CRESCENDO 5/19 September-Oktober 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
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Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
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L E B E N S A R T<br />
Die Paula-Bosch-Kolumne<br />
FELIX AUSTRIA 2.0<br />
Glückliches Österreich, diesen Ruf hatte sich das Land im Hinblick auf seine Weine<br />
einst gründlich verspielt. Doch hat es seine Krise hinter sich gelassen.<br />
Dank einer Generation, die nach dem Glykol-Skandal mit globaler Offenheit die<br />
regionalen Weine in die Spitzengastronomie führt.<br />
Nein, die österreichischen Weine sind in den letzten<br />
drei Jahrzehnten nicht Jahr für Jahr besser geworden,<br />
weil der Weinskandal des Jahres <strong>19</strong>85, jene<br />
Verfälschung der Weine mit Diethylenglykol, die<br />
Winzer zum Handeln gezwungen hätte. Die Weinqualitäten<br />
sind in erster Linie besser und besser geworden, weil –<br />
wie in vielen anderen europäischen Weinregionen in dieser Zeit –<br />
eine neue, bestens ausgebildete, teils durch die ganze Welt gejettete,<br />
junge Winzergeneration herangewachsen<br />
ist, die einfach Mut zum Risiko, die<br />
nötige Energie, den Willen und auch das<br />
Zeug zu einem Neustart in sich trug.<br />
In dieser Zeit, <strong>19</strong>86, wurde auch<br />
die ÖWM (Österreich Wein Marketing<br />
GmbH) zur Image- und Absatzförderung<br />
gegründet. Sie hat an der positiven Entwicklung<br />
des Weinmarktes einen großen Anteil, nicht zuletzt wegen<br />
der weltweiten Engagements und Einladungen mit österreichischen<br />
Premiumwinzern und deren Weinen.<br />
In diesem Jahr war ich nun in Österreich zum Weingipfel-Treffen<br />
eingeladen, das unter dem Motto „Weingeschichte mit Terroir-<br />
Schnittstellen im Herzen Europas“ stand. Die Reise führte in die<br />
Weinanbaugebiete zu den angrenzenden Ländern Tschechien, Slowakei,<br />
Ungarn, Slowenien und Südsteiermark.<br />
Klimatisch betrachtet befinden sich Österreichs bedeutendste<br />
Weinregionen vorwiegend im Osten. Flächenmäßig ist Niederösterreich<br />
mit 50 Prozent das größte und auch bedeutendste Anbaugebiet.<br />
Es grenzt an die Tschechien und Slowakei, während das Burgenland<br />
in ganzer Länge an Ungarn, die Steiermark und ganz im<br />
Süden an Slowenien stößt.<br />
Neben viel Geschichte und Weinhistorie, die uns dort präsentiert<br />
wurden, konnten wir wunderbare Weine probieren, viele von<br />
Weingütern, die mir schon vor Jahren aufgefallen sind und deren<br />
Weine immer noch besser werden.<br />
DER WEIN MUSS SCHMECKEN UND<br />
KLAR WIE EIN GEBIRGSBACH<br />
DURCH DIE KEHLE RINNEN<br />
2018 WIENER GEMISCHTER SATZ, Wieninger, Wien.<br />
Was wäre Wien ohne seine Sehenswürdigkeiten wie das Riesenrad,<br />
Schloss Schönbrunn oder die Hofburg? Nicht auszudenken! Das gilt<br />
auch für den „Wiener Gemischten Satz“.<br />
Das ist ein Wein aus verschiedenen weißen Rebsorten, die früher<br />
in einem Weinberg zusammengepflanzt wurden, um so größere<br />
Ernteausfälle auszugleichen. Heute ist es die Spezialität der Stadt,<br />
wie das Wiener Schnitzel selbst. Ein facettenreiches Aroma von Birnen-,<br />
Mango,- Honigmelonen- und<br />
Mirabellennoten. Ganz zarte Säurestruktur,<br />
wohlproportionierter Körper,<br />
sehr frisch, leicht, fetzig im Gaumen.<br />
Feiner Trinkfluss, reizvoller Abgang.<br />
Macht Lust auf ein zweites Glas. Ein idealer<br />
Alleskönner zu Vorspeisen mit Salaten<br />
oder Gemüse, Fisch oder Frischkäse<br />
oder auch zum Wiener Schnitzel mit Erdäpfelsalat.<br />
2018 GRÜNER VELTLINER 30 JAHRE „FASS 4“, Bernhard<br />
Ott, Wagram, Niederösterreich. Mit den Weinen des neuen<br />
Jahrgangs 2018 feiert das Weingut Bernhard Ott den 30. Jahrgang<br />
seines legendären Grünen Veltliner FASS 4, der sich längst als „die<br />
Marke“ unter den Veltlinern etabliert hat. Quasi von Anfang an mit<br />
dabei, habe ich die Entwicklung des Ott’schen Universums unter der<br />
Führung von Junior Bernhard mitverfolgt. Seine letzte und wichtigste<br />
Veränderung war die totale Umstellung auf Biodynamie, die<br />
er aus Respekt vor der Natur mit dem letzten Jahrgang abschließen<br />
konnte. Die Einzellagenweine, Spiegel, Stein und Rosenberg, sind<br />
letztlich die Krönung der Kollektion. Doch das FASS 4 – es ist kein<br />
Grand Cru, kein Premier Cru, keine Reserve und keine Einzellage<br />
– aber im Ott’schen Sinn, von Anfang an, ein Prototyp unter den<br />
Grünen Veltlinern und für mich die Nummer eins. Ott steht auf<br />
Klarheit, Brillanz, Feinheit, Frische, Finesse, eindeutige Aromatik<br />
und feinen Charakter. Der Wein muss schmecken und klar wie ein<br />
Gebirgsbach durch die Kehle rinnen.<br />
FOTOS: OESTERREICH-WERBUNG / MARTIN STEINTHALER TINE FOTO; PRIVAT<br />
76 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>September</strong> – <strong>Oktober</strong> 20<strong>19</strong>