L E B E N S A R T 1 2 3 4 6 7 8 5 9 1) Ein Wahrzeichen: Statue der kleinen Prinzessin von László Marton 2) Die größte Kirche Budapests, die St.-Stephans-Basilika in Pest 3) Straßenbahn 4) Budapest bei Nacht mit Kettenbrücke und ungarischem Parlament 5) Kuppel der St.-Stephans-Basilika 6) Statue von Franz Liszt am gleichnamigen Flughafen 7) Bar 8) Die berühmte Dobos-Torte, Biskuit mit Schoko und Karamell 9) Morgennebel auf der Kettenbrücke FOTOS: PIXABAY 78 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>September</strong> – <strong>Oktober</strong> 20<strong>19</strong>
ZUGEGEBEN: DER BLICK AUF UNGARN SOLLTE DERZEIT KRITISCH SEIN. DOCH IRGENDWIE WIRKT SEINE HAUPTSTADT WIE DAS BERÜHMTE KLEINE GALLISCHE DORF – EINFACH ANDERS … Budapest Was Paris kann, kann Budapest schon lange: die Liebe. Ihretwegen lebt die Pianistin Mariam Batsashvili in Budapest. Eine zweifache Liebe: die zu ihrem Freund, aber auch die zu dem Komponisten Franz Liszt, der ihr die Stadt an der Donau zur zweiten Heimat gemacht hat. VON ANTOINETTE SCHMELTER-KAISER FOTO: ANTOINETTE SCHMELTER-KAISER Mariam Batsashvili auf der Terrasse des Aria Hotels Es gibt viele Gründe, Budapest zu besuchen. Eigentlich aber ist es nur einer: Budapest ist ganz großes Kino! Und zwar in jeglicher Hinsicht: Kunst, Kultur, Architektur. Die Bäder, die Parks, die Traditionen. Essen, Trinken und ein Hauch von Piazza-Flair. Für die georgische Pianistin Mariam Batsashvili gibt es noch einen: die Liebe. Hier wohnt und arbeitet ihr ungarischer Freund, den sie an der Hochschule für Musik in Weimar kennengelernt hat. Doch auch die Tatsache, dass die Hauptstadt Ungarns eine wichtige Lebensstation des Komponisten Franz Liszt war, machte ihr die Entscheidung dazubleiben leicht. Denn ihn verehrt diese junge, lebhafte Frau wie keinen anderen. Womit sie nicht allein ist: Der Flughafen, von dem aus die 26-Jährige viele ihrer Konzertreisen antritt, ist ebenso nach ihm benannt wie die Musikakademie und der parkähnliche Platz davor zwischen Villen aus der Habsburger Zeit, lebendig, jung, fast mediterran und deshalb: gern überfüllt. Statuen und Büsten mit seinem Konterfei finden sich überall in der Donau-Metropole – überall Zeugnisse wahrer Lisztomania, die Stationen unseres Spaziergangs auf seinen Spuren sind. Und so hängt auch im historischen Künstlercafé Müvész Kavéház an der Prachtstraße Andrássy út ein Porträt von ihm an der mit gelbem Stoff bespannten Wand. An einem Marmortischchen direkt darunter verrät mir Mariam Batsashvili bei Espresso und einer Portion pikanter Bundás Kenyér (Armer Ritter), was sie an Liszt fasziniert. „Er hat so viele verschiedene Facetten, vereinte Technik und Emotion“, schwärmt sie. Aus diesem Grund hat sie fünf seiner Stücke für ihr neues Album ausgewählt und sie mit drei Etüden von Frédéric Chopin kombiniert – beide Künstler waren zeitweilig eng miteinander befreundet; nach Chopins Tod veröffentliche Liszt zu dessen Gedenken seine Consolations, die Mariam Batsashvili auf ihrem Album interpretiert. Technisch brilliert sie dabei auf höchstem Niveau. Wichtiger sind ihr aber gefühlvoller Tiefgang und intensives Eintauchen in eine andere musikalische Welt. Im Liszt Ferenc Memorial Museum, einen kurzen Spaziergang entfernt, ist ihr das auf besondere Weise möglich: Drei hohe Altbauzimmer erinnern mit Möbeln, Instrumenten, Noten, Büchern und Gegenständen aus dem Besitz des Komponisten an die Jahre, die er von 1881 bis 1886 hier verbrachte. Fast ehrfürchtig führt Mariam Batsashvili vorbei an Vitrinen mit Devotionalien, von der Reisetasche bis zu einer weißen Haarsträhne, nostalgischen Chickering- Klavieren und einem Komponier-Schreibtisch mit ausziehbarer Klaviatur. Überhaupt hat sie ein Faible für Ambiente von anno dazumal: „In New York könnte ich nicht leben. Hier in Budapest spricht die Architektur zu mir – so wie in Weimar, wo ich seit 2011 bei Grigory Gruzman studiere und jetzt meinen Master mache“, erklärt sie draußen auf dem Andrássy út, an dem auch ihre Wohnung liegt. Mit opulenten Jahrhundertwendebauten, in deren Erdgeschoss sich schicke Geschäfte und Lokale eingemietet haben, gehört 79