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Green Tech Magazine Mai 2020 de

Es ist nicht alles selbstverständlich. Wie kaum ein anderer Satz trifft das auf die derzeitige Situation zu. Anzunehmen ist auch, dass Zukunftsthemen, die im Kampf gegen Corona in den Hintergrund getreten sind, wichtiger denn je sein werden. Eines der brennendsten Themen ist nach wie vor der Klimawandel. Welche Technologien stehen für den Kampf gegen die Erderwärmung zur Verfügung? Der Kohleausstieg, die effizientere Nutzung von Erneuerbaren und auch Wasserstoff gelten hier als Hoffnungsträger. Wir haben die aktuellen Forschungen und praktischen Umsetzungen zum „grünen Wasserstoff“, bei dem die Steiermark ganz vorne dabei ist, zusammengefasst. Die IFAT, die weltgrößte Messe für Umwelttechnik, ist heuer leider Coronabedingt abgesagt worden. Es wären dort Technologien präsentiert worden, die vor zwei Jahren noch eine Vision waren. Einen kleinen Ausblick auf diese Zukunft, die vielfach bereits Gegenwart ist, können Sie auf den Seiten 4 und 5 lesen. Nicht zuletzt lenken wir Ihren Blick auf einen unterschätzten Kontinent mit großen Möglichkeiten im Bereich Umwelttechnik. Die Rede ist von Afrika und wir berichten von den Eindrücken anlässlich einer Wirtschaftsreise nach Südafrika. In diesem Sinn: Bleiben Sie gesund!

Es ist nicht alles selbstverständlich. Wie kaum ein anderer Satz trifft das auf die derzeitige Situation zu. Anzunehmen ist auch, dass Zukunftsthemen, die im Kampf gegen Corona in den Hintergrund getreten sind, wichtiger denn je sein werden. Eines der brennendsten Themen ist nach wie vor der Klimawandel. Welche Technologien stehen für den Kampf gegen die Erderwärmung zur Verfügung?
Der Kohleausstieg, die effizientere Nutzung von Erneuerbaren und auch Wasserstoff gelten hier als Hoffnungsträger. Wir haben die aktuellen Forschungen und praktischen Umsetzungen zum „grünen Wasserstoff“, bei dem die Steiermark ganz vorne dabei ist, zusammengefasst.

Die IFAT, die weltgrößte Messe für Umwelttechnik, ist heuer leider Coronabedingt abgesagt worden. Es wären dort Technologien präsentiert worden, die vor zwei Jahren noch eine Vision waren. Einen kleinen Ausblick auf diese Zukunft, die vielfach bereits Gegenwart ist, können Sie auf den Seiten 4 und 5 lesen.

Nicht zuletzt lenken wir Ihren Blick auf einen unterschätzten Kontinent mit großen Möglichkeiten im Bereich Umwelttechnik. Die Rede ist von Afrika und wir berichten von den Eindrücken anlässlich einer Wirtschaftsreise nach Südafrika.

In diesem Sinn: Bleiben Sie gesund!

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GREEN TECH MAGAZINE | MAI 2020

Grüner Wasserstoff

Wie Wasserstoff die Schifffahrt revolutioniert

Kohleausstieg

Österreichs letztes Kraftwerk geschlossen

Coverfoto: istock

Green Healthtech

Grüne Lösungen gegen COVID-19


2 INHALT

LIEBE LESERINNEN

UND LESER!

03

Es ist nicht alles selbstverständlich.

Wie kaum ein anderer Satz trifft

das auf die derzeitige Situation

zu. Anzunehmen ist auch, dass

Zukunftsthemen, die im Kampf gegen

Corona in den Hintergrund getreten

sind, wichtiger denn je sein werden.

04

13

Eines der brennendsten Themen

ist nach wie vor der Klimawandel.

Welche Technologien stehen für den

Kampf gegen die Erderwärmung zur

Verfügung? Der Kohleausstieg, die

effizientere Nutzung von Erneuerbaren

und auch Wasserstoff gelten hier

als Hoffnungsträger. Wir haben

die aktuellen Forschungen und

praktischen Umsetzungen zum „grünen

Wasserstoff“, bei dem die Steiermark

ganz vorne dabei ist, zusammengefasst.

Die IFAT, die weltgrößte Messe für

Umwelttechnik, ist heuer leider Coronabedingt

abgesagt worden. Es wären dort

Technologien präsentiert worden, die

vor zwei Jahren noch eine Vision waren.

Einen kleinen Ausblick auf diese Zukunft,

die vielfach bereits Gegenwart ist,

können Sie auf den Seiten 4 und 5 lesen.

Nicht zuletzt lenken wir Ihren Blick

auf einen unterschätzten Kontinent

mit großen Möglichkeiten im

Bereich Umwelttechnik. Die Rede

ist von Afrika und wir berichten von

den Eindrücken anlässlich einer

Wirtschaftsreise nach Südafrika.

In diesem Sinn: Bleiben Sie gesund!

Ihr Bernhard Puttinger

und das Team des Green Tech Clusters

09

World News

Österreich sagt

„Tschüss“ zur Kohle

Seite 03

Digitale Abfallwirtschaft

Mit smarten Lösungen

zu neuen Wertstoffen

Seite 04

Fresh Green Tech

Green Tech meets

Healthtech

Seite 08

Grüner Wasserstoff

Steiermark als Hotspot

in Forschung & Anwendung

Seite 10

Partner: Österreichisches Umweltzeichen, eco label, PEFC, FSC

10

Aktuelle

Highlights

Green Lifestyle

Alternativen zu Toilettenpapier

& Mode aus Abfällen

Seite 13

Zukunftsmarkt Afrika

Investitionsmöglichkeiten

am „grünen“ Kontinent

Seite 14

Impressum: Medieninhaber und Herausgeber: Green Tech Cluster Styria GmbH, Waagner-Biro-Straße 100, 8020

Graz, Österreich, Tel.: +43 316 40 77 44-0, welcome@greentech.at, www.greentech.at. Inhalt und Projektleitung:

Andreas Pompenig, Bernhard Puttinger | Unterstützung: www.textbrand.at | Druck: Schmidbauer GmbH,

www.derschmidbauer.at

14

Fotocredits: VERBUND, Saubermacher, Ashkan Forouzani, istock, Jasmin Sessler, agriprotein


World News

Keine Kohle

Bereits ausgestiegen

Ausstieg bis 2030

Wird disukutiert

Kein Ausstiegsplan

Österreich hat Kohleausstieg vollzogen

Österreich ist als eines der ersten Länder der EU aus der Stromproduktion

mittels Kohle ausgestiegen. Das letzte verbliebene Kraftwerk

schließt im Frühjahr 2020 und beendet damit die Ära der Kohleverstromung

fünf Jahre früher als geplant. Auf dem Areal errichtet Österreichs

größter Stromversorger VERBUND, mit Unterstützung des Green Tech

Clusters, ein Innovationszentrum für erneuerbare Energien. EU-weit

ist der CO 2

-Ausstoß der Stromproduktion im vergangenen Jahr um

120 Millionen Tonnen CO 2

(12 %) gesunken – so stark wie noch nie seit

1990. Insbesondere der gestiegene CO 2

-Preis macht Stromgewinnung

aus Kohle weniger rentabel, dies spiegelt sich in einem Rückgang um

150 Terawattstunden (24 %) wider. www.verbund.at

Europas grüner Deal

Source: beyond-coal.eu

Die Europäische Kommission möchte die EU bis 2050 zum ersten

klimaneutralen Kontinent transformieren. Eine Initiative dafür ist der

europäische „Green Deal“, der Investitionen in grüne Technologien forciert.

Dabei ist insbesondere die Dekarbonisierung des Energiesystems

von entscheidender Bedeutung, da mehr als 75 % der Emissionen der

EU auf die Erzeugung und den Verbrauch von Energie entfallen. Daher

liegt ein Schwerpunkt auf der Entwicklung eines Energiesektors, der

sich weitgehend auf erneuerbare Energiequellen stützt. Neben dem

Investitionsplan wurden nun ein Vorschlag für eine Klimagesetzgebung

samt Klimapakt, die Anpassung der Industriestrategie sowie der

Aktionsplan Kreislaufwirtschaft erarbeitet. https://ec.europa.eu

Ambitioniert: Microsofts Klimainitiative

Fotocredit: beyond-coal.eu/edited Green Tech Cluster, Science in HD, Coolcaesar, Fabrizio Verrecchia

Microsoft hat sich ambitionierte Ziele in Sachen Klimaschutz gesetzt:

Bis zum Jahr 2030 soll mehr Kohlendioxid eingespart als produziert

werden. Bis zum Jahr 2050 sollen sogar alle Emissionen, die das

Unternehmen seit seiner Gründung im Jahr 1975 durch Stromverbrauch

verursacht hat, kompensiert werden. Möglich machen soll dies ein

umfassender Plan, der u. a. eine interne CO 2

-Abgabe vorsieht. Den

Abteilungen werden 15 Dollar pro Tonne berechnet, das Geld fließt

in die Klimaschutzbemühungen. Ein jährlicher Bericht soll die Transparenz

des Vorhabens gewährleisten. Hintergrund der Initiative sind

Studien, die Internetanwendungen einen höheren CO 2

-Ausstoß als

der gesamten globalen Luftfahrt bescheinigen. www.microsoft.de

Au revoir Verschwendung, bonjour Recycling

Frankreich hat ein neues „Gesetz gegen Verschwendung“ verabschiedet.

Um Papiermüll zu reduzieren, wird bis 2022 schrittweise

die Bonpflicht für Bagatellbeträge bis 30 Euro wegfallen. Das neue

Gesetz sieht noch weitere Maßnahmen vor: Ein neues Label zeigt an,

wie einfach Elektronikprodukte repariert werden können, da bisher

rund 60 % der defekten Elektrogeräte im Müll landen. Supermärkte

und Onlineplattformen dürfen ihre unverkauften Hygiene- und

Textilprodukte ab 2022 auch nicht mehr vernichten, sondern müssen

diese spenden oder im Fall von Textilien recyceln. Auch die Verwendung

von Einwegplastikverpackung wird sukzessive untersagt.

www.gouvernement.fr/en


4

In modernen Aufbereitungsanlagen kommunizieren die einzelnen Komponenten

untereinander und holen damit das meiste aus dem Abfall heraus.

Mit smarten Lösungen

zu neuen Wertstoffen

Dass Abfälle wertvolle Rohstoffe beinhalten, ist kein großes Geheimnis

mehr. Nun werden immer ausgefeiltere Technologien entwickelt, um noch

effizienter zu sortieren. Steirische Unternehmen sind hier ganz vorne dabei

und haben vielfach frühere Visionen zur Realität werden lassen.

Die Abfall- und Recylingwirtschaft ist ein

Bereich, wo schon längst mit Hochtechnologie

gearbeitet wird. In den Sortieranlagen

sorgen hochpräzise Optik- und Laser-

Mit Hilfe von Algorithmen werden die Wertstoffe im Abfall bereits im

Abfallsammelfahrzeug erfasst.

systeme in Verbindung mit ausgereiften

mechanischen Komponenten für eine

exakte Trennung. Die nächste Stufe ist die

Digitalisierung und der Einsatz von smarter

Technologie. Mittels intelligenter

Systemlösungen bekommt man

aus Abfall erstklassige Produkte,

sei es als Ausgangsmaterial für

hochwertige Produkte aus recyceltem

Material oder als ressourcenschonender

Brennstoff zur

Energiegewinnung. Firmen wie

die Lindner Recyclingtech setzen

auf intelligente Systemlösungen

wie diese. „Roboter-Sortierung,

Tracer-Detection oder eine

Online-Qualitätssicherung

sind die nächsten Schritte“, ist

Stefan Scheiflinger-Ehrenwerth von Lindner

überzeugt. Wesentlich sei die richtige Dosierung

der Anlage und das Zusammenspiel der

einzelnen Aggregate, die miteinander kommunizieren

und die Daten auf eine clevere

Art nutzen. Dadurch würde sich das meiste

aus dem Abfall holen lassen.

Algorithmen helfen beim Abfalltrennen

Grundsätzlich gilt in der Abfallwirtschaft,

dass die Abfälle bereits möglichst sortenrein

in die Sortieranlage kommen sollten. Falsche

Mülltrennung macht den Entsorgern und

Verwertern zu schaffen. Eine Lösung sind

sogenannte „smarte Mülltonnen“ und die

Analyse des Mülls mit direkter Rückmeldung

an die Konsumenten. Das ist der Ansatz des

Entsorgungsunternehmens Saubermacher:

Fotocredit: Lindner Recyclingtech, Saubermacher


GREEN TECH MAGAZINE 5

Komptech hat für den „Terminator“ ein neues Antriebskonzept entwickelt.

Auch ein neuer Hochleistungsshredder steht vor der Markteinführung.

Die Müllsammelstellen melden den Füllstand

für die einzelnen Tonnen, etwa für Glas oder

Altkleider an eine digitale Plattform, damit

die Abholung bei möglichst voller Tonne

geschieht. Auf dem Weg in die Presse im

Müllwagen werden Bildaufnahmen mit

Multispektral- und Infrarotkameras

gemacht.

Diese Daten werden wiederum

an die Plattform

gesendet, die auf selbstlernenden

Algorithmen

basiert. Die Plattform

wertet die Informationen

fortlaufend aus und lernt kontinuierlich, den

Inhalt der Tonne noch genauer einschätzen

zu können. Dadurch lässt sich neben dem

Müllaufkommen auch dessen Qualität für

jede einzelne Straße sowie jeden einzelnen

Haushalt genau definieren. Auf Wunsch können

die Menschen sogar ihren Müll analysieren

lassen und erhalten per App eine direkte

Rückmeldung. Damit können die Fehlwürfe

um bis zu 80 % reduziert werden.

„Unsere Plattform hilft Maschinenbauern,

ihre Lösungen innerhalb

kürzester Zeit zu entwickeln.“

Matthias Kerschhaggl

EVK

entwickelt. Das Ergebnis der Zusammenarbeit

heißt „SELMA“, ein flexibles System für

hohen Materialdurchsatz, um ausgewählte

Fraktionen in Bau- und Abbruchabfällen

genau zu sortieren. SELMA kombiniert die

Bildgebungsplattform EVK HELIOS mit

einer roboterbasierten

Sortierung und ist in der

Lage, viele heterogene

Materialien wie Papier,

Kartonage, Holz oder

sogar Glühbirnen genau

zu unterscheiden. „Anbieter

von Sortiersystemen

profitieren von uns, da wir nicht nur

bildgebende Sensortechnologie, sondern

auch Analysesoftware sowie anwendungsund

branchenrelevantes Know-how bieten“,

erklärt Matthias Kerschhaggl von EVK. „Die

EVK HELIOS-Plattform hilft beispielsweise

Maschinenbauern, ihre Lösungen innerhalb

kürzester Zeit zu entwickeln und ihnen so

einen zeitlichen Vorsprung auf dem Markt zu

verschaffen.“

Bereit für harte Einsätze

Komptech setzt sowohl auf digitale Lösungen,

um den Arbeitsalltag produktiver

zu gestalten, als auch auf „Hard Facts“.

Bestehende Geräte werden kontinuierlich

weiterentwickelt, etwa beim neuen Antriebskonzept

für den Terminator – und Neuheiten

wie der innovative Hochleistungszerkleinerer

verarbeitet unterschiedlichste Materialien wie

Haus- oder Gewerbemüll, Grünschnitt oder

Altholz. Die Trommelsiebmaschine Nemus

kommt wiederum mit den Anforderungen

in der Sand- und Kiesindustrie sowie beim

Baustoffrecycling bestens zurecht.

Intelligente Sensorik und Plattformen prägen

die Zukunft der Abfall- und Recyclingwirtschaft.

Die Unternehmen aus dem Green

Tech Valley sind mit umfassendem Knowhow

und branchenübergreifenden Lösungen

für diese dynamische Entwicklung bestens

gerüstet.

Fotocredits: Komptech, REDWAVE

Internationale Zusammenarbeit

Eine funktionierende Kreislaufwirtschaft mit

sortenreinem Gewinnen von neuen Roh- und

Wertstoffen funktioniert nur mit hocheffizienter

Sortiertechnik. Besonders anspruchsvoll

ist das bei Bau- und Abbruchabfällen

mit einer Durchmischung unterschiedlichster

und teils kontaminierter Abfallfraktionen. Der

Spezialist für industrielle Bildverarbeitung

EVK aus Graz und die schwedische OP Teknik

haben nun gemeinsam eine hocheffiziente

Lösung für das Sortieren dieser Materialien

Grüne künstliche Intelligenz

Der steirische Aufbereitungsanlagenspezialist

REDWAVE setzt ebenfalls auf künstliche

Intelligenz. Mit „REDWAVE mate“ hat das

Unternehmen das weltweit erste System

im Programm, das mittels selbstlernender

Prozesse sowohl die Sortiereffizienz als

auch die Ausbeute und Reinheit maximiert.

Die Kommunikation zwischen den Sortiermaschinen

erfolgt dabei in Echtzeit und

plattformübergreifendes Monitoring macht

den Informationsfluss einfach handhabbar.

REDWAVE mate soll die künstliche Intelligenz von

Sortiermaschinen auf ein neues Level heben.


6

Kunststoffe und ihre Umweltrelevanz werden

derzeit in der Öffentlichkeit breit diskutiert.

Mit „PLASTECO“ forciert die Steiermark die

Vermeidung von Kunststoffabfällen in all

ihren Facetten.

Für einen gemeinsamen

Kunststoffkreislauf

Um die Vorgaben der EU-Kunststoffstrategie umzusetzen,

gilt es Kunststoffabfälle und Littering einzudämmen.

Das Land Steiermark widmet sich mit „PLASTECO“ dieser Thematik.

Sobald Kunststoffprodukte zu Abfällen

werden, sind innovative abfallwirtschaftliche

Systeme für die Sammlung, Sortierung und

Behandlung gefragt. Obwohl dafür zahlreiche

innovative Technologien aus heimischen

Betrieben stammen, bleibt das Erreichen der

EU-Recyclingquoten für Kunststoffverpackungen

eine Herausforderung.

EU zieht an einem Strang

Die „Europäische Strategie für Kunststoffe

in der Kreislaufwirtschaft“ fordert neben der

Bevölkerung und der Industrie ausdrücklich

auch die öffentliche Verwaltung dazu auf,

Maßnahmen zur Etablierung einer ressourceneffizienten

und kreislauforientierten „neuen

Kunststoffwirtschaft“ zu setzen. Wesentlich

dabei sind die Stärkung der Wiederverwendung

und des Recyclings sowie der vermehrte

Einsatz von Recyclat-Kunststoffen.

Das EU-Projekt PLASTECO bietet die Möglichkeit,

die Ist-Situation zu bewerten sowie

Verbesserungspotenziale und Barrieren in

der Region aufzuzeigen. Wertvolle Inputs im

Rahmen eines regionalen Stakeholder-Dialogs

sollen helfen, die Qualität bei der Bewirtschaftung

von Kunststoffabfällen zu verbessern.

Kunststoffabfälle und Littering einzudämmen,

sind die wichtigsten Ziele des Projekts. In diesem

Sinne sollen auch Konzepte zur Reduktion

von Einwegkunststoffen in regionalen Wertschöpfungsketten

erarbeitet werden.

Gemeinsame Investitionschancen

PLASTECO versteht sich zudem als Wirtschaftsfaktor.

Investitionen und Ökoinnovationen

sollen gefördert und in Richtung

Kreislaufwirtschaft getrieben werden. Durch

Vernetzungsaktivitäten sollen steirische und

österreichische Technologieführer mit anderen

EU-Ländern, die einen kontextbezogenen

Investitionsbedarf haben, in Kontakt gebracht

werden.

Gehen wir es an!

Bei Interesse an einer Zusammenarbeit

im PLASTECO-Projekt (z.B. Teilnahme an

regionalen Stakeholder–Treffen) bitten wir

um Kontaktaufnahme mit dem Referat Abfallund

Ressourcenwirtschaft (Ansprechperson:

Ingrid Winter, Tel.: 0316/877-2153, E-Mail:

ingrid.winter@stmk.gv.at).

Info

PLASTECO ist Teil des Interreg-Europe-Programms für interregionale Zusammenarbeit

der Europäischen Kommission und kofinanziert durch den Europäischen Fonds für regionale

Entwicklung (EFRE). Neben dem Land Steiermark (A14 - Referat Abfall- und Ressourcen-

Wirtschaft) sind Partner aus sieben weiteren EU-Ländern (Griechenland, Italien, Bulgarien,

Deutschland, Frankreich, Rumänien und Litauen) beteiligt.

www.interregeurope.eu/plasteco oder www.abfallwirtschaft.steiermark.at

Fotocredit: Lois Hansel


Cluster News

GREEN TECH MAGAZINE 7

Kartenset für Ihre neuen Datenservices

Der nächste Innovationsstreich: Der Green Tech Cluster hat

gemeinsam mit dem Know-Center mit den „Data Service

Cards“ ein neues Tool für datengetriebene Services entwickelt.

Diese werden als Inspiration im Entwicklungsprozess

verwendet und unterstützen Unternehmen bei der einfachen

und schnellen Entwicklung von neuen Dienstleistungen und

zeigen darüber hinaus anhand von Best Practice Beispielen

versteckte Potenziale und Geschäftschancen auf. Die Data

Service Cards sind nach der erfolgreichen Plug & Play

Innovationsbox, die bereits bei mehr als 40 Unternehmen

im Einsatz ist, das zweite Innovationstool des Clusters.

Haben auch Sie Interesse? Die Karten können für 19,90 €

(exkl. USt) unter welcome@greentech.at bestellt werden.

www.greentech.at/dataservicecards

Die „Data Service Cards“ dienen als Inspirationsquelle für die einfache und schnelle

Entwicklung von datengetriebenen Services.

Programm für Technologieführer von morgen

Im Green Tech TopRunner Programm werden Unternehmen im

Bereich Innovation und Digitalisierung umfassend begleitet.

In den letzten 3 Jahren wurden im Beratungsprogramm Green Tech

TopRunner 20 Unternehmen zur Innovationsspitze begleitet. In der

zweiten Projektphase von 2019 bis 2021 wird der Themenschwerpunkt

Innovation durch Digitalisierungsprojekte ergänzt. Bis jetzt wurden die

Unternehmen u. a. mit neuen Wegen der Kundenintegration, strategischer

Patentverwertung, Entwicklung von Innovationsprozessen und bei der

Erschließung digitaler Geschäftsfelder unterstützt. Die Verzehnfachung des

Onlineumsatzes oder die erfolgreiche Mitarbeitersuche sind nur ein kleiner

Auszug aus den Erfolgen des TopRunner Programms. „Wir haben in Zeiten, in

denen man eigentlich keines, oder nur sehr schwer neues Personal bekommt,

18 neue Personen (+25 %) eingestellt. Ein wesentlicher Beitrag dazu waren die

Initiativen im TopRunner“, erklärt etwa Herbert Spitzer, Geschäftsführer von

Spitzer Engineering, erfreut. www.greentech.at/toprunner

UNIDO setzt auf Cluster Know-how

Die UNIDO (United Nations Industrial Development

Organization) setzt bei der Realisierung eines

Umwelttechnikclusters in Pakistan auf das Know-how des

steirischen Green Tech Clusters. Die UNIDO will mit dem

neuen Cluster die Energieeffizienz der pakistanischen

Industrie erhöhen, diese schrittweise auf erneuerbare

Energieträger umstellen und neue Technologien dazu

forcieren. Der Green Tech Cluster unterstützte bei

der Vorbereitung und der konkreten Umsetzung vor

Ort mit Erfahrungen und „Better Practice Beispielen“.

www.greentech.at

Die UNIDO setzt auf das Know-how des Green Tech Clusters, um die pakistanische Industrie

bei der nachhaltigen Bewirtschaftung der natürlichen Ressourcen zu unterstützen.


8

Fresh

Grüner Wasserstoff aus Holz

Das Grazer Kompetenzzentrum BEST hat gemeinsam mit Partnern

ein Reaktorkonzept entwickelt, bei dem Wasserstoff bei niedrigem

Energieeinsatz aus Holzabfällen erzeugt wird. Dabei wird die

Herstellung und Aufarbeitung durch den Einsatz von speziellen

Membranen in einem Prozessschritt erledigt. Der „2-in-1“-Reaktor

ermöglicht eine Gas-Flüssig-Reaktion bei wesentlich niedrigeren

Temperaturen, reduziertem Energieverbrauch und stark verringerten

Emissionswerten von bis zu 40 %. Trotz dieser Einsparungen bei

Verbrauch und Emission stieg die Menge an produziertem Wasserstoff

deutlich. www.best-research.eu/de

„Sensoreier“ warnen vor Bränden

Beim studentischen interdisziplinären Hackathon „Green Tech Jam

2020“ tüftelten Studierende zwei Tage lang an neuen Produkten und

Dienstleistungen für Green Tech Unternehmen. Das Siegerteam entwickelte

mit Sensoren bestückte Metallkugeln (Sensor Eggs), die rechtzeitig

vor ausbrechenden Bränden in abfallwirtschaftlichen Anlagen

warnen. Weitere Lösungen beschäftigten sich mit neuen Geschäftsmodellen

für Batteriespeicher und Energieverbrauchsprognosen basierend

auf Mobilfunkdaten und innerstädtischen Bewegungsmustern.

www.greentech.at/jam2020

Erste Green Tech Blockchain

Das Grazer lab10 collective hat mit ARTIS eine eigene Blockchain

kreiert, die auf nachhaltige und klimaneutrale Anwendungen abzielt.

ARTIS benötigt dabei nur einen Bruchteil der Energie von Bitcoin.

Aber auch im Vergleich zu traditionellen Zahlungsdienstleistern

hat die steirische Blockchain die Nase vorn: Während klassische

Zahlungsdienstleister pro Jahr ungefähr so viel Strom wie 40.000

Haushalte verbrauchen, genügt ARTIS ein Stromverbrauch der rund

10 Haushalten entspricht. Zusätzlich bietet ARTIS eine skalierbare und

dezentrale Smart Contracting Plattform, die u. a. in der E-Mobility Einsatz

findet. https://lab10.coop

Wolfgang Jileks Cartoon

Green New Deal

Fotocredit: lab10 collective


GREEN TECH MAGAZINE 9

Green Tech

Grünes steirisches Desinfektionsmittel

Der Zugang zu Desinfektionsmitteln ist aufgrund der COVID-19 Situation

zurzeit stark eingeschränkt, die Nachfrage insbesondere in Krankenhäusern

und Pflegeeinrichtungen dementsprechend hoch. Abhilfe kann

nun ein in der Steiermark von pro aqua modifiziertes Verfahren schaffen.

Das Kernstück sind dabei die SurfaceCleaner Anlagen, in denen Durchflusszellen

bestückt mit Diamantelektroden, Elektrolysewässer in unterschiedlicher

Konzentration produzieren können. Diese Desinfektionswässer

können zur umweltfreundlichen Desinfektion und Reinigung

eingesetzt werden und wirken sowohl gegen Viren (EN14476) als auch

Bakterien (EN 1276, EN13697). www.surfacecleaner.at

Re-Use für Schutzmasken

Christof Industries aus Graz hat ein Gerät (sinTon) zur Aufbereitung

von medizinischem Abfall so modifiziert, dass die dringend benötigten

Masken der Schutzklassen FFP2 und FFP3 für die Wiederverwendung

desinfiziert werden können. Die Behandlung erfolgt entweder bei 121

Grad für 20 Minuten oder bei 134 Grad für fünf Minuten – abhängig

von der jeweiligen Qualität der Masken. Die ersten Geräte sind bereits

in Spitälern im Einsatz und Christof baut die Herstellung der dringend

benötigten Geräte weiter aus. Das Verfahren sinTon wird vom renommierten

Robert-Koch-Institut in Berlin als geprüftes und anerkanntes

Desinfektionsverfahren geführt. www.christof.com

Fotocredit: Ashkan Forouzani, proauqa, Münzer Bioindustrie, Montanuniversität Leoben

Neue Bohrtechnologie für Geothermie

Die Montanuniversität Leoben hat gemeinsam mit europäischen

Partnern eine revolutionäre Bohrtechnologie für die Nutzung von

Geothermie zur Strom- und Wärmegewinnung entwickelt. Dabei wird

die herkömmliche Rollenmeißeltechnologie mit Wasserstrahlschneidtechnik

kombiniert. Diese Hybridtechnologie bewirkt eine Verdoppelung

der Bohrgeschwindigkeit bei gleichzeitig rund 20 % gesenkten

Kosten. Dies entspricht bei einer Bohrtiefe von 5000 Metern einer

Gesamtkostenersparnis von rund 3 Millionen Euro. Im Gegensatz zu

den meisten anderen erneuerbaren Energiequellen ist die Stromproduktion

mittels Geothermie grundlastfähig. www.unileoben.ac.at

Internationaler Expansionskurs

Münzer Bioindustrie hat die holländische Rotie UCO Trade B.V. in

Amsterdam übernommen. Damit ist das oststeirische Unternehmen

der größte Sammler und Händler von Abfallölen und -fetten in

Europa. Ein besonderer Pluspunkt der Übernahme ist vor allem die

Lage und die Infrastruktur am Hafen von Amsterdam, da dieser

Zugang zu allen strategischen Logistikmöglichkeiten gewährt. Die

Münzer Bioindustrie hat weltweit zehn Standorte und setzte 2019

mit seinen rund 250 Mitarbeitenden mehr als 260 Mio. Euro um.

www.muenzer.at


10

Grüner Wasserstoff:

Zukunft passiert

Wasserstoff ist als umweltfreundliche Energieform der Zukunft stark in

Forschung und Demonstration. Die Anwendungsgebiete reichen vom Einsatz

als Energiespeicher in Fahrzeugen bis hin in der Industrie. Innerhalb von

Europa bietet die TU Graz sowie die Steiermark massiv gebündelte Kompetenz.

Der Durchbruch von Wasserstoff als

klimaneutraler Energieträger scheiterte

bis jetzt an zwei Faktoren: Einerseits an der

energie- und kostenintensiven Herstellung

mittels Elektrolyse – und andererseits an

der Tatsache, dass Wasserstoff derzeit zu

mehr als 95 % aus fossilen Energiequellen

wie Erdgas, Benzin oder Kohle hergestellt

wird. Das ist der sogenannte „graue Wasserstoff“.

Im Gegensatz dazu versteht man

unter „grünem Wasserstoff“ jenen, der

CO 2

-neutral mit Hilfe von erneuerbaren

Energien hergestellt wurde.

Knotenpunkt der Wasserstoffforschung

Ein Schwerpunkt der Wasserstoffforschung

ist zweifellos die Technische Universität

Graz mit etwa 150 Forschenden in diesem

Bereich. Dort ist auch das HyCentA angesiedelt,

welches seit 15 Jahren Projekte zur

Herstellung, Verteilung, Speicherung und

An der TU Graz und insbesondere am HyCenta ist mit 150 Forschenden

die steirische Wasserstoffkompetenz gebündelt.

Anwendung von Wasserstoff entwickelt.

Derzeit wird u. a. im bis 2023 laufenden

Projekt „move2zero“ die Umstellung des

gesamten innerstädtischen Busverkehrs

der Stadt Graz konzipiert. Es geht dabei

um den idealen Technologiesplit zwischen

batterieelektrischen und Brennstoffzellenbussen,

aber auch um die nötige

Infrastruktur mit der entsprechenden

Wasserstoffkompressionstechnologie.

Green Talent in der Wasserstoffforschung

„Die Umstellung auf 100%-erneuerbare

Energieträger kann es nur mit grünem

Wasserstoff zur saisonalen Energiespeicherung

geben“, ist die HyCentA-Mitarbeiterin

Marie Macherhammer überzeugt:

„Viele Firmen in unterschiedlichsten

Geschäftsfeldern sehen das Potential und

wollen Projekte umsetzen.“ Die 35-jährige

promovierte Chemikerin forscht als Projektleiterin

an der Elektrolyse

sowie der Anwendung von

mobilen Brennstoffzellen für

Nutzfahrzeuge. Es gelte, so

Macherhammer, Produkte, die

in der Forschung entwickelt

wurden, zu erschwinglichen

Preisen auf den Markt zu

bringen. Hier sei es besonders

wichtig, eng mit der Industrie

zusammenzuarbeiten und

auch bei großen, geförderten

Forschungsprojekten Industriepartner

im Boot zu haben.

Green Talent

Marie Macherhammer

Die promovierte

Chemikerin forscht am

HyCentA der TU Graz an

der Elektrolyse und der

Anwendung von mobilen

Brennstoffzellen für

Nutzfahrzeuge.

www.hycenta.at

Fotocredit: HyCenA, Shaah Shahidh, Alex Krischner


GREEN TECH MAGAZINE 11

Das Large Engines Competence

Center an der TU Graz forscht daran,

die CO 2

-Emissionen von großen

Frachtschiffen um 97 % zu

reduzieren.

Emissionsarme Schifffahrt

Container- und Kreuzfahrtschiffe

sind wesentlich an den weltweiten

Treibhausgas-Emissionen beteiligt und

fahren noch vielfach mit hochgiftigem und

schwefelhaltigem Schweröl. Ein großes

Containerschiff emittiert beispielsweise

so viel wie ein mittleres Kohlekraftwerk.

Das Large Engines Competence Center

(LEC) an der TU Graz hat das Ziel, beim

europaweiten Projekt „HyMethShip“ die

CO 2

-Emissionen um 97 % und die Stickoxydemissionen

um ein Fünftel zu verringern

– und gleichzeitig die Energieeffizienz um

die Hälfte zu steigern. Wie das geht? Das

Schiff führt Methanol mit, aus dem direkt

an Bord durch die Abspaltung von CO 2

Wasserstoff hergestellt wird. Dieser wird

für den Antrieb genutzt. Das CO 2

wird

an Land transportiert und wieder für die

Herstellung von Methanol verwendet.

Mit Hilfe von PV-Anlagen wird Wasserstoff erzeugt, der dann auch in

der Methanisierung von „grünem Gas“ eingesetzt wird.

Grünes Gas

Ein holistischer Ansatz für Erzeugung

und Nutzung von Wasserstoff wird im

steirischen Gabersdorf vom Energieversorgungsunternehmen

Energie Steiermark

verfolgt: Mit PV-Strom wird Wasserstoff

erzeugt und für Mobilität und Industrie

genutzt. Ein Teil des Wasserstoffs wird

auch in der neu entwickelten lastflexiblen

Methanisierung mit dem Rohbiogas aus

der bestehenden Anlage zu Biomethan erzeugt

und in das Erdgasnetz eingespeist.

Ab 2021 wird dort auf einer Fläche von

10.000 m 2 die Energie für die Herstellung

von 168.000 kg Wasserstoff erzeugt.

Hochtemperaturelektrolyse

Der Verbund Österreich setzt auf Wasserstofftechnologien.

Eine 150-Kilowatt-

Pilotanlage für Hochtemperaturelektrolyse

und Brennstoffzellenbetrieb vom Verbund

befindet sich in Mellach in der

Steiermark. Im dortigen leistungsfähigsten

Gaskraftwerk

Österreichs soll klimaneutral hergestellter

Wasserstoff künftig das

bisher verwendete fossile Erdgas

ersetzen. In der Pilotanlage wird

überschüssige Energie aus dem

Netz zur Wasserstoffherstellung

verwendet, aus dem man wieder

Strom und Wärme produzieren

kann. Derzeit wird auch die Möglichkeit

der Eigenstromversorgung

von Industrieanlagen mittels Brennstoffzellen

getestet. Mit dem Einspeisen

von grünem Wasserstoff in das Gasnetz

ist auch das Speicherproblem gelöst, da

damit ein riesiges Speichervolumen bei

faktisch unbegrenzter Speicherdauer

verfügbar ist.

Energiezelle Johann

Einen anderen Ansatz verfolgt Martin

Handl mit seiner „Energiezelle Johann“. Der

Erfinder hat sich mit der Frage beschäftigt,

wie man überschüssige Energie, die etwa

bei Photovoltaikanlagen im Sommer in

großem Maßstab anfällt, kostengünstig

und langfristig speichern kann. In der Energiezelle

sei es gelungen, so Handl, Wasserstoff

mittels handelsüblicher Speicherbündel

einfach, dezentral und kostengünstig

zu speichern. Der Wasserstoff kann dann

für die Produktion von Strom bzw. Wärme

verwendet werden. Die normierten Basismodule

mit 15 Kilowatt Leistung und 450

Kilowattstunden Kapazität lassen sich für

fast jede denkbare Anwendung anpassen,

von der dezentralen Energieversorgung

auf Almhütten bis zur Black-out-Vorsorge.

Zukunft Wasserstoff

Wasserstoff wird ein wichtiger Teil eines

erneuerbaren Energiesystems sein. Wohin

die zukünftige Reise geht, zeigen bereits

jetzt Anwendungen in Industrie und Mobilität

in der Steiermark.


12

Ausschnitt vom umgesetzten Projekt in Klagenfurt. Die Agenten

(PKW, Fahrradfahrer, Fußgänger und Busse) sind auf ihrem Weg

zu den jeweiligen Aktivitäten (z.B.: Arbeitsplatz, Schule etc.) im

Verkehrsnetz dargestellt.

Agentenbasierte

grüne Mobilität

JOANNEUM RESEARCH forscht mithilfe von

agentenbasierten Verkehrsmodellen daran,

wie man CO 2

-Emissionen reduzieren kann.

Um vor allem am Land klimaneutral mobil

zu bleiben, braucht es noch einiges an Infrastruktur

und ein Umdenken der Bevölkerung.

Christian J. Gruber, Leiter der Kompetenzgruppe

Urban Living Lab bei LIFE, über das

Ziel einer klimaneutralen Mobilität: „Es ist immer

noch schwierig, in ländlicher Umgebung

ohne Auto von A nach B zu gelangen. Wir

orten aber eine zunehmende Bereitschaft

der Bevölkerung, sich klimaneutral fortzubewegen

und ein ebenso zunehmendes

Interesse seitens der Politik neue Konzepte

umzusetzen.“ Was braucht es also dazu?

Wie können wir mobil bleiben und den Emissionsverbrauch

einschränken? „Die Summe

unterschiedlicher Maßnahmen würde helfen.

Früher hat man zum Beispiel Straßen nach

anderen Maßstäben geplant: Es ging auch

um ‚schöne‘ Verkehrsräume. Heute wird vielfach

nach wirtschaftlichen Kriterien geplant,

also wie kommt man am effizientesten von

A nach B. Studien haben aber ergeben, dass

etwa ‚schöne‘ Verkehrsräume eine positive

Wirkung auf CO 2

-Emissionen haben; zum einen,

weil man langsamer fährt und den Verkehrsräumen

mehr Aufmerksamkeit schenkt

und zum anderem, weil dadurch andere

Verkehrsmittel, etwa Radfahren, attraktiver

werden“, so Gruber.

Werkzeug für eine grüne Verkehrspolitik

Gruber ortet auch den gesellschaftlichen

Trend, nachhaltig zu handeln. Die Menschen

beginnen vermehrt zu überlegen, wie sie sich

wann wohin bewegen. „Diese Trends lassen

sich mittels agenten-basierter Verkehrsmodelle

besonders gut in die Mobilitätsplanung

integrieren. Während bei klassischen

Verkehrsnachfragemodellen die Wege von

verhaltenshomogenen Personengruppen

modelliert werden, kann bei agentenbasierten

Verkehrsmodellen das Individualverhalten

der Agenten (Personen) simuliert

werden. Die Verkehrsverhaltensmuster

werden dabei aus Mobilitäts- und Aktivitätserhebungen

abgeleitet und mit Hilfe von

realen Verkehrszählungen kalibriert. Ganze

Tagesabläufe, mit all ihren Aktivitäten und

Wegen, sind auf diese Weise darstellbar. Die

langfristigen verkehrlichen Auswirkungen

etwa des ‚Greta-Effekts‘ oder der ‚Covid-

19-Pandemie‘ können damit gut abgebildet

werden. Systemisch ergänzt um technische

Aspekte wie emissionsarme Fahrzeuge

und das automatisierte Fahren sowie um

betriebliche, wie zum Beispiel ‚mobility as a

Info & Kontakt

LIFE – Institut für Klima, Energie und Gesellschaft

der JOANNEUM RE SEARCH

beschäftigt sich mit zentra len Fragen

rund um den Klimawandel. Die klare gesellschaftliche

Mission von LIFE beinhaltet

die Stärkung der Wider standsfähigkeit

gegenüber Klima- und Wetterrisiken und

den Übergang zu ei ner kohlenstoffarmen

Wirtschaft und Gesellschaft bis 2050.

www.joanneum.at

service‘. Ein Verkehrsmodell, das systemisch

all die zuvor genannten Aspekte abbilden

kann, ist ein hervorragendes Werkzeug für

verkehrspolitische Entscheidungen.

Individuelle klimaneutrale Konzepte

Die Analysen der Urban-Living-Lab-Gruppe

sind agentenbasiert. Aus den erhobenen

Daten werden realitätsnahe Personen und

Haushalte gebildet, ohne dabei auf datenschutzrechtlich

bedenkliche Weise Daten

zu erheben. Unser Ziel ist es, in Zusammenarbeit

mit Regionen oder Städten maßgeschneiderte

Verkehrsmodelle anzubieten,

die, ohne große persönliche Einschränkungen,

die individuelle Mobilität zukunftsfähig

und langfristig klimaneutral zu machen“,

resümiert der Mobilitäts- und Verkehrsexperte

Christian J. Gruber.

Christian J. Gruber

JOANNEUM RESEARCH

+43 664 602876-7670

christian.joachim.

gruber@joanneum.at

Fotocredit: JOANNEUM RESEARCH/Manuela Schwarzl


GREEN TECH MAGAZINE 13

Green

Lifestyle

Ein Leben ohne Klopapier?

Fotocredit: Lina Östling, Markus Spiske, Jasmin Sessler, Stephan Friesinger

Ökonomisch ökologisch

Dass ökonomisches und ökologisches Wachstum Hand in Hand gehen, zeigt

das weltweit erste Recycling-Kaufhaus in Eskilstuna, Schweden. Auf zwei

Etagen bietet das „ReTuna“ mit seinen 14 Shops ausschließlich recycelte Waren

an. Das Konzept geht auf: Mehr als 1 Millionen Euro Umsatz wurden 2018

erwirtschaftet. Verschiedene Events, Workshops, Vorträge und Aktionstage

zu den Themen Nachhaltigkeit und Kreislaufwirtschaft ergänzen das Angebot.

Auch bei der Kommune kommt der Re-Use- und Recyclinggedanke

gut an. Beim örtlichen Drive-in-Recyclinghof können alte Waren abgegeben

werden, die nach einer Inspektion oder Reparatur in den Schaufenstern des

Kaufhauses landen. www.retuna.se/english

Green Financing im Trend

In Zeiten des Klimawandels rückt auch

das Nischenthema Green Financing

immer mehr ins kollektive Bewusstsein.

Der Green Tech Cluster-Partner

GREEN ROCKET bietet attraktive

Crowdfunding-Projekte von Startups

und etablierten Unternehmen

aus den Bereichen Energie, Umwelt,

Mobilität und Gesundheit. Je nach

Beteiligungsmodell profitieren die

Unterstützenden von einer fixen Verzinsung

und/oder partizipieren am Erfolg des Unternehmens. Bis jetzt sind

bereits 27.381 Investierende mit an Bord, die rund 65 Millionen Euro in grünen

Geschäftsmodellen angelegt haben. Rekordverdächtig: Allein die letzten

Projekte übertrafen das Fundinglimit um durchschnittlich 460 %. www.

greenrocket.com

Alternativen zu Klopapier sind nicht nur für Menschen

interessant, die beim letzten Hamsterkauf leer ausgegangen

sind. Denn auch ökologisch gesehen ist die Herstellung von

Klopapier alles andere als nachhaltig, da der verwendete

Zellstoff laut WWF teils aus illegaler Abholzung stammt.

Folgende Alternativen gibt es: Waschlappen, er ist feucht

und gründlich und kann in der Waschmaschine gewaschen

werden. Auch die Technik hat bei der Pohygiene Einzug

gehalten, es kann aus einer Vielzahl von Hightech-WCs mit

unterschiedlichen Reinigungsfunktionen gewählt werden.

Wer nicht auf das Gefühl von Zellstoff verzichten möchte,

sollte unbedingt zu Recycling-Toilettenpapier greifen.

Ökologisch anziehend

Wie Mann und Frau auch

ökologisch anziehend sein können,

zeigt Verpackungs- und

Modeexpertin Bettina Reichl.

In ihrem Projekt „Out of Garbage“

designt und schneidert

sie mit Frauen in Sri Lanka

ungewöhnliche Kollektionen

aus Plastikabfall, der an den

Stränden der Insel gesammelt

wird. Neben einer ökologischen

hat das Projekt auch eine

soziale Komponente, da es den

Frauen Bildung und Ausbildung vor Ort ermöglicht. Die

Projektfortschritte können in einem eigenen Onlineblog

verfolgt werden. Das zweite Standbein von Bettina Reichl

ist in der F&E des Verpackungszentrums Graz, das bereits

mehrfach für nachhaltige Produktverpackungen mit dem

„WorldStar Packaging Award“ – dem Oscar der internationalen

Verpackungsindustrie – ausgezeichnet wurde.

https://owf.at/fashion-blog


14

Green Tech goes … Africa

Afrika ist ein Kontinent, der nicht so oft im Fokus steht, aber künftig immer

wichtiger wird. Es ist ein Kontinent, der über unglaublich viele Rohstoffe

verfügt und viele Chancen, aber auch einige Risiken in sich birgt. Eine

Spurensuche in Afrika mit dem Schwerpunkt Umwelttechnik.

Afrika übt seit jeher einen besonderen Reiz

aus. Es ist ein Kontinent in unmittelbarer

Nachbarschaft Europas, der, besonders in den

Umwelttechnologien, einen riesigen Aufholbedarf

hat und enorme wirtschaftliche Chancen

aber auch Risken bietet. Eine Wirtschaftsdelegation

aus der Steiermark unter der Leitung

von Wirtschaftslandesrätin Eibinger-Miedl mit

etlichen namhaften Unternehmen sowie Startups

konnte Anfang März vielversprechende

Kontakte knüpfen und den Grundstein für

Folgeprojekte legen.

Ein Kontinent voller Chancen

Unternehmen aus dem Green Tech Cluster

sind teilweise schon lange in Afrika aktiv:

Im Projekt „Soltrain“ arbeitet beispielsweise

die AEE INTEC seit neun Jahren in

den sechs Partnerländern Botswana, Lesotho,

Mosambik, Namibia, Südafrika und

Simbabwe gemeinsam mit Unternehmen,

Universitäten und Bildungseinrichtungen

zusammen. Es geht um Ausbildung,

Solarthermie-Roll-out-Programme und

die Errichtung von Demonstrationsanlagen;

im Grunde geht es um „Hilfe

zur Selbsthilfe“, wie AEE INTEC Geschäftsführer

Werner Weiss betont.

3000 Personen wurden bereits

ausgebildet und 260 Demoprojekte

umgesetzt.

im südafrikanischen Kapstadt die erste

Fliegenfarm errichtet, Folgeprojekte in

Kalifornien sind in Vorbereitung.

Mini-Grid-Systeme

Insbesondere die Elektrizitätsversorgung,

sowohl bei den Kosten aber auch bei der

Verfügbarkeit, stellen das südliche Afrika

vor große Herausforderungen. Hier setzt

das Projekt „JUMEME“ an, ein Joint Venture

unter Beteiligung vom Erneuerbare-

Energie-Spezialisten „RP Global“. Ziel ist,

bis zum Jahr 2023 in Tansania insgesamt

300 dezentrale Mikro-Netzwerke ohne

allgemeinen Netzanschluss, sogenannte

Mini-Grid-Systeme, zu errichten und über

eine Million Menschen in ländlichen Gebieten

mit Strom zu versorgen.

Erfolg mit steirischen Wurzeln: AgriProtein wurde 4 Jahre in Folge

unter die 100 Top Cleantech Unternehmen weltweit gereiht.

Steirische Unternehmen setzen eine Vielzahl von Demoprojekten

in Afrika um und unterstützen darüber hinaus mit Know-how.

Larven als nachhaltiges Tierfutter

Einen sehr innovativen Ansatz bei

der Abfallwirtschaft verfolgt Christof

Industries mit dem Startup Agri-

Protein. Anstatt Millionen Tonnen

organischer Abfälle zu vernichten,

werden diese in einer „waste to

nutrient“-Abfallverwertungsanlage

zur Herstellung einer idealen Nährlösung

für Larven verwendet. Bereits

nach 14 Tagen werden die Larven zu

zwei unterschiedlichen Produkten

verarbeitet: zu Proteinpulver als

Tierfutter für die Nahrungsmittelindustrie

und zu einem vielseitigen

Insektenöl. Als drittes Produkt wird

aus dem Prozess ein biologischer

Kompost gewonnen. Dazu wurde

Frugale Lösungen: Dinge neu denken

Gerade im Umgang mit den Herausforderungen,

mit denen sich das südliche Afrika

konfrontiert sieht, ist es vielversprechend,

Dinge neu zu denken. Davon ist auch

Georg Wagner von der Denkfabrik „Spirit

Design“ überzeugt. „Wir setzen hier auf die

sogenannte frugale Innovation“, erklärt er.

„Frugale Produkte und Dienstleistungen

konzentrieren sich auf Kernfunktionen

und minimieren den Einsatz von materiellen

und finanziellen Ressourcen.“

Ein Beispiel dafür ist das Arbeits- und

Transportfahrzeug CH4PA. Das Fahrzeug

kann sowohl mit Biomethan aus

landwirtschaftlichen Abfällen als auch

durch Benzin betrieben werden. Das Multifunktionsfahrzeug

kann mehr als zwei

Fotocredit: AgriProtein, AEE INTEC, Montage: hope-design.at


Legende:

Rechtliche Rahmenbedingungen

Marktumfeld & Trends

1 1

Geschäftschancen

In der Radargrafik sind zukünftige rechtliche

Rahmenbedingungen, das Marktumfeld und Trends

sowie potenzielle Geschäftschancen in

Südafrika eingetragen. Weitere Informationen

finden Sie im neuen Green Tech Radar „Green Tech

Markchancen in Südafrika“ .

www.greentech.at/print

Tonnen Güter transportieren und wurde

von Spirit Design gemeinsam mit Projektpartnern

in Brasilien entwickelt. „Frugale

Mobilitätskonzepte wie diese sind ideal für

Schwellenländer“, erklärt der Spirit Design

Geschäftsführer Georg Wagner.

Allianz mit GreenCape

Der südafrikanische Umwelttechnikcluster

GreenCape hat ein breites Netzwerk von

Schlüsselakteuren und arbeitet eng mit

Unternehmen, Branchenverbänden, der

Regierung und Universitäten zusammen.

Kontakte und Services, die Green Tech

Cluster-Partner im Rahmen des ICN-

Netzwerkes kostenfrei nutzen können. Besondere

Marktchancen bietet die „Atlantis

Greentech Special Economic Zone“. Diese

bietet Investoren aus der ganzen Welt

die Möglichkeit, in grüne Technologien

vor Ort zu investieren. In den nächsten

Jahren werden Investitionen in Höhe von

262 Mio. USD erwartet.

Kontakt

GreenCape

Mike Mulcahy

18 Roeland Street, Cape Town,

8001 South Africa

mike@green-cape.co.za

Tel.: +27 21 81 10 250

www.green-cape.co.za


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Wussten Sie’s?

Plug-and-play Kunststoffrecycling

Weltweit werden nur rund 9 % der Kunststoffabfälle fachgerecht

recycelt. Oft landet Plastik auf Deponien, wird verbrannt oder endet

im schlimmsten Fall in der Umwelt. Das Team von plasticpreneur

hat sich dieser Herausforderung angenommen und entwickelte eine

einfach herzustellende und kostengünstige Maschine (rund 3000 €/

Stück) zur Verarbeitung von Kunststoffabfall. Damit lassen sich Gebrauchsgegenstände

herstellen, die im alltäglichen Leben insbesondere

in Schwellenländern fehlen oder unerschwinglich sind. Positiver

Nebeneffekt: Abfall bekommt so einen Wert und trägt damit zum

Bewusstsein für Umweltschutz bei. https://plasticpreneur.com

Graphen aus Abfällen

Forschenden in Texas ist es gelungen, in einem speziellen Reaktor aus

kohlenstoffhaltigen Abfällen, wie z. B. Kunststoff, Graphen herzustellen.

Graphen ist eine Modifikation des Kohlenstoffs, mit zweidimensionaler

Struktur und wabenförmig angeordneten Kohlenstoffatomen und gilt

als äußerst stabil und zugfest. Mit der neuen Technik können große

Mengen kostengünstig hergestellt werden. Ein möglicher Einsatz ist die

Herstellung eines Graphenzements, der Beton fester und belastbarer

macht. Dadurch würde weniger Beton benötigt werden – eine enorme

Entlastung für die Umwelt, denn die Zementherstellung trägt weltweit

zu 8 % der Emissionen an CO 2

bei. www.rice.edu

Vorbild Natur: LEDs aus Bakterien

LEDs sind energieeffizient, benötigen aber bei der Herstellung wertvolle

und seltene Ressourcen. Proteindesigner Gustav Oberdorfer von

der TU Graz arbeitet gemeinsam mit Forschenden aus Spanien und

Italien an umweltfreundlichen und günstigen Leuchtdioden. Das Ziel

ist es, mithilfe von Bakterien völlig neuartige künstlich fluoreszierende

Proteine zu entwickeln, die in weiterer Folge in LEDs zum Einsatz kommen.

Die Proteine kommen in ihrer ursprünglichen Form in Meereslebewesen

vor und werden von diesen als Lichtquelle für die Jagd, die

Kommunikation oder für den Selbstschutz genutzt. www.tugraz.at

Holzbau senkt Emissionen

Die Steiermark hat umfassende Kompetenz im Holzbereich, wie z. B.

die weltgrößte Holzkugel aus steirischer Fertigung eindrucksvoll belegt.

Eine aktuelle Studie zeigt, dass Holzbau klimaschädliche Emissionen

verringern kann. Vier Szenarien wurden berechnet, die von einem

Anteil zwischen 0,5 % und 90 % an Holzgebäuden im Neubau in den

nächsten 30 Jahren ausgehen. Damit können abhängig vom Szenario

zwischen 10 Mio. Tonnen und fast 700 Mio. Tonnen Kohlenstoff eingespart

werden. Wichtig für ein positives Gesamtergebnis: Holzrecycling

und nachhaltige Forstwirtschaft. https://environment.yale.edu

Fotocredit: plasticpreneur, inMotion PARK Seenland GmbH, Lunghammer - TU Graz, Jeff Fitlow/Rice University

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