CRESCENDO 5/19 September-Oktober 2019
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart. Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
CRESCENDO – das Magazin für klassische Musik und Lebensart.
Interviews unter anderem mit Anne-Sophie Mutter, Christoph Eschenbach und Marlis Petersen.
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
27. bis 29. <strong>September</strong><br />
BADEN-BADEN JOHN NEUMEIER<br />
In John Neumeiers szenischer Interpretation<br />
von Christoph Willibald Glucks Oper Orphée et<br />
Eurydice tritt Orphée als Ballettchef auf. Wenn<br />
der Vorhang sich öffnet, blickt das Publikum in<br />
einen Ballettsaal. Fasziniert von Arnold Böcklins<br />
Toteninsel will Orphée das Gemälde mit seiner<br />
Frau, der Tänzerin Eurydice, choreografieren.<br />
Bereits seit vielen Jahren begleitet Neumeier der mythologische<br />
Stoff. Für seine Hamburger Inszenierung, die im Rahmen der Herbstfestspiele<br />
in Baden-Baden zu sehen ist, entwarf er das Bühnenbild, die<br />
Kostüme und das Lichtkonzept. Am Pult des Freiburger Barockorchesters<br />
und des Vokalensembles Rastatt steht Alessandro De Marchi.<br />
Orphée tanzen alternierend Dmitry Korchak und Maxim Mironov. Arianna<br />
Vendittelli verkörpert Eurydice, und diese muss auch nicht in der<br />
Unterwelt bleiben. Denn am Ende war bei Neumeier alles nur ein Traum.<br />
Baden-Baden, Festspielhaus, www.festspielhaus.de<br />
9. <strong>Oktober</strong><br />
BERLIN DIALOG DES UNTERSCHIEDLICHEN<br />
Das Lied von der Erde brachte die Sängerin Sarah<br />
van der Kemp auf eine musikalische Dialogidee.<br />
Mahler komponierte den sinfonischen Zyklus<br />
nach Gedichten aus Hans Bethges Sammlung<br />
Die chinesische Flöte. Er schuf damit eine Verbindung<br />
zwischen abendländischem Komponieren<br />
und fernöstlicher Klangwelt. Van der Kemp begeisterte<br />
die Junge Kammerphilharmonie Berlin (Foto) dafür, diesen<br />
„Dialog des Unterschiedlichen“ fortzuführen. In dem von ihnen entworfenen<br />
Projekt tritt Mahlers Werk in Dialog mit drei neuen Solokompositionen<br />
von Nathan Currier, Peter Eötvös und Toshio Hosokawa. Das<br />
Projekt begreift sich als offener Prozess, der sich mit verschiedenen Musikern<br />
und Komponisten sowie an verschiedenen Orten fortsetzen soll.<br />
Die einzige Konstante ist Das Lied von der Erde. Zu den Mitwirkenden<br />
des Auftakts gehören die Altistin van der Kemp, der Tenor Yiwei Xu,<br />
die Harfenistin Marie-Pierre Langlamet, die Geigerin Nurit Stark und<br />
der Oboist Dominik Wollenweber. Am Pult steht Aurélien Bello.<br />
Berlin, Philharmonie, 9.10., Wiesbaden, Kurhaus, 12.10., www.jkp.berlin<br />
11. bis 30. <strong>September</strong><br />
DÜSSELDORF FESTIVAL!<br />
Ein plötzlich auftauchendes Fragment des<br />
Gilgamesch-Epos inspirierte Akram Khan zu<br />
seinem Tanzstück Outwitting the Devil (Den<br />
Teufel überlisten). Schmuggler boten 2011 dem<br />
archäologischen Museum von Sulaimaniyya eine<br />
Tontafel an, auf der Wissenschaftler 20 bislang<br />
unbekannte Zeilen jener ältesten festgehaltenen<br />
Dichtung der Menschheit fanden. Khan richtet in seiner Choreografie<br />
den Blick von heute auf den Fund. Er zeigt Menschen, die zwischen<br />
den Scherben ihrer Überlieferung leben, gefallenen Götterbildern<br />
und zerbröckelnden Tontafeln, auf denen die alten Weisheiten nicht<br />
mehr zu entziffern sind. Verzweifelt versuchen sie, die Lücke in ihrem<br />
Gedächtnis zu schließen. Zeitgenössische Tanzformen verbindet Khan<br />
mit dem nordindischen Kathak. Dieser Tanz, der stampfend in den<br />
Boden hineingetanzt wird und sich durch ausgefeilte Fußarbeit auszeichnet,<br />
ist eng mit dem Mythos verbunden. Er entwickelte sich ab dem<br />
13. Jahrhundert in Zusammenhang mit der sogenannten Bhakti-Bewegung,<br />
die Erlösung durch Liebe propagierte und das Ideal der Gewaltlosigkeit<br />
im Hinduismus erneuerte. Khan zeigt sein Stück mit seiner<br />
Compagnie beim düsseldorf festival!, das Künstlern eine Bühne bietet,<br />
die Grenzlinien zwischen den Kunstformen erkunden. Zu den Gästen<br />
gehören auch Mourad Merzouki und seine Compagnie Käfig mit Vertikal<br />
(siehe S. 6).<br />
Düsseldorf, verschiedene Spielorte, www.duesseldorf-festival.de<br />
Ioan-Holender-Kolumne<br />
DAS KÜNSTLERISCHE<br />
GEWISSEN<br />
Fragt man Direktoren der weltberühmtesten Opernhäuser,<br />
wieso der eine oder andere Sänger für eine Rolle<br />
engagiert wurde, bekommt man meistens die Antwort,<br />
weil der Betreffende ein „Ticketseller“ oder „Kartenverkäufer“<br />
sei. Ob gut, ob schlecht, ob für die entsprechende Rolle<br />
geeignet oder nicht, ob das gespielte Werk von Relevanz ist<br />
oder nicht, spielt keine Rolle. Der Engagierte ist beim breiten<br />
Publikum bekannt, und dieses kauft Karten, um ihn zu hören.<br />
Es ist irrelevant, ob es sich um einen – derzeit Baritonpartien<br />
singenden – alten, früheren Tenor handelt oder um eine<br />
kühle, schöne, oft abgebildete Mezzosopranistin oder aber<br />
um eine neuerdings mit einem durchschnittlich singenden<br />
Tenor vermählte hervorragende Sopranistin; diese Sänger<br />
kennt man, daher engagiert „man“ sie.<br />
Dieser alles dominierende Kartenverkaufsrausch, der<br />
natürlich keinerlei künstlerische Qualitätsargumente kennt,<br />
geht in seiner Vernichtung – vor allem was das künstlerische<br />
Gewissen betrifft – aber noch weiter. Die wenigen „Ticketseller“<br />
bestimmen auch die Werke, in denen sie bereit sind<br />
aufzutreten, und es sollen nach Möglichkeit auch immer und<br />
überall dieselben sein. Wenn ein schöner, romantisch aussehender<br />
Tenor einmal eine dankbare Rolle in einer sogenannten<br />
italienischen Schnulzenoper singen will, setzen<br />
bedeutende Opernhäuser das Werk sofort auf den Spielplan,<br />
und wenn der Bariton gewordene alte Tenor noch eine<br />
entsprechende, ihm zumutbare Gesangspartie findet, wird<br />
das Werk sogar bei den berühmtesten Festspielen weltweit,<br />
natürlich konzertant, aufgeführt.<br />
Konzertant, was man heute halbszenisch nennt, ist<br />
überhaupt die beliebteste Darstellungsform von Bühnenwerken<br />
geworden. Man spart damit viele Kosten, überbeansprucht<br />
das Auditorium nicht mit Inszenierungen, und vor<br />
allem – sehr wichtig – benötigen jene, um derentwillen man<br />
das unwichtige Werk aufführt, keine lange Probenzeit. Während<br />
die wenigen auserkorenen „Ticketseller“ immer höhere<br />
und im Vergleich zu allen anderen und angesichts ihrer eigenen<br />
Leistung unverschämte Honorare aus Steuergeldern<br />
kassieren, die für Theaterbudgets vorgesehen sind, lässt die<br />
gleiche Kulturpolitik, die diese Vorgangsweise akzeptiert, die<br />
kleinen und mittleren Stadttheater, in welchen die zukünftigen<br />
Sängergenerationen entstehen, aushungern.<br />
„kulTOUR mit Holender“ auf<br />
ServusTV Deutschland:<br />
5. und 8.9. Momo oder Was ist Kinderoper?<br />
13. und 15.9. Oman – Im Lande des Musik-Sultans<br />
20. und 22.9. Tiflis – Kulturzentrum am Kaukasus<br />
27. und 29.9. Tokio – Kultur in Fernost<br />
47