CRESCENDO 5/19 September-Oktober 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
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KINDER FÜR DAS<br />
KLAVIERSPIELEN<br />
BEGEISTERN<br />
Gregor Willmes, seit 2017 Vorstandsmitglied der Carl Bechstein Stiftung,<br />
wirkte bereits als Projektmanager an ihrem Aufbau mit.<br />
Im Gespräch erläutert er die Förderprojekte und Ziele der Stiftung.<br />
VON RUTH RENÉE REIF<br />
FOTO: CARL BECHSTEIN STIFTUNG<br />
<strong>CRESCENDO</strong>: Herr Willmes, 2012<br />
wurde die Carl Bechstein Stiftung ins<br />
Leben gerufen, benannt nach dem<br />
Gründer der Berliner Pianoforte-Fabrik.<br />
Was war der Anlass der Gründung?<br />
Gregor Willmes: Wir trugen uns schon<br />
länger mit Überlegungen, wie wir das<br />
Klavierspielen fördern könnten. Dabei<br />
dachten wir vor allem an Kinder und Jugendliche. Wir fühlen uns<br />
der Tradition des Klavierspielens seit Franz Liszt verbunden, und<br />
unser Wunsch ist es, auch künftige Generationen dafür zu<br />
gewinnen. Auf diese Weise kam ein Prozess in Gang, der<br />
schließlich zur Gründung dieser Stiftung führte.<br />
Warum wendet sich die Stiftung an Schulen und nicht etwa an<br />
Freizeiteinrichtungen?<br />
Wir haben das Projekt „Klavier für Grundschulen“ initiiert, weil<br />
wir vor allem Kinder für das Klavierspielen begeistern wollen.<br />
Untersuchungen belegen die positiven Auswirkungen des<br />
Musizierens und insbesondere des Klavierspielens auf die<br />
Entwicklung junger Menschen. Es ist gut, wenn Kinder möglichst<br />
früh mit dem Spielen anfangen. Das ideale Einstiegsalter liegt bei<br />
fünf bis sechs Jahren. Kinder dieses Alters erreichen wir am<br />
besten über die Grundschulen. Es gibt immer mehr Ganztagsschulen,<br />
wodurch die Kinder keine Gelegenheit mehr haben,<br />
nachmittags eine Musikschule zu besuchen. Da hatten wir die<br />
Idee, den Klavierunterricht in die Schulen zu verlegen.<br />
Das Klavierspielen und die Marke C. Bechstein sind ja eng<br />
verbunden mit dem Image einer traditionellen bürgerlichen<br />
Erziehung. Ist das auch das Ideal, dem sich die Stiftung<br />
verpflichtet fühlt?<br />
Das klingt wie „von gestern“. Wir wollen die jungen Menschen<br />
heute erreichen. Klavierspielen macht Spaß. Und diesen Spaß<br />
wollen wir möglichst vielen Kindern und Jugendlichen<br />
ermöglichen. Wir möchten nicht nur Kinder aus Bildungsbürgertumfamilien<br />
ansprechen, sondern gerade auch Kindern<br />
einen Zugang zum Spielen eröffnen, die nicht mit diesen<br />
traditionellen Musikkulturen aufwachsen.<br />
Wie sieht die praktische Durchführung eines Förderprojekts<br />
aus? Gehen Sie zuvor in die Schulen<br />
und sprechen mit den Kindern, ob sie<br />
Lust auf Klavierspielen haben?<br />
Unser Projekt hat sich mittlerweile so<br />
weit herumgesprochen, dass die Schulen<br />
sich bei uns bewerben. Da sie von der<br />
öffentlichen Hand nicht mehr genügend<br />
Geld bekommen, um sich selbst ein<br />
Klavier zu kaufen, wenden sie sich an uns. Wir besuchen dann die<br />
Schulen, sprechen mit den Lehrern, schauen, ob sie engagierte<br />
Musikpädagogen haben, und erkunden die Möglichkeiten eines<br />
Klavierunterrichts. Die Instrumente, die wir zur Verfügung<br />
stellen, können im Regelunterricht zum Einsatz kommen, sollen<br />
aber auch zum Klavierunterricht genutzt werden. Daher sind<br />
gerade Ganztagsschulen an unserer Stiftung interessiert.<br />
Die Stiftung fördert auch besonders begabte Kinder, die eine<br />
pianistische Laufbahn anstreben. Welche Initiativen gibt es da?<br />
Zum einen veranstalten wir einmal im Jahr in Berlin den<br />
Carl Bechstein Wettbewerb, zu dessen Teilnahme wir Jugendliche<br />
bis zur Vollendung des 17. Lebensjahres einladen. Zum anderen<br />
kooperieren wir mit dem Bundesjugendwettbewerb „Jugend<br />
musiziert“. Wir vergeben alle drei Jahre vier Stipendien an<br />
höchstplatzierte Pianisten in der Altersgruppe von 13 bis 14<br />
Jahren. Diese erhalten von uns drei Jahre lang eine Förderung in<br />
Form finanzieller Unterstützung, der Einladung zu Konzerten<br />
und – wenn nötig – sogar der Vermittlung von Lehrern. Darüber<br />
hinaus vergibt die Stiftung zahlreiche Sonderpreise bei Wettbewerben.<br />
So sind wir seit Jahren beim Internationalen<br />
Klavier wettbewerb Jugend in Essen tätig. In diesem Jahr haben<br />
wir uns erstmals beim neuen Internationalen Carl Maria von<br />
Weber Wettbewerb für junge Pianisten des Sächsischen<br />
Landes gymnasiums für Musik in Dresden engagiert. Und<br />
beim Deutschen Musikwettbewerb vergaben wir einen großen<br />
Sonderpreis.<br />
Und welche Planungen gibt es für die Zukunft?<br />
Unser Wunsch ist es, ein Haus in Berlin zu haben. In dem wir<br />
Workshops, Meisterkurse, Wettbewerbe und Konzerte mit jungen<br />
Pianisten veranstalten können. www.carl-bechstein-stiftung.de<br />
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