CRESCENDO 5/19 September-Oktober 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
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K L A V I E R<br />
AUFWENDIG UND<br />
MASSGEFLÜGELT<br />
Geht nicht, gibt’s nicht: ungewöhnliche Kundenwünsche und<br />
Sondereditionen im Hause Steinway<br />
VON SINA KLEINEDLER<br />
Ganz rockig ist der „Sunburst“,<br />
in derselben Lackierung der<br />
Gitarren von Jimi Hendrix<br />
oder Bob Dylan<br />
Steinway & Sons ist<br />
ein Unternehmen<br />
mit über 160<br />
Jahren Tradition.<br />
1853 gründete<br />
Henry E. Steinway mit<br />
seinen Söhnen die<br />
erste Manufaktur in<br />
New York. Ihr Grundsatz? „To<br />
build the best piano possible.“<br />
Über 120 Patente meldete Steinway<br />
nach und nach an und revolutionierte<br />
so den modernen<br />
Klavierbau.<br />
Heute finden sich Flügel<br />
von Steinway & Sons auf fast<br />
allen bedeutenden Bühnen der<br />
Welt. Mit einem zweiten Blick kann<br />
man sogar die Herkunft des Flügels erkennen: Sind die Backenklötze<br />
(die Seitenteile der Klaviatur) eckig, so kommt er aus New<br />
York, sind sie abgerundet, ist es ein Hamburger Steinway. Aber<br />
was macht einen „klassischen“ Steinway eigentlich aus? Sabine<br />
Höpermann, Leiterin der PR-Abteilung, fasst es so zusammen:<br />
„Von der Konstruktion her war der Steinway schon in den <strong>19</strong>30ern<br />
perfekt. Uns ist wichtig, Traditionen und Werte zu pflegen. Wir<br />
legen zum Beispiel hohen Wert auf den Einsatz qualitativ hochwertiger<br />
Materialien und setzen auf die Leidenschaft und Erfahrung<br />
unserer Fachleute.“<br />
Leidenschaft und Erfahrung sind auch gefragt, wenn Kunden<br />
kommen, für die es nicht der klassische lackschwarze Konzertflügel<br />
sein soll. Manche haben spezielle Farb- oder Holzwünsche,<br />
manche wollen aufwendige Intarsienarbeiten. Solche Flügel<br />
werden, wenn sie den Ansprüchen der Manufaktur gerecht werden,<br />
extra produziert. Laut Sabine Höpermann kommt das gar<br />
nicht mal so selten vor: „Ungewöhnliche Kundenwünsche gibt es<br />
immer wieder. Wir können alles umsetzen, wenn es die Konstruktion<br />
des Instrumentes nicht verändert. Von einem verschnörkelten<br />
Flügel in Pink mit goldenen Intarsien über Flügel in den<br />
Farben des Lieblings-Fußballclubs<br />
oder einen weißen<br />
Flügel mit rosa Deckel,<br />
rosafarbenen statt schwarzen<br />
Tasten und Schmetterlingsintarsien<br />
in Perlmutt<br />
war schon Einiges dabei …“<br />
Manche Kundenwünsche waren<br />
so aufwendig, dass das Endergebnis<br />
einem Kunstwerk glich. Aber nicht<br />
nur die Kunden haben ungewöhnliche<br />
Ideen. Steinway selbst bringt<br />
immer wieder Sondereditionen heraus.<br />
Zum Beispiel den „Elbphilharmonie“-Flügel<br />
mit berühmten Paten<br />
wie Igor Levit, Mitsuko Uchida und<br />
Daniil Trifonov. Ganz neu: der „Black<br />
Diamond“, in Kooperation mit Starpianist Lang<br />
Lang und (Möbel-)Designer Dakota Jackson, der schon häufiger<br />
an den Spezialdesigns mitgewirkt hat. Dabei wurden Diamantstrukturen<br />
und Akzente aus Metall ins Design eingearbeitet und<br />
passend zur Zahl der Klaviertasten nur 88 Stück produziert.<br />
Zum 150. Geburtstag der Firma entwarf Karl Lagerfeld einen<br />
exzentrischen Flügel, den „THE S.L.ED“ im Schlittendesign mit<br />
rotem Japanlack. Zum 165. Jubiläum wurde dann der „ONE SIX<br />
FIVE“ entwickelt, in einem ganz klassischen Design mit Mahagoni.<br />
Ganz rockig ist der „Sunburst“, in derselben Lackierung<br />
der Gitarren von Jimi Hendrix oder Bob Dylan. Passend zum<br />
Woodstock-Jahr gibt es von diesem spektakulär lackierten Flügel<br />
weltweit nur 69 Stück. Das sind nur wenige Beispiele.<br />
Wenn man Sabine Höpermann nach ihrem liebsten Design<br />
fragt, kommt die Antwort prompt: „Der ,Imagine‘-Flügel, den<br />
wir zu Ehren des 70. Geburtstags von John Lennon im Jahre 2010<br />
aufgelegt haben. Der hat mich emotional sehr berührt.“ Der weiße<br />
Flügel trägt eine kleine John-Lennon-Zeichnung auf dem Notenpult<br />
und die ersten Takte des Songs Imagine auf der Gussplatte.<br />
Und wie könnte der Steinway der Zukunft aussehen? Für Höpermann:<br />
„Nicht anders als der heutige.“<br />
n<br />
56 w w w . c r e s c e n d o . d e — <strong>September</strong> – <strong>Oktober</strong> 20<strong>19</strong>