in einen<br />

Avatar, der auf einer kunterbunten<br />

Insel mit sprechenden<br />

Tieren zusammenlebt. Er<br />

pflückt Früchte, angelt, dekoriert<br />

sein Haus und kann –<br />

das ist der springende Punkt –<br />

die Inseln anderer Spieler<br />

be suchen, die ebenfalls virtuell<br />

an ihrer Traumwelt basteln.<br />

„Animal Crossing“ entwickelte<br />

sich im Frühjahr zum Hit für<br />

jene, die Familie und Freunde<br />

in der richtigen Welt nicht besuchen<br />

konnten. Statt allein zu<br />

Hause verbrachten Spieler ihre<br />

Zeit gemeinsam in der virtuellen<br />

Inselwelt. Schon der erste<br />

„Animal Crossing“-Teil entstand<br />

2001 als Reaktion auf soziale<br />

Distanz, als Spieleentwickler<br />

Katsuya Eguchi wegen seines<br />

Jobs von Tokio ins 500 Kilometer<br />

entfernte Kyoto ziehen<br />

musste. „Meine Kinder spielten<br />

nach der Schule. Ich spielte<br />

spätabends weiter. Wir erlebten<br />

gemeinsam virtuelle Abenteuer,<br />

obwohl wir im echten Leben<br />

getrennt waren.“ Eguchis Game<br />

ist heute ein Weltbestseller –<br />

gegen das Alleinsein.<br />

animal-crossing.com<br />

Screenshots aus „Animal Crossing: New Horizons“: Es geht<br />

um „Familie und Freundschaft“, sagt Entwickler Eguchi.<br />

NINTENDO, BEN ONO TOM GUISE, PATRICIA OUDIT<br />

82 THE RED BULLETIN


91<br />

Breakdancer, 39, FRA / COD (Dem. Rep. Kongo)<br />

<strong>Juni</strong>or Bosila Banya konnte als Kind kaum laufen.<br />

Heute zählt er zu den besten B-Boys der Welt.<br />

BBoy<br />

<strong>Juni</strong>or<br />

TYRONE BRADLEY/RED BULL CONTENT POOL, LITTLE SHAO/RED BULL CONTENT POOL FLORIAN OBKIRCHER<br />

Wie ein B-Boy seine<br />

Superkraft entdeckte<br />

Breakdancer BBoy <strong>Juni</strong>or litt an den<br />

Folgen einer Kinderlähmung. Und erfand<br />

einen Tanzstil, der seine Stärken fördert.<br />

„Als ich drei Jahre alt war, infizierte ich mich<br />

mit Polio. Mit sieben merkte ich, dass ich nicht<br />

so schnell laufen konnte wie andere Kinder,<br />

weil ich humpelte. Da wurde mir bewusst, dass<br />

ich anders war als sie. Trotzdem gab ich nicht<br />

auf. Ich lernte Sportarten wie Tischtennis und<br />

Boxen, bei denen ich mich auf engem Raum<br />

bewegen konnte. Spielten wir Fußball, stand<br />

ich im Tor. Immer, wenn mir Leute das Gefühl<br />

gaben, dass ich etwas nicht konnte, arbeitete<br />

ich extrahart, um ihnen das Gegenteil zu beweisen.<br />

Tanzen, so stellte sich heraus, war dafür<br />

das beste Beispiel. Ich liebte Michael Jackson<br />

und studierte wie besessen seine Videos.<br />

Konnte ich eine seiner Bewegungen nicht nachmachen,<br />

ersetzte ich sie durch meine eigenen,<br />

die ich mir aus Kampfkunst- und Turn-Elementen<br />

zusammenbastelte. Oft balancierte ich<br />

dafür auf meinen Händen. Mit zwölf sah ich<br />

zum ersten Mal Street Dancer im Fernsehen.<br />

Verblüfft stellte ich fest, dass ihre Bewegungen<br />

wie meine aussahen: Ich hatte Breakdance<br />

trainiert, bevor ich überhaupt wusste, dass<br />

Breakdance existiert. Mir war sofort klar: Das<br />

ist mein Ding! Bald war ich nicht mehr der<br />

Junge mit Behinderung. Ich war der Junge mit<br />

den verrückten Moves. Was mir in schwierigen<br />

Zeiten immer geholfen hat: Ich versuche, daran<br />

zu denken, was ich habe und was ich will,<br />

statt daran, was ich nicht habe und vermisse.“<br />

Instagram: @bboyjuniorofficiel<br />

THE RED BULLETIN 83


92<br />

Marcel<br />

Hirscher<br />

Ski-Legende, 31, AUT<br />

Trat 2019 nach acht Weltcup-Gesamtsiegen,<br />

zweimal Olympia-Gold und sieben WM-Titeln zurück.<br />

bei mir aktuell darum geht, dass es<br />

weniger wird statt mehr.<br />

Und funktioniert das?<br />

Anfangs war es ein Horror – enorm<br />

schwierig, weil man als Profisportler<br />

glaubt, man muss das Maximum<br />

aus jedem einzelnen Tag herausholen.<br />

Im Alltag von heute hat diese<br />

Herangehensweise keine Daseinsberechtigung<br />

mehr. Denn sie wird<br />

auf Dauer ziemlich anstrengend.<br />

Anstrengend für wen?<br />

Vor allem für Menschen, mit denen<br />

ich im Alltag zu tun habe. Dienstleister,<br />

Handwerker, Arbeiter, Leute,<br />

die einfach ihren Job machen. Im<br />

Umgang mit ihnen habe ich sehr<br />

bald bemerkt, eigentlich sind nicht<br />

die komisch, sondern ich bin schräg<br />

drauf. Die haben ein Arbeitstempo<br />

gefunden, das sie ein Leben lang<br />

durchhalten müssen, ich musste<br />

mein Tempo als Spitzensportler nur<br />

zehn Jahre lang halten. Ein gesamtes<br />

Arbeitsleben im Laufschritt ist nicht<br />

gesund, das hält niemand aus. Das<br />

war für mich ein Lernprozess, zu<br />

sehen, dass es nicht zielführend ist,<br />

Leistungssport eins zu eins auf den<br />

Alltag umzulegen. Außer, man will<br />

alles zerreißen und irgendwo der<br />

oder die Beste werden.<br />

„Nicht die sind komisch,<br />

ich bin schräg drauf“<br />

Jahr eins nach einer atemlosen Erfolgs karriere:<br />

eine innere Vollbremsung. Marcel Hirscher über<br />

To-do-Listen und Geduld als Lebensaufgabe.<br />

Interview DANIEL WINKLER<br />

Foto FELIX KRÜGER<br />

the red bulletin: Es war die<br />

Nr.-1-Frage an dich als Sportler<br />

und wenig beliebt bei dir, in Zeiten<br />

wie diesen scheint sie aber angebrachter<br />

denn je: Wie geht es dir?<br />

marcel hirscher: Gut. Alle gesund.<br />

Also sehr gut.<br />

Dieser Tage sind Struktur, Pläne<br />

und To-do-Listen sehr angesagt.<br />

Bei dir auch?<br />

Nicht mehr so. Als Profisportler war<br />

ich die menschgewordene To-do-<br />

Liste. Es war notwendig, systematisch<br />

Punkt für Punkt vorzugehen,<br />

um schlussendlich zum gewünschten<br />

Resultat zu kommen. Heute bin<br />

ich megafroh, dass es genau um<br />

diese Sachen nicht mehr geht. Es<br />

hat zehn Jahre lang genauso funktioniert<br />

– das ist gar keine Frage –,<br />

aber ich muss nicht mehr, weil es<br />

Du willst also das System Hirscher<br />

alltagstauglich machen?<br />

Da bin ich mittendrin in diesem<br />

Prozess. Vielleicht sogar erst am<br />

Anfang. Was ich ein Leben lang eintrainiert<br />

habe, wird wohl noch eine<br />

Zeitlang brauchen, bis es umgestellt<br />

ist. Das ist auch eine Form von<br />

Training, nur gebe ich mir diesmal<br />

etwas mehr Zeit dafür. Es ist Mittag,<br />

ich habe seit halb acht Uhr in der<br />

Früh im Garten gearbeitet, und ich<br />

bemerke, es ist ein wunderbarer Tag.<br />

Dann denke ich mir, es muss nicht<br />

heute alles fertig werden. Früher<br />

galt immer das Motto „Lieber heute<br />

als morgen“: Wir machen noch zwei<br />

Fahrten, weil wer weiß, was morgen<br />

ist. Den Schuh probieren wir noch<br />

heute, weil wer weiß, was morgen<br />

ist. Das war richtig im Sport, ist<br />

aber kaum alltagstauglich. Das<br />

muss ich noch lernen.<br />

Muss man denn die Kerze wirklich<br />

an beiden Enden anzünden,<br />

um erfolgreich zu sein?<br />

Das war zumindest mein Zugang.<br />

Lieber zwei, drei Jahre noch ganz<br />

84 THE RED BULLETIN


GETTY IMAGES<br />

„Als Profi sportler<br />

war ich die<br />

mensch gewordene<br />

To-do-Liste.“<br />

2018 in Pyeongchang konnte Hirscher<br />

Olympia-Gold erfolgreich abhaken.<br />

vorne dabei sein als jahrelang<br />

irgendwo bequem im Mittelfeld. Es<br />

war wohl mein dritter oder vierter<br />

Weltcup-Gesamtsieg, da sind wir<br />

vor dem Saisonfinale von 21 Tagen<br />

18 Tage lang im Rennmodus auf<br />

der Piste gewesen. Die drei freien<br />

Tage dazwischen waren Reisetage.<br />

Ob ich nach dem Weltcup-Finale<br />

umge fallen bin, war eigentlich<br />

wurscht.<br />

Also hast du nach deinem Rücktritt<br />

2019 eine Art innere Vollbremsung<br />

hingelegt? War das ein<br />

Schock?<br />

(Lacht.) Ich kann jeden Rentner<br />

verstehen, dem viel fehlt, vor allem<br />

Struktur und Inhalt. Wenn man<br />

diese wieder aufgebaut und für<br />

sich gefunden hat, dann ist es ein<br />

Genuss. Ich war sehr froh, dass<br />

ich im vergangenen Winter das<br />

Skitourengehen für mich entdeckt<br />

habe. Abends packe ich schon alles<br />

zusammen für den nächsten Tag,<br />

dann wache ich in der Früh nervös<br />

auf und freue mich, weil ich weiß,<br />

heute geht’s rauf in die Berge. Das<br />

Schönste am Skitourengehen ist,<br />

dass du deine Spur im Aufstieg und<br />

in der Abfahrt noch individueller<br />

gestalten kannst als im Sommer.<br />

Das war ein Turnaround: Ich habe<br />

gemerkt, das mache ich mit Leidenschaft,<br />

Faszination, Begeisterung.<br />

Zurück zu den Wurzeln, zu dem<br />

Buben, der auf einer Hütte auf<br />

1500 Meter Höhe aufwuchs?<br />

Das ist die Ruhe meiner Kindheit,<br />

die Stille, an die ich mich dann<br />

gerne zurückerinnere. Die Natur<br />

genießen zu dürfen ist ein Privileg.<br />

Zu meiner stressigsten Zeit habe<br />

ich einmal über hundert Telefonate<br />

an einem Tag geführt. Ich habe da<br />

irgendwie zufällig nachgezählt und<br />

bin erschrocken. Es waren keine<br />

langen Gespräche, es ging um Dinge,<br />

die mich während einer Skisaison<br />

beschäftigt haben. Logistik, wer<br />

holt das, wer bringt jenes. Plötzlich<br />

gibt es nun Tage in meinem Leben,<br />

wo mich niemand anruft. So cool<br />

und praktisch ein Handy ist, heute<br />

weiß ich, was für ein Geschenk es<br />

ist, wenn es einmal zwei Tage lang<br />

nicht klingelt. Am Anfang geht dir<br />

vielleicht was ab, aber eigentlich<br />

fehlt gar nix. Das war für mich im<br />

ersten Jahr nach dem Leistungssport<br />

der signifikante Unterschied.<br />

Seit Oktober 2018 bist du Vater.<br />

Was lernt Marcel Hirscher von<br />

seinem Sohn?<br />

Geduld ist sicherlich eine Lebensaufgabe,<br />

wenn man Kinder hat.<br />

Ich habe schon nach seiner Geburt<br />

gesagt, dass das wahre Abenteuer<br />

jetzt erst beginnt, und genauso ist es<br />

für mich. Bis hierher war alles nett,<br />

aber jetzt ist es richtig spannend<br />

für mich. Jetzt zählt es!<br />

Was zählt?<br />

Die Erkenntnis, dass jeder Tag Entwicklung<br />

bedeutet. Gleich bleiben<br />

ist langweilig.<br />

Was würdest du aus der heutigen<br />

Sicht dem Marcel von damals<br />

sagen, diesem getriebenen Racer?<br />

(Denkt lange nach.) Will man gleich<br />

erfolgreich sein, oder darf man ein<br />

paar Weltcup-Gesamtsiege weniger<br />

haben? Ich habe schon oft gespürt,<br />

jetzt wäre es gut, eine Pause einzulegen,<br />

runterzugehen vom Gas.<br />

Aber hätte ich dann acht Mal den<br />

Gesamtweltcup gewonnen?<br />

Explore the world<br />

Thule Tepui Explorer-Serie<br />

Perfekt für jedes Abenteuer, zu jeder<br />

Jahreszeit, bei jedem Wetter.


93<br />

Trial-Bike-Profi, 36, AT<br />

Der Fahrstil des mehrfachen Weltmeisters<br />

hat so manches Bike in die Knie<br />

gezwungen – doch nie für lange Zeit.<br />

Tom<br />

Öhler<br />

Die Küche ist meine<br />

Fahrrad-Werkstatt<br />

Die Kette ist rostig, die Räder eiern,<br />

die Reifen verlieren Luft? So machst du<br />

dein Bike in der Küche fit – mit Dingen,<br />

die dort ohnehin vorrätig sind.<br />

1<br />

SCHLAUCH<br />

Löffel zum Reifenwechseln<br />

Um den Schlauch zu tauschen, muss der<br />

störrische Reifen runter. So gelingt das ganz einfach.<br />

Rad hinlegen und den Reifen in die<br />

Mitte drücken. Zwei Löffelenden mit<br />

einer Handbreit Abstand zwischen<br />

Felge und Gummi stecken.<br />

2<br />

Beide Löffel gleichzeitig nach unten<br />

drücken. In der Regel springt da<br />

der Reifen schon von der Felge.<br />

Wenn nicht: Abstand vergrößern.<br />

KETTE<br />

Kerzen gegen Rost<br />

Paraffin hilft gegen eine quietschende Kette und<br />

sorgt für flutschende Gänge.<br />

3<br />

Das Rad hochkant stellen und den<br />

Reifen ringsum nach unten drücken.<br />

Jetzt kann der defekte Schlauch raus.<br />

2<br />

Das Hinterrad muss raus. Dazu<br />

Bike auf den Kopf stellen und<br />

Schnellspanner öffnen, indem<br />

er nach hinten geklappt wird.<br />

3<br />

Mit einem Lappen die<br />

Kette schrubben, um<br />

Dreck und Öl zu lösen.<br />

Kerzen enthalten Paraffin, das ein Bestandteil vieler Schmiermittel<br />

ist. Die lose im Rahmen hängende Kette mehrmals durch einen Topf<br />

mit zuvor am Herd geschmolzenem Wachs ziehen.<br />

4<br />

Nach dem Einsetzen<br />

des Hinterrads überflüssiges<br />

Wachs gründlich<br />

mit einem Lappen<br />

abwischen. Fertig!<br />

1<br />

SPEICHEN<br />

Buttermesser gegen Eiern<br />

Ein verbogenes Laufrad zu zentrieren ist<br />

weniger aufwendig, als man meint.<br />

2<br />

Stift so an den Rahmen kleben,<br />

dass er die Felge knapp berührt.<br />

Durch Drehen sieht man, wo die<br />

Felge näher zum Stift muss.<br />

Reifen und das darunterliegende<br />

Felgenband<br />

demontieren<br />

(funktioniert meist<br />

mit bloßen Fingern).<br />

Spannung der Speichen an<br />

unmarkierten Stellen erhöhen:<br />

dazu die Schrauben mit einem<br />

Buttermesser anziehen.<br />

„WENN ES SEIN MUSS, FINDEST<br />

DU IN DER KÜCHE ALLES,<br />

UM WIEDER MOBIL ZU WERDEN.“<br />

3<br />

1<br />

ARMIN WALCHER/RED BULL CONTENT POOL WERNER JESSNER SASCHA BIERL<br />

86 THE RED BULLETIN


94<br />

Rapperin und Songschreiberin, 27, USA<br />

Die als Brittany Dickinson in Newark,<br />

New Jersey, geborene Künstlerin ist<br />

für ihre positiven Lyrics berühmt.<br />

pineappleCITI<br />

Mein Plan-B-Triumph<br />

„Vor vier Jahren gab ich<br />

meinen Job als Lehrerin<br />

auf, um mich der Musik zu<br />

widmen. Ich brachte mein<br />

erstes Album heraus, meine<br />

Single ,Rose Colored‘ ging<br />

viral, mein Leben spielte<br />

verrückt. Dann krachte ich<br />

mit dem Auto gegen einen<br />

Baum. Als ich im Krankenhaus<br />

erwachte, wusste ich<br />

sofort, dass sich mein Alltag<br />

komplett ändern würde.<br />

Ich konnte nicht mehr<br />

gehen (zwei Jahre lang;<br />

Anm.), also auch nicht mehr<br />

wie früher auftreten. Ich<br />

war völlig am Boden. Als<br />

mir mein Label vorschlug,<br />

Songs für andere Künstler<br />

zu schreiben, fühlte sich<br />

das wie ein Rückschritt an.<br />

Aber bald erkannte ich<br />

da rin die Chance, mein<br />

Talent zu schärfen, während<br />

meine eigene Karriere auf<br />

Eis lag. Eine meiner ersten<br />

,Kundinnen‘ war R ’n’ B-Star<br />

Kelly Rowland. Ich sang<br />

ihr neues Lied, als sie ins<br />

Studio kam. Sie meinte:<br />

,Klingt toll. Du solltest öfter<br />

singen.‘ Dass jemand wie<br />

Kelly das sagte, veränderte<br />

meine Perspektive. Auf<br />

meiner neuen Single ,Recognize‘<br />

hört man das Selbstvertrauen,<br />

das sie mir<br />

schenkte. In den meisten<br />

Tragödien schlummert die<br />

Chance auf einen Triumph.<br />

Was als Plan B startete,<br />

half meiner Karriere.“<br />

redbullrecords.com<br />

THOMAS FALCONE/RED BULL RECORDS FLORIAN OBKIRCHER<br />

THE RED BULLETIN 87


95<br />

Skateboarder, 31, GER<br />

Der Bielefelder ist für spektakuläre Videos<br />

bekannt. Bevor er durchstartete, musste er<br />

die Folgen einer Fehldiagnose besiegen.<br />

Vladik<br />

Scholz<br />

Schön abgehoben: Als Street Skater hat sich Vladik Scholz mit seinem eleganten Style einen Namen gemacht.<br />

„Ich beschloss, im<br />

Kleinen das Positive<br />

zu sehen. Plötzlich<br />

ging alles wieder los.“<br />

Leben am Existenzminimum statt<br />

Kickflips. Hier erzählt Vladik Scholz<br />

von seinem größten Stunt.<br />

„Mit 23 riss ich mir im linken Fußgelenk ein Band, was<br />

normal problemlos heilt. Doch der Arzt hatte einen<br />

Knorpelschaden übersehen, das Gelenk entzündete<br />

sich, und ich war auf unbestimmte Zeit verletzt. Mein<br />

damaliger Sponsor sprang ab, ich lebte von 300 Euro<br />

im Monat. Aber wenn du am Boden bist, aktiviert der<br />

Körper manchmal die größten Antriebskräfte. Nach<br />

Wochen merkte ich, wie sich etwas in mir gegen den<br />

Frust regte. Ich beschloss, im Kleinen das Positive zu<br />

sehen. Treppenlaufen mit Krücken? Gutes Training!<br />

Ich schrieb mich an der Uni ein, las Bücher. Ein Jahr<br />

und drei Operationen später startete ich neu. Mit dem<br />

letzten Videomaterial, das ich noch hatte, konnte ich<br />

<strong>Red</strong> Bull als Partner gewinnen. Plötzlich ging ich<br />

auf Reisen, drehte Videos. Alles ging wieder los.“<br />

LORENZ HOLDER/RED BULL CONTENT POOL, JONATHAN MEHRING/RED BULL CONTENT POOL MARC DECKERT<br />

88 THE RED BULLETIN


SHAMIL TANNA, SOME WONDERFUL OLD THINGS/ALAMY, WARNER MUSIC FLORIAN OBKIRCHER<br />

96 97<br />

Musikgenie, 71, GBR<br />

Roxy-Music-Mitgründer, David Bowies<br />

Muse, Coldplay- und U2-Produzent: wie<br />

Eintönigkeit unsere Kreativität beflügelt.<br />

Brian<br />

Eno<br />

„Was ich von Fröschen<br />

gelernt habe“<br />

1975 veröffentlichte Musik-Visionär Brian Eno gemeinsam<br />

mit dem Künstler Peter Schmidt „Oblique Strategies“:<br />

eine Box mit 113 Karten, die helfen sollte, krea tive<br />

Blockaden zu überwinden. Keine Geringeren als David<br />

Bowie, R.E.M. und Coldplay haben sich dieser Methode<br />

bedient, um ihr kreatives Potenzial auszuschöpfen.<br />

Auf einer der Karten steht etwa: „Wiederholung ist<br />

eine Form der Veränderung.“ „Wiederholungen machen<br />

dein Gehirn erfinderisch“, sagt Brian Eno. „1959<br />

ver öffentlichte der Kybernetiker Warren McCulloch<br />

gemeinsam mit anderen Wissenschaftlern den Aufsatz<br />

‚Was das Froschauge dem Froschgehirn erzählt‘. Ihre<br />

Erkenntnis: Das Froschauge bewegt sich nicht, es steht<br />

absolut still. Der Frosch sitzt da und schaut ins Nichts,<br />

aber sobald eine Fliege in sein Blickfeld kommt, ist sie<br />

das Einzige, was er sieht. Genau das ist das Prinzip<br />

der veränderten Wahrnehmung in der Wiederholung.<br />

Der Fokus richtet sich auf Details, die man sonst nicht<br />

bemerkt hätte. Wenn sich das Leben also wie eine<br />

ständige Wiederholung anfühlt, ist das kein Grund<br />

zu verzweifeln. Wiederholung ist nützlich. Menschen,<br />

die meditieren und Mantras vortragen, haben das<br />

bereits tausende Jahre vor mir entdeckt.“<br />

David Bowie bediente<br />

sich in den Siebzigern<br />

der „Oblique Strategies“-<br />

Karten, um seinen<br />

Hit „Heroes“ zu schreiben.<br />

Sängerin, 29, USA<br />

Mit 13 hatte sie ihren ersten Nummer-1-Hit.<br />

Nach einem Streit mit der Plattenfirma<br />

durfte sie zehn Jahre nichts veröffentlichen.<br />

JoJo<br />

JoJo, mit vollem Namen Joanna<br />

Noëlle Levesque: „Wichtig ist,<br />

immer nur nach vorn zu schauen.“<br />

„Ich konzentriere mich<br />

ganz auf die Dinge, die<br />

ich kontrollieren kann“<br />

„Zehn Jahre lang gehörte mir meine<br />

eigene Stimme nicht. Wie übersteht<br />

man so was? Na ja, einfach ist das<br />

nicht. Du bemerkst, wie sehr du Menschen<br />

um dich brauchst, die an dich<br />

glauben – gerade dann, wenn du nicht<br />

mehr weiterweißt. Ich konzentrierte<br />

mich auf die Dinge, die ich kontrollieren<br />

konnte, und machte einen Schritt nach<br />

dem anderen im Bewusstsein, dass das<br />

Leben ein langer Lauf ist. Es ist wie auf<br />

dem Laufband: zwei Minuten Vollgas,<br />

dann zwei Minuten langsamer, da<br />

kannst du dich erholen und sammelst<br />

Kraft für den nächsten Sprint.“<br />

Das neue Album von JoJo heißt „Good to Know“ und erscheint jetzt<br />

auf ihrem eigenen Label Clover Music; iamjojoofficial.com<br />

THE RED BULLETIN 89


Schriftsteller, 70, AUT<br />

98 99<br />

Der Österreicher ist seit Jahrzehnten<br />

ein Fixstern am Literaturhimmel. Gerühmt<br />

wird er vor allem für seine Erzählkunst.<br />

Michael<br />

Köhlmeier<br />

Chirurg und Geburtshelfer, †, AUT/HUN<br />

Geboren 1818 im heutigen Budapest,<br />

studierte und arbeitete er später in Wien,<br />

wo er neue Hygienevorschriften einführte.<br />

Ignaz<br />

Semmelweis<br />

Ignaz Semmelweis –<br />

der Retter der Mütter<br />

Eine Geschichte, basierend auf wahren Begebenheiten,<br />

über einen Arzt, der mehr Mut bewies als der Rest der Welt.<br />

Text MICHAEL KÖHLMEIER<br />

Illustration BENE ROHLMANN<br />

In Bismarck, der Hauptstadt des US-Bundesstaates<br />

North Dakota, fand ich eine Apotheke,<br />

sie war untergebracht in einem unscheinbaren<br />

Plattenbau mit aufgeklebten Klinkern, angebaut<br />

an einen Supermarkt, nicht weit von der Corpus<br />

Christi Catholic Church. Über dem Eingang stand in<br />

roten Großbuchstaben: SEMMELWEIS PHARMACY.<br />

Ich wollte mich für meine Reise mit Aspirin und Kohletabletten<br />

versorgen, öffnete die Tür – und meinte,<br />

mit dem Übertreten der Schwelle die Welt gewechselt<br />

zu haben. Als wäre ich in Wien gelandet oder in einer<br />

verschlafenen deutschen Kleinstadt. So würde ein<br />

Regisseur eine Apotheke ausstatten für einen Film,<br />

der um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert<br />

spielte. Der Boden war mit Fliesen in Schachbrettform<br />

belegt, der Tür gegenüber zog sich eine breite<br />

<strong>The</strong>ke aus Kirschholz über die Länge des Raumes,<br />

ihre Ecken markierten geschnitzte Äskulapköpfe. Die<br />

Tischplatte war aus trüb geschliffenem Glas. In die<br />

Wände an drei Seiten des Raumes waren bis in eine<br />

Höhe von vier Metern schmale Regale eingelassen,<br />

ebenfalls aus rötlichem Kirschholz, an jedem ein zierliches<br />

Schildchen. Zwei Leitern hingen in Schienen.<br />

Überall standen Töpfe aus dunkelbraunem Glas, sorgsam<br />

mit weißen Lettern beschriftet, steinerne Mörser,<br />

alle möglichen Tiegel in verschiedenen Größen,<br />

Apothekerwaagen und anderes Gerät aus Messing.<br />

Besonders aber fiel mir das steinerne Becken auf,<br />

das rechts neben dem Eingang stand und aus dessen<br />

Mitte eine Wasserfontäne einen halben Meter in die<br />

Höhe hüpfte. Ich war so überrascht von dem, was ich<br />

sah, dass ich „Du meine Güte, das gibt’s doch nicht!“<br />

ausrief. Woraufhin der Herr hinter der <strong>The</strong>ke ebenfalls<br />

ausrief: „Sie sprechen ja Deutsch!“<br />

So lernte ich das Ehepaar Jeff und Rita Conner<br />

kennen, zwei Pharmazeuten und die freundlichsten<br />

Menschen, die ich auf meiner Amerikareise getroffen<br />

habe. Das war im Jahr 1996 gewesen, Jeff war schon<br />

an die siebzig Jahre alt, Rita knapp jünger. Beide<br />

sprachen nur wenige Worte Deutsch, die hatten sie<br />

sich, wie sie sagten, „aufbewahrt in Erinnerung an<br />

unsere Vorfahren“, die um die Jahr hundertwende<br />

aus Deutschland nach North Dakota ausgewandert<br />

waren. Aus Coburg in Franken waren diese ausgewandert,<br />

und da hatten wir auch schon etwas<br />

Gemeinsames, denn aus Coburg stammte auch<br />

meine Mutter. Das genügte: Jeff und Rita luden<br />

mich zum Abendessen ein. Ihre Wohnung lag über<br />

der Apotheke. Später kam ihr Sohn dazu, ebenfalls<br />

Pharmazeut, und gemeinsam erzählten sie mir die<br />

Geschichte ihrer Familie.<br />

Und diese Geschichte, als wäre er der Gründer<br />

derselben, hatte mit Ignaz Semmelweis zu tun, dem<br />

zu Ehren sie ihre Apotheke benannt hatten.<br />

Vor nicht ganz hundertfünfzig Jahren nämlich<br />

hatte Dr. Semmelweis einer gewissen Charlotte<br />

Könner das Leben gerettet. Charlotte Könner<br />

war die Ururgroßmutter von Jeff Conner gewesen.<br />

Sie hatte in Wien gelebt, war damals eine Frau<br />

von dreißig Jahren, ein Dienstmädchen bei reichen<br />

Leuten, unverheiratet, und dann war sie schwanger<br />

ge worden. Ledige Schwangere waren nicht anders<br />

als heute keine Seltenheit, in den feineren Kreisen<br />

sprach man nicht darüber, bei einem Dienst mädchen<br />

kümmerte sich keiner darum. Im Fall der Charlotte<br />

kam pikanterweise dazu, dass sie von ihrem Cousin<br />

schwanger war, der im gleichen Haus als Gärtner<br />

arbeitete und oben unter dem Dach sein Zimmer<br />

hatte, gleich neben ihrem. Die Herrschaften wollten<br />

Charlotte, als es so weit war, in die Gebärklinik von<br />

Professor Klein bringen, einem Freund des Haus-<br />

HEIKE BOGENBERGER, PICTUREDESK.COM<br />

90 THE RED BULLETIN


„Im Spital von<br />

Professor Klein,<br />

so hieß es, wüte<br />

seit neuestem<br />

ein Teufel.“<br />

herrn. Dieses Spital war in Wien berüchtigt, auch<br />

ein unbedarftes Dienstmädchen, das kaum lesen und<br />

schreiben konnte, hatte davon schon erfahren.<br />

Dort, so hieß es, wüte seit neuestem ein Teufel,<br />

fünfzehn von hundert Wöchnerinnen nehme er mit<br />

und ihre Kinder dazu, das sei sein Pfand. Charlotte<br />

flehte den Hausherrn an, er solle doch erlauben, dass<br />

sie oben in ihrem Dachzimmer entbinden dürfe, in<br />

der Not allein, wenn nicht erlaubt werde, dass eine<br />

Hebamme das Haus betrete. Charlotte habe sich vor<br />

ihre Dienstherrin auf den Boden geworfen, habe geweint<br />

und gebeichtet, dass sie verbotenerweise einen<br />

Liebhaber zu sich gelassen habe und dass sie als Strafe<br />

jede Woche einen Tag unbezahlt arbeiten wolle.<br />

„Schicken Sie mich nicht zu dem Teufel!“, weinte sie.<br />

Und auch Hermann, ihr Cousin, flehte, er kniete<br />

sich vor seinen Herrn nieder, bat, er möge seine<br />

Cousine verschonen. Nur er und Charlotte, jammerte<br />

er, seien aus ihrer Familie noch übrig, er habe seiner<br />

Tante an ihrem Totenbett versprochen, er werde auf<br />

sie aufpassen. Wie auch Charlotte verschwieg er, dass<br />

er jener Liebhaber war. Er fürchtete, dann werde sich<br />

der Herr auf gar keinen Fall umstimmen lassen. Es<br />

nützte nichts. Dienstherr und Hausherrin blieben<br />

konsequent. Es müsse neben allem anderen auch ein<br />

Exempel gegen den Aberglauben statuiert werden.<br />

So wurde Charlotte Könner in die berüchtigte<br />

Gebärklinik gebracht. Und dort lernte sie den jungen<br />

Dr. Semmelweis kennen, und er rettete ihr Leben.<br />

Ignaz Semmelweis war erst Anfang dreißig.<br />

Im Unterschied zu seinen Kollegen, die es für nicht<br />

allzu aufregend hielten, dass in Professor Kleins Klinik<br />

fünfzehn Prozent der Frauen am Kindbett fieber starben,<br />

bewegte ihn das Schicksal dieser Frauen sehr.<br />

Die meisten kamen aus der Unterschicht, waren hilflos<br />

und eingeschüchtert, keine empörte sich, niemand<br />

stand ihnen bei. Es war eine düstere Zeit. Die Freiheiten,<br />

die von den 1848er-Revolutionären verkündet<br />

worden waren, hatte das Metternich’sche System<br />

hinweggefegt. Die Gesellschaft begegnete allem Neuen<br />

– und zwar auf allen Gebieten – mit Skepsis und<br />

drastischer Ablehnung. Dr. Semmelweis interessierte<br />

sich nicht für Politik, aber er wollte und konnte nicht<br />

hinnehmen, dass Mütter starben, ohne dass sich auch<br />

nur einer der Ärzte fragte, warum das in solcher Auffälligkeit<br />

in diesem Spital geschah.<br />

In diesem Krankenhaus wurden junge Ärzte seit<br />

einiger Zeit in Anatomie ausgebildet, und zwar<br />

nicht an Puppen aus Leder oder an aus Wachs nachgebauten<br />

Körpern wie an den Universitäten, sondern<br />

an Leichen. Professor Klein brüstete sich damit, dass<br />

THE RED BULLETIN 91


ei ihm die Wissenschaft der Anatomie in einer Weise<br />

betrieben werde wie sonst nirgendwo in der Monarchie.<br />

Dr. Semmelweis sah sich die Statistiken an<br />

und stellte fest, dass die Sterblichkeit der Wöchnerinnen<br />

in der Zeit vor der neuen anatomischen Ausbildung<br />

wesentlich geringer gewesen war. Die Existenz<br />

von Bakterien und Viren war noch nicht bekannt.<br />

Dr. Semmelweis stellte also keine theoretischen Überlegungen<br />

an, er wollte lediglich empirisch untersuchen,<br />

ob ein Zusammenhang zwischen der Arbeit<br />

an Leichen und der Sterblichkeit der Wöchnerinnen<br />

bestehe. Er schlug vor, dass sich die Ärzte, wenn sie<br />

aus der Pathologie kamen, die Hände waschen, bevor<br />

sie den Frauen bei der Entbindung halfen. Er wurde<br />

ausgelacht. Und angefeindet. Die Herren Ärzte wollten<br />

sich nicht vom Jüngsten aus ihrem Kreis etwas<br />

vorschreiben lassen. Aber er gab nicht auf. Im Gegenteil.<br />

Er forderte nun sogar, dass die Hände nicht einfach<br />

mit Seife gewaschen, sondern mit Chlorkalk desinfiziert<br />

werden sollten. Schließlich willigte Professor<br />

Klein ein und erlaubte das Experiment. Begrenzt<br />

auf einen Monat. Dann würden sich die Flausen<br />

des jungen Kollegen erledigt haben. Der Erfolg war<br />

sensationell. Die Todeszahlen in der Gebärklinik<br />

sanken umgehend gegen null.<br />

Voll Stolz erzählten mir Jeff Conner und seine<br />

Frau Rita, dass dieser Erfolg auch und nicht nur<br />

zu einem kleinen Teil der Ururgroßmutter zu<br />

verdanken sei. In den Tagen, als Charlotte in die<br />

Klinik gebracht wurde, sei Dr. Semmelweis nämlich<br />

im Begriff gewesen, seinen Kampf gegen die Ignoranz<br />

seiner Kollegen aufzugeben. Er habe Charlotte später<br />

erzählt, gerade an dem Tag, als sie ihm vorgestellt<br />

worden sei, habe er sich entschlossen, die Klinik<br />

zu verlassen und nach Ungarn, woher er stammte,<br />

zurückzukehren. Er sei durch den Saal gegangen, in<br />

dem die Frauen lagen, ein letztes Mal, wie er dachte,<br />

da habe sie, Charlotte, ihn am Kittel festgehalten<br />

und nicht losgelassen.<br />

„Bitte, lieber Herr Doktor“, hatte sie gefleht,<br />

„bitte, helfen Sie mir gegen den Teufel! Ich habe große<br />

Sünde auf mich geladen, und ich will nicht sterben,<br />

bevor ich gebüßt habe, und büßen kann ich doch nur,<br />

indem ich aus meinem Kind einen guten Menschen<br />

mache.“<br />

Dr. Semmelweis setzte sich an ihr Bett, und sie<br />

beichtete ihm, dass sie Blutschande mit ihrem Cousin<br />

„Semmelweis schlug vor,<br />

dass sich die Ärzte, wenn<br />

sie aus der Pathologie<br />

kamen, die Hände waschen.<br />

Er wurde ausgelacht.“<br />

getrieben habe, aber dass sie und Hermann heiraten<br />

wollten, dass sie ihn so sehr liebe und er sie auch<br />

und dass Hermann bereits den Pfarrer gebeten habe,<br />

ein Wort für sie beide einzulegen, dass sie heiraten<br />

dürfen, beim Adel sei das ja auch möglich. So innig<br />

habe sie den Arzt gebeten, ihr zu helfen, er sei ihr<br />

Engel, habe sie gesagt, immer und immer, dass bald<br />

auch Dr. Semmelweis die Tränen aus den Augen gesprungen<br />

seien. Und da habe er sich aufgerafft und<br />

alle Kraft und Autorität zusammen genommen, diese<br />

eine Frau wenigstens sollte ge rettet werden, und<br />

habe seinen Chef, nein, nicht gebeten, sondern befohlen<br />

habe er ihm, zu tun, was getan werden müsse,<br />

nämlich: Hände waschen!<br />

Charlotte Könner habe überlebt und einen Sohn<br />

zur Welt gebracht, und sie habe Dr. Semmelweis versprochen,<br />

sie werde ihren Sohn Ignaz nennen, nach<br />

seinem Retter, und sie werde arbeiten und sparen<br />

und auch Hermann, der Vater, werde arbeiten und<br />

sparen, damit Ignaz studieren könne und Arzt werde.<br />

„Zum Arzt hat es dann doch nicht gereicht“, sagte<br />

Jeff und lachte, „aber Apotheker ist er ge worden,<br />

der Ignaz. Und was ist ein Apotheker anderes als<br />

ein kleiner Arzt.“<br />

Ignaz Könner studierte in Wien Pharmazie, er<br />

heiratete, seine Frau brachte vier Kinder zur Welt.<br />

Der älteste Sohn, Ignaz wie sein Vater, wurde wie<br />

dieser Pharmazeut, zog nach Coburg in Franken und<br />

eröffnete dort eine Apotheke. Dessen Ältester wiederum,<br />

auch er ein Ignaz, wanderte am Ende des Jahrhunderts<br />

nach Amerika aus. Der Staat North Dakota<br />

warb um deutsche Einwanderer; um sie anzulocken,<br />

war die Hauptstadt Edwinton in Bismarck umbenannt<br />

worden. In der neuen Heimat änderte Ignaz III. seinen<br />

Familienname von Könner in Conner.<br />

„Das ist unsere Geschichte“, sagte Jeff. „Ich bin<br />

zwar kein Ignaz, aber ein Apotheker. Vor ein paar<br />

Jahren haben wir unsere Apotheke umbauen lassen.“<br />

„Was sehr viel Geld gekostet hat“, ergänzte Rita.<br />

„Wir haben“, sagte Jeff, „unseren Laden exakt nach<br />

alten Fotos der Coburger Apotheke umbauen lassen,<br />

und so sind wir heute – ähnlich wie die Benediktinerabtei<br />

in Richardson – eine Sehens würdigkeit in ganz<br />

North Dakota.“<br />

Und Rita sagte: „Genauso wie in der Coburger<br />

Apotheke steht neben dem Eingang der Semmelweis-<br />

Brunnen. Zu Ehren des Dr. Semmelweis, der das<br />

Leben der Charlotte Könner gerettet hat.“<br />

„Und das Leben so vieler anderer Mütter“,<br />

sagte Jeff.<br />

Und dann stellten mir die beiden ihren Sohn vor,<br />

der mit seiner Familie in der Nachbarschaft wohnte:<br />

„Ignaz Conner.“<br />

„Der ist wieder ein Ignaz“, sagte Jeff.<br />

Als die Corona-Pandemie ausbrach, mailte ich<br />

nach Bismarck, North Dakota: „Lieber Ignaz<br />

Conner, erinnern Sie sich noch an mich?“<br />

Und bekam Antwort: „Ja, ich erinnere mich, ich<br />

erinnere mich gut. Meine Eltern sind schon vor über<br />

zehn Jahren gestorben. Sie haben oft von Ihrem Besuch<br />

erzählt. Ich wünsche mir, dass wir in dieser Zeit<br />

alle fest aneinander denken.“<br />

Ich schrieb zurück: „Das wünsche ich mir auch.“<br />

92 THE RED BULLETIN


<strong>2020</strong><br />

Bereit für die<br />

volle Ladung?<br />

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DIE ASTON MARTIN RED BULL RACING<br />

OFFICIAL TEAMLINE <strong>2020</strong> IST DA.<br />

AB SOFORT ERHäLTLICH AUF<br />

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UND IN DEN RED BULL WORLD STORES IN<br />

SALZBURG UND GRAZ.


100<br />

Andreas<br />

Breitfeld<br />

Biohacker, 46, GER<br />

Breitfeld weiß, wie man seinen Organismus hackt, um<br />

Gesundheit, Fitness und Performance zu verbessern.<br />

Stress?<br />

Hack ich weg!<br />

Rot sieht Mann: Biohacker<br />

Breitfeld, infrarot bestrahlt<br />

Ausnahmesituationen machen uns 500 Millionen<br />

Jahre jünger, sagt Deutschlands bedeutendster<br />

Biohacker, und 500 Millionen Jahre fremdgesteuerter.<br />

Das muss aber nicht sein.<br />

„Stress dreht den entwicklungsgeschichtlich<br />

ältesten Teil unseres Gehirns in den roten Bereich:<br />

das 500 Millionen Jahre alte Reptiliengehirn. Das<br />

heißt nicht umsonst so, denn im Reptiliengehirn<br />

sind wir nicht klug oder kreativ. Dort geht es nur<br />

ums nackte Überleben, um Atmung, Herzschlag,<br />

Verdauung, Hunger, Reproduktion – und Angst.<br />

Das Reptiliengehirn ist nicht sehr smart, aber<br />

in Ausnahmesituationen spielt es sich da oben als<br />

Boss auf. Das ist ja grundsätzlich auch gar nicht<br />

verkehrt. Heutzutage ist es aber wichtig, dass<br />

wir das kleine Krokodil im Kopf auch wirksam<br />

ruhigstellen können. Und dadurch besser denken,<br />

tiefer schlafen, uns schneller regenerieren und<br />

Krankheitserreger jeder Art zackiger in den Griff<br />

kriegen. Wenn man ein paar Hacks befolgt, ist<br />

das nicht mal Hexenwerk.“<br />

Abends Tagebuch schreiben<br />

Ein irre mächtiges Tool, es wirkt wie ein Vorverdauen<br />

der Erfahrungen und Emotionen des<br />

Tages. Hilft deinem Gehirn, Tiefschlaf- und<br />

REM-Phasen besser zur Regeneration zu nützen.<br />

Nachts WLAN abdrehen<br />

Schlaf verbessert unser Immunsystem, macht<br />

uns widerstandsfähiger gegen Stress, repariert<br />

Zellen, heilt Wunden und verarbeitet das, was<br />

wir tagsüber gelernt haben, zu Wissen. Mir ist<br />

mein Schlaf heilig. Basics, um deinen Schlaf zu<br />

ver bessern: ein stockdunkles, kühles Schlafzimmer.<br />

Und dreht verdammt noch mal nachts das<br />

WLAN ab! Elektrosmog ist ein echter Stressor.<br />

Morgens kein Handy<br />

Die ersten dreißig Minuten meines Tages bleiben<br />

analog. Kein Handy, kein Computer, keine<br />

Nachrichten. Nur Licht und Luft und Kälte des<br />

Morgens, ein großes Glas gefiltertes Wasser,<br />

in den Himmel schauen, die Elemente spüren.<br />

Lass dein Kopfkrokodil morgens länger schlafen,<br />

und es wird den ganzen Tag entspannter sein.<br />

Kuscheln<br />

Noch eine Möglichkeit, morgens Stress abzubauen:<br />

ein Oxytocinbad nehmen. Oxytocin ist<br />

das sogenannte Kuschelhormon, ein Gegenspieler<br />

zu den Stresshormonen. Wohnst du mit deiner<br />

Familie zusammen, beginn den Tag mit Streicheleinheiten<br />

(das geht auch mit deiner Katze).<br />

Weder Familie noch Haustier greifbar? Besorg<br />

dir eine Echobell. Das Ding wirkt wirklich.<br />

Meditation & Rotlicht<br />

Nichts bringt mehr Struktur in meine Gedanken<br />

als tägliche Meditation. Die Zeit während der<br />

Meditation nütze ich, um mich mit Rotlicht zu<br />

bestrahlen. Ich verwende professionelle Geräte<br />

(derzeit von theflexbeam.com), aber schon eine<br />

simple Infrarotlampe aktiviert deine Zellen und<br />

boostet dein Energielevel.<br />

Wasser: gefiltert & angereichert<br />

Wasser trinken – natürlich gefiltert – ist Pflicht,<br />

0,3 Liter pro 10 Kilo Körpergewicht. Ich trinke<br />

zudem vormittags mit molekularem Wasserstoff<br />

angereichertes Wasser. Hilft dem Körper, entzündliche<br />

Prozesse im Zaum zu halten. Aquacentrum<br />

in München ist ein kompetenter Hersteller.<br />

Raus ins Freie!<br />

Frische Luft ist immer besser als verbrauchte,<br />

natürliches Licht immer besser als künstliches.<br />

Atme mit der Nase<br />

Der Mund ist zum Sprechen, Essen und Küssen<br />

da – aber zum Atmen gibt es die Nase. Die<br />

Nasenatmung macht dein Leben besser, achte<br />

mal bewusst darauf!<br />

breitfeld-biohacking.com<br />

ANDREAS BREITFELD STEFAN WAGNER<br />

94 THE RED BULLETIN


JAHRESABO<br />

getredbulletin.com<br />

€ 25,90<br />

BEYOND THE ORDINARY<br />

Erhältlich am Kiosk, im Abo, als E-Paper, auf theredbulletin.com oder als Beilage in einer Teilauflage von:<br />

RICARDO NASCIMENTO / RED BULL CONTENT POOL


Impressum<br />

GLOBAL TEAM<br />

THE RED<br />

BULLETIN<br />

WELTWEIT<br />

Aktuell erscheint<br />

<strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

in sechs Ländern. Auf<br />

dem Cover unserer US-<br />

Ausgabe: ein Superheld<br />

mit wahren Big-Wave-<br />

Kräften, geschaffen vom<br />

kanadischen Illustrator<br />

Sébastien Thibault<br />

(siehe Seite 98 sowie auf<br />

den Seiten 40 bis 43).<br />

Mehr Storys abseits des<br />

Alltäglichen gibt’s auf:<br />

redbulletin.com<br />

Chefredakteur<br />

Alexander Macheck<br />

Stv. Chefredakteur<br />

Andreas Rottenschlager<br />

Creative Director<br />

Erik Turek<br />

Art Directors<br />

Kasimir Reimann (stv. CD),<br />

Miles English, Tara Thompson<br />

Head of Photography<br />

Eva Kerschbaum<br />

Deputy Head of Photography<br />

Marion Batty<br />

Photo Director<br />

Rudi Übelhör<br />

Textchefs<br />

Jakob Hübner, Andreas Wollinger<br />

Chefin vom Dienst<br />

Marion Lukas-Wildmann<br />

Managing Editor<br />

Ulrich Corazza<br />

Grafik Marion Bernert-Thomann, Martina<br />

de Carvalho-Hutter, Kevin Goll, Carita Najewitz<br />

Fotoredaktion<br />

Susie Forman, Ellen Haas, Tahira Mirza<br />

Herausgeber & Geschäftsführer<br />

Andreas Kornhofer<br />

Managing Director<br />

Stefan Ebner<br />

Head of Media Sales & Partnerships<br />

Lukas Scharmbacher<br />

Publishing Management<br />

Sara Varming (Ltg.), Ivona Glibusic,<br />

Bernhard Schmied, Melissa Stutz<br />

B2B-Marketing & -Kommunikation<br />

Katrin Sigl (Ltg.), Agnes Hager, Alexandra Ita,<br />

Teresa Kronreif, Stefan Portenkirchner<br />

Executive Creative Director Markus Kietreiber<br />

Co-Publishing Susanne Degn-Pfleger (Ltg.),<br />

Elisabeth Staber (Ltg.), Mathias Blaha,<br />

Raffael Fritz, Thomas Hammerschmied,<br />

Marlene Hinterleitner, Valentina Pierer,<br />

Mariella Reithoffer, Verena Schörkhuber,<br />

Sara Wonka, <strong>Juli</strong>a Bianca Zmek,<br />

Edith Zöchling-Marchart<br />

Commercial Design<br />

Peter Knehtl (Ltg.), Sasha Bunch, Simone Fischer,<br />

Martina Maier, <strong>Juli</strong>a Schinzel, Florian Solly<br />

Anzeigenservice<br />

Manuela Brandstätter, Monika Spitaler<br />

Herstellung Veronika Felder<br />

Produktion Friedrich Indich, Walter O. Sádaba,<br />

Sabine Wessig<br />

Lithografie Clemens Ragotzky (Ltg.),<br />

Claudia Heis, Sandra Maiko Krutz,<br />

Nenad Isailović, Josef Mühlbacher<br />

MIT Christoph Kocsisek, Michael Thaler<br />

Operations Alexander Peham, Yvonne Tremmel<br />

Assistant to General Management<br />

Patricia Höreth<br />

Abo & Vertrieb Peter Schiffer (Ltg.),<br />

Nicole Glaser (Vertrieb), Victoria Schwärzler,<br />

Yoldaş Yarar (Abo)<br />

Verlagsanschrift<br />

Heinrich-Collin-Straße 1, A-1140 Wien<br />

Telefon +43 1 90221-0<br />

Fax +43 1 90221-28809<br />

Web redbulletin.com<br />

Medieninhaber, Verlag & Herausgeber<br />

<strong>Red</strong> Bull Media House GmbH,<br />

Oberst-Lepperdinger-Straße 11–15,<br />

A-5071 Wals bei Salzburg, FN 297115i,<br />

Landesgericht Salzburg, ATU63611700<br />

Geschäftsführer<br />

Dkfm. Dietrich Mateschitz,<br />

Dietmar Otti, Christopher Reindl<br />

THE RED BULLETIN<br />

Deutschland, ISSN 2079-4258<br />

Länderredaktion<br />

David Mayer<br />

Lektorat<br />

Hans Fleißner (Ltg.), Petra Hannert,<br />

Monika Hasleder, Billy Kirnbauer-<br />

Walek, Belinda Mautner, Klaus Peham,<br />

Vera Pink<br />

Country Project Management<br />

Natascha Djodat<br />

Media Sales<br />

Matej Anusic,<br />

matej.anusic@redbull.com<br />

Thomas Keihl,<br />

thomas.keihl@redbull.com<br />

Martin Riedel,<br />

martin.riedel@redbull.com<br />

Abo<br />

Abopreis: 21,90 EUR,<br />

10 Ausgaben/Jahr,<br />

getredbulletin.com,<br />

abo@de.redbulletin.com<br />

Druck<br />

Quad/Graphics Europe Sp. z o.o.,<br />

Pułtuska 120, 07-200 Wyszków,<br />

Polen<br />

THE RED BULLETIN<br />

Frankreich, ISSN 2225-4722<br />

Länderredaktion<br />

Pierre-Henri Camy<br />

Country Coordinator<br />

Christine Vitel<br />

Country Project Management<br />

Alessandra Ballabeni<br />

THE RED BULLETIN<br />

Großbritannien, ISSN 2308-5894<br />

Länderredaktion<br />

Ruth Morgan (Ltg.),<br />

Tom Guise, Florian Obkircher<br />

Lektorat<br />

Davydd Chong (Ltg.),<br />

Nick Mee<br />

Publishing Management<br />

Ollie Stretton<br />

Media Sales<br />

Mark Bishop,<br />

mark.bishop@redbull.com<br />

Fabienne Peters,<br />

fabienne.peters@redbull.com<br />

THE RED BULLETIN<br />

Österreich, ISSN 1995-8838<br />

Länderredaktion<br />

Christian Eberle-Abasolo<br />

Lektorat<br />

siehe entsprechenden Eintrag<br />

bei Deutschland<br />

Publishing Management<br />

Bernhard Schmied<br />

Sales Management <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong><br />

Alfred Vrej Minassian (Ltg.),<br />

Thomas Hutterer, Stefanie Krallinger<br />

Media Sales<br />

Franz Fellner, Christopher<br />

Miesbauer, Nicole Okasek-Lang,<br />

Britta Pucher, Jennifer Sabejew,<br />

Johannes Wahrmann-Schär,<br />

Ellen Wittmann-Sochor, Sabine Zölß;<br />

Kristina Krizmanic (Team Assistant)<br />

anzeigen@at.redbulletin.com<br />

Sales Operations & Development<br />

Anna Schönauer (Ltg.),<br />

David Mühlbacher<br />

THE RED BULLETIN<br />

Schweiz, ISSN 2308-5886<br />

Länderredaktion<br />

Wolfgang Wieser<br />

Lektorat<br />

siehe entsprechenden Eintrag<br />

bei Deutschland<br />

Country Project Management<br />

Meike Koch<br />

Media Sales<br />

Marcel Bannwart (D-CH),<br />

marcel.bannwart@redbull.com<br />

Christian Bürgi (W-CH),<br />

christian.buergi@redbull.com<br />

Goldbach Publishing<br />

Marco Nicoli,<br />

marco.nicoli@goldbach.com<br />

THE RED BULLETIN USA<br />

ISSN 2308-586X<br />

Länderredaktion<br />

Peter Flax (Ltg.),<br />

Nora O’Donnell<br />

Lektorat<br />

David Caplan<br />

Director of Publishing<br />

Cheryl Angelheart<br />

Country Project Management<br />

Laureen O’Brien<br />

Media Sales<br />

Todd Peters,<br />

todd.peters@redbull.com<br />

Dave Szych,<br />

dave.szych@redbull.com<br />

Tanya Foster,<br />

tanya.foster@redbull.com<br />

96 THE RED BULLETIN


A N Z E I G E<br />

must-haves<br />

1<br />

2<br />

3<br />

4<br />

1 PROFISOUND<br />

Zu Hause, bei der Arbeit oder auf Reisen – die neue<br />

Premium-Kopfhörer-Serie JBL CLUB bringt das pure<br />

Sound-Vergnügen. Das Spitzenmodell JBL CLUB One<br />

überzeugt mit modernster Audiotechnologie, edlem<br />

Design und einer Vielzahl an Funktionen. Die Graphen-<br />

Membranen und das adaptive Noise-Cancelling sorgen<br />

für begeisternde Klangqualität.<br />

jbl.com<br />

4 ALLROUND-TALENT<br />

Die neue AlpinerX Alive kombiniert Schweizer Uhrmacherkunst<br />

mit einem digitalen AMOLED-Touch-<br />

Display und Connected-Technologie. Sie verbindet<br />

alle wichtigen Funktionen im Bereich Sport und<br />

Gesundheit. Herzfrequenzmesser von Philips Technology,<br />

Hydrations- und GPS-Tracker machen die<br />

Uhr zum perfekten Partner im Alltag.<br />

alpinawatches.com<br />

5<br />

2 AFRO SPICES<br />

Pikant-würzig, feurig-scharf oder doch lieber fruchtig?<br />

Die neuen AFRO Spices bringen einen Hauch von<br />

Afrika in heimische Küchen. Die Auswahl zwölf erlesener<br />

Gewürzmischungen garantieren kulinarische<br />

Abwechslung und erfreuen die Geschmacksnerven<br />

auf besondere Art und Weise. Zu kaufen gibt es die<br />

Mischungen in einer 12er-Holzbox oder einzeln.<br />

afrospices.at<br />

5 ULTRARUNNING<br />

Der Jackal von La Sportiva ist ein Mountainrunning-<br />

Schuh für Off-road-Läufe auf ultralangen, aber auch<br />

mittleren Distanzen. Vor allem durch die optimale<br />

Dämpfung, die durch die frontale Einlage erhöht<br />

wird, überzeugt der Schuh. Die hintere Einlage trägt<br />

zur Stabilisierung bei, während die Infinitoo-Technologie<br />

eine maximale Energierückgabe ermöglicht.<br />

lasportiva.com<br />

6<br />

3 STAY CONNECTED<br />

Der flache Edelstahlchronograph EQB-1000XD von<br />

CASIO EDIFICE ist ein Multitalent. Die Connected-<br />

Uhr verfügt über einen Smartphone-Link, über den<br />

diverse Zeitzonen, ein Phone Finder und Features<br />

wie zum Beispiel Stoppuhr abgerufen werden können.<br />

Solarbetrieben punktet sie in Sachen Nachhaltigkeit<br />

und liegt zudem bequem am Handgelenk.<br />

edifice-watches.eu<br />

6 IM DOPPELPACK<br />

Den klangstarken BOOMSTER Go von Teufel gibt<br />

es ab sofort im Stereo-Set. Beide Boxen lassen sich<br />

ganz einfach koppeln. Die Bluetooth-Speaker sind<br />

in den fünf Farbvarianten Night Black, Sand White,<br />

Space Blue, Ivy Green und Coral <strong>Red</strong> erhältlich.<br />

Besonders praktisch: Die Boxen sind wasserdicht,<br />

und das gummierte Gehäuse schützt vor Stößen.<br />

teufel.de<br />

THE RED BULLETIN 97


M A K E S Y O U F L Y<br />

Wir sind Helden<br />

„Wenn das Leben dir Zitronen gibt, dann mach Limonade draus“, zitiert der Schöpfer dieser<br />

Zeichnung, der kanadische Cartoonist Sebastien Thibault, 39, einen alten Sinnspruch. „Also dachte ich:<br />

Wenn eine riesige Welle uns bedroht, dann machen wir einfach ein Superhelden-Cape daraus.“<br />

sebastienthibault.com<br />

Die nächste Ausgabe des RED BULLETIN erscheint am 14. <strong>Juli</strong> <strong>2020</strong>.<br />

ANDREAS WOLLINGER SÉBASTIEN THIBAULT<br />

98 THE RED BULLETIN


3 TIPPS<br />

VON JEDEM GAST<br />

FÜR DEINEN ALLTAG<br />

Pioniere unserer Zeit sprechen über<br />

die innovativen Rezepte hinter ihrem Erfolg.<br />

Jeden Montag – überall, wo es Podcasts gibt.<br />

Jetzt abonnieren und keine Session verpassen!<br />

Die Welt von INNOVATOR by <strong>The</strong> <strong>Red</strong> <strong>Bulletin</strong> täglich erleben:<br />

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redbulletininnovator.com


Photo: R. Schedl<br />

GETDUKED<br />

BEAST-MODUS AKTIVIERT<br />

<strong>2020</strong> KTM 1290 SUPER DUKE R<br />

Das NAKED-Regelwerk wurde neu geschrieben. Die neue<br />

KTM 1290 SUPER DUKE R ist jetzt schlanker, brutaler<br />

und furchteinflößender als jemals zuvor. Mit einem<br />

brandneuen Fahrwerk in Verbindung mit perfektioniertem<br />

Federungssetup, dem führenden 1301cm 3 LC8 V-Twin<br />

mit brutalem Vorwärtsschub, hemmungsloser Beschleunigung<br />

und einem fortschrittlichen Elektronikpaket ist das neue<br />

BEAST bereit es mit der Welt aufzunehmen.<br />

Please make no attempt to imitate the illustrated riding scenes, always wear protective clothing and observe the applicable provisions of the road traffic regulations!<br />

<strong>The</strong> illustrated vehicles may vary in selected details from the production models and some illustrations feature optional equipment available at additional cost.

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